Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Mai 2015 - M 5 E 15.1358

published on 20/05/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Mai 2015 - M 5 E 15.1358
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Gericht

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Tenor

I.

Dem Antragsgegner wird untersagt, die Stelle der Rektorin der Grundschule S. mit der Beigeladenen zu besetzen (kommissarisch oder endgültig), bevor über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden worden ist.

II.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die am ... geborene Antragstellerin ist seit dem 1. August 2014 Rektorin (Besoldungsgruppe A 13 + Z) der Grundschule N. und bereits seit dem 1. August 2013 mit dieser Funktion betraut. In der letzten dienstlichen periodischen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2014 wurde der Antragstellerin das Gesamtprädikat „Leistung, die die Anforderungen übersteigt (UB)“ zuerkannt.

Mit Ausschreibung vom ... Februar 2015 wurde im ... die Funktionsstelle einer Rektorin an der Grundschule S. (Besoldungsgruppe A 13 + Z) ausgeschrieben. Ausweislich der angeführten Hinweise sollte das Auswahlverfahren in der Regel nach dem Leistungsprinzip erfolgen. Soweit sich für eine Funktionsstelle sowohl Versetzungs- als auch Beförderungsbewerber bewerben würden, würden Versetzungsbewerber dann grundsätzlich vorrangig berücksichtigt, wenn die Versetzung aus dienstlichen Gründen geboten sei oder (zwingende) private Gründe für die Versetzung vorlägen. Ansonsten erfolge die Auswahlentscheidung unter Einbeziehung auch der Versetzungsbewerber nach dem Leistungsprinzip. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass erwartet werde, dass die Bewerber die Tätigkeit in der angestrebten Funktionsstelle als Rektor mindestens drei Jahre ausübten.

Die Antragstellerin bewarb sich neben der Beigeladenen mit Schreiben vom ... Februar 2015 und gab als Gründe für die gewünschte Versetzung an, dass sie sich mit ihrer Stellvertreterin überworfen habe und die angestrebte Stelle überdies eine bessere Vereinbarkeit mit der Betreuung ihrer Kinder bedeute. Außerdem ergäbe sich eine Zeitersparnis sowie ein finanzieller Vorteil für sie.

Die Beigeladene steht als Lehrerin (Besoldungsgruppe A 12) in den Diensten des Antragsgegners und ist an der Grundschule S. tätig. In der letzten dienstlichen periodischen Beurteilung zum Stichtag 31. Dezember 2014 wurde der Beigeladenen das Gesamturteil „Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt (BG)“ zuerkannt.

Mit Besetzungsvermerk vom 2. März 2015 entschied sich der Antragsgegner, die ausgeschriebene Stelle der Beigeladenen zu übertragen. Sie erfülle die Beförderungsrichtlinien. Die Antragstellerin sei erst seit August 2013 an der Grundschule N. und damit noch keine drei Jahre im Amt. Eine Kontinuität in der Amtsführung - auch hinsichtlich des geplanten Schulhausneubaus - wäre nicht mehr gegeben. Auf die innerschulischen Konflikte habe das Staatliche Schulamt bereits reagiert. Die persönlichen Gründe für die Versetzung kämen außerdem nicht zum Tragen, weil die Antragstellerin sich mehrfach auf Schulen in der Umgebung beworben und dabei die Folgen bewusst in Kauf genommen hatte. Die dienstliche Notwendigkeit der Fortsetzung ihrer Amtsführung wirke schwerer als die angegebenen persönlichen Gründe.

Der Bezirkspersonalrat stimmte der Übertragung der Stelle an die Beigeladene mit Schreiben vom ... März 2015 zu.

Der Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 26. März 2015 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Stelle der Beigeladenen zu übertragen. Maßgeblich für die Auswahlentscheidung seien die Beförderungsrichtlinien sowie das am Wettbewerbsprinzip orientierte Auswahlverfahren der Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Die Auswahlentscheidung habe sich in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen. Unter Anwendung dieser Grundsätze sei die Entscheidung auf die Beigeladene gefallen.

Dagegen ließ die Antragstellerin mit Schriftsatz vom ... April 2015 Widerspruch einlegen, über den noch nicht entschieden wurde.

