Verwaltungsgericht Münster Urteil, 29. Apr. 2015 - 9 K 228/14
Verwaltungsgericht Münster
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung des Zuwendungs‑/Bewilligungsbescheides des Direktors der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als Landesbeauftragter vom 15. Januar 2014 verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2013 eine weitere Betriebsprämie i.H.v. 671,76 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 0,5 % je vollen Monat seit dem 4. Februar 2014 aus einem Betrag von 650 Euro zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten über die Kürzung der Betriebsprämie 2013.
3Der Kläger ist Landwirt und betreibt unter anderem Kälbermast. Im Rahmen des Betriebsprämienverfahrens führte das Veterinäramt des Kreises C. auf seinem Hof am 13. März 2013 eine Vor-Ort-Kontrolle (VOK) durch. Die Prüfer waren die beamtete Veterinärin Frau Dr. T. T1. sowie der Kreisbedienstete B. . Die Prüfung bezog sich u.a. auf die Haltung von Rindern, hier unter Beachtung der Richtlinie 2008/119/EG vom 18. Dezember 2008 über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern. In dem handschriftlichen Kontrollbericht ist unter dem Code K33 mit dem Stichwort „Liegebereichausführung“ eine Beanstandung für 78 Kälber mitgeteilt. Als sonstige Bemerkung ist dazu von den Prüfern angegeben „78 Kälber auf Betonspaltenboden ohne Auflage“. Im Kontrollbericht wird dies als fahrlässiger Verstoß gegen die genannte Richtlinie mit einem Schweregrad von „mittel (3%)“ bewertet. Entsprechend dieser Beanstandung wurde das Ergebnis der Kontrolle zur HIT-Datenbank als HIT-Kontrollbericht über eine Vor-Ort-Kontrolle „Tierschutzhaltung Kälber (RL 2008/119/EG)“ gemeldet.
4Auf seinen Antrag gewährte der Direktor der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als Landesbeauftragter dem Kläger mit Bescheid vom 15. Januar 2014 eine Betriebsprämie für das Jahr 2013 in Höhe von 21.720,28 Euro. Ausweislich der dazu gehörenden Aufstellungen und Erläuterungen ist nach sonstigen gesetzlich vorgesehenen Abzügen von dem sich errechnenden Betriebsprämienbetrag in Höhe von 22.392,04 Euro unter Zeile 14 ein sog. CC-Abzug von 3% vorgenommen worden, der auf den Kürzungsbetrag von 671,76 Euro lautet und um den sich die Betriebsprämie auf den ausgezahlten Betrag von 21.720,28 Euro vermindert hat. In den Erläuterungen zum Betriebsprämienbescheid werden unter Ziffer 10 zum Abzug in Zeile 14 wegen Verstoßes gegen CC-Bestimmungen grundsätzliche Hinweise zur Anwendung der einschlägigen Verordnungen zur Einhaltung sog. anderweitiger Verpflichtungen sowie der Kürzungshöhe nach Verschuldensgrad (Fahrlässigkeit oder Vorsatz) und der Schwere des Verstoßes gegeben.
5Der Kläger hat wegen der Kürzung der Betriebsprämie am 4. Februar 2015 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Es treffe zu, dass zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle 78 Kälber als Gruppe in seinem Kälberstall auf Betonspaltenboden gestanden hätten, mit dem allerdings – was unstreitig ist – die einschlägigen Spaltenweiten nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) eingehalten worden seien. Die als Fresser im Alter von 4-5 Monaten mit einem Gewicht von 125 bis 130 kg gekauften Tiere hätten zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits ein Gewicht von etwa 180 kg erreicht.
6Als Grundlage für den vorgeworfenen CC-Verstoß wegen der Haltung auf Spaltenboden komme allein Ziffer 10 des Anhangs I der Richtlinie 2008/119/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 in Betracht. Soweit die Richtlinie dort vorsehe, dass die Fläche zum Liegen für die Kälber bequem sein müsse, erfülle der Spaltenboden entgegen der Auffassung der Veterinärbehörde des Kreises C. und des Beklagten diese Anforderung. Gleiches gelte für den Verweis der Veterinärbehörde im laufenden Verfahren auf § 6 Abs. 2 Nr. 2 d TierSchNutztV. Danach müsse der Liegebereich für Kälber so beschaffen sein, dass die Erfordernisse für das Liegen erfüllt würden, insbesondere dass eine nachteilige Beeinflussung der Gesundheit der Kälber durch Wärmeableitung vermieden werde. Die Auffassung, ohne entsprechende Auflage komme es zu einer Wärmeableitung bei den Kälbern, sei unzutreffend.
7Der Spaltenboden im Kälberstall des Klägers sei im Jahre 1984/85 eingebaut worden. Einwendungen gegen seine Ausführung in Beton seien nie erhoben worden. Der Kläger selbst habe auch keine konkrete Auskunft von den Prüfern, insbesondere nicht von der Veterinärin erhalten, was zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle zu ändern gewesen wäre. Der in der Verordnung verwandte Begriff „bequem“ sei indifferent. Es werde nicht klar, was er konkret beinhalten solle. So könne, wenn man Erfahrungen eines Menschen aus dem täglichen Leben hier übertrage, eine feste Unterlage – etwa die Matratze im Bett – sich genauso bequem darstellen wie eine weiche. Tatsächlich sei dem Kläger anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle konkret auch nicht aufgegeben worden, etwa auf den Spaltenböden eine Auflage aufzubringen. Die nunmehr vom Beklagten hervorgehobene - nachteilige und gegen die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung angeblich verstoßende - Wärmeableitung könne unter Ziffer 10 des Anhangs I der streitigen Richtlinie nur dahin subsumierbar sein, dass die die dort ebenfalls angeführte Voraussetzung, die Liegefläche dürfe den Kälbern keinen Schaden zufügen, nicht erfüllt sei. Solches sei jedoch nicht ersichtlich. Die Betonstäbe des Spaltenbodens seien an ihren Enden vom Außenmauerwerk durch Styropor isoliert. Ferner erzeugten die Tierkörper selbst erhebliche Wärme, die abgeleitet werden müsse und wofür entsprechende Vorrichtungen geschaffen seien.
8Das VG Minden habe im Übrigen in seinem Urteil vom 20. August 2012 (Az. 2 K 4/11) die Kälberhaltung auf Spaltenboden, hier auf Bongossi-Hartholz, nach Einholung eines umfangreichen Sachverständigengutachtens ohne weiteres als tierschutzrechtlich zulässig anerkannt. Auch die Merkblätter anderer Behörden, etwa des Werra-Meissner-Kreises oder des Landratsamtes Traunstein, hielten die Haltung von Kälbern auf Spaltenböden für zulässig.
9Der Kläger beantragt,
10den Beklagten unter Abänderung des Zuwendungs‑/Bewilligungsbescheides des Direktors der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als Landesbeauftragter vom 15. Januar 2014 zu verpflichten, ihm ‑ dem Kläger ‑ für das Jahr 2013 eine weitere Betriebsprämie in Höhe von 671,76 Euro zuzüglich Zinsen in gesetzlicher Höhe seit Rechtshängigkeit der Klage zu bewilligen bzw. zu zahlen,
11hilfsweise,
12den Beklagten zu verpflichten, unter Abänderung des Zuwendungs‑/Bewilligungsbescheides des Direktors der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als Landesbeauftragter vom 15. Januar 2014 den Kläger bezüglich einer weiteren Betriebsprämie unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Er tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und ist der Auffassung, der Vorwurf eines CC-Verstoßes wegen der Haltung der Kälber auf Betonspaltenboden sei zu Recht erhoben worden. Nach einem Erlass des MKULMV vom 7. Oktober 2010, auf den verwiesen werde, sei es überstimmende Meinung der Tierschutzreferenten der Länder gewesen, dass Hartholz- und Betonspaltenböden keine bequeme Fläche zum Liegen darstellten. Insoweit entsprächen die Böden daher nicht den tierschutzrechtlichen Anforderungen und insbesondere nicht der Richtlinie 2008/119/EG. Hinsichtlich des Begriffes „bequem“ habe das Veterinäramt des Kreises C. als Fachamt ergänzend mitgeteilt, in der Literatur werde häufig zu dessen Beschreibung der Terminus „verformbar“ herangezogen. Darunter könne sicherlich nicht ein blanker Betonboden verstanden werden. Im Übrigen werde in zahlreichen Veröffentlichungen über Gummimatten diskutiert, die als bequem anerkannt seien, da sie mindestens verformbar seien.
16Die von der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geforderte Vermeidung der Wärmeableitung betreffe die Ableitung zwischen Kälberkörper und Betonelement. Angesichts dessen sei es nicht relevant, ob eine Dämmung zur Außenwand hin erfolge, solange die Stalltemperatur nicht der Körpertemperatur des Kalbes entspreche. Die Wärmeableitung steige mit der Wärmeleitfähigkeit des jeweiligen Materials. Für Beton liege diese nachweislich eher im Bereich von Eis. Holz und Gummi seien hingegen diejenigen Materialien, die die höchste Wärmeleitfähigkeit hätten. Ein Liegen darauf führe mithin zu einem guten Wärmeaustausch. Auch die durch die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geregelte Frage der Wärmeableitung könne letztlich auf den Begriff „bequem“ i.S.d. europarechtlichen Richtlinie bezogen werden.
17In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte mitgeteilt, das Ministerium habe auf seine Anfrage zur Verfahrensweise in Fällen der vorliegenden Art angegeben, auch nach der Entscheidung des VG Minden liege bezüglich der Kälberhaltung auf Spaltenboden keine gesicherte Meinung vor. Es werde die Auffassung vertreten, der beamtete Veterinär könne als Sachverständiger im Einzelfall in eigener Verantwortung im Rahmen des Tierschutzgesetzes zur Frage der Haltung auf Betonspaltenbodens entscheiden.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (2 Hefte, davon vom Veterinäramt des Kreises C. ) Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20Die Klage hat Erfolg.
21Die als Verpflichtungsklage zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die weitere Bewilligung und Auszahlung einer Betriebsprämie für das Antragsjahr 2013 in Höhe von 671,76 Euro. Die Kürzung des Betriebsprämienanspruchs des Antragsjahres 2013 mit dem angegriffenen Bescheid vom 15. Januar 2014 in Höhe von 3 % wegen eines CC-Verstoßes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
22Nach der hier noch zugrundezulegenden Vorschrift des Artikel 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 73/2009 hat ein Betriebsinhaber, der Direktzahlungen bezieht, die Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang II einzuhalten. Hierzu gehört auch die Einhaltung von Tierschutzstandards (sogenannte Cross Compliance), vorliegend gemäß Art. 5 Abs. 1 b) genannter Verordnung i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 des vorliegend ebenfalls noch anzuwendenden Direktzahlungen-Verpflichtungengesetzes (DirektZahlVerpflG) die in der Verordnung unter Anhang II Buchstabe C 16. aufgeführte Richtlinie 91/629/EWG des Rates über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern. Diese Richtlinie ist zwischenzeitlich, aber mit Wirkung auch für das vorliegende Verfahren, durch die Richtlinie 2008/119/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern ersetzt worden. Die Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung umgesetzt.
23Werden die Grundanforderungen an die Betriebsführung in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt, wird nach Art. 23 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 73/2009 der Gesamtbetrag der Direktzahlungen nach den Durchführungsbestimmungen gemäß Art. 24 vorgenannter Verordnung gekürzt oder gestrichen. Bei Fahrlässigkeit beträgt nach Art. 24 Abs. 2 der genannten Verordnung die Kürzung höchstens 5 %. Nach Art. 71 Abs. 1 UA 1 der VO (EG) Nr. 1122/2009, die die Durchführungsbestimmungen zur VO (EG) Nr. 73/2009 enthält, beläuft sich die Kürzung bei einem festgestellten Verstoß, der auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers zurückzuführen ist, im Allgemeinen auf 3 %. Nach Unterabsatz 2 der genannten Bestimmung kann der Prozentsatz auf 1 % vermindert oder auf 5 % erhöht oder unter den Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 Buchstabe c der VO (EG) Nr. 1122/2009 überhaupt keine Kürzung verhängt werden.
24Dass im Übrigen ein Verstoß gegen die nationalen Vorschriften der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung gleichwohl grundsätzlich auch nach Unionsrecht sanktioniert werden kann und im Zusammenhang damit der unionsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit nicht verletzt ist, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt.
