Verwaltungsgericht München Beschluss, 15. Apr. 2014 - 3 E 13.4068

published on 15/04/2014 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 15. Apr. 2014 - 3 E 13.4068
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragspartei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 2500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragspartei begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung letztlich die vorläufige Zulassung zum Studium Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) im Wintersemester 2013/2014 an der ...Universität ... (...) im 1. Fachsemester.

Zur Begründung lässt die Antragspartei vortragen, es seien weitere Kapazitäten vorhanden.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Es sei kein Zulassungsanspruch glaubhaft gemacht worden; die Kapazität im Studiengang Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) sei bereits ausgelastet bzw. sogar überbucht.

Mit seiner Stellungnahme legte der Antragsgegner die nach der Hochschulzulassungsverordnung - HZV - erstellten Berechnungen für den Berechnungszeitraum 2013/2014 sowie die Immatrikulationsstatistik vom 22. November 2013 vor.

Danach hat die ... im Studiengang Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) -Hauptfach- in § 1 Abs. 1 der Satzung der...Universität ... über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2013/14 als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahlsatzung 2013/14) vom 12. Juli 2013 in Verbindung mit der Anlage folgende Zulassungszahlen festgesetzt:

Fachsemester:

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Wintersemester 2013/14

502

0

430

0

519

0

Σ =1451

Tatsächlich sind nach der Studentenstatistik vom 22. November 2013 im Wintersemester 2013/2014 im 1. bis 10. Fachsemester des Studiengangs Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) -Hauptfach- insgesamt 2142 Studierende eingeschrieben, wie folgende Übersicht zeigt:

Fachsemester:

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Studenten/innen

700

5

425

177

472

138

193

22

10

0

Σ = 2142

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten, insbesondere den vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst überprüften Datenerhebungsformularsatz - DEFS - für das Studienjahr 2013/2014, die Stellungnahmen der ... vom 29. November 2013, 28. Februar 2014 und 6. März 2014 sowie auf die Immatrikulationsstatistik der ... (Stand 22.11.2013) Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Kammer sieht es aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen, aber wegen der Effektivität des Rechtsschutzes notwendigerweise eingehenderen Prüfung der vom Antragsgegner vorgelegten Kapazitätsberechnung für den Studiengang Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) im Berechnungszeitraum 2013/2014 (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.3.2004, Az. 1 BvR 356/04) als überwiegend wahrscheinlich an, dass die 700 Studienplätze kapazitätsdeckend vergeben wurden und dass an der ... Universität ... im Studiengang Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) im Wintersemester 2013/2014 im 1. Fachsemester über die Zahl der von der ... tatsächlich zugelassenen 700 Studenten/innen hinaus keine weiteren freien Studienplätze mehr vorhanden sind.

Die für die Überprüfung maßgeblichen Rechtsvorschriften sind die Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (Hochschulzulassungsverordnung - HZV -) vom 18. Juni 2007 (GVBl S. 401) und die Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LUFV -) vom 14. Februar 2007 (GVBl S. 201).

Unter Zugrundelegung dieser Vorschriften ergibt die Überprüfung der Berechnung Folgendes:

1. Lehrangebot:

a) Professoren

In der Gruppe der Professoren sind 18 Stellen vorhanden, die alle mit dem Deputat von je 9 Semesterwochenstunden - SWS - in die Berechnung einzustellen sind (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 LUFV). Es ergibt sich somit ein Deputat von 162 SWS. Eine Erhöhung des Gesamtdeputats war trotz des Wegfalls einer Professorenstelle im Vergleich zum Vorjahr nicht erforderlich, weil die weggefallene Stelle aufgrund der erhöhten Lehrnachfrage durch einen doppelten Abiturjahrgang im Zulassungszeitraum 2011/2012 als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch vorübergehend zusätzlich für einen einzigen Lehrstuhl eingerichtet worden war und damit nunmehr wieder eingezogen werden konnte.

