Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Jan. 2015 - M 5 E 15.242

bei uns veröffentlicht am20.01.2015

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Gegenstand des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist die Untersuchungsanordnung des Antragsgegners vom … Dezember 2014.

I.

Der Antrag war abzulehnen, da die Anordnung in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig ist.

1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO ist statthaft. Bei der Anordnung gegenüber einem Beamten, sich gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG zur Klärung seiner Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen und beobachten zu lassen, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinn von Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes/BayVwVfG, sondern um eine gemischt dienstlichpersönliche Weisung (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 ff.; BayVGH, B.v. 14.1.2014 - 6 CE 13.2352 - juris; VG München, B.v. 24.10.2012 - M 5 E 12.4482). Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich daher nicht nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern nach § 123 VwGO (BayVGH, B.v. 27.2.2013 - 6 CE 12.2788 - juris Rn. 7). Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht nicht entgegen, dass die Untersuchungsaufforderung als behördliche Verfahrenshandlung im Sinn von § 44a Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist. Zwar können nach dieser Bestimmung Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden mit der Folge, dass über die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung erst im Rahmen des Rechtsschutzes gegen die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit zu befinden ist. Diese Rechtsfolge gilt nach § 44a Satz 2 VwGO aber dann nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können. Zweck dieses Satzes 2 ist es, Fallgestaltungen zu erfassen, bei denen andernfalls - also ohne selbstständige Anfechtbarkeit des behördlichen Handelns - die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht dem Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen genügen würde. Das ist bei einer Untersuchungsanordnung auch dann der Fall, wenn ihre Nichtbefolgung mit disziplinarischen Mitteln sanktioniert werden kann, was jedenfalls bei aktiven Beamten möglich ist (vgl. OVG NRW, B.v. 1.10.2012 - 1 B 550/12 - NVwZ-RR 2013, 139 f.). Deshalb ist gegen eine Untersuchungsaufforderung nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann zulässig, wenn sie - wie hier - eine grundrechtlich geschützte subjektivöffentliche Rechtsstellung beeinträchtigt (BayVGH, B.v. 14.1.2014 - 6 CE 13.2352 - juris).

2. Ein Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung lag vor, da die streitgegenständliche Untersuchung am … Januar 2015 unmittelbar bevorstand.

3. Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Wegen ihrer erheblichen Folgen für den Beamten unterliegt die behördliche Anordnung einer ärztlichen Untersuchung - aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend - nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung formellen und inhaltlichen Anforderungen. Diese wurden vorliegend gewahrt.

a) Der Beamte hat nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG die Dienstpflicht, sich ärztlich untersuchen zu lassen, wenn Zweifel hinsichtlich seiner Dienstunfähigkeit bestehen. Diese Zweifel des Dienstherrn an der Dienstfähigkeit des Beamten müssen sich auf konkrete Umstände stützen, die eine derartige Untersuchung rechtfertigen und dürfen nicht „aus der Luft gegriffen“ sein (BayVGH, B.v. 14.1.2014 - 6 CE 13.2352 - juris). Die Anordnung muss sich folglich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (oder nur begrenzt dienstfähig). Auch in formeller Hinsicht muss die Anordnung bestimmten Anforderungen genügen. So muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein und der betroffene Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag (BVerwG, U.v. 23.10.1980 - 2 A 4.78 - Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 14 S. 6; BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 ff.; grundlegend zum Fahrerlaubnisrecht: BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13/01 - juris, Rn. 24 f.). Insbesondere darf die Behörde nicht nach der Überlegung vorgehen, der Betroffene werde schon wissen, „worum es gehe“. Dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung von der zuständigen Stelle zumindest so umschrieben sein, dass für den Betroffenen ohne Weiteres erkennbar wird, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17/10 - NVwZ 2012, 1483 ff.). Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - ZBR 2013, 248 ff.).

b) Diesen formellen Anforderungen genügt die Anordnung des Antragsgegners vom … Dezember 2014. Sie ist nicht zu unbestimmt, sondern vielmehr aus sich heraus verständlich, weil daraus hervor geht, aus welchen Gründen die Antragstellerin sich sowohl einer chirurgischen als auch einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Aufgrund der vorgelegten Atteste konnte der Dienstherr zu dem Schluss gelangen, dass bei der Antragstellerin eine Erkrankung im chirurgischen/orthopädischen und/oder psychologischen, psychiatrischen oder neurologischen Bereich vorliegt und entsprechende Untersuchungen anordnen.

Die Antragstellerin kann der Aufforderung entnehmen, was konkret ihr Anlass ist - nämlich die seit über einem Jahr andauernde Erkrankung und eine über zwei Jahre zurückliegende letztmalige Begutachtung am … Juli 2012 - und dass der Dienstherr sich Klarheit verschaffen will, ob die möglicherweise bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen geeignet sind, behördliche Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit zu rechtfertigen.

Ferner hat der Antragsgegner die geforderten Untersuchungen auch ihrer Art nach in ihren Grundzügen festgelegt. Art und Umfang der orthopädischen bzw. chirurgischen und psychologischen, psychiatrischen bzw. neurologischen Untersuchung werden skizziert. So soll zuerst jeweils ein Anamnesegespräch geführt werden, anhand dessen sich dann der weitere Untersuchungsverlauf bestimmt. Die vorhandenen Beschwerden und Konfliktsituationen sollen dabei thematisiert werden. Somit überlässt der Dienstherr dem Amtsarzt weder Art noch Umfang der Untersuchung, sondern legt in der Aufforderung selbst diese Grenzen fest. Insbesondere hinsichtlich der psychologischen, psychiatrischen bzw. neurologischen Untersuchung werden in der Untersuchungsanordnung der Inhalt des Gesprächs und die zu erörternden Themenkomplexe vorgezeichnet. Noch detailliertere Ausführungen oder weitere Einschränkungen der Themen zu fordern, würde - trotz der weitreichenden Wirkungen einer solchen fachpsychiatrischen Untersuchung (so BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - ZBR 2013, 248 ff., juris Rn. 22) - die Anforderungen an den Inhalt der Aufforderung überspannen.

c) Auch materiell genügt die Untersuchungsanordnung bei summarischer Prüfung den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen. Die Anordnung vom … Dezember 2014 legt dar, dass aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände zweifelhaft ist, ob die Beamtin wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten ihres abstraktfunktionellen Amtes zu erfüllen. Diese Zweifel sind vorliegend auch nicht aus der Luft gegriffen (vgl. dazu etwa BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 3 CE 14.1357 - juris, Rn. 17), sondern gründen sich auf die seit dem … November 2013 andauernde Dienstunfähigkeit. Da die Beamtin seit mehr als einem Jahr keinen Dienst verrichtet, durfte der Dienstherr nach Art. 65 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BayBG eine solche Untersuchung zur Klärung der Erkrankung sowie der daraus resultierenden, die Dienstverrichtung begrenzenden, Beeinträchtigungen anordnen.

d) Auch die Weigerung des Antragsgegners, der Antragstellerin die Mitnahme einer Begleitperson zur Untersuchung zu gestatten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Polizeiarzt hat eine Beurteilung der Dienstfähigkeit vorzunehmen. Eine solche verlässliche Einschätzung erfordert neben sorgfältiger körperlicher Untersuchung auch ein unmittelbares und unbeeinflusstes ärztliches Gespräch. Anderenfalls kämen zu den ohnehin bestehenden prognostischen Unsicherheiten noch solche hinzu, die auf einen möglichen Einfluss Dritter während der Begutachtung zurückgehen. Eine solche Erhöhung des Prognoserisikos braucht der Antragsgegner nicht hinzunehmen, wenn hierfür keine zwingenden Gründe bestehen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ergeben sich aus der Fürsorgepflicht des Antragsgegners keine solch zwingenden Gründe. Denn es liegt nicht nur im öffentlichen Interesse, dass der Begutachtung der Dienstfähigkeit eines Beamten unbeeinflusste Sachverhaltsermittlungen zugrunde liegen. Es liegt auch im wohlverstandenen eigenen Interesse des Beamten, dass dem Gutachten des Polizeiärztlichen Dienstes über seine Dienstfähigkeit nur unverfälschte und zutreffende Umstände zugrunde gelegt werden. Im Hinblick auf die Stellung des Amtsarztes als eines Gutachters, der zur Unparteilichkeit und Neutralität verpflichtet ist, besteht kein Grund, der betroffenen Partei generell das Recht zuzubilligen, eine Vertrauensperson (etwa als Zeugen) zu einer Untersuchung hinzuziehen. Bei einer psychiatrischen Untersuchung eines Beamten zur Frage seiner Dienstfähigkeit besteht daher grundsätzlich kein Anwesenheitsrecht dritter Personen.

Insbesondere bei der Erstellung psychiatrischer Gutachten ist die Anwesenheit eines Dritten bei der Exploration außerordentlich problematisch. Denn es liegt auf der Hand, dass der Betroffene gerade durch die Anwesenheit eines nahen Angehörigen oder Vertrauten in eine besondere Situation gerät (OVG Koblenz, B.v. 11.6.2013 - 2 A 11071/12 - juris, Rn. 5 ff.; OVG Hamburg, B.v. 15.6.2006 - 1 Bs 102/06 -, IÖD 2006, 208; a.A. VG Münster, B.v. 16.05.2012 - 4 L 113/12 - juris). Die Situation bei einem psychiatrischen Untersuchungsgespräch zwischen Arzt und Probanden ist von einer besonderen Art, die die Anwesenheit Dritter vom Grundsatz her ausschließt. Die unbeeinflusste Fragewie auch Antwortsituation wäre bei der bloßen Anwesenheit weiterer Personen grundsätzlich in Frage gestellt. Im Übrigen könnte dem Interesse der Antragstellerin an einer Dokumentation des Inhalts und Verlaufs des Gesprächs durch eine Tonaufzeichnung hinreichend Rechnung getragen werden. Das ist aber nicht beantragt.

Besondere Umstände, die etwas anderes bedingten, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der mit der Untersuchung beauftragte Arzt einer Anwesenheit Dritter ausdrücklich zugestimmt hätte.

II.

Die Antragstellerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes, wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahren festzusetzen ist.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Jan. 2015 - M 5 E 15.242

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Jan. 2015 - M 5 E 15.242

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

I.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 10. Oktober 2013 - AN 11 E 13.1705 - in den Nummern 1 und 2 aufgehoben.