25Vgl. zur Sanktionierung aufgrund nationaler Vorschriften BVerwG, Urteil vom 19. September 2013 ‑ 3 C 25.12 ‑, sowie konkret zur Nitratrichtlinie OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2014 - 16 A 2822/12 -, beide juris.
26Die zu Lasten des Klägers mit der Kürzung der Betriebsprämie vorgenommene Sanktionierung ist aber zu Unrecht erfolgt. Nr. 10 des Anhangs I zu Art. 4 der Richtlinie 2008/119/EG, die vorliegend insoweit nach der Entsprechungstabelle des Anhangs III zur Vorgängerrichtlinie 91/629/EWG anwendbar ist, bestimmt Folgendes:
27„Damit sich die Kälber nicht verletzen, müssen die Böden rutschsicher sein, ohne Unebenheiten aufzuweisen, und dürfen den darauf stehenden oder liegenden Kälbern keine Verletzungen oder Schmerzen verursachen. Sie müssen auf die Größe und das Gewicht der Kälber abgestimmt sein und einen festen, geraden und stabilen Boden bilden. Die Fläche zum Liegen muss bequem, sauber und ausreichend drainiert sein und darf den Kälbern keinen Schaden zufügen.“
28§ 6 Abs. 2 Nr. 2 c) und d) TierSchNutztV bestimmen für Kälberställe, dass sie mit einem Boden ausgestattet sein müssen,
29„c) bei dem, sofern es sich um einen Spaltenboden handelt, die Spaltenweite höchstens 2,5 Zentimeter, bei elastisch ummantelten Balken oder bei Balken mit elastischen Auflagen höchstens drei Zentimeter beträgt, wobei diese Maße infolge von Fertigungsungenauigkeiten bei einzelnen Spalten um höchstens 0,3 Zentimeter überschritten werden dürfen, und die Auftrittsbreite der Balken mindestens acht Zentimeter beträgt,
30d) der im ganzen Liegebereich so beschaffen ist, dass er die Erfordernisse für das Liegen erfüllt, insbesondere dass eine nachteilige Beeinflussung der Gesundheit der Kälber durch Wärmeableitung vermieden wird.“
31Unter Zugrundelegung der vorstehenden Vorgaben ist zwischen den Parteien zunächst maßgeblich umstritten, ob ein (Beton‑)Spaltenboden ohne weitere Auflage – zu denken wäre möglicherweise an Gummimatten oder ähnliche, an die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 c TierSchNutztV angelehnte, elastische Auflagen – bequem im Sinne von Nr. 10 des Anhangs I der Richtlinie 2008/119/EG sein kann. Zu Recht weist der Kläger in diesem Zusammenhang allerdings darauf hin, dass bisher immer noch unklar geblieben ist - zumal weder während der Vor-Ort-Kontrolle oder noch später vom Veterinäramt des Kreises C. Auskunft darüber gegeben worden ist -, wie denn und in welcher Form für die Kälber auf Betonspaltenböden eine Bequemlichkeit des Bodens – jedenfalls für den Bereich, der zum Liegen bestimmt ist – vorzusehen wäre. Unabhängig davon mag auch fraglich sein, ob unter tierschutzrechtlichen Belangen im Sinne der Ziff. 10 des Anhangs I der Richtlinie 2008/119/EG nicht bereits ein Spaltenboden ohne jedwelche Auflage die Anforderung „bequem“ erfüllt. Denn § 6 Abs. 2 Nr. 2 c) TierSchNutztV differenziert ausweislich seines Wortlautes ausdrücklich zwischen Spaltenböden mit ummantelten und mit nicht ummantelten Balken, so dass die Verwendung von mit nicht elastischen oder sonst verformbaren Auflagen versehenen Spaltenböden in der Kälberhaltung grundsätzlich den Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung entspricht. Im Übrigen ist in dieser Verordnung das Tatbestandsmerkmal der Bequemlichkeit, auf das die Richtlinie in Ziff. 10 in Anhang I abstellt, nicht, insbesondere auch nicht in § 6 Abs. 2 Nr. 2 d), enthalten.
32Das VG Minden hat in seinem – wegen einer umstrittenen tierschutzrechtlichen Ordnungsverfügung zur Kälberhaltung auf Spaltenboden ohne Auflage – nicht rechtskräftigen Urteil vom 20. August 2012
33– 2 K 4/11 –, juris; Aktenzeichen des Berufungsverfahrens beim OVG NRW: 20 A 2235/12
34dargelegt, lediglich in der Literatur werde zur Erfüllung der in der Richtlinie angeführten „Bequemlichkeit“ Trockenheit, Weichheit und Verformbarkeit des Untergrundes gefordert. Es hebt hervor, dass offenbar keine abschließende Einigkeit über die tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Bodenausstattung für die Kälberhaltung bestehe. Das Verwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang auch auf den vom Beklagten im vorliegenden Verfahren erwähnten Erlass des Ministeriums vom 7. Oktober 2010, wonach Hartholz-bzw. Betonspaltenböden nach übereinstimmender Meinung der Tierschutzreferenten keine bequeme Fläche zum Liegen darstellten. Das Gericht kommt anschließend nach Beweiserhebung durch Vernehmung eines Sachverständigen zu einer Untersuchung in einem Praxisbetrieb von vier unterschiedlichen Varianten von Spaltenböden (Bongossi-Holzspalten, elastisch ummantelte Spalten [ICE], Kunststoff-Rostböden [MIK] und einer Gummiauflage auf Spalten) zu dem Ergebnis, dass der im dortigen Verfahren in Rede stehende und nicht mit einer weiteren, verformbaren Auflage versehene Bongossi-Hartholzspaltenboden – damit also ein Spaltenboden, der dem im Betrieb des Klägers vorgefundenen Betonspaltenboden vergleichbar ist – den tierschutzrechtlichen Anforderungen jedenfalls derzeit genüge.
35Soweit unter diesen Umständen ebenso in Frage kommt, dass der vom Kläger in seinem Kälberstall eingebaute Betonspaltenboden den Voraussetzungen der Richtlinie der Frage der „Bequemlichkeit“ genügt, fehlt es angesichts der vom Beklagten beim zuständigen Ministerium eingeholten und in der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Auskunft, es liege auch nach der Entscheidung des VG Minden keine gesicherte Meinung zur Haltung auf Hartholz- und Betonspaltenböden vor; vielmehr werde die Auffassung vertreten, der beamtete Veterinär könne als Sachverständiger im Einzelfall in eigener Verantwortung im Rahmen des Tierschutzgesetzes zur Frage der Haltung auf Betonspaltenbodens entscheiden, fehlt es dann an einer eindeutigen Festlegung und Regelung, dass Betonspaltenböden nicht die tierschutzrechtlichen Voraussetzungen – seien es die der zitierten Richtlinie oder die der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung – erfüllt. Vielmehr bleibt dies gerade vollständig unklar, weil je nach vertretener Auffassung in dem einen Amtsbezirk Betonspaltenböden ohne Auflage von der Veterinärbehörde als unzulässig erachtet werden und in einem anderen Bezirk eben nicht.
36In diesem Zusammenhang legt das Gericht ferner zu Grunde, dass die erst im vorliegenden Verfahren vom Veterinäramt des Kreises C. geltend gemachte Wärmeableitung mangels einer (zusätzlichen) Auflage auf dem Betonspaltenboden ebenso wenig wie die Frage der Bequemlichkeit des Bodens unumstritten ist. Denn soweit - wie sich aus der oben zitierten Regelung § 6 Abs. 2 Nr. 2 d) TierSchNutztV ergibt – die nationale Verordnung zur Kälberhaltung die Ausstattung des Stalles mit einem Boden verlangt, der eine nachteilige Beeinflussung der Gesundheit der Kälber durch Wärmeableitung vermeidet, findet sich dieses Erfordernis in Anhang I Nr. 10 der Richtlinie 2008/119/EG demgegenüber gerade nicht. Auch insoweit besteht wie bereits bei der Frage der „Bequemlichkeit“ ein Dissens zwischen Richtlinie und mitgliedstaatlicher Ausführungsverordnung. Dass der vom Kläger verwandte Betonspaltenboden, der seinen unwidersprochenen Angaben zufolge ausdrücklich zu den Außenwänden des Stalles mit Styroporunter- und -auflagen gedämmt ist, im übrigen deutlich kälter als der vom VG Minden unbeanstandete Bongossi-Hartholzspaltenboden wäre und zu einer unangemessenen Wärmeableitung führte, ist auch angesichts der allgemein gehaltenen Ausführungen des Beklagten zur Physik der Wärmeleitung bei Holz und Beton eher unwahrscheinlich. Das gilt desto mehr, als bei der üblichen Bauweise von Betonspaltenböden der überwiegende Teil der Betonbalken keine Verbindung zum Boden darunter bzw. zum Estrich hat. Ferner wird auch dort regelmäßig Dämmmaterial eingebaut, so dass bereits der unter dem Betonspaltenboden sich befindende Boden grundsätzlich hinreichende Dämmung vorweisen wird. Unter diesen Umständen sind die im Tatbestand angeführten Darlegungen des Beklagten reine Spekulation.
37Ist nach alledem schon durchgreifend unklar, ob die beanstandete Haltung der 78 Kälber auf Betonspaltenboden ohne Auflage im oben erörterten Sinne tierschutzrechtlich relevant war, kann dem Kläger jedenfalls nicht vorgeworfen werden, schuldhaft gegen zu beachtende Anforderungen des Tierschutzes im Sinne von Cross Compliance-Regelungen verstoßen zu haben. Einer Entscheidung des Gerichts, ob die Kälberhaltung des Klägers auf Betonspaltenboden ohne Auflage gegen die oben angeführten Bestimmungen verstößt und deswegen einen CC-Vorwurf darstellt, bedarf es daher nicht. Denn soweit Art. 71 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 mindestens Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers bei einem Verstoß gegen die so genannten anderweitigen Verpflichtungen voraussetzt, kann vorliegend ein solcher Schuldvorwurf nicht erkannt werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Vorsatz und Fahrlässigkeit,
38Siehe etwa Urteile vom 27. Februar 2014 – Rs. C-396/12 – und vom 16. Juni 2011 – Rs. C-536/09 –
39ist davon auszugehen, dass der Fahrlässigkeitsvorwurf im Wesentlichen den auch im nationalen Recht Deutschlands verwandten Begriffen entspricht. Fahrlässigkeit ist etwa in § 276 BGB und in § 15 StGB geregelt. Anerkannt ist in der Rechtsprechung, dass Fahrlässigkeit insoweit die Verletzung von Sorgfaltspflichten bedeutet, wie es ausdrücklich § 276 Abs. 2 BGB mit der Formulierung bestimmt, dass derjenige fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Neben der objektiven Sorgfaltspflichtverletzung des Handelns, die hier in der unterlassenen Beachtung einschlägiger Vorschriften und Maßstäbe bestehen dürfte, sowie der Vorhersehbarkeit der Tatbestandsverwirklichung gehört die Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit der Fahrlässigkeit. Ist die Rechtslage in besonderem Maße unklar, kann ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden.
40Vergleiche etwa Palandt, BGB, 73. Auflage, Rdnr. 23 zu § 276; Tröndle/Fischer, StGB, 52. Auflage, Rdnr. 14 ff., jeweils m.w.N.
41So liegt es hier angesichts der oben dargestellten durchgreifend unklaren Rechtslage bei der Haltung von Kälbern auf Betonspaltenboden. Unter diesen Umständen ist der Ansatz von 3 % Kürzung der Betriebsprämie zu Unrecht erfolgt.
42Die Zuerkennung der Zinszahlung seit Rechtshängigkeit der Klage auf den Nachbewilligungsbetrag folgt aus § 14 Abs. 2 S. 1 MOG i.V.m. §§ 236, 238 und 239 AO. Aus diesen Vorschriften ergibt sich der Zinssatz von einem halben Prozent je vollendeten Monat und die Abrundung des zu verzinsenden Betrages auf den nächsten durch 50 teilbaren Betrag, mithin hier 650 Euro.
