Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 23. März 2017 - 4 B 38/17

ECLI: ECLI:DE:VGSH:2017:0323.4B38.17.0A
published on 23/03/2017 00:00
Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 23. März 2017 - 4 B 38/17
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 08.02.2017 wird angeordnet.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig

3. Der Streitwert wird auf 70,26 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen durch den Antragsgegner. Die Antragstellerin ist seit Februar 1991 unter der Teilnehmernummer … bei dem Beigeladenen als Rundfunkteilnehmerin unter der rubrizierten Anschrift gemeldet.

2

Mit Bescheid vom 04.07.2014 setzte der Beigeladene Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01.10.2013 bis 31.03.2014 in Höhe von 107,88 € und einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,- € fest. Mit Bescheid vom 01.04.2015 setzte der Beigeladene Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01.04.2014 bis 30.06.2014 in Höhe von 53,94 € und einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,- € fest.

3

Mit Schreiben vom 31.07.2014 und 30.04.2015 legte die Antragstellerin gegen die Bescheide vom 04.07.2014 und 01.04.2015 Widerspruch ein. Der Beigeladene wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2015 zurück.

4

Mit Bescheid vom 04.03.2016 setzte der Beigeladene Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01.07.2014 bis 31.12.2015 in Höhe von 319,32 € und einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,- € fest. Mit Schreiben vom 16.03.2016 legte die Antragstellerin gegen den Festsetzungsbescheid Widerspruch ein. Diesen wies der Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2016 zurück.

5

Mit Schreiben vom 01.08.2016 richtete der Beigeladene ein Vollstreckungsersuchen an den Antragsgegner mit der Bitte, gegen die Antragstellerin die Zwangsvollstreckung für rückständige Rundfunkgebühren/Rundfunkbeiträge, Säumniszuschläge und Nebenforderungen in Höhe von insgesamt 417,87 € durchzuführen. Ausweislich des Schreibens des Beigeladenen seien die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung erfüllt. Die Festsetzungsbescheide seien unanfechtbar geworden bzw. ein Rechtsbehelf habe keine aufschiebende Wirkung. Als Anlage war dem Vollstreckungsersuchen folgende Aufstellung über die rückständigen Forderungen beigefügt (vgl. Bl. 1 Beiakte A):

Abbildung
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

6

Mit Schreiben vom 12.08.2016 teilte der Beigeladene dem Antragsgegner mit, dass sich der beizutreibende Betrag durch eine an ihn geleistete Zahlung um 226,36 € gemindert habe und ein Restbetrag in Höhe von 191,51 € verbleibe.

7

Unter dem 29.08.2016 kündigte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin die Vollstreckung wegen der Forderung des Beigeladenen an. Die Vollstreckungsankündigung enthielt folgende Aufstellung:

Abbildung
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

8

Mit Schreiben vom 12.08.2016 teilte der Beigeladene dem Antragsgegner mit, dass sich der beizutreibende Betrag durch eine weitere an ihn geleistete Zahlung gemindert habe und ein Restbetrag in Höhe von 97,51 € verbleibe.

9

Mit Pfändungsauftrag vom 15.09.2016 wurde der Vollstreckungsbeamte des Antragsgegners angewiesen, wegen der Rückstände der Antragstellerin die Pfändung beweglicher Sachen vorzunehmen. Der Pfändungsauftrag enthielt die Angabe, dass Rundfunkbeiträge in Höhe von 191,51 € sowie bisherige Vollstreckungskosten in Höhe von 23,- € (gesamt 214,51 €) zu leisten seien. Von diesem Gesamtbetrag wurde handschriftlich ein Betrag von 94,- € abgezogen. Der Vollstreckungsbeamte vermerkte auf dem Antrag, dass er den Pflichtigen am 10.01.2017 nicht angetroffen habe (Bl. 6 Beiakte A).

10

Unter dem 26.01.2017 erließ der Antragsgegner gegenüber der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung. In dieser war angegeben, dass die Antragstellerin dem Beigeladenen folgende Beträge schuldet:

Abbildung
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Pfändungs- und Überweisungsverfügung Bezug genommen (Bl. 11 ff. Beiakte A).