II.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller vorläufig von der Verpflichtung freizustellen, die mit Weisung der Bezirksfinanzdirektion Südost vom 30. August und 12. September 2013 angeordneten Erprobungen und Untersuchungen durchführen zu lassen.

III.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller steht als Zollamtmann (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst der Antragsgegnerin. Er wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes dagegen, sich auf Anordnung seines Dienstherrn wegen Zweifeln über die Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen und beobachten zu lassen.

Mit Schreiben vom 10. August 2012 hatte die Bezirksfinanzdirektion Südost ein Zurruhesetzungsverfahren wegen Dienstunfähigkeit eingeleitet. Grundlage waren insbesondere ein amtsärztliches Gutachten des Gesundheitsamtes N. vom 12. Juli 2012, ferner ein augenfachärztliches Gutachten des Universitätsklinikums E. vom 1. März 2012, das zum Ergebnis gelangt ist, dass beim Antragsteller eine funktionelle Einäugigkeit vorliege. Das Bundesministerium der Finanzen teilte mit Schreiben vom 5. Februar 2013 mit, dass es mit der Versetzung des Antragstellers in den vorzeitigen Ruhestand aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 12. Juli 2012 nicht einverstanden sei. Daraufhin forderte die Bundesfinanzdirektion Südost erneut eine amtsärztliche Begutachtung durch das Gesundheitsamt N. an. Dieses führte mit amtsärztlichem Zeugnis vom 30. Juli 2013 aus, dass zur grundsätzlichen Frage der Dienstfähigkeit nicht abschließend Stellung genommen werden könne. Hierzu sei zur Klärung des Umfangs möglicher Bildschirmtätigkeit vorab eine Erprobung bei dem Berufsförderungswerk W., inkl. augenfachärztliche Untersuchung bei der Universitätsklinik W. erforderlich; weiterhin solle eine nervenfachärztliche Zusatzbegutachtung durchgeführt werden.

Daraufhin teilte die Bezirksfinanzdirektion Südost dem Antragsteller mit Schreiben vom 30. August 2013 mit, sie habe für ihn beim Berufsförderungswerk W. einen Termin zu einer stationären Sehhilfenerprobung, die eine augenfachärztliche Untersuchung der Universitätsklinik W. umfasse, und zu einer sich daran anschließenden stationären Arbeitserprobung vereinbart sowie das Gesundheitsamt um eine nervenfachärztliche Zusatzbegutachtung gebeten. Es wies den Antragsteller an, diese Termine wahrzunehmen. Auf den Widerspruch des Antragstellers hin setzte die Bezirksfinanzdirektion Südost mit Schreiben vom 12. September 2013 die nervenfachärztliche Zusatzbegutachtung bis zum Vorliegen erster Erkenntnisse aus der Sehhilfenerprobung aus und hielt seine Weisung im Übrigen aufrecht.

Der Antragsteller hat daraufhin beim Verwaltungsgericht Ansbach einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt, ihn vorläufig von der Verpflichtung freizustellen, an der angeordneten Sehhilfenerprobung einschließlich einer augenfachärztlichen Untersuchung und einer sich anschließenden Arbeitserprobung teilzunehmen. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 10. Oktober 2013 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass der Antrag zwar zulässig, aber unbegründet sei, weil es an einem Anordnungsanspruch fehle; die streitigen Anordnungen seien bei summarischer Prüfung rechtmäßig.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Die begehrte einstweilige Anordnung ist aus den Gründen, die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt worden sind, zu erlassen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO ist statthaft. Bei der Anordnung gegenüber einem Beamten, sich gemäß § 44 Abs. 6 BBG zur Klärung seiner Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen und beobachten zu lassen, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinn von § 35 Satz 1 VwVfG, sondern um eine gemischt dienstlich-persönliche Weisung (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 ff.). Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich daher nicht nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern nach § 123 VwGO (BayVGH, B.v. 27.2.2013 - 6 CE 12.2788 - juris Rn. 7).

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht nicht entgegen, dass die Untersuchungsaufforderung als behördliche Verfahrenshandlung im Sinn von § 44a Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist. Zwar können nach dieser Bestimmung Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden mit der Folge, dass über die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung erst im Rahmen des Rechtsschutzes gegen die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit zu befinden ist. Diese Rechtsfolge gilt nach § 44a Satz 2 VwGO aber dann nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können. Das ist bei einer Untersuchungsanordnung bereits dann der Fall, wenn ihre Nichtbefolgung mit disziplinarischen Mitteln sanktioniert werden kann, was jedenfalls bei aktiven Beamten möglich ist (vgl. OVG NRW, B.v. 1.10.2012 - 1 B 550/12 - NVwZ-RR 2013, 139 f.). Ferner sollen von § 44a Satz 2 VwGO seinem Rechtsgedanken nach auch solche Fallgestaltungen erfasst werden, bei denen andernfalls, also ohne selbstständige Anfechtbarkeit des behördlichen Handelns, die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht dem Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen genügen würde. Deshalb ist gegen eine Untersuchungsaufforderung nach § 44 Abs. 6 BBG ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann zulässig, wenn sie - wie hier - eine grundrechtlich geschützte subjektiv-öffentliche Rechtsstellung beeinträchtigt (BayVGH, B.v. 28.1.2013 - 3 CE 12.1883 - juris Rn. 27). Damit ist zugleich, wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, ein Anordnungsgrund gegeben.

Dem Antragsteller steht auch ein Anordnungsanspruch zur Seite. Die streitige Untersuchungsaufforderung der Bezirksfinanzdirektion Südost vom 30. August und 12. September 2013 genügt bei summarischer Prüfung nicht den gesetzlichen Anforderungen und wird sich deshalb im Hauptsacheverfahren wohl als rechtswidrig erweisen.

Die behördliche Anordnung einer ärztlichen Untersuchung und Beobachtung muss nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen. Die Anordnung muss sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (oder nur begrenzt dienstfähig). In formeller Hinsicht muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein. Der Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 ff.). Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - ZBR 2013, 248 ff.).

Diesen Anforderungen genügt die Untersuchungsaufforderung vom 30. August und 12. September 2013 nicht. Zwar dürfte die Weisung, an der „stationären Sehhilfenerprobung … ggf. mit einer sich daran anschließenden stationären Arbeitserprobung“ teilzunehmen, vor dem Hintergrund des in Bezug genommenen und dem Antragsteller bekannten amtsärztlichen Zeugnisses vom 30. Juli 2013 für sich betrachtet weder formell noch inhaltlich zu beanstanden sein, wie das Verwaltungsgericht überzeugend angenommen hat; nachdem eine solche Beobachtung amtsärztlich für erforderlich gehalten wird, ist für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte des Antragstellers nicht zuletzt mit Blick auf die erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten nichts ersichtlich. Die damit verbundene Anordnung, sich im Rahmen der Sehhilfenerprobung einer „augenfachärztlichen Untersuchung der Universitätsklinik W.“ zu unterziehen, kann indes aufgrund der besonderen Umstände bereits den formellen Anforderungen nicht genügen. Denn Art und Umfang dieser Untersuchung bleiben auch unter Berücksichtigung des amtsärztlichen Zeugnisses vom 30. Juli 2013 unklar, weshalb dem Antragsteller wie dem Gericht eine Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verwehrt ist.

Zum einen ist denkbar, dass es sich lediglich um eine die Sehhilfenerprobung ergänzende und begleitende fachärztliche Zusatzuntersuchung handeln soll, die sich üblicherweise auf einen Sehtest und die Messung des Augeninnendrucks beschränkt. So hat das Verwaltungsgericht (S. 13 des Beschlusses) die Anordnung im Anschluss an die Ausführungen der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren (Schriftsatz vom 1.10.2013 S. 5) verstanden. Mit einem solchen Inhalt wäre eine augenfachärztliche Untersuchung zur Klärung der vorhandenen Sehfähigkeit mit dem unbeeinträchtigten Auge dem Antragsteller ohne weiteres zumutbar.

In deutlichem Widerspruch zu einem solchen „engen“ Verständnis steht indes der Untersuchungsauftrag, den die Bezirksfinanzdirektion Südost unter dem 30. August 2013 dem mit der Sehhilfenerprobung betrauten Berufsförderungswerk erteilt hat (Blatt 327 R und 331 der Personalakte). Denn dort heißt es ausdrücklich, dass insbesondere „das Gutachten der Universitätsklinik W., ob bei dem Beamten funktionelle Einäugigkeit vorliegt ..., von größter Bedeutung“ ist. Das kann nur so verstanden werden, dass die fachärztliche Untersuchung vor allem das beeinträchtigte Auge des Antragstellers betreffen und klären soll, ob überhaupt eine funktionelle Einäugigkeit vorliegt. Das ist aber bereits durch das vom Dienstherrn eingeholte augenfachärztliche Gutachten des Universitätsklinikums E. vom 1. März 2012 geschehen. Den Akten, insbesondere den amtsärztlichen Schreiben vom 12. Juli 2012 und 30. Juli 2013, lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die damaligen Feststellungen einer funktionellen Einäugigkeit unplausibel oder überholt sein könnten und deshalb einer erneuten Begutachtung bedürften. Im Gegenteil geht die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung selbst davon aus, dass der Antragsteller unter funktioneller Einäugigkeit leidet (Schriftsatz vom 29.11.2013 S. 4). Die Wiederholung einer fachärztlichen Untersuchung zu einer bereits festgestellten und außer Streit stehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung wäre aber ersichtlich überflüssig und deshalb dem Antragsteller offenkundig nicht zumutbar, zumal dieser die vorangegangene Untersuchung am Universitätsklinikum E. als äußerst unangenehm und schmerzhaft empfunden hat.

Da der Inhalt der streitigen Anordnung mithin in einem entscheidungserheblichen Punkt offen bleibt, kann diese bereits den formellen Anforderungen nicht genügen. Dieser Mangel trifft die Weisung insgesamt, weil die einzelnen Untersuchungs- und Beobachtungsanordnungen nicht teilbar sind. Die Antragsgegnerin ist freilich nicht gehindert, eine neue Aufforderung mit präzisiertem Inhalt und verbesserter Begründung zu erlassen (BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - ZBR 2013, 348/350).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, 2 VwGO i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

Tenor

I.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 10. Oktober 2013 - AN 11 E 13.1705 - in den Nummern 1 und 2 aufgehoben.

II.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller vorläufig von der Verpflichtung freizustellen, die mit Weisung der Bezirksfinanzdirektion Südost vom 30. August und 12. September 2013 angeordneten Erprobungen und Untersuchungen durchführen zu lassen.