43Da der Hauptantrag bereits erfolgreich ist, entfällt eine Bescheidung des hilfsweise gestellten Klageantrags
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
45Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob eine Haltung von Kälbern auf (Beton-)Spaltenböden ohne verformbare Auflage nicht im Einklang mit tierschutzrechtlichen Standards nach Anhang I Nr. 10 der Richtlinie 2008/119/EG und § 6 Abs. 2 Nr. 2 d TierSchNutztV steht, grundsätzliche Bedeutung hat: Sowohl im Tierschutzrecht selbst als auch in weiteren Rechtsgebieten, wie hier dem landwirtschaftlichen Beihilferecht, ist diese Frage, soweit ersichtlich, obergerichtlich bisher nicht geklärt.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Münster Urteil, 29. Apr. 2015 - 9 K 228/14
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Münster Urteil, 29. Apr. 2015 - 9 K 228/14
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Verwaltungsgericht Münster Urteil, 29. Apr. 2015 - 9 K 228/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. Oktober 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Münster wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Berufungszulassungsverfahren auf 1.497,07 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 31. Oktober 2012 hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen des Klägers zu prüfen sind, liegen nicht vor.
3Die von dem Kläger erhobenen Einwände zeigen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht auf.
4Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt: Der angefochtene Änderungs- und Teilrückforderungsbescheid vom 2. November 2011 sei rechtmäßig. Es sei zwischen den Beteiligten streitig, welche Cross-Compliance-Verstöße gegen die in den Art. 4 Abs. 1, Art. 5 i.V.m. Anhang II der VO (EG) Nr. 73/2009 normierten „anderweitigen Verpflichtungen“ in Rede stünden und ob solche Verstöße zu einer Kürzung der Betriebsprämie 2010 führen könnten und bejahendenfalls mit welchem Prozentsatz. Die in Bezug genommene Richtlinie 91/676/EWG zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen sei eine Grundanforderung für die Betriebsführung. Die durch diese Nitratrichtlinie geforderten nationalen Bestimmungen seien § 48 Abs. 2 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG), § 2a des Landeswassergesetzes (LWG) sowie § 52 Abs. 4 der Landesbauordnung (BauO NRW). Es könne nicht zweifelhaft sein, dass ein Verstoß gegen die Nitratrichtlinie und die nationalen Bestimmungen immer dann vorliege, wenn eine Festmistlagerstätte nicht den dort bestimmten Dichtigkeitsanforderungen genüge. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass mit dem angefochtenen Bescheid die Verstöße mit einer Kürzung i.H.v. 3 % sanktioniert worden seien.
51. Ernstlichen Zweifeln begegnet das angefochtene Urteil nicht. Der Kläger hat nicht einen einzelnen tragenden Rechtssatz der angegriffenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt.
6Der Kläger macht geltend, ein Verstoß gegen nationale Rechtsvorschriften könne nicht nach Unionsrecht sanktioniert werden. Dies folge aus Art. 1 Abs. 1 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften. Sanktionen seien danach bei Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht vorgesehen. Auch Art. 2 der Verordnung setze den Verstoß gegen Unionsrecht voraus. Die benannte Verordnung enthält jedoch nur eine allgemeine Rahmenregelung für Kontrollen sowie Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten (Art. 1 Abs. 1 der Verordnung). Demgegenüber treffen Art. 23 und 24 VO (EG) Nr. 73/2009 selbstständige, spezielle Regelungen, die nicht an die Definition eine Unregelmäßigkeit in der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 anknüpfen und von ihr auch nicht als höherrangige, abschließende Regelung ausgeschlossen werden.
7So BVerwG, Urteil vom 19. September 2013 ‑ 3 C 25.12 ‑, juris, Rn. 18, zu Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004.
8Auch die weiteren Einwände des Klägers gegen das angefochtene Urteil greifen nicht durch. Die Zulassungsbegründung moniert, dass die Verweisung in Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Buchstabe A Nr. 4 VO (EG) Nr. 73/2009 auf die Nitratrichtlinie derart allgemein gefasst sei, dass sich hieraus keine konkrete Handlungsanweisung für den einzelnen Betriebsinhaber ergebe. Damit ist der unionsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit angesprochen. Dieser verlangt, wie das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 19. September 2013 (a.a.O., Rn. 25) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgeführt hat, dass die Rechtsbetroffenen bei sorgfältiger Prüfung in der Lage sein müssen, den Umfang der ihnen auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen. Insoweit begegnet die Regelung der Grundanforderungen an die Betriebsführung keinen grundsätzlichen Bedenken. Art. 5 Abs. 2 VO i.V.m. Anhang II Buchstabe A VO (EG) Nr. 73/2009 verweist wie in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall zu der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 über einzeln benannte Artikel bestimmter Richtlinien auf das diese Bestimmungen umzusetzende nationale Recht. Der Grundsatz der Rechtssicherheit ist gewahrt, wenn die betroffenen Betriebsinhaber die nationalen Bestimmungen mit dem Regelungsgehalt identifizieren können, den sie als Grundanforderungen an die Betriebsführung zu beachten haben. So liegt es auch hier. Dabei bedarf es zur Beantwortung der Frage, ob und wie eine Richtlinienbestimmung umgesetzt ist, zwar eines Abgleichs mit dem im jeweils maßgeblichen Zeitpunkt geltenden nationalen Fachrecht. Auch wenn dies im Einzelfall eine etwas aufwändigere Prüfung erforderlich machen kann, berechtigt dieser Aufwand allein nicht, die Regelungstechnik wegen fehlender Bestimmtheit zu verwerfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsbetroffenen durch die Informationspflicht der Mitgliedstaaten (Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 73/2009), die landwirtschaftliche Betriebsberatung (Art. 12 ff. VO (EG) Nr. 73/2009), die amtlichen Umsetzungshinweise des nationalen Gesetzgebers und die diesbezüglichen Recherchemöglichkeiten im Netz der Europäischen Union Hilfestellungen erhalten.
9Schließlich verhilft das Vorbringen des Klägers, das Verwaltungsgericht habe Art. 71 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 unzutreffend als Ermessensvorschrift gewertet, dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Der Normgeber hat in Unterabsatz 1 Satz 2 des Art. 71 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 bestimmt, dass sich die Kürzung wegen eines CC-Verstoßes im Allgemeinen auf 3 % des Gesamtbetrags im Sinne von Art. 70 Abs. 8 der Verordnung belaufe. Nach Unterabsatz 2 kann die Zahlstelle jedoch auf der Grundlage der Bewertung durch die zuständige Kontrollbehörde … beschließen, den genannten Prozentsatz entweder auf 1 % des Gesamtbetrags zu vermindern oder ihn auf 5 % zu erhöhen oder aber in den in Art. 54 Abs. 1 Buchst. c genannten Fällen überhaupt keine Kürzung zu verhängen. Nach Auffassung des Klägers habe der Unionsgesetzgeber gemäß Art. 2 Abs. 3 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 das Ausmaß der zu verhängenden Sanktion festzulegen. Auf diese Vorschrift kann sich der Kläger jedoch nicht berufen. Wie bereits ausgeführt, können die Bestimmungen der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 durch selbstständige, spezielle Regelungen verdrängt werden, was hier durch Art. 71 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 geschehen ist. Es begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht dem Beklagten einen Spielraum zugebilligt hat, von dem Regelfall einer Kürzung von 3 % in den vorgegebenen Grenzen abzuweichen. Abgesehen hiervon macht die Zulassungsbegründung nicht schlüssig geltend, dass abweichend von dem Regelfall die Voraussetzungen einer minderschweren Kürzung vorgelegen hätten.
102. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Den von dem Kläger gestellten Fragen
11„Sind Art. 4 und 5 VO 73/2009 insoweit wirksam, als im Anhang II VO (EG) 73/2009 auf Richtlinien verwiesen wird?“und„Kann ein Verstoß gegen eine Regelung in diesen Richtlinien nach Art. 71 f. VO 1122/2009 sanktioniert werden?“
12kommt entsprechend den obigen Ausführungen keine grundsätzliche Bedeutung zu. Insbesondere wird verwiesen auf die angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.).
13Auch die weitere Frage
14„Handelt es sich bei Art. 71 Abs. 1 S. 3 VO 1122/2009 um eine Ermessensregelung im Sinne von § 40 VwVfG?“
15ist nicht klärungsbedürftig. Denn die Beantwortung dieser Frage kann im vorliegenden Verfahren nicht zu einem anderen Entscheidungsergebnis führen. Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Kürzung um 3 % zu hoch gewesen sei.
16Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
17Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
18Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
19Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist Landwirt. Er betreibt auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 13. Juni 2006 als Lohnmäster des Unternehmens E. die Kälbermast. Zwei seiner Ställe sind mit Spaltenboden oberhalb von Güllekanälen ausgestattet. Der Spaltenboden besteht aus parallel im Abstand von wenigen Zentimetern zueinander angeordneten Balken aus Bongossiholz, einer Hartholzart. Quer zu den Spalten sind im Abstand von etwa einem Meter zueinander Metallleisten angebracht. Die Kälber werden im Alter von etwa zwei Wochen beim Kläger eingestallt und bis zum Alter von sechs Monaten gemästet. Anschließend werden sie geschlachtet. Zu einem Mastdurchgang gehören ca. 600 Kälber.
3Nach einer örtlichen Überprüfung am 5. März 2010 gelangte der Beklagte zu dem Ergebnis, der Spaltenboden sei unvereinbar mit den Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. In dem über die Überprüfung gefertigten Aktenvermerk heißt es: Die Spaltenweite betrage bis zu 3,0 cm, die Breite der Balken zum Teil weniger als 8,0 cm. Die Balken seien durch die Ausscheidungen der Kälber rutschig und feucht. Trotz der Querleisten seien die Kälber bei Bewegungsaktivitäten oft ausgegrätscht oder auf die Vorderfußwurzelgelenke gefallen. Beim Laufen seien die Kälber mit ihren Klauenspitzen häufig in die Spalten gerutscht, wobei sie unphysiologische Beinstellungen eingenommen hätten.
4Mit Ordnungsverfügung vom 1. April 2010 ordnete der Beklagte unter anderem an, Kälber ab sofort nur noch auf solchen Böden zu halten, die im gesamten Aufenthaltsbereich der Tiere rutschfest und trittsicher sowie so beschaffen sind, dass von ihnen keine Gefahr der Verletzung von Klauen und Gelenken ausgeht, und allen Kälbern eine trockene und überwiegend saubere Liegefläche zur Verfügung zu stellen. Gegen diese Ordnungsverfügung hat der Kläger keine Klage erhoben.
5Bei einer weiteren Überprüfung der Ställe am 3. Mai 2010 beobachteten Mitarbeiter des Beklagten erneut, dass die Kälber bei schnelleren Bewegungen rutschten und mit den Klauen in die Spalten gelangten.
6Unter dem 18. August 2010 wandte sich der Beklagte im Rahmen der Überwachung der Einhaltung prämienrelevanter Vorschriften an das dafür zuständige Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (im Folgenden: MKULNV). Er berichtete: Er halte die Spaltenböden für nicht ausreichend, um die Anforderungen an die Rutschfestigkeit und Trittsicherheit sowie eine bequeme Liegefläche zu erfüllen. Er beabsichtige jedoch, von Sanktionen aus Gründen der Gleichbehandlung abzusehen, weil das Unternehmen E. plausibel angegeben habe, dass Kälber in vielen Mastbetrieben auf Hartholzböden gehalten würden.
7Das MKULNV teilte unter dem 7. Oktober 2010 mit: Bei einer Besprechung der Tierschutzreferenten sei es übereinstimmende Meinung gewesen, dass Hartholz-Spaltenböden nicht das Kriterium der Rutsch- und Trittsicherheit erfüllten sowie keine bequeme Fläche zum Liegen seien. Die Böden seien durch geeignete Maßnahmen, zum Beispiel durch Einfräsen von Rillen oder Gummibelag, tiergerechter zu gestalten.
8Nach vorheriger Anhörung ordnete der Beklagte mit Ordnungsverfügung vom 8. Dezember 2010 in Ergänzung der Ordnungsverfügung vom 1. April 2010 Folgendes an:
9"1. Ab sofort dürfen Sie Kälber nur noch dann in Ihren Betrieb bzw. Ihre Haltung aufnehmen, wenn gewährleistet ist, dass allen Kälbern gleichzeitig eine bequeme, also verformbare, sich den Körperkonturen anpassende Liegefläche ständig zur Verfügung steht.