12

Ebenfalls unter dem 26.01.2017 erließ der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung. In dieser ist die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg als Drittschuldner und der Beigeladene als Gläubiger angegeben. Die zu vollstreckende Forderung wurde wie folgt bezeichnet (vgl. Bl. 7 der Gerichtsakte):

Abbildung
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

13

Mit Schriftsatz vom 31.01.2017 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung ein führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass diese nicht hinreichend bestimmt sei. Es fehle die Angabe des zu vollstreckenden Leistungsbescheides.

14

Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2017 zurück. Sowohl in der Vollstreckungsankündigung vom 29.08.2016 als auch in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 26.01.2017 sei die Forderung eindeutig bezeichnet worden. Der Vollstreckung seien auch diverse Bescheide und Mahnungen des Beigeladenen vorausgegangen.

15

Die Antragstellerin hat am 20.02.2017 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Sie ist der Ansicht, dass die Pfändungs- und Überweisungsverfügung gegen § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG verstoße. Der Antragsgegner hätte vor Beginn der Vollstreckung prüfen müssen, ob ein entsprechender Leistungsbescheid vorliegt. Aus der Nichtangabe eines Leistungsbescheides in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung folge, dass es einen solchen nicht gebe. Zudem liege ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot vor. Zur inhaltlichen Bestimmtheit einer Pfändungsverfügung gehöre, dass in ihr der zu vollstreckende Leistungsbescheid angegeben wird.

16

Die Antragstellerin beantragt,

17

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 31.01.2017 gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Antragsgegners vom 26.01.2017 wegen eines Betrages in Höhe von insgesamt 140,51 € an die Kreissparkasse Herzogtum- Lauenburg als Drittschuldner anzuordnen.

18

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 01.03.2017 vorgetragen, dass in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung genau bezeichnet worden sei, um welche Forderung für welchen Zeitraum und welchen Gläubiger es sich handelt. Es sei unschädlich, dass das Datum des Leistungsbescheides des Beigeladenen nicht explizit aufgeführt wurde. Die Antragstellerin hätte nicht mehrere Zahlungen geleistet, wenn sie die Leistungsbescheide nicht gekannt hätte.

19

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und mit Schriftsatz vom 03.03.2017 vorgetragen, dass der Antrag unzulässig sei, da die Antragstellerin gegen die benannten Widerspruchsbescheide keine Rechtsmittel eingelegt habe und diese bestandskräftig geworden seien.

II.

20

Der Antrag ist zulässig, er ist insbesondere statthaft. Das Gericht kann gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise wieder anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Antragsgegners entfalten gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 322 Abs. 1, § 248 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (LVwG) keine aufschiebende Wirkung. Bei dem Erlass der Pfändungs- und Überweisungsverfügung handelt es sich um eine Maßnahme der Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen gem. §§ 262 ff. LVwG. Die Pfändung einer Geldforderung erfolgt gem. § 300 LVwG durch den Erlass einer Pfändungsverfügung.

21

Der Antrag der Antragstellerin war nach verständiger Würdigung ihres Begehrens gem. §§ 122 Satz 1, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie die aufschiebende Wirkung einer noch zu erheben Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 08.02.2017 begehrt. Durch den Erlass des Widerspruchsbescheides kann die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht mehr angeordnet werden. Insoweit ist es gem. § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO unschädlich, dass die Klägerin noch keine Klage erhoben hat. Danach kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung schon vor Erhebung der Anfechtungsklage gestellt werden.

22

Der Antragstellerin fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin steht insbesondere nicht entgegen, dass sie gegen die streitgegenständlichen Festsetzungs- und Widerspruchsbescheide keine Klage erhoben hat und diese somit bestandskräftig geworden sind. Bei der Pfändungs- und Überweisungsverfügung handelt es sich um einen eigenständig überprüfbaren und anfechtbaren Verwaltungsakt, der lediglich in dem Sinne im Zusammenhang mit den Festsetzungsbescheiden steht, als deren Vorliegen eine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist. Für Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung bestehen jedoch weitere formelle und materielle Anforderungen, deren Vorliegen mit den entsprechenden Rechtsbehelfen überprüfbar ist.