Mit Schriftsatz vom ... April 2014, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit folgendem Inhalt beantragt:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Stelle der Rektorin der Grundschule S. bis zur bestandskräftigen Entscheidung der Hauptsache nicht (kommissarisch oder endgültig) mit einer anderen Bewerberin als der Antragstellerin zu besetzen.

Die Antragstellerin sei wegen ihrer Erfahrung als Schulleiterin der Beigeladenen vorzuziehen. Ein Leistungsvergleich habe überhaupt nicht stattgefunden. Darüber hinaus lägen dienstliche und persönliche Gründe für die Versetzung der Antragstellerin vor. Ein Anordnungsgrund bestünde, weil beabsichtigt sei, die Stelle der ausgewählten Beamtin zu übertragen.

Mit Schreiben vom 15. April 2015 hat die Regierung von O. für den Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es lägen weder dienstliche noch private Gründe für eine Versetzung der Antragstellerin vor. Die Verweildauer an der Schule sei auch in der Ausschreibung für die jetzige Stelle der Antragstellerin bereits ausweislich der Vorgaben im Schulanzeiger (4/2013) maßgeblich gewesen.

Da die Beigeladene in einer niedrigeren Besoldungsgruppe als die Antragstellerin über ein höheres Prädikat verfüge, sei keine echte Vergleichbarkeit mit der Antragstellerin gegeben. Daher habe auf andere Gründe zurückgegriffen werden müssen und die dienstlichen Gründe für den Verbleib an der Schule seien ausschlaggebend gewesen.

Mit Beschluss vom 17. April 2015 wurde die ausgewählte Beamtin zum Verfahren beigeladen. Sie hat mit Schreiben vom 30. April 2015 beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie habe bereits die stellvertretende Schulleitung inne. Die Leitung der Schule sei ihr inzwischen auch kommissarisch übertragen worden, wodurch sie zeige, dass sie über die notwendigen Fähigkeiten verfüge.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig und begründet.

1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d. h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerin hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.

2. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Ein solcher ist nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum sogenannten Beförderungsdienstposten dann gegeben, wenn der Dienstherr durch eine nicht auf einen bestimmten Adressatenkreis (etwa nur Versetzungs- und Umsetzungsbewerber) beschränkte Stellenausschreibung diese auch für Bewerber um höherwertige Dienstposten öffnet (VG Würzburg, B. v. 17.10.2014 - W 1 E 14.707 - juris Rn. 22). Solche Bewerber, die sich im Vergleich zur Wertigkeit der ausgeschriebenen Stelle in einem niedrigeren statusmäßigen Amt befinden, sind Beförderungsbewerber. Hat der Dienstherr nun den Dienstposten sowohl für Versetzungs- bzw. Umsetzungsbewerber als auch für Beförderungsbewerber ausgeschrieben, so muss er die Auswahl des Bewerbers, dem der Dienstposten übertragen werden soll, unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG vornehmen (BVerwG, U. v. 25.11.2004 - 2 C 17/03 - juris Rn. 16 ff.). Durch die Übertragung des Dienstpostens auf einen Beförderungsbewerber erlangt dieser eine Position, die bei Wiederholung der Auswahlentscheidung zum Nachteil des Mitbewerbers berücksichtigt werden kann. Denn der Beförderungsbewerber könnte einen faktischen Bewährungsvorsprung erlangen. Mit der nominellen Übertragung der Funktion wird sein Stand gestärkt und der Status quo verfestigt (BayVGH, B. v. 4.2.2009 - 3 CE 08.2852 - juris). Zu berücksichtigen ist auch, dass sich durch den Zeitablauf während eines gerichtlichen Verfahrens bei allen in die engere Auswahl einbezogenen Bewerbern entscheidungsrelevante Änderungen ergeben können. Jedenfalls nach längerer Zeit erscheint die quasi künstliche Ausblendung solcher Entwicklungen wirklichkeitsfremd und könnte bei einer späteren, neuen Auswahlentscheidung zu Ergebnissen führen, die zu dem Zeitpunkt, in dem der streitbefangene Dienstposten endgültig besetzt werden kann, mit dem Grundsatz der Bestenauslese nicht mehr vereinbar wären. Die Verneinung eines Anordnungsgrundes widerspricht dann dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, wenn die Tätigkeit des Konkurrenten auf dem streitigen Dienstposten trotz der Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung bei deren Wiederholung zum Nachteil des unterlegenen Beamten berücksichtigt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 30.9.2009 - 3 CE 09.1879; B. v. 4.2.2009 - 3 CE 08.2852 - juris; B. v. 11.12.2006 - 3 CE 06.3004 - juris Rn. 19).

Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass die Beigeladene durch den Aufgabenwechsel einen Erfahrungs- und Bewährungsvorsprung in der konkreten Tätigkeit als Rektorin der Grundschule S. im Vergleich zur Antragstellerin erzielen würde, der im Fall einer erneuten Auswahlentscheidung, die gegebenenfalls erst aufgrund eines länger dauernden Hauptsacheverfahrens durchzuführen wäre, zugunsten der Beigeladenen berücksichtigt würde. Demgegenüber verkürzt eine einstweilige Anordnung diese Zeit und führt eine schnellere - der maßgeblichen Ausgangssituation zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen Auswahlentscheidung gerecht werdende - Klärung der Rechtslage herbei (vgl. BayVGH, B. v. 11.12.2006, a. a. O.). Daran ändert nichts, dass die Beigeladene bereits jetzt die Stellvertretung der Schulleitung inne hat, denn der Aufgabenbereich einer endgültigen oder kommissarischen Schulleitung geht über die stellvertretende Leitung weit hinaus.

3. Der Antragstellerin steht auch ein Anordnungsanspruch zur Seite. Das von dem Antragsgegner durchgeführte Stellenbesetzungsverfahren lässt nicht in genügendem Maße erkennen, dass die Grundsätze der Bestenauslese in einer die Prognose rechtfertigenden Weise eingehalten wären, die Antragstellerin werde in dem Hauptsacheverfahren ohne Erfolg bleiben. Bei einer erneuten Auswahl erscheint ihre Bestellung möglich.

Die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung ist nach dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Bayern/BV, § 9 des Beamtenstatusgesetzes/BeamtStG, Art. 16 Abs. 1 Satz 1 des Leistungslaufbahngesetzes/LlbG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen. Kommen mehrere Bewerber für einen höherwertigen Dienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Diese Regeln der Bestenauslese dienen vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Stellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Bewerbers an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher Anspruch auf eine rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, B. v. 20.6.2013 - 2 VR 1/13 - juris Rn. 20; BayVGH, B. v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2470 - juris Rn. 30). Auch für die Antragstellerin, obwohl sie nicht Beförderungsbewerberin, sondern lediglich Versetzungsbewerberin ist, gelten die Regeln der Bestenauslese, weil sich der Antragsgegner hier - durch den Hinweis im Schulanzeiger unter 2.4 - dafür entschieden hat, Beförderungs- und Versetzungsbewerber gleich zu behandeln (vgl. BVerwG, U. v. 25.11.2004 - 2 C 17/03 - NVwZ 2005, 702).

Hiervon ausgehend ist im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zugunsten der Beigeladenen rechtlich zu beanstanden.

a) Die Auswahlentscheidung ist fehlerhaft, weil der Antragsgegner sie zu Unrecht auf die verbrachte Dienstzeit im Amt gestützt hat.

Der Dienstherr bestimmt primär im Rahmen seines organisatorischen Ermessens, welche Eignungsvoraussetzungen (Anforderungsprofil) der zukünftige Stelleninhaber erfüllen muss (BVerwG, B. v. 25.10.2011 - 2 VR 4.11 - juris Rn. 27 ff.; BayVGH, B. v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 76 ff.). Erfüllt ein Bewerber auch nur eines der vom Dienstherrn als zwingend vorausgesetzten Qualifikationsmerkmale nicht (sog. konstitutives oder besonderes Anforderungsprofil), so bleibt seine Bewerbung unberücksichtigt, unabhängig davon, wie er beurteilt worden ist (BVerwG, U. v. 16.8.2001 - 2 A 3/00 - BVerwGE 115, 58).