102. Ab sofort dürfen Sie Kälber nur noch dann in Ihren Betrieb bzw. Ihre Haltung aufnehmen, wenn gewährleistet ist, dass von dem bisher verwendeten Bongossihartholz-Spaltenboden durch Austausch oder geeignete Maßnahmen im Sinne zusätzlicher Vorrichtungen keine Gefahr der Verletzung von Klauen und Gelenken der dort gehaltenen Kälber ausgeht, d. h. bei der Verwendung von Spaltenboden im Laufbereich ist zu gewährleisten, dass bis auf seltene Ausnahmen beim Fußen der Tiere in Richtung des Spaltenverlaufes jeweils beide Klauen eines Fußes auf den Balken fußen und beim Fußen quer zum Spaltenverlauf die Klauen nicht in die Spalten abkippen können. Ferner müssen die Böden trittsicher und rutschfest sein; das heißt, dass verhaltensgerechte Bewegung einschließlich Sprüngen und Laufen möglich sein muss, ohne dass die Tiere mit hoher Wahrscheinlichkeit beim Auftreten rutschen.
113. Abweichend von der Untersagung der Aufstallung von Kälbern unter Punkt Nr. 1 und 2 gestatte ich Ihnen das Aufstallen von Kälbern in einem ihrer beiden Ställe bis zum 01.04.2011, sofern mir der geplante Umbau des anderen Stalles zur Schaffung kälbergerechter Lauf- und Liegeflächen von Ihnen zuvor glaubhaft nachgewiesen wurde und mir von Ihnen ebenfalls zuvor dargelegt wurde, dass auf die Haltung von Kälbern während der Umbaumaßnahmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht vollständig verzichtet werden kann."
12Gleichzeitig drohte er dem Kläger für den Fall von Zuwiderhandlungen Zwangsgelder an. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Der Spaltenboden erfülle nicht die Anforderungen von § 2 TierSchG i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 1, § 6 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV. Er werde sehr glatt und stelle, wenn er rutschig sei, eine hohe Verletzungsgefahr dar. Die dauerhafte Haltung auf einem solchen Boden unterbinde in erheblichem Maß das natürliche Bewegungsverhalten der Tiere. Bei Überprüfungen seien die Kälber häufig ausgerutscht. Sie hätten ihren Stand dadurch gesichert, dass sie mit den Klauenspitzen in die Spalten abgekippt seien. Die Kälber hätten sich deutlich vorsichtig bewegt, um Stürze und Ausrutschen zu vermeiden. Sie hätten nicht entsprechend ihrem Normalverhalten laufen und stehen können. Stürze seien ebenso schmerzhaft wie mögliche Verletzungen als Folge des Ausrutschens. Der Boden genüge, weil er extrem hart und mit Querleisten aus Metall versehen sei, auch nicht den Anforderungen an das Liegen von Kälbern. Hierzu zähle nach europarechtlichen Richtlinien, die zur Auslegung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung heranzuziehen seien, das Merkmal bequem. Die Mängel seien geeignet, während der ganzen Mastperiode bis zur Schlachtung andauernde und erhebliche Leiden zu bereiten und Schmerzen sowie Schäden zu verursachen. Die Anordnungen seien auch mit Blick auf die Auswirkungen auf die Berufsausübung des Klägers sowie die Wirtschaftlichkeit der Kälbermast erforderlich. Die rechtlichen Vorgaben existierten seit Jahren und seien hinreichend bekannt.
13Am 17. Dezember 2010 fand im MKULNV eine Besprechung statt, an der Vertreter von Behörden, des Verbandes der Kälberzüchter und des Unternehmens E. teilnahmen. In der Ergebnisniederschrift heißt es: Vertreter der Wirtschaft hätten darauf hingewiesen, das Problem der Rutschigkeit des Bodens stelle sich bei modernem Fütterungsmanagement nicht, weil der Kot der Kälber in diesem Fall eher fest und trocken sei. Es sei dem einzelnen Mäster überlassen, ob er die Trittsicherheit des Bodens durch Veränderungen der Oberflächenstruktur oder der Beschaffenheit des Kots der Kälber gewährleiste. Hinsichtlich der Bequemlichkeit des Bodens bestehe perspektivisch Optimierungsbedarf. Hierzu sollten die Ergebnisse einer Vergleichsstudie unterschiedlicher Böden abgewartet werden.
14Daraufhin kündigte ein Vertreter des Unternehmens E. dem Beklagten an, der Kläger werde die Rutsch- und Trittfestigkeit des Spaltenbodens durch eine Erhöhung des Rauhfutteranteils am Futter der Kälber entscheidend verbessern; hinsichtlich der Bequemlichkeit der Liegeflächen sollten die Ergebnisse einer Studie zur Praxistauglichkeit verschiedener Böden abgewartet werden. Der Beklagte hielt an der Ordnungsverfügung fest und entgegnete: Nr. 1 der Ordnungsverfügung könne ohne größere Umbaumaßnahmen unter anderem durch Gummiauflagen erfüllt werden. Bezogen auf Nr. 2 der Ordnungsverfügung könne unter bestimmten Voraussetzungen von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden.
15Der Kläger hat am 3. Januar 2011 Klage erhoben.
16Während des Klageverfahrens hat er im Jahr 2011 mehrere Buchten eines Stalls mit geschlitzten Gummimatten auslegen lassen. Diese Maßnahme hat der Beklagte als anforderungsgerecht betrachtet. Von einer weitergehenden Verwendung der Gummimatten hat der Kläger abgesehen, nachdem in den so ausgestatteten Buchten die Verunreinigung des Bodens und der Kälber durch Ausscheidungen zugenommen hatte. Er hat um Einräumung einer mehrjährigen Übergangsfrist gebeten, um bei einer dann anstehenden Erneuerung des Spaltenbodens die beste Lösung realisieren zu können. Letzteres hat der Beklagte abgelehnt. Bei einer Überprüfung am 30. September 2011 sind 60 Kälber auf Stroh, 43 Kälber auf Gummimatten und weitere 520 Kälber auf Bongossi-Holzspaltenböden ohne Auflage untergebracht gewesen.
17Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgetragen: Das Halten von Kälbern auf Spaltenböden aus Hartholz, vor allem Bongossiholz, sei seit Jahrzehnten allgemein üblich und in der Vergangenheit als rechtmäßig anerkannt gewesen. Es gebe keinen brauchbaren anderen Boden. Die sonstigen Veterinärbehörden in Nordrhein-Westfalen verlangten keine Umstellung. Ställe für die Kälbermast mit Spaltenböden aus Bongossiholz würden nach wie vor auch in Nordrhein-Westfalen genehmigt. Er, der Kläger, wolle an dem vorhandenen Spaltenboden nicht festhalten. Die eingesetzten Gummimatten erhöhten aber das Risiko von Erkrankungen und die Verunreinigung der Kälber. Sogar die Abnahme der Kälber im Schlachthof werde gefährdet. Der Spaltenboden müsse technisch erst in einigen Jahren ausgetauscht werden. Bis dahin könne abgewartet werden. Der Hersteller der Gummimatten gehe nach eigenen Angaben davon aus, dass die Entwicklung hinsichtlich der Kombination von tragenden Bodenelementen und Gummiauflagen noch andauere. Besonders schwierig sei die Umrüstung vorhandener Spaltenböden wegen des erforderlichen Spaltenanteils an der Gesamtfläche. Die Ordnungsverfügung rufe das Risiko von Fehlinvestitionen bis hin zum wirtschaftlichen Ruin hervor. Der Beklagte verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Er stelle das Risiko des Ausrutschens der Kälber übertrieben dar. Bei den örtlichen Überprüfungen habe er übermäßige Unruhe in die Ställe gebracht, um die Kälber zu schnellen Bewegungen zu veranlassen. Die Anforderungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV kollidierten mit denjenigen zur Sauberhaltung der Haltungseinrichtungen und der Kälber. Die Normstruktur der Vorschriften lasse eine einseitige Betonung einer einzelnen Anforderung nicht zu. Sie seien wegen unzureichender Bestimmtheit unwirksam. Die Anforderungen des Beklagten an die Liegefläche ließen sich auch aus den einschlägigen europarechtlichen Richtlinien nicht herleiten. Das Merkmal "weich" gelte insofern nicht. Die vom Beklagten angeordneten Merkmale für den Boden seien unbestimmt. Es sei gerade unklar, wie ein tierschutzgerechter Boden beschaffen sein müsse. Auch Gummimatten seien nicht völlig trittsicher.
18Der Kläger hat beantragt,
19die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 8. Dezember 2010 aufzuheben.
20Der Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Er hat vorgetragen: Der Spaltenboden genüge auch aus ministerieller Sicht nicht den Erfordernissen. Diese seien seit Jahren bekannt. Die Liegefläche von Kälbern müsse nach gefestigter Auffassung weich sein. Es gebe lediglich ein Vollzugsdefizit, auf welches sich der Kläger aber nicht berufen könne. Er, der Beklagte, wahre das Gebot der Gleichbehandlung bei seinen Maßnahmen. Die geforderten Eigenschaften des Bodens seien in der Ordnungsverfügung zielförmig mit hinreichender Bestimmtheit beschrieben. Sie könnten durch Gummiauflagen erfüllt werden, die ausreichend gereinigt werden könnten und müssten. Die für Umbaumaßnahmen eingeräumte Übergangsfrist sei ausreichend und im Übrigen wegen des zwischenzeitlichen Zeitablaufs überholt. Eine Einstreu mit Stroh sei jederzeit möglich. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vermittle dem Kläger keinen Vertrauensschutz.
23Das Verwaltungsgericht hat zur Frage der Anforderungen an die Bodenausstattung in einem Kälbermastbetrieb nach dem derzeitigen Stand der Technik ein mündliches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. A. eingeholt und der Klage durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, stattgegeben. Es hat ausgeführt: Der vorhandene Spaltenboden genüge unter Berücksichtigung des Stands der Technik den Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Die an die Liegefläche gestellte Anforderung finde in der Verordnung keine Stütze.
24Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten.
25In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte die Regelungen unter Nrn. 1 und 2 der Ordnungsverfügung vom 8. Dezember 2010 geändert sowie unter Nr. 3 aufgehoben. Dabei hat er als Zeitpunkt, ab dem Kälber nur noch unter den genannten Voraussetzungen aufgenommen werden dürfen, den 1. Januar 2017 bestimmt und die Anforderungen an die Liegefläche neu gefasst.
26Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte ergänzend und vertiefend zu seinem bisherigen Vorbringen vor: Das vom Verwaltungsgericht eingeholte Gutachten trage nicht den Schluss, dass ein Hartholzspaltenboden rutschfest und trittsicher sei. Die Kälber passten vielmehr ihr Verhalten an den Boden an, indem sie artgerechte Bewegungen unterließen. Mindestens Gummiauflagen seien ein fortschrittliches Verfahren, das mit zumutbarem Aufwand die Verletzungsgefahr gegenüber einem Hartholz-Spaltenboden deutlich verringere und den aktuellen Stand der Technik darstelle. Eine Selbstreinigung des Bodens sei nicht erforderlich, sondern werde von Tierhaltern lediglich aus wirtschaftlichen Gründen gewünscht. § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe d TierSchNutztV sei dahin auszulegen, dass der Boden verformbar sein müsse. Das beruhe auf den Grundbedürfnissen von Rindern hinsichtlich des Liegens. Das Anforderungsmerkmal "weich" für den Liegebereich sei in einer früheren Fassung der Verordnung enthalten gewesen. Seine Streichung sei wegen nicht ordnungsgemäßer Beteiligung der Tierschutzkommission und Verstoßes gegen die Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig sowie nichtig. Jedenfalls greife insoweit § 2 TierSchG ein. Eine Umrüstung der Ställe sei verhältnismäßig, weil das Interesse der Allgemeinheit an ethischem Tierschutz die wirtschaftlichen Interessen des Klägers überwiege.
27Der Beklagte beantragt,
28das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
29Der Kläger beantragt,
30die Berufung zurückzuweisen.
31Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend und vertiefend zu seinem bisherigen Vorbringen vor: Angesichts der wirtschaftlichen Tragweite der Ordnungsverfügung setze die hinreichende Bestimmtheit der Anordnungen voraus, dass positiv festgelegt werde, welcher Boden tierschutzgerecht sei. Daran fehle es. Ebenso fehle es an einer überzeugenden Begründung dafür, warum der Spaltenboden, der dem Standard in der Bundesrepublik wie im benachbarten Ausland genüge, gerade bei ihm, dem Kläger, beanstandet werde. Es sei sachgerecht, sich zunächst in der Veterinärverwaltung eine einheitliche Meinung zu bilden. Dabei seien die Rahmenbedingungen des Haltens von Nutzvieh zu berücksichtigen. Die Umstellung auf einen Spaltenboden mit Gummiauflagen könne bei der nächsten Erneuerung des Bodens vorgenommen werden. Die Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung seien innerhalb ihres Anwendungsbereichs abschließend gegenüber § 2 TierSchG. Ein gelegentliches Ausrutschen von Tieren sei kein Indiz für Tierschutzwidrigkeit. Als Folge einer inzwischen vorgenommenen Veränderung der Fütterung der Kälber sei deren Kot gegenwärtig fester und seien die Holzbalken in der Regel trocken. Die Kälber rutschten praktisch nicht mehr und seien sauberer.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte VG Minden 2 L 47/12 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
34Die Berufung hat keinen Erfolg.
35Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 8. Dezember 2010 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung erklärten Änderungen ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36Als Rechtsgrundlage für die Anordnungen unter Nrn. 1 und 2 der Ordnungsverfügung kommen § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 TierSchG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 2182 - TierSchG n. F.), die während des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle der wortgleichen § 16a Satz 1 und 2 Nr. 1 TierSchG in der zuvor geltenden Fassung (TierSchG a. F.) getreten sind, in Betracht. § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 TierSchG n. F. sind maßgeblich, weil die Anordnungen der Ordnungsverfügung auf Dauer angelegt sind. Die Regelungen, nach denen der Kläger Kälber nur noch dann in seinen Betrieb bzw. seine Haltung aufnehmen darf, wenn die bezeichneten Voraussetzungen gegeben sind, erschöpfen sich nicht in einer einmaligen Verpflichtung des Klägers, sondern begründen ein auf Dauer gerichtetes Verbot für den Fall, dass der Boden der Haltungseinrichtungen die geforderten Eigenschaften und Merkmale nicht aufweist. Für die gerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines solchen Dauerverwaltungsakts kommt es regelmäßig und so auch hier auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung an.
37Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Oktober 2014 - 9 B 32.14 -, juris, und vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510.
38Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG n. F. trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG n. F.).
39Es ist zweifelhaft, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, was die Veranlassung zum behördlichen Einschreiten durch die ergangenen Anordnungen angeht.
40Hinsichtlich des vom Beklagten wegen der Härte des Spaltenbodens und der Querleisten bezogen auf Nr. 1 der Ordnungsverfügung angenommenen Verstoßes gegen ein Erfordernis, Kälbern eine durch das Körpergewicht verformbare Liegefläche zur Verfügung zu stellen, ist zu bedenken, dass die Verformbarkeit der Liegefläche nicht zu den ausdrücklich normierten zwingenden Eigenschaften des Liegebereichs von Kälber gehört. Nach § 5 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 TierSchNutztV in der geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043) muss Kälbern im Stall ein trockener Liegebereich zur Verfügung stehen. Der Boden des Stalls muss im ganzen Liegebereich so beschaffen sein, dass er die Erfordernisse für das Liegen erfüllt, insbesondere dass eine nachteilige Beeinflussung der Gesundheit der Kälber durch Wärmeableitung vermieden wird (§ 6 Abs. 2 Buchstabe d TierSchNutztV). Das durch § 5 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 TierSchNutztV in der ursprünglichen Fassung vom 25. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2758) als weitere Eigenschaft des Liegebereichs vorgegebene Merkmal "weich", das als "verformbar" verstanden werden kann, ist durch Art. 1 Nr. 3a der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 1. August 2006 (BGBl. I S. 1804) gestrichen worden. Als Grund hierfür wurde genannt, dass die in der Praxis der Spaltenböden verwendeten Balken naturgemäß nicht weich sein könnten und für die Kälberhaltung geeignete Gummiauflagen fehlten, weshalb die Vorschrift ins Leere laufe.
41Vgl. BR-Drucks. 119/06 (Beschluss), S. 14.
42Ausgehend hiervon und mit Blick darauf, dass § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c TierSchNutztV Spaltenboden ohne elastische Ummantelung oder Auflage ersichtlich als praktisch verwendungsfähig voraussetzt, ohne dabei zwischen Liege- und Laufbereich zu differenzieren, ist im Hinblick auf die Zweifel des Beklagten an der Wirksamkeit der Streichung des Merkmals "weich" zu berücksichtigen, dass es sich bei der Streichung um die Ausräumung eines inneren Widerspruchs zwischen gegenläufigen Vorschriften gehandelt haben kann, die dazu gedient hat, die sonst gegebene Unwirksamkeit der widersprüchlichen Regelungen zugunsten der Wirksamkeit einer der betroffenen Regelungen zu beheben. Hierfür spricht auch, dass Spaltenböden aus Hartholz, das offensichtlich nicht "weich" in dem Sinne ist, dass es durch das Körpergewicht der Kälber beim Liegen verformt würde, in der Praxis der Kälbermast seit Jahren weit verbreitet sind oder zumindest waren, ohne dass dies behördlich beanstandet worden wäre und ohne dass Anhaltspunkte für ein insoweit maßgebliches behördliches Fehlverständnis oder Fehlverhalten bestünden. Nach dem Ergebnisbericht über die am 17. Dezember 2010 beim MKULNV stattgefundene Besprechung waren sich die Teilnehmer einig, dass bezogen auf die Bodeneigenschaften "weich" und "bequem" "perspektivisch Optimierungsbedarf" bestand und abhängig von den Ergebnissen eines praktischen Vergleichs verschiedener Böden über mittelfristig zu ergreifende bauliche Maßnahmen entschieden werden sollte.
43Soweit sich der Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass seit einiger Zeit Gummimatten als Auflagen für Spaltenböden erhältlich sind, deren Einsatz einen "weichen", also durch das Körpergewicht verformbaren, Liegebereich schafft, ändert die technische Fortentwicklung nichts an dem durch die Streichung des Merkmals "weich" festgelegten derzeitigen Regelungsgehalt von § 5 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 TierSchNutztV.
44Die vom Beklagten vertretene Ableitung des Erfordernisses der Verformbarkeit des Liegebereichs aus den durch die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung umgesetzten europarechtlichen Richtlinien erschließt sich nicht ohne Weiteres.
45Zum einen besagt das allenfalls einschlägige Erfordernis, dass die Fläche zum Liegen "bequem" sein muss (Nr. 10 des Anhangs 1 der Richtlinie 2008/119/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern), nicht ohne Weiteres, dass hiermit auch die Verformbarkeit der Liegefläche gemeint ist. Immerhin ist in engem Zusammenhang mit diesem Erfordernis nur für Kälber unter zwei Wochen eine Einstreu, also ein verformbares Material, vorgeschrieben worden. Dementsprechend könnte daran zu denken sein, dass mit "bequem" die Körperhaltung beim Liegen bzw. beim Hinlegen und Aufstehen beschrieben wird. In diesem Sinne ist das Merkmal, das bereits in Nr. 10 des Anhangs der Richtlinie des Rates vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern (91/629/EWG), der Vorgängerregelung zur Richtlinie vom 18. Dezember 2008, enthalten war, bei deren Umsetzung durch die Kälberhaltungsverordnung vom 1. Dezember 1992 (BGBl. I S. 1977) verstanden worden. Die Erfordernisse für das Liegen wurden durch die Kälberhaltungsverordnung unter anderem dahingehend konkretisiert, dass die Kälber ungehindert liegen, aufstehen, sich hinlegen und eine natürliche Körperhaltung einnehmen können mussten (§ 3 Nr. 1). Im Blick stand das arttypische Bewegungs- und Ruheverhalten.
46Vgl. BR-Drucks. 612/92, S. 14.
47Zum anderen setzt die Einbeziehung des Merkmals "bequem" in den Regelungsgehalt der §§ 5 f. TierSchNutztV voraus, dass diese Regelungen trotz ihres Wortlauts und der Streichung des früheren Merkmals "weich" einer entsprechenden Auslegung zugänglich sind. Das ist keineswegs selbstverständlich. Die vom Beklagten insoweit erwogene richtlinienkonforme Auslegung der Regelungen ist ein Mittel, um einen nach nationalem Recht bestehenden Auslegungsspielraum auszuschöpfen, aber keine zulässige Methode, um eine unterbliebene oder fehlerhaft vorgenommene Umsetzung in nationales Recht entgegen dessen Wortlaut der Sache nach zu ersetzen bzw. zu korrigieren.
48Was schließlich den Rückgriff des Beklagten auf die Anforderungen nach § 2 TierSchG anbelangt, um eine seiner Meinung nach für den Fall der fehlenden verordnungsrechtlichen Vorgabe des Erfordernisses der Verformbarkeit bestehende Lücke bei den durch die §§ 5 f. TierSchNutztV vorgeschriebenen Merkmalen des Liegebereichs zu schließen, ist zu berücksichtigen, dass dies der Funktion der zuletzt genannten Vorschriften zuwiderlaufen könnte. § 2a TierSchG, der zu den Ermächtigungsgrundlagen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung gehört, dient dazu, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach § 2 TierSchG durch eine Verordnung näher bestimmen zu können. Einer solchen näheren Bestimmung ist immanent, dass die Anforderungen durch die Verordnung verbindlich konkretisiert werden, was bei der vorliegend betroffenen Nutztierhaltung unter Einbeziehung des Gesichtspunkts des notwendigen Ausgleichs zwischen den Belangen des Tierschutzes sowie der Halter zu geschehen hat. Das Verfahren zum Zustandekommen der Verordnung bietet zugleich Raum für die sorgfältige fachliche Fundierung der Konkretisierung der Anforderungen über den Einzelfall und vereinzelte fachliche Meinungen hinaus. Hiervon ausgehend ist zudem jedenfalls fraglich, ob die durch die §§ 5 f. TierSchNutztV vorgenommene Konkretisierung gerade hinsichtlich des dort nicht normierten Anforderungsmerkmals "verformbar" einen Rückgriff auf § 2 TierSchG erfordert, zumal auch diese Vorschrift diesbezüglich nichts Ausdrückliches regelt.
49Zweifel am Bestehen eines tierschutzwidrigen Zustands sind auch hinsichtlich des vom Beklagten bezogen auf Nr. 2 der Ordnungsverfügung angenommenen Verstoßes gegen die sich aus § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a und b, § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV ergebenden Anforderungen an den Aufenthaltsbereich der Kälber angebracht. Nr. 2 Satz 1 der Ordnungsverfügung liegt ein vermeintlicher Verstoß gegen die Anforderungen an die gesundheitliche Gefahrlosigkeit des Bodens zugrunde; Nr. 2 Satz 2 der Ordnungsverfügung beruht auf der Annahme eines Verstoßes gegen das Erfordernis der Rutschfestigkeit und Trittsicherheit des Bodens. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a TierSchNutztV müssen Ställe mit einem Boden ausgestattet sein, der im ganzen Aufenthaltsbereich der Kälber und in den Treibgängen rutschfest und trittsicher ist. Sofern der Boden Löcher, Spalten oder sonstige Aussparungen aufweist, muss er so beschaffen sein, dass von diesen keine Gefahr der Verletzung von Klauen oder Gelenken ausgeht (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b TierSchNutztV). Dadurch werden für Kälber in Ställen die allgemeinen Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Nutztiere konkretisiert, zu denen gehört, dass Haltungseinrichtungen nach ihrer Bauweise, den verwendeten Materialien und ihrem Zustand so beschaffen sein müssen, dass eine Verletzung oder sonstige Gefährdung der Gesundheit der Tiere so sicher ausgeschlossen wird, wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV).
50Vorliegend sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Spaltenboden aus Bongossiholz, auf dem der Kläger die ganz überwiegende Anzahl der Kälber hält, im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung derart rutschig gewesen sein dürfte, dass die Kälber bei Bewegungen keinen annähernd sicheren Stand hatten, so dass sie mit den Klauen in die Spalten rutschen und sich hierbei an Klauen oder Gelenken oder bei Stürzen auch an anderen Körperteilen verletzen konnten. Der Beklagte hat das bei mehreren örtlichen Überprüfungen, unter anderem am 5. März 2010, anhand der Bewegungen der Kälber festgestellt. Seine Feststellungen zur Rutschigkeit des Bodens und die von ihm hierzu aus dem Verhalten der Kälber gezogenen Rückschlüsse decken sich mit den Ergebnissen der Untersuchung der Auswirkungen unterschiedlicher Böden bei der Kälberhaltung, die dem mündlich erstatteten Gutachten des vom Verwaltungsgericht herangezogenen Sachverständigen Prof. Dr. A. zugrunde liegen. Danach waren Kälber auf einem Bongossi-Spaltenboden kaum aktiv, wenn der Boden verschmutzt war, und rutschten sie dennoch häufig aus; selbst bei sauberem Boden rutschten die Kälber doppelt so häufig aus, wie sie spielten.