III.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller steht als Zollamtmann (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst der Antragsgegnerin. Er wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes dagegen, sich auf Anordnung seines Dienstherrn wegen Zweifeln über die Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen und beobachten zu lassen.

Mit Schreiben vom 10. August 2012 hatte die Bezirksfinanzdirektion Südost ein Zurruhesetzungsverfahren wegen Dienstunfähigkeit eingeleitet. Grundlage waren insbesondere ein amtsärztliches Gutachten des Gesundheitsamtes N. vom 12. Juli 2012, ferner ein augenfachärztliches Gutachten des Universitätsklinikums E. vom 1. März 2012, das zum Ergebnis gelangt ist, dass beim Antragsteller eine funktionelle Einäugigkeit vorliege. Das Bundesministerium der Finanzen teilte mit Schreiben vom 5. Februar 2013 mit, dass es mit der Versetzung des Antragstellers in den vorzeitigen Ruhestand aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 12. Juli 2012 nicht einverstanden sei. Daraufhin forderte die Bundesfinanzdirektion Südost erneut eine amtsärztliche Begutachtung durch das Gesundheitsamt N. an. Dieses führte mit amtsärztlichem Zeugnis vom 30. Juli 2013 aus, dass zur grundsätzlichen Frage der Dienstfähigkeit nicht abschließend Stellung genommen werden könne. Hierzu sei zur Klärung des Umfangs möglicher Bildschirmtätigkeit vorab eine Erprobung bei dem Berufsförderungswerk W., inkl. augenfachärztliche Untersuchung bei der Universitätsklinik W. erforderlich; weiterhin solle eine nervenfachärztliche Zusatzbegutachtung durchgeführt werden.

Daraufhin teilte die Bezirksfinanzdirektion Südost dem Antragsteller mit Schreiben vom 30. August 2013 mit, sie habe für ihn beim Berufsförderungswerk W. einen Termin zu einer stationären Sehhilfenerprobung, die eine augenfachärztliche Untersuchung der Universitätsklinik W. umfasse, und zu einer sich daran anschließenden stationären Arbeitserprobung vereinbart sowie das Gesundheitsamt um eine nervenfachärztliche Zusatzbegutachtung gebeten. Es wies den Antragsteller an, diese Termine wahrzunehmen. Auf den Widerspruch des Antragstellers hin setzte die Bezirksfinanzdirektion Südost mit Schreiben vom 12. September 2013 die nervenfachärztliche Zusatzbegutachtung bis zum Vorliegen erster Erkenntnisse aus der Sehhilfenerprobung aus und hielt seine Weisung im Übrigen aufrecht.

Der Antragsteller hat daraufhin beim Verwaltungsgericht Ansbach einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt, ihn vorläufig von der Verpflichtung freizustellen, an der angeordneten Sehhilfenerprobung einschließlich einer augenfachärztlichen Untersuchung und einer sich anschließenden Arbeitserprobung teilzunehmen. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 10. Oktober 2013 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass der Antrag zwar zulässig, aber unbegründet sei, weil es an einem Anordnungsanspruch fehle; die streitigen Anordnungen seien bei summarischer Prüfung rechtmäßig.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Die begehrte einstweilige Anordnung ist aus den Gründen, die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt worden sind, zu erlassen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO ist statthaft. Bei der Anordnung gegenüber einem Beamten, sich gemäß § 44 Abs. 6 BBG zur Klärung seiner Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen und beobachten zu lassen, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinn von § 35 Satz 1 VwVfG, sondern um eine gemischt dienstlich-persönliche Weisung (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 ff.). Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich daher nicht nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern nach § 123 VwGO (BayVGH, B.v. 27.2.2013 - 6 CE 12.2788 - juris Rn. 7).

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht nicht entgegen, dass die Untersuchungsaufforderung als behördliche Verfahrenshandlung im Sinn von § 44a Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist. Zwar können nach dieser Bestimmung Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden mit der Folge, dass über die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung erst im Rahmen des Rechtsschutzes gegen die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit zu befinden ist. Diese Rechtsfolge gilt nach § 44a Satz 2 VwGO aber dann nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können. Das ist bei einer Untersuchungsanordnung bereits dann der Fall, wenn ihre Nichtbefolgung mit disziplinarischen Mitteln sanktioniert werden kann, was jedenfalls bei aktiven Beamten möglich ist (vgl. OVG NRW, B.v. 1.10.2012 - 1 B 550/12 - NVwZ-RR 2013, 139 f.). Ferner sollen von § 44a Satz 2 VwGO seinem Rechtsgedanken nach auch solche Fallgestaltungen erfasst werden, bei denen andernfalls, also ohne selbstständige Anfechtbarkeit des behördlichen Handelns, die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht dem Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen genügen würde. Deshalb ist gegen eine Untersuchungsaufforderung nach § 44 Abs. 6 BBG ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann zulässig, wenn sie - wie hier - eine grundrechtlich geschützte subjektiv-öffentliche Rechtsstellung beeinträchtigt (BayVGH, B.v. 28.1.2013 - 3 CE 12.1883 - juris Rn. 27). Damit ist zugleich, wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, ein Anordnungsgrund gegeben.

Dem Antragsteller steht auch ein Anordnungsanspruch zur Seite. Die streitige Untersuchungsaufforderung der Bezirksfinanzdirektion Südost vom 30. August und 12. September 2013 genügt bei summarischer Prüfung nicht den gesetzlichen Anforderungen und wird sich deshalb im Hauptsacheverfahren wohl als rechtswidrig erweisen.

Die behördliche Anordnung einer ärztlichen Untersuchung und Beobachtung muss nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen. Die Anordnung muss sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (oder nur begrenzt dienstfähig). In formeller Hinsicht muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein. Der Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 ff.). Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - ZBR 2013, 248 ff.).

Diesen Anforderungen genügt die Untersuchungsaufforderung vom 30. August und 12. September 2013 nicht. Zwar dürfte die Weisung, an der „stationären Sehhilfenerprobung … ggf. mit einer sich daran anschließenden stationären Arbeitserprobung“ teilzunehmen, vor dem Hintergrund des in Bezug genommenen und dem Antragsteller bekannten amtsärztlichen Zeugnisses vom 30. Juli 2013 für sich betrachtet weder formell noch inhaltlich zu beanstanden sein, wie das Verwaltungsgericht überzeugend angenommen hat; nachdem eine solche Beobachtung amtsärztlich für erforderlich gehalten wird, ist für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte des Antragstellers nicht zuletzt mit Blick auf die erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten nichts ersichtlich. Die damit verbundene Anordnung, sich im Rahmen der Sehhilfenerprobung einer „augenfachärztlichen Untersuchung der Universitätsklinik W.“ zu unterziehen, kann indes aufgrund der besonderen Umstände bereits den formellen Anforderungen nicht genügen. Denn Art und Umfang dieser Untersuchung bleiben auch unter Berücksichtigung des amtsärztlichen Zeugnisses vom 30. Juli 2013 unklar, weshalb dem Antragsteller wie dem Gericht eine Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verwehrt ist.

Zum einen ist denkbar, dass es sich lediglich um eine die Sehhilfenerprobung ergänzende und begleitende fachärztliche Zusatzuntersuchung handeln soll, die sich üblicherweise auf einen Sehtest und die Messung des Augeninnendrucks beschränkt. So hat das Verwaltungsgericht (S. 13 des Beschlusses) die Anordnung im Anschluss an die Ausführungen der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren (Schriftsatz vom 1.10.2013 S. 5) verstanden. Mit einem solchen Inhalt wäre eine augenfachärztliche Untersuchung zur Klärung der vorhandenen Sehfähigkeit mit dem unbeeinträchtigten Auge dem Antragsteller ohne weiteres zumutbar.

In deutlichem Widerspruch zu einem solchen „engen“ Verständnis steht indes der Untersuchungsauftrag, den die Bezirksfinanzdirektion Südost unter dem 30. August 2013 dem mit der Sehhilfenerprobung betrauten Berufsförderungswerk erteilt hat (Blatt 327 R und 331 der Personalakte). Denn dort heißt es ausdrücklich, dass insbesondere „das Gutachten der Universitätsklinik W., ob bei dem Beamten funktionelle Einäugigkeit vorliegt ..., von größter Bedeutung“ ist. Das kann nur so verstanden werden, dass die fachärztliche Untersuchung vor allem das beeinträchtigte Auge des Antragstellers betreffen und klären soll, ob überhaupt eine funktionelle Einäugigkeit vorliegt. Das ist aber bereits durch das vom Dienstherrn eingeholte augenfachärztliche Gutachten des Universitätsklinikums E. vom 1. März 2012 geschehen. Den Akten, insbesondere den amtsärztlichen Schreiben vom 12. Juli 2012 und 30. Juli 2013, lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die damaligen Feststellungen einer funktionellen Einäugigkeit unplausibel oder überholt sein könnten und deshalb einer erneuten Begutachtung bedürften. Im Gegenteil geht die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung selbst davon aus, dass der Antragsteller unter funktioneller Einäugigkeit leidet (Schriftsatz vom 29.11.2013 S. 4). Die Wiederholung einer fachärztlichen Untersuchung zu einer bereits festgestellten und außer Streit stehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung wäre aber ersichtlich überflüssig und deshalb dem Antragsteller offenkundig nicht zumutbar, zumal dieser die vorangegangene Untersuchung am Universitätsklinikum E. als äußerst unangenehm und schmerzhaft empfunden hat.

Da der Inhalt der streitigen Anordnung mithin in einem entscheidungserheblichen Punkt offen bleibt, kann diese bereits den formellen Anforderungen nicht genügen. Dieser Mangel trifft die Weisung insgesamt, weil die einzelnen Untersuchungs- und Beobachtungsanordnungen nicht teilbar sind. Die Antragsgegnerin ist freilich nicht gehindert, eine neue Aufforderung mit präzisiertem Inhalt und verbesserter Begründung zu erlassen (BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - ZBR 2013, 348/350).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, 2 VwGO i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte bewirkt hat, im Wiederaufnahmeverfahren durch eine Entscheidung ersetzt, die diese Wirkung nicht hat, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen. Beamtinnen und Beamte haben, sofern sie die Altersgrenze noch nicht erreicht haben und dienstfähig sind, Anspruch auf Übertragung eines Amtes derselben oder einer mindestens gleichwertigen Laufbahn wie ihr bisheriges Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt. Bis zur Übertragung des neuen Amtes erhalten sie die Besoldung, die ihnen aus ihrem bisherigen Amt zugestanden hätte.