Die vorgenommenen Ermäßigungen der Lehrverpflichtungen des Dekans, des Studiendekans und für die Studienberatung sind nicht zu beanstanden. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. 3 LUFV i. V. m. § 46 Abs. 2 HZV sieht die Ermäßigungsmöglichkeit bis zu 50 bzw. 25 v. H. als Ausgleich für das Amt eines nicht hauptberuflichen Dekans bzw. Studiendekans vor. Demgemäß konnte das Deputat des Dekans Prof. R. um 3 LVS und das Deputat des Studiendekans Prof. Sch. um 2 LVS ermäßigt werden. Auch die Lehrverpflichtung des Studienberaters Prof. E. durfte gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LUFV i. V. m. § 46 Abs. 2 HZV um bis zu 25 v. H. ermäßigt werden, so dass auch die insoweit vorgenommene Verminderung um 2 LVS nicht zu beanstanden ist.

b) Akademische Oberräte und Oberrätinnen im Beamtenverhältnis auf Zeit (AORaZ)

Im Berechnungszeitraum 2013/2014 sind für diese Gruppe keine Stellen ausgewiesen.

c) Akademische Räte und Rätinnen im Beamtenverhältnis auf Zeit (ARaZ)

In dieser Stellengruppe sind 69 Stellen vorhanden, die zutreffend mit einem Deputat von jeweils 5 SWS (insgesamt 345 SWS) in die Berechnung eingestellt wurden (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 5 LUFV). Die im Vergleich zum Vorjahr eingezogenen zwei Stellen mussten dabei nicht als kapazitätsungünstiger Stellenabbau ergänzend berücksichtigt werden, da sie damals nur vorübergehend für einen begrenzten Zeitraum aus Mitteln zur Bewältigung des doppelten Abiturjahrgangs finanziert worden waren und somit als Sonderkapazität wieder abgebaut werden konnten.

d) Akademische Räte und Rätinnen auf Lebenszeit (ARaL)

Das von den 10 akademischen Räten erbrachte Gesamtdeputat beträgt 101 SWS. Es errechnet sich aus 1 Stelle mit einem Deputat von 3 SWS, 2 Stellen mit einem Deputat von jeweils 5 SWS, 1 Stelle mit einem Deputat von 7 SWS, 3 Stellen mit einem Deputat von jeweils 9 SWS und weiteren 3 Stellen mit einem Deputat von jeweils 18 SWS.

e) Wissenschaftliche Angestellte

In dieser Gruppe sind 4,5 Stellen ausgewiesen, die Lehrleistungen von 1 ... 4 SWS, 2 ... 8 SWS, 1 ... 9 SWS und 1 ... 18 SWS beinhalten (ges. 47 SWS).

f) Juniorprofessoren

Diese Gruppe umfasst 9 Stellen mit jeweils 5 SWS, also insgesamt 45 SWS.

Aus dem Stellenbestand ergibt sich somit folgendes Bruttolehrangebot aus verfügbaren Stellen:

Professoren 155 SWS

AORaZ SWS

ARaZ 345 SWS

ARaL 101 SWS

WA 47 SWS

Juniorprofessoren 45 SWS

Summe: max. 693 SWS

g) Lehrauftragsstunden

Hinzuzurechnen sind gem. § 47 HZV in Verbindung mit der Formel 1 der Anlage 5 zur HZV die Lehrauftragsstunden, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern im Durchschnitt je Semester zur Verfügung gestanden haben und nicht auf einer Regellehrverpflichtung beruhen. Zu berücksichtigen waren demnach 21 Lehrauftragsstunden für das Wintersemester 2012/2013 und 12 Lehrauftragsstunden für das Sommersemester 2013, also durchschnittlich 16,5 SWS.

Das unbereinigte Lehrangebot beläuft sich somit auf insgesamt max. 693 SWS + 16,5 SWS = 709,5 SWS.

2. Dienstleistungsabzug

Gemäß § 48 HZV i. V. m. den Formeln 2 und 3 der Anlage 5 zur HZV ist dieses Lehrangebot durch Abzug derjenigen Dienstleistungen zu „bereinigen“, die die Lehreinheit Wirtschaftswissenschaften für die ihr nicht zugeordneten Studiengänge erbringt. Diese Dienstleistungen belaufen sich auf insgesamt 75,5961 SWS. Sie setzen sich - wie im Schreiben der ... vom 6. März 2014 detailliert aufgelistet worden ist - aus Dienstleistungen für den Bachelorstudiengang Wirtschaftsmathematik (CA ges. 0,2311), für den Bachelorstudiengang Medieninformatik (CA ges. 0,1733) und für den Bachelorstudiengang Volkswirtschaftslehre (CA ges. 0,5977) zusammen. Für den Studiengang Rechtswissenschaft und den Masterstudiengang Economics werden keine Dienstleistungen erbracht.

Da der Dienstleistungsexport vom Lehrangebot abzuziehen ist, vermindert sich somit das Lehrangebot von max. 709,5 um 75,5961 SWS.

