Verwaltungsgericht Minden Urteil, 30. März 2016 - 7 K 2137/15
Tenor
Das Verfahren wird im Umfang der übereinstimmend erklärten Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache eingestellt.
Der Bescheid des Beklagten vom 23.07.2015 wird – soweit er noch streitgegenständlich ist - aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweiligen Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten des Lebensunterhalts syrischer Staatsangehöriger.
3Um den Zuzug der syrischen Staatsangehörigen B. B1. und U. G. , seines Bruders bzw. seiner Schwägerin (Angehörige), auf der Grundlage der Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW (MIK) vom 26.09.2013 – 15–39.12.03–1–13–100 – „Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an syrische Flüchtlinge, die von ihren in Nordrhein-Westfalen lebenden Verwandten aufgenommen werden.“ i.d.F. des Runderlasses des MIK vom 03.02.2014 – 15-39.12.03-1-13-346(2603) – (Aufnahmeanordnung) zu ermöglichen, gab der Kläger am 05.03.2014 sog. Verpflichtungserklärungen ab. Darin verpflichtete er sich gegenüber der Ausländerbehörde, vom Tag der voraussichtlichen Einreise bis zur Beendigung des Aufenthalts der Angehörigen oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 66 und 67 AufenthG die Kosten für die Ausreise zu tragen. Im Formularvordruck gestrichen wurde jeweils der Passus betreffend Kosten für die Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit. Angaben zum Aufenthaltszweck enthalten die Verpflichtungserklärungen nicht.
4Daraufhin reisten die Angehörigen des Klägers am 28.03.2014 im ordnungsgemäßen Visumverfahren auf dem Luftwege in das Bundesgebiet ein. Hier erhielten sie auf den 31.03.2016 bzw. 01.11.2014 befristete Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG.
5Bereits am 19.05.2014 stellten die Angehörigen einen Antrag auf ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Mit Bescheid vom 29.09.2014 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Angehörigen die Flüchtlingseigenschaft sowie die Asylberechtigung zu.
6Am 14.10.2014 erteilte die zuständige Ausländerbehörde den Angehörigen des Klägers auf den 13.10.2017 befristete Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 25 Abs. 1 AufenthG.
7Mit Bescheid vom 23.07.2015 forderte der Beklagte den Kläger auf der Grundlage der von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärungen zur Erstattung von 8.629,05 € auf. Er habe im Zeitraum vom 01.10.2014 bis zum 31.03.2015 Leistungen zur Lebensunterhaltssicherung in entsprechender Höhe an die Angehörigen erbracht (Regelbedarf, Bedarf für Unterkunft und Heizung, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Erstausstattung für Wohnung).
8Am 11.08.2015 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
9Mit Bescheid vom 10.12.2015 forderte der Beklagte vom Kläger die Erstattung von 7.508,87 € für im Zeitraum vom 01.04.2015 bis zum 30.09.2015 an die Angehörigen verauslagte Leistungen zur Lebensunterhaltssicherung. Dagegen erhob der Kläger am 15.12.2015 unter dem Aktenzeichen 7 K 3325/15 Klage.
10Auf die Rüge des Klägers hin hat die Kammer den Verwaltungsrechtsweg mit Beschluss vom 22.12.2015 für zulässig erklärt. In der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage hat der Beklagte seinen Bescheid vom 23.07.2015 dahingehend abgeändert, dass eine Kostenerstattung nicht mehr für im Monat Oktober 2014 von ihm erbrachte Leistungen zur Lebensunterhaltssicherung der Angehörigen verlangt wird. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit darauf hin insoweit als in der Hauptsache erledigt erklärt.
11Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, dass die von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärungen mit der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 1 AufenthG erloschen seien. Die von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärungen formulierten als Endzeitpunkt für den Verpflichtungszeitraum unter anderem die „Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“. Den Angehörigen seien am 14.10.2014 Aufenthaltstitel zu einem anderen Aufenthaltszweck erteilt worden. Der Wechsel von einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG zu einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 AufenthG stelle einen Zweckwechsel dar. Schon gesetzessystematisch liege auf der Hand, dass zwei völlig unterschiedliche Rechtsgrundlagen vorlägen, die auch sehr unterschiedliche Rechtsfolgen hätten. Die jeweiligen Tatbestände zeigten gravierende Unterschiede auf. Allein der Umstand, dass sowohl der Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG als auch derjenige nach § 25 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilt werde, führe nicht dazu, dass von einem fortbestehenden Aufenthaltszweck ausgegangen werden könne. Anerkannte Flüchtlinge hätten zudem einen Aufenthaltserlaubnisanspruch unabhängig vom Bezug von Sozialleistungen. Das AufenthG differenziere darüber hinaus beispielsweise in § 16 AufenthG den Aufenthaltszweck unter anderem schon nach dem eingeschlagenen Studiengang. Weil die seinerzeitige Landesaufnahmeanordnung zu „straff“ sei, habe die Verpflichtungserklärung nicht ausnahmslos gefordert werden dürfen. Demzufolge sei die Anfechtung der Erklärung wegen Sittenwidrigkeit erklärt worden. Zudem habe er bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen nicht gewusst, auf was er sich einlasse. Ein Anfechtungsgrund liege von daher auch in dem Bestehen eines Irrtums. Jedenfalls aber habe der Beklagte sein Ermessen, von der Inanspruchnahme abzusehen, nicht fehlerfrei ausgeübt. Es liege ein das Ermessen eröffnender atypischer Ausnahmefall vor. Mittlerweile habe dann auch das MIK mit Erlass vom 24.04.2015 geregelt, dass eine Verpflichtungserklärung - wie die streitgegenständlichen - erlösche, wenn eine Asylberechtigung oder die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werde.
12Der Kläger beantragt,
13den Bescheid des Beklagten vom 23.07.2015 aufzuheben.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er ist der Ansicht, dass der Geltungsbereich der Verpflichtungserklärungen mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 25 Abs. 1 AufenthG an die Angehörigen des Klägers nicht erloschen sei. Diese Auffassung vertrete auch die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 19.12.2014 auf eine kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE (BT Drucksache 18/3627, Frage 9). Danach sei in den Fällen syrischer Schutzsuchender der Aufenthaltszweck völlig unverändert. Der Flüchtlingsschutz sei für die Bundes- oder Landesprogramme die zentrale Motivation gewesen, die Einreise der betroffenen Personen zu ermöglichen. Wenn nunmehr eine andere rechtliche Form des Flüchtlingsschutzes begehrt werde, ändere das an dem ursprünglichen Aufenthaltszweck nichts. Die Verpflichtungserklärung bestehe unabhängig vom Aufenthaltstitel fort, und zwar für alle Fälle, in denen Personen, die über die Landesaufnahmeprogramme nach § 23 Abs. 1 AufenthG sowie über die Bundesaufnahmeprogramme nach § 23 Abs. 2 AufenthG eingereist seien, ein Aufenthalt aus humanitären Gründen nach den in § 25 AufenthG vorgesehenen Möglichkeiten eingeräumt werde. Zudem sei auch die Entscheidung des BVerwG vom 13.02.2014 – 1 C 4/13 – zu beachten.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie der Ausländerakten des Kreises Q. betreffend die Angehörigen des Klägers.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
19Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend als erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – einzustellen.
20Darüber hinaus ist die zulässige Klage begründet.
21Der Bescheid des Beklagten vom 23.07.2015 ist – soweit er noch streitgegenständlich ist - im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses,
22vgl. BVerwG, Urteil vom 13.02.2014 – 1 C 4.13 -, InfAuslR 2014, 247 f.,
23rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24Die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers liegen nicht vor.
25Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides kann nur § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sein. Diese Vorschrift enthält die Befugnis, einen Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.02.2014 – 1 C 4.13 -, a. a. O.
27Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen.
28Verpflichtungserklärungen im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat der Kläger am 05.03.2014 abgegeben. Diese Verpflichtungserklärungen sind als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen,
29vgl. dazu nur OVG Schleswig, Urteil vom 07.08.2013 – 4 LB 14/12 -,
30mit dem Zugang bei der seinerzeit zuständigen Ausländerbehörde wirksam geworden. Sie genügten der in § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG geforderten Schriftform.
31Die vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärungen sind auch nicht aus sonstigen Rechtsgründen unwirksam.
32Ob der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bereits der Wirksamkeit einer Verpflichtungserklärung, welche von einem offenkundig für keinerlei Unterhaltsleistungen gegenüber Dritten leistungsfähigen Erklärenden entgegengenommen wird, entgegensteht, kann dahinstehen, denn eine offensichtliche Leistungsunfähigkeit des Klägers im Hinblick auf die Erstattung künftiger öffentlicher Leistungen zugunsten seiner Angehörigen lag zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen nicht vor. Bei Abgabe einer Verpflichtungserklärung ist die entgegennehmende Behörde grundsätzlich verpflichtet, die Bonität des Erklärenden im Hinblick auf seine Fähigkeit zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung zu prüfen.
33Vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 07.08.2013 – 4 LB 14/12 -.
34So ist es im Falle des Klägers ausweislich des Inhalts der streitgegenständlichen Verpflichtungserklärungen geschehen. Danach stand der Kläger – von ihm im Wege der eigenhändigen Unterschrift bestätigt - in einem Beschäftigungsverhältnis als Arzt. Entsprechende Einkommensnachweise lagen vor. Bei diesem Sachverhalt lässt sich eine offenkundige Leistungsunfähigkeit, die jegliche Erstattungsleistungen zugunsten des Unterhalts eines einreisewilligen Ausländers ausschlösse, nicht feststellen. Dazu trägt auch der Kläger nichts Entscheidungserhebliches vor.
35Zudem ist der Kläger ausweislich der von ihm unterzeichneten Verpflichtungserklärungen zuvor über Umfang und Dauer der Haftung sowie die Bindungswirkung der Verpflichtung belehrt worden. Von daher finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die abgegebenen Verpflichtungserklärungen unter diesem Blickwinkel wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unwirksam sein könnten.
36Vgl. dazu VG Freiburg, Urteil vom 19.04.2012,
374 K 1626/11 -.
38Die Zustimmung zur Einreise von Angehörigen zu einem humanitären Aufenthaltszweck von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig zu machen – dazu diente die Verpflichtungserklärung –, stellt sich auch nicht per se als unverhältnismäßige, sachwidrige Ausnutzung staatlicher Übermacht dar.
39Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24.11.1998 – 1 C 33.97 -; VG Freiburg,
40Urteil vom 19.04.2012 - 4 K 1626/11 -.
41Seine gesetzliche Legitimation findet ein solches Verlangen zudem in § 23 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, wonach die Anordnung – im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG – eben unter der Maßgabe erfolgen kann, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben wird. Von daher scheidet auch unter diesem Gesichtspunkt eine Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Verpflichtungserklärungen aus.
42Die auf dem bundesweit einheitlich verwendeten Formular abgegebenen Verpflichtungserklärungen genügen zudem dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit. Ihr Inhalt und ihre Reichweite lassen sich – wie auszuführen sein wird - nach dem Wortlaut sowie durch Auslegung anhand objektiver Umstände ermitteln (vgl. § 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB –).
43Schließlich hat sich der Kläger nicht im Wege des Widerrufs, der Kündigung, des Rücktritts oder der Anfechtung von seinen Erklärungen gelöst, so man dies überhaupt generell als zulässig ansehen wollte.
44Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2016 – 22 K 7814/15 -.
45Der Kläger behauptet zwar, seine Verpflichtungserklärungen u.a. „wegen Sittenwidrigkeit“ angefochten zu haben. Entsprechende Erklärungen gegenüber der insoweit richtigen Adressatin, der seinerzeitigen Ausländerbehörde, sind in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen aber nicht enthalten.
46Der Leistungszeitraum, auf den sich der streitgegenständliche Bescheid – noch – bezieht (01.11.2014 bis zum 31.03.2015) fällt jedoch nicht in den vom Kläger erklärten Verpflichtungszeitraum.
47Inhalt und Reichweite der vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärungen sind anhand des Wortlauts und durch Auslegung anhand objektiver Umstände zu ermitteln. Von daher sind die Erklärungen des Klägers grundsätzlich auch im Hinblick auf die zugrunde liegende Aufnahmeanordnung auszulegen, die ihre Abgabe erforderte,
48vgl. zu einer vergleichbaren Regelung betreffend Bosnien-Herzegowina, BVerwG, Urteil vom 24.11.1998 – 1 C 33.97 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2016 – 22 K 7814/15 -,
49und die mit ihrer Erwähnung im wenn auch nicht von der Unterschrift des Klägers gedeckten „Bemerkungsfeld“ des Formularvordrucks einen gewissen objektiven „Anklang“ gefunden hat.
50Nach dem Wortlaut der abgegebenen Erklärungen verpflichtete sich der Kläger zur Lebensunterhaltssicherung „vom Tag der voraussichtlichen Einreise bis zur Beendigung des Aufenthalts og. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“.
51Die zur Erstattung festgesetzten Aufwendungen sind unbestritten nach dem frühesten Anfangszeitpunkt des Verpflichtungszeitraumes entstanden (Einreise am 28.03.2014). Auch hatte der Kläger die eingegangenen Verpflichtungen erkennbar nicht an die Gültigkeitsdauer der den Angehörigen für die Einreise erteilten Visa gebunden. Dies wird schon daraus deutlich, dass die Verpflichtung vom Zeitpunkt der voraussichtlichen Einreise bis zur Beendigung des Aufenthalts oder der Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck ausgesprochen worden war. D.h. der Kläger nahm offenkundig einen über die Gültigkeit der Visa hinausreichenden Zeitraum, auch einen Zeitraum des evtl. illegalen Aufenthalts, in seine Erklärungen auf.
52Vgl. dazu auch VG Freiburg, Urteil vom 19.04.2012 – 4 K 1626/11 -;
53VG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2016 – 22 K 7814/15 -.
54Der in den Verpflichtungserklärungen als erste Alternative angegebene Schlusszeitpunkt der „Beendigung des Aufenthalts“ ist mangels Ausreise der Angehörigen bis heute nicht eingetreten, damit auch nicht vor Beginn des vom angefochtenen Bescheid noch erfassten Leistungszeitraumes. Ein den Verpflichtungszeitraum frühzeitig beendender Zeitpunkt ergibt sich aber aus der zweiten in den Verpflichtungserklärungen formulierten Alternative: „…bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“. Den Angehörigen ist am 14.10.2014 – zeitlich vor dem streitgegenständlichen Leistungszeitraum - ein Aufenthaltstitel zu einem anderen Aufenthaltszweck im Sinne der Verpflichtungserklärungen des Klägers erteilt worden.
55Wie bereits ausgeführt sind die Erklärungen des Klägers grundsätzlich auch im Hinblick auf die zugrunde liegende Aufnahmeanordnung auszulegen, die ihre Abgabe erforderte. Ebenso ist von Belang, dass bei Willenserklärungen, die sich wie eine ausländerrechtliche Verpflichtungserklärung an Fachleute richten, zur Auslegung auch die fachsprachliche Bedeutung maßgeblich ist, denn der Erklärende begibt sich mit seinen fachbezogenen Erklärungen bewusst in diesen Empfängerkreis.
56Vgl. VG Münster, Urteil vom 14.06.2012 – 8 K 2632/10 -.
57Nach der fachsprachlichen Bedeutung aber liegt in der Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 25 Abs. 1 AufenthG die aufenthaltsrechtliche Anerkennung des „verpflichtungsschädlichen“ Zweckwechsels, wobei die Kammer darauf hinweist, dass nicht bereits die Stellung eines Asylantrages oder das Hineinwachsen in die entsprechende Anspruchsposition – hier die Anerkennung der Angehörigen als Asylberechtigte durch das Bundesamt -, sondern erst die aufenthaltsrechtliche Anerkennung dieser Rechtsposition in der Form der Erteilung des entsprechenden Aufenthaltstitels das verpflichtungsschädliche Ereignis darstellt, denn nach dem eindeutigen Wortlaut der Verpflichtungserklärungen setzt nicht der Zweckwechsel als solcher, sondern erst dieErteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen als dem ursprünglichen Aufenthaltszweck den Schlusspunkt.
58Vgl. Kammerurteil vom 25.06.2014 – 7 K 596/13 -, m.w.N;
59im Ergebnis ebenso VG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2016
60– 22 K 7814/15 -.
61Von daher ist es ohne Belang, ob etwa der ursprüngliche Aufenthaltszweck neben einem neuen noch fortbesteht oder ob etwa eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit der Aufnahmeanordnung neben einer solchen nach § 25 Abs. 1 AufenthG bestehen kann.
62Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2016 – 22 K 7814/15 -.
63Entscheidend ist nach den abgegebenen Erklärungen, dass zumindest ein anderer Aufenthaltszweck als der ursprüngliche hinzugetreten ist, den die Ausländerbehörde mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels ausländerrechtlich anerkennt. So liegt es hier.
64Mit der Anerkennung der Angehörigen als Asylberechtigte ist ein gegenüber dem ursprünglichen Aufenthaltszweck abweichender Aufenthaltszweck hinzugetreten, den die Ausländerbehörde mit der Erteilung entsprechender Aufenthaltserlaubnisse am 14.10.2015 ausländerrechtlich anerkannt hat.
65Der Gesetzgeber hat mit dem zum 01.01.2005 in Kraft getretenen AufenthG einen Systemwechsel dahingehend vollzogen, dass sich das AufenthG nicht mehr wie zuvor an Aufenthaltstiteln, sondern an Aufenthaltszwecken orientiert. Letztere umschreibt der Gesetzentwurf der Bundesregierung,
66vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), BT-Drs. 15/420, S. 63,
67mit folgenden Begrifflichkeiten: Erwerbstätigkeit, Ausbildung, Familiennachzug, humanitäre Gründe. Ihre Entsprechung haben die so vom Entwurfsverfasser umschriebenen Aufenthaltszwecke in den Überschriften einzelner Abschnitte des Kapitels 2 des AufenthG:
68- Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung
69- Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit
70- Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen
71- Aufenthalt aus familiären Gründen.
72Diese rechtliche Einordnung spricht gegen einen Zweckwechsel im Falle des Wechsels von einem Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG zu einem solchen nach § 25 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG, denn die genannten Regelungen sind gänzlich im Abschnitt 5 des 2. Kapitels des AufenthG unter dem einheitlich formulierten Aufenthaltszweck „Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen“ verortet.
73In der Rechtsprechung des OVG NRW,
74vgl. Beschluss vom 21.11.2011 – 18 B 1220/11 -; ebenso OVG
75Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.05.2015 – 7 B 10364/15.OVG -,
76der die Kammer folgt, ist aber – wenn auch in anderem Zusammenhang – geklärt, dass der Begriff des Aufenthaltszwecks im Anwendungsbereich des AufenthG je nach Konstellation entweder abstrakt im Sinne der in den Abschnitten des 2. Kapitels des AufenthG näher beschriebenen Zweckkategorien oder konkret im Sinne des im Rahmen der Zweckkategorien konkret verfolgten Zwecks zu verstehen ist. Dies erhellt sich insbesondere am Zusammenspiel der Abs. 1 und 2 des § 7 AufenthG. Während § 7 Abs. 1 AufenthG den Aufenthaltszweck im abstrakten Sinne meint, stellt § 7 Abs. 2 AufenthG auf den konkreten Aufenthaltszweck ab, weil nur mit Blick auf diesen eine sachgerechte Befristung möglich ist.
77Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.11.2011 – 18 A 1220/11 -.
78Differenziert danach der Gesetzgeber und mithin die Fachsprache nach dem abstrakten und dem konkreten Aufenthaltszweck, so spricht nichts dafür, dass der Kläger bei Abgabe der umstrittenen Verpflichtungserklärungen nur von einem Zweckwechsel im Sinne einer abstrakten Betrachtung hat ausgehen wollen und hat so verstanden werden wollen bzw. verstanden werden müssen. Seine Willenserklärung ist vielmehr dahin auszulegen, dass der Verpflichtungszeitraum dann enden sollte, wenn ein Aufenthaltstitel zu einem konkret anderen Aufenthaltszweck erteilt wird.
79So liegt es hier mit der Erteilung von Aufenthaltstiteln an die Angehörigen nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 AufenthG. Aus den verwendeten Formularvordrucken selbst ergibt sich mangels eines Eintrags im Feld „Aufenthaltszweck“ nichts zur Bestimmung des ursprünglich bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen verfolgten konkreten Aufenthaltszwecks. Die Kammer teilt nicht die Auffassung des VG Düsseldorf,
80vgl. Urteil vom 01.03.2016 - 22 K 7814/15 -,
81wonach eine Verpflichtungserklärung vergleichbarer Art nur dahingehend auszulegen sein soll, dass sich der Erklärende verpflichtete, „den Lebensunterhalt seiner betreffenden Angehörigen grundsätzlich für die Gesamtdauer des bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen, und zwar unabhängig von der Ausgestaltung ihres Aufenthaltsrechts“. Allerdings ist es zutreffend, dass allein die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 1 AufenthG nicht den Rückschluss zulässt, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde, und dass der Aufenthaltszweck vielmehr nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen ist, aus denen der Ausländer seinen Anspruch auf Aufenthalt herleitet.
82Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2016 - 22 K 7814/15 -, m.w.N.
83Die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 AufenthG hier maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind aber andere, als die von der Aufnahmeanordnung in den Blick genommenen. Zwar knüpfen sowohl die Erteilung der ursprünglichen Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG als auch diejenige nach § 25 Abs. 1 AufenthG im Tatsächlichen an die Verhältnisse im Heimatland der Angehörigen – Syrien – und damit an einen vermeintlich identischen Lebenssachverhalt an. Im Konkreten setzt aber § 23 Abs. 1 AufenthG eine vorgelagerte Entscheidung der obersten Landesbehörde voraus, bei der humanitäre Gründe nur eine Alternative neben völkerrechtlichen Gründen und politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland darstellen. So heißt es in der streitgegenständlichen Aufnahmeanordnung vom 26.09.2013 mit Blick auf die Zweckbestimmung zunächst auch nur, dass weiteren syrischen Staatsangehörigen, die vom Bürgerkrieg in Syrien betroffen sind und die Verwandte im Bundesgebiet haben, der Weg zu einer Aufenthaltserlaubnis ermöglicht werden soll. Ungeachtet des konkreten Verfolgungsschicksals des Einzelnen stand nach dem Inhalt der maßgeblichen Aufnahmeanordnung das pauschale vorübergehende „In-Sicherheit-Bringen“ Verwandter im Vordergrund, was auch daraus deutlich wird, dass es bezüglich des vermeintlichen Verfolgungsschicksals des Angehörigen nach der Aufnahmeanordnung genügte, dass der im Bundesgebiet lebende Verwandte die Fluchtsituation – das bürgerkriegsbedingte Verlassen des Wohnortes - glaubhaft machte,
84vgl. II, zu Ziff. 1.1. Voraussetzung „Flucht“ der Aufnahmeanordnung,
85was zudem jedenfalls nach dem Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und der Ausländerakten der Angehörigen tatsächlich nicht einmal erfolgte.
86Demgegenüber knüpft § 25 Abs. 1 AufenthG an die Asylberechtigung des Ausländers und damit an den tatsächlichen Lebenssachverhalt eines persönlichen politischen Verfolgungsschicksals an. Dementsprechend dürfte es sich bei einem Rechtsstreit um die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 23 Abs. 1 AufenthG und nach § 25 Abs. 1 AufenthG auch um abtrennbare eigenständige Streitgegenstände handeln,
87vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11.01.2011 – 1 C 22.09 -, allerdings
88offengelassen,
89die eben nicht auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt rückführbar sind.
90Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass der Kläger im Unterschied zu dem vom VG Düsseldorf entschiedenen Fall,
91vgl. Urteil vom 01.03.2016 – 22 K 7814/15 -,
92keine „Zusatzerklärung“ zur eigentlichen Verpflichtungserklärung abgegeben hat, die zur weiteren Auslegung hätte herangezogen werden können und müssen.
93Liegt danach ein gegenüber dem ursprünglichen Aufenthaltszweck abweichender vor, der mit der Erteilung des entsprechenden Aufenthaltstitels auch ausländerrechtlich im Sinne der Verpflichtungserklärungen anerkannt worden ist, so
94endete der vom Kläger eingegangene Verpflichtungszeitraum am Tage der Erteilung von Aufenthaltstiteln nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 AufenthG – am 14.10.2014. Ab diesem Zeitpunkt von der Beklagten erbrachte Leistungen zum Lebensunterhalt können nicht mehr auf der Grundlage der vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärungen zur Erstattung festgesetzt werden.
95Ist der streitgegenständliche Leistungszeitraum danach schon zeitlich von den Verpflichtungserklärungen des Klägers nicht gedeckt, kann dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen für eine rechtmäßige Geltendmachung der Erstattungsforderung erfüllt wären.
96Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Beklagten auch insoweit mit den Kosten zu belasten, als der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt worden ist, denn der Beklagte hat den Kläger insoweit klaglos gestellt. Die Anordnungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergehen gemäß § 167 VwGO i.V.m. § 709 der Zivilprozessordnung. Die Zulassung der Berufung erfolgt gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Minden Urteil, 30. März 2016 - 7 K 2137/15
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Verwaltungsgericht Minden Urteil, 30. März 2016 - 7 K 2137/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat für einen Zeitraum von fünf Jahren sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum sowie der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistung beruhen, sind nicht zu erstatten. Der Zeitraum nach Satz 1 beginnt mit der durch die Verpflichtungserklärung ermöglichten Einreise des Ausländers. Die Verpflichtungserklärung erlischt vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren ab Einreise des Ausländers nicht durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Abschnitt 5 des Kapitels 2 oder durch Anerkennung nach § 3 oder § 4 des Asylgesetzes.
(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 bedarf der Schriftform. Sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Der Erstattungsanspruch steht der öffentlichen Stelle zu, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat.
(3) Die Auslandsvertretung unterrichtet unverzüglich die Ausländerbehörde über eine Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1.
(4) Die Ausländerbehörde unterrichtet, wenn sie Kenntnis von der Aufwendung nach Absatz 1 zu erstattender öffentlicher Mittel erlangt, unverzüglich die öffentliche Stelle, der der Erstattungsanspruch zusteht, über die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 und erteilt ihr alle für die Geltendmachung und Durchsetzung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Auskünfte. Der Empfänger darf die Daten nur zum Zweck der Erstattung der für den Ausländer aufgewendeten öffentlichen Mittel sowie der Versagung weiterer Leistungen verarbeiten.
(1) Kosten, die durch die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung entstehen, hat der Ausländer zu tragen.
(2) Neben dem Ausländer haftet für die in Absatz 1 bezeichneten Kosten, wer sich gegenüber der Ausländerbehörde oder der Auslandsvertretung verpflichtet hat, für die Ausreisekosten des Ausländers aufzukommen.
(3) In den Fällen des § 64 Abs. 1 und 2 haftet der Beförderungsunternehmer neben dem Ausländer für die Kosten der Rückbeförderung des Ausländers und für die Kosten, die von der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehen. Ein Beförderungsunternehmer, der schuldhaft einer Verfügung nach § 63 Abs. 2 zuwiderhandelt, haftet neben dem Ausländer für sonstige Kosten, die in den Fällen des § 64 Abs. 1 durch die Zurückweisung und in den Fällen des § 64 Abs. 2 durch die Abschiebung entstehen.
(4) Für die Kosten der Abschiebung oder Zurückschiebung haftet:
- 1.
wer als Arbeitgeber den Ausländer als Arbeitnehmer beschäftigt hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war; - 2.
ein Unternehmer, für den ein Arbeitgeber als unmittelbarer Auftragnehmer Leistungen erbracht hat, wenn ihm bekannt war oder er bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass der Arbeitgeber für die Erbringung der Leistung den Ausländer als Arbeitnehmer eingesetzt hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war; - 3.
wer als Generalunternehmer oder zwischengeschalteter Unternehmer ohne unmittelbare vertragliche Beziehungen zu dem Arbeitgeber Kenntnis von der Beschäftigung des Ausländers hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war; - 4.
wer eine nach § 96 strafbare Handlung begeht; - 5.
der Ausländer, soweit die Kosten von den anderen Kostenschuldnern nicht beigetrieben werden können.
(4a) Die Haftung nach Absatz 4 Nummer 1 entfällt, wenn der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nach § 4a Absatz 5 sowie seiner Meldepflicht nach § 28a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit den §§ 6, 7 und 13 der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung oder nach § 18 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes nachgekommen ist, es sei denn, er hatte Kenntnis davon, dass der Aufenthaltstitel oder die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung oder die Aussetzung der Abschiebung des Ausländers gefälscht war.
(5) Von dem Kostenschuldner kann eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung des Ausländers oder des Kostenschuldners nach Absatz 4 Satz 1 und 2 kann von der Behörde, die sie erlassen hat, ohne vorherige Vollstreckungsanordnung und Fristsetzung vollstreckt werden, wenn andernfalls die Erhebung gefährdet wäre. Zur Sicherung der Ausreisekosten können Rückflugscheine und sonstige Fahrausweise beschlagnahmt werden, die im Besitz eines Ausländers sind, der zurückgewiesen, zurückgeschoben, ausgewiesen oder abgeschoben werden soll oder dem Einreise und Aufenthalt nur wegen der Stellung eines Asylantrages gestattet wird.
(1) Die Kosten der Abschiebung, Zurückschiebung, Zurückweisung und der Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung umfassen
- 1.
die Beförderungs- und sonstigen Reisekosten für den Ausländer innerhalb des Bundesgebiets und bis zum Zielort außerhalb des Bundesgebiets, - 2.
die bei der Vorbereitung und Durchführung der Maßnahme entstehenden Verwaltungskosten einschließlich der Kosten für die Abschiebungshaft und der Übersetzungs- und Dolmetscherkosten und die Ausgaben für die Unterbringung, Verpflegung und sonstige Versorgung des Ausländers sowie - 3.
sämtliche durch eine erforderliche Begleitung des Ausländers entstehenden Kosten einschließlich der Personalkosten.
(2) Die Kosten, für die der Beförderungsunternehmer nach § 66 Abs. 3 Satz 1 haftet, umfassen
- 1.
die in Absatz 1 Nr. 1 bezeichneten Kosten, - 2.
die bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehenden Verwaltungskosten und Ausgaben für die Unterbringung, Verpflegung und sonstige Versorgung des Ausländers und Übersetzungs- und Dolmetscherkosten und - 3.
die in Absatz 1 Nr. 3 bezeichneten Kosten, soweit der Beförderungsunternehmer nicht selbst die erforderliche Begleitung des Ausländers übernimmt.
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Kosten werden von der nach § 71 zuständigen Behörde durch Leistungsbescheid in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten erhoben. Hinsichtlich der Berechnung der Personalkosten gelten die allgemeinen Grundsätze zur Berechnung von Personalkosten der öffentlichen Hand.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Der Zugang von Ausländern zur Ausbildung dient der allgemeinen Bildung und der internationalen Verständigung ebenso wie der Sicherung des Bedarfs des deutschen Arbeitsmarktes an Fachkräften. Neben der Stärkung der wissenschaftlichen Beziehungen Deutschlands in der Welt trägt er auch zu internationaler Entwicklung bei. Die Ausgestaltung erfolgt so, dass die Interessen der öffentlichen Sicherheit beachtet werden.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat für einen Zeitraum von fünf Jahren sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum sowie der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistung beruhen, sind nicht zu erstatten. Der Zeitraum nach Satz 1 beginnt mit der durch die Verpflichtungserklärung ermöglichten Einreise des Ausländers. Die Verpflichtungserklärung erlischt vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren ab Einreise des Ausländers nicht durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Abschnitt 5 des Kapitels 2 oder durch Anerkennung nach § 3 oder § 4 des Asylgesetzes.
(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 bedarf der Schriftform. Sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Der Erstattungsanspruch steht der öffentlichen Stelle zu, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat.
(3) Die Auslandsvertretung unterrichtet unverzüglich die Ausländerbehörde über eine Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1.
(4) Die Ausländerbehörde unterrichtet, wenn sie Kenntnis von der Aufwendung nach Absatz 1 zu erstattender öffentlicher Mittel erlangt, unverzüglich die öffentliche Stelle, der der Erstattungsanspruch zusteht, über die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 und erteilt ihr alle für die Geltendmachung und Durchsetzung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Auskünfte. Der Empfänger darf die Daten nur zum Zweck der Erstattung der für den Ausländer aufgewendeten öffentlichen Mittel sowie der Versagung weiterer Leistungen verarbeiten.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 7. Kammer - vom 03. April 2012 geändert.
Der Bescheid des Beklagten vom 16. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 2009 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung als Erstattungspflichtiger für Sozialleistungen auf Grundlage einer ausländerrechtlichen Verpflichtungserklärung.
- 2
Der 1965 geborene Kläger besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und ist Inhaber eines Kfz-Reparatur- und Handelsbetriebes in A-Stadt. Unter dem 13. Juli 2006 gab er bei der Ausländerbehörde des Kreises Herzogtum Lauenburg eine Verpflichtungserklärungserklärung nach § 68 AufenthG ab, in der es auszugsweise heißt:
- 3
„Ich (…) verpflichte mich gegenüber der Ausländerbehörde für C., Sevgi [es folgen die Personalien], Verwandtschaftsbeziehung mit dem Antragsteller: weitläufige Verwandtschaft, von Beginn der voraussichtlichen Visumsgültigkeit am … bis zur Beendigung des Aufenthalts o.g. Ausländers / in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck, ab Tag der Einreise zwecks Familiennachzug, nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 66 und 67 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für die Ausreise o.g. Ausländers / in zu tragen. Die Verpflichtung umfasst die Erstattung sämtlicher öffentlicher Mittel, die für den Lebensunterhalt einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden (z.B. Arztbesuche, Medikamente, Krankenhausaufenthalt). Dies gilt auch, soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch beruhen, (z.B. Leistungen nach dem II. oder XII. Buch SGB oder dem Asylbewerberleistungsgesetz) im Gegensatz zu Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistungen beruhen. (…) Die vorliegende Verpflichtung umfasst auch die Ausreisekosten (…). Ich wurde von der Ausländerbehörde hingewiesen auf den Umfang und die Dauer der Haftung und über die Bindungswirkung dieser Verpflichtung. (…) Ich bestätige, zu der Verpflichtung aufgrund meiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage zu sein.“
- 4
Die Ausländerbehörde bestätigte auf dem Formular der Verpflichtungserklärung, dass der Kläger seine finanzielle Leistungsfähigkeit glaubhaft gemacht habe. Auf einem weiteren gesonderten Formular gab der Kläger eine Erklärung u.a. folgenden Inhaltes ab:
- 5
„Folgendes habe ich zur Kenntnis genommen:
- 6
Die Verpflichtung umfasst die Erstattung sämtlicher öffentlicher Mittel, die für den Lebensunterhalt einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden (z. B. Arztbesuch, Medikamente, Krankenhausaufenthalt). Dies gilt auch, soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch beruhen, (z. B. Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz) im Gegensatz zu Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistung beruhen. (...) Die vorliegende Verpflichtung umfasst auch die Ausreisekosten des o.g. Ausländers/in (...) Ich wurde von der Ausländerbehörde hingewiesen auf:
- 7
- den Umfang und die Dauer der Haftung und über die Bindungswirkung dieser Verpflichtung (...).
- 8
In Kenntnis dieser Belehrung gebe ich die Verpflichtungserklärung für C., Sevgi ab. Meine Familie besteht aus 5 Personen. Davon bin ich 4 Personen zum Unterhalt verpflichtet. (...) Ich habe ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von ca. 2.600,-- EURO. (...) Beigefügt lege ich vor: 1. Einkommensnachweis“
- 9
Bei der in der Verpflichtungserklärung aufgeführten Sevgi C. handelte es sich um die Ehefrau seines damaligen Auszubildenden. Frau C. wurde daraufhin ein vom 21. Juli 2006 bis 20. Oktober 2006 gültiges Einreisevisum zum Zweck der Familienzusammenführung erteilt. Ab dem 18. Oktober 2006 erhielt Frau C. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG.
- 10
Ab dem 29. März 2007 wurden Frau C. von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt. Nach Bekanntwerden der Verpflichtungserklärung des Klägers vom 13. Juli 2006 erließ die Beklagte zunächst gegenüber Frau C. einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid für den Zeitraum 19. Januar bis 30. September 2007, der jedoch mit Abhilfebescheid vom 20. Juni 2008 aufgehoben wurde, nachdem die Widerspruchsstelle darauf hingewiesen hatte, dass das Vorliegen einer ausländerrechtlichen Verpflichtungserklärung einer dritten Person keinen Leistungsausschluss nach §§ 7, 8 SGB II begründe. Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 2008 wegen einer beabsichtigten Erstattung der Kosten der an Frau C. geleisteten Sozialhilfe für den - vorliegend nicht streitgegenständlichen - Zeitraum vom 19. Januar bis 30. September 2007 an. In seiner Stellungnahme vom 05. August 2008 machte der Kläger geltend, er sei davon ausgegangen, dass sich die Kostenhaftung aus einer solchen Verpflichtungserklärung, die ihm aus Fällen von Besuchsvisen für Verwandte bekannt gewesen sei, längstens auf einen Zeitraum von drei Monaten beziehe. Er sei auf die Möglichkeit einer zeitlich unbeschränkten Kostenhaftung nicht hingewiesen worden. Die Heranziehung für einen weit nach einem Dreimonatszeitraum liegenden Zeitraum widerspreche Treu und Glauben.
- 11
Am 26. August 2008 wurde der Ehemann von Frau C., Herr Fatih C., eingebürgert. Nachfolgend wurde die Aufenthaltserlaubnis von Frau Sevgi C. zunächst ab Februar 2009 erneut auf Grundlage von § 30 AufenthG und ab 2011 auf Grundlage von § 28 Abs. 1 AufenthG verlängert. Das Ehepaar hat zwei nach Einreise von Frau C. in der Bundesrepublik (am 23. August 2007 und am 05. Juli 2009) geborene Kinder.
- 12
Mit Bescheid des Beklagten vom 16. Juli 2009 (BA A Bl. 183) wurden für Frau Sevgi C. Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01. März bis 31. Juli 2009 iHv insgesamt 1.730,23 € bewilligt (mtl. 155 € Unterkunftskosten sowie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes inkl. Mehrbedarfe zwischen 116,89 und 323 € mtl.). Mit Schreiben vom 28. Mai 2009 wurde der Kläger zur beabsichtigten Heranziehung zur Erstattung von an Frau C. gewährte Sozialleistungen im Zeitraum vom 01. März 2009 bis 31. Juli 2009 in Höhe von „monatlich 525,-- €“ angehört. Mit Bescheid vom 16. Juli 2009 forderte die Beklagte den Kläger für den genannten Zeitraum zur Erstattung von an Frau C. gezahlten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 2.570,80 € auf. Den hiergegen - mit der bereits zuvor inhaltlich abgegebenen Begründung - eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. Dezember 2009 zurück. Zur Begründung wies sie darauf hin, der Kläger unterliege nach § 68 Abs. 1 AufenthG einer Erstattungspflicht, die aus der von ihm unterzeichneten Verpflichtungserklärung keiner zeitlichen Beschränkung unterliege. Sachliche Gesichtspunkte für einen Ablauf der Verpflichtung seien ebenfalls nicht ersichtlich.
- 13
Zur Begründung der hiergegen am 04. Januar 2010 eingereichten Klage hat der Kläger erläutert, er sei im Jahre 2006 von seinem damaligen Auszubildenden Fatih C. um die Abgabe einer Verpflichtungserklärung gebeten worden, weil dessen Einkommen für ein Visum zur Familienzusammenführung zu gering gewesen sei und die Ehefrau ihn zumindest einmal habe besuchen wollen. Ein Zuzug der Ehefrau sei im Zeitraum der Ausbildung wirtschaftlich nicht möglich. Der Kläger sei daher davon ausgegangen, dass es um ein Besuchsvisum gehe, zumal ihm bekannt gewesen sei, dass für einen Familiennachzug ein Einkommen des Ehegatten nachgewiesen werden müsse. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass ein solcher Nachweis auch durch Bürgschaft eines Dritten erfolgen könne. Auch nach § 27 AufenthG komme es auf die Lebensunterhaltsdeckung durch den Zusammenführenden an. Der Kläger habe bei Abgabe der Verpflichtungserklärung am 13. Juli 2006 einen schon vollständig ausgefüllten Vordruck vorgefunden, der ihm wegen zuvor bereits häufiger abgegebenen Verpflichtungserklärungen für Besuchervisa wohl bekannt gewesen sei. Weitere Hinweise seien ihm bei der Ausländerbehörde nicht gegeben worden. Seine Willenserklärung habe sich lediglich auf eine übliche Verpflichtungserklärung für ein Besuchervisum gerichtet, nicht jedoch auf eine unbegrenzte Wirkungsdauer bezüglich einer Einreise zwecks Familiennachzugs. Auf eine solche besondere abweichende Verwendung sei er nicht hingewiesen worden und habe auch mit ihrer Möglichkeit nicht rechnen müssen. Eine quasi unbegrenzte Haftung des Klägers für alle Zeiten aus der abgegebenen Verpflichtungserklärung widerspreche Treu und Glauben.
- 14
Der Kläger hat beantragt,
- 15
den Zahlungsbescheid der Beklagten vom 16.07.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2009 aufzuheben.
- 16
Die Beklagte hat beantragt,
- 17
die Klage abzuweisen.
- 18
Zur Begründung hat sie auf die Aktenvorgänge sowie auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
- 19
Mit Urteil vom 03. April 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze der §§ 133 und 157 BGB anhand aller erkennbaren Einzelfallumstände auszulegende Verpflichtungserklärung sei hinreichend bestimmt gewesen und habe keine inhaltliche oder zeitliche Begrenzung oder Einschränkung enthalten. Angesichts des Wortlautes der Verpflichtungserklärung und der am selben Tage abgegebenen weiteren Erklärung über Inhalt der Verpflichtung und Hinweise der Ausländerbehörde bestünden keine Anhaltspunkte für die vom Kläger geltend gemachte Einschränkung.
- 20
Mit Beschluss vom 15. August 2012 hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Kläger trägt zur Begründung der Berufung vor, eine Auslegung der Verpflichtungserklärung nach §§ 133, 157 BGB anhand des wirklichen Willens des Erklärenden und unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ergebe, dass der Kläger keine zeitlich vollkommen unbefristete Verpflichtungserklärung habe abgeben wollen, sondern nur eine Erklärung, die längstens für den Zeitraum eines üblichen Besuchervisums befristet gewesen sei. Das vom Kläger unterzeichnete Formular betreffe ausschließlich einen zeitlich begrenzten Zeitraum zu Besuchszwecken, der nicht zu einem Daueraufenthalt führen bzw. nicht in einen anderen Aufenthaltszweck überführt werden könne. Für einen nachfolgenden Ehegattenaufenthalt werde ein Visum zur Familienzusammenführung erteilt, für das der Zusammenführende die Deckung des Unterhaltsbedarfs nachweisen müsse. Die Erteilung eines zunächst befristeten und dann dauerhaften Aufenthaltstitels für einen Ehegatten, welcher zur zeitlich vollkommen unbefristeten Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Unterzeichners einer Verpflichtungserklärung führe, sei ausländerrechtlich nicht vorgesehen. Vielmehr hätte auf Grundlage der vom Kläger unterzeichneten Verpflichtungserklärung allenfalls ein Besuchervisum erteilt werden dürfen. Es könne unter Beachtung von Treu und Glauben nicht zu Lasten des Klägers gehen, wenn die Ausländerbehörde stattdessen einen Ehegattenaufenthaltstitel gewähre. Mit einer solchen Ausstellung habe auch der Kläger bei Abgabe der Verpflichtungserklärung nicht rechnen müssen.
- 21
Der Kläger beantragt,
- 22
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 03. April 2012 den Zahlungsbescheid des Beklagten vom 16. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 2009 aufzuheben.
- 23
Die Beklagte beantragt,
- 24
die Berufung zurückzuweisen.
- 25
Zur Begründung bezieht sie sich auf den erstinstanzlichen Vortrag.
- 26
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 27
Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 16. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Bescheide sind deshalb aufzuheben.
- 28
In Höhe des Differenzbetrages zwischen dem vom Kläger verlangten Betrag iHv 2.570,80 € und den für Leistungen an Frau C. von dem Beklagten im hier streitgegenständlichen Zeitraum aufgewandten Betrag iHv lediglich 1.730,23 € scheidet ein Erstattungsanspruch des Beklagten auf Grundlage der Verpflichtungserklärung von vorneherein aus, so dass die Klage insoweit schon aus diesem Grunde Erfolg haben musste. Im Übrigen gilt Folgendes:
- 29
Rechtsgrundlage für die Erstattung öffentlicher Mittel für den Lebensunterhalt eines Ausländers ist § 68 AufenthG. Wer sich der Ausländerbehörde gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen (§ 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Die Verpflichtung bedarf der Schriftform. Der Erstattungsanspruch steht der öffentlichen Stelle zu, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat (§ 68 Abs. 2 AufenthG). In der Rechtsprechung zur Vorgängervorschrift zu § 68 AufenthG (§ 84 AuslG 1990) ist geklärt, dass die anspruchsberechtigte öffentliche Stelle nach der Konzeption der Haftungsnorm berechtigt ist, den hinter ihr stehenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch durch Erlass eines Leistungsbescheides geltend zu machen (BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33/97 -, DVBl. 1999, 537). Nichts anderes gilt für die Vorschrift des § 68 AufenthG (vgl. zu alledem Senatsurt. v. 10.08.2012 - 4 LB 8/12 und 4 LB 9/12).
- 30
Bei der vom Kläger in der gebotenen Schriftform (§ 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) abgegebenen Verpflichtungserklärung vom 13. Juli 2006 handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie ist wirksam abgegeben. Insbesondere steht der Wirksamkeit nicht eine offensichtliche Leistungsunfähigkeit des Klägers im Hinblick auf die Erstattung künftiger öffentlicher Leistungen zugunsten von Frau Sevgi C. entgegen. Die Behörde ist bei Abgabe der Verpflichtungserklärung verpflichtet, die Bonität des Erklärenden im Hinblick auf seine Fähigkeit zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung zu prüfen (vgl. Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, Stand: März 2012, § 68 Rn. 15). Ob der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bereits der Wirksamkeit einer Verpflichtungserklärung, welche von einem offenkundig für keinerlei Unterhaltsleistungen gegenüber Dritten leistungsfähigen Erklärenden entgegengenommen wird, entgegenstünde (offengelassen in: BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33/97 -, BVerwGE 108, 1, Juris Rn. 40; vgl. auch VG Freiburg, Urt. v. 19.04.2012 4 K 1626/11 -, Juris Rn. 23), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht, da der Kläger bei Abgabe der Verpflichtungserklärung unter Vorlage eines Einkommensnachweises angegeben hat, monatlich über ca. 2.600 € netto zu verfügen. Auch bei Berücksichtigung der von ihm angegebenen Unterhaltsverpflichtung gegenüber vier Personen lag eine offenkundige Leistungsunfähigkeit, die jegliche Erstattungsleistungen zugunsten des Unterhaltes eines einreisewilligen Ausländers ausschlösse, nicht vor.
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Dass die Behörde bei Abgabe der Verpflichtungserklärung durch den Kläger nicht eine volle Überprüfung von dessen Bonität vorgenommen, sondern sich ausweislich der Rückseite des Formulars anstelle eines „Nachweises“ der Bonität lediglich mit der „Glaubhaftmachung“ der Leistungsfähigkeit anhand eines vorgelegten Einkommensnachweises begnügt hat, steht der Wirksamkeit der Erklärung ebenfalls nicht entgegen, sondern ist auf der Ebene der Heranziehung des Erklärenden ggf. im Wege einer Ermessensentscheidung (s.u.) zu berücksichtigen.
- 32
Die Verpflichtungserklärung ist nicht zurückgenommen worden, wobei offen bleiben kann, unter welchen Voraussetzungen sich der jeweilige Verpflichtete von seiner Erklärung lösen kann (offengelassen auch: BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33/97 -, BVerwGE 108, 1, Juris Rn. 53; vgl. hierzu auch VG Regensburg, Urt. v. 13.02.2013 - RN 9 K 12.14 -, Juris Rn. 36 ff.; VG Freiburg, Urt. v. 19.04.2012 - 4 K 1626/11 -, Juris Rn. 24). Der Kläger selbst hat jedenfalls nicht geltend gemacht, rechtsgestaltende Erklärungen wie eine Rücknahme oder eine Anfechtungserklärung abgegeben zu haben. Auch das in dem Verwaltungsvorgang befindliche Schreiben gegenüber der Beklagten vom 20. Juli 2009 (Bl. 216 BA), mit dem er sich gegen eine Inanspruchnahme wendet, ist schon deshalb nicht als eine derartige Erklärung zu bewerten, weil sie nicht gegenüber der Ausländerbehörde als Empfängerin der Verpflichtungserklärung vom 13. Juli 2006, sondern gegenüber der Beklagten abgegeben worden ist und Erstattungen aus Leistungsverhältnissen anderer Behörden nicht ausschließen konnte.