Das konstitutive, spezielle Anforderungsprofil zeichnet sich dadurch aus, dass es für die Bestenauslese einen ganz neuen, von den dienstlichen Beurteilungen jedenfalls vom Ausgangspunkt her abgekoppelten Maßstab enthält. Bei diesem speziellen Anforderungsprofil einerseits und den dienstlichen Beurteilungen andererseits handelt es sich vom Ansatz her um unterschiedliche Modelle und Maßstäbe für die Auswahl nach dem Leistungsprinzip. Dieser absolut wirkenden Ausschlussfunktion entspricht es auch, dass konstitutive Anforderungsprofile nur aus besonderem Grund in ein Auswahlverfahren eingeführt werden dürfen, so etwa, wenn der zu besetzende Dienstposten spezielle Eignungsanforderungen stellt, die nicht durch den Inhalt der dienstlichen Beurteilungen umfassend abgedeckt sind (BVerwG, B. v. 20.6.2013 - 2 VR 1/13 - BVerwGE 147, 20;). Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist jedoch fraglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 16.8.2001 - 2 A 3/00 - BVerwGE 115, 58) legt der Dienstherr durch die Bestimmung des Anforderungsprofils die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest. Für das jeweilige Auswahlverfahren bleibt diese Dienstpostenbeschreibung verbindlich. Der Dienstherr ist an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden. Ob er seine eigenen Auswahlkriterien beachtet hat, unterliegt auch in vollem Umfang gerichtlicher Kontrolle (BayVGH, B. v. 21.11.2011 - 3 ZB 08.2715 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen lag ein konstitutives Anforderungsprofil nicht vor. Grundlage der Auswahlentscheidung waren die Ausschreibung im oberbayerischen Schulanzeiger sowie die Richtlinien für die Beförderung von Lehrkräften und Förderlehrkräften an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 18.3.2011). Nach Ziffer 2.2 ist ein besonderes Anforderungsprofil aufzunehmen, wenn es ein wesentliches Qualifikationsmerkmal darstellt, das sich nicht bereits aus dem Amt selbst oder aus anderweitigen Regelungen ergibt.

Der unter 2.2 im Schulanzeiger 2/2015 aufgenommene Hinweis, dass erwartet werde, dass der Bewerber die Stelle als Rektor mindestens drei Jahre ausübe, kann aber nicht als konstitutives Anforderungsprofil verstanden werden. Dieser Hinweis ist lediglich für die Zukunft formuliert und enthält keine Maßgaben hinsichtlich des Zeitraums, den eine Lehrkraft bereits jetzt an einer Schule verbracht haben muss. Es ist weder grammatikalisch noch systematisch ersichtlich, dass eine bereits erfolgte Tätigkeit in der Funktionsstelle als Rektor die Voraussetzung dafür bilden soll, in den engeren Bewerberkreis aufgenommen zu werden, innerhalb dessen nach dem Leistungsgrundsatz abgestuft wird. Dass in einer vorherigen Stellenausschreibung eine ebensolche Voraussetzung aufgestellt wurde, kann für das vorliegende Verfahren nicht herangezogen werden. Denn ansonsten könnte der Dienstherr ein einmalig aufgestelltes, konstitutives Anforderungsprofil für jede künftige Stellenbesetzung gelten lassen.

Ferner legen auch die Einlassungen des Antragsgegners nahe, dass er nicht von einem zwingenden Anforderungsprofil ausgeht. Denn dargelegt wird zwar, dass die Antragstellerin die im Schulanzeiger aufgestellten Vorgaben nicht erfülle, aber eine weitere Prüfung der dienstlichen und privaten Gründe wird dennoch vorgenommen. Auch die Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen der Bewerberinnen wird thematisiert. Zudem wird im Ablehnungsschreiben an die Antragstellerin vom 26. März 2015 allein auf die dienstlichen Beurteilungen, nicht aber auf ein etwaiges Anforderungsprofil abgestellt. Insofern ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsgegner von einem solchen ausging.

Im Übrigen ist fraglich, ob die Vorgaben im oberbayrischen Schulanzeiger in rechtlicher zulässiger Weise aufgestellt wurden (BVerwG, B. v. 20.6.2013 - 2 VR 1/13 - BVerwGE 147, 20 - juris Rn. 31 ff.). Das kann jedoch offen bleiben, da damit kein konstitutives Anforderungsprofil aufgestellt wurde.

b) Nach alledem hat der Antragsgegner zu Unrecht die dienstlichen Beurteilungen bei der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigt.