3. weitere Abzüge

a. Soweit bei dem Lehrangebot in der Gruppe der Professoren von dem Antragsgegner weitere Ermäßigungen der Lehrverpflichtungen mit der Begründung „H.-Zentrum“ und „Mitarbeit in der Expertenkommission Forschung und Innovation“ vorgenommen wurden, besteht noch Aufklärungsbedarf, so dass die Rechtmäßigkeit dieser Ermäßigungen gegenwärtig nicht beurteilt werden kann. Dennoch bedarf es insoweit im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner weiteren Aufklärung, da die Rechtmäßigkeit dieser Minderung nicht entscheidungserheblich ist.

b. Gleiches gilt für die vom Antragsgegner mit der Begründung „Lehrverbrauch für die Zusatzkontingente in LVS/Semester (DA)“ vorgenommene Reduzierung des Lehrangebots. Die vom Antragsgegner zugrunde gelegten Zahlen und Berechnungen für die Bereinigung des Lehrangebots um den Lehrverbrauch für die ausschließlich in Hinblick auf den doppelten Abiturjahrgang in der Lehreinheit Wirtschaftswissenschaften für das Studienjahr 2013/14 im 5. und 6. Fachsemester sich niederschlagende Erhöhung der Studentenzahl sind noch nicht plausibel. Auch insoweit erübrigt sich im Eilverfahren jedoch eine weitere Aufklärung, da auch die Rechtmäßigkeit dieser Bereinigung nicht entscheidungserheblich ist.

4. Aufnahmekapazität

Aus diesem bereinigten Lehrangebot errechnet sich mit Hilfe des Curricularanteils (CAp) gemäß der Formeln 4 und 5 der Anlage 5 II. zur HZV die jährliche Aufnahmekapazität (Ap).

Der Antragsgegner legte bei der Berechnung für die Bachelorstudiengänge Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik I folgende Werte zugrunde:

Studiengang

Curricularanteil CAp

Anteilsquote zp BayStMWFK

Anteilsquote zp ... 29.11.13

Anteilsquote zp ... 6.3.14

BWL B HF 180

1,5790

0,5081

0,5033

0,5095

BWL M

2,2922

0,1406

0,1400

0,1401

Wirtsch. LA GY

0,6690

0,0506

0,0498

0,0505

Wirtsch. LA RS

0,5480

0,0303

0,0301

0,0302

Wirtschaftpädagogik I BA

1,5344

0,0384

0,0395

0,0383

Wirtschaftspädagogik II BA

0,9970

0,0441

0,0425

0,0439

Wirtschaftspäd. I+II BA

0

0

0

0

BWL postgr. Forschungs

2,1000

0,0376

0,0375

0,0375

Wirt.päd. I M

0,6367

0,0134

0,0186

0,0133

Wirt.päd. II M

0,5425

0,0157

0,0184

0,0156

BWL B NF 30

0,2971

0,0497

0,0489

0,0496

BWL B NF 15

0,1733

0,0211

0,0210

0,0210

Insurance and Risk Man.

0,3333

0,0031

0,0030

0,0031

Wirtschaftswissenschaften

0,3333

0,0474

0,0473

0,0473

Ges.:

12,0358

1,0001

0,9999

0,9999

Diese Ansätze in den einzelnen Studiengängen erscheinen bei summarischer Betrachtung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Studentenzahlen in den einzelnen Studiengängen und des deutlichen Überhangs im Bereich des Studiengangs Betriebswirtschaft zumindest nicht vollkommen unplausibel. Dennoch bedürfen sowohl die angegebenen Curricularanteile CAp, als auch die angesetzten Anteilsquoten zp noch näherer Erläuterung, zumal sowohl in der Festsetzung des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, als auch in den Schriftsätzen der Universität jeweils verschiedene Werte angesetzt worden sind, auch wenn § 49 HZV für die Ermittlung der Anteilquote keinerlei materielle Kriterien enthält, auch nicht hinsichtlich der dem Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gemäß § 49 Abs. 2 HZV diesbezüglich ermöglichten Vorgaben. Aus dem Gebot der erschöpfenden Nutzung folgt allerdings, dass diese nicht willkürlich und kapazitätsvernichtend bemessen werden dürfen; aber ebenso wenig folgt daraus, dass sie in Bezug und Anzahl zuzulassender Bewerber kapazitätsmaximierend bemessen werden müssen (Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl., RdNr. 3 zu § 12 KapVO).

