Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Mai 2016 - M 12 K 16.357

published on 12/05/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Mai 2016 - M 12 K 16.357
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Witwergeld.

Der Kläger ist der Witwer der am ... geborenen Beamtin ..., die als ... im Dienst des Beklagten stand. Mit Ablauf des 31. August 2005 wurde Frau ... wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Am ... März 2014 heiratete der Kläger Frau .... Am ... Dezember 2014 ist Frau ... verstorben.

Mit Schreiben vom 5. Januar 2015 wurde dem Kläger unter anderem mitgeteilt, dass eine laufende Hinterbliebenenversorgung nach den Vorschriften des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes nicht gewährt werden könne, da die Ehe weniger als ein Jahr gedauert habe.

Mit Schreiben vom .... Januar 2015 beantragte der Kläger eine laufende Hinterbliebenenversorgung. Er widerspreche der gesetzlichen Vermutung, dass die Ehe allein oder überwiegend aus Gründen seiner Versorgung geschlossen worden sei. Frau ... und er würden seit 1983 in nichtehelicher Gemeinschaft zusammen leben. Frau ... habe damals in ... gelebt; sie hätten ihre Urlaube zusammen verbracht und seien an den freien Tagen abwechselnd zwischen München und ... gependelt. 1992 sei er mit Frau ... in München zusammengezogen. Seit dieser Zeit hätten sie dort in häuslicher Gemeinschaft gelebt. Im Herbst 2003 sei Frau ... an Brustkrebs erkrankt. Damit hätte eine physisch und psychische belastende Zeit begonnen, die sie gemeinsam durchgeständen hätten. Die Rekonvaleszenz habe sich über die nächsten Jahre bis zur Frühpensionierung im Jahr 2005 hingezogen. Anfang 2006 hätten sie in Sizilien mit dem Bau eines Einfamilienhauses begonnen, in das sie im Sommer 2009 hätten einziehen können und ab diesem Zeitpunkt dort pro Quartal etwa einen Monat verbracht hätten. Ende 2008 habe Frau ... eine Patientenverfügung, eine Vollmacht und eine Betreuungsverfügung mit ihm als Verantwortlichen verfasst. Am ... 2012, einen Tag vor ihrem 60. Geburtstag, hätten sie sich gegenseitig versprochen, im nächsten Frühjahr zu heiraten und die Hochzeit in größerem Rahmen zu gestalten. Anfang 2013 sei Frau ... jedoch an Metastasen ihres früheren Brustkrebses erkrankt, die sich im rechten Lungenflügel und im Rippenfell gebildet hätten. Nach operativen Eingriffen sei eine Chemotherapie eingeleitet worden, die sich von der früheren darin unterschieden hätte, dass die Lebensqualität erhalten geblieben sei. Frau ... habe weiter nach Sizilien fahren können und habe dort die nötigen Infusionen erhalten. Bei einer Computertomografie im August 2013 sei ein starkes Wachstum eines Tumors in der Lunge festgestellt worden, der anschließend erfolgreich bestrahlt worden sei. Die Chemotherapie sei umgestellt worden, was Nebenwirkungen gehabt habe, die zwar nicht angenehm gewesen seien, mit denen man aber seinen Interessen noch eingeschränkt habe nachgehen können. Im Januar 2014 sei bei einer Kontrolluntersuchung ein neuer Krebsherd im Bereich der unteren Bronchien entdeckt worden, bei dem es sich nicht um eine Metastase der bekannten Art gehandelt habe. Sie hätten dann am ... März 2014 ohne große Zeremonie geheiratet, da er seiner Frau nicht nur als Bevollmächtigter zur Seite stehen wollte, sondern als Gatte medizinische Auskunft einfordern und notwendige Entscheidungen treffen können wollte, zu denen sie vielleicht eines Tages nicht mehr in der Lage sein würde. An Ostern hätten sie wieder nach Sizilien fahren können. Im Mai habe eine dramatische Entwicklung eingesetzt. Frau ... habe schlecht Luft bekommen und keinen Appetit mehr gehabt. Es habe sich herausgestellt, dass der Bronchialtumor explosionsartig gewachsen sei und bereits die Luftzufuhr zum rechten Lungenflügel blockiert habe. Nach der Operation an den Bronchien sei eine erneute Chemotherapie eingeleitet worden, die sie jedoch nicht vertragen habe. Im Oktober seien sie vierzehn Tag nach Sizilien geflogen. Anschließend hätte die Bestrahlung eingeleitet werden sollen. Im November habe ein Magnetresonanztomogramm des Gehirns zu Tage gebracht, dass sich im Gehirn zwei Metastasen gebildet haben. Es sei eine weitere Strahlentherapie durchgeführt worden. Am ... Dezember 2014, eine Woche nach Ende der Bestrahlungen, habe sie aufgehört zu atmen. Dieses schnelle Ende sei für alle, wohl auch für die Ärzte, überraschend gewesen.