(2) Ist aufgrund des im Wiederaufnahmeverfahren festgestellten Sachverhalts oder aufgrund eines rechtskräftigen Strafurteils, das nach der früheren Entscheidung ergangen ist, ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eingeleitet worden, verliert die Beamtin oder der Beamte die ihr oder ihm nach Absatz 1 zustehenden Ansprüche, wenn auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt wird. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung können die Ansprüche nicht geltend gemacht werden.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend in Fällen der Entlassung von Beamtinnen auf Probe und Beamten auf Probe oder von Beamtinnen auf Widerruf und Beamten auf Widerruf wegen eines Verhaltens im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 1.

(4) Auf die Besoldung nach Absatz 1 Satz 3 wird ein anderes Arbeitseinkommen oder ein Unterhaltsbeitrag angerechnet. Die Beamtinnen und Beamten sind hierüber zur Auskunft verpflichtet.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Juni 2014 wird in seinen Ziffern I. und II. aufgehoben.

II.

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung der ärztlichen Untersuchung aufgrund der Anordnung des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West vom 17. April 2014 freizustellen.

III.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

IV.

Unter Abänderung von Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Juni 2014 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin steht als Kriminaloberkommissarin im Dienst des Antragsgegners. Sie befand sich vom 29. Mai 2013 bis 24. Juli 2013 in stationärer psychosomatisch-psychotherapeutischer Behandlung. Auf Grundlage des psychiatrischen Gutachtens von Prof. Dr. Sch. und Dr. H., Bezirkskrankenhaus A., vom 24. Oktober 2013 teilte die Polizeiärztin Dr. G. mit Gesundheitszeugnis vom 21. November 2013 mit, eine uneingeschränkte Polizeidienstfähigkeit der Antragstellerin sei im Untersuchungszeitpunkt aufgrund einer nicht vollständig remittierten psychischen Erkrankung nicht zu befürworten. Ob diese innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt werden könne, könne nicht sicher beurteilt werden. Hierfür seien Nachuntersuchungen erforderlich. Dies wurde der Antragstellerin mit Schreiben des zuständigen Polizeipräsidiums vom 27. November 2013 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 11. Februar 2014 teilte dieses der Antragstellerin mit, dass nach polizeiärztlichem Dafürhalten weiterhin von Polizeidienstunfähigkeit auszugehen sei, eine erneute psychiatrische Begutachtung sei nach dem Ende der Wiedereingliederung vorgesehen.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums vom 17. April 2014 wurde die Antragstellerin zur Beurteilung ihrer Dienst- und Verwendungsmöglichkeiten für Freitag, 13. Juni 2014, 14:00 Uhr zur psychiatrischen Begutachtung in das Bezirkskrankenhaus A. geladen. Sie wurde gebeten, zur Untersuchung sämtliche ärztlichen Unterlagen mitzubringen, die im Zusammenhang mit der Untersuchung stünden, insbesondere den Klinikentlassungsbericht über die stationäre Behandlung vom 29. Mai 2013 bis 24. Juli 2013, und die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Weiter wurde sie aufgefordert, an der Durchführung einer testpsychologischen Diagnostik mitzuwirken.

Auf ihre Nachfrage wurde der Antragstellerin mit E-Mail des Polizeipräsidiums vom 17. April 2014 erläutert, bei der Schweigepflichtentbindung handle es sich um eine Bitte, die es den Gutachtern ermöglichen solle, den Gesundheitszustand umfassend abzuklären. Die Weisung zur Teilnahme an einer testpsychologischen Diagnostik erscheine nach polizeiärztlichem Dafürhalten für eine umfassende Bewertung ihrer gesundheitlichen Situation notwendig. Die Weisung zur psychiatrischen Untersuchung samt testpsychologischer Diagnostik erfolge insbesondere auf der Grundlage des Art. 128 Abs. 1 und Art. 65 Abs. 2 BayBG, deren Wortlaut wiedergegeben wurde.

Mit Schreiben vom 12. Juni 2014 lehnte das Polizeipräsidium den Antrag der Antragstellerin vom 3. Juni 2014 ab, die Untersuchungsanordnung aufzuheben. Aufgrund der durch das Gesundheitszeugnis vom 21. November 2013 und das psychiatrische Gutachten vom 24. Oktober 2013 festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen sei weiterhin von einer Polizeidienstunfähigkeit der Antragstellerin auszugehen. Die angeordnete Untersuchung sei zur Beurteilung ihrer aktuellen Dienst- und Verwendungsfähigkeit unumgänglich. Nur eine erneute psychiatrische Begutachtung könne Aufschluss zur Remission ihrer psychischen Erkrankung und ihrer aktuellen Belastbarkeit verschaffen. Zur umfassenden Bewertung ihrer gesundheitlichen Situation erscheine außerdem die Durchführung einer testpsychologischen Zusatzdiagnostik wünschenswert. Die Antragstellerin werde daher gebeten, an dieser teilzunehmen.

Die Antragstellerin hat daraufhin am 12. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt,

die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnung des Antragsgegners vom 17.04.2014 freizustellen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 13. Juni 2014, zugestellt am selben Tag, abgelehnt. Die streitgegenständliche, wohl auf Art. 65 Abs. 2 BayBG gestützte Anordnung sei bei summarischer Prüfung formell und materiell rechtmäßig. Sie genüge zwar für sich genommen nicht den formellen Anforderungen, die an eine Untersuchungsaufforderung zu stellen seien, weil sie keine näheren Angaben dazu enthalte, worin die Zweifel an der Dienstfähigkeit der Antragstellerin begründet seien. Diese seien jedoch den Schreiben vom 27. November 2013 und 11. Februar 2014 zu entnehmen, welche eine psychiatrische Begutachtung in Aussicht stellten. Da sie der Antragstellerin vor Erlass der Anordnung zur Kenntnis gegeben worden seien, seien ihr die Gründe für die erneute psychiatrische Untersuchung bekannt gewesen, zumal die Anordnung die Aufforderung enthalten habe, den Klinikentlassungsbericht mitzubringen. Die Antragstellerin habe sich damit lange vor dem Untersuchungstermin über die Gründe für die Anordnung einer erneuten psychiatrischen Begutachtung im Klaren sein müssen. Auch materiell sei die Anordnung nicht zu beanstanden, da sich nach Angaben der Polizeiärztin Zweifel an der Dienstfähigkeit der Antragstellerin ergeben hätten. Dies genüge, um die Richtigkeit der Bewertung durch eine externe psychiatrische Begutachtung der Antragstellerin überprüfen zu lassen.

Mit der am 20. Juni 2014 eingelegten und am 14. Juli 2014 begründeten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Die Anordnung vom 17. April 2014 genüge nicht den Anforderungen, die an eine Untersuchungsaufforderung zu stellen seien. Hierfür sei nicht ausreichend, dass der Antragstellerin nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die Gründe für die erneute psychiatrische Untersuchung mit Schreiben vom 27. November 2013 und 11. Februar 2014 mitgeteilt worden seien. Die Untersuchungsanordnung müsse vielmehr aus sich heraus verständlich sein. Auch der Aufforderung, den Klinikentlassungsbericht mitzubringen, seien keine Gründe für die Untersuchung zu entnehmen. Die Antragstellerin sei auch nicht nur aufgefordert worden sei, sich erneut psychiatrisch untersuchen zu lassen, sondern erstmals auch, an einer testpsychologischen Diagnostik mitzuwirken. Diesbezüglich bestünden auch materiell-rechtliche Bedenken gegen die Anordnung.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die begehrte einstweilige Anordnung ist aus den Gründen, die von ihr innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt worden sind, zu erlassen.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist statthaft, weil es sich bei der Anordnung gegenüber einer Polizeivollzugsbeamtin, sich gemäß Art. 128 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG zur Klärung ihrer Polizeidienstunfähigkeit ärztlich untersuchen und beobachten zu lassen, mangels unmittelbarer Außenwirkung nicht um einen Verwaltungsakt i. S. v. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, sondern um eine (gemischt dienstlich-persönliche) Weisung handelt. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich daher nach § 123 VwGO (BayVGH, B. v. 28.1.2013 - 3 CE 12.1883 - juris Rn. 26).

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht zudem nicht entgegen, dass die Untersuchungsanordnung als behördliche Verfahrenshandlung i. S. v. § 44a Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist, da sie i. S. d. § 44a Satz 2 VwGO vollstreckt werden kann, weil ihre Nichtbefolgung (jedenfalls bei aktiven Beamten) mit disziplinarischen Mitteln sanktioniert werden kann (BayVGH, B. v. 14.1.2014 - 6 CE 13.2352 - juris Rn. 8). Darüber hinaus sollen von § 44a Satz 2 VwGO seiner ratio legis nach auch solche Fallgestaltungen erfasst werden, bei denen andernfalls - also ohne selbstständige Anfechtbarkeit des behördlichen Handelns - die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht dem Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen genügen würde. Deshalb ist ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Untersuchungsanordnung zulässig, wenn sie eine grundrechtlich geschützte subjektiv-öffentliche Rechtsstellung beeinträchtigt. Das ist vorliegend zu bejahen, weil eine erneute psychiatrische Untersuchung der Antragstellerin erfolgen soll (BayVGH, B. v. 28.1.2013 a. a. O. Rn. 27). Damit ist zugleich ein Anordnungsgrund gegeben.

Das Verfahren hat sich auch nicht etwa deshalb erledigt, weil der für 13. Juni 2014 angesetzte Untersuchungstermin, dem die Antragstellerin keine Folge geleistet hat, verstrichen ist. Streitbefangen ist nach wie vor die - grundlegende - Anordnung einer erneuten psychiatrischen Untersuchung durch das Polizeipräsidium vom 17. April 2014 (BayVGH, B. v. 28.1.2013 a. a. O. Rn. 29).

2. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch. Die Untersuchungsanordnung vom 17. April 2014 genügt bei summarischer Prüfung nicht den gesetzlichen Anforderungen und wird sich deshalb voraussichtlich als rechtswidrig erweisen.

Die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung und Beobachtung gemäß Art. 128 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG muss - ebenso wie die damit ggf. verbundene Verpflichtung zur Entbindung der den Beamten behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht (vgl. dazu BVerwG, B. v. 21.2.2014 - 2 B 24/12; B. v. 26.5.2014 - 2 B 69/12 - jeweils juris) - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen (BVerwG, U. v. 26.4.2012 - 2 C 17/10; U. v. 30.5.2013 - 2 C 68/11; B. v. 10.4.2014 - 2 B 80/13 - jeweils juris).

