Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 05. Juli 2018 - 12 A 65/18
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Anerkennung ruhegehaltfähiger Dienstzeiten.
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Die am ….. geborene Klägerin absolvierte vom 01.08.1980 bis zum 31.01.1983 eine praktische Ausbildung zur Rechtanwalts- und Notargehilfin. Nach Bestehen der Prüfung war sie vom 01.02.1983 bis zum 31.07.1989 als Justizangestellte beim Amtsgericht Schleswig (BAT VII) tätig. In der Zeit vom 01.08.1989 bis zum 31.07.1991 leistete sie im Beamtenverhältnis auf Widerruf den Vorbereitungsdienst zur Justizassistentin ab. Am 10.07.1991 bestand sie die Prüfung für den mittleren Justizdienst und wurde mit Wirkung zum 01.08.1991 zur Justizassistentin z.A. und mit Wirkung vom 01.06.1993 zur Justizassistentin (Bes.Gr. A 5) ernannt. Zum 01.10.1994 erfolgte die Beförderung zur Justizsekretärin (Bes.Gr. A 6), mit Wirkung vom 01.09.2002 zur Justizobersekretärin (Bes.Gr. A 7) und mit Wirkung vom 01.10.2010 zur Justizhauptsekretärin (Bes.Gr. A 8). In diesem Statusamt ist die Klägerin derzeit beim Amtsgericht A-Stadt beschäftigt.
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Mit Bescheid vom 23.11.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ruhegehaltfähige Vordienstzeiten gemäß §§ 10 bis 12 Schleswig-Holsteinisches Beamtenversorgungsgesetz (SHBeamtVG) aus der Personalakte der Klägerin nicht ersichtlich seien. Die vom 01.02.1983 bis 31.07.1989 absolvierte Zeit als Justizangestellte beim Amtsgericht Schleswig könne nicht gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 SHBeamtVG als ruhegehaltfähige Zeit anerkannt werden, da die Zeit unmittelbar vor dem Beamtenverhältnis hätte verbracht werden müssen, aus dem heraus später der Eintritt in die Versorgung erfolge. Somit müsste die Zeit vor der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe (Ernennung zur Justizassistentin z.A.) verbracht worden sein. Das sei nicht der Fall gewesen. Inwieweit der vorgenannte Zeitraum und andere Zeiten für den Versorgungsanspruch der Klägerin trotzdem Berücksichtigung fänden, prüfe das Dienstleistungszentrum Personal bei der Festsetzung des Ruhegehalts von Amts wegen. Maßgeblich sei dabei der Umstand, ob für diese und ggf. andere Zeiten ein eigener Rentenanspruch erworben worden sei.
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Zur Begründung ihres dagegen unter dem 12.12.2016 eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend: Nach § 10 SHBeamtVG in Verb. mit Tz. 10.0.1 der dazu ergangenen Verwaltungsvorschrift sollten Zeiten einer vorangegangenen Angestelltentätigkeit im öffentlichen Dienst auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit angerechnet werden, wenn sie vor der Berufung in das Beamtenverhältnis ohne vom Beamten zu vertretende Unterbrechung zurückgelegt worden seien. Unmittelbar nach Beendigung ihrer Angestelltentätigkeit sei sie zur Beamtin auf Widerruf ernannt worden. Eine Unterbrechung der dienstlichen Tätigkeit für das Land Schleswig-Holstein habe daher nicht vorgelegen. Unabhängig davon wäre die Unterbrechung auch nicht von ihr zu vertreten, da der Vorbereitungsdienst seinerzeit zwingende Voraussetzung für die spätere Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe gewesen sei.