Jedoch bedarf es auch insoweit im vorliegenden Eilverfahren keiner weiteren Aufklärung, weil selbst größere Abweichungen hierbei nicht entscheidungserheblich wären.

5. Schwund

Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HZV ist das Berechnungsergebnis weiterhin nach den Vorschriften der §§ 51 bis 56 HZV zu überprüfen.

Gemäß § 51 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. § 53 HZV ist dabei ein sich aus der Statistik ergebender Schwund ein weiteres kapazitätsbestimmendes Kriterium. In der Kapazitätsberechnung wurde ein Schwundausgleichsfaktor von SF = 0,8316 eingesetzt.

Die gerichtliche Überprüfung der Ermittlung der maßgeblichen Schwundquote beschränkt sich aufgrund der damit verbundenen Prognose darauf, ob die zuständige Behörde von zutreffenden Abgrenzungen und Daten ausgegangen ist und sich einer wissenschaftlich vertretbaren Methode bei der Schwundberechnung bedient hat mit der hieraus abgeleiteten Verpflichtung der Eliminierung „schwundfremder Einflussfaktoren“ (vgl. Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. Köln 2003, § 16 KapVO RdNr. 6 m. w. N.). Allgemein ist für die Ermittlung des Schwundausgleichsfaktors nach § 51 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. § 53 HZV zu fordern, dass die verwendeten Bestandszahlen sich auf einen ausreichend langen Zeitraum beziehen, dass sie an einheitlichen und für die statistische Erhebung geeigneten Stichtagen erhoben werden und dass der Berechnung ein mathematisch geeignetes Modell, z. B. das sog. Hamburger Modell, zugrunde liegt (BayVGH vom 17.11.1998, Az.: 7 CE 98.10022). Gegen die Berechnung nach dem sog. „Hamburger Modell“ bestehen keine rechtlichen Bedenken (BayVGH vom 21.5.2008, Az.: 7 CE 08.10093; BayVGH vom 19.10.2006, Az.: 7 CE 10410 u. a.).

Ausgangspunkt für die Schwundberechnung sind die statistischen Erhebungen zu den Stichtagen 1. Dezember (Wintersemester) und 1. Juni (Sommersemester) über den Bestand der im Studiengang Betriebswirtschaftslehre tatsächlich vorhandenen (eingeschriebenen) Studenten, die der unten abgedruckten Tabelle zu entnehmen sind.

Der Wert des Schwundausgleichsfaktors, der mit fünf Stichprobensemestern vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zutreffend in Höhe von 0,8316 errechnet und bei der Zulassungszahl berücksichtigt wurde, ist nicht zu beanstanden, weil der Schwundausgleichsfaktor korrekt über die Zulassungsbeschränkung von 6 Fachsemestern berechnet wurde.

Es ist nicht ersichtlich, dass diese in die Schwundberechnung eingegangenen Zahlen auf einer unrichtigen Erhebung des tatsächlichen Bestandes beruhen.

Eine Korrektur des festsetzten Schwundausgleichsfaktors von 0,8316 ist auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des BayVGH (Beschl. v. 24.8.2009, Az.: 7 CE 09.10120) nicht ausnahmsweise erforderlich. Aus der der Schwundberechnung zugrunde liegenden Bestandsstatistik lässt sich - abgesehen von der durch die Mehraufnahme von Schülern des doppelten Abiturjahrgangs - kein außergewöhnliches Ansteigen der Zahl der Studenten in höheren Semestern feststellen, wie folgender Tabelle zu entnehmen ist:

Semester

1

2

3

4

5

6

Summe

WS 2010/2011

565

5

456

6

261

104

1397

SS 2011

2

544

4

423

88

245

1306

WS 2011/2012

796

1

467

16

299

98

1677

SS 2012

742

4

430

130

276

1582

WS 2012/2013

502

6

629

21

315

140

1613

Übergangsquoten

Schwundausgleichsfaktor

0,8316

Mindestsemesterzahl

6

Übergangsquote konstant

Mit dem vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gebilligten und von der ... der Berechnung zutreffend zugrunde gelegten Schwundausgleichsfaktor von 0,8316 ergibt sich selbst bei für den Antragsteller günstigsten Annahmen für die o.g. aufklärungsbedürftigen Umstände für das 1. Fachsemester eine jährliche Aufnahmekapazität von weniger als 700 Studienplätzen.