23

Der Antragstellerin fehlt auch nicht deshalb das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für ihren Antrag, weil bislang gegen den am 09.02.2017 mit Zustellungsurkunde zugestellten Widerspruchsbescheid vom 08.02.2017 bei dem erkennenden Gericht keine Klage erhoben wurde. Unabhängig von der Beurteilung des von den Beteiligten aufgeworfenen Problems, ob der Antragsgegner auch die zuständige Widerspruchsbehörde gem. § 73 Abs. 1 VwGO ist, wäre eine eventuelle Klage gegen den Widerspruchsbescheid derzeit nicht verfristet. Die Klagefrist würde – entgegen dem in § 74 Abs. 1 VwGO normierten Grundsatz der Monatsfrist – gem. § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr betragen. Die im Widerspruchsbescheid vorhandene Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO. In der Belehrung fehlt der Hinweis auf die Möglichkeit, eine Klage bei dem erkennenden Gericht auch im Wege der elektronischen Kommunikation einzulegen. Der bloße Verweis auf die Möglichkeit, den Rechtsbehelf schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben, ist in diesem Falle nicht ausreichend, weil sie geeignet ist, bei dem Betroffenen den Eindruck zu erwecken, trotz Eröffnung des Zugangs für die Übermittlung elektronischer Dokumente sei die Einlegung auf diesem Wege nicht zulässig (vgl. eingehend und m.w.N. VG Schleswig, Urt. v. 05.11.2015 – 1 A 24/15 – juris, dieser Entscheidung folgend VG Schleswig, Urt. v. 12.01.2017 – 4 A 157/15 – n.v.).

24

Die aufgeworfene Frage, ob der Antragsgegner für den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2017 gem. § 73 Abs. 1 VwGO sachlich zuständig gewesen ist, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich und bedarf daher keiner Erörterung. Eine Verletzung der gesetzlichen Vorgaben für die sachliche Zuständigkeit würde jedenfalls nicht zur Nichtigkeit des Widerspruchsbescheides gem. § 113 LVwG führen.

25

Der Antrag ist begründet. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bzw. einer Anfechtungsklage anordnen, wenn das Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Nichtvollzug des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsaktes, hier der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 26.01.2017, überwiegt. Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung hat sich an den voraussichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu orientieren.

26

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegt das Interesse der Antragstellerin an dem Nichtvollzug der Pfändungs- und Überweisungsverfügung das behördliche Vollzugsinteresse. Nach der gebotenen summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 26.01.2017.

27

Rechtsgrundlage für die Vollstreckung der vom Beigeladenen festgesetzten Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge sind §§ 262 ff., 300 LVwG.

28

Die in § 269 Abs. 1 LVwG normierten Voraussetzungen für den Beginn der Vollstreckung sind (überwiegend) erfüllt. § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG bestimmt, dass die Vollstreckung erst dann beginnen darf, nachdem ein Verwaltungsakt vorliegt, durch den die Schuldnerin oder der Schuldner zur Leistung aufgefordert wird (Leistungsbescheid).

29

Die Antragstellerin wurde vom Beigeladenen durch den Erlass der Bescheide vom 04.07.2014, 01.04.2015 und 04.03.2016 aufgefordert, die dort festgesetzten Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge zu zahlen. Hierbei handelt es sich um Leistungsbescheide im Sinne von § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG.

30

Ein Verstoß gegen § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG liegt nicht deshalb vor, weil der Antragsgegner nicht selbst über die benannten Leistungsbescheide verfügte und sich von deren Vollstreckbarkeit überzeugt hat. § 269 Abs. 1 Nr. 1 LVwG verlangt lediglich, dass die der Vollstreckung zugrunde liegende Leistungsbescheide überhaupt vorliegen. Der Antragsgegner war daher grundsätzlich nicht verpflichtet, die Angaben des Beigeladenen über das Bestehen der Bescheide und deren Vollstreckbarkeit zu überprüfen. Sollte sich im Laufe des Vollstreckungsverfahrens jedoch herausstellen, dass die zu vollstreckenden Bescheide nicht existieren oder nicht wirksam geworden sind bzw. nicht vollstreckbar sind, ginge dies zu Lasten der Vollstreckungsbehörde.

31

Das Gericht geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass die benannten Festsetzungs- und Widerspruchsbescheide der Antragstellerin bekannt gegeben wurden und wirksam geworden sind. Die Antragstellerin hat gegen die jeweiligen Festsetzungsbescheide Widerspruch eingelegt und nicht geltend gemacht, die Widerspruchsbescheide vom 05.12.2016 und 05.04.2016 nicht erhalten zu haben. Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Antragstellerin zudem vorgetragen, dass sie bezüglich der streitgegenständlichen Forderungen teilweise Zahlungen an den Beigeladenen geleistet hat.