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Durch Widerspruchsbescheid vom 23.12.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Berücksichtigung von Vordienstzeiten richte sich nach § 10 Abs. 1 SHBeamtVG. Unter „Ernennung“ sei die Ernennung zu verstehen, durch die ein Beamtenverhältnis auf Probe begründet werde. Die Ernennung zur/zum Beamtenanwärter/in unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf werde von § 10 SHBeamtVG nicht erfasst, weil dieses Beamtenverhältnis der Ausbildung in einem Vorbereitungsdienst diene. Dementsprechend ende das Beamtenverhältnis auf Widerruf kraft Gesetzes mit dem Bestehen oder endgültigem Nichtbestehen der abschließenden Laufbahnprüfung. Erst die Ernennung zur Beamtin/zum Beamten auf Probe begründe den rechtlichen Anspruch auf Versorgungsleistungen aus dem Beamtenverhältnis heraus. Danach sei maßgeblich, ob die vordienstliche Tätigkeit der Klägerin beim Amtsgericht Schleswig vom 01.02.1983 bis 31.07.1989 zur Ernennung zur Beamtin auf Probe am 01.08.1991 geführt habe bzw. für die Übernahme in das Beamtenverhältnis kausal gewesen sei. Zwischen der Tätigkeit im Arbeitsverhältnis und der Ernennung müsse ein zeitlicher und funktioneller Zusammenhang bestehen. Die Tätigkeit stelle einen wesentlichen Grund für die Ernennung dar, wenn sie die spätere Dienstausübung als Beamtin/Beamter entweder ermöglicht oder erleichtert und verbessert habe. Das Erfordernis des funktionellen Zusammenhangs zwischen vordienstlicher Tätigkeit und Ernennung umfasse die weitere gesetzliche Voraussetzung, dass es sich um eine für die Laufbahn der Beamtin/des Beamten förderliche Tätigkeit gehandelt haben müsse. Die Tätigkeit der Klägerin vom 01.02.1983 bis 31.07.1989 habe keinen wesentlichen Grund für die Ernennung zur Beamtin auf Probe dargestellt. Die Ernennung habe hauptsächlich auf dem erfolgreichen Abschluss des Vorbereitungsdienstes für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes beruht. Die Angestelltentätigkeit sei nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung vom 30.06.1978 auch keine Voraussetzung für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst der Laufbahn des mittleren Justizdienstes des Landes Schleswig-Holstein gewesen. Maßgeblich für die Anerkennung der Angestelltenzeit sei auch, ob diese Zeit unmittelbar vor dem Beamtenverhältnis liege, aus dem heraus später einmal der Eintritt in den Ruhestand erfolge oder die Versorgung bezogen werde. Das bedeute, dass die Klägerin die Angestelltenzeit unmittelbar vor dem Beamtenverhältnis auf Probe verbracht haben müsste. Hier sei jedoch eine schädliche Unterbrechung durch das Beamtenverhältnis auf Widerruf entstanden.
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Die Klägerin hat am 13.01.2017 Klage beim hiesigen Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung trägt sie, ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen, im Wesentlichen vor:
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Die Beklagte habe die tragenden Erwägungen seiner Entscheidung ohne weitere Anhörung erstmals im Widerspruchsbescheid dargelegt. Darin liege eine Gehörsverletzung, die zur Nichtigkeit der angefochtenen Bescheide führe.
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Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt, weil sie sich ihrer Entscheidungs- bzw. Beurteilungsspielräume nicht bewusst gewesen sei. Dies habe dazu geführt, dass ihr eine (Kontroll-)Instanz verloren gegangen sei.