51Vgl. A. , Vier Kälber-Böden im Praxistest, top agrar 2012, R 28.
52Das trägt den Schluss, dass ein Spaltenboden aus Bongossiholz das Bewegungsverhalten der Kälber beeinflusst und er sogar dann, wenn sich die Kälber bei ihren Bewegungen auf den Boden einstellen, ausgesprochen rutschig ist, wenn er als Folge der Ausscheidungen der Kälber verunreinigt und feucht bzw. nass ist. Die Darstellung des Beklagten, dass die Kälber, geraten sie ins Rutschen, mit ihren Klauen in den Spalten Halt suchen und sich hierbei oder dann, wenn sie den Stand verlieren und stürzen, an den Klauen oder den Gelenken oder sonstigen Körperteilen mit einem für die Annahme einer Gefahr zureichenden Grad an Wahrscheinlichkeit verletzen können, ist plausibel und nachvollziehbar.
53Der Kläger räumt die seinerzeitige Rutschigkeit des Spaltenbodens auch ein, indem er darauf verweist, die hierfür wesentliche Ursache sei durch eine inzwischen vorgenommene Veränderung der Fütterung der Kälber, durch die der hohe Feuchtigkeitsgrad und der Fettgehalt des Kots vermindert sowie der Faseranteil erhöht worden seien, weggefallen. Auch bei der erwähnten Besprechung beim MKULNV war die Rutschigkeit von Spaltenböden aus Bongossiholz bei der herkömmlichen Fütterung und in Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Kots der Kälber nicht streitig. Uneinigkeit bestand zwischen den Teilnehmern an der Besprechung lediglich dahingehend, ob das Problem der Rutschigkeit dieser Spaltenböden mittels hieran angepasster Fütterung der Kälber bewältigt werden kann.
54Nicht ausgeschlossen ist aber, dass die Kälber der Rutschigkeit des Spaltenbodens durch hieran angepasstes Bewegungsverhalten soweit Rechnung tragen konnten und getragen haben, dass es im Normalbetrieb ohne situationsbedingte vorübergehende Unruhe in den Ställen zumindest nicht in größerer Häufigkeit tatsächlich zum Ausrutschen und dem Verlust der Standsicherheit sowie zu Verletzungen gekommen ist. Angesichts der generell mit der Haltung von Kälbern in Ställen nach Maßgabe der §§ 5 ff. TierSchNutztV verbundenen Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten dürfte es nicht von vornherein ausgeschlossen sein, die Rutschfestigkeit und Trittsicherheit des Bodens sowie die gegebenenfalls durch ihn verursachten Gefahren für die Gesundheit der Kälber unter Einbeziehung dieser Anpassung zu beurteilen. Dafür spricht wiederum, dass ein Spaltenboden, wie er in den Ställen des Klägers vorhanden ist, in der Kälbermast seit langem ohne behördliche Beanstandungen üblich ist bzw. war. Sollte ein solcher Spaltenboden nicht in einem Maße rutschfest und trittsicher sein, welches notwendig ist, damit die Kälber nicht von nach Art und/oder Häufigkeit auffälligen gesundheitlichen Beeinträchtigungen betroffen werden, wäre es unverständlich, dass sich diese Haltungsform in der Vergangenheit trotz der seit der Kälberhaltungsverordnung vom 1. Dezember 1992 inhaltlich im Wesentlichen unverändert gebliebenen Anforderungen hat durchsetzen und halten können. Daran ändert nichts, dass Gummiauflagen auf Spaltenböden, die nach dem Dafürhalten des Beklagten für die Kälbermast geeignet sind, weil sie rutschfester und trittsicherer sowie wegen der Nachgiebigkeit des Materials vorteilhaft in Bezug auf die Abwehr von Gesundheitsgefahren beim Ausrutschen sind, erst seit der jüngeren Vergangenheit erhältlich sind. Spaltenböden sind eine mögliche Haltungsform, die seit der Kälberhaltungsverordnung vom 1. Dezember 1992 - auch hinsichtlich elastisch ummantelter Balken (§ 2 Nr. 4 Satz 1) - geregelt wird. Darüber hinaus hat der erstinstanzliche Sachverständige Prof. Dr. A. einen Spaltenboden aus Bongossiholz nach der von ihm durchgeführten vergleichenden Untersuchung des Verhaltens von Kälbern (auch) unter dem Blickwinkel des Ausrutschens als "geeignet" eingestuft.
55Ferner hat der Kläger nach seinen Angaben die Fütterung der Kälber derart umgestellt, dass als Folge eines höheren Rauhfutteranteils und dessen Auswirkungen auf die Beschaffenheit der Ausscheidungen der Tiere die Rutschigkeit des vorhandenen Spaltenbodens so stark abgenommen hat, dass die vom Beklagten vor Erlass der Ordnungsverfügung getroffenen Feststellungen überholt sind. Eine solche Änderung der Fütterung war in der erwähnten Besprechung beim MKULNV als Lösungsmöglichkeit zur Gewährleistung der Rutschfestigkeit und Trittsicherheit erwogen und von den Vertretern der Veterinärbehörden nicht als aussichtslos verworfen worden. Der Beklagte hat keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass die neue Fütterungsmethode entgegen dem Vorbringen des Klägers, der Spaltenboden sei überwiegend trocken und nicht (mehr) rutschig, nicht greift.
56Bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung steht danach ebenfalls nicht fest, dass von dem Spaltenboden eine Gefahr der Verletzung von Klauen und Gelenken der Kälber ausgeht. Angesichts der grundsätzlichen Anerkennung der Eignung auch von nicht elastisch ummantelten oder nicht mit elastischen Auflagen versehenen Spaltenböden durch § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c TierSchNutztV trägt der Umstand, dass die Klauen der Kälber auch bei einem rutschfesten und trittsicheren Boden ganz oder teilweise in die Spalten geraten können, als solcher schwerlich den Schluss, dass ein den in dieser Vorschrift genannten Abmessungen genügender sowie rutschfester und trittsicherer Spaltenboden eine Gefahrenquelle im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b TierSchNutztV bildet. Nichts anderes folgt daraus, dass die Gummiauflagen nach Meinung des Beklagten ein Mittel darstellen, um den Stand der Technik zum Ausschluss von Verletzungen oder sonstigen Gefährdungen der Gesundheit zu verwirklichen. Die Orientierung des Beklagten an dem nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV als allgemeine Anforderung an die Bauweise, die Materialien und den Zustand von Haltungseinrichtungen einzuhaltenden Stand der Technik kann dem Einwand begegnen, dass § 6 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV die spezielle Vorschrift ist und durch die zwingend vorgeschriebenen Ausstattungsmerkmale ("müssen … ausgestattet sein") den Stand der Technik abbildet.
57Das bedarf insgesamt aber keiner abschließenden Entscheidung. Genügt der Spaltenboden im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den mit den streitigen Anordnungen der Ordnungsfügung aufgegriffenen Anforderungen, ohne dass für die Zukunft Verstöße hinreichend wahrscheinlich sind, ist die Ordnungsverfügung schon deshalb rechtswidrig. Besteht dagegen für den Beklagte ausreichende Veranlassung zum Einschreiten, hat er von seiner Befugnis zum Erlass von Anordnungen jedenfalls nicht fehlerfrei Gebrauch gemacht.
58Dabei kann zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, dass die Anordnungen das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW) wahren. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit eines Verwaltungsakts verlangt, dass der Adressat in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Ferner muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können.
59Vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Juli 2008 - 7 C 38.07 -, BVerwGE 131, 259, und vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 -, NVwZ 2005, 933.
60An einem derart klaren Aussagegehalt der Anordnungen bestehen deshalb Zweifel, weil der Beklagte die Bedingungen, unter denen der Kläger Kälber aufnehmen und halten darf, lediglich in Gestalt von herbeizuführenden Eigenschaften und Merkmalen des Bodens bezeichnet hat, ohne die Mittel anzugeben, mit denen der Boden in einen solchen Zustand zu versetzen ist, und auch der zielförmig beschriebene Zustand des Bodens deutliche Unschärfen aufweist. Zwar ist anerkannt, dass das Bestimmtheitsgebot bei einer Ordnungsverfügung nicht stets die Benennung der zum Erreichen des geforderten Erfolgs zu ergreifenden Mittel verlangt, sondern durch die Bezeichnung bestimmt gefasster Ziele gewahrt werden kann.
61Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Beschluss vom 22. April 1996 - 11 B 123.95 -, NVwZ-RR 1997, 278; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rn. 33; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl., § 37 Rn. 5.
62Das setzt aber voraus, dass das Ziel so eindeutig und unmissverständlich beschrieben ist, dass sich aus ihm die einzusetzenden Mittel entwickeln lassen. Insoweit bestehen trotz der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärten Änderungen der Ordnungsverfügung Bedenken.
63Die geforderten Eigenschaften und Merkmale des Bodens sind mit Begriffen umschrieben, die erheblichen Raum für unterschiedliche subjektive Vorstellungen von dem lassen, was als Ergebnis von Änderungen an dem Spaltenboden notwendig ist, um die Festsetzung der angedrohten Zwangsgelder zu vermeiden. Das gilt auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Erläuterungen zu den abstrakt gefassten Begriffen. Es ist durchaus verschiedenen Meinungen zugänglich, was eine vom Gewicht des Kalbes verformbare Liegefläche im Detail ausmacht, bei welchem Spaltenboden bzw. bei welcher Vorrichtung auf dem Boden die Klauen der Kälber auf den Balken fußen und nicht in die Spalten abkippen können und wann verhaltensgerechte Bewegungen möglich sind, ohne beim Auftreten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rutschen. Ins Gewicht fällt dabei, dass die einzelnen Eigenschaften und Merkmale in ihrer Gesamtheit und Kombination auch mit den sonstigen Faktoren für die ordnungsgemäße Beschaffenheit des Bodens gleichzeitig erreicht werden müssen und dass es sich insgesamt um Einzelheiten bei der genauen Umsetzung von in den Umrissen vorgegebenen Faktoren im Sinne einer trennscharfen Bezeichnung der jeweiligen Schwelle zum Verstoß handelt. Ein einschlägiges technisches Regelwerk, das näheren Aufschluss geben würde, oder eine anerkannte fachliche Zusammenstellung von zielführenden Maßnahmen hat der Beklagte nicht benannt. Die Ordnungsverfügung soll gerade eine Änderung eines in der Praxis der Kälbermast gebräuchlichen Standards bewirken, ohne dass in den betroffenen Fachkreisen Einvernehmen darüber besteht, mit welchen baulichen, technischen oder betrieblichen Maßnahmen Abhilfe unter Berücksichtigung möglichst aller Anforderungen geschaffen werden kann bzw. soll. Es ist nicht erkennbar, dass bei denjenigen, die mit der landwirtschaftlichen Kälberhaltung, vor allem der Kälbermast in Gestalt der Intensivmast, fachlich und/oder praktisch befasst sind, Übereinstimmung darüber besteht, welches Maß an Festigkeit oder Nachgiebigkeit ein Boden aufweisen muss, um als durch das Körpergewicht verformbar gekennzeichnet zu werden, bei welcher technischen Gestaltung eines Spaltenbodens sich die geforderte Stellung der Klauen ergibt und wann ein Boden trittsicher und rutschfest ist. Die unterschiedlichen Standpunkte, die bei der bereits angesprochenen Besprechung im MKULNV vertreten worden sind, sprechen dagegen.