Die Untersuchungsanordnung hat zur Voraussetzung, dass aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände zweifelhaft ist, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen (BVerwG, U. v. 30.5.2013 a. a. O. Rn. 19). Die diesbezüglichen Zweifel des Dienstherrn müssen sich auf konkrete Umstände stützen und dürfen nicht aus der Luft gegriffen sein (BayVGH, B. v. 28.1.2013 a. a. O. Rn. 31). Die Anordnung muss sich auf Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig bzw. polizeidienstunfähig. Der Anordnung müssen die tatsächlichen Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit bzw. Polizeidienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen (BVerwG, U. v. 26.4.2012 a. a. O. Rn. 19).

In formeller Hinsicht muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein. Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der (Polizei-) Dienstfähigkeit stützt, in der Anordnung angeben (BVerwG, U. v. 30.5.2013 a. a. O. Rn. 20). Der Beamte muss anhand der darin gegebenen Begründung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in der Anordnung Verlautbarte die Zweifel an seiner (Polizei-) Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag. Dabei darf die Behörde nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, „worum es gehe“ (BVerwG, U. v. 26.4.2012 a. a. O. Rn. 20). Genügt die Anordnung nicht diesen Anforderungen, können Mängel nicht nachträglich durch Nachschieben von Gründen geheilt werden (BVerwG, U. v. 26.4.2012 a. a. O. Rn. 21).

Diesen Anforderungen wird die Anordnung des Antragsgegners vom 17. April 2014 - auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts - offensichtlich nicht gerecht. Sie enthält keinerlei Hinweise auf tatsächliche Umstände bzw. auf Verhaltensweisen der Antragstellerin, anhand derer diese die Berechtigung der Aufforderung überprüfen hätte können. Darin wird lediglich die erneute psychiatrische Begutachtung der Antragstellerin zur Beurteilung ihrer (aktuellen) Dienst- und Verwendungsmöglichkeiten angeordnet und diese aufgefordert, an der Durchführung einer testpsychologischen Diagnostik mitzuwirken. Offen bleibt hingegen, aufgrund welcher konkreten Vorfälle oder Ereignisse Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit der Antragstellerin bestehen, die die getroffene Anordnung rechtfertigen könnten. Damit konnte die Antragstellerin aber lediglich mutmaßen, welche (dienstlichen oder außerdienstlichen) Vorfälle oder Ereignisse gemeint sein können.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Antragstellerin in der Anordnung gebeten wurde, zur Untersuchung sämtliche ärztlichen Unterlagen mitzubringen, die im Zusammenhang mit der Untersuchung stehen („z. B. Haus- und Facharztbefunde, Laborbefunde, Röntgen-Bilder, EKG, Khs-Entlassungsbericht, OP-Bericht und dgl., falls vorhanden“), und die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, da dies erkennbar lediglich allgemein gehalten ist, ohne konkret auf bestimmte, im Zusammenhang mit der angeordneten erneuten psychiatrischen Begutachtung der Antragstellerin stehende ärztliche Unterlagen abzustellen, aus denen sich etwaige Anhaltspunkte für Zweifel an deren Polizeidienstfähigkeit ergeben könnten. Auch insoweit konnte die Antragstellerin daher nur Mutmaßungen anstellen, welche Untersuchungen gemeint sein können.

Auch soweit die Antragstellerin in der Anordnung ausdrücklich aufgefordert wurde, den Klinikentlassungsbericht über die stattgehabte stationäre psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlung vom 29. Mai 2013 bis 24. Juli 2013 mitzubringen, ergibt sich hieraus nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, auf welchen Vorfall oder auf welches Ereignis sich diese Aufforderung bezog. Auch dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung zumindest so umschrieben sein, dass für den Betroffenen ohne weiteres erkennbar wird, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird (BVerwG, U. v. 26.4.2012 a. a. O. Rn. 20). Dies war hier aber nicht der Fall, da der Klinikaufenthalt der Antragstellerin mannigfache Ursachen gehabt haben kann.

Auch die E-Mail vom 17. April 2014 gibt - unabhängig davon, ob dadurch überhaupt die fehlende Begründung „nachgeschoben“ bzw. ergänzt werden hätte können - nur den Wortlaut der einschlägigen Rechtsgrundlagen des Art. 128 Abs. 1, Art. 65 Abs. 2 BayBG wieder, ohne die tatsächlichen Umstände, auf die der Antragsgegner die Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit der Antragstellerin stützt, anzugeben. Auch die Ausführungen zur „Bitte“ um Schweigepflichtentbindung bzw. zur Weisung, sich einer erneuten psychiatrischen Untersuchung mit Teilnahme an einer testpsychologischen Diagnostik zu unterziehen, sind nur allgemein gehalten und bleiben eine konkrete Begründung dafür schuldig, warum die Bewertung der derzeitigen gesundheitlichen Situation der Antragstellerin die getroffenen Anordnungen erfordert.

Soweit der Antragstellerin mit Schreiben vom 12. Juni 2014 unter Bezugnahme auf die psychiatrische Begutachtung durch Prof. Dr. Sch. und Dr. H. vom 24. Oktober 2013 sowie das polizeiärztliche Gesundheitszeugnis Dr. G. vom 21. November 2013 mitgeteilt wurde, dass aufgrund der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen weiterhin von einer Polizeidienstunfähigkeit der Antragstellerin auszugehen sei, so dass die angeordnete erneute psychiatrische Begutachtung mit testpsychologischer Zusatzdiagnostik unumgänglich bzw. „wünschenswert“ sei, ist schon zweifelhaft, ob diese Bezugnahme, ohne konkret einzelne Vorfälle zu benennen, den Anforderungen an die Begründung einer Untersuchungsanordnung genügt. Jedenfalls ist ein solches Nachschieben von Gründen nicht geeignet, Mängel der Begründung zu heilen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts wird dieser Mangel vorliegend auch nicht dadurch beseitigt, dass Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit der Antragstellerin den Schreiben an die Antragstellerin vom 27. November 2013 und 11. Februar 2014 entnommen werden können, in denen unter Hinweis auf die vorliegenden Gutachten eine erneute psychiatrische Begutachtung zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit in Aussicht gestellt wurde. Dies mag zwar den Schluss nahe legen, dass der Antragstellerin die Gründe für die Anordnung der erneuten psychiatrischen Untersuchung schon vor Erlass der streitgegenständlichen Anordnung (allgemein) bekannt waren. Doch kann der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden, sie habe sich damit bereits lange vor dem Untersuchungstermin über die Gründe für die Anordnung einer erneuten psychiatrischen Begutachtung „im Klaren sein müssen“, weil die Gründe nicht in der Anordnung selbst umschrieben worden sind und diese so nicht aus sich heraus verständlich war (VGH BW, U. v. 22.7.2014 - 4 S 1209/13 - juris Rn. 35).

Soweit die Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit auf Feststellungen in dem Beamten bekannten (polizei-) ärztlichen Gutachten gestützt werden, muss auf diese in der Anordnung zumindest Bezug genommen werden (BVerwG, U. v. 26.4.2012 a. a. O. Rn. 22), was hier unstreitig nicht der Fall war.

Hingegen dürfte es bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden sein, dass der Antragsgegner in der streitgegenständlichen Anordnung vom 17. April 2014 die im Bezirkskrankenhaus vorzunehmende Untersuchung der Antragstellerin lediglich mit „Durchführung einer psychiatrischen Begutachtung sowie einer testpsychologischen Diagnostik“ umschrieben hat. Die Anordnung muss zwar auch Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Daher muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (BVerwG, B. v. 10.4.2014 a. a. O. Rn. 10). Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte - wie hier - einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll (BVerwG, U. v. 30.5.2013 a. a. O. Rn. 22).

Es wäre allerdings vom Dienstherrn i.d.R. zu viel verlangt und auch nicht praktikabel, wenn man - gerade bei psychischen Erkrankungen, die oftmals erst durch die fachärztliche Anamese näher abgeklärt und eingegrenzt werden können -, fordern würde, schon vor der Begutachtung detaillierte Vorgaben hinsichtlich Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung zu machen, wenn die Art der (möglichen) Erkrankung des Beamten im Zeitpunkt des Ergehens der Untersuchungsanordnung nicht bekannt ist. Vielmehr ist es grundsätzlich als ausreichend anzusehen, wenn Art und Umfang der geforderten Untersuchung dahingehend konkretisiert sind, dass eine psychiatrische Begutachtung (ggf. mit Anamese, Gespräch und Testungen) angeordnet wird. Der Dienstherr dürfte daher - jedenfalls im Regelfall - nicht verpflichtet sein, bereits in der Untersuchungsanordnung anzugeben, welche Untersuchungen, Testungen und sonstigen Begutachtungen im Einzelnen durchgeführt werden sollen (OVG Hamburg, B. v. 5.12.2013 - 1 Bs 310/13 - juris Rn. 12).

Der Antragsgegner hat vorliegend Art und Umfang der angeordneten psychiatrischen Untersuchung zumindest in den Grundzügen selbst bestimmt und nicht allein dem Gutachter überlassen, indem er die Vornahme einer psychiatrischen Begutachtung sowie die Durchführung einer testpsychologischen Diagnostik angeordnet hat. Dies ist vor dem Hintergrund der bei der Antragstellerin mit Gesundheitszeugnis vom 21. November 2013 konstatierten, nicht vollständig remittierten psychischen Erkrankung nicht zu beanstanden, da dieser dadurch eine inhaltliche Prüfung der angeordneten Untersuchung grundsätzlich möglich war (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.2013 a. a. O. Rn. 24). Die berechtigten Schutzinteressen der Antragstellerin gebieten es nicht, bereits in der Anordnung die notwendigen einzelnen Untersuchungen und Testungen zu benennen.

Soweit die Antragstellerin Bedenken anmeldet, weil von ihr nicht nur gefordert werde, sich erneut psychiatrisch untersuchen zu lassen, sondern zusätzlich, auch an einer testpsychologischen Diagnostik mitzuwirken, ohne dass angegeben werde, inwiefern dies zur Klärung der Polizeidienstfähigkeit erforderlich sein solle, hat sie schon keine substantiierten Zweifel an dieser Untersuchungsmethode dargetan. Sollten einzelne Untersuchungsmethoden methodisch tatsächlich nicht belastbar sein, wie dies die Antragstellerin offenbar befürchtet, so kann sie diesen Umstand ohne Rechtsverlust auch später, z. B. im Polizeidienstunfähigkeitsverfahren, geltend machen (vgl. OVG Hamburg, B. v. 5.12.2013 a. a. O. Rn. 13).