Es überzeugt nicht, dass im Schreiben vom 26. März 2015 an die Antragstellerin die dienstlichen Beurteilungen und die „Superkriterien“ sowie Personalauswahlgespräche erwähnt werden. Eine Auswahl anhand der dienstlichen Beurteilungen hat der Antragsgegner gleichwohl weder getroffen noch dokumentiert. Leistungsgesichtspunkte finden sich im Besetzungsvermerk vom ... März 2015 nicht. Zwar ist eine Übersicht der Beurteilungsergebnisse angefügt, allerdings werden keinerlei Ausführungen zu den unterschiedlichen Statusämtern und die im jeweiligen Amt erbrachten Leistungen der Konkurrentinnen gemacht. Wenn der Antragsgegner davon ausging, dass dienstliche oder zwingende private Gründe auf Seiten der Antragstellerin als Versetzungsbewerberin nicht vorlagen, so wäre er an seine eigenen Vorgaben im oberbayrischen Schulanzeiger gebunden gewesen (Ziffer 2.4 und 2.1) und hätte eine Auswahlentscheidung anhand des Leistungsprinzips treffen müssen.

Beim Vergleich der Konkurrenten müssen die zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sein. Dies ist in der Regel der Fall, wenn diese Beurteilungen im gleichen Statusamt erzielt worden sind. Vorliegend sind die maßgeblichen aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht unmittelbar vergleichbar, da die Antragstellerin sich im höheren Statusamt befand (dazu BayVGH, B. v. 24.4.2009 - 3 CE 08.3152 - juris, Rn. 29 f.). Der Dienstherr hat in seiner Besetzungsentscheidung unbeachtet gelassen, dass die Antragstellerin zwar ein niedrigeres Gesamtprädikat als die Beigeladene erhalten hat, dies ihr aber im höheren Statusamt zuerkannt wurde. Da mit einem höheren Amt regelmäßig auch gesteigerte Anforderungen und ein größeres Maß an Verantwortung verbunden sind (BVerfG, B. v. 11.5.2011 - 2 BvR 764/11 - juris), hätte der Antragsgegner darlegen müssen, wie er die Leistungen der Bewerberinnen in den unterschiedlichen Statusämtern bewertet und ob sich möglicherweise sogar ein Leistungsvorsprung zugunsten der Antragstellerin ergibt.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist es nicht nur möglich, sondern sogar geboten, im Rahmen des Leistungsgrundsatzes die dienstlichen Beurteilungen vor anderen Erwägungen zur Auswahlentscheidung heranzuziehen. Ein Rückgriff auf sonstige Gründe darf nur im Falle einer wesentlich gleichen Beurteilungslage vorgenommen werden, nachdem die Beurteilungen inhaltlich ausgeschöpft wurden (BayVGH, B. v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2469 - juris).

c) Zweifelhaft ist im Übrigen, ob die Regierung von O. ihre Auswahlerwägungen ausreichend schriftlich dokumentiert und fixiert hat. Aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (BVerfG, B. v. 9.7 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178/1179; BayVGH, B. v. 21.1.2005 - 3 CE 04.2899 - NVwZ-RR 2006, 346; VG München, U. v. 29.4.2014 - M 5 K 12.6074 - juris).

Vorliegend wird im Besetzungsvermerk vom ... März 2015 lediglich knapp dargestellt, aus welchen Gründen die zwingenden persönlichen und dienstlichen Gründe für eine Versetzung der Antragstellerin nicht vorliegen. Erwägungen zugunsten der Beigeladenen werden nicht angestellt, auch ein Leistungsvergleich, der über eine tabellarische Aufstellung der Beurteilungsergebnisse hinausgeht, fehlt.

4. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zur Hälfte zu tragen. Da die Beigeladene erfolglos einen Antrag gestellt hat, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten hälftig auch ihr aufzuerlegen, § 154 Abs. 3 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Annotations

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Bundesrichtern und anderen Mitgliedern. Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes werden je zur Hälfte vom Bundestage und vom Bundesrate gewählt. Sie dürfen weder dem Bundestage, dem Bundesrate, der Bundesregierung noch entsprechenden Organen eines Landes angehören.

(2) Ein Bundesgesetz regelt seine Verfassung und das Verfahren und bestimmt, in welchen Fällen seine Entscheidungen Gesetzeskraft haben. Es kann für Verfassungsbeschwerden die vorherige Erschöpfung des Rechtsweges zur Voraussetzung machen und ein besonderes Annahmeverfahren vorsehen.

Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.