64Die Unschärfe der bezeichneten Eigenschaften und Merkmale des Bodens wird zwar dadurch abgemildert, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Nr. 1 der Ordnungsverfügung dahingehend ergänzt hat, die Anordnung zur Verfügbarkeit einer verformbaren Liegefläche sei im Fall der Aufbringung einer Gummiauflage oder der Einstreu erfüllt. Als Gummiauflage gemeint ist das Produkt, das der Kläger auf einer Teilfläche des Spaltenbodens verlegt hat und dementsprechend bekannt ist. Die Produkteigenschaften dieser Gummiauflage engen den Rahmen der möglichen Mittel zur Zielerreichung und damit auch das Ziel selbst beispielhaft konkretisierend ein. Ob angesichts des Vorverständnisses eines tierhaltenden Landwirts Entsprechendes für die Einstreu gilt, deren Material und Schichtdicke offen bleibt, ist ungewiss. Auch dann, wenn man die erklärte Ergänzung über ihren Wortlaut hinaus auf die Trittsicherheit und Rutschfestigkeit im Sinne von Nr. 2 Satz 2 der Ordnungsverfügung bezieht, bleibt aber offen, ob bzw. wie sich die Gummiauflage zu der in Nr. 2 Satz 1 der Ordnungsverfügung vorgeschriebenen Stellung der Klauen verhält. Die vom Kläger verwendeten Gummiauflagen weisen wie der Spaltenboden Schlitze auf, in die die Klauen abkippen können mit der möglichen Folge von Verletzungen der Klauen und Gelenke. Erwägenswert ist angesichts der Präzisierung der geforderten Gefahrlosigkeit im Sinne von Nr. 2 Satz 1 der Ordnungsverfügung durch die allein Spaltenböden betreffende Erläuterung ("d. h. bei der Verwendung von Spaltenboden") ferner, dass diese Anforderung nur zum Tragen kommen soll, wenn ein harter Spaltenboden ohne Auflagen eingesetzt wird.
65Auch das kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn die Anordnungen genügen unabhängig davon, ob sie hinreichend bestimmt gefasst sind, jedenfalls nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der das Ermessen, das dem Beklagten hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung von Anordnungen zur Verhinderung von Verstößen zukommt, begrenzt.
66Dabei kann entsprechend dem Vorstehenden zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, dass die geforderten Eigenschaften und Merkmale des Bodens in dem Sinne erforderlich sind, dass ein tierschutzgerechter Zustand nicht mit für den Kläger milderen Mitteln erreicht werden kann, vor allem nicht bezogen auf Nr. 2 der Ordnungsverfügung mit der Umstellung der Fütterung geschaffen worden ist. Auch ist der angeordnete Zustand des Bodens geeignet, den vom Beklagten mit der Ordnungsverfügung verfolgten Zweck zu fördern.
67Jedoch wahren die Anordnungen nicht die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die Verpflichtung, Kälber ausschließlich unter den in der Ordnungsverfügung genannten Voraussetzungen aufzunehmen, führt beim Kläger zu einem Nachteil, der erkennbar außer Verhältnis zu dem erstrebten Erfolg steht (§ 15 Abs. 2 OBG).
68Die Verpflichtung ist, wenn es sich bei den streitigen Anforderungen um zwingende Voraussetzungen der Kälberhaltung handeln sollte, unangemessen und unzumutbar, was ihre zeitliche Geltung anbelangt. Die Anforderungen sind vom Kläger nach der ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gesetzten Frist spätestens ab dem 1. Januar 2017 zu befolgen. Die ihm in der Ordnungsverfügung ursprünglich durch deren Nr. 3 zugestandene gestufte Übergangsfrist ist weggefallen, so dass er nunmehr zum 1. Januar 2017 sämtliche Stallflächen in den geforderten Zustand versetzt haben muss, will er die Kälbermast im derzeitigen Umfang weiter betreiben. Nimmt er die Umrüstung nicht vor, kommt die Kälbermast mit Ausnahme der verhältnismäßig wenigen Stallplätze, die mit Gummiauflagen versehen oder auf Stroh eingerichtet sind, zum Erliegen. In diesem Fall fällt der Betriebszweig Kälbermast als zumindest wesentlicher Teil der wirtschaftlichen Lebensgrundlage des Klägers weg. Die Anpassung der Ställe an die Anforderungen des Beklagten erfordert neben finanziellen Investitionen entsprechende Planungen, Entscheidungsprozesse und bauliche Maßnahmen.
69Die dem Kläger zugestandene Übergangsfrist ist auch in der Fassung, die sie in der mündlichen Verhandlung erhalten hat, nicht der Tragweite angemessen, die die in der Ordnungsverfügung genannten Anforderungen für seine Kälbermast haben.
70Der Kläger betreibt die Kälbermast beruflich in eigenen Ställen. Er wird in dieser Tätigkeit und der Nutzung seines Eigentums geschützt durch die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG. Neue Anforderungen müssen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes mit ausreichend schonenden Übergangsregelungen versehen sein, die es dem Tierhalter ermöglichen, sich auf die Neuerungen einzustellen.
71Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 -, NVwZ 2009, 650, und vom 9. Dezember 2004 - 3 C 7.04 -, NVwZ-RR 2005, 399.
72Bei der Bemessung von Übergangsfristen sind sowohl die Rechte der betroffenen Tierhalter als auch die Belange des Tierschutzes zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zwar nicht zu einer Übergangsregelung, die jedem Betroffenen die Fortsetzung der Tätigkeit ohne Rücksicht auf deren Umfang oder bis zur vollständigen Amortisation getätigter Investitionen ermöglichen.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 -, a. a. O.
74Jedoch rechtfertigen auch die Belange des Tierschutzes keine plötzliche Veränderung wesentlicher rechtlicher Rahmenbedingungen für die Nutztierhaltung. Belange des Tierschutzes und die Grundrechte der Tierhalter sind miteinander in einen verträglichen Ausgleich zu bringen. Im Einklang hiermit sieht die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung bei neuen Anforderungen an das Halten von Nutztieren regelmäßig mehrjährige Übergangsfristen vor.
75Vgl. zu Kälbern etwa § 13 TierSchNutztV in der Fassung vom 25. Oktober 2001.
76Diese Fristen sind, weil sie abstrakt für eine Vielzahl von Tierhaltungen gelten sollen, auf als typisch oder repräsentativ betrachtete Sachverhalte zugeschnitten. Im Hinblick auf Böden für Kälberställe betrug nach der Kälberhaltungsverordnung vom 1. Dezember 1992 die Übergangsfrist für die nach wie vor geltenden Anforderungen an die Rutschfestigkeit und Trittsicherheit zwei Jahre (§ 2 Nr. 2, § 14 Satz 2 Nr. 1), diejenige für die ebenfalls unverändert gebliebenen Anforderungen an die Auftrittsbreite der Balken und die Spaltenweite bei Spaltenböden, die in engem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Einsatz elastischen Bodenmaterials stehen, sechs Jahre (§ 2 Nr. 4, § 14 Satz 2 Nr. 3). Diesen Fristen liegt ersichtlich nicht zuletzt die Erwägung zugrunde, dass die Haltung von Nutztieren, zu denen Kälber gehören, in der gegebenen Gesamtsituation der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung notwendig (betriebs-)wirtschaftlich ausgerichtet ist und unvermeidbar mit Einschränkungen der artgemäßen Bedürfnisse der Tiere einhergeht. Auch zählt der Boden von Ställen typischerweise zu den auf eine mehrjährige Nutzungsdauer ausgerichteten erheblichen Investitionen. § 1 Satz 2 TierSchG n. F. schützt Tiere nicht schlechthin vor Beeinträchtigungen, sondern verbietet das Zufügen von Schmerzen, Leiden oder Schäden ohne vernünftigen Grund. Die Produktion von Lebensmitteln durch die Mast von Kälbern ist jedenfalls im Ansatz ein vernünftiger Grund in diesem Sinn.
77Die Erwägungen des Beklagten zur zeitlichen Ausgestaltung der Anforderungen rechtfertigen die verfügte Dauer der Übergangsfrist nicht. Sie blenden zugunsten des Klägers erheblich ins Gewicht fallende Gesichtspunkte aus und überbetonen die mit der Ordnungsverfügung abzuwehrenden Beeinträchtigungen der Kälber.
78Der vom Beklagten hervorgehobene Umstand, dass die Regelungen vor allem von § 5 Satz 1 Nr. 1, § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a, b und d TierSchNutztV inhaltlich seit Jahren, abgesehen von der Streichung des früher in § 5 Satz 1 Nr. 1 TierSchNutztV genannten Anforderungsmerkmals "weich", unverändert geblieben sind, übergeht, dass die Regelungen, was ihre Anwendung auf Spaltenböden aus Hartholz anbelangt, in der Verwaltungspraxis und der Praxis der Kälberhaltung in der Vergangenheit anders gehandhabt worden sind. Das führt dazu, dass der Ablauf der diesbezüglich verordnungsrechtlich geregelten Übergangsfristen nicht zuungunsten des Klägers durchschlägt und der Beklagte sich nicht auf die vom Verordnungsgeber vorgenommene Typisierung der Übergangsfristen berufen kann, sondern dass es mangels sonstigen einheitlichen/standardisierten Vorgehens auf die konkreten Umstände im Einzelfall und die individuellen Dispositionen des Klägers ankommt. Die Ordnungsverfügung beruht maßgeblich auf einer vom Beklagten vertretenen Änderung der für die Rechtsanwendung bei der Kälbermast letztlich entscheidenden behördlichen Auffassung zur (Un-)Vereinbarkeit der Spaltenböden mit dem seit langem geltenden Regelwerk und damit auf einer rechtlichen Neubewertung der Spaltenböden, die in ihren Auswirkungen auf den Kläger einer Änderung der Regelungen selbst gleichkommt. Von einer geänderten rechtlichen Ausgangssituation geht der Sache nach auch der Beklagte aus, indem er sich darauf stützt, dass der Stand der Technik bei Spaltenböden durch die Verfügbarkeit und zunehmende Anwendung von Gummiauflagen fortgeschritten sei. Dem Kläger wird durch die Anwendung der Regelungen mit dem Aussagegehalt, den sie nach Auffassung des Beklagten haben, ein Standard abverlangt, der früher unter Geltung genau dieser Regelungen auch im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten nicht üblich war und außerhalb des örtlichen Zuständigkeitsbereichs des Beklagten weiterhin nicht üblich ist. Spaltenböden aus Hartholz, vor allem aus Bongossiholz, sind, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, in der Kälbermast seit langem weit verbreitet. Die Ausstattung der Ställe des Klägers mit einem solchen Boden ist im Zuge der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur wesentlichen Änderung und zum geänderten Betrieb der Kälbermast-Anlage vom 13. Juni 2006 nicht beanstandet worden, obwohl tierschutzrechtliche Erfordernisse der Tierhaltung zu den Genehmigungsvoraussetzungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) zählen. Hinsichtlich der geforderten Liegefläche kommt, wie ausgeführt, hinzu, dass noch mit der Zweiten Änderungsverordnung vom 1. August 2006 das früher angeführte Merkmal "weich" gestrichen worden ist. Die Streichung mag, was der Beklagte geltend macht, mit Blick auf höherrangiges Recht rechtlichen Bedenken begegnen. Der Kläger muss sich aber grundsätzlich darauf verlassen können, dass das geschriebene Recht in Gestalt der jeweils aktuell bekannt gemachten Fassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung für ihn verbindlich ist. Das gilt umso mehr deshalb, weil das Merkmal "weich" bei Spaltenböden aus Hartholz auch früher in der Verwaltungspraxis überhaupt nicht als zwingendes Erfordernis gesehen und umgesetzt worden ist.