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Es gehe nicht darum, dass die Angestelltenzeit unmittelbar vor der Ernennung zur Beamtin auf Probe verbracht worden sei, sondern allein darum, ob ein funktioneller Zusammenhang zwischen der Vortätigkeit im öffentlichen Dienst und dem späteren Beamtenverhältnis bestehe. Der sei hier gegeben. Ihre Tätigkeit beim Amtsgericht Schleswig sei förderlich im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 SHBeamtVG gewesen. Die Vergütungsgruppe BAT VII sei tarifrechtlich gleichwertig zum seinerzeitigen Eingangsamt der Laufbahn des mittleren Dienstes, der Besoldungsgruppe A 5 („Justizassistentin“‘)‘. Die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Justizangestellte BAT VII habe zu mehr als 50% dem mittleren Justizdienst zugeordnete Aufgaben beinhaltet, zumal sie eine Vorausbildung als Reno-Fachgehilfin gehabt habe. Sie habe Zustellungen und Ladungen ausgeführt, Ausfertigungen erteilt, Protokoll in Haftsachen und bei Vorführungsterminen sowie ab dem 01.01.1988 bei Anhörungsterminen in Nachlass- und Pflegschaftssachen geführt. Hierbei handele es sich aus der Perspektive des mittleren Dienstes um hochwertige Tätigkeiten, deren langjährige erfolgreiche Wahrnehmung aus objektiver Arbeitgebersicht äußerst nützlich und wertvoll für die spätere Laufbahntätigkeit sei. Die Gleichwertigkeit ergebe sich auch aus zwei aktuellen Stellenausschreibungen „Justizfachangestellte“ der Landesjustiz. Die Justizverwaltung sei daher als Alternative zur Ausbildung zum Beamten des mittleren Dienstes mit der Einführung sog. Serviceeinheiten dazu übergegangen, ehemalige Schreibdienstangestellte nach kurzer Zusatzschulung als Geschäftsstellenleiter/innen einzusetzen, weil die Justizangestellten schon einen Großteil der praktischen Erfahrungen für die Tätigkeit als Urkundsbeamten der Geschäftsstelle/Geschäftsstellenleiter mitbrächten. Auch davor seien bereits Angestellte der Vergütungsgruppe BAT VII im Tätigkeitsbereich des mittleren Dienstes eingesetzt worden. Der Vorbereitungsdienst sei hingegen als Ausbildungsverhältnis ausgestaltet und könne daher berufliche Erfahrungen, wie sie sie im Angestelltenverhältnis erworben habe, nur eingeschränkt vermitteln. Sie hätte sich den Vorbereitungsdienst gerne erspart, da er für sie mit erheblichen Einkommenseinbußen verbunden gewesen sei und sie das für die Ausübung der Beamtentätigkeit des mittleren Dienstes erforderliche Wissen und die entsprechenden beruflichen Erfahrungen ohnehin schon besessen habe. Sie habe sich aber der seinerzeitigen Verwaltungspraxis der Beklagten fügen müssen.
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Ihre sechsjährige Tätigkeit als Justizangestellte habe auch zu ihrer Ernennung geführt. Die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 05.12.2011 (Az. 2 B 103/11) vorgegebenen Kriterien seien erfüllt. Sie habe aus ihrer fast deckungsgleichen Angestelltentätigkeit heraus wesentliche Fähigkeiten und Erfahrungen in das Beamtenverhältnis eingebracht, die ihr die Dienstausübung als Beamtin erleichtert und verbessert hätten. Sie habe im Vergleich zu Schulabgängern und Reno-Fachgehilfen ohne Justiztätigkeit einen erheblichen Eignungsvorsprung im Sinne des Art. 33 Abs.2 GG. Es sei daher der Schluss gerechtfertigt, dass dieser Eignungsvorsprung zumindest mitursächlich für ihre Einstellung in das Beamtenverhältnis gewesen sei. Dass sie sich seinerzeit wiederholt für das Beamtenverhältnis beworben habe, rechtfertige keine andere Beurteilung der Frage der (Mit-)Ursächlichkeit. Je stärker die Förderlichkeit der Vortätigkeit für die Laufbahntätigkeit des Beamten ausgeprägt sei, desto eher sei davon auszugehen, dass die Vortätigkeit auch zur Ernennung geführt habe. Diesen Zusammenhang habe die Beklagte auch wegen der unterbliebenen Anhörung nicht gesehen.
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Die Auffassung der Beklagten, im Falle der Absolvierung eines Vorbereitungsdienstes könnten nie anerkennungsfähige Vordienstzeiten vorliegen, finde im Gesetzeswortlaut und der dazu ergangenen Verwaltungsanweisung keine Stütze und sei auch rechtssystematisch nicht haltbar. Dadurch würde der Anwendungsbereich des § 10 SHBeamtVG weitestgehend leerlaufen und eine Vortätigkeit in der Privatwirtschaft bzw. sonstige Zeiten gemäß § 11 SHBeamtVG regelwidrig privilegiert. Zum anderen würden Laufbahnbeamte mit regulärem Vorbereitungsdienst gegenüber Beamten, die ausnahmsweise ohne Vorbereitungsdienst ernannt worden seien, gleichheitswidrig benachteiligt.