Mit Bescheid vom 22. Januar 2015 wurde der Antrag auf Hinterbliebenenversorgung vom .... Januar 2015 abgelehnt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Witwer eines Versorgungsurhebers Anspruch auf Witwergeld gemäß Art. 35 Abs. 1 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) habe. Dieser Anspruch bestehe jedoch nicht, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert habe, es sei denn, nach den besonderen Umständen des Falls, sei die Annahme nicht gerechtfertigt, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, dem Witwer oder der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Der Kläger habe am ... März 2014 geheiratet. Die Ehe habe nicht mindestens ein Jahr angedauert, da Frau ... am ... Dezember 2014 verstorben sei. Die Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohenden Charakters der Erkrankung der Verstorbenen im Zeitpunkt der Eheschließung schließe die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe regelmäßig aus.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom .... Februar 2015 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 22. Januar 2015 Widerspruch eingelegt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger dargelegt habe, dass die zwischen ihm und Frau ... geschlossene Ehe nicht allein oder überwiegend aus Versorgungsgründen geschlossen worden sei. Die Behörde sei verpflichtet, unter Würdigung der angeführten Tatsachen zu prüfen, ob im Einzelfall trotz der kurzen Dauer der Ehe der Versorgungszweck nicht maßgebend gewesen sei. Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung genüge es regelmäßig, wenn nachgewiesen werden könne, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines der Eheschließenden der Zweck, dem Überlebenden eine Versorgung zu verschaffen, keine maßgebende Bedeutung gehabt habe. Dies sei vorliegend der Fall. Denn die Eheschließung sei in erster Linie erfolgt, weil der Kläger der mittlerweile Verstorbenen nicht nur als Bevollmächtigter zur Seite stehen wollte, sondern als Gatte medizinische Auskünfte einfordern und notwendige Entscheidung treffen können wollte, zu denen die Verstorbene vielleicht eines Tages nicht mehr in der Lage sein würde. Des Weiteren habe er sich um eine angemessene Pflege kümmern wollen. Allein der Umstand, dass eine Ehe auch den Zweck habe, die häusliche Pflege eines Schwerstkranken sicherzustellen, stehe der Widerlegbarkeit einer Versorgungsehe nicht entgegen, wenn das Ableben bei der Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen sei. Erst im Mai 2014 sei eine überraschende und dramatische Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Verstorbenen eingetreten. Dass die Verstorbene bereits seit 2003 an einer Krebserkrankung gelitten habe und „erst“ im Jahr 2014 daran verstorben sei, zeige, dass die Diagnose einer Krebserkrankung allein nicht dazu führe, dass in absehbarer Zeit auch mit dem Versterben des Erkrankten gerechnet werden müsse. Zwar schließe die Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohenden Charakters einer Erkrankung des Verstorbenen im Zeitpunkt der Eheschließung die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe regelmäßig aus. Etwas anderes gelte aber, wenn sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstelle. Die Verstorbene sei im Jahr 1992 zum Kläger in die ...straße gezogen, Ende der 90er Jahre hätten beide erstmals darüber gesprochen, zu heiraten. Allerdings sei dann im Jahr 1999 die Mutter des Klägers verstorben, im gleichen Jahr auch dessen Großmutter, weshalb die Heiratspläne erst einmal aus dem Blickwinkel verschwunden seien. Im Herbst 2003 sei die Verstorbene dann an Brustkrebs erkrankt, was dazu geführt habe, dass zunächst die Therapie im Vordergrund gestanden und die Heiratspläne wiederum aufgeschoben werden mussten. Nachdem im Jahr 2005 die Krankheit einigermaßen überwunden gewesen sei, sei zunächst die Idee verfolgt worden, in Sizilien eine Ferienwohnung als eine Art Altersruhesitz zu errichten. Im Jahr 2008 sei die Verstorbene an einem Uterustumor erkrankt, der jedoch ohne weitere Folgen operiert hätte werden können. Anfang 2011 sei das Ferienhaus in Sizilien fertig gewesen, so dass im Mai 2012 endlich Zeit gewesen sei, dass sich der Kläger mit der Verstorbenen zumindest schon einmal verloben konnte. Objektiv habe einer früheren Eheschließung eigentlich nichts im Wege gestanden, die Verlobung sei letztlich erst 2012 erfolgt, weil zuvor nach den jeweiligen Befindlichkeiten beider Partner ständig etwas anderes dazwischen gekommen sei. Erst im Jahr 2012 sei alles so abgeschlossen gewesen, dass ein neuer Abschnitt des gemeinsamen Lebens habe begonnen werden können. Die Pläne für die Hochzeit im Frühjahr des Jahres 2013 seien durch die Erkrankung der Verstorbenen Anfang 2013 an Metastasen ihres früheren Brustkrebses durchkreuzt worden. Beide Partner hätten erst einmal mit dieser neuen gesundheitlichen Situation fertig werden müssen. Weihnachten 2013 habe sich die Lage soweit stabilisiert, dass beschlossen worden sei, den Hochzeitsplan nun endlich zu verwirklichen. Mitte Januar 2014 sollten die Formalitäten für die Eheschließung eingeleitet werden. Dies habe sich noch einmal bis Februar 2014 wegen eines diagnostischen Eingriffes verzögert. Die tatsächliche Eheschließung sei am ... März 2014 erfolgt. Die Verstorbene sei damals in stabiler körperlicher Verfassung gewesen und habe zu dieser Zeit ihre neue Chemotherapie begonnen. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass sich die Erkrankung der Verstorbenen nicht als einheitliches Krankheitsbild darstelle. Tatsächlich sei sie an den Tumoren im Gehirn verstorben, die erst Anfang November 2014 aufgetreten seien. Die Metastasen im rechten Lungenflügel seien durch die im September 2013 eingeleitete Bestrahlung in Schach gehalten worden. Der zum Zeitpunkt der Eheschließung bekannte neue Tumorherd im unteren Bereich der Bronchien, bei dem es sich um keine Metastase der Karzinome im Lungen- und Rückenbereich gehandelt habe, sei bei einer Routinekontrolle Anfang 2014 entdeckt worden und sollte durch eine Chemotherapie behandelt werden. Somit sei das Versterben der Partnerin des Klägers im Dezember 2014 im Zeitpunkt der Eheschließung keineswegs absehbar gewesen. Der Bescheid setze sich mit den Umständen der Eheschließung überhaupt nicht auseinander.