Da der Inhalt der streitigen Anordnung mithin in einem entscheidungserheblichen Punkt offen bleibt, kann diese bereits den formellen Anforderungen nicht genügen. Der Antragsgegner ist dadurch freilich nicht gehindert, eine neue Aufforderung mit präzisiertem Inhalt und verbesserter Begründung zu erlassen (BVerwG, U. v. 30.5.2013 a. a. O. Rn. 21).

Vor diesem Hintergrund kann im Ergebnis offen bleiben, ob die streitgegenständliche Anordnung inhaltlich zu Recht ergangen ist. Angesichts der in den durch den Antragsgegner eingeholten Gutachten geäußerten Bedenken gegen die Polizeidienstfähigkeit der Antragstellerin dürften jedoch hinreichende Zweifel an deren Polizeidienstfähigkeit bestehen, die eine Anordnung nach Art. 128 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG rechtfertigen können (BayVGH, B. v. 28.1.2013 a. a. O. Rn. 31).

3. Nach alledem war der Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 GKG, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Auffangstreitwerts festzusetzen ist. Der Streitwertfestsetzung 1. Instanz war dementsprechend nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen zu ändern.

Tenor

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird abgeändert. Der Bescheid der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 16. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2010 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klage richtet sich gegen eine Versetzung.

2

Die am ... März 1964 geborene Klägerin steht seit dem 31. Oktober 2007 als Beamtin auf Lebenszeit im Dienst des beklagten Landes. Bis zur hier streitigen Versetzung war sie als Lehrerin für Fachpraxis an der Berufsbildenden Schule (BBS) in D. eingesetzt.

3

Kurz nach ihrer Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ging die Klägerin ein intimes Verhältnis mit Herrn H., einem verheirateten Kollegen in der BBS D., ein. In der Zeit vom 7. bis 15. März 2008 nahmen die Klägerin und Herr H. an einem Hospitationsprogramm für Lehrkräfte in C., … (USA), teil. Beide Lehrkräfte buchten dort ein – von ihnen auch gemeinsam genutztes – Doppelzimmer in einem Hotel. Anschließend verbrachten sie zusammen noch einen privaten Urlaub in Kalifornien. Im Verlauf dieser Dienstreise mit anschließendem Privaturlaub kam es zu einem Zerwürfnis zwischen der Klägerin und Herrn H. Daraufhin schrieb die Klägerin einen Brief an die Ehefrau von Herrn H., mit dem sie dieser von den „Frauengeschichten“ ihres Ehemannes berichtete. Des Weiteren leitete sie am 6. April 2008 eine von Herrn H. empfangene E-Mail, in der dieser eine längere Krankmeldung einer anderen Kollegin in der BBS D. (Frau M.) negativ kommentierte, an diese weiter, damit diese – wie die Klägerin formulierte – einmal erfahre, was Herr H. über sie denke. Mit dieser Kollegin unterhielt Herr H. seinerzeit eine Fahrgemeinschaft, da sie den überwiegend gleichen Anfahrtsweg von ihrem Wohnort zur BBS D. hatten. Die zwischen den Lehrkräften bestehenden Spannungen wurden in der Folgezeit so erheblich, dass auf Bitten der Schulleitung die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als Schulaufsichtsbehörde eingeschaltet wurde. Nach Auffassung der Schulleitung wurde der Streit der drei Beteiligten auf einem der Schule nicht würdigen Niveau geführt. In Teilen des Kollegiums sei zwischenzeitlich wegen der Interventionen der Lehrkräfte ein „Klima des Misstrauens“ entstanden, unbeteiligte Lehrkräfte würden als „Verbündete rekrutiert“. In der Folge sei eine „Gruppenbildung“ entstanden, die das Kollegium „spalte“, und es sei auch versucht worden, die „Schulleitung auseinander zu dividieren“. Versuche einer Mediation unter Einbeziehung der drei Beteiligten misslangen. In der Folgezeit wurden Herr H. und Frau M. mit ihrem Einverständnis jeweils an eine andere Schule versetzt. Diese nahmen die Versetzungsentscheidung der ADD widerspruchslos hin und verrichten seither in N. und W. ihren Dienst als Lehrkräfte.

4

Mit Verfügung vom 16. Juli 2009 versetzte die ADD nach vorheriger Anhörung auch die Klägerin als an dem Konflikt Beteiligte aus dienstlichen Gründen von der BBS D. an die BBS L., da auch nach der Versetzung der beiden anderen am Konflikt beteiligten Personen nach wie vor der Schulfrieden und das Vertrauensverhältnis zwischen der Schulleitung und der Klägerin nachhaltig gestört sei.

5

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und beantragte zugleich vorläufigen Rechtschutz. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, sie sei vor dem Erlass der Verfügung nicht ausreichend angehört worden, der Verfügung liege ein lückenhafter und zum Teil unzutreffender Sachverhalt zugrunde und es bestehe kein dienstliches Bedürfnis für ihre Versetzung. Da die beiden anderen Beteiligten die Schule zwischenzeitlich verlassen hätten, könne sie nun bleiben. Die „Gruppenbildung“ habe ohnehin kein den Schulfrieden störendes Ausmaß angenommen und das Vertrauensverhältnis zur Schulleitung sei auch nicht gestört. Jedenfalls habe der Beklagte das Versetzungsermessen fehlerhaft ausgeübt, weil er die Entfernung von ihrem Wohnort in der Nähe von D. zur neuen Schule in L. nicht berücksichtigt und zudem außer Acht gelassen habe, dass sie sich um ihre kranke Mutter kümmere. Außerdem sei sie in D. im Kirchenvorstand aktiv.

6

Das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht Koblenz lehnte den Antrag der Klägerin durch Beschluss vom 25. September 2009 (6 L 853/09.KO) ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies der Senat durch Beschluss vom 21. Dezember 2009 (2 B 11143/09.OVG) zurück.

7

Nachdem die Klägerin mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hatte, veranlasste der Beklagte ihre Untersuchung durch die Zentrale medizinische Untersuchungsstelle in Mainz (ZMU) zur Frage einer etwaigen dauernden Dienstunfähigkeit. In der daraufhin erstatteten gutachterlichen Stellungnahme vom 12./22. Februar 2010 vertrat die ZMU die Auffassung, die Klägerin sei dauernd dienstfähig. Gleichwohl blieb die Klägerin unter Vorlage fortlaufender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der sie behandelnden Ärzte dem Dienst fern. Sie trat insbesondere nicht ihren Dienst in der BBS L. an.

8

Das von der ADD daraufhin eingeschaltete Gesundheitsamt des Rhein-Lahn-Kreises in Bad Ems teilte der Behörde mit E-Mail vom 7. April 2010 mit, die Klägerin sei zwar nicht dauerhaft, jedoch aktuell dienstunfähig. Eine Rücksprache mit dem behandelnden Facharzt habe die gleiche Einschätzung ergeben. Die Amtsärztin, Dipl.-Med. H., verwies hierzu auf die aktuelle Krankschreibung der Klägerin und schlug vor, sie nach Ablauf der derzeitigen Dienstunfähigkeit erneut zu untersuchen.

9

In Kenntnis dieser E-Mail wies die ADD den Widerspruch der Klägerin gegen die Versetzungsverfügung durch Widerspruchsbescheid vom 8. April 2010 zurück. Zur Begründung wird auf das als vorrangig angesehene dienstliche Bedürfnis für die Versetzung verwiesen. Diesem stünden keine gesundheitlichen Gründe entgegen.

10

In der nach Fertigung des Widerspruchsbescheides bei der ADD eingegangenen Stellungnahme vom 19. Mai 2010 gelangte das Gesundheitsamt Bad Ems aufgrund der Begutachtungen der Klägerin vom 29. März und 17. Mai 2010 zu folgendem Ergebnis:

11

„Frau D. leidet an einer reaktiven psychiatrischen Störung. Sie befindet sich in psychiatrischer und psychologischer Behandlung. Diese Therapien werden auch weiterhin notwendig sein. Eine Sanatoriumsbehandlung erfolgte 2009. […] Aus unserer Sicht ist Frau D. ab dem 01.06.2010 wieder eingeschränkt dienstfähig. Aufgrund der Symptomatik empfehlen wir den Wiedereinstieg mit einer Stundenermäßigung. […] Da es sich bei der Erkrankung von Frau D. um ein reaktives Krankheitsbild handelt (bestimmte Vorfälle und Ereignisse haben zur Auslösung der Erkrankung geführt), sollten alle Anstrengungen unternommen werden, die auslösende Situation zu beseitigen. Wir empfehlen deshalb aus gesundheitlichen Gründen, die Versetzung von Frau D. nach L. zu überdenken und rückgängig zu machen. Frau D. ist motiviert, ihren Dienst wieder anzutreten. […]“

12

Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, seit Abschluss des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes habe sich die Sachlage wesentlich geändert. Die von ihr vorgelegten bzw. vom Beklagten eingeholten ärztlichen Stellungnahmen seien im Zusammenhang mit der Versetzung nicht ausreichend berücksichtigt worden. Schon deshalb sei die Versetzungsverfügung ermessensfehlerhaft. Als Folge der Versetzung sei bei ihr mit erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen. Bei einem Einsatz an der BBS L. sei ihre Dienstunfähigkeit wahrscheinlich. Demgegenüber sei der Einsatz an der BBS D. möglich.

13

Die Klägerin hat beantragt,

14

den Bescheid der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 16. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2010 aufzuheben.

15

Der Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Er hat das dienstliche Interesse an einer Versetzung der Klägerin weiterhin als gegeben angesehen und im Wesentlichen auf die getroffenen Verwaltungsentscheidungen und die im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Gerichtsentscheidungen sowie auf zwischenzeitlich erfolgte gutachterliche Stellungnahmen der ZMU verwiesen.

18

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 22. März 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung bestanden habe. Auch sei die Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden. Zum Zeitpunkt des Ergehens der letzten Behördenentscheidung, des Widerspruchsbescheides der ADD vom 8. April 2010, habe die Klägerin keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend gemacht. Die Ausführungen des Gesundheitsamtes Bad Ems böten hierfür keine Anhaltspunkte. Auch die übrigen ärztlichen Bescheinigungen könnten an der Einschätzung der ZMU, sie sei allgemein dienstfähig, nichts ändern.