6. Überbuchung

Nachdem diese Kapazität nach der Immatrikulationsstatistik der ... (Stand: 22.11.2012) mit 700 Studienanfängern mehr als erfüllt ist, sind weitere Kapazitäten nicht vorhanden. Diese über die festgesetzte Zulassungszahl hinausgehende „Überbuchung“ von Studienplätzen im (innerkapazitären) Vergabeverfahren ist nämlich als kapazitätsdeckend anzuerkennen, weil sie auf einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage beruht und ausschließlich dem Zweck dient, die Ausbildungskapazität der Universität möglichst zeitnah auszuschöpfen. Die im Wege der Überbuchung ordnungsgemäß vergebenen Studienplätze sind damit nicht mehr „frei“ und stehen für die Vergabe an die Antragspartei nicht zur Verfügung. Im Einzelnen führte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof u. a. mit Beschluss vom 12. August 2013 (Az. 7 CE 13.10109) folgendes aus:

„aa) Im zentralen Vergabeverfahren kann die Stiftung für Hochschulzulassung (Stiftung) bei der Auswahl und Verteilung von Studienplätzen durch Überbuchung der Zulassungszahlen berücksichtigen, dass Studienplätze voraussichtlich nicht angenommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 6 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern [Hochschulzulassungsverordnung - HZV] vom 18.6.2007 [GVBl S. 401, BayRS 2210-8-2-1-1-WFK], zuletzt geändert durch Verordnung vom 8.4.2013 [GVBl S. 238]). Ebenso können die Hochschulen bei der Durchführung ihrer Auswahlverfahren durch Überbuchung der Zulassungszahlen berücksichtigen, dass Studienplätze voraussichtlich nicht besetzt werden (§ 10 Abs. 1 Satz 4 HZV). Die normativ geregelte Möglichkeit der Überbuchung der Zulassungszahlen berücksichtigt, dass vor allem aufgrund von Mehrfachbewerbungen nicht alle zugelassenen Bewerber ihre Studienplätze annehmen werden. Sie trägt mittels einer Prognose des mutmaßlichen Annahmeverhaltens der Studienbewerber dem verfassungsrechtlich geschützten Interesse aller Studienbewerber nach einer möglichst erschöpfenden und zeitnahen Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten in besonderer Weise Rechnung. Überbuchungen der Zulassungszahlen sind deshalb als kapazitätsdeckend anzuerkennen, solange sie ausschließlich dem gesetzlichen Zweck dienen, die Ausbildungskapazitäten der Hochschulen zeitnah auszuschöpfen (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 4.4.2013 - 7 CE 13.10002 - juris Rn. 10 m. w. N.; SächsOVG, B. v. 25.3.2013 - NC 2 B 3.12 - juris Rn. 26 ff.).

Die genannten Regelungen der Hochschulzulassungsverordnung beruhen auf dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 (GVBl 2009 S. 186, BayRS 2210-8-1-2-WFK) und den insoweit gleichlautenden Bestimmungen des früher geltenden Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen vom 22. Juni 2006 (GVBl 2007 S. 2, BayRS 2210-8-1-1-WFK). Danach bestimmen die Länder durch Rechtsverordnung die Einzelheiten des Verfahrens und der dabei anzuwendenden inhaltlichen Kriterien namentlich auch für den Ablauf des Vergabeverfahrens und die Vergabe nicht in Anspruch genommener oder aus anderen Gründen frei gebliebener Plätze (Art. 12 Abs. 1 Nr. 4 des Staatsvertrags vom 5. Juni 2008 sowie Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 des Staatsvertrags vom 22. Juni 2006). Einer weiteren gesetzlichen Grundlage bedarf es für die in der Hochschulzulassungsverordnung normativ geregelte Überbuchung der Zulassungszahlen nicht.