Aus einem Schreiben von Dr. med. H... vom 7. Oktober 2015 geht hervor, dass im Januar 2013 bei Frau ... ein maligner Pleuraerguss rechts nachgewiesen worden sei, unter der Diagnose eines Rezidivs des bekannten Mammakarzinoms vom September 2003. Erst nachdem unter der Chemotherapie keine Rückbildung des Tumors erreicht habe werden können, sei eine erneute Diagnostik erfolgt. Im Juni 2014 habe die Diagnose revidiert werden müssen, da ein Bronchialkarzinom nachgewiesen worden sei. Grundsätzlich könne über die zeitliche Prognose einer Tumorerkrankung keine genaue Aussage getroffen werden. Pauschal könne man sagen, dass ein Bronchialkarzinom eine weitaus schlechtere Prognose habe als ein Mammakarzinom. Im Juni 2014 habe sich die Therapiemöglichkeit und die Überlebensprognose von Frau ... daher verschlechtert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2015 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Art. 35 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG der überlebende Ehegatte vom Bezug von Witwergeld ausgeschlossen sei, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Der Gesetzgeber habe bewusst typisierend die gesetzliche Vermutung aufgestellt, dass eine Ehe, die nach weniger als einem Jahr durch Tod des Beamten ende, zum Zweck der Versorgung des hinterbliebenen Ehegatten geschlossen worden sei. Hiervon wurden auch Fälle erfasst, in denen trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor dem Tod eines Partners hinausgeschoben worden sei. Auch in Fällen, in denen eine auf unbegrenzte Zeit angelegte Bindung lange Zeit bestanden habe und nur die formelle Legalisierung unterblieben sei, stelle sich die spätere Eheschließung nach der gesetzlichen Vermutung in der Regel als Versorgungsehe dar. Dass der Kläger mit der Verstorbenen vor der Eheschließung bereits mehrere Jahre zusammengelebt habe, entkräfte die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe nicht. Vielmehr wäre eine Eheschließung bereits in früheren Jahren möglich gewesen. Nach seinen Angaben hätten der Kläger und die Verstorbene bereits erstmals Ende der 90er Jahre darüber gesprochen, zu heiraten. Jedoch seien dann die Mutter und die Großmutter des Klägers verstorben. Im Jahr 2003 seien die Brustkrebserkrankung der Verstorbenen und die Therapie der Erkrankung im Vordergrund gestanden, danach die Errichtung eines Ferienhauses auf Sizilien. Erst im Jahr 2012 sei dann wieder von einer Eheschließung gesprochen worden, die jedoch wegen der erneuten Erkrankung der Verstorbenen wieder nicht verwirklicht worden sei. So sei tatsächlich erst nach Bekanntwerden weiterer Metastasen mit Verdacht auf Pleurakarzinose und Lymphangiosis carzinomatose am ... März 2014 geheiratet worden. Da zwischen den vorgebrachten Heiratsabsichten und den Verhinderungen bzw. der tatsächlichen Heirat immer wieder längere Zeitabschnitte gelegen haben, in denen eine Heirat möglich gewesen wäre, könne von der konsequenten Verwirklichung der Heiratsabsicht nicht gesprochen werden. Rechtliche oder tatsächliche Hinderungsgründe, die vor den Krebsdiagnosen (2003, 2008) sowie der Metastasenbildung (2013) einer konsequenten Verwirklichung einer beabsichtigten Eheschließung ernsthaft entgegengestanden hätten, lägen nicht vor. Auch wiederholte Gespräche über den Wunsch zu heiraten und das Hegen der Hoffnung, den richtigen Termin für eine Hochzeitsfeier in einem besonderen Rahmen zu finden, stellten keine konsequente Verwirklichung einer Heiratsabsicht dar. Ebenso könne das Vorbringen hinsichtlich des Krankheitsverlaufes die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe nicht widerlegen. Wie sich aus den vorgelegten Krankheits- und Untersuchungsberichten ergebe, sei bei Frau ... seit mindestens Januar 2013 eine pleurale und pulmonale Metastasierung, ein maligner Pleuraerguss sowie eine Lymphangiosis carzinomatose des seit 2003 bekannten Mammakarzinoms bekannt gewesen. Im September 2013 seien noch pleurale Metastasen am Zwerchfell und der ventralen Thoraxwand festgestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe beiden Partnern der lebensbedrohende Charakter der Erkrankung bewusst gewesen sein müssen, zumal die Tumorerkrankung in diesem Stadium nicht mehr heilbar gewesen sei. Ferner gehe aus der Beschreibung des Krankheitsverlaufs seit Januar 2013 von Herrn Dr. H... vom 7. Oktober 2015 hervor, dass Frau ... in Anbetracht der Schwere der Erkrankung gut mobil gewesen sei und der Allgemeinzustand als gut eingestuft worden sei. Daraus und aus dem Vorbringen des Klägers, dass die Ehe auch den Zweck gehabt habe, medizinische Auskünfte einzufordern sowie die häusliche Pflege sicherzustellen, sei zu folgern, dass man sich über den grundsätzlich lebensbedrohenden Charakter, in deren Verlauf man auch mit dem Ableben der Erkrankten habe rechnen müssen, zum Zeitpunkt der Anmeldung der Eheschließung und der Heirat durchaus im Klaren gewesen sei. Auch die finanzielle Situation des Klägers sei nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe zu entkräften. Aus den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden für das Jahr 2013 und 2014 des Klägers ergebe sich ein jährlich zu versteuerndes Einkommen von 9.702,00 Euro für 2013 bzw. 7.332,00 Euro für 2014. Seit 1. Oktober 2015 erhalte der Kläger eine monatliche Rente in Höhe von 172,12 Euro sowie eine monatliche große Witwerrente in Höhe von 73,82 Euro. Dass sich die Deutsche Rentenversicherung Bund zu einer Bewilligung der Witwerrente entschieden habe, ändere nichts an der konträren Beurteilung des Beklagten. In Anbetracht der Gesamtumstände, insbesondere wegen des Fehlens objektiv gewichtiger Hindernisse für eine Eheschließung zu einem früheren Zeitpunkt, könne die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht als widerlegt angesehen werden.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom .... Januar 2016, bei Gericht am 26. Januar 2016 eingegangen, hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht erhoben und mit Schriftsatz vom .... März 2016 beantragt,

den Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 22. Januar 2015 sowie den Widerspruchsbescheid des Landesamts für Finanzen vom 28. Dezember 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Hinterbliebenenversorgung im Sinne von Art. 35 BayBeamtVG seit dem 1. Januar 2015 zu gewähren.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig und würden den Kläger in seinen Rechten verletzen, da dieser die gesetzliche Vermutung des Bestehens einer Versorgungsehe widerlegt habe. Die Behörde verkenne, dass es um die Frage gehe, ob alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat der Versorgungszweck gewesen sei. Auch in Fällen, wo ein Beamter bei der Heirat schwer erkrankt sei, könnten andere einigermaßen wirklichkeitsnahe Beweggründe für die Heirat im Vordergrund stehen. Unstreitig dürften vorliegend die Verlobung des Klägers mit seiner Ehefrau im Jahr 2012 und der konkrete gefasste Heiratsentschluss für das Frühjahr 2013 sein. Dieser sei noch vor Bekanntwerden einer neuerlichen Erkrankung der Ehefrau des Klägers an Krebs Anfang des Jahres 2013 erfolgt. Die Nachsorgeuntersuchungen der im Jahr 2003 diagnostizierten Brustkrebserkrankungen seien bis zu diesem Zeitpunkt ohne Befund gewesen. Schon unter diesem Gesichtspunkt könne nicht davon ausgegangen werden, dass alleiniger oder überwiegender Zweck der wegen des Gesundheitszustandes der Ehefrau des Klägers nach der neuerlichen Krebserkrankung Anfang 2013 nochmals auf Frühjahr 2014 verschobenen Eheschließung die Versorgung des Klägers gewesen sei. Es handle sich um objektiv erkennbare Umstände, die einen anderen als den Versorgungszweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich machten. Des Weiteren werde im Widerspruchsbescheid davon ausgegangen, dass keine konsequente Verfolgung des Heiratsentschlusses vorliege, weil der Heiratsentschluss nach der Erkrankung der Ehefrau des Klägers an Metastasen ihres früheren Brustkrebses Anfang 2013 wieder nicht verwirklicht worden sei. Tatsächlich habe die Tatsache, dass nach zehn Jahren ein Krebs wieder aufgetaucht sei, der eigentlich abgehakt gewesen sei, die konkreten Heiratspläne vom ... Mai 2012 durchkreuzt. Von diesem Schock habe sich die Ehefrau des Klägers und natürlich auch der Kläger selbst erst einmal erholen müssen, so dass insofern nicht von einer grundlosen Nichtverwirklichung im Sinne einer nicht konsequenten Verfolgung von Heiratsplänen gesprochen werden könne. Die Tatsache, dass die ursprünglich 2003 diagnostizierte und im Jahr 2005 eigentlich ausgeheilte Krebserkrankung im Jahr 2013 wieder zu Tage getreten sei, könne nicht als Kenntnis einer grundsätzlich lebensbedrohlichen Erkrankung angesehen werden. Diese undifferenzierte Betrachtungsweise sei mit dem heutigen medizinischen Fortschritt bei der Behandlung von Krebserkrankungen nicht mehr vereinbar. Man dürfe sich eine Krebserkrankung heutzutage nicht mehr so vorstellen, dass der Patient im Bett liege und alle drauf warten würden, dass er sterbe. Vielmehr könne die Bestrahlung sehr viel gezielter und auch in beweglichen Organen durchgeführt werden und es seien Wirkstoffe entdeckt worden, die gezielt entsprechend den Tumortypen das Tumorwachstum verlangsamen und verhindern könnten. Eine Krebsdiagnose bedeute auch bei einem möglicherweise nicht mehr zu entfernenden Tumor keineswegs mehr zwingend ein vorzeitiges Versterben. Vor diesem Hintergrund sei auch die Bewertung des Krankheitsverlaufs im Widerspruchsbescheid unzutreffend. Im Befundbericht vom 7. April 2015 von Prof. Dr. S... sei auf die Erkrankung an einem Dritttumor hingewiesen worden, der erst durch die Gewebeprobe infolge der Operation an den Bronchien im Juni 2014 diagnostiziert habe werden können. Es werde nicht berücksichtigt, dass die Diagnose im Juni 2014 revidiert habe werden müssen, weil ein Bronchialkarzinom nachgewiesen worden sei, das eine weitaus schlechtere Prognose habe als ein Mammakarzinom. Es werde weiter unzutreffend davon ausgegangen, dass die Eheschließung vorliegend bis kurz vor dem Tod der Ehefrau des Klägers hinausgeschoben worden sei. Hiervon könne keine Rede sein, da die Ehefrau des Klägers acht Monate nach der Eheschließung unerwartet verstorben sei, nachdem sich ein weiterer Tumor, bei dem es sich gerade nicht um Metastasen des ursprünglichen Mammakarzinoms gehandelt habe, gebildet habe. Rechtsfehlerhaft stelle der Widerspruchsbescheid zudem darauf ab, dass auch die finanzielle Situation des Klägers nicht geeignet sei, die gesetzliche Vermutung zu entkräften. Es widerspreche dem Normzweck, wenn bei der Prüfung auf das Bestehen eines Versorgungsbedürfnisses abgestellt werde.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2016 hat der Beklagte betragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 21. März 2016 im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorliegen einer Versorgungsehe im vorliegenden Fall gesetzlich vermutet werde. Die Regelung erfasse auch Fälle, in denen trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor den Tod hinausgeschoben worden sei. Die gesetzliche Vermutung könne nur durch besondere objektiv feststellbare Umstände ausgeräumt werden. Die materielle Beweislast treffe den verwitweten Ehegatten. Erforderlich sei, dass die Annahme der Versorgungsabsicht als der alleinige oder überwiegende Zweck mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeräumt werde. Im Falle einer lebensbedrohenden Erkrankung komme eine Widerlegung allenfalls dann in Betracht, wenn die Eheschließung eine konsequente Verwirklichung eines Heiratsentschlusses darstelle, der bereits vor der Kenntnis der schweren Erkrankung bestanden habe. Vorliegend sprächen gute Gründe dafür, dass der tatsächlich maßgebliche finale Heiratsentschluss in Kenntnis der Erkrankung und der Qualifizierung als lebensbedrohliche Lage gefasst worden sei. Trotz des langjährigen Bestehens einer auf Dauer angelegten Beziehung habe das Paar auf eine Eheschließung verzichtet. Diese sei erst vollzogen worden, als bereits eine erneute Tumorerkrankung festgestellt worden sei. Auch wenn man den medizinischen Fortschritt nicht in Abrede stellen könne, zeige die Erfahrung, dass der Ernst der Lage bei einem Rezidiv nicht verneint werden könne. Dieser Zustand müsse grundsätzlich als lebensbedrohliche Lage erkannt werden. Selbst wenn der Heiratsentschluss bereits vor der Kenntnis der schweren Erkrankung gegeben gewesen sei, fehle es an seiner konsequenten Verwirklichung. Es sei nicht ersichtlich, wie der etwaige Heiratsentschluss sich nach außen nachhaltig manifestiert habe. Dies sei bemerkenswert, da zunächst im größeren Rahmen gefeiert werden sollte, was einen nicht unerheblichen organisatorischen Vorlauf bedeute. Es werde der Gesamteindruck vermittelt, dass der Heiratsentschluss erst in Kenntnis der schweren Erkrankung eine Konkretisierung erfahren habe.