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Inwieweit die Leistungen, für die der Beklagte vorliegend eine Erstattung verlangt hat, und der von ihnen betroffene Zeitraum von der Erklärung abgedeckt sind, ist eine Frage des Inhaltes der nach wie vor wirksamen Verpflichtungserklärung.
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Inhalt und Reichweite der Verpflichtungserklärung des Klägers sind durch Auslegung anhand objektiver Umstände (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Es ist durch Auslegung zu bestimmen, für welchen Aufenthaltszweck und welche (Gesamt-)Aufenthaltsdauer sie gelten soll. Der Geltungsdauer der dem Ausländer, für den die Verpflichtung eingegangen wurde, erteilten Aufenthaltsgenehmigung kommt in der Regel keine entscheidende Bedeutung zu. Die Unterhaltsverpflichtung endet, wenn sie nicht ausdrücklich befristet ist, nach Maßgabe der Auslegung im Einzelfall mit dem Ende des vorgesehenen Aufenthalts. Hängt die vorgesehene Aufenthaltsdauer - wie häufig - vom Aufenthaltszweck ab, kann auch der Zeitraum der Verpflichtung anhand des Aufenthaltszwecks bestimmt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a.a.O.). Bei der Auslegung ist ferner zu berücksichtigen, dass die Verpflichtungserklärung auf einem Formular des Erklärungsempfängers abgegeben wurde. Grundsätzlich ist bei der Auslegung einer Willenserklärung auf den Empfängerhorizont abzustellen, doch kann es sich anders verhalten, wenn die Erklärung auf einem derartigen Formular abgegeben wird. In einem solchen Fall kommt es jedenfalls auch darauf an, wie der Erklärende die Eintragungen im Formular verstehen durfte, wobei Zweifel zu Lasten des Formularverwenders gehen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.06.2007 m.w.N., juris; BayVGH, Urt. v. 26.04.2012 - 10 B 11.2838 -, Juris; zu allem vgl. Senatsurt. v. 10.08.2012 - 4 LB 8/12 und 4 LB 9/12 -).
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Die vom Kläger 2006 abgegebene Verpflichtung bezieht sich ihrem Wortlaut nach nicht mehr auf den Zeitraum, in dem die im angefochtenen Bescheid geltend gemachten Aufwendungen entstanden sind. Die auf bundeseinheitlichem Vordruck (Bundesdruckerei Art.-Nr. 10150) abgegebene Erklärung bezeichnet den Zeitraum der Verpflichtung als „vom Beginn der voraussichtlichen Visumgültigkeit am ... bis zur Beendigung des Aufenthalts o.g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“. Beginn der Geltungsdauer der Verpflichtung sowie der Aufenthaltszweck sind in der Erklärung durch individuellen Zusatz in hervorgehobener Schriftgröße mit „ab Tag der Einreise zwecks Familiennachzug“ festgehalten.
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Für die Auffassung des Klägers, mit der Verpflichtungserklärung sei lediglich der Zeitraum der Geltungsdauer eines dreimonatigen Besuchsvisums abgedeckt worden, findet sich in der Erklärung auch aus Sicht des Verständnishorizontes des Erklärenden bei Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB allerdings kein Anhaltspunkt. Dass das Formular zuvor gegenüber dem Kläger im Zusammenhang mit kurzen Besuchsaufenthalten anderer Personen verwendet worden war, ist insoweit nicht maßgeblich. Ein Besuchsvisum für Frau C. stand nicht in Rede. Auch die Gültigkeitsdauer des dreimonatigen Einreisevisums von Frau C. begrenzt nicht die Wirksamkeit der vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärung (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a.a.O. Rn. 34), zumal der ausdrücklich in seine Erklärung aufgenommene Aufenthaltszweck des Familiennachzuges längerfristiger Natur war und schon von daher eine Parallele zu einem vorübergehenden Besuchsaufenthalt ausschied.
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Jedoch war die Erteilung eines Aufenthaltstitels an Frau C. ab dem 9. Februar 2009 nach der im August 2008 erfolgten Einbürgerung ihres Ehemannes mit einem Wechsel des Aufenthaltszwecks verbunden, der dazu führte, dass sich die Verpflichtungserklärung des Klägers nicht mehr auf den nach dieser Erteilung des Aufenthaltstitels liegenden Zeitraum bezog. Dem steht nicht entgegen, dass die Ausländerbehörde (wie sie auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt hat) trotz der deutschen Staatsangehörigkeit des Ehemannes von Frau C. im Februar 2009 erneut eine - bis Februar 2011 gültige - Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG für Ehegatten eines Ausländers und erst ab 2011 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG für Ehegatten eines Deutschen erteilt hat, da es sich insoweit um einen offensichtlichen Irrtum in der Angabe der Rechtsgrundlage handelte, der nicht zu Lasten des Klägers gehen kann. Soweit für die Beendigung des Gültigkeitszeitraumes einer Verpflichtungserklärung aufgrund des Wechsels des Aufenthaltszwecks des betreffenden Ausländers gefordert wird, dass der neue Aufenthaltszweck aufenthaltsrechtlich anerkannt worden sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a.a.O. Juris Rn. 34; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.03.2013 - 12 S 1188/12 -, Juris Rn. 31) und deshalb nicht allein das Hineinwachsen in eine materiell-rechtliche Anspruchsposition maßgeblich sein könne, weil dem Erfordernis eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und eines diesbezüglichen Verwaltungsverfahrens Rechnung zu tragen sei (VGH-Baden-Württemberg, a.a.O. m.w.N., entgegen Funke-Kaiser, in: GK zum AufenthG, § 68 Rn. 5, 22), so waren auch diese Voraussetzungen im Falle von Frau C. erfüllt. Der hier streitgegenständliche Leistungszeitraum liegt nach der ausländerbehördlichen Bescheidung ihres Antrages auf Verlängerung ihres Aufenthaltstitels, die rechtmäßig nur auf Grundlage des § 28 Abs. 1 AufenthG hätte erfolgen dürfen.
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Bei dem Familiennachzug zu Deutschen i.S.v. § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG handelt es sich um einen gegenüber dem Familiennachzug in Gestalt des Ehegattennachzuges nach § 30 AufenthG eigenständigen Aufenthaltszweck im Sinne der vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärung.
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Nach dem in §§ 7 und 8 AufenthG verankerten Trennungsprinzip wird ein Aufenthaltstitel nur für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt, an den das Gesetz unterschiedliche Rechtsfolgen - etwa hinsichtlich der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder der Verfestigung des Aufenthalts - knüpft. Ein Ausländer kann seine aufenthaltsrechtlichen Ansprüche nur aus den Rechtsgrundlagen ableiten, die der Gesetzgeber für die spezifischen, von ihm verfolgten Aufenthaltszwecke geschaffen hat. Die unterschiedlichen Arten von Aufenthaltserlaubnissen stellen daher jeweils eigenständige Regelungsgegenstände dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.03.2013 - 1 C 12/12 -, Juris Rn. 21; Urt. v. 09.06.2009 - 1 C 11/08 - BVerwGE 134, 124; Urt. v. 04.209.2007 - 1 C 43/06 -, BVerwGE 129, 226). Nach § 8 Abs. 1 AufenthG sind auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis dieselben Vorschriften anzuwenden wie auf die Erteilung. Richtet sich die Abgrenzung der unterschiedlichen Aufenthaltszwecke der Aufenthaltstitel maßgeblich nach ihren Rechtsfolgen (insbesondere für die Verlängerung, Aufenthaltsverfestigung, u.U. auch die Gestattung der Erwerbstätigkeit), so liegt in der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einbürgerung des Ehegatten eine relevante Zäsur, die ungeachtet des in den Überschriften zu §§ 27 bis 29 AufenthG (und vorliegend in der Verpflichtungserklärung des Klägers) verwandten Oberbegriffes „Familiennachzug“ innerhalb des 6. Abschnitts des AufenthG „Aufenthalt aus familiären Gründen“ einen Wechsel des Aufenthaltszwecks im Verhältnis der Titel nach § 30 und § 28 AufenthG begründet. Zwar ist die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft Voraussetzung für die Verlängerung beider Arten von Aufenthaltstitel. Unterschiede bestehen aber gerade hinsichtlich der für den Erklärenden einer Verpflichtung nach § 68 AufenthG bedeutsamen wirtschaftlichen Grundlagen für den Lebensunterhalt der Ehegatten. Während für die Verlängerung des Aufenthalts des Ehegatten eines Ausländers nach § 30 Abs. 1 und 3 AufenthG Ermessen hinsichtlich einer Abweichung vom der Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auszuüben ist, soll die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten eines Deutschen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 AufenthG in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erteilt werden. Damit kommt es nur noch in einem atypischen Ausnahmefall auf die wirtschaftliche Absicherung des ausländischen Ehegatten eines Deutschen an. Des Weiteren begründet die deutsche Staatsangehörigkeit unter dem Schutz des Art. 6 GG, Art. 8 EMRK eine entscheidende Aufenthaltsverfestigung für den ausländischen Ehegatten, da seinem Ehegatten - anders als bei Ehen zwischen ausländischen Partnern - wegen des Grundrechts aus Art. 11 GG die Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Ausland grundsätzlich nicht zugemutet werden kann und sich das Gewicht der privaten Interessen am Ehegattennachzug zur Führung der ehelichen Gemeinschaft im Bundesgebiet deutlich erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.09.2012 - 10 C 12/12 -, BVerwGE 144, 141 Juris Rn. 26 f. m.w.N.).
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Für denjenigen, der eine Verpflichtungserklärung abgibt, kommt es vor allem auf die Überschaubarkeit des Umfangs und Dauer der potentiell auf ihn zukommenden finanziellen Belastungen an. In der Aufenthaltsverfestigung aufgrund einer deutschen Staatsangehörigkeit des Ehegatten des Ausländers, für dessen Lebensunterhalt die Verpflichtung abgegeben werden soll, wird regelmäßig aus Sicht des Erklärenden ein für seine Willenserklärung ganz wesentlicher Umstand liegen, weil sich durch sie der Familiennachzug von einem längerfristigen zu einem regelmäßig dauerhaften Aufenthaltszweck entwickelt. Auch aus objektiver Sicht des Erklärenden liegt daher in der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Einbürgerung des sich schon im Bundesgebiet aufhaltenden Ehegatten ein Wechsel des Aufenthaltszwecks, der die zeitliche Gültigkeit der von ihm abgegebenen Verpflichtung begrenzt. Zu berücksichtigen ist hierbei weiterhin, dass auch nach laienhafter Kenntnis eine Einbürgerung die grundsätzliche Fähigkeit zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Familie voraussetzt. Mit einer Fortdauer der Gültigkeit der übernommenen finanziellen Erstattungsverpflichtung für einen Familiennachzug über den Zeitpunkt der Einbürgerung des Ehegatten hinaus braucht der Erklärende nicht zu rechnen.
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Selbst wenn man in der Änderung des Aufenthaltstitels vom Ehegattennachzug zu einem Ausländer hin zum Ehegattennachzug zu einem Deutschen keinen Wechsel des Aufenthaltszwecks sähe und damit die Verpflichtungserklärung Leistungen für den Lebensunterhalt von Frau C. auch noch nach Einbürgerung ihres Ehemannes umfasste, wären die ergangenen Bescheide rechtswidrig, weil es jedenfalls an einer erforderlichen Ermessensbetätigung des Beklagten über die Frage der Heranziehung des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum fehlt.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Senatsurt. v. 10.08.2012 - 4 LB 8/12 -), ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahingehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall wird vorliegen, wenn der Aufenthalt des Ausländers in Deutschland allein oder überwiegend private Gründe hat und dementsprechend der Lebensunterhalt ausschließlich von privater Seite zu sichern ist. Zudem muss die Lebensunterhaltssicherung einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sein und es darf nichts dafür sprechen, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte. Hingegen hat die erstattungsberechtigte Stelle bei atypischen Gegebenheiten im Wege des Ermessens zu entscheiden, in welchem Umfang der Anspruch geltend gemacht wird und welche Zahlungserleichterungen dem Verpflichteten etwa eingeräumt werden. Wann in diesem Sinne ein Ausnahmefall vorliegt, ist anhand einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden und unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung (BVerwG, Urt. v. 18.04.2013 - 10 C 10/12 -, Juris, sowie Urt. v. 24.11.1998, a.a.O.). Die Besonderheiten des Einzelfalls sind bereits bei der Geltendmachung der Forderung von rechtlicher Bedeutung und kommen nicht erst im vollstreckungsrechtlichen Verfahren, sei es durch Stundung, Niederschlagung oder Erlass der Forderung, zum Tragen.
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Nach dem oben Dargelegten liegt in der zwischenzeitlichen Einbürgerung des Ehemannes von Frau Sevgi C., für welche der Kläger die Verpflichtung übernommen hatte, ein Umstand, der einen Ausnahmefall begründet, auch wenn der Aufenthalt von Frau C. weiterhin den privaten Grund der Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft (wie auch der Lebensgemeinschaft mit ihren Kindern, von denen mindestens eines die deutsche Staatsangehörigkeit haben dürfte) hat. Durch die Einbürgerungsentscheidung zugunsten von Herrn C., deren genaue Rechtsgrundlagen hier dahinstehen können und aus dem Verwaltungsvorgang nicht ersichtlich sind, hat die Bundesrepublik eine entscheidende Ursache für einen dauerhaften Aufenthalt auch der vom Schutz der Art. 6 GG, Art. 8 EMRK erfassten Familienmitglieder gesetzt, bei der er gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG regelmäßig auch eine positive Prognose hinsichtlich der Lebensunterhaltssicherung des Einbürgerungsbewerbers für sich und seine Angehörigen zu treffen hatte. Die selbständige Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG gehört zu den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit das den Einbürgerungsbehörden nach § 8 Abs. 1 StAG eingeräumte Ermessen eröffnet ist; ein besonderer Härtefall i.S.v. § 8 Abs. 2 StAG, bei dem von der Voraussetzung der selbständigen Unterhaltssicherung abgesehen werden kann, muss durch atypische Einzelfallgesichtspunkte bedingt sein (std. Rspr. des BVerwG, vgl. Beschl. - 5 PKH 13/12 - v. 06.02.2013 m.w.N., Juris). Somit geböte es im vorliegenden Fall der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz schon aufgrund der Einbürgerung des Ehemannes von Frau C., im Einzelfall darüber zu entscheiden, inwieweit dem Kläger eine Heranziehung zur Erstattung von öffentlichen Leistungen für den Zeitraum nach der Einbürgerung überhaupt zugemutet werden kann bzw. in welchem Umfang dies der Fall ist.
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Eine Ermessensentscheidung wäre hier darüber hinaus wegen der nur überschlägig erfolgten Prüfung der Leistungsfähigkeit des Klägers bei Abgabe seiner Verpflichtungserklärung geboten, weil die Behörde angesichts des ihr aus der zusammen mit der Verpflichtung abgegebenen ergänzenden Erklärung des Klägers bekannten Umfangs seiner Unterhaltsverpflichtungen gegenüber vier weiteren Personen eine Risikoentscheidung getroffen und somit eine Mitverantwortung übernommen hat, indem sie keine eingehende und sorgfältige, sondern nur eine überschlägige Bonitätsprüfung des Erklärenden vorgenommen hat (vgl. dazu schon Senatsurt. v. 10.08.2012 - 4 LB 8/12 -). Die vom Kläger unterschriebene Bestätigung, zu der Verpflichtung aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage zu sein, ersetzt eine individuelle Bonitätsprüfung jedenfalls dann nicht, wenn die Ausländerbehörde die Geltungsdauer der Verpflichtungserklärung über den Geltungszeitraum des Einreisevisums hinaus begründen wollte. Eine solche Verpflichtung kann zu unabsehbar hohen Kostenerstattungsforderungen führen. Hat sich die Ausländerbehörde in einem solchen Falle mit einer bloßen Versicherung des Verpflichtungsgebers begnügt, bedarf es auch aus diesem Grunde gesonderter Ermessenserwägungen über die Heranziehung. Dass der Kläger hier seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht bestritten hat, macht eine Ermessensentscheidung nicht von vorneherein entbehrlich, da sich der Kläger auf Grundlage seiner Rechtsauffassung, seine Verpflichtungserklärung beziehe sich nur auf den Dreimonatszeitraum üblicher Besuchsvisa, hierzu nicht äußern musste. Hat die Ausländerbehörde zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung für einen längerfristigen Aufenthaltszweck eine volle Bonitätsprüfung unterlassen, so ist eine solche bei der Entscheidung über die Heranziehung des Erklärenden zur Erstattung öffentlicher Aufwendungen nachzuholen (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.06.2007 - 22 LC 88/06 -, Juris Rn. 12).
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Bei der Bonitätsprüfung des Verpflichteten sind die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO zu berücksichtigen. Die Verpflichtungserklärung ist gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes des Bundes vollstreckbar. Die sinngemäße Geltung der Vorschriften über den Vollstreckungsschutz nach §§ 850 ff. ZPO ergibt sich über die Verweisung des § 5 Abs. 1 VwVG auf § 319 AO (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.2013, a.a.O., Juris Rn. 33). Eine überschlägige Berechnung des pfändbaren Nettoeinkommens der Klägers zur Zeit der Abgabe der Verpflichtungserklärung anhand der Pfändungsfreibeträge des § 850c ZPO ergibt einen Betrag von monatlich lediglich ca. 125 €. Diese - anhand der Pfändungstabelle zu § 850c ZPO auch für die Ausländerbehörde rasch ermittelbare - geringe Höhe des für regelmäßige Unterhaltsleistungen für Frau C. einsetzbaren Betrages wäre bei der Frage, in welchem Umfang die Ausländerbehörde zum damaligen Zeitpunkt eine Mitverantwortung für die Unterhaltssicherung übernommen hat, im Rahmen der Ermessensentscheidung über eine Heranziehung des Klägers zu berücksichtigen.
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Die gegenüber dem Kläger ergangenen Bescheide enthalten keine Ermessenserwägungen. Im Widerspruchsbescheid wird ausgeführt, aus der Verpflichtungserklärung ergebe sich keine zeitliche Beschränkung. Sachliche Gesichtspunkte für einen Ablauf der Verpflichtung seien nicht ersichtlich. Aus diesen Ausführungen lassen sich Erwägungen zur Ausübung eines Ermessens über die Heranziehung des Klägers, die sich mit dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, aber insbesondere auch mit der angemessenen Lastenverteilung angesichts der 2008 erfolgten Einbürgerung des Ehemanns von Frau C. und der dadurch bewirkten Aufenthaltsverfestigung befassen, nicht ableiten.
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Nach alledem war die Berufung im vollen Umfang erfolgreich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).
(1) Wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat für einen Zeitraum von fünf Jahren sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum sowie der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistung beruhen, sind nicht zu erstatten. Der Zeitraum nach Satz 1 beginnt mit der durch die Verpflichtungserklärung ermöglichten Einreise des Ausländers. Die Verpflichtungserklärung erlischt vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren ab Einreise des Ausländers nicht durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Abschnitt 5 des Kapitels 2 oder durch Anerkennung nach § 3 oder § 4 des Asylgesetzes.
(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 bedarf der Schriftform. Sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Der Erstattungsanspruch steht der öffentlichen Stelle zu, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat.
(3) Die Auslandsvertretung unterrichtet unverzüglich die Ausländerbehörde über eine Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1.
(4) Die Ausländerbehörde unterrichtet, wenn sie Kenntnis von der Aufwendung nach Absatz 1 zu erstattender öffentlicher Mittel erlangt, unverzüglich die öffentliche Stelle, der der Erstattungsanspruch zusteht, über die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 und erteilt ihr alle für die Geltendmachung und Durchsetzung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Auskünfte. Der Empfänger darf die Daten nur zum Zweck der Erstattung der für den Ausländer aufgewendeten öffentlichen Mittel sowie der Versagung weiterer Leistungen verarbeiten.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 7. Kammer - vom 03. April 2012 geändert.
Der Bescheid des Beklagten vom 16. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 2009 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung als Erstattungspflichtiger für Sozialleistungen auf Grundlage einer ausländerrechtlichen Verpflichtungserklärung.
- 2
Der 1965 geborene Kläger besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und ist Inhaber eines Kfz-Reparatur- und Handelsbetriebes in A-Stadt. Unter dem 13. Juli 2006 gab er bei der Ausländerbehörde des Kreises Herzogtum Lauenburg eine Verpflichtungserklärungserklärung nach § 68 AufenthG ab, in der es auszugsweise heißt:
- 3
„Ich (…) verpflichte mich gegenüber der Ausländerbehörde für C., Sevgi [es folgen die Personalien], Verwandtschaftsbeziehung mit dem Antragsteller: weitläufige Verwandtschaft, von Beginn der voraussichtlichen Visumsgültigkeit am … bis zur Beendigung des Aufenthalts o.g. Ausländers / in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck, ab Tag der Einreise zwecks Familiennachzug, nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 66 und 67 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für die Ausreise o.g. Ausländers / in zu tragen. Die Verpflichtung umfasst die Erstattung sämtlicher öffentlicher Mittel, die für den Lebensunterhalt einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden (z.B. Arztbesuche, Medikamente, Krankenhausaufenthalt). Dies gilt auch, soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch beruhen, (z.B. Leistungen nach dem II. oder XII. Buch SGB oder dem Asylbewerberleistungsgesetz) im Gegensatz zu Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistungen beruhen. (…) Die vorliegende Verpflichtung umfasst auch die Ausreisekosten (…). Ich wurde von der Ausländerbehörde hingewiesen auf den Umfang und die Dauer der Haftung und über die Bindungswirkung dieser Verpflichtung. (…) Ich bestätige, zu der Verpflichtung aufgrund meiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage zu sein.“
- 4
Die Ausländerbehörde bestätigte auf dem Formular der Verpflichtungserklärung, dass der Kläger seine finanzielle Leistungsfähigkeit glaubhaft gemacht habe. Auf einem weiteren gesonderten Formular gab der Kläger eine Erklärung u.a. folgenden Inhaltes ab:
- 5
„Folgendes habe ich zur Kenntnis genommen:
- 6
Die Verpflichtung umfasst die Erstattung sämtlicher öffentlicher Mittel, die für den Lebensunterhalt einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden (z. B. Arztbesuch, Medikamente, Krankenhausaufenthalt). Dies gilt auch, soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch beruhen, (z. B. Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz) im Gegensatz zu Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistung beruhen. (...) Die vorliegende Verpflichtung umfasst auch die Ausreisekosten des o.g. Ausländers/in (...) Ich wurde von der Ausländerbehörde hingewiesen auf:
- 7
- den Umfang und die Dauer der Haftung und über die Bindungswirkung dieser Verpflichtung (...).
- 8
In Kenntnis dieser Belehrung gebe ich die Verpflichtungserklärung für C., Sevgi ab. Meine Familie besteht aus 5 Personen. Davon bin ich 4 Personen zum Unterhalt verpflichtet. (...) Ich habe ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von ca. 2.600,-- EURO. (...) Beigefügt lege ich vor: 1. Einkommensnachweis“
- 9
Bei der in der Verpflichtungserklärung aufgeführten Sevgi C. handelte es sich um die Ehefrau seines damaligen Auszubildenden. Frau C. wurde daraufhin ein vom 21. Juli 2006 bis 20. Oktober 2006 gültiges Einreisevisum zum Zweck der Familienzusammenführung erteilt. Ab dem 18. Oktober 2006 erhielt Frau C. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG.
- 10
Ab dem 29. März 2007 wurden Frau C. von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt. Nach Bekanntwerden der Verpflichtungserklärung des Klägers vom 13. Juli 2006 erließ die Beklagte zunächst gegenüber Frau C. einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid für den Zeitraum 19. Januar bis 30. September 2007, der jedoch mit Abhilfebescheid vom 20. Juni 2008 aufgehoben wurde, nachdem die Widerspruchsstelle darauf hingewiesen hatte, dass das Vorliegen einer ausländerrechtlichen Verpflichtungserklärung einer dritten Person keinen Leistungsausschluss nach §§ 7, 8 SGB II begründe. Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 2008 wegen einer beabsichtigten Erstattung der Kosten der an Frau C. geleisteten Sozialhilfe für den - vorliegend nicht streitgegenständlichen - Zeitraum vom 19. Januar bis 30. September 2007 an. In seiner Stellungnahme vom 05. August 2008 machte der Kläger geltend, er sei davon ausgegangen, dass sich die Kostenhaftung aus einer solchen Verpflichtungserklärung, die ihm aus Fällen von Besuchsvisen für Verwandte bekannt gewesen sei, längstens auf einen Zeitraum von drei Monaten beziehe. Er sei auf die Möglichkeit einer zeitlich unbeschränkten Kostenhaftung nicht hingewiesen worden. Die Heranziehung für einen weit nach einem Dreimonatszeitraum liegenden Zeitraum widerspreche Treu und Glauben.
- 11
Am 26. August 2008 wurde der Ehemann von Frau C., Herr Fatih C., eingebürgert. Nachfolgend wurde die Aufenthaltserlaubnis von Frau Sevgi C. zunächst ab Februar 2009 erneut auf Grundlage von § 30 AufenthG und ab 2011 auf Grundlage von § 28 Abs. 1 AufenthG verlängert. Das Ehepaar hat zwei nach Einreise von Frau C. in der Bundesrepublik (am 23. August 2007 und am 05. Juli 2009) geborene Kinder.
- 12
Mit Bescheid des Beklagten vom 16. Juli 2009 (BA A Bl. 183) wurden für Frau Sevgi C. Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01. März bis 31. Juli 2009 iHv insgesamt 1.730,23 € bewilligt (mtl. 155 € Unterkunftskosten sowie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes inkl. Mehrbedarfe zwischen 116,89 und 323 € mtl.). Mit Schreiben vom 28. Mai 2009 wurde der Kläger zur beabsichtigten Heranziehung zur Erstattung von an Frau C. gewährte Sozialleistungen im Zeitraum vom 01. März 2009 bis 31. Juli 2009 in Höhe von „monatlich 525,-- €“ angehört. Mit Bescheid vom 16. Juli 2009 forderte die Beklagte den Kläger für den genannten Zeitraum zur Erstattung von an Frau C. gezahlten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 2.570,80 € auf. Den hiergegen - mit der bereits zuvor inhaltlich abgegebenen Begründung - eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. Dezember 2009 zurück. Zur Begründung wies sie darauf hin, der Kläger unterliege nach § 68 Abs. 1 AufenthG einer Erstattungspflicht, die aus der von ihm unterzeichneten Verpflichtungserklärung keiner zeitlichen Beschränkung unterliege. Sachliche Gesichtspunkte für einen Ablauf der Verpflichtung seien ebenfalls nicht ersichtlich.
- 13
Zur Begründung der hiergegen am 04. Januar 2010 eingereichten Klage hat der Kläger erläutert, er sei im Jahre 2006 von seinem damaligen Auszubildenden Fatih C. um die Abgabe einer Verpflichtungserklärung gebeten worden, weil dessen Einkommen für ein Visum zur Familienzusammenführung zu gering gewesen sei und die Ehefrau ihn zumindest einmal habe besuchen wollen. Ein Zuzug der Ehefrau sei im Zeitraum der Ausbildung wirtschaftlich nicht möglich. Der Kläger sei daher davon ausgegangen, dass es um ein Besuchsvisum gehe, zumal ihm bekannt gewesen sei, dass für einen Familiennachzug ein Einkommen des Ehegatten nachgewiesen werden müsse. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass ein solcher Nachweis auch durch Bürgschaft eines Dritten erfolgen könne. Auch nach § 27 AufenthG komme es auf die Lebensunterhaltsdeckung durch den Zusammenführenden an. Der Kläger habe bei Abgabe der Verpflichtungserklärung am 13. Juli 2006 einen schon vollständig ausgefüllten Vordruck vorgefunden, der ihm wegen zuvor bereits häufiger abgegebenen Verpflichtungserklärungen für Besuchervisa wohl bekannt gewesen sei. Weitere Hinweise seien ihm bei der Ausländerbehörde nicht gegeben worden. Seine Willenserklärung habe sich lediglich auf eine übliche Verpflichtungserklärung für ein Besuchervisum gerichtet, nicht jedoch auf eine unbegrenzte Wirkungsdauer bezüglich einer Einreise zwecks Familiennachzugs. Auf eine solche besondere abweichende Verwendung sei er nicht hingewiesen worden und habe auch mit ihrer Möglichkeit nicht rechnen müssen. Eine quasi unbegrenzte Haftung des Klägers für alle Zeiten aus der abgegebenen Verpflichtungserklärung widerspreche Treu und Glauben.
- 14
Der Kläger hat beantragt,
- 15
den Zahlungsbescheid der Beklagten vom 16.07.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2009 aufzuheben.
- 16
Die Beklagte hat beantragt,
- 17
die Klage abzuweisen.
- 18
Zur Begründung hat sie auf die Aktenvorgänge sowie auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
- 19
Mit Urteil vom 03. April 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze der §§ 133 und 157 BGB anhand aller erkennbaren Einzelfallumstände auszulegende Verpflichtungserklärung sei hinreichend bestimmt gewesen und habe keine inhaltliche oder zeitliche Begrenzung oder Einschränkung enthalten. Angesichts des Wortlautes der Verpflichtungserklärung und der am selben Tage abgegebenen weiteren Erklärung über Inhalt der Verpflichtung und Hinweise der Ausländerbehörde bestünden keine Anhaltspunkte für die vom Kläger geltend gemachte Einschränkung.
- 20
Mit Beschluss vom 15. August 2012 hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Kläger trägt zur Begründung der Berufung vor, eine Auslegung der Verpflichtungserklärung nach §§ 133, 157 BGB anhand des wirklichen Willens des Erklärenden und unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ergebe, dass der Kläger keine zeitlich vollkommen unbefristete Verpflichtungserklärung habe abgeben wollen, sondern nur eine Erklärung, die längstens für den Zeitraum eines üblichen Besuchervisums befristet gewesen sei. Das vom Kläger unterzeichnete Formular betreffe ausschließlich einen zeitlich begrenzten Zeitraum zu Besuchszwecken, der nicht zu einem Daueraufenthalt führen bzw. nicht in einen anderen Aufenthaltszweck überführt werden könne. Für einen nachfolgenden Ehegattenaufenthalt werde ein Visum zur Familienzusammenführung erteilt, für das der Zusammenführende die Deckung des Unterhaltsbedarfs nachweisen müsse. Die Erteilung eines zunächst befristeten und dann dauerhaften Aufenthaltstitels für einen Ehegatten, welcher zur zeitlich vollkommen unbefristeten Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Unterzeichners einer Verpflichtungserklärung führe, sei ausländerrechtlich nicht vorgesehen. Vielmehr hätte auf Grundlage der vom Kläger unterzeichneten Verpflichtungserklärung allenfalls ein Besuchervisum erteilt werden dürfen. Es könne unter Beachtung von Treu und Glauben nicht zu Lasten des Klägers gehen, wenn die Ausländerbehörde stattdessen einen Ehegattenaufenthaltstitel gewähre. Mit einer solchen Ausstellung habe auch der Kläger bei Abgabe der Verpflichtungserklärung nicht rechnen müssen.
- 21
Der Kläger beantragt,
- 22
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 03. April 2012 den Zahlungsbescheid des Beklagten vom 16. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 2009 aufzuheben.
- 23
Die Beklagte beantragt,
- 24
die Berufung zurückzuweisen.
- 25
Zur Begründung bezieht sie sich auf den erstinstanzlichen Vortrag.
- 26
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 27
Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 16. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Bescheide sind deshalb aufzuheben.
- 28
In Höhe des Differenzbetrages zwischen dem vom Kläger verlangten Betrag iHv 2.570,80 € und den für Leistungen an Frau C. von dem Beklagten im hier streitgegenständlichen Zeitraum aufgewandten Betrag iHv lediglich 1.730,23 € scheidet ein Erstattungsanspruch des Beklagten auf Grundlage der Verpflichtungserklärung von vorneherein aus, so dass die Klage insoweit schon aus diesem Grunde Erfolg haben musste. Im Übrigen gilt Folgendes:
- 29
Rechtsgrundlage für die Erstattung öffentlicher Mittel für den Lebensunterhalt eines Ausländers ist § 68 AufenthG. Wer sich der Ausländerbehörde gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen (§ 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Die Verpflichtung bedarf der Schriftform. Der Erstattungsanspruch steht der öffentlichen Stelle zu, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat (§ 68 Abs. 2 AufenthG). In der Rechtsprechung zur Vorgängervorschrift zu § 68 AufenthG (§ 84 AuslG 1990) ist geklärt, dass die anspruchsberechtigte öffentliche Stelle nach der Konzeption der Haftungsnorm berechtigt ist, den hinter ihr stehenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch durch Erlass eines Leistungsbescheides geltend zu machen (BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33/97 -, DVBl. 1999, 537). Nichts anderes gilt für die Vorschrift des § 68 AufenthG (vgl. zu alledem Senatsurt. v. 10.08.2012 - 4 LB 8/12 und 4 LB 9/12).
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Bei der vom Kläger in der gebotenen Schriftform (§ 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) abgegebenen Verpflichtungserklärung vom 13. Juli 2006 handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie ist wirksam abgegeben. Insbesondere steht der Wirksamkeit nicht eine offensichtliche Leistungsunfähigkeit des Klägers im Hinblick auf die Erstattung künftiger öffentlicher Leistungen zugunsten von Frau Sevgi C. entgegen. Die Behörde ist bei Abgabe der Verpflichtungserklärung verpflichtet, die Bonität des Erklärenden im Hinblick auf seine Fähigkeit zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung zu prüfen (vgl. Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, Stand: März 2012, § 68 Rn. 15). Ob der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bereits der Wirksamkeit einer Verpflichtungserklärung, welche von einem offenkundig für keinerlei Unterhaltsleistungen gegenüber Dritten leistungsfähigen Erklärenden entgegengenommen wird, entgegenstünde (offengelassen in: BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33/97 -, BVerwGE 108, 1, Juris Rn. 40; vgl. auch VG Freiburg, Urt. v. 19.04.2012 4 K 1626/11 -, Juris Rn. 23), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht, da der Kläger bei Abgabe der Verpflichtungserklärung unter Vorlage eines Einkommensnachweises angegeben hat, monatlich über ca. 2.600 € netto zu verfügen. Auch bei Berücksichtigung der von ihm angegebenen Unterhaltsverpflichtung gegenüber vier Personen lag eine offenkundige Leistungsunfähigkeit, die jegliche Erstattungsleistungen zugunsten des Unterhaltes eines einreisewilligen Ausländers ausschlösse, nicht vor.
- 31
Dass die Behörde bei Abgabe der Verpflichtungserklärung durch den Kläger nicht eine volle Überprüfung von dessen Bonität vorgenommen, sondern sich ausweislich der Rückseite des Formulars anstelle eines „Nachweises“ der Bonität lediglich mit der „Glaubhaftmachung“ der Leistungsfähigkeit anhand eines vorgelegten Einkommensnachweises begnügt hat, steht der Wirksamkeit der Erklärung ebenfalls nicht entgegen, sondern ist auf der Ebene der Heranziehung des Erklärenden ggf. im Wege einer Ermessensentscheidung (s.u.) zu berücksichtigen.
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Die Verpflichtungserklärung ist nicht zurückgenommen worden, wobei offen bleiben kann, unter welchen Voraussetzungen sich der jeweilige Verpflichtete von seiner Erklärung lösen kann (offengelassen auch: BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33/97 -, BVerwGE 108, 1, Juris Rn. 53; vgl. hierzu auch VG Regensburg, Urt. v. 13.02.2013 - RN 9 K 12.14 -, Juris Rn. 36 ff.; VG Freiburg, Urt. v. 19.04.2012 - 4 K 1626/11 -, Juris Rn. 24). Der Kläger selbst hat jedenfalls nicht geltend gemacht, rechtsgestaltende Erklärungen wie eine Rücknahme oder eine Anfechtungserklärung abgegeben zu haben. Auch das in dem Verwaltungsvorgang befindliche Schreiben gegenüber der Beklagten vom 20. Juli 2009 (Bl. 216 BA), mit dem er sich gegen eine Inanspruchnahme wendet, ist schon deshalb nicht als eine derartige Erklärung zu bewerten, weil sie nicht gegenüber der Ausländerbehörde als Empfängerin der Verpflichtungserklärung vom 13. Juli 2006, sondern gegenüber der Beklagten abgegeben worden ist und Erstattungen aus Leistungsverhältnissen anderer Behörden nicht ausschließen konnte.
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Inwieweit die Leistungen, für die der Beklagte vorliegend eine Erstattung verlangt hat, und der von ihnen betroffene Zeitraum von der Erklärung abgedeckt sind, ist eine Frage des Inhaltes der nach wie vor wirksamen Verpflichtungserklärung.
- 34
Inhalt und Reichweite der Verpflichtungserklärung des Klägers sind durch Auslegung anhand objektiver Umstände (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Es ist durch Auslegung zu bestimmen, für welchen Aufenthaltszweck und welche (Gesamt-)Aufenthaltsdauer sie gelten soll. Der Geltungsdauer der dem Ausländer, für den die Verpflichtung eingegangen wurde, erteilten Aufenthaltsgenehmigung kommt in der Regel keine entscheidende Bedeutung zu. Die Unterhaltsverpflichtung endet, wenn sie nicht ausdrücklich befristet ist, nach Maßgabe der Auslegung im Einzelfall mit dem Ende des vorgesehenen Aufenthalts. Hängt die vorgesehene Aufenthaltsdauer - wie häufig - vom Aufenthaltszweck ab, kann auch der Zeitraum der Verpflichtung anhand des Aufenthaltszwecks bestimmt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a.a.O.). Bei der Auslegung ist ferner zu berücksichtigen, dass die Verpflichtungserklärung auf einem Formular des Erklärungsempfängers abgegeben wurde. Grundsätzlich ist bei der Auslegung einer Willenserklärung auf den Empfängerhorizont abzustellen, doch kann es sich anders verhalten, wenn die Erklärung auf einem derartigen Formular abgegeben wird. In einem solchen Fall kommt es jedenfalls auch darauf an, wie der Erklärende die Eintragungen im Formular verstehen durfte, wobei Zweifel zu Lasten des Formularverwenders gehen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.06.2007 m.w.N., juris; BayVGH, Urt. v. 26.04.2012 - 10 B 11.2838 -, Juris; zu allem vgl. Senatsurt. v. 10.08.2012 - 4 LB 8/12 und 4 LB 9/12 -).
- 35
Die vom Kläger 2006 abgegebene Verpflichtung bezieht sich ihrem Wortlaut nach nicht mehr auf den Zeitraum, in dem die im angefochtenen Bescheid geltend gemachten Aufwendungen entstanden sind. Die auf bundeseinheitlichem Vordruck (Bundesdruckerei Art.-Nr. 10150) abgegebene Erklärung bezeichnet den Zeitraum der Verpflichtung als „vom Beginn der voraussichtlichen Visumgültigkeit am ... bis zur Beendigung des Aufenthalts o.g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“. Beginn der Geltungsdauer der Verpflichtung sowie der Aufenthaltszweck sind in der Erklärung durch individuellen Zusatz in hervorgehobener Schriftgröße mit „ab Tag der Einreise zwecks Familiennachzug“ festgehalten.
- 36
Für die Auffassung des Klägers, mit der Verpflichtungserklärung sei lediglich der Zeitraum der Geltungsdauer eines dreimonatigen Besuchsvisums abgedeckt worden, findet sich in der Erklärung auch aus Sicht des Verständnishorizontes des Erklärenden bei Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB allerdings kein Anhaltspunkt. Dass das Formular zuvor gegenüber dem Kläger im Zusammenhang mit kurzen Besuchsaufenthalten anderer Personen verwendet worden war, ist insoweit nicht maßgeblich. Ein Besuchsvisum für Frau C. stand nicht in Rede. Auch die Gültigkeitsdauer des dreimonatigen Einreisevisums von Frau C. begrenzt nicht die Wirksamkeit der vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärung (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a.a.O. Rn. 34), zumal der ausdrücklich in seine Erklärung aufgenommene Aufenthaltszweck des Familiennachzuges längerfristiger Natur war und schon von daher eine Parallele zu einem vorübergehenden Besuchsaufenthalt ausschied.
- 37
Jedoch war die Erteilung eines Aufenthaltstitels an Frau C. ab dem 9. Februar 2009 nach der im August 2008 erfolgten Einbürgerung ihres Ehemannes mit einem Wechsel des Aufenthaltszwecks verbunden, der dazu führte, dass sich die Verpflichtungserklärung des Klägers nicht mehr auf den nach dieser Erteilung des Aufenthaltstitels liegenden Zeitraum bezog. Dem steht nicht entgegen, dass die Ausländerbehörde (wie sie auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt hat) trotz der deutschen Staatsangehörigkeit des Ehemannes von Frau C. im Februar 2009 erneut eine - bis Februar 2011 gültige - Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG für Ehegatten eines Ausländers und erst ab 2011 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG für Ehegatten eines Deutschen erteilt hat, da es sich insoweit um einen offensichtlichen Irrtum in der Angabe der Rechtsgrundlage handelte, der nicht zu Lasten des Klägers gehen kann. Soweit für die Beendigung des Gültigkeitszeitraumes einer Verpflichtungserklärung aufgrund des Wechsels des Aufenthaltszwecks des betreffenden Ausländers gefordert wird, dass der neue Aufenthaltszweck aufenthaltsrechtlich anerkannt worden sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a.a.O. Juris Rn. 34; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.03.2013 - 12 S 1188/12 -, Juris Rn. 31) und deshalb nicht allein das Hineinwachsen in eine materiell-rechtliche Anspruchsposition maßgeblich sein könne, weil dem Erfordernis eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und eines diesbezüglichen Verwaltungsverfahrens Rechnung zu tragen sei (VGH-Baden-Württemberg, a.a.O. m.w.N., entgegen Funke-Kaiser, in: GK zum AufenthG, § 68 Rn. 5, 22), so waren auch diese Voraussetzungen im Falle von Frau C. erfüllt. Der hier streitgegenständliche Leistungszeitraum liegt nach der ausländerbehördlichen Bescheidung ihres Antrages auf Verlängerung ihres Aufenthaltstitels, die rechtmäßig nur auf Grundlage des § 28 Abs. 1 AufenthG hätte erfolgen dürfen.
- 38
Bei dem Familiennachzug zu Deutschen i.S.v. § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG handelt es sich um einen gegenüber dem Familiennachzug in Gestalt des Ehegattennachzuges nach § 30 AufenthG eigenständigen Aufenthaltszweck im Sinne der vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärung.
- 39
Nach dem in §§ 7 und 8 AufenthG verankerten Trennungsprinzip wird ein Aufenthaltstitel nur für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt, an den das Gesetz unterschiedliche Rechtsfolgen - etwa hinsichtlich der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder der Verfestigung des Aufenthalts - knüpft. Ein Ausländer kann seine aufenthaltsrechtlichen Ansprüche nur aus den Rechtsgrundlagen ableiten, die der Gesetzgeber für die spezifischen, von ihm verfolgten Aufenthaltszwecke geschaffen hat. Die unterschiedlichen Arten von Aufenthaltserlaubnissen stellen daher jeweils eigenständige Regelungsgegenstände dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.03.2013 - 1 C 12/12 -, Juris Rn. 21; Urt. v. 09.06.2009 - 1 C 11/08 - BVerwGE 134, 124; Urt. v. 04.209.2007 - 1 C 43/06 -, BVerwGE 129, 226). Nach § 8 Abs. 1 AufenthG sind auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis dieselben Vorschriften anzuwenden wie auf die Erteilung. Richtet sich die Abgrenzung der unterschiedlichen Aufenthaltszwecke der Aufenthaltstitel maßgeblich nach ihren Rechtsfolgen (insbesondere für die Verlängerung, Aufenthaltsverfestigung, u.U. auch die Gestattung der Erwerbstätigkeit), so liegt in der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einbürgerung des Ehegatten eine relevante Zäsur, die ungeachtet des in den Überschriften zu §§ 27 bis 29 AufenthG (und vorliegend in der Verpflichtungserklärung des Klägers) verwandten Oberbegriffes „Familiennachzug“ innerhalb des 6. Abschnitts des AufenthG „Aufenthalt aus familiären Gründen“ einen Wechsel des Aufenthaltszwecks im Verhältnis der Titel nach § 30 und § 28 AufenthG begründet. Zwar ist die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft Voraussetzung für die Verlängerung beider Arten von Aufenthaltstitel. Unterschiede bestehen aber gerade hinsichtlich der für den Erklärenden einer Verpflichtung nach § 68 AufenthG bedeutsamen wirtschaftlichen Grundlagen für den Lebensunterhalt der Ehegatten. Während für die Verlängerung des Aufenthalts des Ehegatten eines Ausländers nach § 30 Abs. 1 und 3 AufenthG Ermessen hinsichtlich einer Abweichung vom der Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auszuüben ist, soll die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten eines Deutschen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 AufenthG in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erteilt werden. Damit kommt es nur noch in einem atypischen Ausnahmefall auf die wirtschaftliche Absicherung des ausländischen Ehegatten eines Deutschen an. Des Weiteren begründet die deutsche Staatsangehörigkeit unter dem Schutz des Art. 6 GG, Art. 8 EMRK eine entscheidende Aufenthaltsverfestigung für den ausländischen Ehegatten, da seinem Ehegatten - anders als bei Ehen zwischen ausländischen Partnern - wegen des Grundrechts aus Art. 11 GG die Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Ausland grundsätzlich nicht zugemutet werden kann und sich das Gewicht der privaten Interessen am Ehegattennachzug zur Führung der ehelichen Gemeinschaft im Bundesgebiet deutlich erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.09.2012 - 10 C 12/12 -, BVerwGE 144, 141 Juris Rn. 26 f. m.w.N.).
- 40
Für denjenigen, der eine Verpflichtungserklärung abgibt, kommt es vor allem auf die Überschaubarkeit des Umfangs und Dauer der potentiell auf ihn zukommenden finanziellen Belastungen an. In der Aufenthaltsverfestigung aufgrund einer deutschen Staatsangehörigkeit des Ehegatten des Ausländers, für dessen Lebensunterhalt die Verpflichtung abgegeben werden soll, wird regelmäßig aus Sicht des Erklärenden ein für seine Willenserklärung ganz wesentlicher Umstand liegen, weil sich durch sie der Familiennachzug von einem längerfristigen zu einem regelmäßig dauerhaften Aufenthaltszweck entwickelt. Auch aus objektiver Sicht des Erklärenden liegt daher in der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Einbürgerung des sich schon im Bundesgebiet aufhaltenden Ehegatten ein Wechsel des Aufenthaltszwecks, der die zeitliche Gültigkeit der von ihm abgegebenen Verpflichtung begrenzt. Zu berücksichtigen ist hierbei weiterhin, dass auch nach laienhafter Kenntnis eine Einbürgerung die grundsätzliche Fähigkeit zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Familie voraussetzt. Mit einer Fortdauer der Gültigkeit der übernommenen finanziellen Erstattungsverpflichtung für einen Familiennachzug über den Zeitpunkt der Einbürgerung des Ehegatten hinaus braucht der Erklärende nicht zu rechnen.
- 41
Selbst wenn man in der Änderung des Aufenthaltstitels vom Ehegattennachzug zu einem Ausländer hin zum Ehegattennachzug zu einem Deutschen keinen Wechsel des Aufenthaltszwecks sähe und damit die Verpflichtungserklärung Leistungen für den Lebensunterhalt von Frau C. auch noch nach Einbürgerung ihres Ehemannes umfasste, wären die ergangenen Bescheide rechtswidrig, weil es jedenfalls an einer erforderlichen Ermessensbetätigung des Beklagten über die Frage der Heranziehung des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum fehlt.