Das vom Antragsteller in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. März 2011 (Az. 6 CN 3/10 - BVerwGE 139, 210) ändert an dieser Bewertung nichts. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, die Hochschulen des Landes dürften im Regelungsbereich ihrer Zulassungszahlenverordnungen aus eigener Kompetenz keine dort nicht ausgewiesenen Studienplätze vergeben (BVerwG, U. v. 23.3.2011 a. a. O. Rn. 15). Es hat jedoch gleichzeitig betont, dass die Länder (auf der Grundlage des oben genannten Staatsvertrages) durch Rechtsverordnung die Einzelheiten des Verfahrens und der dabei anzuwendenden inhaltlichen Kriterien insbesondere auch für die Vergabe nicht in Anspruch genommener oder aus anderen Gründen frei gebliebener Plätze bestimmen dürfen (BVerwG, U. v. 23.3.2011 a. a. O. Rn. 17). Der bayerische Verordnungsgeber durfte daher in § 7 Abs. 3 Satz 6 und § 10 Abs. 1 Satz 4 HZV die Möglichkeit der Überbuchung der Zulassungszahlen vorsehen und damit dem verfassungsrechtlichen Gebot der erschöpfenden Ausnutzung aller vorhandenen Studienplätze Rechnung tragen (vgl. BayVGH, B. v. 8.5.2013 - 7 CE 13.10021 - juris Rn. 24 m. w. N.).“

Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an.

Somit könnte die Überbuchung nur dann außer Acht gelassen werden, wenn Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, dass die Überbuchung der Zulassungszahlen rechtsmissbräuchlich erfolgt ist. Derartige Anhaltspunkte liegen jedoch nicht vor. Die nach dem Zahlenwerk der ... vorliegende immense Überbuchung ist laut Schreiben der ... vom 25. März 2014 durch ein nicht vorhersehbares radikal verändertes Annahmeverhalten der Studienplatzbewerber begründet. Im Einzelnen führte die ... aus, dass das örtliche Auswahlverfahren für das Wintersemester 2013/2014 im Rahmen des sogenannten Dialogorientierten Serviceverfahrens durch die Stiftung Hochschulzulassung durchgeführt worden sei, um durch eine Koordinierung der Bewerbungen für verschiedene Hochschulen Mehrfachzulassungen zu vermeiden und dadurch insgesamt schnellere Zulassungen zu ermöglichen, weil alle Bewerber zunächst nur für eine Hochschule ein Zulassungsangebot erhalten, während sie früher von mehreren Hochschulen Zulassungen erhalten hatten, von denen sie aber nur eine annehmen konnten, so dass die übrigen verfielen und die entsprechenden Studienplätze erst in Nachrück- und Losverfahren nach und nach besetzt werden konnten. So hätten die zu vergebenden Studienplätze im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre im Wintersemester 2012/13 erst nach 2342 Zulassungen in mehreren Verfahrensstufen belegt werden können; im Wintersemester 2013/14 sei es aber bereits bei 1855 Zulassungsangeboten zu einer Überbuchung von deutlich über 700 Studienplätzen gekommen, die nur durch Exmatrikulationen auf die verbliebenen 700 Plätze abgesunken sei - ein Überhang, der laut ... „nur durch ein Notfallprogramm mit zusätzlichen Kursen bis in die Abendstunden, die teilweise auch durch studentische Tutoren bzw. Übungsleiter durchgeführt werden mussten“ aufzufangen war. Diese Angaben erscheinen plausibel.

Angesichts dieser Umstände kann im vorliegenden Fall von einer willkürlichen Überbuchung nicht die Rede sein; die Überbuchung diente lediglich dem Zweck, die Studienplätze möglichst rechtzeitig zu vergeben. Überbuchungen, die sicherstellen sollen, dass kein Studienplatz unbesetzt bleibt, sind aber als „kapazitätsdeckend“ anzuerkennen (vgl. z. B. BayVGH v. 4.4.2013, Az. 7 CE 13.10002, zur Rechtmäßigkeit einer Vergabe von 307 Studienplätzen gegenüber der festgesetzten Zulassungszahl von 219 Studienplätzen; VGH BW vom 17.2.2011 Az. NC 9 S 1429/10 RdNr. 5, BayVGH vom 27.8.2010 Az. 7 CE 10.10278 u. a. RdNr. 8 sowie vom 24.8.2010 Az. 7 CE 10.10210 RdNr. 7; OVG Berlin-Bbg vom 14.4.2009 Az. 5 NC 174/08 RdNr. 42).

Infolgedessen war der vorliegende Antrag nach § 123 VwGO abzulehnen.

Kosten: § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -

Streitwert: §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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published on 23/03/2011 00:00

Tatbestand 1 Der Antragsteller erreichte im Frühjahr 2009 die Allgemeine Hochschulreife. Für das Wintersemester 2009/2010 bewarb er sich erfolglos im zentralen Vergabeve
published on 17/02/2011 00:00

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 1. Juni 2010 - NC 7 K 2744/09 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens
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Annotations

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.