19

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht versetzbar sei.

20

Die Klägerin beantragt,

21

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 16. Juli 2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 8. April 2010 aufzuheben.

22

Der Beklagte beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Er verteidigt das angefochtene Urteil, das er auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend hält.

25

Der Senat hat Beweis erhoben zu der Frage, ob die Klägerin an einer psychischen Erkrankung leide, die im Fall einer Versetzung von ihrem bisherigen Dienstort in D. zu ihrem neuen Dienstort in L. mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu einer vorübergehenden oder dauerhaften Dienstunfähigkeit führen wird, wenn unterstellt wird, dass sie entweder täglich von ihrem Wohnort zur BBS in L. und zurück fährt oder eine Wohnung in der Nähe des neuen Dienstortes in L. bezieht, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Neurologie Dr. med. B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das aufgrund der Beweisbeschlüsse des Senats vom 5. und 27. März 2013 erstellte forensisch-psychiatrische Gutachten des Sachverständigen vom 7. Oktober 2013 verwiesen (Bl. 390 ff. GA).

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, die Verwaltungs- und Personalakten (vier Hefte) sowie die Gerichtsakte in dem Verfahren 2 B 11143/09.OVG Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

27

Die Berufung hat Erfolg.

28

Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Die Versetzungsverfügung der ADD vom 16. Juli 2009 sowie der Widerspruchsbescheid dieser Behörde vom 8. April 2010 erweisen sich auf der Grundlage der Feststellungen der Amtsärztin des Gesundheitsamtes Bad Ems, Dipl.-Med. H., sowie nach den Einschätzungen des aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 5. und 27. März 2013 beauftragten Sachverständigen Dr. B. als rechtswidrig. Sie sind deshalb aufzuheben.

29

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 33 Abs. 1 Satz 1 des zum Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheides der ADD vom 8. April 2010 noch anwendbaren Landesbeamtengesetzes (LBG) in der Fassung vom 14. Juli 1970 (mit späteren Änderungen). Danach kann eine Landesbeamtin in ein anderes Amt einer Laufbahn, für die sie die Befähigung besitzt, versetzt werden, wenn sie es beantragt oder ein dienstliches Bedürfnis besteht. Eine Versetzung bedarf nach Satz 2 dieser Vorschrift nicht ihrer Zustimmung, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, derselben Laufbahn angehört wie das bisherige Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist.

30

Bei dem Begriff des dienstlichen Bedürfnisses handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der einer vollen Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt. Demgegenüber unterliegt die Prüfung der sich daran anschließenden Frage, ob bei Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses der Dienstherr von seinem dann eröffneten Ermessen in rechtlich haltbarer Weise Gebrauch gemacht hat, einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. § 114 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen hat der Beklagte zwar zutreffend ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung der Klägerin von ihrer bisherigen Schule, der BBS in D., an die BBS in L. angenommen (1.). Er hat jedoch zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, dem Zugang des Widerspruchsbescheides der ADD vom 8. April 2010 (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1968 - 2 C 137.67 -, Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 9), sein Handlungsermessen nicht ausreichend ausgeübt (2.).

31

1. Bei Erlass der angefochtenen Bescheide der ADD vom 16. Juli 2009 und 8. April 2010 lag ein dienstliches Bedürfnis für die Versetzung der Klägerin vor. Denn an ihrer Schule in D. bestand seit 2008 zwischen ihr und den Kollegen H. und M. ein innerdienstliches Spannungsverhältnis, das nach mehreren gescheiterten Versuchen der Streitschlichtung durch den Schulleiter und die Schulaufsichtsbehörde nicht mehr anders als durch die Versetzung aller drei an den Streitigkeiten beteiligten Lehrkräfte zu beheben war. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist es insoweit allgemein anerkannt, dass ein derartiges innerdienstliches Spannungsverhältnis zu einem dienstlichen Bedürfnis für die Versetzung eines oder mehrerer Beamten führen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1967 - 6 C 58.65 -, Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 8; OVG RP, Urteil vom 7. April 2000 - 2 A 12126/99.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP; VGH BW, Urteil vom 6. Mai 1980 - IV 1370/79 -, juris). In solchen Fällen kommt es grundsätzlich nicht auf die Feststellung eines alleinigen oder überwiegenden Verschuldens der beteiligten Beamten an der Entstehung der Streitigkeiten an. Nur wenn ein Beamter offensichtlich ohne eigenes Zutun in eine solche Situation geraten ist, muss geprüft werden, ob ein dienstliches Bedürfnis besteht, gerade ihn zu versetzen (OVG RP, Urteil vom 7. April 2000, a.a.O.). Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt hier jedoch nicht vor.

32

Die Klägerin ist nicht das schuldlose Opfer eines ohne eigenen Verursachungsanteil entstandenen Spannungsverhältnisses geworden. Sie ist – im Gegenteil – eine der Hauptverantwortlichen für die erheblichen innerdienstlichen Spannungen, die nach den nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben des damaligen Schulleiters zu einem „Klima des Misstrauens“ an der Schule führte, in dem unbeteiligte Lehrkräfte und Schüler „als Verbündete rekrutiert“ wurden. Hierdurch entstand eine Gruppenbildung in der Belegschaft der Schule, die das Kollegium spaltete. Es wurde sogar versucht, die Schulleitung „auseinander zu dividieren“ (vgl. hierzu im Einzelnen das Schreiben des Oberstudiendirektors T. an die ADD vom 28. August 2008, Bl. 1 der Verwaltungsakte [VA]).

33

Unstreitig hatte diese Konfliktsituation ihre wesentliche Ursache in dem (von der Klägerin während des gesamten Verfahrens nicht in Abrede gestellte) intimen Verhältnis, das sie mit ihrem – wie sie wusste – verheirateten Kollegen H. eingegangen ist. Dabei gingen beide Lehrkräfte sogar so weit, während einer Dienstreise zusammen ein Doppelzimmer zu beziehen und nach Abschluss des Hospitationsprogrammes in den USA gemeinsam einen Privaturlaub durchzuführen. Nachdem es zwischen beiden Lehrkräften kurz danach zum Zerwürfnis gekommen war, schrieb die Klägerin (auch dies wird von ihr nicht bestritten) einen Brief an die Ehefrau des Kollegen, um – wie sie sich gegenüber Dr. B. ausdrückte – „der guten Frau einmal Bescheid zu sagen, was für ein Arschloch sie an der Backe hat“ (vgl. S. 22 des Gutachtens von Dr. B. vom 7. Oktober 2013). Kurze Zeit später übersandte sie eine von Herrn H. empfangene E-Mail an ihre Kollegin M. (mit der Herr H. eine Fahrgemeinschaft unterhielt) weiter, damit diese „wenigstens ein bisschen“ darüber erfahre, was ihr Mitfahrer über sie denke (Bl. 15 VA). In dieser E-Mail hatte ihr früherer Liebhaber, von der Vertraulichkeit seiner Nachricht ausgehend, sich negativ über aufgelaufene Fehlzeiten seiner Kollegin M. geäußert. Dies sowie die weiteren Vorfälle (vgl. hierzu im Einzelnen Bl. 1 ff. VA) führten dazu, dass sich sowohl die Kollegin M. als auch Herr H. und seine Ehefrau an die Schulleitung der BBS in D. wandten, weil sie sich von der Klägerin belästigt und hintergangen fühlten.

34

Insgesamt kann die Klägerin danach nicht als schuldlos an der dann folgenden Eskalation des Konflikts angesehen werden. Die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde, zur Wiederherstellung des Schulfriedens und zur Vermeidung etwaiger Schuldzuweisungen an eine der Streitparteien ohne weitere Prüfung des Verschuldensanteils alle drei Lehrkräfte an andere Schulen zu versetzen, ist nicht nur in hohem Maße nachvollziehbar, sie war im Hinblick auf das Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses – gerade auch in Bezug auf die Klägerin – rechtmäßig. Denn sie ist schon nach ihrem eigenen Vorbringen (wie auch nach der dokumentierten Aktenlage) keinesfalls ohne eigenes Verschulden in diesen Konflikt hineingezogen worden.

35

Mit dem aktenkundigen bzw. von der Klägerin eingestandenen Verhalten lässt sich die von ihr dem Sachverständigen Dr. B. geschilderte „Opferrolle“, nach der ihre geplante Versetzung eine „Bestrafung“ und das Ergebnis einer „Intrige“ sei (S. 18, 19 und 22 des Gutachtens vom 7. Oktober 2013), offensichtlich nicht in Einklang bringen. Eine solche Annahme ist schon deshalb abwegig, weil (dem in solchen Fällen üblichen Verfahren entsprechend) zuvor sogar die beiden anderen Streitbeteiligten versetzt wurden. Während Frau M. und Herr H.

36

– ihrer dienstlichen Verantwortung gegenüber der BBS D. nachkommend – die (einzig richtige) Maßnahme der Schulaufsichtsbehörde, nämlich die Versetzung aller Beteiligten ohne Klärung der Schuldfrage, widerspruchslos akzeptierten und damit den Schulfrieden wiederherstellten, reagierte die Klägerin (ihrem von den Gutachtern festgestellten Charakter entsprechend) mit dem Hinweis, da die beiden anderen Beteiligten zwischenzeitlich versetzt worden seien, könne sie nun bleiben (vgl. ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 3. August 2009, Bl. 7 der Gerichtsakte in dem Verfahren 6 L 853/09.KO). Dass ein derart eigennütziges Verhalten beim Beklagten und einem Teil der Kollegen in der BBS D. auf Unverständnis stößt, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erläuterung.

37

2. Auch wenn hiernach wegen des Vorliegens eines dienstlichen Bedürfnisses die Tatbestandsvoraussetzungen von § 33 Abs. 1 LBG vorliegen und deshalb allein unter diesem Gesichtspunkt auch keine Veranlassung für eine Aufhebung der angefochtenen Bescheide des Beklagten bestünde, so ist der Klage gleichwohl der Erfolg nicht zu versagen. Denn der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebliche Widerspruchsbescheid der ADD vom 8. April 2010 leidet an einem – der Kontrolle durch den Senat unterliegenden – Ermessensfehler (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Die Klägerin durfte trotz des eindeutigen Vorliegens dienstlicher Gründe nicht an die BBS in L. versetzt werden, weil sie psychisch krank ist und diese Erkrankung Einfluss auf ihre Versetzungsfähigkeit hat. Dies ist vom Dienstherrn im Rahmen seines auf der Rechtsfolgenseite eingeräumten Ermessens aus Fürsorgegründen zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1968, a.a.O.; Urteil vom 13. Februar 1969 - 2 C 114.65 -, Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 11; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23. November 1994 - 3 M 66/94 -, juris; Plog/Wiedow/Lemhöfer, BBG, Loseblattkommentar, Stand September 2013, § 26 BBG Rn. 30e). Da die schwerwiegende psychiatrische Erkrankung der Klägerin ihre Ursache in ihrer Persönlichkeitsstruktur hat, lag sie auch zum Zeitpunkt des Zugangs des Widerspruchsbescheides des Beklagten bereits vor.