32

Das Gericht hat hingegen ernstliche Zweifel daran, dass für die im Vollstreckungsersuchen des Beigeladenen benannten Mahngebühren in Höhe von 7,50 € ein entsprechender Leistungsbescheid vorliegt. Ausweislich des Vollstreckungsersuchens sollen die Mahngebühren mit Bescheid vom 04.07.2014 festgesetzt worden sein. In dem benannten Bescheid findet sich eine solche Kostenposition jedoch nicht. Eine Vollstreckung wegen dieses Betrages hätte somit nicht erfolgen dürfen.

33

Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 26.01.2017 ist jedenfalls deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil sie gegen das in § 108 Abs. 1 LVwG normierte Bestimmtheitsgebot verstößt. Danach muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

34

Der Bestimmtheitsmangel folgt daraus, dass die zu vollstreckende(n) Forderung(en) in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung nicht hinreichend konkret bezeichnet wurde(n). Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung ist in § 300 LVwG geregelt. Diese Vorschrift enthält – im Gegensatz zu anderen landesrechtlichen Regelungen und zu § 260 Abgabenordnung (AO) – keine Vorgaben zur Bezeichnung des Schuldgrundes. Insoweit ist daher auf allgemeine, in der Rechtsprechung entwickelte, Grundsätze zur Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen im Wege der Forderungspfändung zurückzugreifen.

35

Die Pfändungsverfügung muss als Verwaltungsakt die nötige Klarheit und Bestimmtheit so in sich tragen, dass Anordnung und Umfang der Pfändung mit Sicherheit zu ersehen und zu erkennen sind. Sie muss die gepfändete Forderung so genau bezeichnen, dass keine Verwechslungsmöglichkeit besteht und unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll (vgl. Schlatmann, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG VwZG, § 309 AO Rn 4 m.w.N.; Fritzsch, in: Koenig, Kommentar zur AO, § 309 Rn 39 m.w.N.). Zu den – vor allem anhand von § 260 AO dargestellten – Mindestanforderungen gegenüber dem Vollstreckungsschuldner gehört dabei, dass die Pfändungsverfügung grundsätzlich (Steuer)Art, Höhe und Zeitraum der Forderung angeben muss, aus denen sich der gepfändete und eingezogene Betrag ergibt (vgl. Werth, in: Klein, Abgabenordnung, 13. Aufl. 2016, § 260 Rn 2 m.w.N.).

36

Ob zur notwendigen Angabe des Schuldgrundes, d.h. bei der Bezeichnung der zu vollstreckenden Forderung, auch zwingend die Benennung des konkreten Leistungsbescheides gehört, wird in der Rechtsprechung offensichtlich nicht einheitlich beurteilt (vgl. beispielsweise VG Schwerin Beschl. v. 20.10.2015 – 6 B 1469/15 SN – BeckRS 2015, 56488 und VG Kassel, Beschl. v. 22.06.2015 – 1 L 677/15.KS – BeckRS 2015, 48904, die eine solche Voraussetzung jedenfalls nicht ausdrücklich formulieren).

37

Aus Gründen des Schutzes des Vollstreckungsschuldners und der Rechtssicherheit folgt die Kammer der – insbesondere in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung – vertretenen Auffassung, dass der Schuldner anhand der Angaben in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung erkennen können muss, welche Forderung aus welchem Verwaltungsakt (bzw. welche Nebenforderung) gegen ihn vollstreckt wird (vgl. VG München, Beschl. v. 30.11.2005 – M 10 S 05.2069 -; VG Augsburg, Beschl. v. 17.03.2006 – Au 1 S 06.23 – jeweils nach juris). Nur wenn der Vollstreckungsschuldner dies weiß, kann er prüfen, ob die Voraussetzungen der Vollstreckung gegeben sind und ob sich folglich die Einlegung eines Rechtsbehelfs für ihn lohnt (vgl. BFH, Urt. v. 18.07.2000 – VII R 101/98 – BFHE 192, 232 ff.; VGH Mannheim, Urt. v. 07.06.1989 – 6 S 3244/88 – juris). Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss demzufolge klarstellen, auf welchem Bescheid bzw. welchen Bescheiden die Festsetzung der Abgabe beruht und um welche Art von Abgabe es sich handelt (vgl. auch VG München, Beschl. v. 18.03.2011 – M 10 E 11.1109 – juris, m.w.N.; VG Augsburg, Beschl. v. 08.01.2013 – Au 5 V 12.1392 - juris).