Mit Schriftsatz vom .... April 2016 wurde zur Klagebegründung unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Januar 2016 weiter ausgeführt, dass ein bereits vor der Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung getroffener Heiratsentschluss ein besonderer Umstand sein könne, der die gesetzliche Vermutung ausschließe, sofern die Heirat aus wirklichkeitsnahen Gründen nur aufgeschoben, aber nicht aufgegeben worden sei. Vorliegend sei die Verlobung im Jahr 2012 erfolgt, d. h. zu einem Zeitpunkt als die Anfang 2013 ausgebrochene neuerliche Krebserkrankung noch nicht bekannt gewesen sei. Der Vollzug des Heiratsentschlusses sei durch die neuerliche Krebserkrankung solange aufgeschoben worden, bis es der Ehefrau des Klägers wieder besser ginge. Dies sei ohne Weiteres nachvollziehbar und stelle einen wirklichkeitsnahen Aufschiebungsgrund dar. Zudem könnten nicht nur objektiv erkennbare Umstände die gesetzliche Vermutung widerlegen, sondern auch innere, subjektive Umstände ausreichend sein. Der Kläger habe die Ehe schließen wollen, um ihr auch im Krankheitsfall nicht nur als Bevollmächtigter zur Seite zu stehen, sondern als Gatte medizinische Auskünfte einfordern und notwendige Entscheidungen treffen zu können. Diese Motive setzten nicht zwingend eine Erkrankung voraus; naturgemäß sei der Kläger aufgrund der vormaligen Krebserkrankung besonders sensibilisiert gewesen.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, als sie im Mai 2012 besprochen hätten zu heiraten, hätten sie einen größeren Freundeskreis einladen wollen und gedacht, im Frühjahr 2013 zu heiraten. Nach ein bis zwei Monaten habe man gedacht, den Termin auf Juni 2013 festzulegen. Sie hätten zwei Wochenendtermine im Juni 2013 im Auge gehabt, an denen man die Location anmieten wollte. Man habe in das Wirtshaus „... ...“ in München gehen wollen. Als konkrete Vorarbeiten habe der Kläger bei einer Band wegen Verfügbarkeit nachgefragt und einen Rechtsanwalt gebeten, ihm ein Muster eines Ehevertrages zu schicken. Im Übrigen habe man geglaubt, ein halbes Jahr sei ausreichend, um die Hochzeit zu organisieren. Zur Heirat im Juni 2013 sei es dann nicht gekommen, da bei seiner Ehefrau im Januar 2013 ein Pleuraerguss festgestellt worden sei, eine Folge der Brustkrebserkrankung. Ende des Jahres 2013 habe man sich dann überlegt, den Heiratsentschluss in die Tat umzusetzen und habe deshalb am ... März 2014 geheiratet. Das Standesamt habe er deshalb erstmals Anfang Februar 2014 kontaktiert und telefonisch den Termin erhalten. An der standesamtlichen Trauung hätten nur der Kläger und seine Ehefrau teilgenommen, keine Verwandten oder Zeugen, da seine Frau psychisch nicht in der Verfassung gewesen sei, einen größeren Freundeskreis einzuladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Witwengeld gem. Art. 35 Abs. 1 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz -BayBeamtVG- (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO). Der Bescheid des Beklagten vom 22. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Dezember 2015 ist vielmehr rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gem. Art. 35 Abs. 1 BayBeamtVG erhalten Witwer oder Witwen eines Versorgungsurhebers Witwengeld. Ein Anspruch auf Witwengeld besteht jedoch gem. Art. 35 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG nicht, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat, es sei denn, nach den besonderen Umständen des Falls ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, dem Witwer oder der Witwe eine Versorgung zu verschaffen.