38

Das folgt einerseits aus den Feststellungen des von der ZMU mit der Erstellung eines psychiatrischen Fachgutachtens beauftragten Oberarztes in der Dr. von E. Klinik, Dr. H., die dieser in seinem für die ZMU erstellten Gutachten vom 10. August 2011 getroffen hat (Bl. 453 ff. GA). Zum anderen ergibt sich dies aus den Ausführungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. B. in seinem Gutachten vom 7. Oktober 2013 (Bl. 389 ff. GA). Danach ist bei der Klägerin im Fall ihrer Versetzung an die BBS in L. wegen ihrer hochgradig irrationalen Fehlverarbeitung des von ihr mitverursachten Konflikts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer Erkrankung zu rechnen, die zu einer – möglicherweise sogar dauerhaften – Dienstunfähigkeit führen wird (S. 46, 58 und 61 des Gutachtens vom 7. Oktober 2013).

39

Von einer weitergehenden Beweisaufnahme, wie vom Beklagten angeregt, sieht der Senat ab. Das Sachverständigengutachten beruht zwar auf einem unvollständig ermittelten Sachverhalt und es werden auch zum Teil nicht zulässig juristische Schlüsse gezogen (a). Das Gutachten erweist sich dennoch im Ergebnis als verwertbar (b).

40

a) Soweit es die Auswertung der Aktenlage in medizinischer Hinsicht betrifft, hat der Sachverständige seine fachliche Einschätzung in ausreichendem Maße auf die in den Akten enthaltenen Vorbefunde gestützt. Auch hat er weitere ärztliche Stellungnahmen angefordert. Insbesondere hat er das vollständige Gutachten des Oberarztes in der Dr. von E. Klinik, Dr. H., vom 10. August 2011 herangezogen, um sich ein Bild über die psychiatrische Erkrankung der Klägerin zu machen. Schließlich hat er, soweit erforderlich, auch den organischen Befund erhoben.

41

Dagegen hat der Sachverständige bei der Erhebung der psychiatrischen Symptomatik überwiegend die Schilderung der Klägerin als gegeben unterstellt, ohne sich über den Wahrheitsgehalt ihrer Äußerungen, beispielsweise durch eine ergänzende Befragung der anderen an dem Konflikt beteiligten Lehrkräfte und/oder eines Vertreters der Schulleitung bzw. der Schulaufsichtsbehörde, zu vergewissern. So findet schon seine (juristische) Bewertung, der Klägerin sei von Herrn H. und Frau M. ein zweifacher Mordversuch unterstellt worden, in der von ihm dargestellten Konsequenz keine Entsprechung in den Akten.

42

Vor allem aber erweist sich die nicht weiter begründete Annahme des Sachverständigen, nach „psychiatrischer Erfahrung“ sei der Konflikt durch Fluktuation von Lehrern aufgrund von Pensionierungen und Versetzungen seit 2008 mittlerweile im Lehrerkollegium in der Schule „durch andere Alltagssorgen und Probleme vollkommen in den Hintergrund getreten“, so dass es aus Sicht des Sachverständigen wünschenswert wäre, wenn die Klägerin wieder an der Schule in D. eingesetzt werden könnte (S. 62 des Gutachtens vom 7. Oktober 2013) nach der hierzu vom Beklagten vorgelegten Stellungnahme der Schulaufsichtsbehörde als nicht haltbar. Im Gegensatz zu den Mutmaßungen des Sachverständigen belegt – im Gegenteil – die nach Erhalt des Gutachtens erfolgte Befragung der Schulleitung der BBS D. das von der ADD erwartete „Wiederaufleben“ des Konflikts (Schriftsatz vom 4. November 2013, Bl. 469 GA).

43

In dieser Stellungnahme weist die Schulleitung darauf hin, dass bei einer Rückkehr der Klägerin an die frühere Schule nicht von einer Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes ausgegangen werden könne. Ob die Klägerin mit der bei ihr vorliegenden „schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung“ (S. 57 des Gutachtens vom 7. Oktober 2013) tatsächlich in der Lage sein wird, trotz jetzt fehlender Vertrauensperson in der Schulleitung und in Anbetracht der nach Darstellung des Beklagten nach wie vor bestehenden erheblichen Vorbehalte wegen ihres bisherigen Verhaltens einen Neuanfang zu schaffen, erscheint zweifelhaft. Es steht vielmehr zu befürchten, dass bei einer Rückkehr an die BBS in D. erneut erhebliche Fehlzeiten wegen „psychischer Fehlverarbeitungen“ von beruflichen Konflikten eintreten werden, wenn ihr nicht genehme Dienstanweisungen erteilt werden oder sonstige Probleme mit Kollegen auftreten.

44

b) Dies ändert allerdings nichts an der – mit juristischen Mitteln nicht widerlegbaren – zentralen psychiatrischen Einschätzung des Sachverständigen. Danach leidet die Klägerin unabhängig von der Frage der Verursachung des Konfliktes an einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung im Sinne einer „affektiven Störung nach ICD-10 F 38.8“, die infolge einer hochgradigen emotionalen Fehlverarbeitung des beruflichen Konfliktes entstand. Ihre massive emotionale Instabilität und die hierdurch entstandene „histrionische“ (d. h. egozentrische und theatralisch überzogene) Verarbeitung des – an sich nicht außergewöhnlichen – beruflichen Konflikts konnte der Beklagte auch nach Auffassung des Sachverständigen bei Erlass des Versetzungsbescheides nicht vorhersehen (vgl. S. 44, 46, 55 und 57 des Gutachtens vom 7. Oktober 2013).

45

Diese Schlussfolgerungen sind juristisch nicht angreifbar. Der Sachverständige hat seine Erkenntnisse auf der Grundlage der Befragung der Klägerin, unter Einbeziehung der Äußerungen des Gesundheitsamtes des Rhein-Lahn-Kreises, sowie des Gutachtens von Dr. H. gewonnen. Seine fachliche Einschätzung wird überdies von weiteren amtsärztlichen Stellungnahmen der ZMU (Dr. R. vom 25. August 2011 und Dr. S. vom 29. Juni 2012) im Ergebnis bestätigt. Alle mit der Untersuchung der Klägerin befassten Mediziner haben ein depressives und gestörtes Verhalten der Klägerin festgestellt, das bei einem Vollzug der Versetzung aufbrechen („dekompensieren“) würde. Dies erscheint auch dem Senat nachvollziehbar, eröffnete die Klägerin doch den Sachverständigen sogar, sie würde eine Selbsttötung „ernsthaft in Erwägung“ ziehen, sollte sie gezwungen werden, an die BBS in L. zu wechseln (vgl. Gutachten Dr. H. vom 10. August 2011, S. 2). Die danach vom Sachverständigen Dr. H. gezogene Schlussfolgerung, dass bei der Klägerin offensichtlich „zwanghaft-rigide und paranoid-querulatorische Persönlichkeitszüge zum Tragen“ kommen, ist in Anbetracht der gegenüber mehreren Sachverständigen geäußerten suizidalen Absichten nicht von der Hand zu weisen. Es muss deshalb mit den Gutachtern davon ausgegangen werden, dass die Klägerin tatsächlich an einer erheblichen psychiatrischen Erkrankung leidet. Da diese Erkrankung – wie beide Sachverständige betonen – ursächlich mit der Persönlichkeitsstruktur der Klägerin zusammenhängt, bestand diese Krankheit auch schon zum Zeitpunkt des Zugangs des Widerspruchsbescheides.

46

Ein weiteres „Obergutachten“, wie vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung angeregt, kommt nicht in Betracht. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen können im Ergebnis, wie dargelegt, nicht in Zweifel gezogen werden. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die von der Klägerin seit Jahren geltend gemachten psychischen Probleme, die sie erleide, wenn sie eine – jedem Landesbeamten zumutbare und von vielen Bediensteten täglich vielfach geleistete – „Belastung“ eines längeren Anfahrtsweges zur neuen Dienstelle auf sich nehmen müsse, nicht nachvollziehbar sind. Dies hat jedoch auch Dr. B. gesehen, räumt er doch selbst ein, dass eine solche Verhaltensweise für Außenstehende „nicht nachvollziehbar“ ist (vgl. S. 58 des Gutachtens vom 7. Oktober 2013). Sie ist somit das Ergebnis einer durch ihre „zwanghaft-rigide“ und „querulatorisch-paranoide“ Wesensart entstandene Fehlverarbeitung (S. 6 des Gutachtens von Dr. H.), durch die sie der Versetzung eine irrationale Bedeutung beigemessen hat. Damit leidet sie persönlichkeitsbedingt an einer schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung (vgl. S. 57 des Gutachtens vom 7. Oktober 2013).

47

Soweit Dr. B. in seinem vorerwähnten Gutachten nicht nur eine vorübergehende, sondern sogar eine dauerhafte Dienstunfähigkeit im Falle einer Versetzung der Klägerin annimmt, bedarf es – entgegen der Auffassung des Beklagten – keiner weiteren Beteiligung der ZMU als die für diese medizinische Beurteilung zuständige Begutachtungsstelle. Bei den medizinischen Einschätzungen von Dr. B. handelt sich nicht um ein „Parteigutachten“, sondern um das Gutachten eines gerichtlich beauftragten Sachverständigen, gegen dessen Bestellung auch der Beklagte im Vorfeld keine Einwände erhob. Anhaltspunkte für die Annahme, das Gutachten sei durch in der Person des Gutachters liegende Gründe nicht oder nicht vollständig verwertbar, bestehen nicht. Sie werden auch vom Beklagten nicht substantiiert geltend gemacht.

48

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

49

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 Zivilprozessordnung.

50

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bzw. § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz bezeichneten Art nicht vorliegen.

51

Beschluss

52

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.