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Ihr drohe im Fall der Nichtanerkennung der Angestelltentätigkeit als ruhegehaltfähig ein erheblicher Schaden. Da sie aufgrund ihrer längeren Beurlaubung zum Zweck der Kindererziehung mit Pensionseinbußen zu rechnen habe, würde ein Wegfall der in Rede stehenden sechs Jahre dazu führen, dass sie keine angemessene Altersversorgung mehr habe. Ihr würde ein Rentenanspruch von lediglich 167,35 Euro zustehen. Sie habe keine Unterhaltsansprüche. Ihr Ehemann sei aufgrund eines Schlaganfalls mit Pflegegrad 5 dauerhaft im Pflegeheim untergebracht.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 23.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2016 zu verpflichten, ihre vom 01.02.1983 bis zum 31.07.1989 absolvierte Tätigkeit als Justizangestellte beim Amtsgericht Schleswig als ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen,
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hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 23.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2016 zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Anerkennung ihrer vom 01.02.1983 bis zum 31.07.1989 absolvierten Tätigkeit als Justizangestellte beim Amtsgericht Schleswig als ruhegehaltfähige Dienstzeit erneut zu entscheiden,
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äußerst hilfsweise, den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23.12.2016 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie erwidert, ergänzend zu ihren bisherigen Ausführungen, im Wesentlichen:
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Bei der in § 10 Abs. 1 SHBeamtVG genannten Voraussetzung „sofern diese Tätigkeit zu ihrer oder seiner Ernennung geführt hat“ handele es sich um ein Tatbestandsmerkmal, so dass es auf die Ausführungen der Klägerin zu einer unheilbaren Gehörsverletzung und zu einer fehlerhaften Ermessensausübung nicht ankomme. Es bestehe kein kausaler Zusammenhang zwischen der Tätigkeit der Klägerin als Angestellte und ihrer Ernennung. Die Ernennung sei wesentlich auf die Fähigkeiten und Erfahrungen zurückzuführen, die die Klägerin in ihrer Ausbildung für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes erworben und mit dem erfolgreichen Bestehen der Laufbahnprüfung nachgewiesen habe. Es sei üblich, dass Mitarbeiter im mittleren Dienst verbeamtet würden, die vor Durchlaufen der Ausbildung für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes nicht im öffentlichen Dienst tätig gewesen seien.
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Hinzu komme, dass die Klägerin während ihrer Angestelltentätigkeit im Schreibdienst tätig gewesen sei. Das ergebe sich aus mehreren Schreiben des Direktors des Amtsgerichts Schleswig. Aus der Vergütungsgruppe BAT VII könne nicht automatisch geschlossen werden, dass die Klägerin typische Tätigkeiten des mittleren Dienstes ausgeübt habe. Die Vergütungsgruppe VII finde sich sowohl im Abschnitt N. des damals noch geltenden BAT („Angestellte im Schreib- und Fernschreibdienst“) als auch im Abschnitt T. des BAT („Angestellte im Justizverwaltungsdienst“). Aus den Schreiben des Direktors des Amtsgerichts Schleswig könne nur geschlossen werden, dass die Klägerin Angestellte im Schreib- und Fernschreibdienst gewesen sei. Darauf komme es jedoch nicht an, da nicht die Tätigkeit im Angestelltenverhältnis, sondern die Tätigkeit im Vorbereitungsdienst zur Ernennung der Klägerin geführt habe. Die Klägerin sei auch nicht Justizfachangestellte im Sinne der von ihr vorgelegten Stellenausschreibungen gewesen, sondern Justizangestellte. Vor Einführung der sog. Serviceeinheiten, in denen Schreib- und Geschäftsstellenaufgaben von denselben Personen wahrgenommen würden, habe es eine Trennung zwischen Geschäftsstellen- und Schreibtätigkeit gegeben. Die frühere AV „Dienstordnung für den Schreibdienst bei den Justizbehörden“ (vom 19.09.1972, SchlHA 1972, S. 181, zuletzt geändert durch AV vom 28.07.1988, SchlHA 1988, S. 132) beschreibe die auch vom Direktor des Amtsgerichts in seinen Begleitschreiben geschilderten Aufgaben der Klägerin.