- 42
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Senatsurt. v. 10.08.2012 - 4 LB 8/12 -), ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahingehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall wird vorliegen, wenn der Aufenthalt des Ausländers in Deutschland allein oder überwiegend private Gründe hat und dementsprechend der Lebensunterhalt ausschließlich von privater Seite zu sichern ist. Zudem muss die Lebensunterhaltssicherung einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sein und es darf nichts dafür sprechen, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte. Hingegen hat die erstattungsberechtigte Stelle bei atypischen Gegebenheiten im Wege des Ermessens zu entscheiden, in welchem Umfang der Anspruch geltend gemacht wird und welche Zahlungserleichterungen dem Verpflichteten etwa eingeräumt werden. Wann in diesem Sinne ein Ausnahmefall vorliegt, ist anhand einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden und unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung (BVerwG, Urt. v. 18.04.2013 - 10 C 10/12 -, Juris, sowie Urt. v. 24.11.1998, a.a.O.). Die Besonderheiten des Einzelfalls sind bereits bei der Geltendmachung der Forderung von rechtlicher Bedeutung und kommen nicht erst im vollstreckungsrechtlichen Verfahren, sei es durch Stundung, Niederschlagung oder Erlass der Forderung, zum Tragen.
- 43
Nach dem oben Dargelegten liegt in der zwischenzeitlichen Einbürgerung des Ehemannes von Frau Sevgi C., für welche der Kläger die Verpflichtung übernommen hatte, ein Umstand, der einen Ausnahmefall begründet, auch wenn der Aufenthalt von Frau C. weiterhin den privaten Grund der Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft (wie auch der Lebensgemeinschaft mit ihren Kindern, von denen mindestens eines die deutsche Staatsangehörigkeit haben dürfte) hat. Durch die Einbürgerungsentscheidung zugunsten von Herrn C., deren genaue Rechtsgrundlagen hier dahinstehen können und aus dem Verwaltungsvorgang nicht ersichtlich sind, hat die Bundesrepublik eine entscheidende Ursache für einen dauerhaften Aufenthalt auch der vom Schutz der Art. 6 GG, Art. 8 EMRK erfassten Familienmitglieder gesetzt, bei der er gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG regelmäßig auch eine positive Prognose hinsichtlich der Lebensunterhaltssicherung des Einbürgerungsbewerbers für sich und seine Angehörigen zu treffen hatte. Die selbständige Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG gehört zu den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit das den Einbürgerungsbehörden nach § 8 Abs. 1 StAG eingeräumte Ermessen eröffnet ist; ein besonderer Härtefall i.S.v. § 8 Abs. 2 StAG, bei dem von der Voraussetzung der selbständigen Unterhaltssicherung abgesehen werden kann, muss durch atypische Einzelfallgesichtspunkte bedingt sein (std. Rspr. des BVerwG, vgl. Beschl. - 5 PKH 13/12 - v. 06.02.2013 m.w.N., Juris). Somit geböte es im vorliegenden Fall der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz schon aufgrund der Einbürgerung des Ehemannes von Frau C., im Einzelfall darüber zu entscheiden, inwieweit dem Kläger eine Heranziehung zur Erstattung von öffentlichen Leistungen für den Zeitraum nach der Einbürgerung überhaupt zugemutet werden kann bzw. in welchem Umfang dies der Fall ist.
- 44
Eine Ermessensentscheidung wäre hier darüber hinaus wegen der nur überschlägig erfolgten Prüfung der Leistungsfähigkeit des Klägers bei Abgabe seiner Verpflichtungserklärung geboten, weil die Behörde angesichts des ihr aus der zusammen mit der Verpflichtung abgegebenen ergänzenden Erklärung des Klägers bekannten Umfangs seiner Unterhaltsverpflichtungen gegenüber vier weiteren Personen eine Risikoentscheidung getroffen und somit eine Mitverantwortung übernommen hat, indem sie keine eingehende und sorgfältige, sondern nur eine überschlägige Bonitätsprüfung des Erklärenden vorgenommen hat (vgl. dazu schon Senatsurt. v. 10.08.2012 - 4 LB 8/12 -). Die vom Kläger unterschriebene Bestätigung, zu der Verpflichtung aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage zu sein, ersetzt eine individuelle Bonitätsprüfung jedenfalls dann nicht, wenn die Ausländerbehörde die Geltungsdauer der Verpflichtungserklärung über den Geltungszeitraum des Einreisevisums hinaus begründen wollte. Eine solche Verpflichtung kann zu unabsehbar hohen Kostenerstattungsforderungen führen. Hat sich die Ausländerbehörde in einem solchen Falle mit einer bloßen Versicherung des Verpflichtungsgebers begnügt, bedarf es auch aus diesem Grunde gesonderter Ermessenserwägungen über die Heranziehung. Dass der Kläger hier seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht bestritten hat, macht eine Ermessensentscheidung nicht von vorneherein entbehrlich, da sich der Kläger auf Grundlage seiner Rechtsauffassung, seine Verpflichtungserklärung beziehe sich nur auf den Dreimonatszeitraum üblicher Besuchsvisa, hierzu nicht äußern musste. Hat die Ausländerbehörde zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung für einen längerfristigen Aufenthaltszweck eine volle Bonitätsprüfung unterlassen, so ist eine solche bei der Entscheidung über die Heranziehung des Erklärenden zur Erstattung öffentlicher Aufwendungen nachzuholen (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.06.2007 - 22 LC 88/06 -, Juris Rn. 12).
- 45
Bei der Bonitätsprüfung des Verpflichteten sind die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO zu berücksichtigen. Die Verpflichtungserklärung ist gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes des Bundes vollstreckbar. Die sinngemäße Geltung der Vorschriften über den Vollstreckungsschutz nach §§ 850 ff. ZPO ergibt sich über die Verweisung des § 5 Abs. 1 VwVG auf § 319 AO (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.2013, a.a.O., Juris Rn. 33). Eine überschlägige Berechnung des pfändbaren Nettoeinkommens der Klägers zur Zeit der Abgabe der Verpflichtungserklärung anhand der Pfändungsfreibeträge des § 850c ZPO ergibt einen Betrag von monatlich lediglich ca. 125 €. Diese - anhand der Pfändungstabelle zu § 850c ZPO auch für die Ausländerbehörde rasch ermittelbare - geringe Höhe des für regelmäßige Unterhaltsleistungen für Frau C. einsetzbaren Betrages wäre bei der Frage, in welchem Umfang die Ausländerbehörde zum damaligen Zeitpunkt eine Mitverantwortung für die Unterhaltssicherung übernommen hat, im Rahmen der Ermessensentscheidung über eine Heranziehung des Klägers zu berücksichtigen.
- 46
Die gegenüber dem Kläger ergangenen Bescheide enthalten keine Ermessenserwägungen. Im Widerspruchsbescheid wird ausgeführt, aus der Verpflichtungserklärung ergebe sich keine zeitliche Beschränkung. Sachliche Gesichtspunkte für einen Ablauf der Verpflichtung seien nicht ersichtlich. Aus diesen Ausführungen lassen sich Erwägungen zur Ausübung eines Ermessens über die Heranziehung des Klägers, die sich mit dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, aber insbesondere auch mit der angemessenen Lastenverteilung angesichts der 2008 erfolgten Einbürgerung des Ehemanns von Frau C. und der dadurch bewirkten Aufenthaltsverfestigung befassen, nicht ableiten.
- 47
Nach alledem war die Berufung im vollen Umfang erfolgreich.
- 48
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
- 49
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat für einen Zeitraum von fünf Jahren sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum sowie der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistung beruhen, sind nicht zu erstatten. Der Zeitraum nach Satz 1 beginnt mit der durch die Verpflichtungserklärung ermöglichten Einreise des Ausländers. Die Verpflichtungserklärung erlischt vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren ab Einreise des Ausländers nicht durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Abschnitt 5 des Kapitels 2 oder durch Anerkennung nach § 3 oder § 4 des Asylgesetzes.
(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 bedarf der Schriftform. Sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Der Erstattungsanspruch steht der öffentlichen Stelle zu, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat.
(3) Die Auslandsvertretung unterrichtet unverzüglich die Ausländerbehörde über eine Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1.
(4) Die Ausländerbehörde unterrichtet, wenn sie Kenntnis von der Aufwendung nach Absatz 1 zu erstattender öffentlicher Mittel erlangt, unverzüglich die öffentliche Stelle, der der Erstattungsanspruch zusteht, über die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 und erteilt ihr alle für die Geltendmachung und Durchsetzung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Auskünfte. Der Empfänger darf die Daten nur zum Zweck der Erstattung der für den Ausländer aufgewendeten öffentlichen Mittel sowie der Versagung weiterer Leistungen verarbeiten.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Jobcenter zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
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Tatbestand:
3Die Kläger sind als Erbengemeinschaft in die Rechte und Pflichten des am 00.00.2015 verstorbenen Herrn Dr. U. L. (Verpflichtungsgeber) eingetreten. Dieser verpflichtete sich am 6. März 2014 gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises, für den Lebensunterhalt seiner Nichte, deren Ehemann und ihres Kindes (Angehörige bzw. Begünstigte), die sämtlich syrische Staatsangehörige sind, aufzukommen. Die Verpflichtungserklärungen umfassen ein ausgefülltes und vom Verpflichtungsgeber unterschriebenes Formular sowie eine vom Verpflichtungsgeber ebenfalls unterzeichnete Zusatzerklärung. Die Verpflichtungserklärungen nehmen die Haftung für Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG aus. Im Feld „Aufenthaltszweck“ ist auf dem Formular der Verpflichtungserklärungen keine Eintragung. Die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts ist mit „Dauer“ angegeben. Im Feld „Dauer der Verpflichtung“ heißt es: „vom Tag der voraussichtlichen Einreise am sofort bis zur Beendigung des Aufenthalts des o.g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck.“ Laut der Zusatzerklärung soll sich die Verpflichtung unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch auf Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes erstrecken und im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann enden, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
4Die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers erhielten am 3. April 2014 ein nationales Visum zum längerfristigen Aufenthalt nach § 6 Abs. 3 AufenthG und reisten am 23. Juni 2014 erstmals in das Bundesgebiet ein. Sie erhielten am 10. Juli 2014 aufgrund der Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen (MIK), Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) vom 3. Februar 2014 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Diese war für die Nichte des Verpflichtungsgebers und ihr Kind bis zum 22. Juni 2016 und für ihren Ehemann bis zum 3. Oktober 2015 befristet. Sie wohnten zunächst in N. . Nach Asylantragstellung im November 2014 wurden sie mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 19. November 2014 der Stadt N1. zugewiesen.
5Im Dezember 2014 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den betreffenden Angehörigen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylVfG in der damals gültigen Fassung zu. Die Stadt N1. erteilte ihnen daraufhin am 9. Februar 2015 jeweils eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Ab dem 11. Februar 2015 erhielten sie durch das beklagte Jobcenter Leistungen nach dem SGB II.
6Mit Schreiben vom 18. März 2015 widerrief der Verpflichtungsgeber seine Verpflichtungserklärungen gegenüber dem beklagten Jobcenter, da er sich wegen der veränderten Aufenthaltssituation der Begünstigten und wegen des geänderten Aufenthaltszwecks nicht länger an seine Erklärung gebunden fühle.
7Mit Leistungsbescheid vom 3. September 2015 verlangte das beklagte Jobcenter von dem Verpflichtungsgeber die Erstattung von 8.832,75 Euro, die es für die Begünstigten vom 11. Februar 2015 bis zum 31. August 2015 nach dem SGB II aufgewendet habe. Zur Begründung trug es im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber aufgrund seiner Verpflichtungserklärungen zur Erstattung verpflichtet sei. Diese hätten weiterhin Bestand, da sich der Aufenthaltszweck der Begünstigten nicht wesentlich verändert habe.
8Entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung legte der Verpflichtungsgeber am 11. September 2015 anwaltlich vertreten hiergegen Widerspruch ein. Diesen wies das beklagte Jobcenter mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung verwies es auf seinen Bescheid vom 3. September 2015 und führte weiter aus, der Aufenthaltszweck sei sowohl bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 AufenthG als auch bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 AufenthG der Schutz der flüchtenden Menschen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 19. Oktober 2015, also am Tag nach dem Tod des Verpflichtungsgebers, an die im Widerspruchsverfahren bevollmächtigten Rechtsanwälte zur Post gegeben.
9Hiergegen haben die Kläger am Montag, dem 23. November 2015 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber nicht mehr aus den Verpflichtungserklärungen in Anspruch genommen werden könne, da mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG eine Zweckänderung stattgefunden habe. Eine solche liege vor, wenn sich die rechtliche Qualifikation des Aufenthaltstitels erheblich geändert habe. Während die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG auf einer Ermessensentscheidung beruhe, diene die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG der Verwirklichung des Grundrechts auf Asyl aus Art. 16a GG und des subjektiven Rechts aus Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU. Darüber hinaus könne nur die auf § 23 Abs. 1 AufenthG beruhende Aufenthaltserlaubnis von einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abhängig gemacht werden. Da der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG Anspruch auf staatliche Leistungen habe, beende deren Erteilung die Leistungspflicht nach § 68 AufenthG. Zudem werde die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG für eine längere Dauer erteilt als diejenige nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Eine Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen folge auch nicht aus dem Subsidiaritätsprinzip gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, da die Verpflichtungserklärungen keinen Anspruch der Begünstigten gegen den Erklärenden begründeten. Darüber hinaus verstoße die Fortgeltung gegen Art. 29 Abs. 1 der RL 2011/95/EU und das Gleichbehandlungsgebot, da die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, anerkannten Flüchtlingen die notwendige Sozialhilfe unter den gleichen Voraussetzungen zu gewähren wie eigenen Staatsangehörigen. Der Anspruch auf Sozialleistungen werde ausgehöhlt, wenn die jeweiligen Anspruchsteller befürchten müssten, dass der Verpflichtungsgeber in Regress genommen werde.
10Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
11den Bescheid des beklagten Jobcenters vom 3. September 2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 aufzuheben.
12Das beklagte Jobcenter beantragt schriftsätzlich,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid.
15Die Kläger haben sich mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2015 und vom 19. Januar 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt. Ferner haben sie die Zulassung der Revision beantragt. Das beklagte Jobcenter hat mit Schriftsätzen vom 22. Januar 2016 und vom 19. Februar 2016 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.
16Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Jobcenters und der Ausländerbehörde der Stadt N1. Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Entscheidung ergeht trotz des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch die Kammer. Denn die Entscheidung, ob von der Möglichkeit des § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO Gebrauch gemacht wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts,
19Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 87a Rdn. 8.
20Das Gericht hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
21Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
23A. Die Klage ist zulässig.
24Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt sich nicht um eine den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG zugewiesene Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe oder des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), sondern um eine Streitigkeit nach dem Ausländer- und Aufenthaltsrecht,
25BSG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - B 8 AY 1/09 R -, juris.
26Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach § 42 Abs. 2 VwGO gemeinsam klagebefugt, da sie nach §§ 1922 Abs. 1, 1967, 2032 Abs. 1, 2058 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten des verstorbenen Verpflichtungsgebers als Gesamtschuldner haften. Die Zahlungspflicht aus dem streitgegenständlichen Bescheid zählt zu den Nachlassverbindlichkeiten, weil sie zu Lebzeiten des Erblassers entstanden ist.
27Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach §§ 61 Nr. 1, 1. Alt., 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beteiligten- und gemeinsam prozessfähig.
28Das beklagte Jobcenter ist richtiger Klagegegner gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Es ist eine „gemeinsame Einrichtung“ im Sinne der §§ 6d, 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II und nimmt gemäß § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Es wird gerichtlich durch den Geschäftsführer vertreten, § 62 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 44d Abs. 1 Satz 2 SGB II.
29B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 3. September 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen daher die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
30Der Erstattungsanspruch folgt aus § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Nach Abs. 2 der Vorschrift bedarf die Verpflichtungserklärung der Schriftform; sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Dies befugt die öffentliche Stelle, die die Mittel aufgewendet hat, die Erstattung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend zu machen,
31BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 - 1 C 4/13 - und vom 24. November 1998 - 1 C 33.97 - (zu § 84 AuslG 1990), beide in juris.
32Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.
33I. Der Verpflichtungsgeber hat sich gegenüber der nach § 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) zur Entgegennahme der Verpflichtungserklärungen zuständigen Ausländerbehörde des I. kreises am 6. März 2014 wirksam dazu verpflichtet, für die Leistungen zum Lebensunterhalt seiner ausländischen Angehörigen aufzukommen, um deren Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Die eigenhändig von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen entsprechen dem Schriftformerfordernis nach § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB.
34II. Die Verpflichtungserklärungen vom 6. März 2014 sind hinreichend bestimmt. Inhalt und Reichweite der von dem Verpflichtungsgeber eingegangenen Verpflichtungen lassen sich durch Auslegung anhand objektiver Umstände ermitteln (vgl. §§ 133, 157 BGB). Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Zeitraum, auf den sich die übernommene Verpflichtung zur Erstattung rechtmäßig erbrachter Sozialleistungen bezieht, obwohl dieser nicht durch die Angabe eines Datums oder einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Dauer eingegrenzt ist. Der Wortlaut der unter Verwendung eines bundeseinheitlichen Formulars abgegebenen Verpflichtungserklärungen bestimmt die Dauer der Verpflichtung vielmehr dahingehend, dass diese bis zur Beendigung des Aufenthalts des betreffenden Ausländers oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck eingegangen wird. Konkretisiert werden diese Angaben durch den Wortlaut der vom Verpflichtungsgeber unterzeichneten Zusatzerklärung. Danach erstreckt sich die Verpflichtung ausdrücklich unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch für Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes und endet im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wurde.
35Es sind damit zwei Varianten bestimmt, die die übernommene Verpflichtung zeitlich begrenzen, nämlich einerseits das Ende des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in Deutschland und andererseits die Ersetzung des Aufenthaltszwecks durch einen anderen, für den ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird. Damit lässt sich die Dauer der übernommenen Verpflichtung hinreichend bestimmen, und zwar auch in Bezug auf die zweite Variante (Wechsel des Aufenthaltszwecks).
36Im Wege der Auslegung der Verpflichtungserklärungen anhand objektiver Umstände lässt sich mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln, auf welchen Aufenthaltszweck sich die Verpflichtungserklärungen beziehen. Zwar ist an der im Formular vorgesehenen Stelle für die Eintragung des Zwecks des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in allen von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen keine Eintragung vorhanden und es ist lediglich mit der Eintragung „Dauer“ die jeweilige voraussichtliche Dauer des Aufenthalts angegeben. Hieraus lässt sich jedenfalls entnehmen, dass sich die Erklärungen nicht auf einen beabsichtigten Kurzaufenthalt, sondern auf die Verwirklichung eines dauerhaften Aufenthaltszwecks bezogen. Ergänzend sind für die Auslegung der Erklärungen die zur Aufnahme von syrischen Staatsangehörigen getroffenen Aufnahmeanordnungen des MIK vom 26. September 2013, Az. 15-39.12.03-1-13-100(2603) und vom 3. Februar 2014, Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) heranzuziehen,
37vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1 ff. und juris, Rdn. 30.
38Hieraus ergibt sich, dass der Zweck des Aufenthalts der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers, für die er die Verpflichtungserklärungen abgab, sowohl aus seiner Sicht als auch aus Sicht des Erklärungsempfängers (der zuständigen Ausländerbehörde), darin bestand, in Deutschland Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass die Verpflichtungserklärungen nach dem objektiv erkennbaren Willen des Verpflichtungsgebers dazu dienten, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums und einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den genannten Aufnahmeanordnungen an die betreffenden Angehörigen zu schaffen und auch aus Sicht des Erklärungsempfängers den Verpflichtungserklärungen allein in diesem Zusammenhang rechtliche Relevanz zukam. Der Verpflichtungsgeber und die Ausländerbehörde gingen objektiv erkennbar übereinstimmend davon aus, dass die Verpflichtungserklärungen nur zum Tragen kommen, falls die betreffenden Personen zu dem von den Aufnahmeanordnungen begünstigten Personenkreis zählen (syrische Staatsangehörige, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten).
39Vor diesem Hintergrund sind die Verpflichtungserklärungen des Verpflichtungsgebers dahingehend auszulegen, dass er sich verpflichtete, den Lebensunterhalt seiner betreffenden Angehörigen grundsätzlich für die Gesamtdauer des bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen, und zwar unabhängig von der Ausgestaltung ihres Aufenthaltsrechts. Allein diese Auslegung wird dem Zweck der Verpflichtungserklärungen gerecht, die von den obersten Landesbehörden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern festgelegten Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt syrischer Staatangehöriger, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten, zu erfüllen,
40vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 32.
41Die Verpflichtung endet, wenn dieser bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen ins Auge gefasste Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
42Eine Auslegung der Verpflichtungserklärungen dahingehend, dass die Verpflichtung nur für den Zeitraum bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach erfolgreichem Abschluss eines Asylverfahrens gelten sollte und der Verpflichtungsgeber für die Zeit nach Abschluss eines Asylverfahrens ausschließlich das wirtschaftliche Risiko des Scheiterns des Asylantrags übernimmt,
43so SG Detmold, Beschluss vom 2. April 2015 - S 2 SO 102/15 -, juris,
44scheidet aus. Bereits bei Abgabe der Erklärungen war objektiv absehbar, dass das Risiko des Scheiterns eines Asylantrags eines syrischen Staatsangehörigen, der mit einem auf der Grundlage der Aufnahmeanordnungen erteilten Visum legal nach Deutschland eingereist ist und zuvor noch kein Asylverfahren betrieben hatte, vernachlässigbar sein würde.
45Im Jahr 2014 erhielten 89 % der syrischen Asylantragsteller in Deutschland Schutz in Gestalt einer Asylanerkennung oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylG oder des subsidiären Schutzes i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG, wobei der Großteil der nicht in diesem Sinne erfolgreichen Asylverfahren (10,6 %) durch formelle Entscheidungen beendet wurden, also Entscheidungen nach dem Dublinverfahren, Verfahrenseinstellungen wegen Antragsrücknahme oder Entscheidungen im Folgeantragsverfahren, dass kein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird, Das Bundesamt in Zahlen 2014, S. 45, 49, abrufbar unter: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2014.html?nn=1694460.
46Eine in dem vorgenannten Sinne einschränkende Auslegung der Verpflichtungserklärungen kommt vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn diese absehbar erhebliche Einschränkung der übernommenen Verpflichtung objektiv erkennbar im Wortlaut der Erklärungen oder aus dem Zusammenhang der Erklärungen mit den betreffenden Aufnahmeanordnungen zum Ausdruck gekommen wäre. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte. Insbesondere würde diese Auslegung auch dem Zweck der Verpflichtungserklärungen im Zusammenhang mit den Aufnahmeanordnungen nicht gerecht.
47III. Die Verpflichtungserklärungen erfassen auch den Zeitraum, für den das beklagte Jobcenter die Erstattung der geleisteten Sozialleistungen verlangt. Es ist bis zum Abschluss des hier streitgegenständlichen Zeitraumes kein Umstand eingetreten, der die mit den Verpflichtungserklärungen übernommene Erstattungspflicht entfallen ließe. Weder war der Aufenthalt der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland beendet, noch war der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck dieser Personen durch einen anderen ersetzt und hierfür eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.
481. Die Stellung der Asylanträge und die Flüchtlingsanerkennung der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers vermögen – unabhängig davon, dass hiermit schon kein Wechsel des in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der obigen Auslegung in Bezug genommenen Aufenthaltszwecks verbunden sein dürfte – schon deswegen die Verpflichtung des Verpflichtungsgebers zur Kostenerstattung nicht zum Erlöschen zu bringen, weil für einen neuen Aufenthaltszweck jedenfalls noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Den Angehörigen wurde in dieser Zeit lediglich eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ausgestellt. Diese stellt keinen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar.
49Vgl. zur Frage der aufenthaltsrechtlichen Anerkennung eines Wechsels des Aufenthaltszwecks bei Asylantragstellung nach Einreise mit einem Besuchsvisum: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 ‑ 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
502. Die vom Verpflichtungsgeber übernommene Verpflichtung wurde auch nicht mit Blick darauf beendet, dass den betreffenden Angehörigen am 9. Februar 2015 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt wurden. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt weder den Rückschluss darauf zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde (nachfolgend a), noch hat die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnisse selbst diese Konsequenz (nachfolgend b), noch bestehen im Übrigen hinreichende Anhaltspunkte für diese Annahme (nachfolgend c).
51a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt nicht den Rückschluss zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde Denn der tatsächlich bestehende Aufenthaltszweck bestimmt sich nicht nach der Rechtsgrundlage, auf deren Grundlage eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Vielmehr ist das Bestehen eines bestimmten Aufenthaltszwecks Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
52Nach §§ 7, 8 AufenthG wird jede Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt. Hiervon ausgehend enthält das Aufenthaltsgesetz spezifische, auf bestimmte Aufenthaltszwecke zugeschnittene Regelungen, die mit unterschiedlichen Rechtsstellungen verbunden sein können. Bei der Frage, welche Regelung einschlägig ist, hat sich die Ausländerbehörde an dem mit dem Aufenthalt verfolgten Zweck und dem konkreten Lebenssachverhalt zu orientieren.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Januar 2010 – 18 A 1147/08 –, NRWE (zur Überleitung von Aufenthaltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz in solche nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG).
54Der Aufenthaltszweck ist nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen, aus denen der Ausländer seinen Anspruch auf Aufenthalt herleitet.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 – 1 C 43/06 –, juris, Rdn. 12.
56Die für die Bestimmung des Aufenthaltszwecks maßgeblichen Tatsachen bestehen unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher rechtlichen Grundlage und für welche Gültigkeitsdauer dem betreffenden Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Geltungsdauer der mit Blick auf eine Verpflichtungserklärung erteilten Aufenthaltserlaubnis hat daher grundsätzlich keine entscheidende Bedeutung für die Frage, für welchen Aufenthaltszweck und für welche (Gesamt‑)Aufenthaltsdauer eine Verpflichtungserklärung gelten soll,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 34.
58Der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis kann zwar gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nachträglich verkürzt werden, wenn der Aufenthaltszweck, der ihrer Erteilung zugrunde lag, nachträglich entfallen ist. Der Aufenthaltszweck kann aber auch noch fortbestehen, obwohl der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis beendet ist.
59b) Vor diesem Hintergrund hat auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, also einer anderen als der ursprünglich bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen in den Blick genommenen Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen, nicht die Konsequenz, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach obiger Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck entfallen und durch einen anderen ersetzt wurde. Dabei kann offen bleiben, ob der Aufenthaltszweck, der Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, als ein „neuer Aufenthaltszweck“ zu qualifizieren ist gegenüber dem Aufenthaltszweck, der für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen vorausgesetzt wird. Denn ein solcher „neuer Aufenthaltszweck“ lässt den bisherigen Aufenthaltszweck nicht zwingend entfallen, sondern ist allenfalls als weiterer Aufenthaltszweck zu dem bisherigen hinzugetreten, so dass der neue Aufenthaltszweck den bisherigen nicht ersetzt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem neuen Aufenthaltszweck setzt nicht denklogisch voraus, dass der betreffende Ausländer den bisherigen Aufenthaltszweck aufgegeben hat. Vielmehr kann ein Ausländer mit seinem Aufenthalt in Deutschland auch mehrere Aufenthaltszwecke gleichzeitig verfolgen. Es ist sogar die Erteilung mehrerer Aufenthaltstitel kumulativ zulässig. Das dem Aufenthaltsgesetz zugrunde liegende Konzept unterschiedlicher Aufenthaltstitel mit jeweils eigenständigen Voraussetzungen und Rechtsfolgen schließt es nicht aus, dass einem Ausländer mehrere Aufenthaltstitel nebeneinander erteilt werden.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 – 1 B 1/14 ‑, juris, Rdn. 5.
61Der Aufenthaltszweck, auf den die Verpflichtungserklärungen Bezug nehmen, wird bestimmt durch die tatsächlichen Umstände des betreffenden Falles und nicht durch den Katalog der rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Aus diesem Grund entfällt der ursprünglich in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck auch nicht deswegen, weil die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers nunmehr Aufenthaltserlaubnisse erhalten haben, die von der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unabhängig zu erteilen sind. Der Sinnzusammenhang einer Verpflichtungserklärung mit der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kann nicht zu einem haftungsbegrenzenden Tatbestandsmerkmal des § 68 AufenthG verstärkt werden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
63c) Bei Betrachtung der maßgeblichen Tatsachen, die den Grund für den Aufenthalt der Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland bilden, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck vor dem Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraums entfallen ist und durch einen neuen ersetzt wurde. Der Aufenthaltszweck entfällt, wenn er verwirklicht worden ist, wenn seine Verwirklichung dem Ausländer innerhalb eines angemessenen Zeitraums aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist oder wenn der Ausländer die Verwirklichung aufgegeben hat.
64Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2015, § 7 Rdn. 452; Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2016, § 7 Rdn. 28, 30.
65Der Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten, besteht nach diesen Maßstäben unabhängig von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fort. Er ist durch Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis weder unmöglich gemacht noch abschließend verwirklicht worden. Jedenfalls für die Zeit, in der die Kriegshandlungen in Syrien noch andauern, ist weder von einer Unmöglichkeit noch von einer abschließenden Zweckerreichung auszugehen.
66Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Angehörigen des Verpflichtungsgebers die Verwirklichung dieses Zwecks aufgegeben haben. Insbesondere ist mit dem Wunsch der Angehörigen des Verpflichtungsgebers, sich nunmehr in Deutschland eine berufliche Existenz aufbauen wollen, keine Aufgabe des ursprünglichen Zwecks und dessen Ersetzen durch einen neuen Aufenthaltszweck verbunden. Denn die Schaffung einer beruflichen Existenz ist im Rahmen eines längerfristigen Aufenthaltes im Bundesgebiet durchaus typisch und steht nicht in Konkurrenz zu dem Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Wie zu entscheiden wäre, wenn der Zweck, einer bestimmten Erwerbstätigkeit nachzugehen, den Aufenthaltszweck der Angehörigen in der Weise prägen würde, dass der Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien dahinter zurückträte, und für diesen Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden wäre (vgl. Abschnitt 4 des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes), bedarf hier keiner Entscheidung.
67IV. Die Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum verstößt ferner nicht gegen völker- und unionsrechtliche Regelungen. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. 1953 II, S. 560) noch gegen die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie, ABl. EU L 337, S. 9), vor. Diese Regelungen wirken sich nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verpflichtungsgeber und dem beklagten Jobcenter aus,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 15.
69Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen Art. 29 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie vor. Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Dies ist vorliegend gewährleistet. Denn die Angehörigen des Verpflichtungsgebers haben als hilfebedürftige Personen und anerkannte Schutzberechtigte einen unbeschränkten Zugang zu Sozialleistungen.
70Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist Sozialhilfe hilfebedürftigen Personen zu gewähren. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Unterstützungshandlungen durch Angehörige stellen zu berücksichtigendes Einkommen dar. Die Hilfebedürftigkeit entfällt aber nur, wenn diese Geldmittel dauerhaft beim Empfänger verbleiben. Es werden mithin nur Mittel erfasst, die tatsächlich zur Verfügung stehen,
71Karl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 9 Rdn. 50, 51.
72Die Leistungen aus einer Verpflichtungserklärung stehen dem Ausländer aber gerade nicht zur Verfügung. Denn er hat keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Verpflichtungsgeber. Die Vorschrift des § 68 AufenthG regelt nur die Regressmöglichkeiten der Behörde gegenüber dem Verpflichtungsgeber, nicht aber etwaige Ansprüche zwischen ihm und dem Ausländer, für den die Verpflichtungserklärung gilt,
73vgl. BT-Drucksache 11/6321, S. 84; BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10/12 –, juris; BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 8 AY 1/09 R –, juris.
74Die Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers hat mithin keinen Einfluss auf den Sozialhilfeanspruch des Ausländers und führt insbesondere nicht zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu Inländern,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 – 5 C 29/98 –, juris.
76Dass sich ein Ausländer, für den eine Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, auf Grund der Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers veranlasst sehen könnte, von einem Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen abzusehen, begründet auch unter dem unionsrechtlichen Gesichtspunkt des „effet utile“ nicht die Annahme einer rechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung. Denn der betreffende Ausländer, der mit einem aufgrund einer Verpflichtungserklärung erteilten Visum nach Deutschland einreist, wird hierdurch nicht unzumutbar in der Freiheit seiner Willensbildung beeinträchtigt, einen Antrag auf Sozialleistungen zu stellen.
77V. Ferner sind die Verpflichtungserklärungen nicht durch einseitige Erklärung des Verpflichtungsgebers für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum erloschen. Insbesondere brachte der von ihm mit Schreiben vom 18. März 2015 erklärte „Widerruf“ die Verpflichtung nicht zum Erlöschen.
781. Da es sich bei der Verpflichtungserklärung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, ist deren Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB nur gegenüber der empfangsberechtigten Ausländerbehörde und nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, bis sie der Ausländerbehörde zugegangen ist,
79vgl. VG München, Urteil vom 18. Januar 2012 – M 9 K 10.6262 –, juris, Rdn. 17.
80Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verpflichtungsgeber die Erklärung unter einem Widerrufsvorbehalt abgegeben hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Widerruf ist nach diesen Maßstäben verspätet. Er ist erst über ein Jahr, nachdem die Verpflichtungserklärungen gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises abgegeben worden waren, erklärt worden – und zudem gegenüber dem beklagten Jobcenter.
812. Der Widerruf ist auch nicht in eine Anfechtung entsprechend §§ 119 ff. BGB umzudeuten. Es fehlt schon an einem Anfechtungsgrund. Nach § 119 Abs. 1 BGB kommt eine Anfechtung in Betracht, wenn der Erklärende bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
82So liegt der Fall hier nicht. Der Verpflichtungsgeber trug in seinem „Widerruf“ vor, er habe die Verpflichtungserklärungen abgegeben, damit seine Verwandten aus dem Bürgerkriegsgebiet Aleppo ausreisen und Aufnahme in Deutschland finden könnten. Voraussetzung seiner Verpflichtung sei gewesen, dass er ihre Krankenkosten nicht übernehmen müsse, er sie in einer besonderen, von ihm angemieteten Wohnung unterbringen und mit ihnen wirtschaften könne und dass die Aufnahme auf einen überschaubaren Zeitraum begrenzt sein würde. Aus den Verpflichtungserklärungen selbst geht eine solche Beschränkung der Haftung jedoch nicht hervor. Auch ergeben sich aus den Verwaltungsvorgängen keine Anhaltspunkte für eine entsprechende, fehlerhafte Belehrung durch die Ausländerbehörde. Der Verpflichtungsgeber mag vielmehr einem unbeachtlichen, lediglich die Folgewirkung seiner Erklärung umfassenden Irrtum unterlegen sein.
83Vgl. hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Dezember 2011 – 27 K 5562/10 –, nicht veröffentlicht; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), GK-AufenthG, März 2012, § 68 Rdn. 25; Ellenberger, in: Palandt, 72. Aufl., § 119 Rdn. 29.
843. Auch kommt eine Kündigung der Verpflichtungserklärungen mit Wirksamkeit für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum nicht in Betracht. Dem Verpflichtungsgeber stand weder von Gesetzes wegen noch nach verständiger Würdigung der abgegebenen Verpflichtungserklärungen für diesen Zeitraum ein Kündigungsrecht zu. Insbesondere können die Verpflichtungserklärungen, wie dargelegt, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Verpflichtungsgeber nur im Hinblick auf die Haftung für Kosten des Lebensunterhalts der betreffenden Ausländer ab deren Einreise für die Dauer des Asylverfahrens und bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG binde. Die Einräumung eines Kündigungsrechts für diesen Fall würde jedoch zu einer von den Beteiligten nicht vereinbarten Möglichkeit der Haftungsbeschränkung führen.
85Offenbleiben kann, ob dem Verpflichtungsgeber für einen späteren Zeitpunkt ein Kündigungsrecht zusteht. Aus der Tatsache, dass den Verpflichtungserklärungen nach dem übereinstimmenden Verständnis des Erklärenden und des Erklärungsempfängers allein mit Blick auf die Aufnahmeanordnungen vom 26. September 2013 und vom 3. Februar 2014 rechtliche Bedeutung zukommt, dürfte nämlich zu folgern sein, dass sich der Verpflichtungsgeber nicht für Zeiträume unwiderruflich binden wollte, für die den Verpflichtungserklärungen zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtliche Relevanz zukommen konnte. Dies dürfte anzunehmen sein für die Zeit eines legalen Aufenthalts des betreffenden Ausländers nach Ablauf der zunächst nach den Aufnahmeanordnungen auf maximal zwei Jahre zu befristenden Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Denn diese Aufenthaltserlaubnis wird nur verlängert, wenn bei Ablauf ihrer Gültigkeit die für die erstmalige Erteilung geltenden Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Die Ausländerbehörde behält sich damit eine neuerliche Prüfung zu diesem Zeitpunkt vor. Fehlt es zum Verlängerungszeitpunkt an einer Voraussetzung, so haftet der Verpflichtungsgeber aus der ursprünglichen Verpflichtungserklärung nur noch für einen möglichen weiteren illegalen Aufenthalt des betreffenden Ausländers. Hieraus dürfte zu schließen sein, dass er bei Abgabe der Verpflichtungserklärung keine unwiderrufliche Bindung dahingehend eingeht, dass er an der Verpflichtungserklärung auch zum Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis festhalten und dem Ausländer damit zur Legalisierung seines Aufenthalts für bis zu zwei weitere Jahre verhelfen wird. Dies dürfte den Verpflichtungsgeber auch in den Fällen dazu berechtigten, seine Verpflichtung zu kündigen, wenn die betreffenden Ausländer von einer Verlängerungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 1 AufenthG keinen Gebrauch machen, etwa weil sie mittlerweile ihr Aufenthaltsrecht aus einer anderen Norm ableiten.
86Die Kammer lässt deswegen dahinstehen, ob die Verpflichtungserklärungen aus diesem Grund dahingehend auszulegen sind, dass sie von vornherein auf den legalen Aufenthalt für bis zu zwei Jahre und einen sich anschließenden möglichen illegalen Aufenthalt begrenzt sind oder ob dem Verpflichtungsgeber ein Kündigungsrecht bezogen auf den Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zukommt. Denn für den vorliegenden Fall ist diese Frage nicht entscheidungserheblich. Hier würde die vom Verpflichtungsgeber ausgesprochene sinngemäße Kündigung nach den oben genannten Maßstäben erst zu einem Zeitpunkt wirksam werden, der nach dem Zeitraum liegt, für den die hier streitgegenständlichen öffentlichen Leistungen gezahlt wurden. Der betreffende Zeitraum liegt innerhalb von zwei Jahren nach der Einreise der Angehörigen des Verpflichtungsgebers und innerhalb des ursprünglich bestimmten Gültigkeitszeitraums der ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 AufenthG.
87VI. Zudem ist es weder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, vor der Einreise syrischer Flüchtlinge die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu verlangen, noch ist diese Erstattungspflicht im Hinblick auf die finanziellen Belastungen, die auf den Verpflichteten zukommen können, unverhältnismäßig,
88vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris, Rdn. 40 ff.
89Die Zustimmung zur Einreise syrischer Flüchtlinge davon abhängig zu machen, dass Obdach und Lebensunterhalt durch Private oder nichtstaatliche Stellen gewährt werden, ist von der Rechtsordnung gedeckt und beruht nicht auf einer sachwidrigen Ausnutzung staatlicher Übermacht. Das wäre nur der Fall, wenn die Flüchtlinge auch ohne gesicherten Lebensunterhalt einen gesetzlichen Anspruch auf Einreise und Erteilung eines Aufenthaltstitels hätten. Dies traf zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen auf die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers aber gerade nicht zu. Die Erteilung von Aufenthaltstiteln kommt nur unter den im Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzungen in Betracht. Dazu gehört bei Visa, wie sie den Angehörigen des Verpflichtungsgebers erteilt wurden, dass kein Regelversagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegt. Ein solcher ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers nicht gesichert ist. Im Übrigen dürfte ein Visum von Bürgerkriegsflüchtlingen bei nur für einen Kurzaufenthalt übernommener Kostenhaftung auch wegen mangelnder Rückkehrbereitschaft versagt werden (vgl. Art. 21 Abs. 1, 32 Abs. 1 a) iii) und b) Visakodex). Sofern die Landesanordnungen zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge voraussetzen, dass in Nordrhein-Westfalen lebende Verwandte oder Dritte sich bereit erklären, für den Lebensunterhalt der aufzunehmenden Flüchtlinge aufzukommen, ist hierin keine sachwidrige Koppelung einer staatlichen Vergünstigung an eine Gegenleistung zu sehen. Es geht vielmehr darum, die genannten Hindernisse für die Visumserteilung zu beseitigen und eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Mit der Abgabe einer Verpflichtungserklärung kann also der Behörde die Möglichkeit eröffnet werden, zugunsten der Ausländer zu entscheiden. Hierdurch wird weder unverhältnismäßiger Druck auf die in Deutschland lebenden Angehörigen syrischer Flüchtlinge ausgeübt, noch stellt dies die Ausnutzung einer staatlichen Machtstellung dar.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris (im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen).
91Ob nach Ablauf der Gültigkeit der nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen erteilten Aufenthaltserlaubnisse bei der Frage ihrer Verlängerung noch eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt gefordert werden dürfte, wenn zu diesem Zeitpunkt – wie hier – ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig von der Voraussetzung der Lebensunterhaltsicherung besteht, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung, da sich der streitgegenständliche Bescheid, wie ausgeführt, nicht auf einen solchen Zeitraum bezieht.
92Auch stellt sich die Übernahme der finanziellen Lasten durch den Verpflichtungsgeber vom Grundsatz her nicht als unverhältnismäßig dar. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet nicht, dass derjenige, der sich mit seiner Erklärung gemäß § 68 Abs. 1 AufenthG einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt hat, vollständig von seiner Erstattungspflicht nach § 68 AufenthG freigestellt bleibt. Dies stünde nicht im Einklang mit dem legitimen staatlichen Anliegen, Private und nichtstaatliche Stellen an den Kosten der Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu beteiligen, und würde den Gedanken der Solidarität als Grundlage der Landesaufnahmeregelungen in erheblichem Maße entwerten. Es entspricht vielmehr dem Gebot des angemessenen Ausgleichs, die finanziellen Risiken beiderseitig zu verteilen.
93Vgl. BVerwG vom 24. November 1998 – 1 C 33.97 –; VG Regensburg, Urteil vom 13. Februar 2013 ‑ 9 K 12/14 –, beide in juris.
94VII. Der Leistungsbescheid ist ferner nicht im Hinblick auf die Art und Höhe der zu erstattenden Kosten rechtswidrig. Sie entsprechen dem Haftungsumfang aus den Verpflichtungserklärungen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn das beklagte Jobcenter die Erstattung von öffentlichen Leistungen geltend machen würde, deren Erstattung nach den Verpflichtungserklärungen ausgenommen war. Das betrifft Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG. Derartige Leistungen sind jedoch nicht Gegenstand des Leistungsbescheides.
95Auch die Rechtmäßigkeit der Erbringung der Leistungen nach dem SGB II unterliegt keinen Zweifeln. Solche werden auch von den Klägern nicht geltend gemacht.
96VIII. Schließlich ist die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zur Erstattung der erbrachten Leistungen auch nicht ermessensfehlerhaft. Denn das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verlangen, dass die öffentliche Hand die ihr zustehenden Geldleistungsansprüche durchzusetzen hat. Von dieser Regel ist nur in atypischen Ausnahmefällen und unter Rücksichtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit abzusehen,
97BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10.12 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 – 18 A 539/15 – und vom 12. Oktober 2015 – 17 A 1137/14 –, beide nicht veröffentlicht.
98Diese Grundsätze sind auf die Erstattungspflicht aus § 68 Abs. 1 AufenthG zu übertragen. Demnach ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahin gehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte,
99vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 2013 – 13 LC 197/11 –, beide in juris.
100Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist die Bonität des Verpflichtungsgebers mit Vermerk auf Seite 2 der Verpflichtungserklärungen durch die Ausländerbehörde des I. kreises festgestellt und bescheinigt worden. Auch hat der Verpflichtungsgeber durch seine Unterschrift auf der Zusatzerklärung versichert, dass er auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu der Verpflichtung in der Lage war. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte für einen atypischen Fall, der die Inanspruchnahme des Verpflichtungsgebers als unzumutbar erscheinen ließe. Die Erstattungspflicht ist zwar durch eine politische Leitentscheidung einer obersten Landesbehörde in Form der Landesaufnahmeanordnung beeinflusst. Diese Behörde trifft aber keine Mitverantwortung an der Heranziehung zu den erbrachten Leistungen. Denn der Verpflichtungsgeber entscheidet eigenverantwortlich, ob er eine Verpflichtungserklärung abgeben möchte oder nicht. Soweit er nachträglich behauptete, er könne sich den Lebensunterhalt seiner Angehörigen nicht mehr leisten, fehlt es schon an einem hinreichend konkreten Tatsachenvortrag.
101C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO.
102Entgegen der Auffassung des beklagten Jobcenters sind Gerichtskosten ungeachtet des § 193 SGG zu erstatten. Diese Vorschrift ist schon nicht anwendbar, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte handelt, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Anwendbar sind demnach die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aber auch nicht aus § 188 VwGO. Denn der Streitgegenstand ist keiner der dort genannten Materien zuzuordnen. Der sachliche Schwerpunkt bei Streitsachen wegen Leistungsbescheiden nach § 68 Abs. 1 AufenthG liegt im Ausländerrecht, nicht im Sozialhilferecht,
103vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 188 Rdn. 6; BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 1999 ‑ 1 KSt 6/99, 1 C 16/99 –; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – 17 E 66/98 –, beide in juris.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
105Die Revision wird nach §§ 134 Abs. 1, Abs. 2, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter Übergehung der Berufungsinstanz als Sprungrevision zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Frage der Fortgeltung einer Verpflichtungserklärung bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt und betrifft eine Vielzahl von Fällen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Jobcenter zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
1
Tatbestand:
3Die Kläger sind als Erbengemeinschaft in die Rechte und Pflichten des am 00.00.2015 verstorbenen Herrn Dr. U. L. (Verpflichtungsgeber) eingetreten. Dieser verpflichtete sich am 6. März 2014 gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises, für den Lebensunterhalt seiner Nichte, deren Ehemann und ihres Kindes (Angehörige bzw. Begünstigte), die sämtlich syrische Staatsangehörige sind, aufzukommen. Die Verpflichtungserklärungen umfassen ein ausgefülltes und vom Verpflichtungsgeber unterschriebenes Formular sowie eine vom Verpflichtungsgeber ebenfalls unterzeichnete Zusatzerklärung. Die Verpflichtungserklärungen nehmen die Haftung für Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG aus. Im Feld „Aufenthaltszweck“ ist auf dem Formular der Verpflichtungserklärungen keine Eintragung. Die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts ist mit „Dauer“ angegeben. Im Feld „Dauer der Verpflichtung“ heißt es: „vom Tag der voraussichtlichen Einreise am sofort bis zur Beendigung des Aufenthalts des o.g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck.“ Laut der Zusatzerklärung soll sich die Verpflichtung unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch auf Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes erstrecken und im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann enden, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
4Die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers erhielten am 3. April 2014 ein nationales Visum zum längerfristigen Aufenthalt nach § 6 Abs. 3 AufenthG und reisten am 23. Juni 2014 erstmals in das Bundesgebiet ein. Sie erhielten am 10. Juli 2014 aufgrund der Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen (MIK), Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) vom 3. Februar 2014 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Diese war für die Nichte des Verpflichtungsgebers und ihr Kind bis zum 22. Juni 2016 und für ihren Ehemann bis zum 3. Oktober 2015 befristet. Sie wohnten zunächst in N. . Nach Asylantragstellung im November 2014 wurden sie mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 19. November 2014 der Stadt N1. zugewiesen.
5Im Dezember 2014 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den betreffenden Angehörigen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylVfG in der damals gültigen Fassung zu. Die Stadt N1. erteilte ihnen daraufhin am 9. Februar 2015 jeweils eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Ab dem 11. Februar 2015 erhielten sie durch das beklagte Jobcenter Leistungen nach dem SGB II.
6Mit Schreiben vom 18. März 2015 widerrief der Verpflichtungsgeber seine Verpflichtungserklärungen gegenüber dem beklagten Jobcenter, da er sich wegen der veränderten Aufenthaltssituation der Begünstigten und wegen des geänderten Aufenthaltszwecks nicht länger an seine Erklärung gebunden fühle.
7Mit Leistungsbescheid vom 3. September 2015 verlangte das beklagte Jobcenter von dem Verpflichtungsgeber die Erstattung von 8.832,75 Euro, die es für die Begünstigten vom 11. Februar 2015 bis zum 31. August 2015 nach dem SGB II aufgewendet habe. Zur Begründung trug es im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber aufgrund seiner Verpflichtungserklärungen zur Erstattung verpflichtet sei. Diese hätten weiterhin Bestand, da sich der Aufenthaltszweck der Begünstigten nicht wesentlich verändert habe.
8Entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung legte der Verpflichtungsgeber am 11. September 2015 anwaltlich vertreten hiergegen Widerspruch ein. Diesen wies das beklagte Jobcenter mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung verwies es auf seinen Bescheid vom 3. September 2015 und führte weiter aus, der Aufenthaltszweck sei sowohl bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 AufenthG als auch bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 AufenthG der Schutz der flüchtenden Menschen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 19. Oktober 2015, also am Tag nach dem Tod des Verpflichtungsgebers, an die im Widerspruchsverfahren bevollmächtigten Rechtsanwälte zur Post gegeben.
9Hiergegen haben die Kläger am Montag, dem 23. November 2015 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber nicht mehr aus den Verpflichtungserklärungen in Anspruch genommen werden könne, da mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG eine Zweckänderung stattgefunden habe. Eine solche liege vor, wenn sich die rechtliche Qualifikation des Aufenthaltstitels erheblich geändert habe. Während die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG auf einer Ermessensentscheidung beruhe, diene die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG der Verwirklichung des Grundrechts auf Asyl aus Art. 16a GG und des subjektiven Rechts aus Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU. Darüber hinaus könne nur die auf § 23 Abs. 1 AufenthG beruhende Aufenthaltserlaubnis von einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abhängig gemacht werden. Da der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG Anspruch auf staatliche Leistungen habe, beende deren Erteilung die Leistungspflicht nach § 68 AufenthG. Zudem werde die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG für eine längere Dauer erteilt als diejenige nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Eine Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen folge auch nicht aus dem Subsidiaritätsprinzip gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, da die Verpflichtungserklärungen keinen Anspruch der Begünstigten gegen den Erklärenden begründeten. Darüber hinaus verstoße die Fortgeltung gegen Art. 29 Abs. 1 der RL 2011/95/EU und das Gleichbehandlungsgebot, da die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, anerkannten Flüchtlingen die notwendige Sozialhilfe unter den gleichen Voraussetzungen zu gewähren wie eigenen Staatsangehörigen. Der Anspruch auf Sozialleistungen werde ausgehöhlt, wenn die jeweiligen Anspruchsteller befürchten müssten, dass der Verpflichtungsgeber in Regress genommen werde.
10Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
11den Bescheid des beklagten Jobcenters vom 3. September 2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 aufzuheben.
12Das beklagte Jobcenter beantragt schriftsätzlich,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid.
15Die Kläger haben sich mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2015 und vom 19. Januar 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt. Ferner haben sie die Zulassung der Revision beantragt. Das beklagte Jobcenter hat mit Schriftsätzen vom 22. Januar 2016 und vom 19. Februar 2016 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.
16Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Jobcenters und der Ausländerbehörde der Stadt N1. Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Entscheidung ergeht trotz des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch die Kammer. Denn die Entscheidung, ob von der Möglichkeit des § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO Gebrauch gemacht wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts,
19Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 87a Rdn. 8.
20Das Gericht hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
21Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
23A. Die Klage ist zulässig.
24Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt sich nicht um eine den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG zugewiesene Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe oder des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), sondern um eine Streitigkeit nach dem Ausländer- und Aufenthaltsrecht,
25BSG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - B 8 AY 1/09 R -, juris.
26Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach § 42 Abs. 2 VwGO gemeinsam klagebefugt, da sie nach §§ 1922 Abs. 1, 1967, 2032 Abs. 1, 2058 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten des verstorbenen Verpflichtungsgebers als Gesamtschuldner haften. Die Zahlungspflicht aus dem streitgegenständlichen Bescheid zählt zu den Nachlassverbindlichkeiten, weil sie zu Lebzeiten des Erblassers entstanden ist.
27Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach §§ 61 Nr. 1, 1. Alt., 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beteiligten- und gemeinsam prozessfähig.
28Das beklagte Jobcenter ist richtiger Klagegegner gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Es ist eine „gemeinsame Einrichtung“ im Sinne der §§ 6d, 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II und nimmt gemäß § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Es wird gerichtlich durch den Geschäftsführer vertreten, § 62 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 44d Abs. 1 Satz 2 SGB II.
29B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 3. September 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen daher die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
30Der Erstattungsanspruch folgt aus § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Nach Abs. 2 der Vorschrift bedarf die Verpflichtungserklärung der Schriftform; sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Dies befugt die öffentliche Stelle, die die Mittel aufgewendet hat, die Erstattung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend zu machen,
31BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 - 1 C 4/13 - und vom 24. November 1998 - 1 C 33.97 - (zu § 84 AuslG 1990), beide in juris.
32Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.
33I. Der Verpflichtungsgeber hat sich gegenüber der nach § 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) zur Entgegennahme der Verpflichtungserklärungen zuständigen Ausländerbehörde des I. kreises am 6. März 2014 wirksam dazu verpflichtet, für die Leistungen zum Lebensunterhalt seiner ausländischen Angehörigen aufzukommen, um deren Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Die eigenhändig von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen entsprechen dem Schriftformerfordernis nach § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB.
34II. Die Verpflichtungserklärungen vom 6. März 2014 sind hinreichend bestimmt. Inhalt und Reichweite der von dem Verpflichtungsgeber eingegangenen Verpflichtungen lassen sich durch Auslegung anhand objektiver Umstände ermitteln (vgl. §§ 133, 157 BGB). Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Zeitraum, auf den sich die übernommene Verpflichtung zur Erstattung rechtmäßig erbrachter Sozialleistungen bezieht, obwohl dieser nicht durch die Angabe eines Datums oder einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Dauer eingegrenzt ist. Der Wortlaut der unter Verwendung eines bundeseinheitlichen Formulars abgegebenen Verpflichtungserklärungen bestimmt die Dauer der Verpflichtung vielmehr dahingehend, dass diese bis zur Beendigung des Aufenthalts des betreffenden Ausländers oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck eingegangen wird. Konkretisiert werden diese Angaben durch den Wortlaut der vom Verpflichtungsgeber unterzeichneten Zusatzerklärung. Danach erstreckt sich die Verpflichtung ausdrücklich unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch für Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes und endet im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wurde.
35Es sind damit zwei Varianten bestimmt, die die übernommene Verpflichtung zeitlich begrenzen, nämlich einerseits das Ende des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in Deutschland und andererseits die Ersetzung des Aufenthaltszwecks durch einen anderen, für den ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird. Damit lässt sich die Dauer der übernommenen Verpflichtung hinreichend bestimmen, und zwar auch in Bezug auf die zweite Variante (Wechsel des Aufenthaltszwecks).
36Im Wege der Auslegung der Verpflichtungserklärungen anhand objektiver Umstände lässt sich mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln, auf welchen Aufenthaltszweck sich die Verpflichtungserklärungen beziehen. Zwar ist an der im Formular vorgesehenen Stelle für die Eintragung des Zwecks des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in allen von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen keine Eintragung vorhanden und es ist lediglich mit der Eintragung „Dauer“ die jeweilige voraussichtliche Dauer des Aufenthalts angegeben. Hieraus lässt sich jedenfalls entnehmen, dass sich die Erklärungen nicht auf einen beabsichtigten Kurzaufenthalt, sondern auf die Verwirklichung eines dauerhaften Aufenthaltszwecks bezogen. Ergänzend sind für die Auslegung der Erklärungen die zur Aufnahme von syrischen Staatsangehörigen getroffenen Aufnahmeanordnungen des MIK vom 26. September 2013, Az. 15-39.12.03-1-13-100(2603) und vom 3. Februar 2014, Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) heranzuziehen,
37vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1 ff. und juris, Rdn. 30.
38Hieraus ergibt sich, dass der Zweck des Aufenthalts der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers, für die er die Verpflichtungserklärungen abgab, sowohl aus seiner Sicht als auch aus Sicht des Erklärungsempfängers (der zuständigen Ausländerbehörde), darin bestand, in Deutschland Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass die Verpflichtungserklärungen nach dem objektiv erkennbaren Willen des Verpflichtungsgebers dazu dienten, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums und einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den genannten Aufnahmeanordnungen an die betreffenden Angehörigen zu schaffen und auch aus Sicht des Erklärungsempfängers den Verpflichtungserklärungen allein in diesem Zusammenhang rechtliche Relevanz zukam. Der Verpflichtungsgeber und die Ausländerbehörde gingen objektiv erkennbar übereinstimmend davon aus, dass die Verpflichtungserklärungen nur zum Tragen kommen, falls die betreffenden Personen zu dem von den Aufnahmeanordnungen begünstigten Personenkreis zählen (syrische Staatsangehörige, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten).
39Vor diesem Hintergrund sind die Verpflichtungserklärungen des Verpflichtungsgebers dahingehend auszulegen, dass er sich verpflichtete, den Lebensunterhalt seiner betreffenden Angehörigen grundsätzlich für die Gesamtdauer des bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen, und zwar unabhängig von der Ausgestaltung ihres Aufenthaltsrechts. Allein diese Auslegung wird dem Zweck der Verpflichtungserklärungen gerecht, die von den obersten Landesbehörden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern festgelegten Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt syrischer Staatangehöriger, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten, zu erfüllen,
40vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 32.
41Die Verpflichtung endet, wenn dieser bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen ins Auge gefasste Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
42Eine Auslegung der Verpflichtungserklärungen dahingehend, dass die Verpflichtung nur für den Zeitraum bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach erfolgreichem Abschluss eines Asylverfahrens gelten sollte und der Verpflichtungsgeber für die Zeit nach Abschluss eines Asylverfahrens ausschließlich das wirtschaftliche Risiko des Scheiterns des Asylantrags übernimmt,
43so SG Detmold, Beschluss vom 2. April 2015 - S 2 SO 102/15 -, juris,
44scheidet aus. Bereits bei Abgabe der Erklärungen war objektiv absehbar, dass das Risiko des Scheiterns eines Asylantrags eines syrischen Staatsangehörigen, der mit einem auf der Grundlage der Aufnahmeanordnungen erteilten Visum legal nach Deutschland eingereist ist und zuvor noch kein Asylverfahren betrieben hatte, vernachlässigbar sein würde.
45Im Jahr 2014 erhielten 89 % der syrischen Asylantragsteller in Deutschland Schutz in Gestalt einer Asylanerkennung oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylG oder des subsidiären Schutzes i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG, wobei der Großteil der nicht in diesem Sinne erfolgreichen Asylverfahren (10,6 %) durch formelle Entscheidungen beendet wurden, also Entscheidungen nach dem Dublinverfahren, Verfahrenseinstellungen wegen Antragsrücknahme oder Entscheidungen im Folgeantragsverfahren, dass kein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird, Das Bundesamt in Zahlen 2014, S. 45, 49, abrufbar unter: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2014.html?nn=1694460.
46Eine in dem vorgenannten Sinne einschränkende Auslegung der Verpflichtungserklärungen kommt vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn diese absehbar erhebliche Einschränkung der übernommenen Verpflichtung objektiv erkennbar im Wortlaut der Erklärungen oder aus dem Zusammenhang der Erklärungen mit den betreffenden Aufnahmeanordnungen zum Ausdruck gekommen wäre. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte. Insbesondere würde diese Auslegung auch dem Zweck der Verpflichtungserklärungen im Zusammenhang mit den Aufnahmeanordnungen nicht gerecht.
47III. Die Verpflichtungserklärungen erfassen auch den Zeitraum, für den das beklagte Jobcenter die Erstattung der geleisteten Sozialleistungen verlangt. Es ist bis zum Abschluss des hier streitgegenständlichen Zeitraumes kein Umstand eingetreten, der die mit den Verpflichtungserklärungen übernommene Erstattungspflicht entfallen ließe. Weder war der Aufenthalt der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland beendet, noch war der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck dieser Personen durch einen anderen ersetzt und hierfür eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.
481. Die Stellung der Asylanträge und die Flüchtlingsanerkennung der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers vermögen – unabhängig davon, dass hiermit schon kein Wechsel des in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der obigen Auslegung in Bezug genommenen Aufenthaltszwecks verbunden sein dürfte – schon deswegen die Verpflichtung des Verpflichtungsgebers zur Kostenerstattung nicht zum Erlöschen zu bringen, weil für einen neuen Aufenthaltszweck jedenfalls noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Den Angehörigen wurde in dieser Zeit lediglich eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ausgestellt. Diese stellt keinen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar.
49Vgl. zur Frage der aufenthaltsrechtlichen Anerkennung eines Wechsels des Aufenthaltszwecks bei Asylantragstellung nach Einreise mit einem Besuchsvisum: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 ‑ 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
502. Die vom Verpflichtungsgeber übernommene Verpflichtung wurde auch nicht mit Blick darauf beendet, dass den betreffenden Angehörigen am 9. Februar 2015 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt wurden. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt weder den Rückschluss darauf zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde (nachfolgend a), noch hat die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnisse selbst diese Konsequenz (nachfolgend b), noch bestehen im Übrigen hinreichende Anhaltspunkte für diese Annahme (nachfolgend c).
51a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt nicht den Rückschluss zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde Denn der tatsächlich bestehende Aufenthaltszweck bestimmt sich nicht nach der Rechtsgrundlage, auf deren Grundlage eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Vielmehr ist das Bestehen eines bestimmten Aufenthaltszwecks Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
52Nach §§ 7, 8 AufenthG wird jede Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt. Hiervon ausgehend enthält das Aufenthaltsgesetz spezifische, auf bestimmte Aufenthaltszwecke zugeschnittene Regelungen, die mit unterschiedlichen Rechtsstellungen verbunden sein können. Bei der Frage, welche Regelung einschlägig ist, hat sich die Ausländerbehörde an dem mit dem Aufenthalt verfolgten Zweck und dem konkreten Lebenssachverhalt zu orientieren.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Januar 2010 – 18 A 1147/08 –, NRWE (zur Überleitung von Aufenthaltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz in solche nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG).
54Der Aufenthaltszweck ist nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen, aus denen der Ausländer seinen Anspruch auf Aufenthalt herleitet.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 – 1 C 43/06 –, juris, Rdn. 12.
56Die für die Bestimmung des Aufenthaltszwecks maßgeblichen Tatsachen bestehen unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher rechtlichen Grundlage und für welche Gültigkeitsdauer dem betreffenden Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Geltungsdauer der mit Blick auf eine Verpflichtungserklärung erteilten Aufenthaltserlaubnis hat daher grundsätzlich keine entscheidende Bedeutung für die Frage, für welchen Aufenthaltszweck und für welche (Gesamt‑)Aufenthaltsdauer eine Verpflichtungserklärung gelten soll,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 34.
58Der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis kann zwar gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nachträglich verkürzt werden, wenn der Aufenthaltszweck, der ihrer Erteilung zugrunde lag, nachträglich entfallen ist. Der Aufenthaltszweck kann aber auch noch fortbestehen, obwohl der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis beendet ist.
59b) Vor diesem Hintergrund hat auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, also einer anderen als der ursprünglich bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen in den Blick genommenen Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen, nicht die Konsequenz, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach obiger Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck entfallen und durch einen anderen ersetzt wurde. Dabei kann offen bleiben, ob der Aufenthaltszweck, der Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, als ein „neuer Aufenthaltszweck“ zu qualifizieren ist gegenüber dem Aufenthaltszweck, der für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen vorausgesetzt wird. Denn ein solcher „neuer Aufenthaltszweck“ lässt den bisherigen Aufenthaltszweck nicht zwingend entfallen, sondern ist allenfalls als weiterer Aufenthaltszweck zu dem bisherigen hinzugetreten, so dass der neue Aufenthaltszweck den bisherigen nicht ersetzt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem neuen Aufenthaltszweck setzt nicht denklogisch voraus, dass der betreffende Ausländer den bisherigen Aufenthaltszweck aufgegeben hat. Vielmehr kann ein Ausländer mit seinem Aufenthalt in Deutschland auch mehrere Aufenthaltszwecke gleichzeitig verfolgen. Es ist sogar die Erteilung mehrerer Aufenthaltstitel kumulativ zulässig. Das dem Aufenthaltsgesetz zugrunde liegende Konzept unterschiedlicher Aufenthaltstitel mit jeweils eigenständigen Voraussetzungen und Rechtsfolgen schließt es nicht aus, dass einem Ausländer mehrere Aufenthaltstitel nebeneinander erteilt werden.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 – 1 B 1/14 ‑, juris, Rdn. 5.
61Der Aufenthaltszweck, auf den die Verpflichtungserklärungen Bezug nehmen, wird bestimmt durch die tatsächlichen Umstände des betreffenden Falles und nicht durch den Katalog der rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Aus diesem Grund entfällt der ursprünglich in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck auch nicht deswegen, weil die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers nunmehr Aufenthaltserlaubnisse erhalten haben, die von der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unabhängig zu erteilen sind. Der Sinnzusammenhang einer Verpflichtungserklärung mit der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kann nicht zu einem haftungsbegrenzenden Tatbestandsmerkmal des § 68 AufenthG verstärkt werden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
63c) Bei Betrachtung der maßgeblichen Tatsachen, die den Grund für den Aufenthalt der Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland bilden, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck vor dem Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraums entfallen ist und durch einen neuen ersetzt wurde. Der Aufenthaltszweck entfällt, wenn er verwirklicht worden ist, wenn seine Verwirklichung dem Ausländer innerhalb eines angemessenen Zeitraums aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist oder wenn der Ausländer die Verwirklichung aufgegeben hat.
64Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2015, § 7 Rdn. 452; Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2016, § 7 Rdn. 28, 30.
65Der Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten, besteht nach diesen Maßstäben unabhängig von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fort. Er ist durch Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis weder unmöglich gemacht noch abschließend verwirklicht worden. Jedenfalls für die Zeit, in der die Kriegshandlungen in Syrien noch andauern, ist weder von einer Unmöglichkeit noch von einer abschließenden Zweckerreichung auszugehen.
66Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Angehörigen des Verpflichtungsgebers die Verwirklichung dieses Zwecks aufgegeben haben. Insbesondere ist mit dem Wunsch der Angehörigen des Verpflichtungsgebers, sich nunmehr in Deutschland eine berufliche Existenz aufbauen wollen, keine Aufgabe des ursprünglichen Zwecks und dessen Ersetzen durch einen neuen Aufenthaltszweck verbunden. Denn die Schaffung einer beruflichen Existenz ist im Rahmen eines längerfristigen Aufenthaltes im Bundesgebiet durchaus typisch und steht nicht in Konkurrenz zu dem Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Wie zu entscheiden wäre, wenn der Zweck, einer bestimmten Erwerbstätigkeit nachzugehen, den Aufenthaltszweck der Angehörigen in der Weise prägen würde, dass der Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien dahinter zurückträte, und für diesen Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden wäre (vgl. Abschnitt 4 des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes), bedarf hier keiner Entscheidung.
67IV. Die Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum verstößt ferner nicht gegen völker- und unionsrechtliche Regelungen. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. 1953 II, S. 560) noch gegen die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie, ABl. EU L 337, S. 9), vor. Diese Regelungen wirken sich nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verpflichtungsgeber und dem beklagten Jobcenter aus,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 15.
69Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen Art. 29 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie vor. Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Dies ist vorliegend gewährleistet. Denn die Angehörigen des Verpflichtungsgebers haben als hilfebedürftige Personen und anerkannte Schutzberechtigte einen unbeschränkten Zugang zu Sozialleistungen.
70Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist Sozialhilfe hilfebedürftigen Personen zu gewähren. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Unterstützungshandlungen durch Angehörige stellen zu berücksichtigendes Einkommen dar. Die Hilfebedürftigkeit entfällt aber nur, wenn diese Geldmittel dauerhaft beim Empfänger verbleiben. Es werden mithin nur Mittel erfasst, die tatsächlich zur Verfügung stehen,
71Karl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 9 Rdn. 50, 51.
72Die Leistungen aus einer Verpflichtungserklärung stehen dem Ausländer aber gerade nicht zur Verfügung. Denn er hat keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Verpflichtungsgeber. Die Vorschrift des § 68 AufenthG regelt nur die Regressmöglichkeiten der Behörde gegenüber dem Verpflichtungsgeber, nicht aber etwaige Ansprüche zwischen ihm und dem Ausländer, für den die Verpflichtungserklärung gilt,
73vgl. BT-Drucksache 11/6321, S. 84; BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10/12 –, juris; BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 8 AY 1/09 R –, juris.
74Die Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers hat mithin keinen Einfluss auf den Sozialhilfeanspruch des Ausländers und führt insbesondere nicht zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu Inländern,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 – 5 C 29/98 –, juris.
76Dass sich ein Ausländer, für den eine Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, auf Grund der Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers veranlasst sehen könnte, von einem Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen abzusehen, begründet auch unter dem unionsrechtlichen Gesichtspunkt des „effet utile“ nicht die Annahme einer rechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung. Denn der betreffende Ausländer, der mit einem aufgrund einer Verpflichtungserklärung erteilten Visum nach Deutschland einreist, wird hierdurch nicht unzumutbar in der Freiheit seiner Willensbildung beeinträchtigt, einen Antrag auf Sozialleistungen zu stellen.
77V. Ferner sind die Verpflichtungserklärungen nicht durch einseitige Erklärung des Verpflichtungsgebers für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum erloschen. Insbesondere brachte der von ihm mit Schreiben vom 18. März 2015 erklärte „Widerruf“ die Verpflichtung nicht zum Erlöschen.
781. Da es sich bei der Verpflichtungserklärung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, ist deren Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB nur gegenüber der empfangsberechtigten Ausländerbehörde und nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, bis sie der Ausländerbehörde zugegangen ist,
79vgl. VG München, Urteil vom 18. Januar 2012 – M 9 K 10.6262 –, juris, Rdn. 17.
80Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verpflichtungsgeber die Erklärung unter einem Widerrufsvorbehalt abgegeben hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Widerruf ist nach diesen Maßstäben verspätet. Er ist erst über ein Jahr, nachdem die Verpflichtungserklärungen gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises abgegeben worden waren, erklärt worden – und zudem gegenüber dem beklagten Jobcenter.
812. Der Widerruf ist auch nicht in eine Anfechtung entsprechend §§ 119 ff. BGB umzudeuten. Es fehlt schon an einem Anfechtungsgrund. Nach § 119 Abs. 1 BGB kommt eine Anfechtung in Betracht, wenn der Erklärende bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
82So liegt der Fall hier nicht. Der Verpflichtungsgeber trug in seinem „Widerruf“ vor, er habe die Verpflichtungserklärungen abgegeben, damit seine Verwandten aus dem Bürgerkriegsgebiet Aleppo ausreisen und Aufnahme in Deutschland finden könnten. Voraussetzung seiner Verpflichtung sei gewesen, dass er ihre Krankenkosten nicht übernehmen müsse, er sie in einer besonderen, von ihm angemieteten Wohnung unterbringen und mit ihnen wirtschaften könne und dass die Aufnahme auf einen überschaubaren Zeitraum begrenzt sein würde. Aus den Verpflichtungserklärungen selbst geht eine solche Beschränkung der Haftung jedoch nicht hervor. Auch ergeben sich aus den Verwaltungsvorgängen keine Anhaltspunkte für eine entsprechende, fehlerhafte Belehrung durch die Ausländerbehörde. Der Verpflichtungsgeber mag vielmehr einem unbeachtlichen, lediglich die Folgewirkung seiner Erklärung umfassenden Irrtum unterlegen sein.
83Vgl. hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Dezember 2011 – 27 K 5562/10 –, nicht veröffentlicht; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), GK-AufenthG, März 2012, § 68 Rdn. 25; Ellenberger, in: Palandt, 72. Aufl., § 119 Rdn. 29.
843. Auch kommt eine Kündigung der Verpflichtungserklärungen mit Wirksamkeit für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum nicht in Betracht. Dem Verpflichtungsgeber stand weder von Gesetzes wegen noch nach verständiger Würdigung der abgegebenen Verpflichtungserklärungen für diesen Zeitraum ein Kündigungsrecht zu. Insbesondere können die Verpflichtungserklärungen, wie dargelegt, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Verpflichtungsgeber nur im Hinblick auf die Haftung für Kosten des Lebensunterhalts der betreffenden Ausländer ab deren Einreise für die Dauer des Asylverfahrens und bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG binde. Die Einräumung eines Kündigungsrechts für diesen Fall würde jedoch zu einer von den Beteiligten nicht vereinbarten Möglichkeit der Haftungsbeschränkung führen.
85Offenbleiben kann, ob dem Verpflichtungsgeber für einen späteren Zeitpunkt ein Kündigungsrecht zusteht. Aus der Tatsache, dass den Verpflichtungserklärungen nach dem übereinstimmenden Verständnis des Erklärenden und des Erklärungsempfängers allein mit Blick auf die Aufnahmeanordnungen vom 26. September 2013 und vom 3. Februar 2014 rechtliche Bedeutung zukommt, dürfte nämlich zu folgern sein, dass sich der Verpflichtungsgeber nicht für Zeiträume unwiderruflich binden wollte, für die den Verpflichtungserklärungen zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtliche Relevanz zukommen konnte. Dies dürfte anzunehmen sein für die Zeit eines legalen Aufenthalts des betreffenden Ausländers nach Ablauf der zunächst nach den Aufnahmeanordnungen auf maximal zwei Jahre zu befristenden Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Denn diese Aufenthaltserlaubnis wird nur verlängert, wenn bei Ablauf ihrer Gültigkeit die für die erstmalige Erteilung geltenden Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Die Ausländerbehörde behält sich damit eine neuerliche Prüfung zu diesem Zeitpunkt vor. Fehlt es zum Verlängerungszeitpunkt an einer Voraussetzung, so haftet der Verpflichtungsgeber aus der ursprünglichen Verpflichtungserklärung nur noch für einen möglichen weiteren illegalen Aufenthalt des betreffenden Ausländers. Hieraus dürfte zu schließen sein, dass er bei Abgabe der Verpflichtungserklärung keine unwiderrufliche Bindung dahingehend eingeht, dass er an der Verpflichtungserklärung auch zum Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis festhalten und dem Ausländer damit zur Legalisierung seines Aufenthalts für bis zu zwei weitere Jahre verhelfen wird. Dies dürfte den Verpflichtungsgeber auch in den Fällen dazu berechtigten, seine Verpflichtung zu kündigen, wenn die betreffenden Ausländer von einer Verlängerungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 1 AufenthG keinen Gebrauch machen, etwa weil sie mittlerweile ihr Aufenthaltsrecht aus einer anderen Norm ableiten.
86Die Kammer lässt deswegen dahinstehen, ob die Verpflichtungserklärungen aus diesem Grund dahingehend auszulegen sind, dass sie von vornherein auf den legalen Aufenthalt für bis zu zwei Jahre und einen sich anschließenden möglichen illegalen Aufenthalt begrenzt sind oder ob dem Verpflichtungsgeber ein Kündigungsrecht bezogen auf den Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zukommt. Denn für den vorliegenden Fall ist diese Frage nicht entscheidungserheblich. Hier würde die vom Verpflichtungsgeber ausgesprochene sinngemäße Kündigung nach den oben genannten Maßstäben erst zu einem Zeitpunkt wirksam werden, der nach dem Zeitraum liegt, für den die hier streitgegenständlichen öffentlichen Leistungen gezahlt wurden. Der betreffende Zeitraum liegt innerhalb von zwei Jahren nach der Einreise der Angehörigen des Verpflichtungsgebers und innerhalb des ursprünglich bestimmten Gültigkeitszeitraums der ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 AufenthG.
87VI. Zudem ist es weder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, vor der Einreise syrischer Flüchtlinge die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu verlangen, noch ist diese Erstattungspflicht im Hinblick auf die finanziellen Belastungen, die auf den Verpflichteten zukommen können, unverhältnismäßig,
88vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris, Rdn. 40 ff.
89Die Zustimmung zur Einreise syrischer Flüchtlinge davon abhängig zu machen, dass Obdach und Lebensunterhalt durch Private oder nichtstaatliche Stellen gewährt werden, ist von der Rechtsordnung gedeckt und beruht nicht auf einer sachwidrigen Ausnutzung staatlicher Übermacht. Das wäre nur der Fall, wenn die Flüchtlinge auch ohne gesicherten Lebensunterhalt einen gesetzlichen Anspruch auf Einreise und Erteilung eines Aufenthaltstitels hätten. Dies traf zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen auf die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers aber gerade nicht zu. Die Erteilung von Aufenthaltstiteln kommt nur unter den im Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzungen in Betracht. Dazu gehört bei Visa, wie sie den Angehörigen des Verpflichtungsgebers erteilt wurden, dass kein Regelversagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegt. Ein solcher ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers nicht gesichert ist. Im Übrigen dürfte ein Visum von Bürgerkriegsflüchtlingen bei nur für einen Kurzaufenthalt übernommener Kostenhaftung auch wegen mangelnder Rückkehrbereitschaft versagt werden (vgl. Art. 21 Abs. 1, 32 Abs. 1 a) iii) und b) Visakodex). Sofern die Landesanordnungen zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge voraussetzen, dass in Nordrhein-Westfalen lebende Verwandte oder Dritte sich bereit erklären, für den Lebensunterhalt der aufzunehmenden Flüchtlinge aufzukommen, ist hierin keine sachwidrige Koppelung einer staatlichen Vergünstigung an eine Gegenleistung zu sehen. Es geht vielmehr darum, die genannten Hindernisse für die Visumserteilung zu beseitigen und eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Mit der Abgabe einer Verpflichtungserklärung kann also der Behörde die Möglichkeit eröffnet werden, zugunsten der Ausländer zu entscheiden. Hierdurch wird weder unverhältnismäßiger Druck auf die in Deutschland lebenden Angehörigen syrischer Flüchtlinge ausgeübt, noch stellt dies die Ausnutzung einer staatlichen Machtstellung dar.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris (im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen).
91Ob nach Ablauf der Gültigkeit der nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen erteilten Aufenthaltserlaubnisse bei der Frage ihrer Verlängerung noch eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt gefordert werden dürfte, wenn zu diesem Zeitpunkt – wie hier – ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig von der Voraussetzung der Lebensunterhaltsicherung besteht, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung, da sich der streitgegenständliche Bescheid, wie ausgeführt, nicht auf einen solchen Zeitraum bezieht.
92Auch stellt sich die Übernahme der finanziellen Lasten durch den Verpflichtungsgeber vom Grundsatz her nicht als unverhältnismäßig dar. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet nicht, dass derjenige, der sich mit seiner Erklärung gemäß § 68 Abs. 1 AufenthG einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt hat, vollständig von seiner Erstattungspflicht nach § 68 AufenthG freigestellt bleibt. Dies stünde nicht im Einklang mit dem legitimen staatlichen Anliegen, Private und nichtstaatliche Stellen an den Kosten der Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu beteiligen, und würde den Gedanken der Solidarität als Grundlage der Landesaufnahmeregelungen in erheblichem Maße entwerten. Es entspricht vielmehr dem Gebot des angemessenen Ausgleichs, die finanziellen Risiken beiderseitig zu verteilen.
93Vgl. BVerwG vom 24. November 1998 – 1 C 33.97 –; VG Regensburg, Urteil vom 13. Februar 2013 ‑ 9 K 12/14 –, beide in juris.
94VII. Der Leistungsbescheid ist ferner nicht im Hinblick auf die Art und Höhe der zu erstattenden Kosten rechtswidrig. Sie entsprechen dem Haftungsumfang aus den Verpflichtungserklärungen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn das beklagte Jobcenter die Erstattung von öffentlichen Leistungen geltend machen würde, deren Erstattung nach den Verpflichtungserklärungen ausgenommen war. Das betrifft Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG. Derartige Leistungen sind jedoch nicht Gegenstand des Leistungsbescheides.
95Auch die Rechtmäßigkeit der Erbringung der Leistungen nach dem SGB II unterliegt keinen Zweifeln. Solche werden auch von den Klägern nicht geltend gemacht.
96VIII. Schließlich ist die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zur Erstattung der erbrachten Leistungen auch nicht ermessensfehlerhaft. Denn das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verlangen, dass die öffentliche Hand die ihr zustehenden Geldleistungsansprüche durchzusetzen hat. Von dieser Regel ist nur in atypischen Ausnahmefällen und unter Rücksichtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit abzusehen,
97BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10.12 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 – 18 A 539/15 – und vom 12. Oktober 2015 – 17 A 1137/14 –, beide nicht veröffentlicht.
98Diese Grundsätze sind auf die Erstattungspflicht aus § 68 Abs. 1 AufenthG zu übertragen. Demnach ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahin gehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte,
99vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 2013 – 13 LC 197/11 –, beide in juris.
100Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist die Bonität des Verpflichtungsgebers mit Vermerk auf Seite 2 der Verpflichtungserklärungen durch die Ausländerbehörde des I. kreises festgestellt und bescheinigt worden. Auch hat der Verpflichtungsgeber durch seine Unterschrift auf der Zusatzerklärung versichert, dass er auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu der Verpflichtung in der Lage war. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte für einen atypischen Fall, der die Inanspruchnahme des Verpflichtungsgebers als unzumutbar erscheinen ließe. Die Erstattungspflicht ist zwar durch eine politische Leitentscheidung einer obersten Landesbehörde in Form der Landesaufnahmeanordnung beeinflusst. Diese Behörde trifft aber keine Mitverantwortung an der Heranziehung zu den erbrachten Leistungen. Denn der Verpflichtungsgeber entscheidet eigenverantwortlich, ob er eine Verpflichtungserklärung abgeben möchte oder nicht. Soweit er nachträglich behauptete, er könne sich den Lebensunterhalt seiner Angehörigen nicht mehr leisten, fehlt es schon an einem hinreichend konkreten Tatsachenvortrag.
101C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO.
102Entgegen der Auffassung des beklagten Jobcenters sind Gerichtskosten ungeachtet des § 193 SGG zu erstatten. Diese Vorschrift ist schon nicht anwendbar, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte handelt, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Anwendbar sind demnach die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aber auch nicht aus § 188 VwGO. Denn der Streitgegenstand ist keiner der dort genannten Materien zuzuordnen. Der sachliche Schwerpunkt bei Streitsachen wegen Leistungsbescheiden nach § 68 Abs. 1 AufenthG liegt im Ausländerrecht, nicht im Sozialhilferecht,
103vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 188 Rdn. 6; BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 1999 ‑ 1 KSt 6/99, 1 C 16/99 –; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – 17 E 66/98 –, beide in juris.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
105Die Revision wird nach §§ 134 Abs. 1, Abs. 2, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter Übergehung der Berufungsinstanz als Sprungrevision zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Frage der Fortgeltung einer Verpflichtungserklärung bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt und betrifft eine Vielzahl von Fällen.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten, die anlässlich des Aufenthalts der Schwägerin des Klägers im Bundesgebiet entstanden sind. Die am 03.12.1985 geborene Schwägerin besitzt die Staatsangehörigkeit von Guinea. Mit einem 30tägigen Besuchsvisum reiste sie 2006 zu ihrer Schwester, der Ehefrau des Klägers, in das Bundesgebiet ein. Der Kläger hatte zuvor im Visumsverfahren am 20.04.2006 eine sog. Verpflichtungserklärung abgegeben. Wegen des Inhalts dieser Verpflichtungserklärung und einer durchgeführten „Bonitätsprüfung“ wird auf Blatt 103 - 105 der Beiakte IX Bezug genommen.
3Nach dem Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres Visums verließ die Schwägerin das Bundesgebiet nicht, sondern stellte am 25.05.2007 unter Aliaspersonalien einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte. Dabei gab sie u.a. an, am 01.01.1991 in Conakry geboren zu sein.
4Mit Bescheid vom 29.06.2007 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) das Asylbegehren der Schwägerin ab. Gleichzeitig stellte es jedoch das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG für die Schwägerin hinsichtlich Guinea fest.
5Unter dem 16.08.2007 beantragte die Schwägerin die Erteilung eines Reiseausweises. Am 18.08.2007 geriet sie wegen des Vorwurfs der Identitätstäuschung in Untersuchungshaft. Der Kläger hatte die Schwägerin zur Ausländerbehörde der Stadt N. verbracht und dort auch das Passdokument der Schwägerin übergeben. Die Gültigkeitsdauer des Passdokumentes war auf den 04.04.2011 bestimmt. In dem Dokument waren zwei Kinder der Schwägerin eingetragen, bei denen es sich tatsächlich um Kinder der Ehefrau des Klägers handelte. Ihren Antrag auf Erteilung eines Reiseausweises und eines darin evtl. enthaltenen Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nahm die Schwägerin am 03.02.2010 zurück.
6Nach Bekanntwerden der wahren Identität der Schwägerin leitete das Bundesamt am 01.10.2007 ein Rücknahmeverfahren betreffend die Feststellung des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft hinsichtlich der Schwägerin ein.
7In der Folgezeit erhielt die Schwägerin weder eine Aufenthaltserlaubnis noch eine Duldung; die zuständige Ausländerbehörde stellte ihr vielmehr „Ausländerbehördliche Bescheinigungen“ aus.
8Unter dem 06.11.2007 attestierte der Anstaltsarzt der JVA L. der Schwägerin das Vorliegen einer Hepatitis-B Infizierung.
9Mit Urteil vom 08.11.2007 verurteilte das Amtsgericht C. -H. die Schwägerin wegen illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet in Tatmehrheit mit versuchter mittelbarer Falschbeurkundung zu einer Gesamtgeldstrafe von 84 Tagessätzen. Am gleichen Tage wurde die Schwägerin aus der U-Haft entlassen.
10In der Zeit vom 16.07.2007 bis zum 31.10.2007 gewährte die Beklagte der Schwägerin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG) in Höhe von 569,90 €.
11Mit Bescheid vom 09.11.2007 forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung dieser Leistungen auf. Dabei verwies sie auf die Regelung des § 68 AufenthG. Mit Bescheid vom gleichen Tage wies die Beklagte der Schwägerin eine Unterkunft unter der Anschrift Am I. in P. zu. Ab dem 01.12.2007 hatte die Schwägerin ihre Wohnung in der Q.-------straße in P. zu nehmen.
12Mit Bescheid vom 15.11.2007 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung in Höhe von 159,39 € für die von der Schwägerin genutzte Wohnung in P. , Am I. auf.
13Am 23.11.2007 erklärte die Bundespolizeidirektion, dass der vom Kläger seinerzeit vorgelegte Pass der Schwägerin als echt und unverfälscht eingestuft werde.
14Gegen den Bescheid vom 09.11.2007 erhob der Kläger am 28.11.2007 Widerspruch. Gegen den Bescheid vom 15.11.2007 erhob er am 06.12.2007 Widerspruch. Dies entsprach den den Bescheiden beigefügten Rechtsbehelfsbelehrungen.
15Unter dem 14.01.2008 kündigte der Kläger vorsorglich gegenüber der Stadt N. die von ihm im April 2006 abgegebene Verpflichtungserklärung.
16Mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2009 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück und verwies diesen auf eine Klagemöglichkeit vor dem Sozialgericht L. .
17Daraufhin erhob der Kläger am 06.04.2009 Klage vor dem Sozialgericht L. . Dieses verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15.05.2009 an das Sozialgericht E. . Mit Beschluss vom 30.06.2011 verwies das Sozialgericht E. den Rechtsstreit an das erkennende Gericht. Dieses führte das Verfahren unter dem Aktenzeichen 7 K 2120/11 weiter.
18Bereits mit Bescheid vom 01.09.2009 hatte das Bundesamt seine im Bescheid vom 29.06.2007 getroffene Feststellung über das Bestehen der Flüchtlingseigenschaft betreffend die Schwägerin zurückgenommen und gleichzeitig festgestellt, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Ausweislich einer Mitteilung des Bundesamtes vom 12.10.2009 ist der Bescheid seit dem 22.09.2009 bestandskräftig.
19Mit Bescheid vom 12.01.2010 – bestandskräftig seit dem 09.07.2010 - lehnte das Bundesamt einen Antrag der Schwägerin auf Änderung der im Bescheid vom 01.09.2009 getroffenen Feststellung zum Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten im Sinne des § 60 Abs. 2 – 7 AufenthG ab. Ferner drohte es der Schwägerin die Abschiebung nach Guinea an.
20Unter dem 04.03.2010 erklärte die Zentrale Ausländerbehörde E1. , dass kein Versuch der Abschiebung der Schwägerin mit dem hinsichtlich des Eintrags der Kinder verfälschten, vorliegenden Passdokument erfolgen solle. Man rate die Beschaffung eines Passersatzpapieres an.
21Mit Urteil vom 19.09.2012 – 7 K 2120/11 – wies die erkennende Kammer die Klage des Klägers gegen die Bescheide der Beklagten vom 09.11.2007 und 15.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2009 ab. Zu deren Begründung hatte der Kläger ausgeführt, dass die Schwägerin von ihm und seiner Ehefrau gebeten worden sei, die Kinder seiner Ehefrau von Conakry aus nach Deutschland zu begleiten. In diesem Zusammenhang habe er die streitige Verpflichtungserklärung abgegeben. Dabei sei er davon ausgegangen, dass ein Besuchsvisum für einen Zeitraum von maximal drei Monaten erteilt werde. Dementsprechend habe er in der Verpflichtungserklärung angegeben, dass die beabsichtigte Dauer des Aufenthalts drei Monate betrage. Dass letztlich ein kurzfristigeres Besuchsvisum erteilt worden war, habe die Schwägerin ihm verschwiegen. In der Folge sei es zu einem Zerwürfnis gekommen. Durch einen Zufall habe er dann erfahren, dass sich die Schwägerin in L1. /Kreis N. -M. bei einem Bekannten aufhalte. Er habe für die Schwägerin ein Flugticket für die Ausreise am 10.03.2007 besorgt. Die Schwägerin sei dann jedoch „geflohen“. Während des weiteren Jahres sei die Schwägerin verschwunden geblieben. Er habe immer versucht, den Aufenthaltsort der Schwägerin ausfindig zu machen, um dafür Sorge zu tragen, dass diese wieder zurück nach Guinea reise. Zudem habe er selbst das Bundesamt angeschrieben und darauf hingewiesen, dass die von der Schwägerin geltend gemachten Asylgründe möglicherweise vorgeschoben seien. All diese Gesichtspunkte habe die Beklagte bei der von ihr getroffenen Entscheidung nicht berücksichtigt. Eine Verpflichtungserklärung verliere zudem ihre Wirksamkeit, wenn der Ausländer in eine unbedingte Anspruchsposition hinsichtlich eines Aufenthaltstitels oder einer Duldung hineinwachse. Eine Verpflichtungserklärung könne ab diesem Zeitpunkt nicht mehr Grundlage eines Erstattungsanspruchs hinsichtlich solcher Mittel sein, die danach aufgewendet worden seien. Mit der Stellung des Asylantrages durch die Beigeladene sei ein dementsprechender anderer Aufenthaltszweck gegeben. Die nach diesem Zeitpunkt entstandenen Kosten könnten von daher nicht mehr begehrt werden. Des Weiteren sei die Verpflichtungserklärung mit Blick auf ihre Geltungsdauer nicht hinreichend bestimmt genug. Sie entspreche deshalb nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
22Mit Bescheid vom 06.12.2012 forderte die Beklagte vom Kläger die Erstattung von der Schwägerin im Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.10.2012 gewährten öffentlichen Leistungen nach dem AsylblG in Höhe von 28.686,91 €.
23Dagegen erhob der Kläger unter dem 07.01.2013 Widerspruch. U.a. bestritt er den in Ansatz gebrachten Erstattungsbetrag der Höhe nach.
24Mit Bescheid vom 30.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Dabei führte sie aus, dass sich der Betrag aus Regelleistungen für den Zeitraum von Januar 2009 bis Oktober 2012 in Höhe von 17.759,17 € und während dieses Zeitraumes angefallener Kosten der Krankenhilfe in Höhe von 10.927,74 € zusammensetze.
25Am 14.02.2013 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.
26Mit Bescheid vom 04.03.2013 lehnte das Bundesamt einen weiteren Wiederaufgreifensantrag der Schwägerin ab. Die dagegen erhobene Klage nahm die Klägerin zurück.
27Am 04.11.2013 erklärte die Schwägerin gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde, dass sie nicht bereit sie, sich einen neuen Pass ausstellen zu lassen.
28Am 12.02.2014 reduzierte die Beklagte den Erstattungsbetrag um 843,20 €. Von den geltend gemachten Kosten der Krankenhilfe über 4.113,18 € könne sie nur einen Betrag von 3.269,98 € belegen. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit darauf hin in der mündlichen Verhandlung insoweit für erledigt erklärt.
29Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, er bestreite die in Ansatz gebrachten Krankenhilfekosten. Insoweit sei eine Übersendung der zu Grunde liegenden Apothekenabrechnungen nicht erfolgt. Des Weiteren ergebe sich aus Blatt 402 der Leistungsakte, dass die Beklagte einen Erstattungsanspruch bei der S. C1. angemeldet habe. Es sei nicht erkennbar, dass über diesen Anspruch bereits entschieden worden sei. Darüber hinaus sei die im April 2006 abgegebene Verpflichtungserklärung nicht mehr wirksam. Bei Abgabe der Erklärung sei er davon ausgegangen, sich nur für einen Zeitraum von drei Monaten verpflichten zu wollen. Die durchgeführte Bonitätsprüfung sei nicht korrekt gewesen. Jedenfalls mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an die Schwägerin am 29.07.2007 habe der Verpflichtungszeitraum sein Ende gefunden. Mit Schreiben vom 14.01.2008 habe er die Verpflichtungserklärung auch gekündigt. Des Weiteren habe die Schwägerin zumindest bis April 2011 über ein gültiges Passdokument verfügt. Das bedeute, auch noch nach der Rücknahme der die Flüchtlingseigenschaft zuerkennenden Entscheidung des Bundesamtes sei eine Aufenthaltsbeendigung ohne Weiteres möglich gewesen. Gleichwohl sei davon Abstand genommen worden. Etwaige Wiederaufgreifensanträge der Schwägerin änderten daran nichts. Schließlich liege ein Ausnahmefall vor, welcher auf eine Ermessensentscheidung der Beklagten führe. Diese sei bislang fehlerhaft. So führe seine Inanspruchnahme auf eine unzumutbare Belastung.
30Der Kläger beantragt,
31den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2013 aufzuheben.
32Die Beklagte beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Soweit der Kläger die Krankenhilfekosten der Höhe nach bestreite, lege sie für einen Betrag von 3.269,98 € die zu Grunde liegenden Apothekenunteralgen vor. Der Erstattungsanspruch bei der L2. sei seinerzeit nur vorsorglich gestellt worden. Realisiert habe er sich nicht.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte zum Verfahren 7 K 2120/11, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Ausländerakte der Schwägerin des Klägers.
36Entscheidungsgründe:
37Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
38Darüber hinaus ist die Klage unbegründet.
39Der Bescheid der Beklagten vom 06.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2013 ist – soweit er noch streitgegenständlich ist - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), wobei wegen des Vorliegens einer ausländerrechtlichen Streitigkeit die von der Beklagten initiierte Durchführung eines Vorverfahrens unstatthaft gewesen sein dürfte.
40Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Diese Vorschrift enthält die Befugnis, einen Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.02.2014 – 1 C 4.13 -, InfAuslR 2014, 247.
42Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen.
43Dabei bestimmt sich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Leistungsbescheides grundsätzlich nach der im Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblichen Sach- und Rechtslage, hier dem Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, d. h, dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.02.2014 – 1 C 4.13 -, InfAuslR 2014, 247.
45Eine Verpflichtungserklärung im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat der Kläger am 20.04.2006 abgegeben. Diese ist als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung mit dem Zugang bei der seinerzeit zuständigen Ausländerbehörde wirksam geworden. Sie genügte dabei der in § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG geforderten Schriftform. Ausweislich des beigezogenen Verwaltungsvorgangs fand im Zusammenhang mit der Abgabe eine auch inhaltlich nicht zu beanstandende Bonitätsprüfung betreffend den Kläger statt, welche zu dem nachvollziehbaren Ergebnis führte, dass der Kläger aufgrund seiner Einkommensverhältnisse in der Lage war, der übernommenen Verpflichtung nachzukommen. So bestätigte der Kläger mit seiner Unterschrift zunächst selbst, zu der Verpflichtung aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage zu sein. Ferner kann die auf Blatt 105 der Beiakte IX enthaltene „Bonitätsprüfung“ nur auf eigenen Angaben des Klägers zu seinen seinerzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen beruhen. Woanders als vom Kläger selbst sollte der bearbeitende Sachbearbeiter der Stadt N. seinerzeit die Angabe her haben, dass der Kläger über ein monatliches Einkommen von 2.750 € verfügte. Soweit der Kläger insoweit weiter rügt, wegen der in der Verpflichtungserklärung enthaltenen handschriftlichen Eintragung der zwei begleitenden Kinder sei der Gästebedarf zu gering angesetzt worden, fehlt dem die Entscheidungserheblichkeit, denn selbst bei Berücksichtigung der insoweit anzusetzenden Beträge – wie sie in dem Berechnungsformular vorgegeben sind – wäre bei dem angegebenen mtl. Nettoeikommen von 2.750 € die Bonität des Klägers gegeben gewesen.