Zwar war die Ehefrau des Klägers Beamtin des Beklagten, so dass der Kläger Witwer eines Versorgungsurhebers i. S. d. Art. 35 Abs. 1 BayBeamtVG ist. Die Ehe des Klägers mit der verstorbenen Beamtin dauerte jedoch weniger als neun Monate.

Damit wird von Gesetzes wegen vermutet, dass durch die Heirat beabsichtigt war, dem Witwer eine beamtenrechtliche Versorgung zu sichern, so dass es dem Dienstherrn auch im Rahmen der grundsätzlichen Alimentationspflicht nicht zugemutet wird, dem Witwer Versorgungsleistungen zu gewähren.

Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden. Die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe ist entkräftet, wenn besondere, nach außen erkennbare Umstände vorliegen, wonach ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Versorgungszweck. Dazu genügt in der Regel, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebliche Bedeutung hatte. Wird die Ehe allerdings in Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters einer Erkrankung des Beamten geschlossen, wird hierdurch die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe regelmäßig ausgeschlossen, es sei denn, dass sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstellt (vgl. BayVGH, B.v.27.8.2010 - 14 ZB 10.79 - juris). Ein bereits vor der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung getroffener Heiratsentschluss kann ein besonderer Umstand sein, sofern die Heirat aus wirklichkeitsnahen Gründen nur aufgeschoben, der Heiratsentschluss aber nicht aufgegeben worden ist (BVerwG, U.v. 28.1.2016 - 2 C 21.14 - juris).

Die Ehe wurde vorliegend in Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters der Erkrankung der Beamtin geschlossen. Dies ergibt sich bereits aus den Angaben des Klägers im Schreiben vom .... Januar 2015 und in der mündlichen Verhandlung. Danach war seine Ehefrau bereits im Jahr 2003 an Brustkrebs erkrankt, sei jedoch erfolgreich behandelt worden, so dass sie lediglich Routinekontrollen durchführen musste. Anfang 2013 sei seine Ehefrau jedoch an Metastasen ihres früheren Brustkrebses erkrankt, die sich im rechten Lungenflügel und im Rippenfell gebildet hätten. Nach operativen Eingriffen sei eine Chemotherapie eingeleitet worden. Bei einer Computertomografie im August 2013 sei ein starkes Wachstum eines Tumors in der Lunge festgestellt worden, der anschließend erfolgreich bestrahlt worden sei. Im Januar 2014 sei bei einer Kontrolluntersuchung ein neuer Krebsherd im Bereich der unteren Bronchien entdeckt worden, bei dem es sich nicht um eine Metastase der bekannten Art gehandelt habe. Bestätigt werden diese Angaben durch verschiedene Arztberichte. So führt das ...klinikum ... in seinem Schreiben vom 20. Januar 2014 aus, dass seit Dezember 2012 eine pulmonale Metastasierung bekannt sei (Bl. 110 der BA). Die Radiologie am ...klinikum befundet im Schreiben vom 16. Januar 2013 (Bl. 114 f. der BA) u. a. den dringenden Verdacht auf einen malignen Pleuraerguss und eine parietale Pleuracarcinomatose an der Thorax-Vorderwand sowie eine mit einer Lymphangiosis carcinomatosa zu vereinbarende Verdickung des rechten Oberlappens. Dr. H... diagnostizierte am 30. Januar 2013 (Bl. 128 der BA) eine Metastase bzw. ein Rezidiv des bekannten Mammakarzinoms. Prof. Dr. S... kommt in seinem Bericht vom 13. Februar 2013 (Bl. 130 ff. der BA) zu dem Ergebnis, dass es bei der Ehefrau des Klägers zu einer thorakalen Metastasierung gekommen sei. Daraufhin wurde eine Chemo-/Antikörpertherapie eingeleitet. Mit Schreiben vom 22. August 2013 befundet die Radiologie am ...klinikum (Bl. 146 ff. der BA) größenprogrediente pulmonale Herde und deutlich größenprogrediente mutmaßlich pleurale Weichteilvermehrungen. Mit Schreiben vom 27. Januar 2014 befundet die Radiologie am ...klinikum (Bl. 172 f. der BA) eine Größenzunahme der infrakarinalen Gewebsvermehrung, die entlang des rechten Bronchus intermedius nach kaudal reicht. Zum Zeitpunkt der Eheschließung führte die Ehefrau des Klägers zudem eine Chemotherapie durch.

Die Metastasierung eines Mammakarzinoms stellt eine grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung dar. Zwar ist es sicherlich zutreffend, dass die Medizin bei der Behandlung von Krebserkrankungen erhebliche Fortschritte gemacht hat und eine Krebsdiagnose nicht mehr zwingend ein vorzeitiges Versterben bedeutet. Dies ändert jedoch nichts am grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakter einer bösartigen Tumorerkrankung. Die Kenntnis vom lebensbedrohenden Charakter einer Erkrankung setzt auch weder voraus, dass mit dem baldigen Ableben des erkrankten Beamten zu rechnen ist noch kommt es auf die Kenntnis der Unheilbarkeit der Erkrankung an (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2011 - 3 ZB 08.627 - juris; BayVGH, B.v. 18.2.2014 - 14 ZB 11.452 - juris; OVG RhPf, U.v. 29.10.2013 - 2 A 11261/12 - juris).

Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang auch, dass zusätzlich zu den Metastasen des Mammakarzinoms im Januar 2014 ein Bronchialkarzinom aufgetreten ist, das erst nach der Heirat im Juni 2014 als solches diagnostiziert wurde. Denn zum einen ist ein weiterer bösartiger Tumorherd - auch wenn zunächst unklar war, ob es sich hierbei um Metastasen des bekannten Mammakarzinoms oder um eine neuartige Tumorerkrankung handelte - eine weitere grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung. Zum anderen stellen allein die bis dahin bekannten Metastasen des Mammakarzinoms bereits eine grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung dar. Dass die zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits bekannte Tumorerkrankung in den Bronchien im weiteren Verlauf nicht als Metastase, sondern als neue Tumorerkrankung mit noch schlechterer Prognose erkannt worden ist, ändert nichts daran, dass die Heirat am ... März 2014 in Kenntnis einer grundsätzlich lebensbedrohlichen Erkrankung stattgefunden hat, zumal während einer Chemotherapie. Damit ist regelmäßig die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung, dass es sich um eine Versorgungsehe handelte, ausgeschlossen.

Ob der Tod der Ehefrau des Klägers durch die zum Zeitpunkt der Heirat bereits diagnostizierte Erkrankung an Metastasen eines Mammakarzinoms oder durch den zwar bereits bekannten, aber noch nicht endgültig als neue Tumorerkrankung diagnostizierten Tumor in den Bronchien oder Metastasen hiervon eingetreten ist, ist für die rechtliche Bewertung nicht entscheidend. Denn abgesehen davon, dass die genaue Todesursache ebenso unklar ist wie die Frage, ob es sich bei den von Klägerseite als ursächlich genannten Gehirntumoren um Metastasen des Mammakarzinoms oder des Bronchialkarzinoms handelte, ist festzustellen, dass auch letztere grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung dem Grunde nach, wenn auch nicht namentlich, bei der Eheschließung bereits bekannt war.

Ein Ausnahmefall, der zu einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung führen würde, läge nur dann vor, wenn sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses darstellt. Die gesetzliche Vermutung ist daher insbesondere dann widerlegt, wenn der in Unkenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung gefasste, nach außen manifestierte Heiratsentschluss bis zur Eheschließung im Wesentlichen unverändert geblieben und die Heirat innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgt ist (BayVGH, B.v. 2.3.2009 - 21 ZB 08.3122 - juris).

Eine konsequente Verwirklichung eines zuvor bestehenden Heiratsentschlusses ist vorliegend nicht ersichtlich.

Das Gericht konnte bereits nicht die volle Überzeugung davon gewinnen, dass die Ehegatten vor Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung bereits so konkret zur Heirat entschlossen waren, dass sich die spätere Heirat als konsequente Verwirklichung des Heiratsentschlusses erwiesen hätte. Nach Angaben des Klägers sei zwar am ... Mai 2012 der Beschluss gefasst worden, im Frühjahr 2013 in größerem Rahmen zu heiraten. Ein bis zwei Monate später, also Juni/Juli 2012, hätten sie zwei Wochenendtermine im Juni 2013 und eine Gastwirtschaft im Auge gehabt. Konkrete Vorbereitungen für die Eheschließung wurden von den Eheleuten im Weiteren jedoch nicht eingeleitet. Der Kläger hat hierzu lediglich erklärt, mit einer befreundeten Band gesprochen und sich von einem befreundeten Rechtsanwalt das Muster eines Ehevertrages besorgt zu haben. Zwar muss noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt feststehen. Eine Hochzeit in größerem Rahmen - wie vorliegend beabsichtigt - bedarf jedoch eines nicht unerheblichen Organisationsaufwands. Weder stand bis zum Bekanntwerden der Erkrankung der Ehefrau des Klägers - immerhin acht Monate nach der Verlobung und nur mehr fünf Monate vor dem angedachten Zeitraum Juni 2013 - ein genauer Hochzeitstermin fest, noch wurde Kontakt mit dem Standesamt aufgenommen oder ein Raum in der gewünschten Lokalität reserviert. Auch der Band wurde kein definitiver Termin mitgeteilt, so dass damit zu rechnen war, dass diese zwischenzeitlich andere Angebote annimmt. In der Gesamtschau wurden keinerlei konkrete Vorbereitungen für die Eheschließung eingeleitet.

Darüber hinaus ist die Eheschließung tatsächlich erst nahezu zwei Jahre nach dem vom Kläger angegebenen Verlöbnis am ... Mai 2012 erfolgt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine konsequente Verwirklichung eines bereits vor Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschlusses vorliegt. Eine Heirat innerhalb eines angemessenen Zeitraums ist darin nicht mehr zu sehen. Dass die Eheleute nach Angaben des Klägers eine Hochzeit in größerem Rahmen geplant haben, stand einer frühzeitigeren Eheschließung objektiv (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2011 - 3 ZB 08.627 - juris Rn. 6) ebenso wenig entgegen wie die im Januar 2013 diagnostizierte Erkrankung der Ehefrau des Klägers. Die Eheschließung hätte in der letztlich durchgeführten Form ohne Gäste und Zeugen im angeblich von den Eheleuten geplanten Zeitraum Juni 2013 ebenso erfolgen können. Denn auch während der Behandlung der Krebserkrankung ist die Lebensqualität der Ehefrau des Klägers nach eigenen Angaben zunächst erhalten geblieben, so dass sogar mehrwöchige Urlaube in Sizilien möglich waren. Weshalb in dieser Zeit, die sich mit den angedachten Hochzeitsterminen im Juni 2013 deckt, eine Eheschließung, wenn auch in kleinerem Rahmen, wie sie letztlich auch am ... März 2014 erfolgt ist, nicht hätte durchgeführt werden können, wenn die Eheleute bereits so konkret zur Heirat entschlossen gewesen wären, ist nicht ersichtlich.