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§ 10 SHBeamtVG laufe bei einem solchen Verständnis auch nicht leer. Es komme immer wieder vor, dass nach Bestehen der Laufbahnprüfung keine Stellen für eine sofortige Verbeamtung zur Verfügung stünden und die Zeit bis dahin mit der Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen einer Tätigkeit im Angestelltenverhältnis überbrückt würden. Diese Angestelltentätigkeit könne gemäß § 10 SHBeamtVG als ruhegehaltfähig anerkannt werden. Die Behauptung der Klägerin, dass die Nichtanrechnung der sechs Jahre dazu führe, dass sie keine angemessene Altersversorgung mehr erhalte, treffe nicht zu. Dies habe eine Recherche über den „Online-Versorgungsrechner“ ergeben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Anerkennung ihrer Tätigkeit beim Amtsgericht Schleswig in der Zeit vom 01.02.1983 bis 31.07.1989 als ruhegehaltfähige Dienstzeit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) noch auf Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) noch auf Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2016 (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf Anerkennung ihrer Tätigkeit beim Amtsgericht Schleswig in der Zeit vom 01.02.1983 bis 31.07.1989 als ruhegehaltfähige Dienstzeit kommt ausschließlich § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Beamtenversorgungsgesetz Schleswig-Holstein (SHBeamtVG) in Betracht. Danach sollen als ruhegehaltfähig auch Zeiten einer für die Laufbahn der Beamtin oder des Beamten förderlichen Tätigkeit berücksichtigt werden, in denen eine Beamtin oder ein Beamter vor der Berufung in das Beamtenverhältnis im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn ohne von der Beamtin oder dem Beamten zu vertretende Unterbrechung tätig war, sofern diese Tätigkeit zu ihrer oder seiner Ernennung geführt hat. Der Zweck der Berücksichtigungsvorschriften nach §§ 10 bis 12 SHBeamtVG besteht darin, den Beamten mit berücksichtigungsfähigen Vordienstzeiten diejenige Altersversorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die vordienstlichen Tätigkeiten im Beamtenverhältnis erbracht hätten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. 11.2015 - 2 C 22/14 - zitiert nach juris Rn. 15). Die Klägerin war in der Zeit vom 01.02.1983 bis 31.07.1989 als Justizangestellte in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn, dem Land Schleswig-Holstein, tätig. Diese Tätigkeit wird von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SHBeamtVG erfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.03.2002 - 2 C 4/01 - zitiert nach juris Rn. 10). Zwar mag diese Tätigkeit der Klägerin beim Amtsgericht Schleswig für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes förderlich im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SHBeamtVG gewesen sein. Eine Tätigkeit ist „förderlich“, wenn sie für die Dienstausübung des Beamten nützlich ist, also wenn diese entweder erst aufgrund der früher gewonnenen Fähigkeiten und Erfahrungen ermöglicht oder wenn sie jedenfalls erleichtert und verbessert wird (BVerwG, Urteil vom 14.03.2002, a.a.O. Rn. 13). Auch nur eine Tätigkeit der Klägerin im Schreibdienst eines Amtsgerichts mit den vom Amtsgerichtsdirektor in mehreren Schreiben beschriebenen Aufgaben (Schreibarbeiten in der Strafabteilung, auch in Haftsachen und ab 01.01.1988 in der Nachlass- und Vormundschaftsabteilung, Protokollführung bei Vorführungsterminen und in Anhörungsterminen in Nachlass- und Pflegschaftssachen) mag ihre spätere Tätigkeit im mittleren Justizdienst erleichtert und verbessert haben, ohne dass es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, ob die Klägerin bereits beim Amtsgericht als nach BAT VII besoldete Justizangestellte zu mehr als 50% dem mittleren Justizdienst zugeordnete Aufgaben verrichtete, wie sie vorträgt. Es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung für eine Anerkennung als ruhegehaltfähige Dienstzeit, dass nämlich die Tätigkeit der Klägerin beim Amtsgericht Schleswig zu ihrer Ernennung geführt hat.
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Unter Ernennung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 SHBeamtVG ist die Ernennung zu verstehen, durch die ein Beamtenverhältnis auf Probe begründet wird. Erst in einem solchen Beamtenverhältnis nimmt der Beamte dienstliche Aufgaben wahr, für deren Erledigung ihm die Kenntnisse und Erfahrungen zugutekommen, die er durch die vordienstliche Tätigkeit erworben hat. Die Ernennung zum Beamtenanwärter unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf wird von § 10 SHBeamtVG nicht erfasst, weil dieses Beamtenverhältnis seit jeher der Ausbildung in einem Vorbereitungsdienst dient. Dieser soll den Beamtenanwärtern die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Dienstausübung erst vermitteln, die für die Wahrnehmung eines Amtes der jeweiligen Laufbahn erforderlich sind. Dementsprechend endet das Beamtenverhältnis auf Widerruf kraft Gesetzes mit dem Bestehen oder endgültigen Nichtbestehen der abschließenden Laufbahnprüfung (BVerwG, Beschluss vom 05.12.2011 - 2 B 103.11 - zitiert nach juris Rn. 9).
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Danach ist maßgeblich, ob die Tätigkeit der Klägerin beim Amtsgericht Schleswig vom 01.02.1983 bis 31.07.1989 zu ihrer Ernennung zur Beamtin auf Probe, d.h. zur Justizassistentin z.A., am 01.08.1991 geführt hat. Dies ist nicht der Fall.