46Zudem ist der Kläger ausweislich der von ihm unterzeichneten Verpflichtungserklärung zuvor über Umfang und Dauer der Haftung sowie die Bindungswirkung der Verpflichtung belehrt worden. Von daher finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die abgegebene Verpflichtungserklärung etwa wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unwirksam sein könnte.
47Vgl. dazu VG Freiburg, Urteil vom 19.04.2012,
484 K 1626/11 -.
49Entgegen der Ansicht des Klägers genügt die von ihm auf dem bundesweit einheitlich verwendeten Formular abgegebene Verpflichtungserklärung auch dem Wirksamkeitserfordernis der hinreichenden Bestimmtheit. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den vom Kläger angeführten Umstand ihrer Geltungsdauer. So heißt es in der abgegebenen Erklärung ausdrücklich und eindeutig „vom Beginn der voraussichtlichen Visumsgültigkeit am ... bis zur Beendigung des Aufenthalts og. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“.
50Vgl. zur hinreichenden Bestimmtheit des Formularinhalts VG Münster,
51Urteil vom 14.06.2012 – 8 K 2632/10 -, m. w. N.
52Ergänzt hat der Kläger die formularmäßig vorgegebene Erklärung zudem noch mit dem Zusatz „01.05.2006 bis Beendigung des Aufenthalts“. Dadurch ist ein konkreter Anfangszeitraum und ein konkretes Ereignis für das Ende des Haftungszeitraums ausdrücklich benannt bzw. bezeichnet worden.
53Auch ist die streitgegenständliche Verpflichtungserklärung jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum ‑ Geltendmachung von öffentlichen Leistungen an die Schwägerin im Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.10.2012 ‑ nicht in Folge der vom Kläger gegenüber der Stadt N. am 14.01.2008 ausgesprochenen Kündigung unwirksam geworden. Selbst wenn man die Kündigung einer Verpflichtungserklärung im Sinne des § 68 AufenthG grundsätzlich als zulässig ansehen wollte, so kommt eine solche Kündigung – weil das dem Sinn der Verpflichtungserklärung zuwider liefe – jedenfalls nicht rückwirkend und auch nicht mit Wirkung für den hier in Rede stehenden Zeitraum in Betracht. Die im Januar 2008 ausgesprochene Kündigung konnte frühestens in dem Zeitpunkt wirksam werden, in dem die Ausländerbehörde die Möglichkeit hatte, den Aufenthalt des Ausländers – hier: der Schwägerin – zu beenden.
54Vgl. dazu VG München, Urteil vom 18.01.2012 – M 9 K 10.6262 -.
55Eine solche Möglichkeit hatte die Ausländerbehörde zunächst wegen der bis zum Eintritt der Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung des Bundesamtes am 22.09.2009 fortbestehenden Flüchtlingseigenschaft der Schwägerin nicht. Für den anschließenden Zeitraum bis zum 31.10.2012 gilt nichts Abweichendes. Allerdings führt allein die Stellung von Wiederaufgreifensanträgen gegenüber dem Bundesamt betreffend die Feststellung von Abschiebungsverboten im Sinne des § 60 Abs. 2 – 7 AufenthG entgegen der wohl von der für die Schwägerin zuständigen Ausländerbehörde vertretenen Ansicht nicht per se auf ein von der Ausländerbehörde zu beachtendes Abschiebungshindernis. Unabhängig davon mangelte es aber an dem für eine Abschiebung der Schwägerin erforderlichen Heimreisedokument. Zwar verfügte die Schwägerin über ein zunächst wohl ordnungsgemäß ausgestelltes, nach dem Datumseintrag bis zum 04.04.2011 gültiges Passdokument. Dieses war jedoch erkennbar mit dem Eintrag der Kinder der Ehefrau des Klägers als eigene Kinder der Schwägerin erkennbar unrichtig geworden. Von daher konnte die zuständige Ausländerbehörde entsprechend der Mitteilung der Zentralen Ausländerbehörde E1. – die regelmäßig mit der Abschiebung von Ausländern in das Heimatland der Schwägerin befasst ist - vom 04.03.2010 davon ausgehen, dass ein Abschiebungsversuch der Schwägerin unter Verwendung des vorhandenen Passdokumentes untunlich war und insoweit ein neues Passdokument oder ein Passersatzpapier zu beschaffen war. Beides lag bis zum Ende des hier umstrittenen Zeitraumes nicht vor.
56Die in der Verpflichtungserklärung vom 20.04.2006 bezeichneten Voraussetzungen für die Erstattungsforderung liegen vor.
57Die Beklagte erbrachte vom Kläger unbestritten zum einen zum Zwecke des Lebensunterhalts der Schwägerin (Regel-)Leistungen nach dem AsylblG in Höhe von 17.759,17 €. Hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Krankenhilfekosten in einer Gesamthöhe von zunächst 10.927,74 € hält der Kläger allein den auf die Apothekenleistungen entfallenden Teilbetrag in Höhe von 4.113.18 € für nicht belegt. Dieser Teilbetrag aber ist in der zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits führenden Höhe von 843,20 € reduziert worden. Hinsichtlich des Restbetrages in Höhe von 3.269;98 € hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.10.2013 die entsprechenden Belege vorgelegt.. Von daher hat die Kammer keinen Anhalt dafür, dass die zur Erstattung festgesetzten Kosten der Krankenhilfe etwa nicht angefallen oder gar unnötig gewesen wären. Insbesondere Letzteres behauptet auch der Kläger nicht.
58Ferner ist in der Rechtsprechung des BVerwG,
59vgl. Urteil vom 13.02.2014 – 1 C 4.13 -, a.a.O.,
60mittlerweile geklärt, dass weder die Asylantragstellung als solche noch die Flüchtlingsanerkennung der Erstattungspflicht des sich Verpflichtenden für die von dem Asylbegehrenden während des Asylverfahrens bezogenen Leistungen entgegenstehen. Dem folgt die Kammer.
61Nach dem oben dargestellten Wortlaut seiner Verpflichtungserklärung hatte der Kläger die eingegangene Verpflichtung zudem gerade nicht an die Dauer des Besuchsvisums – den Besuchszweck – der Schwägerin gebunden.
62Der Leistungszeitraum, für den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid Erstattung fordert – 01.01.2009 bis zum 31.10.2012 - , fällt in den Zeitraum, für den sich der Kläger zur Bestreitung des Lebensunterhaltes der Schwägerin verpflichtet hat. Stellt man insoweit auf die individuell angebrachte Ergänzung der Formularerklärung „01.05.2006 bis Beendigung des Aufenthalts“ ab, ergibt sich dies zwanglos, denn eine Beendigung des Aufenthalts der Schwägerin ist bis heute nicht erfolgt. Etwas Abweichendes ergibt sich aber auch nicht, wenn man insoweit auf die Erklärung abstellte, „bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“. Der Schwägerin ist im fraglichen Zeitraum kein Aufenthaltstitel zu einem anderen Aufenthaltszweck erteilt worden. Die mit der Stellung ihres Asylantrages begründete Aufenthaltsgestattung der Schwägerin stellt keinen Aufenthaltstitel im Sinne der Verpflichtungserklärung des Klägers dar. Die Kammer folgt insoweit den Ausführungen und Wertungen des VG Münster,
63vgl. Urteil vom 14.06.2012 – 8 K 2632/10 -,
64wonach bei Willenserklärungen, die sich wie bei einer ausländerrechtlichen Verpflichtungserklärung an Fachleute richten, zur Auslegung die fachsprachliche Bedeutung maßgeblich ist. Eine mit der Asylantragstellung verbundene Aufenthaltsgestattung stellt nach der Gesetzeslage (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), damit nach der Fachlichkeit aber gerade keinen Aufenthaltstitel dar.
65Der umstrittene Leistungszeitraum fällt auch nicht etwa deshalb aus dem Verpflichtungszeitraum, weil der Schwägerin bereits mit Bescheid vom 29.06.2007 – also schon vor dem Beginn des hier umstrittenen Leistungszeitraumes die Flüchtlingsstellung zuerkannt worden war und sie diese während des Leistungszeitraums zeitweise noch behielt – für eine Rücknahme der Flüchtlingsstellung ex tunc findet sich im Rücknahmebescheid des Bundesamtes vom 01.09.2009 kein Anhalt. Ein Aufenthaltstitel im Sinne der vom Kläger abgegebenen Verpflichtungserklärung ist der Schwägerin in Folge der Flüchtlingsanerkennung gerade nicht erteilt worden. Allerdings wird in Teilen der Rechtsprechung vertreten,
66vgl. dazu nur VG Oldenburg, Urteil vom 13.02.2012 - 11 A 518/11 -,
67dass die Haftung dann ende, wenn dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung zuerkannt werde, und er dadurch mit Blick auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels in eine gebundene Anspruchsposition hineingewachsen sei (vgl. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG). Eine solche Sichtweise verträgt sich mit dem Wortlaut der vom Kläger abgegebenen Willenserklärung und den Grundsätzen der Auslegung dieser aber nicht. Die Willenserklärung knüpft an die Erteilung eines „Aufenthaltstitels“ und nicht an das „Hineinwachsen in eine Anspruchsposition“ an.
68Vgl. VG Freiburg, Urteil vom 19.04.2012 – 4 K 1626/11 -.
69Zudem wenden sich die Bestimmungen des § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG an den begünstigten Ausländer und nicht an den Garantiegeber im Sinne des § 68 Abs. 1 AufenthG.
70Ob in den Fällen, in denen die Ausländerbehörde trotz eines gebundenen Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels einen solchen treuwidrig verweigert, Abweichendes gelten muss, kann hier dahinstehen, denn für ein solches Verhalten der zuständigen Ausländerbehörde findet sich kein Anhalt. Die zuständige Ausländerbehörde hat nur deshalb von der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis abgesehen, weil die zutreffenden Personalien der Schwägerin bekannt geworden waren und ein Rücknahmeverfahren beim Bundesamt eingeleitet worden war.
71Die Kammer lässt dahinstehen, ob eine atypische Situation gegeben ist, bei der über die Heranziehung des Klägers im Ermessenswege zu entscheiden gewesen wäre.
72Vgl. zum Vorliegen eines sog. atypischen Sonderfalles nur BVerwG, Urteil vom 13.02.2014 – 1 C 4.13 -, a.a.O.
73Die Beklagte hat derartige Ermessenserwägungen in dem angefochtenen Bescheid jedenfalls vorsorglich angestellt und diese im laufenden Klageverfahren in zulässiger Weise ergänzt. Die getroffene Ermessensentscheidung ist im Rahmen der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungskompetenz (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ihr Ermessen am maßgeblichen Gesetzesweck ausgerichtet und dem Umstand der Haushaltsentlastung in vertretbarer Weise den Vorrang eingeräumt. Den Gesichtspunkten der Enttäuschung des Rückkehrverhaltens der Schwägerin und der wirtschaftlichen Belastung des Klägers kommt insoweit nur eine geringere Bedeutung zu. Jedenfalls führen sie nicht auf eine Verpflichtung der Beklagten, von einer Erstattungspflicht des Klägers im Ermessenswege abzusehen. Entsprechendes gilt mit Blick auf die der Schwägerin zeitweise zuerkannte Flüchtlingseigenschaft, denn diese beruhte zum einen auf Falschangaben der Schwägerin und zum anderen ist diese Statusfeststellung aufenthaltsrechtlich gerade nicht umgesetzt worden. Zudem bleibt hinsichtlich der vom Kläger nunmehr angeführten schlechten wirtschaftlichen Lage die Möglichkeit einer Reduzierung der Kostenschuld aus Verhältnismäßigkeitsgründen dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten.
74Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Kläger auch mit den Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits zu belasten, denn dieser wirkt sich nicht streitwerterhöhend und damit kostenmäßig aus.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Jobcenter zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
1
Tatbestand:
3Die Kläger sind als Erbengemeinschaft in die Rechte und Pflichten des am 00.00.2015 verstorbenen Herrn Dr. U. L. (Verpflichtungsgeber) eingetreten. Dieser verpflichtete sich am 6. März 2014 gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises, für den Lebensunterhalt seiner Nichte, deren Ehemann und ihres Kindes (Angehörige bzw. Begünstigte), die sämtlich syrische Staatsangehörige sind, aufzukommen. Die Verpflichtungserklärungen umfassen ein ausgefülltes und vom Verpflichtungsgeber unterschriebenes Formular sowie eine vom Verpflichtungsgeber ebenfalls unterzeichnete Zusatzerklärung. Die Verpflichtungserklärungen nehmen die Haftung für Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG aus. Im Feld „Aufenthaltszweck“ ist auf dem Formular der Verpflichtungserklärungen keine Eintragung. Die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts ist mit „Dauer“ angegeben. Im Feld „Dauer der Verpflichtung“ heißt es: „vom Tag der voraussichtlichen Einreise am sofort bis zur Beendigung des Aufenthalts des o.g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck.“ Laut der Zusatzerklärung soll sich die Verpflichtung unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch auf Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes erstrecken und im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann enden, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
4Die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers erhielten am 3. April 2014 ein nationales Visum zum längerfristigen Aufenthalt nach § 6 Abs. 3 AufenthG und reisten am 23. Juni 2014 erstmals in das Bundesgebiet ein. Sie erhielten am 10. Juli 2014 aufgrund der Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen (MIK), Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) vom 3. Februar 2014 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Diese war für die Nichte des Verpflichtungsgebers und ihr Kind bis zum 22. Juni 2016 und für ihren Ehemann bis zum 3. Oktober 2015 befristet. Sie wohnten zunächst in N. . Nach Asylantragstellung im November 2014 wurden sie mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 19. November 2014 der Stadt N1. zugewiesen.
5Im Dezember 2014 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den betreffenden Angehörigen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylVfG in der damals gültigen Fassung zu. Die Stadt N1. erteilte ihnen daraufhin am 9. Februar 2015 jeweils eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Ab dem 11. Februar 2015 erhielten sie durch das beklagte Jobcenter Leistungen nach dem SGB II.
6Mit Schreiben vom 18. März 2015 widerrief der Verpflichtungsgeber seine Verpflichtungserklärungen gegenüber dem beklagten Jobcenter, da er sich wegen der veränderten Aufenthaltssituation der Begünstigten und wegen des geänderten Aufenthaltszwecks nicht länger an seine Erklärung gebunden fühle.
7Mit Leistungsbescheid vom 3. September 2015 verlangte das beklagte Jobcenter von dem Verpflichtungsgeber die Erstattung von 8.832,75 Euro, die es für die Begünstigten vom 11. Februar 2015 bis zum 31. August 2015 nach dem SGB II aufgewendet habe. Zur Begründung trug es im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber aufgrund seiner Verpflichtungserklärungen zur Erstattung verpflichtet sei. Diese hätten weiterhin Bestand, da sich der Aufenthaltszweck der Begünstigten nicht wesentlich verändert habe.
8Entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung legte der Verpflichtungsgeber am 11. September 2015 anwaltlich vertreten hiergegen Widerspruch ein. Diesen wies das beklagte Jobcenter mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung verwies es auf seinen Bescheid vom 3. September 2015 und führte weiter aus, der Aufenthaltszweck sei sowohl bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 AufenthG als auch bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 AufenthG der Schutz der flüchtenden Menschen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 19. Oktober 2015, also am Tag nach dem Tod des Verpflichtungsgebers, an die im Widerspruchsverfahren bevollmächtigten Rechtsanwälte zur Post gegeben.
9Hiergegen haben die Kläger am Montag, dem 23. November 2015 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber nicht mehr aus den Verpflichtungserklärungen in Anspruch genommen werden könne, da mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG eine Zweckänderung stattgefunden habe. Eine solche liege vor, wenn sich die rechtliche Qualifikation des Aufenthaltstitels erheblich geändert habe. Während die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG auf einer Ermessensentscheidung beruhe, diene die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG der Verwirklichung des Grundrechts auf Asyl aus Art. 16a GG und des subjektiven Rechts aus Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU. Darüber hinaus könne nur die auf § 23 Abs. 1 AufenthG beruhende Aufenthaltserlaubnis von einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abhängig gemacht werden. Da der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG Anspruch auf staatliche Leistungen habe, beende deren Erteilung die Leistungspflicht nach § 68 AufenthG. Zudem werde die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG für eine längere Dauer erteilt als diejenige nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Eine Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen folge auch nicht aus dem Subsidiaritätsprinzip gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, da die Verpflichtungserklärungen keinen Anspruch der Begünstigten gegen den Erklärenden begründeten. Darüber hinaus verstoße die Fortgeltung gegen Art. 29 Abs. 1 der RL 2011/95/EU und das Gleichbehandlungsgebot, da die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, anerkannten Flüchtlingen die notwendige Sozialhilfe unter den gleichen Voraussetzungen zu gewähren wie eigenen Staatsangehörigen. Der Anspruch auf Sozialleistungen werde ausgehöhlt, wenn die jeweiligen Anspruchsteller befürchten müssten, dass der Verpflichtungsgeber in Regress genommen werde.
10Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
11den Bescheid des beklagten Jobcenters vom 3. September 2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 aufzuheben.
12Das beklagte Jobcenter beantragt schriftsätzlich,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid.
15Die Kläger haben sich mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2015 und vom 19. Januar 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt. Ferner haben sie die Zulassung der Revision beantragt. Das beklagte Jobcenter hat mit Schriftsätzen vom 22. Januar 2016 und vom 19. Februar 2016 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.
16Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Jobcenters und der Ausländerbehörde der Stadt N1. Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Entscheidung ergeht trotz des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch die Kammer. Denn die Entscheidung, ob von der Möglichkeit des § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO Gebrauch gemacht wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts,
19Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 87a Rdn. 8.
20Das Gericht hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
21Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
23A. Die Klage ist zulässig.
24Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt sich nicht um eine den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG zugewiesene Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe oder des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), sondern um eine Streitigkeit nach dem Ausländer- und Aufenthaltsrecht,
25BSG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - B 8 AY 1/09 R -, juris.
26Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach § 42 Abs. 2 VwGO gemeinsam klagebefugt, da sie nach §§ 1922 Abs. 1, 1967, 2032 Abs. 1, 2058 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten des verstorbenen Verpflichtungsgebers als Gesamtschuldner haften. Die Zahlungspflicht aus dem streitgegenständlichen Bescheid zählt zu den Nachlassverbindlichkeiten, weil sie zu Lebzeiten des Erblassers entstanden ist.
27Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach §§ 61 Nr. 1, 1. Alt., 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beteiligten- und gemeinsam prozessfähig.
28Das beklagte Jobcenter ist richtiger Klagegegner gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Es ist eine „gemeinsame Einrichtung“ im Sinne der §§ 6d, 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II und nimmt gemäß § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Es wird gerichtlich durch den Geschäftsführer vertreten, § 62 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 44d Abs. 1 Satz 2 SGB II.
29B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 3. September 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen daher die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
30Der Erstattungsanspruch folgt aus § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Nach Abs. 2 der Vorschrift bedarf die Verpflichtungserklärung der Schriftform; sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Dies befugt die öffentliche Stelle, die die Mittel aufgewendet hat, die Erstattung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend zu machen,
31BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 - 1 C 4/13 - und vom 24. November 1998 - 1 C 33.97 - (zu § 84 AuslG 1990), beide in juris.
32Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.
33I. Der Verpflichtungsgeber hat sich gegenüber der nach § 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) zur Entgegennahme der Verpflichtungserklärungen zuständigen Ausländerbehörde des I. kreises am 6. März 2014 wirksam dazu verpflichtet, für die Leistungen zum Lebensunterhalt seiner ausländischen Angehörigen aufzukommen, um deren Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Die eigenhändig von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen entsprechen dem Schriftformerfordernis nach § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB.
34II. Die Verpflichtungserklärungen vom 6. März 2014 sind hinreichend bestimmt. Inhalt und Reichweite der von dem Verpflichtungsgeber eingegangenen Verpflichtungen lassen sich durch Auslegung anhand objektiver Umstände ermitteln (vgl. §§ 133, 157 BGB). Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Zeitraum, auf den sich die übernommene Verpflichtung zur Erstattung rechtmäßig erbrachter Sozialleistungen bezieht, obwohl dieser nicht durch die Angabe eines Datums oder einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Dauer eingegrenzt ist. Der Wortlaut der unter Verwendung eines bundeseinheitlichen Formulars abgegebenen Verpflichtungserklärungen bestimmt die Dauer der Verpflichtung vielmehr dahingehend, dass diese bis zur Beendigung des Aufenthalts des betreffenden Ausländers oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck eingegangen wird. Konkretisiert werden diese Angaben durch den Wortlaut der vom Verpflichtungsgeber unterzeichneten Zusatzerklärung. Danach erstreckt sich die Verpflichtung ausdrücklich unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch für Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes und endet im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wurde.
35Es sind damit zwei Varianten bestimmt, die die übernommene Verpflichtung zeitlich begrenzen, nämlich einerseits das Ende des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in Deutschland und andererseits die Ersetzung des Aufenthaltszwecks durch einen anderen, für den ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird. Damit lässt sich die Dauer der übernommenen Verpflichtung hinreichend bestimmen, und zwar auch in Bezug auf die zweite Variante (Wechsel des Aufenthaltszwecks).
36Im Wege der Auslegung der Verpflichtungserklärungen anhand objektiver Umstände lässt sich mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln, auf welchen Aufenthaltszweck sich die Verpflichtungserklärungen beziehen. Zwar ist an der im Formular vorgesehenen Stelle für die Eintragung des Zwecks des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in allen von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen keine Eintragung vorhanden und es ist lediglich mit der Eintragung „Dauer“ die jeweilige voraussichtliche Dauer des Aufenthalts angegeben. Hieraus lässt sich jedenfalls entnehmen, dass sich die Erklärungen nicht auf einen beabsichtigten Kurzaufenthalt, sondern auf die Verwirklichung eines dauerhaften Aufenthaltszwecks bezogen. Ergänzend sind für die Auslegung der Erklärungen die zur Aufnahme von syrischen Staatsangehörigen getroffenen Aufnahmeanordnungen des MIK vom 26. September 2013, Az. 15-39.12.03-1-13-100(2603) und vom 3. Februar 2014, Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) heranzuziehen,
37vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1 ff. und juris, Rdn. 30.
38Hieraus ergibt sich, dass der Zweck des Aufenthalts der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers, für die er die Verpflichtungserklärungen abgab, sowohl aus seiner Sicht als auch aus Sicht des Erklärungsempfängers (der zuständigen Ausländerbehörde), darin bestand, in Deutschland Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass die Verpflichtungserklärungen nach dem objektiv erkennbaren Willen des Verpflichtungsgebers dazu dienten, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums und einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den genannten Aufnahmeanordnungen an die betreffenden Angehörigen zu schaffen und auch aus Sicht des Erklärungsempfängers den Verpflichtungserklärungen allein in diesem Zusammenhang rechtliche Relevanz zukam. Der Verpflichtungsgeber und die Ausländerbehörde gingen objektiv erkennbar übereinstimmend davon aus, dass die Verpflichtungserklärungen nur zum Tragen kommen, falls die betreffenden Personen zu dem von den Aufnahmeanordnungen begünstigten Personenkreis zählen (syrische Staatsangehörige, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten).
39Vor diesem Hintergrund sind die Verpflichtungserklärungen des Verpflichtungsgebers dahingehend auszulegen, dass er sich verpflichtete, den Lebensunterhalt seiner betreffenden Angehörigen grundsätzlich für die Gesamtdauer des bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen, und zwar unabhängig von der Ausgestaltung ihres Aufenthaltsrechts. Allein diese Auslegung wird dem Zweck der Verpflichtungserklärungen gerecht, die von den obersten Landesbehörden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern festgelegten Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt syrischer Staatangehöriger, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten, zu erfüllen,
40vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 32.
41Die Verpflichtung endet, wenn dieser bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen ins Auge gefasste Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
42Eine Auslegung der Verpflichtungserklärungen dahingehend, dass die Verpflichtung nur für den Zeitraum bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach erfolgreichem Abschluss eines Asylverfahrens gelten sollte und der Verpflichtungsgeber für die Zeit nach Abschluss eines Asylverfahrens ausschließlich das wirtschaftliche Risiko des Scheiterns des Asylantrags übernimmt,
43so SG Detmold, Beschluss vom 2. April 2015 - S 2 SO 102/15 -, juris,
44scheidet aus. Bereits bei Abgabe der Erklärungen war objektiv absehbar, dass das Risiko des Scheiterns eines Asylantrags eines syrischen Staatsangehörigen, der mit einem auf der Grundlage der Aufnahmeanordnungen erteilten Visum legal nach Deutschland eingereist ist und zuvor noch kein Asylverfahren betrieben hatte, vernachlässigbar sein würde.
45Im Jahr 2014 erhielten 89 % der syrischen Asylantragsteller in Deutschland Schutz in Gestalt einer Asylanerkennung oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylG oder des subsidiären Schutzes i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG, wobei der Großteil der nicht in diesem Sinne erfolgreichen Asylverfahren (10,6 %) durch formelle Entscheidungen beendet wurden, also Entscheidungen nach dem Dublinverfahren, Verfahrenseinstellungen wegen Antragsrücknahme oder Entscheidungen im Folgeantragsverfahren, dass kein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird, Das Bundesamt in Zahlen 2014, S. 45, 49, abrufbar unter: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2014.html?nn=1694460.
46Eine in dem vorgenannten Sinne einschränkende Auslegung der Verpflichtungserklärungen kommt vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn diese absehbar erhebliche Einschränkung der übernommenen Verpflichtung objektiv erkennbar im Wortlaut der Erklärungen oder aus dem Zusammenhang der Erklärungen mit den betreffenden Aufnahmeanordnungen zum Ausdruck gekommen wäre. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte. Insbesondere würde diese Auslegung auch dem Zweck der Verpflichtungserklärungen im Zusammenhang mit den Aufnahmeanordnungen nicht gerecht.
47III. Die Verpflichtungserklärungen erfassen auch den Zeitraum, für den das beklagte Jobcenter die Erstattung der geleisteten Sozialleistungen verlangt. Es ist bis zum Abschluss des hier streitgegenständlichen Zeitraumes kein Umstand eingetreten, der die mit den Verpflichtungserklärungen übernommene Erstattungspflicht entfallen ließe. Weder war der Aufenthalt der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland beendet, noch war der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck dieser Personen durch einen anderen ersetzt und hierfür eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.
481. Die Stellung der Asylanträge und die Flüchtlingsanerkennung der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers vermögen – unabhängig davon, dass hiermit schon kein Wechsel des in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der obigen Auslegung in Bezug genommenen Aufenthaltszwecks verbunden sein dürfte – schon deswegen die Verpflichtung des Verpflichtungsgebers zur Kostenerstattung nicht zum Erlöschen zu bringen, weil für einen neuen Aufenthaltszweck jedenfalls noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Den Angehörigen wurde in dieser Zeit lediglich eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ausgestellt. Diese stellt keinen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar.
49Vgl. zur Frage der aufenthaltsrechtlichen Anerkennung eines Wechsels des Aufenthaltszwecks bei Asylantragstellung nach Einreise mit einem Besuchsvisum: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 ‑ 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
502. Die vom Verpflichtungsgeber übernommene Verpflichtung wurde auch nicht mit Blick darauf beendet, dass den betreffenden Angehörigen am 9. Februar 2015 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt wurden. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt weder den Rückschluss darauf zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde (nachfolgend a), noch hat die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnisse selbst diese Konsequenz (nachfolgend b), noch bestehen im Übrigen hinreichende Anhaltspunkte für diese Annahme (nachfolgend c).
51a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt nicht den Rückschluss zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde Denn der tatsächlich bestehende Aufenthaltszweck bestimmt sich nicht nach der Rechtsgrundlage, auf deren Grundlage eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Vielmehr ist das Bestehen eines bestimmten Aufenthaltszwecks Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
52Nach §§ 7, 8 AufenthG wird jede Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt. Hiervon ausgehend enthält das Aufenthaltsgesetz spezifische, auf bestimmte Aufenthaltszwecke zugeschnittene Regelungen, die mit unterschiedlichen Rechtsstellungen verbunden sein können. Bei der Frage, welche Regelung einschlägig ist, hat sich die Ausländerbehörde an dem mit dem Aufenthalt verfolgten Zweck und dem konkreten Lebenssachverhalt zu orientieren.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Januar 2010 – 18 A 1147/08 –, NRWE (zur Überleitung von Aufenthaltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz in solche nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG).
54Der Aufenthaltszweck ist nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen, aus denen der Ausländer seinen Anspruch auf Aufenthalt herleitet.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 – 1 C 43/06 –, juris, Rdn. 12.
56Die für die Bestimmung des Aufenthaltszwecks maßgeblichen Tatsachen bestehen unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher rechtlichen Grundlage und für welche Gültigkeitsdauer dem betreffenden Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Geltungsdauer der mit Blick auf eine Verpflichtungserklärung erteilten Aufenthaltserlaubnis hat daher grundsätzlich keine entscheidende Bedeutung für die Frage, für welchen Aufenthaltszweck und für welche (Gesamt‑)Aufenthaltsdauer eine Verpflichtungserklärung gelten soll,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 34.
58Der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis kann zwar gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nachträglich verkürzt werden, wenn der Aufenthaltszweck, der ihrer Erteilung zugrunde lag, nachträglich entfallen ist. Der Aufenthaltszweck kann aber auch noch fortbestehen, obwohl der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis beendet ist.
59b) Vor diesem Hintergrund hat auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, also einer anderen als der ursprünglich bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen in den Blick genommenen Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen, nicht die Konsequenz, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach obiger Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck entfallen und durch einen anderen ersetzt wurde. Dabei kann offen bleiben, ob der Aufenthaltszweck, der Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, als ein „neuer Aufenthaltszweck“ zu qualifizieren ist gegenüber dem Aufenthaltszweck, der für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen vorausgesetzt wird. Denn ein solcher „neuer Aufenthaltszweck“ lässt den bisherigen Aufenthaltszweck nicht zwingend entfallen, sondern ist allenfalls als weiterer Aufenthaltszweck zu dem bisherigen hinzugetreten, so dass der neue Aufenthaltszweck den bisherigen nicht ersetzt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem neuen Aufenthaltszweck setzt nicht denklogisch voraus, dass der betreffende Ausländer den bisherigen Aufenthaltszweck aufgegeben hat. Vielmehr kann ein Ausländer mit seinem Aufenthalt in Deutschland auch mehrere Aufenthaltszwecke gleichzeitig verfolgen. Es ist sogar die Erteilung mehrerer Aufenthaltstitel kumulativ zulässig. Das dem Aufenthaltsgesetz zugrunde liegende Konzept unterschiedlicher Aufenthaltstitel mit jeweils eigenständigen Voraussetzungen und Rechtsfolgen schließt es nicht aus, dass einem Ausländer mehrere Aufenthaltstitel nebeneinander erteilt werden.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 – 1 B 1/14 ‑, juris, Rdn. 5.
61Der Aufenthaltszweck, auf den die Verpflichtungserklärungen Bezug nehmen, wird bestimmt durch die tatsächlichen Umstände des betreffenden Falles und nicht durch den Katalog der rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Aus diesem Grund entfällt der ursprünglich in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck auch nicht deswegen, weil die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers nunmehr Aufenthaltserlaubnisse erhalten haben, die von der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unabhängig zu erteilen sind. Der Sinnzusammenhang einer Verpflichtungserklärung mit der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kann nicht zu einem haftungsbegrenzenden Tatbestandsmerkmal des § 68 AufenthG verstärkt werden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
63c) Bei Betrachtung der maßgeblichen Tatsachen, die den Grund für den Aufenthalt der Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland bilden, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck vor dem Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraums entfallen ist und durch einen neuen ersetzt wurde. Der Aufenthaltszweck entfällt, wenn er verwirklicht worden ist, wenn seine Verwirklichung dem Ausländer innerhalb eines angemessenen Zeitraums aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist oder wenn der Ausländer die Verwirklichung aufgegeben hat.
64Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2015, § 7 Rdn. 452; Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2016, § 7 Rdn. 28, 30.
65Der Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten, besteht nach diesen Maßstäben unabhängig von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fort. Er ist durch Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis weder unmöglich gemacht noch abschließend verwirklicht worden. Jedenfalls für die Zeit, in der die Kriegshandlungen in Syrien noch andauern, ist weder von einer Unmöglichkeit noch von einer abschließenden Zweckerreichung auszugehen.
66Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Angehörigen des Verpflichtungsgebers die Verwirklichung dieses Zwecks aufgegeben haben. Insbesondere ist mit dem Wunsch der Angehörigen des Verpflichtungsgebers, sich nunmehr in Deutschland eine berufliche Existenz aufbauen wollen, keine Aufgabe des ursprünglichen Zwecks und dessen Ersetzen durch einen neuen Aufenthaltszweck verbunden. Denn die Schaffung einer beruflichen Existenz ist im Rahmen eines längerfristigen Aufenthaltes im Bundesgebiet durchaus typisch und steht nicht in Konkurrenz zu dem Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Wie zu entscheiden wäre, wenn der Zweck, einer bestimmten Erwerbstätigkeit nachzugehen, den Aufenthaltszweck der Angehörigen in der Weise prägen würde, dass der Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien dahinter zurückträte, und für diesen Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden wäre (vgl. Abschnitt 4 des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes), bedarf hier keiner Entscheidung.
67IV. Die Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum verstößt ferner nicht gegen völker- und unionsrechtliche Regelungen. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. 1953 II, S. 560) noch gegen die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie, ABl. EU L 337, S. 9), vor. Diese Regelungen wirken sich nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verpflichtungsgeber und dem beklagten Jobcenter aus,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 15.
69Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen Art. 29 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie vor. Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Dies ist vorliegend gewährleistet. Denn die Angehörigen des Verpflichtungsgebers haben als hilfebedürftige Personen und anerkannte Schutzberechtigte einen unbeschränkten Zugang zu Sozialleistungen.
70Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist Sozialhilfe hilfebedürftigen Personen zu gewähren. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Unterstützungshandlungen durch Angehörige stellen zu berücksichtigendes Einkommen dar. Die Hilfebedürftigkeit entfällt aber nur, wenn diese Geldmittel dauerhaft beim Empfänger verbleiben. Es werden mithin nur Mittel erfasst, die tatsächlich zur Verfügung stehen,
71Karl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 9 Rdn. 50, 51.
72Die Leistungen aus einer Verpflichtungserklärung stehen dem Ausländer aber gerade nicht zur Verfügung. Denn er hat keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Verpflichtungsgeber. Die Vorschrift des § 68 AufenthG regelt nur die Regressmöglichkeiten der Behörde gegenüber dem Verpflichtungsgeber, nicht aber etwaige Ansprüche zwischen ihm und dem Ausländer, für den die Verpflichtungserklärung gilt,
73vgl. BT-Drucksache 11/6321, S. 84; BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10/12 –, juris; BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 8 AY 1/09 R –, juris.
74Die Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers hat mithin keinen Einfluss auf den Sozialhilfeanspruch des Ausländers und führt insbesondere nicht zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu Inländern,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 – 5 C 29/98 –, juris.
76Dass sich ein Ausländer, für den eine Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, auf Grund der Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers veranlasst sehen könnte, von einem Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen abzusehen, begründet auch unter dem unionsrechtlichen Gesichtspunkt des „effet utile“ nicht die Annahme einer rechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung. Denn der betreffende Ausländer, der mit einem aufgrund einer Verpflichtungserklärung erteilten Visum nach Deutschland einreist, wird hierdurch nicht unzumutbar in der Freiheit seiner Willensbildung beeinträchtigt, einen Antrag auf Sozialleistungen zu stellen.
77V. Ferner sind die Verpflichtungserklärungen nicht durch einseitige Erklärung des Verpflichtungsgebers für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum erloschen. Insbesondere brachte der von ihm mit Schreiben vom 18. März 2015 erklärte „Widerruf“ die Verpflichtung nicht zum Erlöschen.
781. Da es sich bei der Verpflichtungserklärung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, ist deren Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB nur gegenüber der empfangsberechtigten Ausländerbehörde und nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, bis sie der Ausländerbehörde zugegangen ist,
79vgl. VG München, Urteil vom 18. Januar 2012 – M 9 K 10.6262 –, juris, Rdn. 17.
80Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verpflichtungsgeber die Erklärung unter einem Widerrufsvorbehalt abgegeben hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Widerruf ist nach diesen Maßstäben verspätet. Er ist erst über ein Jahr, nachdem die Verpflichtungserklärungen gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises abgegeben worden waren, erklärt worden – und zudem gegenüber dem beklagten Jobcenter.
812. Der Widerruf ist auch nicht in eine Anfechtung entsprechend §§ 119 ff. BGB umzudeuten. Es fehlt schon an einem Anfechtungsgrund. Nach § 119 Abs. 1 BGB kommt eine Anfechtung in Betracht, wenn der Erklärende bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
82So liegt der Fall hier nicht. Der Verpflichtungsgeber trug in seinem „Widerruf“ vor, er habe die Verpflichtungserklärungen abgegeben, damit seine Verwandten aus dem Bürgerkriegsgebiet Aleppo ausreisen und Aufnahme in Deutschland finden könnten. Voraussetzung seiner Verpflichtung sei gewesen, dass er ihre Krankenkosten nicht übernehmen müsse, er sie in einer besonderen, von ihm angemieteten Wohnung unterbringen und mit ihnen wirtschaften könne und dass die Aufnahme auf einen überschaubaren Zeitraum begrenzt sein würde. Aus den Verpflichtungserklärungen selbst geht eine solche Beschränkung der Haftung jedoch nicht hervor. Auch ergeben sich aus den Verwaltungsvorgängen keine Anhaltspunkte für eine entsprechende, fehlerhafte Belehrung durch die Ausländerbehörde. Der Verpflichtungsgeber mag vielmehr einem unbeachtlichen, lediglich die Folgewirkung seiner Erklärung umfassenden Irrtum unterlegen sein.
83Vgl. hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Dezember 2011 – 27 K 5562/10 –, nicht veröffentlicht; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), GK-AufenthG, März 2012, § 68 Rdn. 25; Ellenberger, in: Palandt, 72. Aufl., § 119 Rdn. 29.
843. Auch kommt eine Kündigung der Verpflichtungserklärungen mit Wirksamkeit für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum nicht in Betracht. Dem Verpflichtungsgeber stand weder von Gesetzes wegen noch nach verständiger Würdigung der abgegebenen Verpflichtungserklärungen für diesen Zeitraum ein Kündigungsrecht zu. Insbesondere können die Verpflichtungserklärungen, wie dargelegt, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Verpflichtungsgeber nur im Hinblick auf die Haftung für Kosten des Lebensunterhalts der betreffenden Ausländer ab deren Einreise für die Dauer des Asylverfahrens und bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG binde. Die Einräumung eines Kündigungsrechts für diesen Fall würde jedoch zu einer von den Beteiligten nicht vereinbarten Möglichkeit der Haftungsbeschränkung führen.
85Offenbleiben kann, ob dem Verpflichtungsgeber für einen späteren Zeitpunkt ein Kündigungsrecht zusteht. Aus der Tatsache, dass den Verpflichtungserklärungen nach dem übereinstimmenden Verständnis des Erklärenden und des Erklärungsempfängers allein mit Blick auf die Aufnahmeanordnungen vom 26. September 2013 und vom 3. Februar 2014 rechtliche Bedeutung zukommt, dürfte nämlich zu folgern sein, dass sich der Verpflichtungsgeber nicht für Zeiträume unwiderruflich binden wollte, für die den Verpflichtungserklärungen zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtliche Relevanz zukommen konnte. Dies dürfte anzunehmen sein für die Zeit eines legalen Aufenthalts des betreffenden Ausländers nach Ablauf der zunächst nach den Aufnahmeanordnungen auf maximal zwei Jahre zu befristenden Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Denn diese Aufenthaltserlaubnis wird nur verlängert, wenn bei Ablauf ihrer Gültigkeit die für die erstmalige Erteilung geltenden Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Die Ausländerbehörde behält sich damit eine neuerliche Prüfung zu diesem Zeitpunkt vor. Fehlt es zum Verlängerungszeitpunkt an einer Voraussetzung, so haftet der Verpflichtungsgeber aus der ursprünglichen Verpflichtungserklärung nur noch für einen möglichen weiteren illegalen Aufenthalt des betreffenden Ausländers. Hieraus dürfte zu schließen sein, dass er bei Abgabe der Verpflichtungserklärung keine unwiderrufliche Bindung dahingehend eingeht, dass er an der Verpflichtungserklärung auch zum Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis festhalten und dem Ausländer damit zur Legalisierung seines Aufenthalts für bis zu zwei weitere Jahre verhelfen wird. Dies dürfte den Verpflichtungsgeber auch in den Fällen dazu berechtigten, seine Verpflichtung zu kündigen, wenn die betreffenden Ausländer von einer Verlängerungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 1 AufenthG keinen Gebrauch machen, etwa weil sie mittlerweile ihr Aufenthaltsrecht aus einer anderen Norm ableiten.
86Die Kammer lässt deswegen dahinstehen, ob die Verpflichtungserklärungen aus diesem Grund dahingehend auszulegen sind, dass sie von vornherein auf den legalen Aufenthalt für bis zu zwei Jahre und einen sich anschließenden möglichen illegalen Aufenthalt begrenzt sind oder ob dem Verpflichtungsgeber ein Kündigungsrecht bezogen auf den Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zukommt. Denn für den vorliegenden Fall ist diese Frage nicht entscheidungserheblich. Hier würde die vom Verpflichtungsgeber ausgesprochene sinngemäße Kündigung nach den oben genannten Maßstäben erst zu einem Zeitpunkt wirksam werden, der nach dem Zeitraum liegt, für den die hier streitgegenständlichen öffentlichen Leistungen gezahlt wurden. Der betreffende Zeitraum liegt innerhalb von zwei Jahren nach der Einreise der Angehörigen des Verpflichtungsgebers und innerhalb des ursprünglich bestimmten Gültigkeitszeitraums der ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 AufenthG.
87VI. Zudem ist es weder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, vor der Einreise syrischer Flüchtlinge die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu verlangen, noch ist diese Erstattungspflicht im Hinblick auf die finanziellen Belastungen, die auf den Verpflichteten zukommen können, unverhältnismäßig,
88vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris, Rdn. 40 ff.
89Die Zustimmung zur Einreise syrischer Flüchtlinge davon abhängig zu machen, dass Obdach und Lebensunterhalt durch Private oder nichtstaatliche Stellen gewährt werden, ist von der Rechtsordnung gedeckt und beruht nicht auf einer sachwidrigen Ausnutzung staatlicher Übermacht. Das wäre nur der Fall, wenn die Flüchtlinge auch ohne gesicherten Lebensunterhalt einen gesetzlichen Anspruch auf Einreise und Erteilung eines Aufenthaltstitels hätten. Dies traf zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen auf die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers aber gerade nicht zu. Die Erteilung von Aufenthaltstiteln kommt nur unter den im Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzungen in Betracht. Dazu gehört bei Visa, wie sie den Angehörigen des Verpflichtungsgebers erteilt wurden, dass kein Regelversagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegt. Ein solcher ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers nicht gesichert ist. Im Übrigen dürfte ein Visum von Bürgerkriegsflüchtlingen bei nur für einen Kurzaufenthalt übernommener Kostenhaftung auch wegen mangelnder Rückkehrbereitschaft versagt werden (vgl. Art. 21 Abs. 1, 32 Abs. 1 a) iii) und b) Visakodex). Sofern die Landesanordnungen zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge voraussetzen, dass in Nordrhein-Westfalen lebende Verwandte oder Dritte sich bereit erklären, für den Lebensunterhalt der aufzunehmenden Flüchtlinge aufzukommen, ist hierin keine sachwidrige Koppelung einer staatlichen Vergünstigung an eine Gegenleistung zu sehen. Es geht vielmehr darum, die genannten Hindernisse für die Visumserteilung zu beseitigen und eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Mit der Abgabe einer Verpflichtungserklärung kann also der Behörde die Möglichkeit eröffnet werden, zugunsten der Ausländer zu entscheiden. Hierdurch wird weder unverhältnismäßiger Druck auf die in Deutschland lebenden Angehörigen syrischer Flüchtlinge ausgeübt, noch stellt dies die Ausnutzung einer staatlichen Machtstellung dar.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris (im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen).
91Ob nach Ablauf der Gültigkeit der nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen erteilten Aufenthaltserlaubnisse bei der Frage ihrer Verlängerung noch eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt gefordert werden dürfte, wenn zu diesem Zeitpunkt – wie hier – ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig von der Voraussetzung der Lebensunterhaltsicherung besteht, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung, da sich der streitgegenständliche Bescheid, wie ausgeführt, nicht auf einen solchen Zeitraum bezieht.
92Auch stellt sich die Übernahme der finanziellen Lasten durch den Verpflichtungsgeber vom Grundsatz her nicht als unverhältnismäßig dar. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet nicht, dass derjenige, der sich mit seiner Erklärung gemäß § 68 Abs. 1 AufenthG einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt hat, vollständig von seiner Erstattungspflicht nach § 68 AufenthG freigestellt bleibt. Dies stünde nicht im Einklang mit dem legitimen staatlichen Anliegen, Private und nichtstaatliche Stellen an den Kosten der Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu beteiligen, und würde den Gedanken der Solidarität als Grundlage der Landesaufnahmeregelungen in erheblichem Maße entwerten. Es entspricht vielmehr dem Gebot des angemessenen Ausgleichs, die finanziellen Risiken beiderseitig zu verteilen.
93Vgl. BVerwG vom 24. November 1998 – 1 C 33.97 –; VG Regensburg, Urteil vom 13. Februar 2013 ‑ 9 K 12/14 –, beide in juris.
94VII. Der Leistungsbescheid ist ferner nicht im Hinblick auf die Art und Höhe der zu erstattenden Kosten rechtswidrig. Sie entsprechen dem Haftungsumfang aus den Verpflichtungserklärungen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn das beklagte Jobcenter die Erstattung von öffentlichen Leistungen geltend machen würde, deren Erstattung nach den Verpflichtungserklärungen ausgenommen war. Das betrifft Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG. Derartige Leistungen sind jedoch nicht Gegenstand des Leistungsbescheides.
95Auch die Rechtmäßigkeit der Erbringung der Leistungen nach dem SGB II unterliegt keinen Zweifeln. Solche werden auch von den Klägern nicht geltend gemacht.
96VIII. Schließlich ist die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zur Erstattung der erbrachten Leistungen auch nicht ermessensfehlerhaft. Denn das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verlangen, dass die öffentliche Hand die ihr zustehenden Geldleistungsansprüche durchzusetzen hat. Von dieser Regel ist nur in atypischen Ausnahmefällen und unter Rücksichtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit abzusehen,
97BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10.12 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 – 18 A 539/15 – und vom 12. Oktober 2015 – 17 A 1137/14 –, beide nicht veröffentlicht.
98Diese Grundsätze sind auf die Erstattungspflicht aus § 68 Abs. 1 AufenthG zu übertragen. Demnach ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahin gehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte,
99vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 2013 – 13 LC 197/11 –, beide in juris.
100Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist die Bonität des Verpflichtungsgebers mit Vermerk auf Seite 2 der Verpflichtungserklärungen durch die Ausländerbehörde des I. kreises festgestellt und bescheinigt worden. Auch hat der Verpflichtungsgeber durch seine Unterschrift auf der Zusatzerklärung versichert, dass er auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu der Verpflichtung in der Lage war. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte für einen atypischen Fall, der die Inanspruchnahme des Verpflichtungsgebers als unzumutbar erscheinen ließe. Die Erstattungspflicht ist zwar durch eine politische Leitentscheidung einer obersten Landesbehörde in Form der Landesaufnahmeanordnung beeinflusst. Diese Behörde trifft aber keine Mitverantwortung an der Heranziehung zu den erbrachten Leistungen. Denn der Verpflichtungsgeber entscheidet eigenverantwortlich, ob er eine Verpflichtungserklärung abgeben möchte oder nicht. Soweit er nachträglich behauptete, er könne sich den Lebensunterhalt seiner Angehörigen nicht mehr leisten, fehlt es schon an einem hinreichend konkreten Tatsachenvortrag.