79Zudem besteht in Fachkreisen der Kälbermast Ungewissheit darüber, ob bzw. in welchen Zeiträumen bestehende Kälbermastanlagen mit Spaltenböden aus Hartholz im Sinne der Anforderungen des Beklagten zu verändern sind, so dass die Ordnungsverfügung die Stellung des Klägers im wirtschaftlichen Wettbewerb verschlechtert. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass derartige Anlagen aufgrund behördlichen Einschreitens auch nur landesweit in Nordrhein-Westfalen mit Gummiauflagen ausgerüstet werden (müssen). Der vom Beklagten angesprochene behördliche Umgang mit Neuanlagen gibt hierüber keinen Aufschluss, zumal nach Angaben des Klägers Ställe mit Spaltenboden ohne Gummiauflagen bzw. sonstiges elastisches Material bis in die Gegenwart oder die jüngste Vergangenheit hinein genehmigt worden sind. In der mehrfach erwähnten Besprechung beim MKULNV am 17. Dezember 2010 ist bezogen auf die Bequemlichkeit der Spaltenböden aus Hartholz lediglich "perspektivisch" ein Optimierungsbedarf angenommen worden, wobei eine Entscheidung über mittelfristig vorzunehmende bauliche Maßnahmen für den Zeitraum nach Vorlage einer Studie ins Auge gefasst war, deren Ergebnisse bis 2013 erwartet worden waren und bislang nicht bekannt geworden sind. Ein alsbaldiger Handlungsbedarf, wie er den Anordnungen der Ordnungsverfügung auch nach deren Änderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zugrunde liegt, wurde nicht erkannt. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, das nach derzeitiger Rechtslage in Fällen der gegebenen Art wieder als Widerspruchsbehörde tätig wird und damit als landesweites Steuerungsinstrument mit fachaufsichtlichem Charakter vereinheitlichend fungieren kann, hat sich unter dem 4. Februar 2011 für eine landeseinheitliche Vorgehensweise ausgesprochen und dabei angeführt, dass es bislang keine Untersuchungen zur Verwendung von gummierten und auf Bongossiholz aufzubringenden Bodenbelägen bei Kälbern gebe. Eine anderslautende Einschätzung des Landesamts aus jüngerer Zeit ist nicht erkennbar. Auch in einer Stellungnahme zu einer möglichen Aufhebung der streitigen Ordnungsverfügung hat das Landesamt keine Anhaltspunkte angeführt, die dafür sprechen würden, dass die vom Beklagten festgesetzten Voraussetzungen für die Aufnahme von Mastkälbern zur Vermeidung tierschutzwidriger Beeinträchtigungen der Kälber ab dem verfügten Zeitpunkt gelten sollen oder müssen.
80Die Anforderungen nach Nrn. 1 und 2 der Ordnungsverfügung hängen ferner inhaltlich derart eng zusammen, dass dem Kläger nicht zugemutet werden kann, jedenfalls einer der beiden Regelungen innerhalb der ihm gesetzten Frist nachzukommen. Beide Regelungen beziehen sich auf die materialmäßige Beschaffenheit des Bodens. Gesonderte Liegeflächen, die eine unterschiedliche Gestaltung von Liege- und Laufbereichen als praktisch realisierbar erscheinen lassen könnten, sind in den Ställen des Klägers nicht eingerichtet. Eine lediglich teilweise Umsetzung der Ordnungsverfügung geht, zumal nach dem Vorstehenden landesweit einheitlich geltende Vorgaben zur Konkretisierung der Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung bei Spaltenböden für die Kälbermast entwickelt werden (sollen), mit dem Risiko des Fehlschlagens von erheblichen Investitionen in die technische Ausstattung der Ställe einher.
81Der Aufwand für die Befolgung der Anordnungen ist beträchtlich. Auch wenn man dem Beklagten in seiner Meinung folgt, die Anordnungen könnten durch Aufbringen der Gummiauflagen insgesamt innerhalb überschaubarer Zeit erfüllt werden, bleibt es dabei, dass angesichts ihrer finanziellen Folgen und der Unwägbarkeiten der zukünftigen Entwicklung der rechtlichen Vorgaben für die Planung, Entscheidungsfindung und Umsetzung billigerweise ein mehrjähriger Zeitraum anzusetzen ist. Die Kosten für eine Auslegung des gesamten Spaltenbodens der Ställe mit den vom Kläger auf einer Teilfläche verwendeten Gummimatten belaufen sich nach dessen Angaben auf 100.000,- € und mehr. Das ist beträchtlich. Der Betrag entspricht bei etwa 600 Mastplätzen einer Verteuerung jedes Mastplatzes um etwa 170,- €, und zwar lediglich etwa 10 Jahre nach dem Einrichten der Ställe. Bei Verwendung der Gummimatten besteht das Risiko einer gegebenenfalls auch wirtschaftlich erheblich bedeutsamen Mehrarbeit für die Reinigung der Ställe und/oder der Kälber, weil die Gummimatten den flächenmäßigen Anteil der zur Beseitigung der Ausscheidungen in die Güllekanäle dienenden Spalten am Boden verringern. Im Zeitraum vor der Umstellung der Fütterung waren die vom Kläger eingebrachten Gummimatten unwidersprochen so verschmutzt, dass der Spaltenboden nicht mehr funktionierte, was das selbsttätige Abfließen/Abgleiten der Ausscheidungen während der Mastperiode angeht. Ein vollständiger Austausch des Spaltenbodens, der die Möglichkeit zur Ausschöpfung der Spaltenweite bei elastischem Material bieten würde, steht beim Kläger noch nicht an. Beim Einrichten der Ställe aufgrund der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 13. Juni 2006 hat der Kläger nach eigenen Angaben mit einer Haltbarkeit und Nutzbarkeit des Spaltenbodens von ca. 15 Jahren gerechnet. Dieser Zeitraum ist bei Ablauf der Frist zum 1. Januar 2017 lediglich zu etwa zwei Dritteln verstrichen. Durch die Änderung der Fütterung und deren Folgen für die Beschaffenheit der Ausscheidungen der Kälber sowie den Zustand der Holzbalken hat sich die technische Lebensdauer des Spaltenbodens nach Angaben des Klägers weiter verlängert. Die Erfüllung der Anforderungen durch die vom Beklagten erwogene Einstreu der Ställe verursacht neben den Kosten des hierfür benötigten Materials jedenfalls einen deutlich erhöhten Arbeitsaufwand zur Wahrung der hygienischen Erfordernisse, der ebenfalls zusätzlich zu bewältigen und zu finanzieren wäre.
82Die mit der Erfüllung der Anordnungen verbundenen finanziellen und arbeitsmäßigen Auswirkungen sind dem Kläger nicht deswegen innerhalb der gesetzten Frist zuzumuten, weil bei einem Fortbestehen der gegebenen Verhältnisse die abzuwehrenden Beeinträchtigungen der Kälber andauern. Auch insoweit ist von Bedeutung, dass Spaltenböden aus Hartholz und damit deren Folgen für die Kälber über Jahre hinweg behördlich als rechtlich hinnehmbar eingeordnet worden sind. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Bewertung der mit Spaltenböden verbundenen Auswirkungen für die Kälber fachlich völlig unvertretbar ist bzw. war und die Beeinträchtigungen der Kälber deshalb in kürzerer Zeit wirkungsvoller Korrektur bedürfen. Art und Ausmaß der mit den Anordnungen beanstandeten Auswirkungen werden nicht dadurch verstärkt, dass mit den Gummiauflagen nach Meinung des Beklagten ein Mittel eingesetzt werden kann, welches den Bedürfnissen der Kälber besser genügt. Gegen die Annahme einer gesteigerten Dringlichkeit der mit der Ordnungsverfügung angeordneten Abhilfe, um schwerwiegenden Nachteilen für die Gesundheit oder das Wohlbefinden der Kälber möglichst kurzfristig zu begegnen, spricht zudem, dass die Vorgehensweise des Beklagten nicht flächendeckend zumindest in Nordrhein-Westfalen praktiziert wird. Ohnehin stuft § 6 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c TierSchNutztV nicht mit elastischem Material versehene Spaltenböden nach wie vor als zumindest grundsätzlich zulässig ein.
83Die Unangemessenheit der dem Kläger gesetzten Frist ist entgegen dem Vorbringen des Beklagten auch nicht deswegen unerheblich, weil seit dem Erlass der Ordnungsverfügung mehrere Jahre verstrichen sind. Zwar hat sich durch den Zeitablauf der Zeitrahmen verlängert, innerhalb dessen der Kläger sich auf betriebliche Anpassungen an die in der Ordnungsverfügung genannten Anforderungen einstellen und vorbereiten konnte. Auch hat er in dieser Zeit den von ihm beabsichtigten Nutzen aus der Investition in den Einbau des vorhandenen Spaltenbodens gezogen. Der Zeitablauf lässt aber den Regelungsgehalt der Ordnungsverfügung unberührt, der den Ausschlag hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit gibt. Die aufschiebende Wirkung der Klage wirkt sich auch nicht mittelbar zum Nachteil des Klägers dahingehend aus, dass er sich die Dauer des Klageverfahrens als zusätzliche Übergangsfrist anrechnen lassen müsste. Die zu kurz bemessene Frist wird durch den Zeitablauf weder verlängert noch in sonstiger Hinsicht angemessen.
84Die Zwangsgeldandrohung teilt das rechtliche Schicksal der Anordnungen unter Nrn. 1 und 2 der Ordnungsverfügung.
85Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
86Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Ansprüche auf Erstattung von Vergünstigungen sowie auf Beträge, die wegen Nichteinhaltung anderweitiger Verpflichtungen zu erstatten sind, sind vom Zeitpunkt ihrer Entstehung an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Werden Abgaben nicht rechtzeitig gezahlt, sind sie vom Fälligkeitstag an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Satz 1 oder 2 ist nicht anzuwenden, soweit Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 etwas anderes vorsehen.
(2) Ansprüche auf Vergünstigungen und im Rahmen von Interventionen sind ab Rechtshängigkeit nach Maßgabe der §§ 236, 238 und 239 der Abgabenordnung zu verzinsen. Im Übrigen sind diese Ansprüche unverzinslich.
(1) Wird durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt, so ist der zu erstattende oder zu vergütende Betrag vorbehaltlich des Absatzes 3 vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Ist der zu erstattende Betrag erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit entrichtet worden, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag der Zahlung.
(2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn
- 1.
sich der Rechtsstreit durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts erledigt oder - 2.
eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder ein unanfechtbarer Verwaltungsakt, durch den sich der Rechtsstreit erledigt hat, - a)
zur Herabsetzung der in einem Folgebescheid festgesetzten Steuer, - b)
zur Herabsetzung der Gewerbesteuer nach Änderung des Gewerbesteuermessbetrags
führt.
(3) Ein zu erstattender oder zu vergütender Betrag wird nicht verzinst, soweit dem Beteiligten die Kosten des Rechtsbehelfs nach § 137 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung auferlegt worden sind.
(4) Zinsen nach § 233a, die für denselben Zeitraum festgesetzt wurden, sind anzurechnen.
(5) Ein Zinsbescheid ist nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird.
(1) Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent. Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz. Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung, gilt der Tag, an dem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung.
(1a) In den Fällen des § 233a betragen die Zinsen abweichend von Absatz 1 Satz 1 ab dem 1. Januar 2019 0,15 Prozent für jeden Monat, das heißt 1,8 Prozent für jedes Jahr.
(1b) Sind für einen Zinslauf unterschiedliche Zinssätze maßgeblich, ist der Zinslauf in Teilverzinsungszeiträume aufzuteilen. Die Zinsen für die Teilverzinsungszeiträume sind jeweils tageweise zu berechnen. Hierbei wird jeder Kalendermonat unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage mit 30 Zinstagen und jedes Kalenderjahr mit 360 Tagen gerechnet.
(1c) Die Angemessenheit des Zinssatzes nach Absatz 1a ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wenigstens alle zwei Jahre zu evaluieren. Die erste Evaluierung erfolgt spätestens zum 1. Januar 2024.
(2) Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet.
(1) Auf die Zinsen sind die für die Steuern geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, jedoch beträgt die Festsetzungsfrist zwei Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt:
- 1.
in den Fällen des § 233a mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer festgesetzt, aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt worden ist, - 2.
in den Fällen des § 234 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Stundung geendet hat, - 3.
in den Fällen des § 235 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist, jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem ein eingeleitetes Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist, - 4.
in den Fällen des § 236 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer erstattet oder die Steuervergütung ausgezahlt worden ist, - 5.
in den Fällen des § 237 mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage endgültig erfolglos geblieben ist, und - 6.
in allen anderen Fällen mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Zinslauf endet.
(2) Zinsen sind auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen gerundet festzusetzen. Sie werden nur dann festgesetzt, wenn sie mindestens 10 Euro betragen.
(3) Werden Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt oder wird ein Steuermessbetrag festgesetzt, sind die Grundlagen für eine Festsetzung von Zinsen
- 1.
nach § 233a in den Fällen des § 233a Absatz 2a oder - 2.
nach § 235
(4) Werden wegen einer Steueranmeldung, die nach § 168 Satz 1 einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, Zinsen nach § 233a festgesetzt, so steht diese Zinsfestsetzung ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
(5) Die Festsetzung von Zinsen nach § 233a hat Bindungswirkung für Zinsfestsetzungen nach den §§ 234, 235, 236 oder 237, soweit auf diese Zinsen nach § 233a festgesetzte Zinsen anzurechnen sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.