Zwar mag im Mai 2012 zwischen dem Kläger und seiner späteren Ehefrau über eine mögliche Heirat gesprochen worden sein, allerdings ohne diesen Heiratsentschluss bereits so konkret gefasst zu haben, dass er über eine vage Absicht hinausgegangen wäre. Mangels konkreter Vorbereitungen zur Umsetzung des Heiratsentschlusses im angegebenen Zeitraum Juni 2013 war der Zeitpunkt für eine mögliche Eheschließung völlig offen. Damit stellt sich die Heirat am ... März 2014 aber nicht als konsequente Verwirklichung eines bestehenden Heiratswunsches, sondern als eher überraschend dar. Nachdem die Eheschließung sehr kurzfristig und unter dem Eindruck der neuerlichen Erkrankung der verstorbenen Ehefrau des Klägers entgegen ihrer ursprünglichen Vorstellungen ohne Zeugen und Gäste während einer laufenden Chemotherapie erfolgt ist, geht das Gericht davon aus, dass die Ehegatten ohne die Diagnose einer weiteren Tumorerkrankung in den Bronchien nicht im März 2014 die Ehe geschlossen hätten.

Zwar kann ein vor der Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung getroffener Heiratsentschluss die gesetzliche Vermutung auch dann widerlegen, wenn die Heirat aus wirklichkeitsnahen Gründen nur aufgeschoben, der Heiratsentschluss aber nicht aufgegeben wurde (BVerwG, U.v. 28.1.2016 - 2 C 21/14 - juris). Abgesehen davon, dass ein derartiger konkreter Heiratsentschluss vorliegend nicht ersichtlich ist (s.o.), ist die Fallkonstellation im o.g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht vergleichbar. In dem dem o.g. Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt wurde die Heirat angesichts einer lebensbedrohlichen Erkrankung so lange aufgeschoben, bis der Gesundheitszustand des Verlobten wieder soweit hergestellt war, dass von einer Gesundung und langfristigen Zukunftsperspektive für die Beziehung ausgegangen werden konnte. Dies war vorliegend gerade nicht der Fall. Vielmehr wurde die Eheschließung, für deren Umsetzung in dem vom Kläger angegebenen Zeitraum keinerlei konkrete Vorbereitungen getroffen wurden, nicht umgesetzt, obwohl die Lebensqualität der Ehefrau des Klägers damals noch nicht allzu stark eingeschränkt war. Statt dessen wurde die Ehe in einer von der angegebenen Vorstellung des Ehepaares völlig divergierenden Form ohne Zeugen und Gäste zu einem Zeitpunkt geschlossen, als kurz zuvor - im Januar 2014 - eine weitere Tumorerkrankung in den Bronchien aufgetreten ist und die Ehefrau des Klägers eine Chemotherapie durchführen musste. Erst nach Auftreten des Bronchialtumors wurde Anfang Februar 2014 erstmals Kontakt zum Standesamt aufgenommen. Von einem bloßen Aufschub eines bereits konkret bestehenden Heiratsentschlusses kann vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden.

Auch die langjährige Beziehung des Klägers mit seiner Ehefrau vermag im Übrigen die Vermutung des Art. 35 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG nicht zu widerlegen. Denn die Vorschrift erfasst gerade nicht nur die Fälle, in denen ein Todgeweihter ohne innere Bindung nur zu dem Zweck heiratet, dem Ehepartner die Versorgung zu verschaffen, sondern auch die Fälle, in denen trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor den Tod eines Partners hinausgeschoben wurde. Auch in Fällen, in denen eine auf unbegrenzte Zeit angelegte Bindung seit Jahrzehnten bestand und nur die formelle Legalisierung unterblieb, stellt sich die spätere Eheschließung nach der gesetzlichen Vermutung in der Regel als Versorgungsehe dar (vgl. BayVGH, B.v.1.12.1998 - 3 B 95.3050 - juris). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 27.10.1966 - 2 C 32.64 - BVerwGE 25, 221) als überwiegenden Zweck der Heirat auch die im Vordergrund stehende Absicht, eine schon länger bestehende Gemeinschaft zu legitimieren, für möglich erachtet. Der Zweck der Legalisierung kann jedoch im vorliegenden Fall nicht als gegenüber der Versorgungsabsicht gleichwertiges oder überwiegendes Motiv der Eheleute angesehen werden. Denn wenn es den Eheleuten tatsächlich darum gegangen wäre, dem Kläger eine bessere Position beim Erlangen von Auskünften durch behandelnde Ärzte oder bei Entscheidungsmöglichkeiten zu verschaffen, hätte dies eine Eheschließung schon zu einem früheren Krankheitszeitpunkt nahegelegt (BayVGH, B.v. 8.11.2011 - 3 ZB 08.627 - juris).

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 32.293,44 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 18/02/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.854,16 Euro festgesetzt.
published on 29/10/2013 00:00

Diese Entscheidung zitiert Tenor Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz v
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.