101C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO.
102Entgegen der Auffassung des beklagten Jobcenters sind Gerichtskosten ungeachtet des § 193 SGG zu erstatten. Diese Vorschrift ist schon nicht anwendbar, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte handelt, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Anwendbar sind demnach die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aber auch nicht aus § 188 VwGO. Denn der Streitgegenstand ist keiner der dort genannten Materien zuzuordnen. Der sachliche Schwerpunkt bei Streitsachen wegen Leistungsbescheiden nach § 68 Abs. 1 AufenthG liegt im Ausländerrecht, nicht im Sozialhilferecht,
103vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 188 Rdn. 6; BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 1999 ‑ 1 KSt 6/99, 1 C 16/99 –; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – 17 E 66/98 –, beide in juris.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
105Die Revision wird nach §§ 134 Abs. 1, Abs. 2, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter Übergehung der Berufungsinstanz als Sprungrevision zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Frage der Fortgeltung einer Verpflichtungserklärung bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt und betrifft eine Vielzahl von Fällen.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Jobcenter zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
1
Tatbestand:
3Die Kläger sind als Erbengemeinschaft in die Rechte und Pflichten des am 00.00.2015 verstorbenen Herrn Dr. U. L. (Verpflichtungsgeber) eingetreten. Dieser verpflichtete sich am 6. März 2014 gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises, für den Lebensunterhalt seiner Nichte, deren Ehemann und ihres Kindes (Angehörige bzw. Begünstigte), die sämtlich syrische Staatsangehörige sind, aufzukommen. Die Verpflichtungserklärungen umfassen ein ausgefülltes und vom Verpflichtungsgeber unterschriebenes Formular sowie eine vom Verpflichtungsgeber ebenfalls unterzeichnete Zusatzerklärung. Die Verpflichtungserklärungen nehmen die Haftung für Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG aus. Im Feld „Aufenthaltszweck“ ist auf dem Formular der Verpflichtungserklärungen keine Eintragung. Die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts ist mit „Dauer“ angegeben. Im Feld „Dauer der Verpflichtung“ heißt es: „vom Tag der voraussichtlichen Einreise am sofort bis zur Beendigung des Aufenthalts des o.g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck.“ Laut der Zusatzerklärung soll sich die Verpflichtung unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch auf Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes erstrecken und im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann enden, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
4Die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers erhielten am 3. April 2014 ein nationales Visum zum längerfristigen Aufenthalt nach § 6 Abs. 3 AufenthG und reisten am 23. Juni 2014 erstmals in das Bundesgebiet ein. Sie erhielten am 10. Juli 2014 aufgrund der Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen (MIK), Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) vom 3. Februar 2014 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Diese war für die Nichte des Verpflichtungsgebers und ihr Kind bis zum 22. Juni 2016 und für ihren Ehemann bis zum 3. Oktober 2015 befristet. Sie wohnten zunächst in N. . Nach Asylantragstellung im November 2014 wurden sie mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 19. November 2014 der Stadt N1. zugewiesen.
5Im Dezember 2014 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den betreffenden Angehörigen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylVfG in der damals gültigen Fassung zu. Die Stadt N1. erteilte ihnen daraufhin am 9. Februar 2015 jeweils eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Ab dem 11. Februar 2015 erhielten sie durch das beklagte Jobcenter Leistungen nach dem SGB II.
6Mit Schreiben vom 18. März 2015 widerrief der Verpflichtungsgeber seine Verpflichtungserklärungen gegenüber dem beklagten Jobcenter, da er sich wegen der veränderten Aufenthaltssituation der Begünstigten und wegen des geänderten Aufenthaltszwecks nicht länger an seine Erklärung gebunden fühle.
7Mit Leistungsbescheid vom 3. September 2015 verlangte das beklagte Jobcenter von dem Verpflichtungsgeber die Erstattung von 8.832,75 Euro, die es für die Begünstigten vom 11. Februar 2015 bis zum 31. August 2015 nach dem SGB II aufgewendet habe. Zur Begründung trug es im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber aufgrund seiner Verpflichtungserklärungen zur Erstattung verpflichtet sei. Diese hätten weiterhin Bestand, da sich der Aufenthaltszweck der Begünstigten nicht wesentlich verändert habe.
8Entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung legte der Verpflichtungsgeber am 11. September 2015 anwaltlich vertreten hiergegen Widerspruch ein. Diesen wies das beklagte Jobcenter mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung verwies es auf seinen Bescheid vom 3. September 2015 und führte weiter aus, der Aufenthaltszweck sei sowohl bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 AufenthG als auch bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 AufenthG der Schutz der flüchtenden Menschen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 19. Oktober 2015, also am Tag nach dem Tod des Verpflichtungsgebers, an die im Widerspruchsverfahren bevollmächtigten Rechtsanwälte zur Post gegeben.
9Hiergegen haben die Kläger am Montag, dem 23. November 2015 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber nicht mehr aus den Verpflichtungserklärungen in Anspruch genommen werden könne, da mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG eine Zweckänderung stattgefunden habe. Eine solche liege vor, wenn sich die rechtliche Qualifikation des Aufenthaltstitels erheblich geändert habe. Während die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG auf einer Ermessensentscheidung beruhe, diene die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG der Verwirklichung des Grundrechts auf Asyl aus Art. 16a GG und des subjektiven Rechts aus Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU. Darüber hinaus könne nur die auf § 23 Abs. 1 AufenthG beruhende Aufenthaltserlaubnis von einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abhängig gemacht werden. Da der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG Anspruch auf staatliche Leistungen habe, beende deren Erteilung die Leistungspflicht nach § 68 AufenthG. Zudem werde die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG für eine längere Dauer erteilt als diejenige nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Eine Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen folge auch nicht aus dem Subsidiaritätsprinzip gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, da die Verpflichtungserklärungen keinen Anspruch der Begünstigten gegen den Erklärenden begründeten. Darüber hinaus verstoße die Fortgeltung gegen Art. 29 Abs. 1 der RL 2011/95/EU und das Gleichbehandlungsgebot, da die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, anerkannten Flüchtlingen die notwendige Sozialhilfe unter den gleichen Voraussetzungen zu gewähren wie eigenen Staatsangehörigen. Der Anspruch auf Sozialleistungen werde ausgehöhlt, wenn die jeweiligen Anspruchsteller befürchten müssten, dass der Verpflichtungsgeber in Regress genommen werde.
10Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
11den Bescheid des beklagten Jobcenters vom 3. September 2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 aufzuheben.
12Das beklagte Jobcenter beantragt schriftsätzlich,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid.
15Die Kläger haben sich mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2015 und vom 19. Januar 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt. Ferner haben sie die Zulassung der Revision beantragt. Das beklagte Jobcenter hat mit Schriftsätzen vom 22. Januar 2016 und vom 19. Februar 2016 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.
16Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Jobcenters und der Ausländerbehörde der Stadt N1. Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Entscheidung ergeht trotz des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch die Kammer. Denn die Entscheidung, ob von der Möglichkeit des § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO Gebrauch gemacht wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts,
19Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 87a Rdn. 8.
20Das Gericht hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
21Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
23A. Die Klage ist zulässig.
24Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt sich nicht um eine den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG zugewiesene Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe oder des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), sondern um eine Streitigkeit nach dem Ausländer- und Aufenthaltsrecht,
25BSG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - B 8 AY 1/09 R -, juris.
26Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach § 42 Abs. 2 VwGO gemeinsam klagebefugt, da sie nach §§ 1922 Abs. 1, 1967, 2032 Abs. 1, 2058 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten des verstorbenen Verpflichtungsgebers als Gesamtschuldner haften. Die Zahlungspflicht aus dem streitgegenständlichen Bescheid zählt zu den Nachlassverbindlichkeiten, weil sie zu Lebzeiten des Erblassers entstanden ist.
27Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach §§ 61 Nr. 1, 1. Alt., 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beteiligten- und gemeinsam prozessfähig.
28Das beklagte Jobcenter ist richtiger Klagegegner gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Es ist eine „gemeinsame Einrichtung“ im Sinne der §§ 6d, 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II und nimmt gemäß § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Es wird gerichtlich durch den Geschäftsführer vertreten, § 62 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 44d Abs. 1 Satz 2 SGB II.
29B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 3. September 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen daher die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
30Der Erstattungsanspruch folgt aus § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Nach Abs. 2 der Vorschrift bedarf die Verpflichtungserklärung der Schriftform; sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Dies befugt die öffentliche Stelle, die die Mittel aufgewendet hat, die Erstattung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend zu machen,
31BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 - 1 C 4/13 - und vom 24. November 1998 - 1 C 33.97 - (zu § 84 AuslG 1990), beide in juris.
32Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.
33I. Der Verpflichtungsgeber hat sich gegenüber der nach § 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) zur Entgegennahme der Verpflichtungserklärungen zuständigen Ausländerbehörde des I. kreises am 6. März 2014 wirksam dazu verpflichtet, für die Leistungen zum Lebensunterhalt seiner ausländischen Angehörigen aufzukommen, um deren Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Die eigenhändig von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen entsprechen dem Schriftformerfordernis nach § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB.
34II. Die Verpflichtungserklärungen vom 6. März 2014 sind hinreichend bestimmt. Inhalt und Reichweite der von dem Verpflichtungsgeber eingegangenen Verpflichtungen lassen sich durch Auslegung anhand objektiver Umstände ermitteln (vgl. §§ 133, 157 BGB). Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Zeitraum, auf den sich die übernommene Verpflichtung zur Erstattung rechtmäßig erbrachter Sozialleistungen bezieht, obwohl dieser nicht durch die Angabe eines Datums oder einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Dauer eingegrenzt ist. Der Wortlaut der unter Verwendung eines bundeseinheitlichen Formulars abgegebenen Verpflichtungserklärungen bestimmt die Dauer der Verpflichtung vielmehr dahingehend, dass diese bis zur Beendigung des Aufenthalts des betreffenden Ausländers oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck eingegangen wird. Konkretisiert werden diese Angaben durch den Wortlaut der vom Verpflichtungsgeber unterzeichneten Zusatzerklärung. Danach erstreckt sich die Verpflichtung ausdrücklich unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch für Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes und endet im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wurde.
35Es sind damit zwei Varianten bestimmt, die die übernommene Verpflichtung zeitlich begrenzen, nämlich einerseits das Ende des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in Deutschland und andererseits die Ersetzung des Aufenthaltszwecks durch einen anderen, für den ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird. Damit lässt sich die Dauer der übernommenen Verpflichtung hinreichend bestimmen, und zwar auch in Bezug auf die zweite Variante (Wechsel des Aufenthaltszwecks).
36Im Wege der Auslegung der Verpflichtungserklärungen anhand objektiver Umstände lässt sich mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln, auf welchen Aufenthaltszweck sich die Verpflichtungserklärungen beziehen. Zwar ist an der im Formular vorgesehenen Stelle für die Eintragung des Zwecks des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in allen von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen keine Eintragung vorhanden und es ist lediglich mit der Eintragung „Dauer“ die jeweilige voraussichtliche Dauer des Aufenthalts angegeben. Hieraus lässt sich jedenfalls entnehmen, dass sich die Erklärungen nicht auf einen beabsichtigten Kurzaufenthalt, sondern auf die Verwirklichung eines dauerhaften Aufenthaltszwecks bezogen. Ergänzend sind für die Auslegung der Erklärungen die zur Aufnahme von syrischen Staatsangehörigen getroffenen Aufnahmeanordnungen des MIK vom 26. September 2013, Az. 15-39.12.03-1-13-100(2603) und vom 3. Februar 2014, Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) heranzuziehen,
37vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1 ff. und juris, Rdn. 30.
38Hieraus ergibt sich, dass der Zweck des Aufenthalts der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers, für die er die Verpflichtungserklärungen abgab, sowohl aus seiner Sicht als auch aus Sicht des Erklärungsempfängers (der zuständigen Ausländerbehörde), darin bestand, in Deutschland Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass die Verpflichtungserklärungen nach dem objektiv erkennbaren Willen des Verpflichtungsgebers dazu dienten, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums und einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den genannten Aufnahmeanordnungen an die betreffenden Angehörigen zu schaffen und auch aus Sicht des Erklärungsempfängers den Verpflichtungserklärungen allein in diesem Zusammenhang rechtliche Relevanz zukam. Der Verpflichtungsgeber und die Ausländerbehörde gingen objektiv erkennbar übereinstimmend davon aus, dass die Verpflichtungserklärungen nur zum Tragen kommen, falls die betreffenden Personen zu dem von den Aufnahmeanordnungen begünstigten Personenkreis zählen (syrische Staatsangehörige, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten).
39Vor diesem Hintergrund sind die Verpflichtungserklärungen des Verpflichtungsgebers dahingehend auszulegen, dass er sich verpflichtete, den Lebensunterhalt seiner betreffenden Angehörigen grundsätzlich für die Gesamtdauer des bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen, und zwar unabhängig von der Ausgestaltung ihres Aufenthaltsrechts. Allein diese Auslegung wird dem Zweck der Verpflichtungserklärungen gerecht, die von den obersten Landesbehörden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern festgelegten Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt syrischer Staatangehöriger, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten, zu erfüllen,
40vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 32.
41Die Verpflichtung endet, wenn dieser bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen ins Auge gefasste Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
42Eine Auslegung der Verpflichtungserklärungen dahingehend, dass die Verpflichtung nur für den Zeitraum bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach erfolgreichem Abschluss eines Asylverfahrens gelten sollte und der Verpflichtungsgeber für die Zeit nach Abschluss eines Asylverfahrens ausschließlich das wirtschaftliche Risiko des Scheiterns des Asylantrags übernimmt,
43so SG Detmold, Beschluss vom 2. April 2015 - S 2 SO 102/15 -, juris,
44scheidet aus. Bereits bei Abgabe der Erklärungen war objektiv absehbar, dass das Risiko des Scheiterns eines Asylantrags eines syrischen Staatsangehörigen, der mit einem auf der Grundlage der Aufnahmeanordnungen erteilten Visum legal nach Deutschland eingereist ist und zuvor noch kein Asylverfahren betrieben hatte, vernachlässigbar sein würde.
45Im Jahr 2014 erhielten 89 % der syrischen Asylantragsteller in Deutschland Schutz in Gestalt einer Asylanerkennung oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylG oder des subsidiären Schutzes i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG, wobei der Großteil der nicht in diesem Sinne erfolgreichen Asylverfahren (10,6 %) durch formelle Entscheidungen beendet wurden, also Entscheidungen nach dem Dublinverfahren, Verfahrenseinstellungen wegen Antragsrücknahme oder Entscheidungen im Folgeantragsverfahren, dass kein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird, Das Bundesamt in Zahlen 2014, S. 45, 49, abrufbar unter: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2014.html?nn=1694460.
46Eine in dem vorgenannten Sinne einschränkende Auslegung der Verpflichtungserklärungen kommt vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn diese absehbar erhebliche Einschränkung der übernommenen Verpflichtung objektiv erkennbar im Wortlaut der Erklärungen oder aus dem Zusammenhang der Erklärungen mit den betreffenden Aufnahmeanordnungen zum Ausdruck gekommen wäre. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte. Insbesondere würde diese Auslegung auch dem Zweck der Verpflichtungserklärungen im Zusammenhang mit den Aufnahmeanordnungen nicht gerecht.
47III. Die Verpflichtungserklärungen erfassen auch den Zeitraum, für den das beklagte Jobcenter die Erstattung der geleisteten Sozialleistungen verlangt. Es ist bis zum Abschluss des hier streitgegenständlichen Zeitraumes kein Umstand eingetreten, der die mit den Verpflichtungserklärungen übernommene Erstattungspflicht entfallen ließe. Weder war der Aufenthalt der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland beendet, noch war der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck dieser Personen durch einen anderen ersetzt und hierfür eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.
481. Die Stellung der Asylanträge und die Flüchtlingsanerkennung der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers vermögen – unabhängig davon, dass hiermit schon kein Wechsel des in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der obigen Auslegung in Bezug genommenen Aufenthaltszwecks verbunden sein dürfte – schon deswegen die Verpflichtung des Verpflichtungsgebers zur Kostenerstattung nicht zum Erlöschen zu bringen, weil für einen neuen Aufenthaltszweck jedenfalls noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Den Angehörigen wurde in dieser Zeit lediglich eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ausgestellt. Diese stellt keinen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar.
49Vgl. zur Frage der aufenthaltsrechtlichen Anerkennung eines Wechsels des Aufenthaltszwecks bei Asylantragstellung nach Einreise mit einem Besuchsvisum: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 ‑ 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
502. Die vom Verpflichtungsgeber übernommene Verpflichtung wurde auch nicht mit Blick darauf beendet, dass den betreffenden Angehörigen am 9. Februar 2015 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt wurden. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt weder den Rückschluss darauf zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde (nachfolgend a), noch hat die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnisse selbst diese Konsequenz (nachfolgend b), noch bestehen im Übrigen hinreichende Anhaltspunkte für diese Annahme (nachfolgend c).
51a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt nicht den Rückschluss zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde Denn der tatsächlich bestehende Aufenthaltszweck bestimmt sich nicht nach der Rechtsgrundlage, auf deren Grundlage eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Vielmehr ist das Bestehen eines bestimmten Aufenthaltszwecks Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
52Nach §§ 7, 8 AufenthG wird jede Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt. Hiervon ausgehend enthält das Aufenthaltsgesetz spezifische, auf bestimmte Aufenthaltszwecke zugeschnittene Regelungen, die mit unterschiedlichen Rechtsstellungen verbunden sein können. Bei der Frage, welche Regelung einschlägig ist, hat sich die Ausländerbehörde an dem mit dem Aufenthalt verfolgten Zweck und dem konkreten Lebenssachverhalt zu orientieren.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Januar 2010 – 18 A 1147/08 –, NRWE (zur Überleitung von Aufenthaltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz in solche nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG).
54Der Aufenthaltszweck ist nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen, aus denen der Ausländer seinen Anspruch auf Aufenthalt herleitet.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 – 1 C 43/06 –, juris, Rdn. 12.
56Die für die Bestimmung des Aufenthaltszwecks maßgeblichen Tatsachen bestehen unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher rechtlichen Grundlage und für welche Gültigkeitsdauer dem betreffenden Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Geltungsdauer der mit Blick auf eine Verpflichtungserklärung erteilten Aufenthaltserlaubnis hat daher grundsätzlich keine entscheidende Bedeutung für die Frage, für welchen Aufenthaltszweck und für welche (Gesamt‑)Aufenthaltsdauer eine Verpflichtungserklärung gelten soll,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 34.
58Der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis kann zwar gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nachträglich verkürzt werden, wenn der Aufenthaltszweck, der ihrer Erteilung zugrunde lag, nachträglich entfallen ist. Der Aufenthaltszweck kann aber auch noch fortbestehen, obwohl der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis beendet ist.
59b) Vor diesem Hintergrund hat auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, also einer anderen als der ursprünglich bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen in den Blick genommenen Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen, nicht die Konsequenz, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach obiger Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck entfallen und durch einen anderen ersetzt wurde. Dabei kann offen bleiben, ob der Aufenthaltszweck, der Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, als ein „neuer Aufenthaltszweck“ zu qualifizieren ist gegenüber dem Aufenthaltszweck, der für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen vorausgesetzt wird. Denn ein solcher „neuer Aufenthaltszweck“ lässt den bisherigen Aufenthaltszweck nicht zwingend entfallen, sondern ist allenfalls als weiterer Aufenthaltszweck zu dem bisherigen hinzugetreten, so dass der neue Aufenthaltszweck den bisherigen nicht ersetzt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem neuen Aufenthaltszweck setzt nicht denklogisch voraus, dass der betreffende Ausländer den bisherigen Aufenthaltszweck aufgegeben hat. Vielmehr kann ein Ausländer mit seinem Aufenthalt in Deutschland auch mehrere Aufenthaltszwecke gleichzeitig verfolgen. Es ist sogar die Erteilung mehrerer Aufenthaltstitel kumulativ zulässig. Das dem Aufenthaltsgesetz zugrunde liegende Konzept unterschiedlicher Aufenthaltstitel mit jeweils eigenständigen Voraussetzungen und Rechtsfolgen schließt es nicht aus, dass einem Ausländer mehrere Aufenthaltstitel nebeneinander erteilt werden.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 – 1 B 1/14 ‑, juris, Rdn. 5.
61Der Aufenthaltszweck, auf den die Verpflichtungserklärungen Bezug nehmen, wird bestimmt durch die tatsächlichen Umstände des betreffenden Falles und nicht durch den Katalog der rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Aus diesem Grund entfällt der ursprünglich in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck auch nicht deswegen, weil die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers nunmehr Aufenthaltserlaubnisse erhalten haben, die von der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unabhängig zu erteilen sind. Der Sinnzusammenhang einer Verpflichtungserklärung mit der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kann nicht zu einem haftungsbegrenzenden Tatbestandsmerkmal des § 68 AufenthG verstärkt werden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
63c) Bei Betrachtung der maßgeblichen Tatsachen, die den Grund für den Aufenthalt der Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland bilden, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck vor dem Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraums entfallen ist und durch einen neuen ersetzt wurde. Der Aufenthaltszweck entfällt, wenn er verwirklicht worden ist, wenn seine Verwirklichung dem Ausländer innerhalb eines angemessenen Zeitraums aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist oder wenn der Ausländer die Verwirklichung aufgegeben hat.
64Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2015, § 7 Rdn. 452; Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2016, § 7 Rdn. 28, 30.
65Der Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten, besteht nach diesen Maßstäben unabhängig von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fort. Er ist durch Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis weder unmöglich gemacht noch abschließend verwirklicht worden. Jedenfalls für die Zeit, in der die Kriegshandlungen in Syrien noch andauern, ist weder von einer Unmöglichkeit noch von einer abschließenden Zweckerreichung auszugehen.
66Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Angehörigen des Verpflichtungsgebers die Verwirklichung dieses Zwecks aufgegeben haben. Insbesondere ist mit dem Wunsch der Angehörigen des Verpflichtungsgebers, sich nunmehr in Deutschland eine berufliche Existenz aufbauen wollen, keine Aufgabe des ursprünglichen Zwecks und dessen Ersetzen durch einen neuen Aufenthaltszweck verbunden. Denn die Schaffung einer beruflichen Existenz ist im Rahmen eines längerfristigen Aufenthaltes im Bundesgebiet durchaus typisch und steht nicht in Konkurrenz zu dem Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Wie zu entscheiden wäre, wenn der Zweck, einer bestimmten Erwerbstätigkeit nachzugehen, den Aufenthaltszweck der Angehörigen in der Weise prägen würde, dass der Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien dahinter zurückträte, und für diesen Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden wäre (vgl. Abschnitt 4 des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes), bedarf hier keiner Entscheidung.
67IV. Die Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum verstößt ferner nicht gegen völker- und unionsrechtliche Regelungen. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. 1953 II, S. 560) noch gegen die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie, ABl. EU L 337, S. 9), vor. Diese Regelungen wirken sich nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verpflichtungsgeber und dem beklagten Jobcenter aus,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 15.
69Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen Art. 29 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie vor. Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Dies ist vorliegend gewährleistet. Denn die Angehörigen des Verpflichtungsgebers haben als hilfebedürftige Personen und anerkannte Schutzberechtigte einen unbeschränkten Zugang zu Sozialleistungen.
70Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist Sozialhilfe hilfebedürftigen Personen zu gewähren. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Unterstützungshandlungen durch Angehörige stellen zu berücksichtigendes Einkommen dar. Die Hilfebedürftigkeit entfällt aber nur, wenn diese Geldmittel dauerhaft beim Empfänger verbleiben. Es werden mithin nur Mittel erfasst, die tatsächlich zur Verfügung stehen,
71Karl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 9 Rdn. 50, 51.
72Die Leistungen aus einer Verpflichtungserklärung stehen dem Ausländer aber gerade nicht zur Verfügung. Denn er hat keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Verpflichtungsgeber. Die Vorschrift des § 68 AufenthG regelt nur die Regressmöglichkeiten der Behörde gegenüber dem Verpflichtungsgeber, nicht aber etwaige Ansprüche zwischen ihm und dem Ausländer, für den die Verpflichtungserklärung gilt,
73vgl. BT-Drucksache 11/6321, S. 84; BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10/12 –, juris; BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 8 AY 1/09 R –, juris.
74Die Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers hat mithin keinen Einfluss auf den Sozialhilfeanspruch des Ausländers und führt insbesondere nicht zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu Inländern,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 – 5 C 29/98 –, juris.
76Dass sich ein Ausländer, für den eine Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, auf Grund der Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers veranlasst sehen könnte, von einem Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen abzusehen, begründet auch unter dem unionsrechtlichen Gesichtspunkt des „effet utile“ nicht die Annahme einer rechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung. Denn der betreffende Ausländer, der mit einem aufgrund einer Verpflichtungserklärung erteilten Visum nach Deutschland einreist, wird hierdurch nicht unzumutbar in der Freiheit seiner Willensbildung beeinträchtigt, einen Antrag auf Sozialleistungen zu stellen.
77V. Ferner sind die Verpflichtungserklärungen nicht durch einseitige Erklärung des Verpflichtungsgebers für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum erloschen. Insbesondere brachte der von ihm mit Schreiben vom 18. März 2015 erklärte „Widerruf“ die Verpflichtung nicht zum Erlöschen.
781. Da es sich bei der Verpflichtungserklärung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, ist deren Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB nur gegenüber der empfangsberechtigten Ausländerbehörde und nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, bis sie der Ausländerbehörde zugegangen ist,
79vgl. VG München, Urteil vom 18. Januar 2012 – M 9 K 10.6262 –, juris, Rdn. 17.
80Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verpflichtungsgeber die Erklärung unter einem Widerrufsvorbehalt abgegeben hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Widerruf ist nach diesen Maßstäben verspätet. Er ist erst über ein Jahr, nachdem die Verpflichtungserklärungen gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises abgegeben worden waren, erklärt worden – und zudem gegenüber dem beklagten Jobcenter.
812. Der Widerruf ist auch nicht in eine Anfechtung entsprechend §§ 119 ff. BGB umzudeuten. Es fehlt schon an einem Anfechtungsgrund. Nach § 119 Abs. 1 BGB kommt eine Anfechtung in Betracht, wenn der Erklärende bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
82So liegt der Fall hier nicht. Der Verpflichtungsgeber trug in seinem „Widerruf“ vor, er habe die Verpflichtungserklärungen abgegeben, damit seine Verwandten aus dem Bürgerkriegsgebiet Aleppo ausreisen und Aufnahme in Deutschland finden könnten. Voraussetzung seiner Verpflichtung sei gewesen, dass er ihre Krankenkosten nicht übernehmen müsse, er sie in einer besonderen, von ihm angemieteten Wohnung unterbringen und mit ihnen wirtschaften könne und dass die Aufnahme auf einen überschaubaren Zeitraum begrenzt sein würde. Aus den Verpflichtungserklärungen selbst geht eine solche Beschränkung der Haftung jedoch nicht hervor. Auch ergeben sich aus den Verwaltungsvorgängen keine Anhaltspunkte für eine entsprechende, fehlerhafte Belehrung durch die Ausländerbehörde. Der Verpflichtungsgeber mag vielmehr einem unbeachtlichen, lediglich die Folgewirkung seiner Erklärung umfassenden Irrtum unterlegen sein.
83Vgl. hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Dezember 2011 – 27 K 5562/10 –, nicht veröffentlicht; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), GK-AufenthG, März 2012, § 68 Rdn. 25; Ellenberger, in: Palandt, 72. Aufl., § 119 Rdn. 29.
843. Auch kommt eine Kündigung der Verpflichtungserklärungen mit Wirksamkeit für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum nicht in Betracht. Dem Verpflichtungsgeber stand weder von Gesetzes wegen noch nach verständiger Würdigung der abgegebenen Verpflichtungserklärungen für diesen Zeitraum ein Kündigungsrecht zu. Insbesondere können die Verpflichtungserklärungen, wie dargelegt, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Verpflichtungsgeber nur im Hinblick auf die Haftung für Kosten des Lebensunterhalts der betreffenden Ausländer ab deren Einreise für die Dauer des Asylverfahrens und bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG binde. Die Einräumung eines Kündigungsrechts für diesen Fall würde jedoch zu einer von den Beteiligten nicht vereinbarten Möglichkeit der Haftungsbeschränkung führen.
85Offenbleiben kann, ob dem Verpflichtungsgeber für einen späteren Zeitpunkt ein Kündigungsrecht zusteht. Aus der Tatsache, dass den Verpflichtungserklärungen nach dem übereinstimmenden Verständnis des Erklärenden und des Erklärungsempfängers allein mit Blick auf die Aufnahmeanordnungen vom 26. September 2013 und vom 3. Februar 2014 rechtliche Bedeutung zukommt, dürfte nämlich zu folgern sein, dass sich der Verpflichtungsgeber nicht für Zeiträume unwiderruflich binden wollte, für die den Verpflichtungserklärungen zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtliche Relevanz zukommen konnte. Dies dürfte anzunehmen sein für die Zeit eines legalen Aufenthalts des betreffenden Ausländers nach Ablauf der zunächst nach den Aufnahmeanordnungen auf maximal zwei Jahre zu befristenden Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Denn diese Aufenthaltserlaubnis wird nur verlängert, wenn bei Ablauf ihrer Gültigkeit die für die erstmalige Erteilung geltenden Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Die Ausländerbehörde behält sich damit eine neuerliche Prüfung zu diesem Zeitpunkt vor. Fehlt es zum Verlängerungszeitpunkt an einer Voraussetzung, so haftet der Verpflichtungsgeber aus der ursprünglichen Verpflichtungserklärung nur noch für einen möglichen weiteren illegalen Aufenthalt des betreffenden Ausländers. Hieraus dürfte zu schließen sein, dass er bei Abgabe der Verpflichtungserklärung keine unwiderrufliche Bindung dahingehend eingeht, dass er an der Verpflichtungserklärung auch zum Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis festhalten und dem Ausländer damit zur Legalisierung seines Aufenthalts für bis zu zwei weitere Jahre verhelfen wird. Dies dürfte den Verpflichtungsgeber auch in den Fällen dazu berechtigten, seine Verpflichtung zu kündigen, wenn die betreffenden Ausländer von einer Verlängerungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 1 AufenthG keinen Gebrauch machen, etwa weil sie mittlerweile ihr Aufenthaltsrecht aus einer anderen Norm ableiten.
86Die Kammer lässt deswegen dahinstehen, ob die Verpflichtungserklärungen aus diesem Grund dahingehend auszulegen sind, dass sie von vornherein auf den legalen Aufenthalt für bis zu zwei Jahre und einen sich anschließenden möglichen illegalen Aufenthalt begrenzt sind oder ob dem Verpflichtungsgeber ein Kündigungsrecht bezogen auf den Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zukommt. Denn für den vorliegenden Fall ist diese Frage nicht entscheidungserheblich. Hier würde die vom Verpflichtungsgeber ausgesprochene sinngemäße Kündigung nach den oben genannten Maßstäben erst zu einem Zeitpunkt wirksam werden, der nach dem Zeitraum liegt, für den die hier streitgegenständlichen öffentlichen Leistungen gezahlt wurden. Der betreffende Zeitraum liegt innerhalb von zwei Jahren nach der Einreise der Angehörigen des Verpflichtungsgebers und innerhalb des ursprünglich bestimmten Gültigkeitszeitraums der ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 AufenthG.
87VI. Zudem ist es weder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, vor der Einreise syrischer Flüchtlinge die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu verlangen, noch ist diese Erstattungspflicht im Hinblick auf die finanziellen Belastungen, die auf den Verpflichteten zukommen können, unverhältnismäßig,
88vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris, Rdn. 40 ff.
89Die Zustimmung zur Einreise syrischer Flüchtlinge davon abhängig zu machen, dass Obdach und Lebensunterhalt durch Private oder nichtstaatliche Stellen gewährt werden, ist von der Rechtsordnung gedeckt und beruht nicht auf einer sachwidrigen Ausnutzung staatlicher Übermacht. Das wäre nur der Fall, wenn die Flüchtlinge auch ohne gesicherten Lebensunterhalt einen gesetzlichen Anspruch auf Einreise und Erteilung eines Aufenthaltstitels hätten. Dies traf zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen auf die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers aber gerade nicht zu. Die Erteilung von Aufenthaltstiteln kommt nur unter den im Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzungen in Betracht. Dazu gehört bei Visa, wie sie den Angehörigen des Verpflichtungsgebers erteilt wurden, dass kein Regelversagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegt. Ein solcher ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers nicht gesichert ist. Im Übrigen dürfte ein Visum von Bürgerkriegsflüchtlingen bei nur für einen Kurzaufenthalt übernommener Kostenhaftung auch wegen mangelnder Rückkehrbereitschaft versagt werden (vgl. Art. 21 Abs. 1, 32 Abs. 1 a) iii) und b) Visakodex). Sofern die Landesanordnungen zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge voraussetzen, dass in Nordrhein-Westfalen lebende Verwandte oder Dritte sich bereit erklären, für den Lebensunterhalt der aufzunehmenden Flüchtlinge aufzukommen, ist hierin keine sachwidrige Koppelung einer staatlichen Vergünstigung an eine Gegenleistung zu sehen. Es geht vielmehr darum, die genannten Hindernisse für die Visumserteilung zu beseitigen und eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Mit der Abgabe einer Verpflichtungserklärung kann also der Behörde die Möglichkeit eröffnet werden, zugunsten der Ausländer zu entscheiden. Hierdurch wird weder unverhältnismäßiger Druck auf die in Deutschland lebenden Angehörigen syrischer Flüchtlinge ausgeübt, noch stellt dies die Ausnutzung einer staatlichen Machtstellung dar.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris (im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen).
91Ob nach Ablauf der Gültigkeit der nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen erteilten Aufenthaltserlaubnisse bei der Frage ihrer Verlängerung noch eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt gefordert werden dürfte, wenn zu diesem Zeitpunkt – wie hier – ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig von der Voraussetzung der Lebensunterhaltsicherung besteht, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung, da sich der streitgegenständliche Bescheid, wie ausgeführt, nicht auf einen solchen Zeitraum bezieht.
92Auch stellt sich die Übernahme der finanziellen Lasten durch den Verpflichtungsgeber vom Grundsatz her nicht als unverhältnismäßig dar. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet nicht, dass derjenige, der sich mit seiner Erklärung gemäß § 68 Abs. 1 AufenthG einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt hat, vollständig von seiner Erstattungspflicht nach § 68 AufenthG freigestellt bleibt. Dies stünde nicht im Einklang mit dem legitimen staatlichen Anliegen, Private und nichtstaatliche Stellen an den Kosten der Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu beteiligen, und würde den Gedanken der Solidarität als Grundlage der Landesaufnahmeregelungen in erheblichem Maße entwerten. Es entspricht vielmehr dem Gebot des angemessenen Ausgleichs, die finanziellen Risiken beiderseitig zu verteilen.
93Vgl. BVerwG vom 24. November 1998 – 1 C 33.97 –; VG Regensburg, Urteil vom 13. Februar 2013 ‑ 9 K 12/14 –, beide in juris.
94VII. Der Leistungsbescheid ist ferner nicht im Hinblick auf die Art und Höhe der zu erstattenden Kosten rechtswidrig. Sie entsprechen dem Haftungsumfang aus den Verpflichtungserklärungen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn das beklagte Jobcenter die Erstattung von öffentlichen Leistungen geltend machen würde, deren Erstattung nach den Verpflichtungserklärungen ausgenommen war. Das betrifft Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG. Derartige Leistungen sind jedoch nicht Gegenstand des Leistungsbescheides.
95Auch die Rechtmäßigkeit der Erbringung der Leistungen nach dem SGB II unterliegt keinen Zweifeln. Solche werden auch von den Klägern nicht geltend gemacht.
96VIII. Schließlich ist die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zur Erstattung der erbrachten Leistungen auch nicht ermessensfehlerhaft. Denn das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verlangen, dass die öffentliche Hand die ihr zustehenden Geldleistungsansprüche durchzusetzen hat. Von dieser Regel ist nur in atypischen Ausnahmefällen und unter Rücksichtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit abzusehen,
97BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10.12 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 – 18 A 539/15 – und vom 12. Oktober 2015 – 17 A 1137/14 –, beide nicht veröffentlicht.
98Diese Grundsätze sind auf die Erstattungspflicht aus § 68 Abs. 1 AufenthG zu übertragen. Demnach ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahin gehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte,
99vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 2013 – 13 LC 197/11 –, beide in juris.
100Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist die Bonität des Verpflichtungsgebers mit Vermerk auf Seite 2 der Verpflichtungserklärungen durch die Ausländerbehörde des I. kreises festgestellt und bescheinigt worden. Auch hat der Verpflichtungsgeber durch seine Unterschrift auf der Zusatzerklärung versichert, dass er auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu der Verpflichtung in der Lage war. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte für einen atypischen Fall, der die Inanspruchnahme des Verpflichtungsgebers als unzumutbar erscheinen ließe. Die Erstattungspflicht ist zwar durch eine politische Leitentscheidung einer obersten Landesbehörde in Form der Landesaufnahmeanordnung beeinflusst. Diese Behörde trifft aber keine Mitverantwortung an der Heranziehung zu den erbrachten Leistungen. Denn der Verpflichtungsgeber entscheidet eigenverantwortlich, ob er eine Verpflichtungserklärung abgeben möchte oder nicht. Soweit er nachträglich behauptete, er könne sich den Lebensunterhalt seiner Angehörigen nicht mehr leisten, fehlt es schon an einem hinreichend konkreten Tatsachenvortrag.
101C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO.
102Entgegen der Auffassung des beklagten Jobcenters sind Gerichtskosten ungeachtet des § 193 SGG zu erstatten. Diese Vorschrift ist schon nicht anwendbar, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte handelt, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Anwendbar sind demnach die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aber auch nicht aus § 188 VwGO. Denn der Streitgegenstand ist keiner der dort genannten Materien zuzuordnen. Der sachliche Schwerpunkt bei Streitsachen wegen Leistungsbescheiden nach § 68 Abs. 1 AufenthG liegt im Ausländerrecht, nicht im Sozialhilferecht,
103vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 188 Rdn. 6; BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 1999 ‑ 1 KSt 6/99, 1 C 16/99 –; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – 17 E 66/98 –, beide in juris.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
105Die Revision wird nach §§ 134 Abs. 1, Abs. 2, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter Übergehung der Berufungsinstanz als Sprungrevision zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Frage der Fortgeltung einer Verpflichtungserklärung bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt und betrifft eine Vielzahl von Fällen.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 10. März 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,00 € festgesetzt.
Gründe
- 1
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
- 2
Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO prüft das Oberverwaltungsgericht nur die (so) dargelegten Gründe. Im Beschwerdeverfahren wurde antragstellerseits jedoch nicht in diesem Sinne dargelegt, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern wäre.
- 3
Es ist bereits zweifelhaft, ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 12. Dezember 2014 gegen die Ablehnung seines Antrages vom 27. Februar 2013 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 2014 überhaupt angeordnet werden könnte. Dies setzt nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO nämlich voraus, dass der Ablehnungsbescheid die Fiktion einer Duldung oder eines erlaubten Aufenthalts oder des Fortbestehens eines Aufenthaltstitels beendet (vgl. den Beschluss des Senats vom 19. Juni 2009 – 7 B 10468/09.OVG – InfAuslR 2009, 345 m.w.N.). Da der Antragsteller bei der damals noch örtlich zuständigen Ausländerbehörde der Stadt W die Verlängerung der ihm bis zum 24. Februar 2013 erteilten Aufenthaltserlaubnis erst am 27. Februar 2013 beantragte, galt seine Aufenthaltserlaubnis nicht gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG als fortbestehend. Die dem Antrag-steller am 27. Februar und am 18. April 2013 von der Ausländerbehörde der Stadt W gleichwohl irrtümlich erteilten Fiktionsbescheinigungen im Sinne von § 81 Abs. 5 AufenthG stellten auch nicht etwa Anordnungen der Fortgeltungswirkung zur Vermeidung einer unbilligen Härte im Sinne von § 81 Abs. 4 Satz 2 bzw. nunmehr Satz 3 AufenthG dar, ferner wird durch eine Bescheinigung, dass ein Recht besteht, dieses Recht nicht begründet (vgl. die Beschlüsse des Senats vom 4. April 2013 – 7 B 10210/13.OVG – ESOVGRP m.w.N. und vom 24. April 2014 –7B10328/14.OVG –). Es spricht auch wenig für die Annahme des Verwaltungsgerichts in dessen Beschluss vom 4. Februar 2015 – 6 L 48/15.TR –, die dem Antragsteller von der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin erteilten Fiktionsbescheinigungen seien Anordnungen der Fortgeltungswirkung im Sinne von § 81 Abs. 4 Satz 2 bzw. Satz 3 AufenthG gewesen. Soweit sich diesbezüglich in den Verwaltungsakten handschriftliche Notizen der Sachbearbeiterin der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin finden, gehen diese nämlich nur von einer "Verlängerung der Fiktionsbescheinigung", nicht aber von einer Anordnung der Fiktionswirkung zur Vermeidung einer unbilligen Härte aus (vgl. S. 343 und 352 VA) und lassen im Übrigen auch nur Gründe dafür erkennen, weshalb damals jeweils noch keine endgültige Entscheidung über den Antrag des Antragstellers vom 27. Februar 2013 getroffen wurde (vgl. S. 343, 349, 352 und 361 VA). Letztlich kann dies indes dahinstehen, da der Antragsteller keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG hat und deshalb weder die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen noch durch Erlass einer einstweiligen Anordnung seine Abschiebung zu untersagen ist.
- 4
Die bis zum 24. Februar 2013 verlängerte Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers war "nur gültig für ein Studium an der Fachhochschule W im Studiengang Intern. Management" (vgl. S. 234 VA). Für dieses Studium war der Antragsteller bis einschließlich des sechsten Semesters auch immatrikuliert. Nach eigenen Angaben hat er sich indes während des sechsten Semesters freiwillig exmatrikulieren lassen zur Vermeidung der Teilnahme an einer Prüfung, die er im dritten und letzten Versuch hätte bestehen müssen, um nicht zwangsexmatrikuliert zu werden, in-folge einer Studienordnungsänderung nunmehr allerdings in englischer Sprache, die er nie erlernt habe (vgl. S. 344 VA). Zwar war er danach für drei Semester an der Hochschule Trier im – Französischkenntnisse voraussetzenden – Studiengang "International Business" immatrikuliert, bis er wegen des endgültigen Nichtbestehens einer Prüfung zwangsimmatrikuliert wurde, ferner wurde er am 1. März 2015 wieder an der (Fach-)Hochschule W für das erste Semester des Studiengangs "Tourism and Travel Management" immatrikuliert und ist dies wohl auch noch. Jedoch würde eine Aufenthaltserlaubnis zur Ermöglichung des letztgenannten Studiums einen anderen Aufenthaltszweck betreffen als die seinerzeit bis zum 24. Februar 2013 verlängerte Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers, ohne dass die dafür in § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Nach dieser Bestimmung soll während eines durch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG ermöglichten Aufenthalts keine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt werden, sofern nicht ein gesetzlicher Anspruch besteht. Der Begriff des Aufenthaltszwecks in § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG knüpft indes an das konkret betriebene Studium und nicht etwa an den abstrakten Aufenthaltszweck "Studium" an, sodass deshalb schon bei einer Änderung der Fachrichtung (Studiengang und gegebenenfalls Studienfächer) ein anderer Aufenthaltszweck im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliegt (vgl. den Beschluss des Senats vom 10. Dezember 2008 – 7 B 11227/08.OVG – NVwZ-RR 2009, 305 [306] sowie OVG NRW, Beschluss vom 21. November 2011 – 18 B 1220/11 – AuAS 2012, 62, beide m.w.N.).
- 5
Zwar ist eine bloße Schwerpunktverlagerung, bei der die betreffenden Studiengänge bis zum Wechsel identisch sind oder die im zunächst durchgeführten Studiengang absolvierten Semester auf den anderen Studiengang zumindest überwiegend angerechnet werden, nicht als Zweckwechsel anzusehen (so der Beschluss des Senats vom 10. Dezember 2008 – 7 B 11227/08.OVG – a.a.O.; vgl. ferner die Nrn. 16.2.6.1 und 16.2.6.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 [GMBl. 2009, 878] – AVwV-AufenthG –). Der Antragsteller hat jedoch nicht dargetan, dass die Studiengänge "International Management", "International Business" und "Tourism and Travel Management" in den ersten Semestern identisch sind oder dass ihm die in einem früheren Studiengang absolvierten Semester in einem späteren überwiegend anerkannt worden sind; beides ist auch sonst nicht ersichtlich, da der Antragsteller in beiden späteren Studiengängen jeweils wieder im ersten Fachsemester beginnen musste.
- 6
Das Bestehen eines Ausnahmefalles, der die in § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorgesehene Regelfallversagung einer Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck ausschließt, ist vom Antragsteller nicht dargetan worden, aber auch sonst nicht ersichtlich. Ein Ausnahmefall ist durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er das ansonsten ausschlaggebende Gewicht des gesetzlichen Regelversagungsgrundes beseitigt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1993 – 1 C 25.93 – BVerwGE 94, 35 [43 f.]). Der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz kommt in diesem Zusammenhang keine erhebliche Bedeutung zu. Als Verwaltungsvorschrift kann sie im Außenverhältnis lediglich ermessenslenkende oder einen Beurteilungsspielraum ausfüllende Wirkung entfalten. Sie setzt deshalb einen gesetzlich eröffneten Entscheidungsspielraum voraus, an dem es hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Ausnahmefall" fehlt. Die Einschätzung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, der die in § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorgesehene Regelfallversagung einer Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck ausschließt, steht weder im Ermessen der Ausländerbehörde noch ist dieser insoweit ein Beurteilungsspielraum eröffnet (ebenso OVG NRW, Beschluss vom 21. November 2011 – 18 B 1220/11 – a.a.O. S. 63). Vielmehr unterliegt die Prüfung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, der die in § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorgesehene Regelfallversagung einer Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck ausschließt, uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle.
- 7
Zwar wird in der Praxis ein Fachrichtungswechsel innerhalb der ersten 18 Monate nach Beginn des Studiums zugelassen (so auch Nr. 16.2.5 S. 1 AVwV-AufenthG). Die generelle Gewährung einer achtzehnmonatigen "Orientierungsphase" kann mit Blick auf die in § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG angeordnete Versagung einer Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck im Regelfall nämlich als Berücksichtigung eines generellen Ausnahmefalles angesehen werden (vgl. den Beschluss des Senats vom 10. Dezember 2008 – 7 B 11227/08.OVG – NVwZ-RR 2009, 305 [306] m.w.N.). Der Antragsteller hat jedoch weder mit dem Studium im Studiengang "International Business" noch mit dem Studium im Studiengang "Tourism and Travel Management" innerhalb von 18 Monaten nach dem Beginn des Studiums im Studiengang "International Management" begonnen.
- 8
Hingegen besteht ein Ausnahmefall, der die in § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorgesehene Regelfallversagung einer Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck ausschließt, nicht allein schon dann, wenn das neue Studium innerhalb einer Gesamtaufenthaltsdauer von zehn Jahren abgeschlossen werden kann. Zwar kann gemäß Nr. 16.2.5 Satz 2 AVwV-AufenthG ein Wechsel des Studiengangs nach – wie hier – mehr als 18 Monaten nach Beginn des Studiums im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung zugelassen werden, wenn das Studium innerhalb einer angemessenen Zeit abgeschlossen werden kann, wovon gemäß Nr. 16.2.5 Satz 3 AVwV-AufenthG in der Regel nicht auszugehen ist, wenn das Studium unter Berücksichtigung der bisherigen Studienleistungen und des hierfür aufgewendeten Zeitbedarfs innerhalb einer Gesamtaufenthaltsdauer von zehn Jahren nicht abgeschlossen werden kann. Ein Ermessensspielraum ist der Ausländerbehörde indes nur dann eröffnet, wenn ein Ausnahmefall vorliegt, der die in § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorgesehene Regelfallversagung einer Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck ausschließt.