38

Nach Auffassung der Kammer erfordert das Selbstvollstreckungsrecht bei Verwaltungsakten, den Schuldgrund so genau und eindeutig wie möglich anzugeben. Schuldgrund ist dabei nicht bereits das Rechtsverhältnis zwischen dem Vollstreckungsschuldner und dem Gläubiger der Forderung. Dieser wird erst durch den konkreten Leistungsbescheid, welcher als Verwaltungsakt die Zahlungspflicht konkret regelt, gebildet (vgl. auch VG Neustadt [Weinstraße], Beschl. v. 19.05.2014 – 1 L 323/14.NW – juris, m.w.N.).

39

Den soeben dargestellten Anforderungen genügt die Bezeichnung der zu vollstreckenden Forderung in der streitbefangenen Pfändungs- und Überweisungsverfügung nicht. Zwar wurde vom Antragsgegner angeben, welche Forderungsart (Rundfunkbeiträge) in welcher Höhe und für welchen Zeitraum vollstreckt werden soll. Es fehlt jedoch die Angabe der jeweiligen Festsetzungsbescheide des Beigeladenen, welche die Grundlage der Gesamtforderung des Beigeladenen bildet.

40

Die vorliegende Konstellation zeigt exemplarisch, warum es aus objektiv-rechtlichen Gründen geboten ist, auch die jeweiligen Leistungsbescheide in die Bezeichnung des Schuldgrundes aufzunehmen. Bei dem vom Antragsgegner vollstreckten Betrag handelt es sich um eine Gesamtforderung, die sich aus mehreren Festsetzungsbescheiden zusammensetzt. Aus der Angabe in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung lässt sich jedoch nicht erkennen, welche konkrete Beitragsforderung des Beigeladenen für welchen Zeitraum vollstreckt werden soll. Die jeweiligen Festsetzungsbescheide setzen nämlich für verschiedene Zeiträume Beitragsforderungen in unterschiedlicher Höhe fest. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin vor und während des Vollstreckungsverfahrens Teilzahlungen geleistet hat. Aus der Pfändungs- und Überweisungsverfügung, die den Gesamtzeitraum Oktober 2013 bis Dezember 2015 und damit in zeitlicher Hinsicht alle drei Festsetzungsbescheide umfasst, lässt sich nicht erkennen, ob in welcher Höhe welche Teilforderungen des Beigeladenen – in Anwendung von § 14 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – bereits erloschen sind.

41

Mit dem von der Kammer formulierten Bestimmtheitsgebot werden auch keine überzogenen Anforderungen an die Vollstreckungsbehörden bei der Ausstellung von Pfändungs- und Überweisungsverfügungen wegen der Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen gestellt. Üblicherweise übermittelt der Beigeladene den Vollstreckungsbehörden – wie hier – mit dem Vollstreckungsersuchen eine Auflistung der maßgeblichen Festsetzungsbescheide. Diese Angaben könnten in die Bezeichnung der Forderung(en) in den während des Vollstreckungsverfahrens versandten Schriftsätzen und Bescheiden implementiert werden.

42

Des Weiteren genügt aber auch die schlichte Bezeichnung des Schuldgrundes mit „Rundfunkbeiträge“ vorliegend nicht den Bestimmtheitsanforderungen. Bestandteil der vom Beigeladenen an den Antragsgegner übermittelten Gesamtforderung waren auch Mahngebühren und Säumniszuschläge. Jedenfalls die vom Beigeladenen – hier vermeintlich - festgesetzten Mahngebühren können nicht unter den Begriff des Rundfunkbeitrags gefasst werden. Dieser Teil der Gesamtforderung hätte bei der Angabe des Schuldgrundes spezifiziert werden müssen. Überdies zeigt sich gerade bei den Mahngebühren die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Benennung des konkreten Leistungsbescheides, da entgegen der Angabe des Beigeladenen im Vollstreckungsersuchen vom 01.08.2016 mit Bescheid vom 04.07.2014 offensichtlich keine Mahngebühren festgesetzt wurden. Ob die vorgenannten Erwägungen auch für die gem. § 11 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge festgesetzten Säumniszuschläge gelten und diese nicht von dem Begriff „Rundfunkbeitrag“ erfasst werden, bedarf hier keiner Entscheidung.