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Voraussetzung dafür, dass die vordienstliche Tätigkeit zur Ernennung geführt hat, ist, dass zwischen der Tätigkeit im Arbeitsverhältnis und der Ernennung ein funktioneller Zusammenhang besteht. Dieser ist gegeben, wenn die Ernennung wesentlich auf die Fähigkeiten und Erfahrungen zurückzuführen ist, die der Beamte durch die vordienstliche Tätigkeit erworben hat. Diese Tätigkeit stellt einen wesentlichen Grund für die Ernennung dar, wenn sie die spätere Dienstausübung als Beamter entweder ermöglicht oder doch erleichtert und verbessert hat. Das Erfordernis des funktionellen Zusammenhangs zwischen vordienstlicher Tätigkeit und Ernennung umfasst die weitere gesetzliche Voraussetzung, dass es sich dabei um eine für die Laufbahn des Beamten förderliche Tätigkeit gehandelt haben muss (BVerwG, Beschluss vom 05.12.2011, a.a.O., Rn. 8). Diese Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts sind so zu verstehen, dass nicht jede Erleichterung der Dienstausübung durch die Vortätigkeit ausreicht, sondern für eine Anerkennung als ruhegehaltfähige Dienstzeit weiterhin zu fordern ist, dass die Vordiensttätigkeit - auch wenn sie von Nutzen gewesen ist - darüber hinaus ein wesentlicher Grund für die Ernennung war, insoweit also ein Zusammenhang in zeitlicher und funktioneller Hinsicht zwischen der früheren und der neuen Verwendung besteht (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 20.03.2012 - 5 LB 198/10 - zitiert nach juris Rn. 53). Im Anschluss an die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 1998 (Az. 2 C 12.97, zitiert nach juris Rn. 12 und 20) und 16. Mai 1961 (Az. II C 192.58, zitiert nach juris) wird in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte die Auffassung vertreten, dass das Tatbestandsmerkmal „zur Ernennung geführt“ eine Kausalität der Vortätigkeit für die Ernennung verlangt und das Kausalitätserfordernis nicht immer schon dann erfüllt ist, wenn eine Förderlichkeit der Vortätigkeit zu bejahen ist (vgl. VGH Baden -Württemberg, Urteil vom 28.01.2008 - 4 S 444/06 - zitiert nach juris Rn. 19; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.08.2006 - 1 A 53/05 - zitiert nach juris Rn. 5; OVG Lüneburg, a.a.O.). Die Vortätigkeit muss deshalb zumindest mitursächlich gewesen sein (vgl. VGH Baden -Württemberg und OVG Lüneburg, jeweils a.a.O.). Dass der Dienstherr von den mit der Vortätigkeit erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen im späteren Dienst profitiert hat und diese dem Beamten nützlich waren, reicht nach dieser Rechtsprechung nicht als Nachweis des funktionellen Zusammenhangs aus (vgl. OVG Lüneburg und OVG Nordrhein-Westfalen, jeweils a.a.O).
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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Tätigkeit der Klägerin als Justizangestellte beim Amtsgericht Schleswig nicht „zu ihrer Ernennung geführt“ im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 SHBeamtVG.Grundsätzlich werden die für eine Laufbahn erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse im Vorbereitungsdienst erworben und durch die Laufbahnprüfung nachgewiesen. Kenntnisse und Erfahrungen, die vor Beginn des Vorbereitungsdienstes erworben wurden, treten dann regelmäßig in den Hintergrund und stehen nicht im erforderlichen funktionellen Zusammenhang zu dem maßgeblichen Beamtendienst (BayVGH, Beschluss vom 13.10.2017 - 14 ZB 16.1585 - zitiert nach juris Rn. 6; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.05.2011 - 1 A 88/08 - zitiert nach juris Rn. 43 und HessVGH, Urteil vom 06.11.1996 - 1 UE 327/95 - zitiert nach juris Rn. 23 und Beschluss vom 16.07.2009 - 1 A 826/09.Z - zitiert nach juris Rn. 5). Diese Auffassung wird auch vom Bundesverwaltungsgericht gebilligt, das es ebenfalls für plausibel hält, dass erst durch den Vorbereitungsdienst die für die entsprechende Laufbahn erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben werden (BayVGH, a.a.O. unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 05.12.2011, a.a.O., Rn. 10).