43

Gegen die Beitreibung der vom Antragsgegner festgesetzten Gebühren und Auslagen bestehen ebenfalls teilweise rechtliche Bedenken.

44

Der in der Pfändungs- und Überweisungsverfügung mit „Pfändungsgebühr“ benannte Betrag in Höhe von 20,- € dürfte zwar zu Recht festgesetzt und gem. § 14 Abs. 2 der Landesverordnung über Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren (VVKVO) i. V. m. Anlage 3 zur VVKVO zutreffend berechnet worden sein. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Pfändungsgebühren ist insoweit § 12 Nr. 2 i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 VVKVO.

45

Allerdings hat das Gericht ernstliche Zweifel an der Berechtigung zur Festsetzung von „Vollstreckungsgebühren“ in Höhe von 23,- €. Zum einen ist fraglich, was unter dem Begriff Vollstreckungsgebühren zu verstehen ist. Die VVKVO enthält keinen Gebührentatbestand „Vollstreckungsgebühren“. Die als „numerus clausus“ zu verstehende Auflistung in § 12 VVKVO sieht keine Erhebung von Vollstreckungsgebühren vor. Aufgrund des Verlaufs der Vollstreckungsmaßnahmen geht das Gericht jedoch davon aus, dass hiermit wohl die Pfändungsgebühren gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 VVKVO für die Beauftragung des Vollstreckungsbeamten zur Vornahme einer Sachpfändung abgegolten werden sollten. Insofern dürfte jedoch der Gebührensatz falsch angesetzt worden sein. Im Zeitpunkt der Beauftragung des Vollstreckungsbeamten am 15.09.2016 (Bl. 6 Beiakte A), auf den es gem. § 18 Nr. 2 VVKVO (Entstehung der Gebührenschuld durch Erteilung des Vollstreckungsauftrags) ankommt, betrug die Höhe der für den Beigeladenen zu vollstreckenden Forderung ausweislich des Schreibens vom 09.09.2016 noch 97,51 €. Die Pfändungsgebühren hätten daher in Bezug auf diesen Betrag gem. Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 Nr. 1 VVKVO lediglich in Höhe von 20,- € festgesetzt werden dürfen. Die Vollstreckungsankündigung vom 29.08.2016 führt gem. § 18 VVKVO noch nicht zur Entstehung einer Gebührenschuld.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und ist somit kein Kostenrisiko eingegangen. Daher entspricht es gem. § 162 Abs. 3 VwGO auch der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären.

47

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Hierbei ist zunächst die Höhe des zur Vollstreckung bestimmten Betrages maßgeblich (140,51 €), wovon nach der Rechtsprechung der Kammer im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens die Hälfte anzusetzen war.


Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 05/11/2015 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 1
published on 20/10/2015 00:00

Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 26. März 2015 gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Antragsgegners vom 16. März 2015 (Az.: 01 - 88002964) wird angeordnet. Der Antragsgegner und der Beigelad
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 12/07/2017 00:00

Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben und soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tra
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

Im Vollstreckungsauftrag oder in der Pfändungsverfügung ist für die beizutreibenden Geldbeträge der Schuldgrund anzugeben.

(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat die Vollstreckungsbehörde dem Drittschuldner schriftlich zu verbieten, an den Vollstreckungsschuldner zu zahlen, und dem Vollstreckungsschuldner schriftlich zu gebieten, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (Pfändungsverfügung). Die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(2) Die Pfändung ist bewirkt, wenn die Pfändungsverfügung dem Drittschuldner zugestellt ist. Die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung soll den beizutreibenden Geldbetrag nur in einer Summe, ohne Angabe der Steuerarten und der Zeiträume, für die er geschuldet wird, bezeichnen. Die Zustellung ist dem Vollstreckungsschuldner mitzuteilen.

(3) Bei Pfändung des Guthabens eines Kontos des Vollstreckungsschuldners bei einem Kreditinstitut gelten die §§ 833a und 907 der Zivilprozessordnung entsprechend.

Im Vollstreckungsauftrag oder in der Pfändungsverfügung ist für die beizutreibenden Geldbeträge der Schuldgrund anzugeben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.