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Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Die Klägerin ist mit Wirkung vom 01.08.1989 in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes eingetreten, hat den Vorbereitungsdienst mit der Laufbahnprüfung abgeschlossen und ist am 01.08.1991 zur Justizassistentin z.A. ernannt worden. Aus der Personalakte der Klägerin ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ihre vordienstliche Tätigkeit beim Amtsgericht Schleswig jedenfalls mitursächlich für ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe war. Es liegt insoweit auch kein Ausnahmefall in dem Sinne vor, dass die Vordienstzeiten eine Voraussetzung für die Aufnahme der Klägerin in den Vorbereitungsdienst waren (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 46). Die Klägerin erfüllte nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes des Landes Schleswig-Holstein vom 30.06.1978 (Bl. 21 ff GA) schon deshalb die Voraussetzung für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst, weil sie eine abgeschlossene Berufsausbildung, nämlich zur Rechtsanwalts- und Notargehilfin vorweisen konnte (§ 1 Nr. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung). Ihre Tätigkeit als Justizangestellte spielte insoweit keine Rolle.
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Eine Berücksichtigung der Vordienstzeit der Klägerin als ruhegehaltfähige Dienstzeit dürfte auch deshalb nicht in Betracht kommen, weil es an dem erforderlichen inneren (zeitlichen) Zusammenhang zwischen der Vortätigkeit und ihrer Übernahme in das Beamtenverhältnis fehlt. Das ist der Fall, wenn der Beamte nicht unmittelbar nach dem Ende der Vortätigkeit, sondern zu einem späteren Zeitpunkt in das Beamtenverhältnis übernommen worden ist und die dazwischen liegende Unterbrechung auf Umständen beruht, die dem Verantwortungsbereich des Beamten zuzurechnen sind, weil sie maßgeblich durch sein Verhalten geprägt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.1980 - 6 C 14.79 - zitiert nach juris Rn. 21; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.03.2014 - OVG 7 B 4.14 - zitiert nach juris Rn. 29). Hier ist eine Unterbrechung dadurch eingetreten, dass die Klägerin im Anschluss an ihre Angestelltentätigkeit beim Amtsgericht Schleswig den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes absolvierte. Die Entscheidung für den Vorbereitungsdienst mit dem Ziel, in ein Beamtenverhältnis übernommen zu werden, fiel ausschließlich in den Verantwortungsbereich der Klägerin.
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Die Behauptung der Klägerin, ohne Anerkennung ihrer Vordienstzeit als ruhegehaltfähig würde sie keine amtsangemessene Altersversorgung erhalten, ist nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hat - von der Klägerin nicht bestritten - ein voraussichtliches Ruhegehalt in Höhe von 1.500,- Euro errechnet. Eine Gefährdung des Anspruchs der Klägerin, im Versorgungsfall amtsangemessen alimentiert zu werden, erscheint danach ausgeschlossen, zumal sie zusätzlich noch einen Anspruch auf Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.
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Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung. Zwar eröffnet § 10 Abs. 1 Satz 1 SHBeamtVG als „Soll-Vorschrift“ hinsichtlich der Berücksichtigung als ruhegehaltfähige Dienstzeit ein Ermessen des Dienstherrn (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27.07.2010 - 3 BV 05.2876 - zitiert nach juris Rn. 74). Hier fehlt es jedoch bereits an einer tatbestandlichen Voraussetzung für die Anerkennung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit, so dass dahinstehen kann, ob die Beklagte das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat.
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Schließlich kann die Klägerin auch nicht die Aufhebung des Widerspruchsbescheides verlangen. Dieser Bescheid ist nicht nichtig (§ 113 LVwG). Er ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte die Klägerin nicht zuvor erneut angehört hat. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Anhörung des Betroffenen vor Erlass des Widerspruchsbescheides nur, wenn im Widerspruchsverfahren ein Verwaltungsakt aufgehoben oder geändert wird und der Betroffene dadurch erstmalig beschwert wird (§ 71 VwGO). Das war hier nicht der Fall.
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Da weitere Vorschriften, aus denen sich ein Anspruch der Klägerin herleiten ließe, nicht ersichtlich sind, ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs.1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Annotations
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Ist die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren erstmalig mit einer Beschwer verbunden, soll der Betroffene vor Erlaß des Abhilfebescheids oder des Widerspruchsbescheids gehört werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.