- 9
Nicht zu folgen ist deshalb der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die Sollvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ermögliche eine Abweichung vom grundsätzlichen Verbot des Wechsels des Aufenthaltszwecks nicht nur bei einem atypischen Sachverhalt, sondern bereits dann, wenn sach-liche Gründe dafür sprächen, an diesem Verbot nicht festzuhalten (vgl. dessen Beschlüsse vom 26. Mai 2011 – 19 BV 11.174 – AuAS 2011, 170 [171 f.], vom 22. Oktober 2010 – 19 CS 10.1955 – juris Rdnrn. 8 bis 10 und vom 7. September 2010 – 19 CS 10.168 – juris Rdnr. 7). Ein derartiges erweitertes Verständnis der Zulässigkeit eines Aufenthaltszweckwechsels lässt sich nicht mit der gesetzlichen Ausgestaltung des § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG als kombinierter Soll- und Regelvorschrift vereinbaren. Durch diese Kombination wird die Beschränkung der Entscheidungsmöglichkeit der Behörde nicht etwa verkleinert, sondern vielmehr vergrößert. Ist nach dem Wortlaut des Gesetzes im Regelfall eine Erlaubnis zu versagen, so hat die Behörde grundsätzlich so zu entscheiden. Nur beim Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, darf die Behörde anders entscheiden als im Gesetz für den Regelfall vorgesehen. Sollvorschriften lenken das der Behörde eingeräumte Ermessen dahin, die Ermessensentscheidung im Regelfall so zu treffen wie im Gesetz vorgesehen. Im Regelfall bedeutet das "Soll" also ein "Muss". Nur wenn (auch) insoweit ein Ausnahmefall besteht, ist die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung nicht durch die Sollvorschrift gebunden. Mithin kann eine Kombination dieser Einschränkungen nicht dahin verstanden werden, dass sie zu einer Erweiterung der Entscheidungsoptionen zu Gunsten des Ausländers führt (im Ergebnis ebenso OVG NRW, Beschluss vom 21. November 2011 – 18 B 1220/11 – a.a.O. S. 64 m.w.N.).
- 10
Unabhängig davon ist "unter Berücksichtigung der bisherigen Studienleistungen des Antragstellers und des hierfür aufgewendeten Zeitbedarfs" und seiner Einreise in das Bundesgebiet Mitte Februar 2009 nicht davon auszugehen, dass jener sein am 1. März 2015 begonnenes Studium an der Hochschule W im Studiengang "Tourism and Travel Management" innerhalb einer Gesamtaufenthaltsdauer von zehn Jahren, also innerhalb von knapp vier Jahren abschließen kann. Wie sich nämlich diesbezüglich aus dem Internetauftritt der Hochschule W ergibt (vgl. …), handelt es sich dabei zwar nur um ein sechssemestriges Studium mit einer Studiendauer von mithin nur drei Jahren. In den ersten zwei Semestern dominieren jedoch die grundlegenden Fächer der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre (z.B. Marketing, Kostenrechnung, Bilanzierung) und der Komplementärwissenschaften (z.B. Mathematik, Statistik, VWL, Reiserecht), also die Fächer, die der Antragsteller – mit Ausnahme des Reiserechts – bereits sechs Semester lang im Studiengang "International Management" sowie drei Semester lang im Studiengang "International Business" erfolglos studiert hat; im Studiengang "International Management" erwarb er in sechs Semestern nur 11 von 180 zu erbringenden ECTS (vgl. S. 290 VA) und stand vor der Exmatrikulation von Amts wegen, im Studiengang "International Business" hat er im ersten Semester jedoch lediglich vier Prüfungen in den Modulen "International Business Französisch 1 und 2" bestanden, die Prüfungen in den Modulen "Grundlagen der VWL: Mikroökonomie", "Jahresabschluss", "Logistik und Produktionswirtschaft", "Marketing" sowie "Mathematik" jedoch nicht bestanden oder nicht abgelegt (vgl. S. 348 VA); im dritten Semester wurde er dann wegen endgültigen Nichtbestehens einer erforderlichen Prüfung von Amts wegen exmatrikuliert. Da zufolge des Internetauftritts der Hochschule W (s.o.) in den Semestern 3, 4 und 5 des Studiengangs "Tourism and Travel Management" die Speziellen Betriebswirtschaftslehren der Touristik und des Verkehrswesens unterrichtet werden, die auf den grundlegenden Studieninhalten aufbauen, werden diese Semester für den Antragsteller mit denselben Problemen verbunden sein wie die ersten beiden Semester. Es kommt hinzu, dass zufolge des Internetauftritts der Hochschule W (s.o.) Zulassungsvoraussetzung für den Studiengang "Tourism and Travel Management" das Bestehen eines Sprachtests in der Pflichtfremdsprache Englisch mit mindestens dem Niveau "Europa-Level B1" oder einem vergleichbaren Niveau oder aber das Bestehen des Moduls "Englisch" bis zum Ende des ersten Studienjahres ist, dass Vorkenntnisse dieser Sprache vorausgesetzt werden und dass fremdsprachliche Lehrinhalte den Aufbau des betriebswirtschaftlichen Kernstudiums begleiten. Da der Antragsteller eigenen Angaben zufolge Englisch bislang nicht gelernt hat (vgl. S. 344 VA), wird er sein Studium an der Hochschule W im Studiengang "Tourism and Travel Management" bis Mitte Februar 2019 aller Voraussicht nach nicht mit Erfolg abschließen können.
- 11
Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dessen Beschluss vom 4. Februar 2015 – 6 L 48/15.TR –, dass und weshalb der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 12. Dezember 2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 2014 keinen Erfolg habe, soweit ihm darin die Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist angedroht wurde, soweit er darin aufgefordert wurde, seinen marokkanischen Reisepass bei der Ausländerbehörde zu hinterlegen, und soweit er darin darauf hingewiesen wurde, er werde die Kosten einer etwaigen Abschiebung zu tragen haben, geht das Beschwerdevorbringen mit keinem Wort ein.
- 12
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
- 13
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes aus § 47 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2 und mit § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
- 14
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Jobcenter zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
1
Tatbestand:
3Die Kläger sind als Erbengemeinschaft in die Rechte und Pflichten des am 00.00.2015 verstorbenen Herrn Dr. U. L. (Verpflichtungsgeber) eingetreten. Dieser verpflichtete sich am 6. März 2014 gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises, für den Lebensunterhalt seiner Nichte, deren Ehemann und ihres Kindes (Angehörige bzw. Begünstigte), die sämtlich syrische Staatsangehörige sind, aufzukommen. Die Verpflichtungserklärungen umfassen ein ausgefülltes und vom Verpflichtungsgeber unterschriebenes Formular sowie eine vom Verpflichtungsgeber ebenfalls unterzeichnete Zusatzerklärung. Die Verpflichtungserklärungen nehmen die Haftung für Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG aus. Im Feld „Aufenthaltszweck“ ist auf dem Formular der Verpflichtungserklärungen keine Eintragung. Die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts ist mit „Dauer“ angegeben. Im Feld „Dauer der Verpflichtung“ heißt es: „vom Tag der voraussichtlichen Einreise am sofort bis zur Beendigung des Aufenthalts des o.g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck.“ Laut der Zusatzerklärung soll sich die Verpflichtung unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch auf Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes erstrecken und im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann enden, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
4Die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers erhielten am 3. April 2014 ein nationales Visum zum längerfristigen Aufenthalt nach § 6 Abs. 3 AufenthG und reisten am 23. Juni 2014 erstmals in das Bundesgebiet ein. Sie erhielten am 10. Juli 2014 aufgrund der Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen (MIK), Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) vom 3. Februar 2014 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Diese war für die Nichte des Verpflichtungsgebers und ihr Kind bis zum 22. Juni 2016 und für ihren Ehemann bis zum 3. Oktober 2015 befristet. Sie wohnten zunächst in N. . Nach Asylantragstellung im November 2014 wurden sie mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 19. November 2014 der Stadt N1. zugewiesen.
5Im Dezember 2014 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den betreffenden Angehörigen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylVfG in der damals gültigen Fassung zu. Die Stadt N1. erteilte ihnen daraufhin am 9. Februar 2015 jeweils eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Ab dem 11. Februar 2015 erhielten sie durch das beklagte Jobcenter Leistungen nach dem SGB II.
6Mit Schreiben vom 18. März 2015 widerrief der Verpflichtungsgeber seine Verpflichtungserklärungen gegenüber dem beklagten Jobcenter, da er sich wegen der veränderten Aufenthaltssituation der Begünstigten und wegen des geänderten Aufenthaltszwecks nicht länger an seine Erklärung gebunden fühle.
7Mit Leistungsbescheid vom 3. September 2015 verlangte das beklagte Jobcenter von dem Verpflichtungsgeber die Erstattung von 8.832,75 Euro, die es für die Begünstigten vom 11. Februar 2015 bis zum 31. August 2015 nach dem SGB II aufgewendet habe. Zur Begründung trug es im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber aufgrund seiner Verpflichtungserklärungen zur Erstattung verpflichtet sei. Diese hätten weiterhin Bestand, da sich der Aufenthaltszweck der Begünstigten nicht wesentlich verändert habe.
8Entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung legte der Verpflichtungsgeber am 11. September 2015 anwaltlich vertreten hiergegen Widerspruch ein. Diesen wies das beklagte Jobcenter mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung verwies es auf seinen Bescheid vom 3. September 2015 und führte weiter aus, der Aufenthaltszweck sei sowohl bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 AufenthG als auch bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 AufenthG der Schutz der flüchtenden Menschen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 19. Oktober 2015, also am Tag nach dem Tod des Verpflichtungsgebers, an die im Widerspruchsverfahren bevollmächtigten Rechtsanwälte zur Post gegeben.
9Hiergegen haben die Kläger am Montag, dem 23. November 2015 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber nicht mehr aus den Verpflichtungserklärungen in Anspruch genommen werden könne, da mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG eine Zweckänderung stattgefunden habe. Eine solche liege vor, wenn sich die rechtliche Qualifikation des Aufenthaltstitels erheblich geändert habe. Während die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG auf einer Ermessensentscheidung beruhe, diene die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG der Verwirklichung des Grundrechts auf Asyl aus Art. 16a GG und des subjektiven Rechts aus Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU. Darüber hinaus könne nur die auf § 23 Abs. 1 AufenthG beruhende Aufenthaltserlaubnis von einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abhängig gemacht werden. Da der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG Anspruch auf staatliche Leistungen habe, beende deren Erteilung die Leistungspflicht nach § 68 AufenthG. Zudem werde die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG für eine längere Dauer erteilt als diejenige nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Eine Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen folge auch nicht aus dem Subsidiaritätsprinzip gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, da die Verpflichtungserklärungen keinen Anspruch der Begünstigten gegen den Erklärenden begründeten. Darüber hinaus verstoße die Fortgeltung gegen Art. 29 Abs. 1 der RL 2011/95/EU und das Gleichbehandlungsgebot, da die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, anerkannten Flüchtlingen die notwendige Sozialhilfe unter den gleichen Voraussetzungen zu gewähren wie eigenen Staatsangehörigen. Der Anspruch auf Sozialleistungen werde ausgehöhlt, wenn die jeweiligen Anspruchsteller befürchten müssten, dass der Verpflichtungsgeber in Regress genommen werde.
10Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
11den Bescheid des beklagten Jobcenters vom 3. September 2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 aufzuheben.
12Das beklagte Jobcenter beantragt schriftsätzlich,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid.
15Die Kläger haben sich mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2015 und vom 19. Januar 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt. Ferner haben sie die Zulassung der Revision beantragt. Das beklagte Jobcenter hat mit Schriftsätzen vom 22. Januar 2016 und vom 19. Februar 2016 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.
16Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Jobcenters und der Ausländerbehörde der Stadt N1. Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Entscheidung ergeht trotz des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch die Kammer. Denn die Entscheidung, ob von der Möglichkeit des § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO Gebrauch gemacht wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts,
19Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 87a Rdn. 8.
20Das Gericht hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
21Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
23A. Die Klage ist zulässig.
24Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt sich nicht um eine den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG zugewiesene Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe oder des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), sondern um eine Streitigkeit nach dem Ausländer- und Aufenthaltsrecht,
25BSG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - B 8 AY 1/09 R -, juris.
26Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach § 42 Abs. 2 VwGO gemeinsam klagebefugt, da sie nach §§ 1922 Abs. 1, 1967, 2032 Abs. 1, 2058 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten des verstorbenen Verpflichtungsgebers als Gesamtschuldner haften. Die Zahlungspflicht aus dem streitgegenständlichen Bescheid zählt zu den Nachlassverbindlichkeiten, weil sie zu Lebzeiten des Erblassers entstanden ist.
27Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach §§ 61 Nr. 1, 1. Alt., 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beteiligten- und gemeinsam prozessfähig.
28Das beklagte Jobcenter ist richtiger Klagegegner gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Es ist eine „gemeinsame Einrichtung“ im Sinne der §§ 6d, 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II und nimmt gemäß § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Es wird gerichtlich durch den Geschäftsführer vertreten, § 62 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 44d Abs. 1 Satz 2 SGB II.
29B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 3. September 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen daher die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
30Der Erstattungsanspruch folgt aus § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Nach Abs. 2 der Vorschrift bedarf die Verpflichtungserklärung der Schriftform; sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Dies befugt die öffentliche Stelle, die die Mittel aufgewendet hat, die Erstattung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend zu machen,
31BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 - 1 C 4/13 - und vom 24. November 1998 - 1 C 33.97 - (zu § 84 AuslG 1990), beide in juris.
32Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.
33I. Der Verpflichtungsgeber hat sich gegenüber der nach § 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) zur Entgegennahme der Verpflichtungserklärungen zuständigen Ausländerbehörde des I. kreises am 6. März 2014 wirksam dazu verpflichtet, für die Leistungen zum Lebensunterhalt seiner ausländischen Angehörigen aufzukommen, um deren Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Die eigenhändig von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen entsprechen dem Schriftformerfordernis nach § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB.
34II. Die Verpflichtungserklärungen vom 6. März 2014 sind hinreichend bestimmt. Inhalt und Reichweite der von dem Verpflichtungsgeber eingegangenen Verpflichtungen lassen sich durch Auslegung anhand objektiver Umstände ermitteln (vgl. §§ 133, 157 BGB). Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Zeitraum, auf den sich die übernommene Verpflichtung zur Erstattung rechtmäßig erbrachter Sozialleistungen bezieht, obwohl dieser nicht durch die Angabe eines Datums oder einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Dauer eingegrenzt ist. Der Wortlaut der unter Verwendung eines bundeseinheitlichen Formulars abgegebenen Verpflichtungserklärungen bestimmt die Dauer der Verpflichtung vielmehr dahingehend, dass diese bis zur Beendigung des Aufenthalts des betreffenden Ausländers oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck eingegangen wird. Konkretisiert werden diese Angaben durch den Wortlaut der vom Verpflichtungsgeber unterzeichneten Zusatzerklärung. Danach erstreckt sich die Verpflichtung ausdrücklich unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch für Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes und endet im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wurde.
35Es sind damit zwei Varianten bestimmt, die die übernommene Verpflichtung zeitlich begrenzen, nämlich einerseits das Ende des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in Deutschland und andererseits die Ersetzung des Aufenthaltszwecks durch einen anderen, für den ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird. Damit lässt sich die Dauer der übernommenen Verpflichtung hinreichend bestimmen, und zwar auch in Bezug auf die zweite Variante (Wechsel des Aufenthaltszwecks).
36Im Wege der Auslegung der Verpflichtungserklärungen anhand objektiver Umstände lässt sich mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln, auf welchen Aufenthaltszweck sich die Verpflichtungserklärungen beziehen. Zwar ist an der im Formular vorgesehenen Stelle für die Eintragung des Zwecks des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in allen von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen keine Eintragung vorhanden und es ist lediglich mit der Eintragung „Dauer“ die jeweilige voraussichtliche Dauer des Aufenthalts angegeben. Hieraus lässt sich jedenfalls entnehmen, dass sich die Erklärungen nicht auf einen beabsichtigten Kurzaufenthalt, sondern auf die Verwirklichung eines dauerhaften Aufenthaltszwecks bezogen. Ergänzend sind für die Auslegung der Erklärungen die zur Aufnahme von syrischen Staatsangehörigen getroffenen Aufnahmeanordnungen des MIK vom 26. September 2013, Az. 15-39.12.03-1-13-100(2603) und vom 3. Februar 2014, Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) heranzuziehen,
37vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1 ff. und juris, Rdn. 30.
38Hieraus ergibt sich, dass der Zweck des Aufenthalts der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers, für die er die Verpflichtungserklärungen abgab, sowohl aus seiner Sicht als auch aus Sicht des Erklärungsempfängers (der zuständigen Ausländerbehörde), darin bestand, in Deutschland Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass die Verpflichtungserklärungen nach dem objektiv erkennbaren Willen des Verpflichtungsgebers dazu dienten, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums und einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den genannten Aufnahmeanordnungen an die betreffenden Angehörigen zu schaffen und auch aus Sicht des Erklärungsempfängers den Verpflichtungserklärungen allein in diesem Zusammenhang rechtliche Relevanz zukam. Der Verpflichtungsgeber und die Ausländerbehörde gingen objektiv erkennbar übereinstimmend davon aus, dass die Verpflichtungserklärungen nur zum Tragen kommen, falls die betreffenden Personen zu dem von den Aufnahmeanordnungen begünstigten Personenkreis zählen (syrische Staatsangehörige, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten).
39Vor diesem Hintergrund sind die Verpflichtungserklärungen des Verpflichtungsgebers dahingehend auszulegen, dass er sich verpflichtete, den Lebensunterhalt seiner betreffenden Angehörigen grundsätzlich für die Gesamtdauer des bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen, und zwar unabhängig von der Ausgestaltung ihres Aufenthaltsrechts. Allein diese Auslegung wird dem Zweck der Verpflichtungserklärungen gerecht, die von den obersten Landesbehörden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern festgelegten Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt syrischer Staatangehöriger, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten, zu erfüllen,
40vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 32.
41Die Verpflichtung endet, wenn dieser bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen ins Auge gefasste Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
42Eine Auslegung der Verpflichtungserklärungen dahingehend, dass die Verpflichtung nur für den Zeitraum bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach erfolgreichem Abschluss eines Asylverfahrens gelten sollte und der Verpflichtungsgeber für die Zeit nach Abschluss eines Asylverfahrens ausschließlich das wirtschaftliche Risiko des Scheiterns des Asylantrags übernimmt,
43so SG Detmold, Beschluss vom 2. April 2015 - S 2 SO 102/15 -, juris,
44scheidet aus. Bereits bei Abgabe der Erklärungen war objektiv absehbar, dass das Risiko des Scheiterns eines Asylantrags eines syrischen Staatsangehörigen, der mit einem auf der Grundlage der Aufnahmeanordnungen erteilten Visum legal nach Deutschland eingereist ist und zuvor noch kein Asylverfahren betrieben hatte, vernachlässigbar sein würde.
45Im Jahr 2014 erhielten 89 % der syrischen Asylantragsteller in Deutschland Schutz in Gestalt einer Asylanerkennung oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylG oder des subsidiären Schutzes i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG, wobei der Großteil der nicht in diesem Sinne erfolgreichen Asylverfahren (10,6 %) durch formelle Entscheidungen beendet wurden, also Entscheidungen nach dem Dublinverfahren, Verfahrenseinstellungen wegen Antragsrücknahme oder Entscheidungen im Folgeantragsverfahren, dass kein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird, Das Bundesamt in Zahlen 2014, S. 45, 49, abrufbar unter: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2014.html?nn=1694460.
46Eine in dem vorgenannten Sinne einschränkende Auslegung der Verpflichtungserklärungen kommt vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn diese absehbar erhebliche Einschränkung der übernommenen Verpflichtung objektiv erkennbar im Wortlaut der Erklärungen oder aus dem Zusammenhang der Erklärungen mit den betreffenden Aufnahmeanordnungen zum Ausdruck gekommen wäre. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte. Insbesondere würde diese Auslegung auch dem Zweck der Verpflichtungserklärungen im Zusammenhang mit den Aufnahmeanordnungen nicht gerecht.
47III. Die Verpflichtungserklärungen erfassen auch den Zeitraum, für den das beklagte Jobcenter die Erstattung der geleisteten Sozialleistungen verlangt. Es ist bis zum Abschluss des hier streitgegenständlichen Zeitraumes kein Umstand eingetreten, der die mit den Verpflichtungserklärungen übernommene Erstattungspflicht entfallen ließe. Weder war der Aufenthalt der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland beendet, noch war der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck dieser Personen durch einen anderen ersetzt und hierfür eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.
481. Die Stellung der Asylanträge und die Flüchtlingsanerkennung der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers vermögen – unabhängig davon, dass hiermit schon kein Wechsel des in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der obigen Auslegung in Bezug genommenen Aufenthaltszwecks verbunden sein dürfte – schon deswegen die Verpflichtung des Verpflichtungsgebers zur Kostenerstattung nicht zum Erlöschen zu bringen, weil für einen neuen Aufenthaltszweck jedenfalls noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Den Angehörigen wurde in dieser Zeit lediglich eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ausgestellt. Diese stellt keinen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar.
49Vgl. zur Frage der aufenthaltsrechtlichen Anerkennung eines Wechsels des Aufenthaltszwecks bei Asylantragstellung nach Einreise mit einem Besuchsvisum: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 ‑ 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
502. Die vom Verpflichtungsgeber übernommene Verpflichtung wurde auch nicht mit Blick darauf beendet, dass den betreffenden Angehörigen am 9. Februar 2015 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt wurden. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt weder den Rückschluss darauf zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde (nachfolgend a), noch hat die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnisse selbst diese Konsequenz (nachfolgend b), noch bestehen im Übrigen hinreichende Anhaltspunkte für diese Annahme (nachfolgend c).
51a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt nicht den Rückschluss zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde Denn der tatsächlich bestehende Aufenthaltszweck bestimmt sich nicht nach der Rechtsgrundlage, auf deren Grundlage eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Vielmehr ist das Bestehen eines bestimmten Aufenthaltszwecks Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
52Nach §§ 7, 8 AufenthG wird jede Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt. Hiervon ausgehend enthält das Aufenthaltsgesetz spezifische, auf bestimmte Aufenthaltszwecke zugeschnittene Regelungen, die mit unterschiedlichen Rechtsstellungen verbunden sein können. Bei der Frage, welche Regelung einschlägig ist, hat sich die Ausländerbehörde an dem mit dem Aufenthalt verfolgten Zweck und dem konkreten Lebenssachverhalt zu orientieren.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Januar 2010 – 18 A 1147/08 –, NRWE (zur Überleitung von Aufenthaltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz in solche nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG).
54Der Aufenthaltszweck ist nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen, aus denen der Ausländer seinen Anspruch auf Aufenthalt herleitet.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 – 1 C 43/06 –, juris, Rdn. 12.
56Die für die Bestimmung des Aufenthaltszwecks maßgeblichen Tatsachen bestehen unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher rechtlichen Grundlage und für welche Gültigkeitsdauer dem betreffenden Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Geltungsdauer der mit Blick auf eine Verpflichtungserklärung erteilten Aufenthaltserlaubnis hat daher grundsätzlich keine entscheidende Bedeutung für die Frage, für welchen Aufenthaltszweck und für welche (Gesamt‑)Aufenthaltsdauer eine Verpflichtungserklärung gelten soll,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 34.
58Der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis kann zwar gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nachträglich verkürzt werden, wenn der Aufenthaltszweck, der ihrer Erteilung zugrunde lag, nachträglich entfallen ist. Der Aufenthaltszweck kann aber auch noch fortbestehen, obwohl der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis beendet ist.
59b) Vor diesem Hintergrund hat auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, also einer anderen als der ursprünglich bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen in den Blick genommenen Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen, nicht die Konsequenz, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach obiger Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck entfallen und durch einen anderen ersetzt wurde. Dabei kann offen bleiben, ob der Aufenthaltszweck, der Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, als ein „neuer Aufenthaltszweck“ zu qualifizieren ist gegenüber dem Aufenthaltszweck, der für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen vorausgesetzt wird. Denn ein solcher „neuer Aufenthaltszweck“ lässt den bisherigen Aufenthaltszweck nicht zwingend entfallen, sondern ist allenfalls als weiterer Aufenthaltszweck zu dem bisherigen hinzugetreten, so dass der neue Aufenthaltszweck den bisherigen nicht ersetzt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem neuen Aufenthaltszweck setzt nicht denklogisch voraus, dass der betreffende Ausländer den bisherigen Aufenthaltszweck aufgegeben hat. Vielmehr kann ein Ausländer mit seinem Aufenthalt in Deutschland auch mehrere Aufenthaltszwecke gleichzeitig verfolgen. Es ist sogar die Erteilung mehrerer Aufenthaltstitel kumulativ zulässig. Das dem Aufenthaltsgesetz zugrunde liegende Konzept unterschiedlicher Aufenthaltstitel mit jeweils eigenständigen Voraussetzungen und Rechtsfolgen schließt es nicht aus, dass einem Ausländer mehrere Aufenthaltstitel nebeneinander erteilt werden.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 – 1 B 1/14 ‑, juris, Rdn. 5.
61Der Aufenthaltszweck, auf den die Verpflichtungserklärungen Bezug nehmen, wird bestimmt durch die tatsächlichen Umstände des betreffenden Falles und nicht durch den Katalog der rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Aus diesem Grund entfällt der ursprünglich in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck auch nicht deswegen, weil die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers nunmehr Aufenthaltserlaubnisse erhalten haben, die von der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unabhängig zu erteilen sind. Der Sinnzusammenhang einer Verpflichtungserklärung mit der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kann nicht zu einem haftungsbegrenzenden Tatbestandsmerkmal des § 68 AufenthG verstärkt werden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
63c) Bei Betrachtung der maßgeblichen Tatsachen, die den Grund für den Aufenthalt der Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland bilden, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck vor dem Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraums entfallen ist und durch einen neuen ersetzt wurde. Der Aufenthaltszweck entfällt, wenn er verwirklicht worden ist, wenn seine Verwirklichung dem Ausländer innerhalb eines angemessenen Zeitraums aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist oder wenn der Ausländer die Verwirklichung aufgegeben hat.
64Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2015, § 7 Rdn. 452; Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2016, § 7 Rdn. 28, 30.
65Der Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten, besteht nach diesen Maßstäben unabhängig von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fort. Er ist durch Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis weder unmöglich gemacht noch abschließend verwirklicht worden. Jedenfalls für die Zeit, in der die Kriegshandlungen in Syrien noch andauern, ist weder von einer Unmöglichkeit noch von einer abschließenden Zweckerreichung auszugehen.
66Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Angehörigen des Verpflichtungsgebers die Verwirklichung dieses Zwecks aufgegeben haben. Insbesondere ist mit dem Wunsch der Angehörigen des Verpflichtungsgebers, sich nunmehr in Deutschland eine berufliche Existenz aufbauen wollen, keine Aufgabe des ursprünglichen Zwecks und dessen Ersetzen durch einen neuen Aufenthaltszweck verbunden. Denn die Schaffung einer beruflichen Existenz ist im Rahmen eines längerfristigen Aufenthaltes im Bundesgebiet durchaus typisch und steht nicht in Konkurrenz zu dem Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Wie zu entscheiden wäre, wenn der Zweck, einer bestimmten Erwerbstätigkeit nachzugehen, den Aufenthaltszweck der Angehörigen in der Weise prägen würde, dass der Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien dahinter zurückträte, und für diesen Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden wäre (vgl. Abschnitt 4 des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes), bedarf hier keiner Entscheidung.
67IV. Die Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum verstößt ferner nicht gegen völker- und unionsrechtliche Regelungen. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. 1953 II, S. 560) noch gegen die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie, ABl. EU L 337, S. 9), vor. Diese Regelungen wirken sich nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verpflichtungsgeber und dem beklagten Jobcenter aus,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 15.
69Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen Art. 29 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie vor. Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Dies ist vorliegend gewährleistet. Denn die Angehörigen des Verpflichtungsgebers haben als hilfebedürftige Personen und anerkannte Schutzberechtigte einen unbeschränkten Zugang zu Sozialleistungen.
70Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist Sozialhilfe hilfebedürftigen Personen zu gewähren. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Unterstützungshandlungen durch Angehörige stellen zu berücksichtigendes Einkommen dar. Die Hilfebedürftigkeit entfällt aber nur, wenn diese Geldmittel dauerhaft beim Empfänger verbleiben. Es werden mithin nur Mittel erfasst, die tatsächlich zur Verfügung stehen,
71Karl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 9 Rdn. 50, 51.
72Die Leistungen aus einer Verpflichtungserklärung stehen dem Ausländer aber gerade nicht zur Verfügung. Denn er hat keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Verpflichtungsgeber. Die Vorschrift des § 68 AufenthG regelt nur die Regressmöglichkeiten der Behörde gegenüber dem Verpflichtungsgeber, nicht aber etwaige Ansprüche zwischen ihm und dem Ausländer, für den die Verpflichtungserklärung gilt,
73vgl. BT-Drucksache 11/6321, S. 84; BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10/12 –, juris; BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 8 AY 1/09 R –, juris.
74Die Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers hat mithin keinen Einfluss auf den Sozialhilfeanspruch des Ausländers und führt insbesondere nicht zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu Inländern,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 – 5 C 29/98 –, juris.
76Dass sich ein Ausländer, für den eine Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, auf Grund der Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers veranlasst sehen könnte, von einem Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen abzusehen, begründet auch unter dem unionsrechtlichen Gesichtspunkt des „effet utile“ nicht die Annahme einer rechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung. Denn der betreffende Ausländer, der mit einem aufgrund einer Verpflichtungserklärung erteilten Visum nach Deutschland einreist, wird hierdurch nicht unzumutbar in der Freiheit seiner Willensbildung beeinträchtigt, einen Antrag auf Sozialleistungen zu stellen.
77V. Ferner sind die Verpflichtungserklärungen nicht durch einseitige Erklärung des Verpflichtungsgebers für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum erloschen. Insbesondere brachte der von ihm mit Schreiben vom 18. März 2015 erklärte „Widerruf“ die Verpflichtung nicht zum Erlöschen.
781. Da es sich bei der Verpflichtungserklärung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, ist deren Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB nur gegenüber der empfangsberechtigten Ausländerbehörde und nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, bis sie der Ausländerbehörde zugegangen ist,
79vgl. VG München, Urteil vom 18. Januar 2012 – M 9 K 10.6262 –, juris, Rdn. 17.
80Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verpflichtungsgeber die Erklärung unter einem Widerrufsvorbehalt abgegeben hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Widerruf ist nach diesen Maßstäben verspätet. Er ist erst über ein Jahr, nachdem die Verpflichtungserklärungen gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises abgegeben worden waren, erklärt worden – und zudem gegenüber dem beklagten Jobcenter.
812. Der Widerruf ist auch nicht in eine Anfechtung entsprechend §§ 119 ff. BGB umzudeuten. Es fehlt schon an einem Anfechtungsgrund. Nach § 119 Abs. 1 BGB kommt eine Anfechtung in Betracht, wenn der Erklärende bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
82So liegt der Fall hier nicht. Der Verpflichtungsgeber trug in seinem „Widerruf“ vor, er habe die Verpflichtungserklärungen abgegeben, damit seine Verwandten aus dem Bürgerkriegsgebiet Aleppo ausreisen und Aufnahme in Deutschland finden könnten. Voraussetzung seiner Verpflichtung sei gewesen, dass er ihre Krankenkosten nicht übernehmen müsse, er sie in einer besonderen, von ihm angemieteten Wohnung unterbringen und mit ihnen wirtschaften könne und dass die Aufnahme auf einen überschaubaren Zeitraum begrenzt sein würde. Aus den Verpflichtungserklärungen selbst geht eine solche Beschränkung der Haftung jedoch nicht hervor. Auch ergeben sich aus den Verwaltungsvorgängen keine Anhaltspunkte für eine entsprechende, fehlerhafte Belehrung durch die Ausländerbehörde. Der Verpflichtungsgeber mag vielmehr einem unbeachtlichen, lediglich die Folgewirkung seiner Erklärung umfassenden Irrtum unterlegen sein.
83Vgl. hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Dezember 2011 – 27 K 5562/10 –, nicht veröffentlicht; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), GK-AufenthG, März 2012, § 68 Rdn. 25; Ellenberger, in: Palandt, 72. Aufl., § 119 Rdn. 29.
843. Auch kommt eine Kündigung der Verpflichtungserklärungen mit Wirksamkeit für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum nicht in Betracht. Dem Verpflichtungsgeber stand weder von Gesetzes wegen noch nach verständiger Würdigung der abgegebenen Verpflichtungserklärungen für diesen Zeitraum ein Kündigungsrecht zu. Insbesondere können die Verpflichtungserklärungen, wie dargelegt, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Verpflichtungsgeber nur im Hinblick auf die Haftung für Kosten des Lebensunterhalts der betreffenden Ausländer ab deren Einreise für die Dauer des Asylverfahrens und bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG binde. Die Einräumung eines Kündigungsrechts für diesen Fall würde jedoch zu einer von den Beteiligten nicht vereinbarten Möglichkeit der Haftungsbeschränkung führen.
85Offenbleiben kann, ob dem Verpflichtungsgeber für einen späteren Zeitpunkt ein Kündigungsrecht zusteht. Aus der Tatsache, dass den Verpflichtungserklärungen nach dem übereinstimmenden Verständnis des Erklärenden und des Erklärungsempfängers allein mit Blick auf die Aufnahmeanordnungen vom 26. September 2013 und vom 3. Februar 2014 rechtliche Bedeutung zukommt, dürfte nämlich zu folgern sein, dass sich der Verpflichtungsgeber nicht für Zeiträume unwiderruflich binden wollte, für die den Verpflichtungserklärungen zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtliche Relevanz zukommen konnte. Dies dürfte anzunehmen sein für die Zeit eines legalen Aufenthalts des betreffenden Ausländers nach Ablauf der zunächst nach den Aufnahmeanordnungen auf maximal zwei Jahre zu befristenden Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Denn diese Aufenthaltserlaubnis wird nur verlängert, wenn bei Ablauf ihrer Gültigkeit die für die erstmalige Erteilung geltenden Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Die Ausländerbehörde behält sich damit eine neuerliche Prüfung zu diesem Zeitpunkt vor. Fehlt es zum Verlängerungszeitpunkt an einer Voraussetzung, so haftet der Verpflichtungsgeber aus der ursprünglichen Verpflichtungserklärung nur noch für einen möglichen weiteren illegalen Aufenthalt des betreffenden Ausländers. Hieraus dürfte zu schließen sein, dass er bei Abgabe der Verpflichtungserklärung keine unwiderrufliche Bindung dahingehend eingeht, dass er an der Verpflichtungserklärung auch zum Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis festhalten und dem Ausländer damit zur Legalisierung seines Aufenthalts für bis zu zwei weitere Jahre verhelfen wird. Dies dürfte den Verpflichtungsgeber auch in den Fällen dazu berechtigten, seine Verpflichtung zu kündigen, wenn die betreffenden Ausländer von einer Verlängerungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 1 AufenthG keinen Gebrauch machen, etwa weil sie mittlerweile ihr Aufenthaltsrecht aus einer anderen Norm ableiten.
86Die Kammer lässt deswegen dahinstehen, ob die Verpflichtungserklärungen aus diesem Grund dahingehend auszulegen sind, dass sie von vornherein auf den legalen Aufenthalt für bis zu zwei Jahre und einen sich anschließenden möglichen illegalen Aufenthalt begrenzt sind oder ob dem Verpflichtungsgeber ein Kündigungsrecht bezogen auf den Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zukommt. Denn für den vorliegenden Fall ist diese Frage nicht entscheidungserheblich. Hier würde die vom Verpflichtungsgeber ausgesprochene sinngemäße Kündigung nach den oben genannten Maßstäben erst zu einem Zeitpunkt wirksam werden, der nach dem Zeitraum liegt, für den die hier streitgegenständlichen öffentlichen Leistungen gezahlt wurden. Der betreffende Zeitraum liegt innerhalb von zwei Jahren nach der Einreise der Angehörigen des Verpflichtungsgebers und innerhalb des ursprünglich bestimmten Gültigkeitszeitraums der ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 AufenthG.
87VI. Zudem ist es weder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, vor der Einreise syrischer Flüchtlinge die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu verlangen, noch ist diese Erstattungspflicht im Hinblick auf die finanziellen Belastungen, die auf den Verpflichteten zukommen können, unverhältnismäßig,
88vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris, Rdn. 40 ff.
89Die Zustimmung zur Einreise syrischer Flüchtlinge davon abhängig zu machen, dass Obdach und Lebensunterhalt durch Private oder nichtstaatliche Stellen gewährt werden, ist von der Rechtsordnung gedeckt und beruht nicht auf einer sachwidrigen Ausnutzung staatlicher Übermacht. Das wäre nur der Fall, wenn die Flüchtlinge auch ohne gesicherten Lebensunterhalt einen gesetzlichen Anspruch auf Einreise und Erteilung eines Aufenthaltstitels hätten. Dies traf zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen auf die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers aber gerade nicht zu. Die Erteilung von Aufenthaltstiteln kommt nur unter den im Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzungen in Betracht. Dazu gehört bei Visa, wie sie den Angehörigen des Verpflichtungsgebers erteilt wurden, dass kein Regelversagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegt. Ein solcher ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers nicht gesichert ist. Im Übrigen dürfte ein Visum von Bürgerkriegsflüchtlingen bei nur für einen Kurzaufenthalt übernommener Kostenhaftung auch wegen mangelnder Rückkehrbereitschaft versagt werden (vgl. Art. 21 Abs. 1, 32 Abs. 1 a) iii) und b) Visakodex). Sofern die Landesanordnungen zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge voraussetzen, dass in Nordrhein-Westfalen lebende Verwandte oder Dritte sich bereit erklären, für den Lebensunterhalt der aufzunehmenden Flüchtlinge aufzukommen, ist hierin keine sachwidrige Koppelung einer staatlichen Vergünstigung an eine Gegenleistung zu sehen. Es geht vielmehr darum, die genannten Hindernisse für die Visumserteilung zu beseitigen und eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Mit der Abgabe einer Verpflichtungserklärung kann also der Behörde die Möglichkeit eröffnet werden, zugunsten der Ausländer zu entscheiden. Hierdurch wird weder unverhältnismäßiger Druck auf die in Deutschland lebenden Angehörigen syrischer Flüchtlinge ausgeübt, noch stellt dies die Ausnutzung einer staatlichen Machtstellung dar.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris (im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen).
91Ob nach Ablauf der Gültigkeit der nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen erteilten Aufenthaltserlaubnisse bei der Frage ihrer Verlängerung noch eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt gefordert werden dürfte, wenn zu diesem Zeitpunkt – wie hier – ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig von der Voraussetzung der Lebensunterhaltsicherung besteht, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung, da sich der streitgegenständliche Bescheid, wie ausgeführt, nicht auf einen solchen Zeitraum bezieht.
92Auch stellt sich die Übernahme der finanziellen Lasten durch den Verpflichtungsgeber vom Grundsatz her nicht als unverhältnismäßig dar. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet nicht, dass derjenige, der sich mit seiner Erklärung gemäß § 68 Abs. 1 AufenthG einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt hat, vollständig von seiner Erstattungspflicht nach § 68 AufenthG freigestellt bleibt. Dies stünde nicht im Einklang mit dem legitimen staatlichen Anliegen, Private und nichtstaatliche Stellen an den Kosten der Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu beteiligen, und würde den Gedanken der Solidarität als Grundlage der Landesaufnahmeregelungen in erheblichem Maße entwerten. Es entspricht vielmehr dem Gebot des angemessenen Ausgleichs, die finanziellen Risiken beiderseitig zu verteilen.
93Vgl. BVerwG vom 24. November 1998 – 1 C 33.97 –; VG Regensburg, Urteil vom 13. Februar 2013 ‑ 9 K 12/14 –, beide in juris.
94VII. Der Leistungsbescheid ist ferner nicht im Hinblick auf die Art und Höhe der zu erstattenden Kosten rechtswidrig. Sie entsprechen dem Haftungsumfang aus den Verpflichtungserklärungen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn das beklagte Jobcenter die Erstattung von öffentlichen Leistungen geltend machen würde, deren Erstattung nach den Verpflichtungserklärungen ausgenommen war. Das betrifft Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG. Derartige Leistungen sind jedoch nicht Gegenstand des Leistungsbescheides.
95Auch die Rechtmäßigkeit der Erbringung der Leistungen nach dem SGB II unterliegt keinen Zweifeln. Solche werden auch von den Klägern nicht geltend gemacht.
96VIII. Schließlich ist die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zur Erstattung der erbrachten Leistungen auch nicht ermessensfehlerhaft. Denn das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verlangen, dass die öffentliche Hand die ihr zustehenden Geldleistungsansprüche durchzusetzen hat. Von dieser Regel ist nur in atypischen Ausnahmefällen und unter Rücksichtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit abzusehen,
97BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10.12 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 – 18 A 539/15 – und vom 12. Oktober 2015 – 17 A 1137/14 –, beide nicht veröffentlicht.
98Diese Grundsätze sind auf die Erstattungspflicht aus § 68 Abs. 1 AufenthG zu übertragen. Demnach ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahin gehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte,
99vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 2013 – 13 LC 197/11 –, beide in juris.
100Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist die Bonität des Verpflichtungsgebers mit Vermerk auf Seite 2 der Verpflichtungserklärungen durch die Ausländerbehörde des I. kreises festgestellt und bescheinigt worden. Auch hat der Verpflichtungsgeber durch seine Unterschrift auf der Zusatzerklärung versichert, dass er auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu der Verpflichtung in der Lage war. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte für einen atypischen Fall, der die Inanspruchnahme des Verpflichtungsgebers als unzumutbar erscheinen ließe. Die Erstattungspflicht ist zwar durch eine politische Leitentscheidung einer obersten Landesbehörde in Form der Landesaufnahmeanordnung beeinflusst. Diese Behörde trifft aber keine Mitverantwortung an der Heranziehung zu den erbrachten Leistungen. Denn der Verpflichtungsgeber entscheidet eigenverantwortlich, ob er eine Verpflichtungserklärung abgeben möchte oder nicht. Soweit er nachträglich behauptete, er könne sich den Lebensunterhalt seiner Angehörigen nicht mehr leisten, fehlt es schon an einem hinreichend konkreten Tatsachenvortrag.
101C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO.
102Entgegen der Auffassung des beklagten Jobcenters sind Gerichtskosten ungeachtet des § 193 SGG zu erstatten. Diese Vorschrift ist schon nicht anwendbar, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte handelt, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Anwendbar sind demnach die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aber auch nicht aus § 188 VwGO. Denn der Streitgegenstand ist keiner der dort genannten Materien zuzuordnen. Der sachliche Schwerpunkt bei Streitsachen wegen Leistungsbescheiden nach § 68 Abs. 1 AufenthG liegt im Ausländerrecht, nicht im Sozialhilferecht,
103vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 188 Rdn. 6; BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 1999 ‑ 1 KSt 6/99, 1 C 16/99 –; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – 17 E 66/98 –, beide in juris.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
105Die Revision wird nach §§ 134 Abs. 1, Abs. 2, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter Übergehung der Berufungsinstanz als Sprungrevision zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Frage der Fortgeltung einer Verpflichtungserklärung bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt und betrifft eine Vielzahl von Fällen.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Jobcenter zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
1
Tatbestand:
3Die Kläger sind als Erbengemeinschaft in die Rechte und Pflichten des am 00.00.2015 verstorbenen Herrn Dr. U. L. (Verpflichtungsgeber) eingetreten. Dieser verpflichtete sich am 6. März 2014 gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises, für den Lebensunterhalt seiner Nichte, deren Ehemann und ihres Kindes (Angehörige bzw. Begünstigte), die sämtlich syrische Staatsangehörige sind, aufzukommen. Die Verpflichtungserklärungen umfassen ein ausgefülltes und vom Verpflichtungsgeber unterschriebenes Formular sowie eine vom Verpflichtungsgeber ebenfalls unterzeichnete Zusatzerklärung. Die Verpflichtungserklärungen nehmen die Haftung für Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG aus. Im Feld „Aufenthaltszweck“ ist auf dem Formular der Verpflichtungserklärungen keine Eintragung. Die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts ist mit „Dauer“ angegeben. Im Feld „Dauer der Verpflichtung“ heißt es: „vom Tag der voraussichtlichen Einreise am sofort bis zur Beendigung des Aufenthalts des o.g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck.“ Laut der Zusatzerklärung soll sich die Verpflichtung unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch auf Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes erstrecken und im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann enden, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
4Die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers erhielten am 3. April 2014 ein nationales Visum zum längerfristigen Aufenthalt nach § 6 Abs. 3 AufenthG und reisten am 23. Juni 2014 erstmals in das Bundesgebiet ein. Sie erhielten am 10. Juli 2014 aufgrund der Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen (MIK), Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) vom 3. Februar 2014 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Diese war für die Nichte des Verpflichtungsgebers und ihr Kind bis zum 22. Juni 2016 und für ihren Ehemann bis zum 3. Oktober 2015 befristet. Sie wohnten zunächst in N. . Nach Asylantragstellung im November 2014 wurden sie mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 19. November 2014 der Stadt N1. zugewiesen.
5Im Dezember 2014 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den betreffenden Angehörigen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylVfG in der damals gültigen Fassung zu. Die Stadt N1. erteilte ihnen daraufhin am 9. Februar 2015 jeweils eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Ab dem 11. Februar 2015 erhielten sie durch das beklagte Jobcenter Leistungen nach dem SGB II.
6Mit Schreiben vom 18. März 2015 widerrief der Verpflichtungsgeber seine Verpflichtungserklärungen gegenüber dem beklagten Jobcenter, da er sich wegen der veränderten Aufenthaltssituation der Begünstigten und wegen des geänderten Aufenthaltszwecks nicht länger an seine Erklärung gebunden fühle.
7Mit Leistungsbescheid vom 3. September 2015 verlangte das beklagte Jobcenter von dem Verpflichtungsgeber die Erstattung von 8.832,75 Euro, die es für die Begünstigten vom 11. Februar 2015 bis zum 31. August 2015 nach dem SGB II aufgewendet habe. Zur Begründung trug es im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber aufgrund seiner Verpflichtungserklärungen zur Erstattung verpflichtet sei. Diese hätten weiterhin Bestand, da sich der Aufenthaltszweck der Begünstigten nicht wesentlich verändert habe.
8Entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung legte der Verpflichtungsgeber am 11. September 2015 anwaltlich vertreten hiergegen Widerspruch ein. Diesen wies das beklagte Jobcenter mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung verwies es auf seinen Bescheid vom 3. September 2015 und führte weiter aus, der Aufenthaltszweck sei sowohl bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 AufenthG als auch bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 AufenthG der Schutz der flüchtenden Menschen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 19. Oktober 2015, also am Tag nach dem Tod des Verpflichtungsgebers, an die im Widerspruchsverfahren bevollmächtigten Rechtsanwälte zur Post gegeben.
9Hiergegen haben die Kläger am Montag, dem 23. November 2015 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber nicht mehr aus den Verpflichtungserklärungen in Anspruch genommen werden könne, da mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG eine Zweckänderung stattgefunden habe. Eine solche liege vor, wenn sich die rechtliche Qualifikation des Aufenthaltstitels erheblich geändert habe. Während die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG auf einer Ermessensentscheidung beruhe, diene die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG der Verwirklichung des Grundrechts auf Asyl aus Art. 16a GG und des subjektiven Rechts aus Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU. Darüber hinaus könne nur die auf § 23 Abs. 1 AufenthG beruhende Aufenthaltserlaubnis von einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abhängig gemacht werden. Da der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG Anspruch auf staatliche Leistungen habe, beende deren Erteilung die Leistungspflicht nach § 68 AufenthG. Zudem werde die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG für eine längere Dauer erteilt als diejenige nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Eine Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen folge auch nicht aus dem Subsidiaritätsprinzip gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, da die Verpflichtungserklärungen keinen Anspruch der Begünstigten gegen den Erklärenden begründeten. Darüber hinaus verstoße die Fortgeltung gegen Art. 29 Abs. 1 der RL 2011/95/EU und das Gleichbehandlungsgebot, da die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, anerkannten Flüchtlingen die notwendige Sozialhilfe unter den gleichen Voraussetzungen zu gewähren wie eigenen Staatsangehörigen. Der Anspruch auf Sozialleistungen werde ausgehöhlt, wenn die jeweiligen Anspruchsteller befürchten müssten, dass der Verpflichtungsgeber in Regress genommen werde.
10Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
11den Bescheid des beklagten Jobcenters vom 3. September 2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 aufzuheben.
12Das beklagte Jobcenter beantragt schriftsätzlich,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid.
15Die Kläger haben sich mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2015 und vom 19. Januar 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt. Ferner haben sie die Zulassung der Revision beantragt. Das beklagte Jobcenter hat mit Schriftsätzen vom 22. Januar 2016 und vom 19. Februar 2016 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.
16Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Jobcenters und der Ausländerbehörde der Stadt N1. Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Entscheidung ergeht trotz des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch die Kammer. Denn die Entscheidung, ob von der Möglichkeit des § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO Gebrauch gemacht wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts,
19Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 87a Rdn. 8.
20Das Gericht hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
21Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
23A. Die Klage ist zulässig.
24Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt sich nicht um eine den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG zugewiesene Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe oder des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), sondern um eine Streitigkeit nach dem Ausländer- und Aufenthaltsrecht,
25BSG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - B 8 AY 1/09 R -, juris.
26Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach § 42 Abs. 2 VwGO gemeinsam klagebefugt, da sie nach §§ 1922 Abs. 1, 1967, 2032 Abs. 1, 2058 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten des verstorbenen Verpflichtungsgebers als Gesamtschuldner haften. Die Zahlungspflicht aus dem streitgegenständlichen Bescheid zählt zu den Nachlassverbindlichkeiten, weil sie zu Lebzeiten des Erblassers entstanden ist.
27Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach §§ 61 Nr. 1, 1. Alt., 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beteiligten- und gemeinsam prozessfähig.
28Das beklagte Jobcenter ist richtiger Klagegegner gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Es ist eine „gemeinsame Einrichtung“ im Sinne der §§ 6d, 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II und nimmt gemäß § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Es wird gerichtlich durch den Geschäftsführer vertreten, § 62 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 44d Abs. 1 Satz 2 SGB II.
29B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 3. September 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen daher die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
30Der Erstattungsanspruch folgt aus § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Nach Abs. 2 der Vorschrift bedarf die Verpflichtungserklärung der Schriftform; sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Dies befugt die öffentliche Stelle, die die Mittel aufgewendet hat, die Erstattung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend zu machen,
31BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 - 1 C 4/13 - und vom 24. November 1998 - 1 C 33.97 - (zu § 84 AuslG 1990), beide in juris.
32Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.
33I. Der Verpflichtungsgeber hat sich gegenüber der nach § 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) zur Entgegennahme der Verpflichtungserklärungen zuständigen Ausländerbehörde des I. kreises am 6. März 2014 wirksam dazu verpflichtet, für die Leistungen zum Lebensunterhalt seiner ausländischen Angehörigen aufzukommen, um deren Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Die eigenhändig von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen entsprechen dem Schriftformerfordernis nach § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB.
34II. Die Verpflichtungserklärungen vom 6. März 2014 sind hinreichend bestimmt. Inhalt und Reichweite der von dem Verpflichtungsgeber eingegangenen Verpflichtungen lassen sich durch Auslegung anhand objektiver Umstände ermitteln (vgl. §§ 133, 157 BGB). Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Zeitraum, auf den sich die übernommene Verpflichtung zur Erstattung rechtmäßig erbrachter Sozialleistungen bezieht, obwohl dieser nicht durch die Angabe eines Datums oder einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Dauer eingegrenzt ist. Der Wortlaut der unter Verwendung eines bundeseinheitlichen Formulars abgegebenen Verpflichtungserklärungen bestimmt die Dauer der Verpflichtung vielmehr dahingehend, dass diese bis zur Beendigung des Aufenthalts des betreffenden Ausländers oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck eingegangen wird. Konkretisiert werden diese Angaben durch den Wortlaut der vom Verpflichtungsgeber unterzeichneten Zusatzerklärung. Danach erstreckt sich die Verpflichtung ausdrücklich unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch für Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes und endet im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wurde.
35Es sind damit zwei Varianten bestimmt, die die übernommene Verpflichtung zeitlich begrenzen, nämlich einerseits das Ende des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in Deutschland und andererseits die Ersetzung des Aufenthaltszwecks durch einen anderen, für den ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird. Damit lässt sich die Dauer der übernommenen Verpflichtung hinreichend bestimmen, und zwar auch in Bezug auf die zweite Variante (Wechsel des Aufenthaltszwecks).
36Im Wege der Auslegung der Verpflichtungserklärungen anhand objektiver Umstände lässt sich mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln, auf welchen Aufenthaltszweck sich die Verpflichtungserklärungen beziehen. Zwar ist an der im Formular vorgesehenen Stelle für die Eintragung des Zwecks des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in allen von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen keine Eintragung vorhanden und es ist lediglich mit der Eintragung „Dauer“ die jeweilige voraussichtliche Dauer des Aufenthalts angegeben. Hieraus lässt sich jedenfalls entnehmen, dass sich die Erklärungen nicht auf einen beabsichtigten Kurzaufenthalt, sondern auf die Verwirklichung eines dauerhaften Aufenthaltszwecks bezogen. Ergänzend sind für die Auslegung der Erklärungen die zur Aufnahme von syrischen Staatsangehörigen getroffenen Aufnahmeanordnungen des MIK vom 26. September 2013, Az. 15-39.12.03-1-13-100(2603) und vom 3. Februar 2014, Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) heranzuziehen,
37vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1 ff. und juris, Rdn. 30.
38Hieraus ergibt sich, dass der Zweck des Aufenthalts der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers, für die er die Verpflichtungserklärungen abgab, sowohl aus seiner Sicht als auch aus Sicht des Erklärungsempfängers (der zuständigen Ausländerbehörde), darin bestand, in Deutschland Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass die Verpflichtungserklärungen nach dem objektiv erkennbaren Willen des Verpflichtungsgebers dazu dienten, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums und einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den genannten Aufnahmeanordnungen an die betreffenden Angehörigen zu schaffen und auch aus Sicht des Erklärungsempfängers den Verpflichtungserklärungen allein in diesem Zusammenhang rechtliche Relevanz zukam. Der Verpflichtungsgeber und die Ausländerbehörde gingen objektiv erkennbar übereinstimmend davon aus, dass die Verpflichtungserklärungen nur zum Tragen kommen, falls die betreffenden Personen zu dem von den Aufnahmeanordnungen begünstigten Personenkreis zählen (syrische Staatsangehörige, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten).
39Vor diesem Hintergrund sind die Verpflichtungserklärungen des Verpflichtungsgebers dahingehend auszulegen, dass er sich verpflichtete, den Lebensunterhalt seiner betreffenden Angehörigen grundsätzlich für die Gesamtdauer des bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen, und zwar unabhängig von der Ausgestaltung ihres Aufenthaltsrechts. Allein diese Auslegung wird dem Zweck der Verpflichtungserklärungen gerecht, die von den obersten Landesbehörden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern festgelegten Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt syrischer Staatangehöriger, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten, zu erfüllen,
40vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 32.
41Die Verpflichtung endet, wenn dieser bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen ins Auge gefasste Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
42Eine Auslegung der Verpflichtungserklärungen dahingehend, dass die Verpflichtung nur für den Zeitraum bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach erfolgreichem Abschluss eines Asylverfahrens gelten sollte und der Verpflichtungsgeber für die Zeit nach Abschluss eines Asylverfahrens ausschließlich das wirtschaftliche Risiko des Scheiterns des Asylantrags übernimmt,
43so SG Detmold, Beschluss vom 2. April 2015 - S 2 SO 102/15 -, juris,
44scheidet aus. Bereits bei Abgabe der Erklärungen war objektiv absehbar, dass das Risiko des Scheiterns eines Asylantrags eines syrischen Staatsangehörigen, der mit einem auf der Grundlage der Aufnahmeanordnungen erteilten Visum legal nach Deutschland eingereist ist und zuvor noch kein Asylverfahren betrieben hatte, vernachlässigbar sein würde.
45Im Jahr 2014 erhielten 89 % der syrischen Asylantragsteller in Deutschland Schutz in Gestalt einer Asylanerkennung oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylG oder des subsidiären Schutzes i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG, wobei der Großteil der nicht in diesem Sinne erfolgreichen Asylverfahren (10,6 %) durch formelle Entscheidungen beendet wurden, also Entscheidungen nach dem Dublinverfahren, Verfahrenseinstellungen wegen Antragsrücknahme oder Entscheidungen im Folgeantragsverfahren, dass kein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird, Das Bundesamt in Zahlen 2014, S. 45, 49, abrufbar unter: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2014.html?nn=1694460.
46Eine in dem vorgenannten Sinne einschränkende Auslegung der Verpflichtungserklärungen kommt vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn diese absehbar erhebliche Einschränkung der übernommenen Verpflichtung objektiv erkennbar im Wortlaut der Erklärungen oder aus dem Zusammenhang der Erklärungen mit den betreffenden Aufnahmeanordnungen zum Ausdruck gekommen wäre. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte. Insbesondere würde diese Auslegung auch dem Zweck der Verpflichtungserklärungen im Zusammenhang mit den Aufnahmeanordnungen nicht gerecht.
47III. Die Verpflichtungserklärungen erfassen auch den Zeitraum, für den das beklagte Jobcenter die Erstattung der geleisteten Sozialleistungen verlangt. Es ist bis zum Abschluss des hier streitgegenständlichen Zeitraumes kein Umstand eingetreten, der die mit den Verpflichtungserklärungen übernommene Erstattungspflicht entfallen ließe. Weder war der Aufenthalt der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland beendet, noch war der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck dieser Personen durch einen anderen ersetzt und hierfür eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.
481. Die Stellung der Asylanträge und die Flüchtlingsanerkennung der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers vermögen – unabhängig davon, dass hiermit schon kein Wechsel des in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der obigen Auslegung in Bezug genommenen Aufenthaltszwecks verbunden sein dürfte – schon deswegen die Verpflichtung des Verpflichtungsgebers zur Kostenerstattung nicht zum Erlöschen zu bringen, weil für einen neuen Aufenthaltszweck jedenfalls noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Den Angehörigen wurde in dieser Zeit lediglich eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ausgestellt. Diese stellt keinen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar.
49Vgl. zur Frage der aufenthaltsrechtlichen Anerkennung eines Wechsels des Aufenthaltszwecks bei Asylantragstellung nach Einreise mit einem Besuchsvisum: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 ‑ 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
502. Die vom Verpflichtungsgeber übernommene Verpflichtung wurde auch nicht mit Blick darauf beendet, dass den betreffenden Angehörigen am 9. Februar 2015 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt wurden. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt weder den Rückschluss darauf zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde (nachfolgend a), noch hat die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnisse selbst diese Konsequenz (nachfolgend b), noch bestehen im Übrigen hinreichende Anhaltspunkte für diese Annahme (nachfolgend c).
51a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt nicht den Rückschluss zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde Denn der tatsächlich bestehende Aufenthaltszweck bestimmt sich nicht nach der Rechtsgrundlage, auf deren Grundlage eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Vielmehr ist das Bestehen eines bestimmten Aufenthaltszwecks Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
52Nach §§ 7, 8 AufenthG wird jede Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt. Hiervon ausgehend enthält das Aufenthaltsgesetz spezifische, auf bestimmte Aufenthaltszwecke zugeschnittene Regelungen, die mit unterschiedlichen Rechtsstellungen verbunden sein können. Bei der Frage, welche Regelung einschlägig ist, hat sich die Ausländerbehörde an dem mit dem Aufenthalt verfolgten Zweck und dem konkreten Lebenssachverhalt zu orientieren.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Januar 2010 – 18 A 1147/08 –, NRWE (zur Überleitung von Aufenthaltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz in solche nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG).
54Der Aufenthaltszweck ist nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen, aus denen der Ausländer seinen Anspruch auf Aufenthalt herleitet.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 – 1 C 43/06 –, juris, Rdn. 12.
56Die für die Bestimmung des Aufenthaltszwecks maßgeblichen Tatsachen bestehen unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher rechtlichen Grundlage und für welche Gültigkeitsdauer dem betreffenden Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Geltungsdauer der mit Blick auf eine Verpflichtungserklärung erteilten Aufenthaltserlaubnis hat daher grundsätzlich keine entscheidende Bedeutung für die Frage, für welchen Aufenthaltszweck und für welche (Gesamt‑)Aufenthaltsdauer eine Verpflichtungserklärung gelten soll,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 34.
58Der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis kann zwar gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nachträglich verkürzt werden, wenn der Aufenthaltszweck, der ihrer Erteilung zugrunde lag, nachträglich entfallen ist. Der Aufenthaltszweck kann aber auch noch fortbestehen, obwohl der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis beendet ist.
59b) Vor diesem Hintergrund hat auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, also einer anderen als der ursprünglich bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen in den Blick genommenen Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen, nicht die Konsequenz, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach obiger Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck entfallen und durch einen anderen ersetzt wurde. Dabei kann offen bleiben, ob der Aufenthaltszweck, der Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, als ein „neuer Aufenthaltszweck“ zu qualifizieren ist gegenüber dem Aufenthaltszweck, der für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen vorausgesetzt wird. Denn ein solcher „neuer Aufenthaltszweck“ lässt den bisherigen Aufenthaltszweck nicht zwingend entfallen, sondern ist allenfalls als weiterer Aufenthaltszweck zu dem bisherigen hinzugetreten, so dass der neue Aufenthaltszweck den bisherigen nicht ersetzt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem neuen Aufenthaltszweck setzt nicht denklogisch voraus, dass der betreffende Ausländer den bisherigen Aufenthaltszweck aufgegeben hat. Vielmehr kann ein Ausländer mit seinem Aufenthalt in Deutschland auch mehrere Aufenthaltszwecke gleichzeitig verfolgen. Es ist sogar die Erteilung mehrerer Aufenthaltstitel kumulativ zulässig. Das dem Aufenthaltsgesetz zugrunde liegende Konzept unterschiedlicher Aufenthaltstitel mit jeweils eigenständigen Voraussetzungen und Rechtsfolgen schließt es nicht aus, dass einem Ausländer mehrere Aufenthaltstitel nebeneinander erteilt werden.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 – 1 B 1/14 ‑, juris, Rdn. 5.
61Der Aufenthaltszweck, auf den die Verpflichtungserklärungen Bezug nehmen, wird bestimmt durch die tatsächlichen Umstände des betreffenden Falles und nicht durch den Katalog der rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Aus diesem Grund entfällt der ursprünglich in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck auch nicht deswegen, weil die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers nunmehr Aufenthaltserlaubnisse erhalten haben, die von der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unabhängig zu erteilen sind. Der Sinnzusammenhang einer Verpflichtungserklärung mit der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kann nicht zu einem haftungsbegrenzenden Tatbestandsmerkmal des § 68 AufenthG verstärkt werden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
63c) Bei Betrachtung der maßgeblichen Tatsachen, die den Grund für den Aufenthalt der Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland bilden, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck vor dem Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraums entfallen ist und durch einen neuen ersetzt wurde. Der Aufenthaltszweck entfällt, wenn er verwirklicht worden ist, wenn seine Verwirklichung dem Ausländer innerhalb eines angemessenen Zeitraums aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist oder wenn der Ausländer die Verwirklichung aufgegeben hat.
64Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2015, § 7 Rdn. 452; Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2016, § 7 Rdn. 28, 30.
65Der Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten, besteht nach diesen Maßstäben unabhängig von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fort. Er ist durch Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis weder unmöglich gemacht noch abschließend verwirklicht worden. Jedenfalls für die Zeit, in der die Kriegshandlungen in Syrien noch andauern, ist weder von einer Unmöglichkeit noch von einer abschließenden Zweckerreichung auszugehen.
66Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Angehörigen des Verpflichtungsgebers die Verwirklichung dieses Zwecks aufgegeben haben. Insbesondere ist mit dem Wunsch der Angehörigen des Verpflichtungsgebers, sich nunmehr in Deutschland eine berufliche Existenz aufbauen wollen, keine Aufgabe des ursprünglichen Zwecks und dessen Ersetzen durch einen neuen Aufenthaltszweck verbunden. Denn die Schaffung einer beruflichen Existenz ist im Rahmen eines längerfristigen Aufenthaltes im Bundesgebiet durchaus typisch und steht nicht in Konkurrenz zu dem Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Wie zu entscheiden wäre, wenn der Zweck, einer bestimmten Erwerbstätigkeit nachzugehen, den Aufenthaltszweck der Angehörigen in der Weise prägen würde, dass der Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien dahinter zurückträte, und für diesen Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden wäre (vgl. Abschnitt 4 des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes), bedarf hier keiner Entscheidung.
67IV. Die Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum verstößt ferner nicht gegen völker- und unionsrechtliche Regelungen. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. 1953 II, S. 560) noch gegen die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie, ABl. EU L 337, S. 9), vor. Diese Regelungen wirken sich nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verpflichtungsgeber und dem beklagten Jobcenter aus,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 15.
69Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen Art. 29 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie vor. Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Dies ist vorliegend gewährleistet. Denn die Angehörigen des Verpflichtungsgebers haben als hilfebedürftige Personen und anerkannte Schutzberechtigte einen unbeschränkten Zugang zu Sozialleistungen.
70Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist Sozialhilfe hilfebedürftigen Personen zu gewähren. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Unterstützungshandlungen durch Angehörige stellen zu berücksichtigendes Einkommen dar. Die Hilfebedürftigkeit entfällt aber nur, wenn diese Geldmittel dauerhaft beim Empfänger verbleiben. Es werden mithin nur Mittel erfasst, die tatsächlich zur Verfügung stehen,
71Karl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 9 Rdn. 50, 51.
72Die Leistungen aus einer Verpflichtungserklärung stehen dem Ausländer aber gerade nicht zur Verfügung. Denn er hat keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Verpflichtungsgeber. Die Vorschrift des § 68 AufenthG regelt nur die Regressmöglichkeiten der Behörde gegenüber dem Verpflichtungsgeber, nicht aber etwaige Ansprüche zwischen ihm und dem Ausländer, für den die Verpflichtungserklärung gilt,
73vgl. BT-Drucksache 11/6321, S. 84; BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10/12 –, juris; BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 8 AY 1/09 R –, juris.
74Die Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers hat mithin keinen Einfluss auf den Sozialhilfeanspruch des Ausländers und führt insbesondere nicht zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu Inländern,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 – 5 C 29/98 –, juris.
76Dass sich ein Ausländer, für den eine Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, auf Grund der Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers veranlasst sehen könnte, von einem Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen abzusehen, begründet auch unter dem unionsrechtlichen Gesichtspunkt des „effet utile“ nicht die Annahme einer rechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung. Denn der betreffende Ausländer, der mit einem aufgrund einer Verpflichtungserklärung erteilten Visum nach Deutschland einreist, wird hierdurch nicht unzumutbar in der Freiheit seiner Willensbildung beeinträchtigt, einen Antrag auf Sozialleistungen zu stellen.
77V. Ferner sind die Verpflichtungserklärungen nicht durch einseitige Erklärung des Verpflichtungsgebers für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum erloschen. Insbesondere brachte der von ihm mit Schreiben vom 18. März 2015 erklärte „Widerruf“ die Verpflichtung nicht zum Erlöschen.
781. Da es sich bei der Verpflichtungserklärung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, ist deren Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB nur gegenüber der empfangsberechtigten Ausländerbehörde und nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, bis sie der Ausländerbehörde zugegangen ist,
79vgl. VG München, Urteil vom 18. Januar 2012 – M 9 K 10.6262 –, juris, Rdn. 17.
80Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verpflichtungsgeber die Erklärung unter einem Widerrufsvorbehalt abgegeben hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Widerruf ist nach diesen Maßstäben verspätet. Er ist erst über ein Jahr, nachdem die Verpflichtungserklärungen gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises abgegeben worden waren, erklärt worden – und zudem gegenüber dem beklagten Jobcenter.
812. Der Widerruf ist auch nicht in eine Anfechtung entsprechend §§ 119 ff. BGB umzudeuten. Es fehlt schon an einem Anfechtungsgrund. Nach § 119 Abs. 1 BGB kommt eine Anfechtung in Betracht, wenn der Erklärende bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
82So liegt der Fall hier nicht. Der Verpflichtungsgeber trug in seinem „Widerruf“ vor, er habe die Verpflichtungserklärungen abgegeben, damit seine Verwandten aus dem Bürgerkriegsgebiet Aleppo ausreisen und Aufnahme in Deutschland finden könnten. Voraussetzung seiner Verpflichtung sei gewesen, dass er ihre Krankenkosten nicht übernehmen müsse, er sie in einer besonderen, von ihm angemieteten Wohnung unterbringen und mit ihnen wirtschaften könne und dass die Aufnahme auf einen überschaubaren Zeitraum begrenzt sein würde. Aus den Verpflichtungserklärungen selbst geht eine solche Beschränkung der Haftung jedoch nicht hervor. Auch ergeben sich aus den Verwaltungsvorgängen keine Anhaltspunkte für eine entsprechende, fehlerhafte Belehrung durch die Ausländerbehörde. Der Verpflichtungsgeber mag vielmehr einem unbeachtlichen, lediglich die Folgewirkung seiner Erklärung umfassenden Irrtum unterlegen sein.
83Vgl. hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Dezember 2011 – 27 K 5562/10 –, nicht veröffentlicht; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), GK-AufenthG, März 2012, § 68 Rdn. 25; Ellenberger, in: Palandt, 72. Aufl., § 119 Rdn. 29.
843. Auch kommt eine Kündigung der Verpflichtungserklärungen mit Wirksamkeit für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum nicht in Betracht. Dem Verpflichtungsgeber stand weder von Gesetzes wegen noch nach verständiger Würdigung der abgegebenen Verpflichtungserklärungen für diesen Zeitraum ein Kündigungsrecht zu. Insbesondere können die Verpflichtungserklärungen, wie dargelegt, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Verpflichtungsgeber nur im Hinblick auf die Haftung für Kosten des Lebensunterhalts der betreffenden Ausländer ab deren Einreise für die Dauer des Asylverfahrens und bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG binde. Die Einräumung eines Kündigungsrechts für diesen Fall würde jedoch zu einer von den Beteiligten nicht vereinbarten Möglichkeit der Haftungsbeschränkung führen.
85Offenbleiben kann, ob dem Verpflichtungsgeber für einen späteren Zeitpunkt ein Kündigungsrecht zusteht. Aus der Tatsache, dass den Verpflichtungserklärungen nach dem übereinstimmenden Verständnis des Erklärenden und des Erklärungsempfängers allein mit Blick auf die Aufnahmeanordnungen vom 26. September 2013 und vom 3. Februar 2014 rechtliche Bedeutung zukommt, dürfte nämlich zu folgern sein, dass sich der Verpflichtungsgeber nicht für Zeiträume unwiderruflich binden wollte, für die den Verpflichtungserklärungen zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtliche Relevanz zukommen konnte. Dies dürfte anzunehmen sein für die Zeit eines legalen Aufenthalts des betreffenden Ausländers nach Ablauf der zunächst nach den Aufnahmeanordnungen auf maximal zwei Jahre zu befristenden Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Denn diese Aufenthaltserlaubnis wird nur verlängert, wenn bei Ablauf ihrer Gültigkeit die für die erstmalige Erteilung geltenden Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Die Ausländerbehörde behält sich damit eine neuerliche Prüfung zu diesem Zeitpunkt vor. Fehlt es zum Verlängerungszeitpunkt an einer Voraussetzung, so haftet der Verpflichtungsgeber aus der ursprünglichen Verpflichtungserklärung nur noch für einen möglichen weiteren illegalen Aufenthalt des betreffenden Ausländers. Hieraus dürfte zu schließen sein, dass er bei Abgabe der Verpflichtungserklärung keine unwiderrufliche Bindung dahingehend eingeht, dass er an der Verpflichtungserklärung auch zum Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis festhalten und dem Ausländer damit zur Legalisierung seines Aufenthalts für bis zu zwei weitere Jahre verhelfen wird. Dies dürfte den Verpflichtungsgeber auch in den Fällen dazu berechtigten, seine Verpflichtung zu kündigen, wenn die betreffenden Ausländer von einer Verlängerungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 1 AufenthG keinen Gebrauch machen, etwa weil sie mittlerweile ihr Aufenthaltsrecht aus einer anderen Norm ableiten.
86Die Kammer lässt deswegen dahinstehen, ob die Verpflichtungserklärungen aus diesem Grund dahingehend auszulegen sind, dass sie von vornherein auf den legalen Aufenthalt für bis zu zwei Jahre und einen sich anschließenden möglichen illegalen Aufenthalt begrenzt sind oder ob dem Verpflichtungsgeber ein Kündigungsrecht bezogen auf den Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zukommt. Denn für den vorliegenden Fall ist diese Frage nicht entscheidungserheblich. Hier würde die vom Verpflichtungsgeber ausgesprochene sinngemäße Kündigung nach den oben genannten Maßstäben erst zu einem Zeitpunkt wirksam werden, der nach dem Zeitraum liegt, für den die hier streitgegenständlichen öffentlichen Leistungen gezahlt wurden. Der betreffende Zeitraum liegt innerhalb von zwei Jahren nach der Einreise der Angehörigen des Verpflichtungsgebers und innerhalb des ursprünglich bestimmten Gültigkeitszeitraums der ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 AufenthG.
87VI. Zudem ist es weder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, vor der Einreise syrischer Flüchtlinge die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu verlangen, noch ist diese Erstattungspflicht im Hinblick auf die finanziellen Belastungen, die auf den Verpflichteten zukommen können, unverhältnismäßig,
88vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris, Rdn. 40 ff.
89Die Zustimmung zur Einreise syrischer Flüchtlinge davon abhängig zu machen, dass Obdach und Lebensunterhalt durch Private oder nichtstaatliche Stellen gewährt werden, ist von der Rechtsordnung gedeckt und beruht nicht auf einer sachwidrigen Ausnutzung staatlicher Übermacht. Das wäre nur der Fall, wenn die Flüchtlinge auch ohne gesicherten Lebensunterhalt einen gesetzlichen Anspruch auf Einreise und Erteilung eines Aufenthaltstitels hätten. Dies traf zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen auf die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers aber gerade nicht zu. Die Erteilung von Aufenthaltstiteln kommt nur unter den im Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzungen in Betracht. Dazu gehört bei Visa, wie sie den Angehörigen des Verpflichtungsgebers erteilt wurden, dass kein Regelversagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegt. Ein solcher ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers nicht gesichert ist. Im Übrigen dürfte ein Visum von Bürgerkriegsflüchtlingen bei nur für einen Kurzaufenthalt übernommener Kostenhaftung auch wegen mangelnder Rückkehrbereitschaft versagt werden (vgl. Art. 21 Abs. 1, 32 Abs. 1 a) iii) und b) Visakodex). Sofern die Landesanordnungen zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge voraussetzen, dass in Nordrhein-Westfalen lebende Verwandte oder Dritte sich bereit erklären, für den Lebensunterhalt der aufzunehmenden Flüchtlinge aufzukommen, ist hierin keine sachwidrige Koppelung einer staatlichen Vergünstigung an eine Gegenleistung zu sehen. Es geht vielmehr darum, die genannten Hindernisse für die Visumserteilung zu beseitigen und eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Mit der Abgabe einer Verpflichtungserklärung kann also der Behörde die Möglichkeit eröffnet werden, zugunsten der Ausländer zu entscheiden. Hierdurch wird weder unverhältnismäßiger Druck auf die in Deutschland lebenden Angehörigen syrischer Flüchtlinge ausgeübt, noch stellt dies die Ausnutzung einer staatlichen Machtstellung dar.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris (im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen).
91Ob nach Ablauf der Gültigkeit der nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen erteilten Aufenthaltserlaubnisse bei der Frage ihrer Verlängerung noch eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt gefordert werden dürfte, wenn zu diesem Zeitpunkt – wie hier – ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig von der Voraussetzung der Lebensunterhaltsicherung besteht, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung, da sich der streitgegenständliche Bescheid, wie ausgeführt, nicht auf einen solchen Zeitraum bezieht.
92Auch stellt sich die Übernahme der finanziellen Lasten durch den Verpflichtungsgeber vom Grundsatz her nicht als unverhältnismäßig dar. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet nicht, dass derjenige, der sich mit seiner Erklärung gemäß § 68 Abs. 1 AufenthG einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt hat, vollständig von seiner Erstattungspflicht nach § 68 AufenthG freigestellt bleibt. Dies stünde nicht im Einklang mit dem legitimen staatlichen Anliegen, Private und nichtstaatliche Stellen an den Kosten der Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu beteiligen, und würde den Gedanken der Solidarität als Grundlage der Landesaufnahmeregelungen in erheblichem Maße entwerten. Es entspricht vielmehr dem Gebot des angemessenen Ausgleichs, die finanziellen Risiken beiderseitig zu verteilen.
93Vgl. BVerwG vom 24. November 1998 – 1 C 33.97 –; VG Regensburg, Urteil vom 13. Februar 2013 ‑ 9 K 12/14 –, beide in juris.
94VII. Der Leistungsbescheid ist ferner nicht im Hinblick auf die Art und Höhe der zu erstattenden Kosten rechtswidrig. Sie entsprechen dem Haftungsumfang aus den Verpflichtungserklärungen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn das beklagte Jobcenter die Erstattung von öffentlichen Leistungen geltend machen würde, deren Erstattung nach den Verpflichtungserklärungen ausgenommen war. Das betrifft Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG. Derartige Leistungen sind jedoch nicht Gegenstand des Leistungsbescheides.
95Auch die Rechtmäßigkeit der Erbringung der Leistungen nach dem SGB II unterliegt keinen Zweifeln. Solche werden auch von den Klägern nicht geltend gemacht.
96VIII. Schließlich ist die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zur Erstattung der erbrachten Leistungen auch nicht ermessensfehlerhaft. Denn das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verlangen, dass die öffentliche Hand die ihr zustehenden Geldleistungsansprüche durchzusetzen hat. Von dieser Regel ist nur in atypischen Ausnahmefällen und unter Rücksichtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit abzusehen,
97BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10.12 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 – 18 A 539/15 – und vom 12. Oktober 2015 – 17 A 1137/14 –, beide nicht veröffentlicht.
98Diese Grundsätze sind auf die Erstattungspflicht aus § 68 Abs. 1 AufenthG zu übertragen. Demnach ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahin gehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte,
99vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 2013 – 13 LC 197/11 –, beide in juris.
100Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist die Bonität des Verpflichtungsgebers mit Vermerk auf Seite 2 der Verpflichtungserklärungen durch die Ausländerbehörde des I. kreises festgestellt und bescheinigt worden. Auch hat der Verpflichtungsgeber durch seine Unterschrift auf der Zusatzerklärung versichert, dass er auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu der Verpflichtung in der Lage war. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte für einen atypischen Fall, der die Inanspruchnahme des Verpflichtungsgebers als unzumutbar erscheinen ließe. Die Erstattungspflicht ist zwar durch eine politische Leitentscheidung einer obersten Landesbehörde in Form der Landesaufnahmeanordnung beeinflusst. Diese Behörde trifft aber keine Mitverantwortung an der Heranziehung zu den erbrachten Leistungen. Denn der Verpflichtungsgeber entscheidet eigenverantwortlich, ob er eine Verpflichtungserklärung abgeben möchte oder nicht. Soweit er nachträglich behauptete, er könne sich den Lebensunterhalt seiner Angehörigen nicht mehr leisten, fehlt es schon an einem hinreichend konkreten Tatsachenvortrag.
101C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO.
102Entgegen der Auffassung des beklagten Jobcenters sind Gerichtskosten ungeachtet des § 193 SGG zu erstatten. Diese Vorschrift ist schon nicht anwendbar, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte handelt, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Anwendbar sind demnach die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aber auch nicht aus § 188 VwGO. Denn der Streitgegenstand ist keiner der dort genannten Materien zuzuordnen. Der sachliche Schwerpunkt bei Streitsachen wegen Leistungsbescheiden nach § 68 Abs. 1 AufenthG liegt im Ausländerrecht, nicht im Sozialhilferecht,
103vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 188 Rdn. 6; BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 1999 ‑ 1 KSt 6/99, 1 C 16/99 –; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – 17 E 66/98 –, beide in juris.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
105Die Revision wird nach §§ 134 Abs. 1, Abs. 2, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter Übergehung der Berufungsinstanz als Sprungrevision zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Frage der Fortgeltung einer Verpflichtungserklärung bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt und betrifft eine Vielzahl von Fällen.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.
(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.
(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Jobcenter zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
1
Tatbestand:
3Die Kläger sind als Erbengemeinschaft in die Rechte und Pflichten des am 00.00.2015 verstorbenen Herrn Dr. U. L. (Verpflichtungsgeber) eingetreten. Dieser verpflichtete sich am 6. März 2014 gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises, für den Lebensunterhalt seiner Nichte, deren Ehemann und ihres Kindes (Angehörige bzw. Begünstigte), die sämtlich syrische Staatsangehörige sind, aufzukommen. Die Verpflichtungserklärungen umfassen ein ausgefülltes und vom Verpflichtungsgeber unterschriebenes Formular sowie eine vom Verpflichtungsgeber ebenfalls unterzeichnete Zusatzerklärung. Die Verpflichtungserklärungen nehmen die Haftung für Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG aus. Im Feld „Aufenthaltszweck“ ist auf dem Formular der Verpflichtungserklärungen keine Eintragung. Die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts ist mit „Dauer“ angegeben. Im Feld „Dauer der Verpflichtung“ heißt es: „vom Tag der voraussichtlichen Einreise am sofort bis zur Beendigung des Aufenthalts des o.g. Ausländers/in oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck.“ Laut der Zusatzerklärung soll sich die Verpflichtung unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch auf Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes erstrecken und im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann enden, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
4Die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers erhielten am 3. April 2014 ein nationales Visum zum längerfristigen Aufenthalt nach § 6 Abs. 3 AufenthG und reisten am 23. Juni 2014 erstmals in das Bundesgebiet ein. Sie erhielten am 10. Juli 2014 aufgrund der Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen (MIK), Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) vom 3. Februar 2014 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Diese war für die Nichte des Verpflichtungsgebers und ihr Kind bis zum 22. Juni 2016 und für ihren Ehemann bis zum 3. Oktober 2015 befristet. Sie wohnten zunächst in N. . Nach Asylantragstellung im November 2014 wurden sie mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 19. November 2014 der Stadt N1. zugewiesen.
5Im Dezember 2014 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den betreffenden Angehörigen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylVfG in der damals gültigen Fassung zu. Die Stadt N1. erteilte ihnen daraufhin am 9. Februar 2015 jeweils eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Ab dem 11. Februar 2015 erhielten sie durch das beklagte Jobcenter Leistungen nach dem SGB II.
6Mit Schreiben vom 18. März 2015 widerrief der Verpflichtungsgeber seine Verpflichtungserklärungen gegenüber dem beklagten Jobcenter, da er sich wegen der veränderten Aufenthaltssituation der Begünstigten und wegen des geänderten Aufenthaltszwecks nicht länger an seine Erklärung gebunden fühle.
7Mit Leistungsbescheid vom 3. September 2015 verlangte das beklagte Jobcenter von dem Verpflichtungsgeber die Erstattung von 8.832,75 Euro, die es für die Begünstigten vom 11. Februar 2015 bis zum 31. August 2015 nach dem SGB II aufgewendet habe. Zur Begründung trug es im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber aufgrund seiner Verpflichtungserklärungen zur Erstattung verpflichtet sei. Diese hätten weiterhin Bestand, da sich der Aufenthaltszweck der Begünstigten nicht wesentlich verändert habe.
8Entsprechend der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung legte der Verpflichtungsgeber am 11. September 2015 anwaltlich vertreten hiergegen Widerspruch ein. Diesen wies das beklagte Jobcenter mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 zurück. Zur Begründung verwies es auf seinen Bescheid vom 3. September 2015 und führte weiter aus, der Aufenthaltszweck sei sowohl bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 AufenthG als auch bei Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 AufenthG der Schutz der flüchtenden Menschen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 19. Oktober 2015, also am Tag nach dem Tod des Verpflichtungsgebers, an die im Widerspruchsverfahren bevollmächtigten Rechtsanwälte zur Post gegeben.
9Hiergegen haben die Kläger am Montag, dem 23. November 2015 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Verpflichtungsgeber nicht mehr aus den Verpflichtungserklärungen in Anspruch genommen werden könne, da mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG eine Zweckänderung stattgefunden habe. Eine solche liege vor, wenn sich die rechtliche Qualifikation des Aufenthaltstitels erheblich geändert habe. Während die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG auf einer Ermessensentscheidung beruhe, diene die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG der Verwirklichung des Grundrechts auf Asyl aus Art. 16a GG und des subjektiven Rechts aus Art. 24 Abs. 1 RL 2011/95/EU. Darüber hinaus könne nur die auf § 23 Abs. 1 AufenthG beruhende Aufenthaltserlaubnis von einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abhängig gemacht werden. Da der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG Anspruch auf staatliche Leistungen habe, beende deren Erteilung die Leistungspflicht nach § 68 AufenthG. Zudem werde die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG für eine längere Dauer erteilt als diejenige nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Eine Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen folge auch nicht aus dem Subsidiaritätsprinzip gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, da die Verpflichtungserklärungen keinen Anspruch der Begünstigten gegen den Erklärenden begründeten. Darüber hinaus verstoße die Fortgeltung gegen Art. 29 Abs. 1 der RL 2011/95/EU und das Gleichbehandlungsgebot, da die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, anerkannten Flüchtlingen die notwendige Sozialhilfe unter den gleichen Voraussetzungen zu gewähren wie eigenen Staatsangehörigen. Der Anspruch auf Sozialleistungen werde ausgehöhlt, wenn die jeweiligen Anspruchsteller befürchten müssten, dass der Verpflichtungsgeber in Regress genommen werde.
10Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
11den Bescheid des beklagten Jobcenters vom 3. September 2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 aufzuheben.
12Das beklagte Jobcenter beantragt schriftsätzlich,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht es sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid.
15Die Kläger haben sich mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2015 und vom 19. Januar 2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt. Ferner haben sie die Zulassung der Revision beantragt. Das beklagte Jobcenter hat mit Schriftsätzen vom 22. Januar 2016 und vom 19. Februar 2016 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.
16Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Jobcenters und der Ausländerbehörde der Stadt N1. Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Entscheidung ergeht trotz des Einverständnisses der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch die Kammer. Denn die Entscheidung, ob von der Möglichkeit des § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO Gebrauch gemacht wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts,
19Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 87a Rdn. 8.
20Das Gericht hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
21Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
23A. Die Klage ist zulässig.
24Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt sich nicht um eine den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG zugewiesene Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe oder des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), sondern um eine Streitigkeit nach dem Ausländer- und Aufenthaltsrecht,
25BSG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - B 8 AY 1/09 R -, juris.
26Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach § 42 Abs. 2 VwGO gemeinsam klagebefugt, da sie nach §§ 1922 Abs. 1, 1967, 2032 Abs. 1, 2058 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten des verstorbenen Verpflichtungsgebers als Gesamtschuldner haften. Die Zahlungspflicht aus dem streitgegenständlichen Bescheid zählt zu den Nachlassverbindlichkeiten, weil sie zu Lebzeiten des Erblassers entstanden ist.
27Die Mitglieder der Erbengemeinschaft sind nach §§ 61 Nr. 1, 1. Alt., 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO beteiligten- und gemeinsam prozessfähig.
28Das beklagte Jobcenter ist richtiger Klagegegner gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Es ist eine „gemeinsame Einrichtung“ im Sinne der §§ 6d, 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II und nimmt gemäß § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Es wird gerichtlich durch den Geschäftsführer vertreten, § 62 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 44d Abs. 1 Satz 2 SGB II.
29B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 3. September 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen daher die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
30Der Erstattungsanspruch folgt aus § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Nach Abs. 2 der Vorschrift bedarf die Verpflichtungserklärung der Schriftform; sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Dies befugt die öffentliche Stelle, die die Mittel aufgewendet hat, die Erstattung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend zu machen,
31BVerwG, Urteile vom 13. Februar 2014 - 1 C 4/13 - und vom 24. November 1998 - 1 C 33.97 - (zu § 84 AuslG 1990), beide in juris.
32Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.
33I. Der Verpflichtungsgeber hat sich gegenüber der nach § 71 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) zur Entgegennahme der Verpflichtungserklärungen zuständigen Ausländerbehörde des I. kreises am 6. März 2014 wirksam dazu verpflichtet, für die Leistungen zum Lebensunterhalt seiner ausländischen Angehörigen aufzukommen, um deren Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Die eigenhändig von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen entsprechen dem Schriftformerfordernis nach § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB.
34II. Die Verpflichtungserklärungen vom 6. März 2014 sind hinreichend bestimmt. Inhalt und Reichweite der von dem Verpflichtungsgeber eingegangenen Verpflichtungen lassen sich durch Auslegung anhand objektiver Umstände ermitteln (vgl. §§ 133, 157 BGB). Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Zeitraum, auf den sich die übernommene Verpflichtung zur Erstattung rechtmäßig erbrachter Sozialleistungen bezieht, obwohl dieser nicht durch die Angabe eines Datums oder einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Dauer eingegrenzt ist. Der Wortlaut der unter Verwendung eines bundeseinheitlichen Formulars abgegebenen Verpflichtungserklärungen bestimmt die Dauer der Verpflichtung vielmehr dahingehend, dass diese bis zur Beendigung des Aufenthalts des betreffenden Ausländers oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck eingegangen wird. Konkretisiert werden diese Angaben durch den Wortlaut der vom Verpflichtungsgeber unterzeichneten Zusatzerklärung. Danach erstreckt sich die Verpflichtung ausdrücklich unabhängig von der Dauer des zugrunde liegenden Aufenthaltstitels auf den gesamten sich der Einreise anschließenden Aufenthalt, auch für Zeiträume eines möglichen illegalen Aufenthaltes und endet im Regelfall mit dem Ende des vorgesehenen Gesamtaufenthaltes oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wurde.
35Es sind damit zwei Varianten bestimmt, die die übernommene Verpflichtung zeitlich begrenzen, nämlich einerseits das Ende des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in Deutschland und andererseits die Ersetzung des Aufenthaltszwecks durch einen anderen, für den ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird. Damit lässt sich die Dauer der übernommenen Verpflichtung hinreichend bestimmen, und zwar auch in Bezug auf die zweite Variante (Wechsel des Aufenthaltszwecks).
36Im Wege der Auslegung der Verpflichtungserklärungen anhand objektiver Umstände lässt sich mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln, auf welchen Aufenthaltszweck sich die Verpflichtungserklärungen beziehen. Zwar ist an der im Formular vorgesehenen Stelle für die Eintragung des Zwecks des Aufenthalts des betreffenden Ausländers in allen von dem Verpflichtungsgeber unterzeichneten Erklärungen keine Eintragung vorhanden und es ist lediglich mit der Eintragung „Dauer“ die jeweilige voraussichtliche Dauer des Aufenthalts angegeben. Hieraus lässt sich jedenfalls entnehmen, dass sich die Erklärungen nicht auf einen beabsichtigten Kurzaufenthalt, sondern auf die Verwirklichung eines dauerhaften Aufenthaltszwecks bezogen. Ergänzend sind für die Auslegung der Erklärungen die zur Aufnahme von syrischen Staatsangehörigen getroffenen Aufnahmeanordnungen des MIK vom 26. September 2013, Az. 15-39.12.03-1-13-100(2603) und vom 3. Februar 2014, Az. 15-39.12.03-1-13-346(2603) heranzuziehen,
37vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1 ff. und juris, Rdn. 30.
38Hieraus ergibt sich, dass der Zweck des Aufenthalts der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers, für die er die Verpflichtungserklärungen abgab, sowohl aus seiner Sicht als auch aus Sicht des Erklärungsempfängers (der zuständigen Ausländerbehörde), darin bestand, in Deutschland Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass die Verpflichtungserklärungen nach dem objektiv erkennbaren Willen des Verpflichtungsgebers dazu dienten, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums und einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den genannten Aufnahmeanordnungen an die betreffenden Angehörigen zu schaffen und auch aus Sicht des Erklärungsempfängers den Verpflichtungserklärungen allein in diesem Zusammenhang rechtliche Relevanz zukam. Der Verpflichtungsgeber und die Ausländerbehörde gingen objektiv erkennbar übereinstimmend davon aus, dass die Verpflichtungserklärungen nur zum Tragen kommen, falls die betreffenden Personen zu dem von den Aufnahmeanordnungen begünstigten Personenkreis zählen (syrische Staatsangehörige, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten).
39Vor diesem Hintergrund sind die Verpflichtungserklärungen des Verpflichtungsgebers dahingehend auszulegen, dass er sich verpflichtete, den Lebensunterhalt seiner betreffenden Angehörigen grundsätzlich für die Gesamtdauer des bürgerkriegsbedingten Aufenthalts zu tragen, und zwar unabhängig von der Ausgestaltung ihres Aufenthaltsrechts. Allein diese Auslegung wird dem Zweck der Verpflichtungserklärungen gerecht, die von den obersten Landesbehörden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern festgelegten Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt syrischer Staatangehöriger, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten, zu erfüllen,
40vgl. zur entsprechenden Auslegung von Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen: BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 32.
41Die Verpflichtung endet, wenn dieser bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen ins Auge gefasste Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dafür ein neuer Aufenthaltstitel erteilt wird.
42Eine Auslegung der Verpflichtungserklärungen dahingehend, dass die Verpflichtung nur für den Zeitraum bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach erfolgreichem Abschluss eines Asylverfahrens gelten sollte und der Verpflichtungsgeber für die Zeit nach Abschluss eines Asylverfahrens ausschließlich das wirtschaftliche Risiko des Scheiterns des Asylantrags übernimmt,
43so SG Detmold, Beschluss vom 2. April 2015 - S 2 SO 102/15 -, juris,
44scheidet aus. Bereits bei Abgabe der Erklärungen war objektiv absehbar, dass das Risiko des Scheiterns eines Asylantrags eines syrischen Staatsangehörigen, der mit einem auf der Grundlage der Aufnahmeanordnungen erteilten Visum legal nach Deutschland eingereist ist und zuvor noch kein Asylverfahren betrieben hatte, vernachlässigbar sein würde.
45Im Jahr 2014 erhielten 89 % der syrischen Asylantragsteller in Deutschland Schutz in Gestalt einer Asylanerkennung oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylG oder des subsidiären Schutzes i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG, wobei der Großteil der nicht in diesem Sinne erfolgreichen Asylverfahren (10,6 %) durch formelle Entscheidungen beendet wurden, also Entscheidungen nach dem Dublinverfahren, Verfahrenseinstellungen wegen Antragsrücknahme oder Entscheidungen im Folgeantragsverfahren, dass kein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird, Das Bundesamt in Zahlen 2014, S. 45, 49, abrufbar unter: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2014.html?nn=1694460.
46Eine in dem vorgenannten Sinne einschränkende Auslegung der Verpflichtungserklärungen kommt vor diesem Hintergrund nur dann in Betracht, wenn diese absehbar erhebliche Einschränkung der übernommenen Verpflichtung objektiv erkennbar im Wortlaut der Erklärungen oder aus dem Zusammenhang der Erklärungen mit den betreffenden Aufnahmeanordnungen zum Ausdruck gekommen wäre. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte. Insbesondere würde diese Auslegung auch dem Zweck der Verpflichtungserklärungen im Zusammenhang mit den Aufnahmeanordnungen nicht gerecht.
47III. Die Verpflichtungserklärungen erfassen auch den Zeitraum, für den das beklagte Jobcenter die Erstattung der geleisteten Sozialleistungen verlangt. Es ist bis zum Abschluss des hier streitgegenständlichen Zeitraumes kein Umstand eingetreten, der die mit den Verpflichtungserklärungen übernommene Erstattungspflicht entfallen ließe. Weder war der Aufenthalt der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland beendet, noch war der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck dieser Personen durch einen anderen ersetzt und hierfür eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.
481. Die Stellung der Asylanträge und die Flüchtlingsanerkennung der betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers vermögen – unabhängig davon, dass hiermit schon kein Wechsel des in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der obigen Auslegung in Bezug genommenen Aufenthaltszwecks verbunden sein dürfte – schon deswegen die Verpflichtung des Verpflichtungsgebers zur Kostenerstattung nicht zum Erlöschen zu bringen, weil für einen neuen Aufenthaltszweck jedenfalls noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Den Angehörigen wurde in dieser Zeit lediglich eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ausgestellt. Diese stellt keinen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar.
49Vgl. zur Frage der aufenthaltsrechtlichen Anerkennung eines Wechsels des Aufenthaltszwecks bei Asylantragstellung nach Einreise mit einem Besuchsvisum: BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 ‑ 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
502. Die vom Verpflichtungsgeber übernommene Verpflichtung wurde auch nicht mit Blick darauf beendet, dass den betreffenden Angehörigen am 9. Februar 2015 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt wurden. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt weder den Rückschluss darauf zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde (nachfolgend a), noch hat die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnisse selbst diese Konsequenz (nachfolgend b), noch bestehen im Übrigen hinreichende Anhaltspunkte für diese Annahme (nachfolgend c).
51a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 AufenthG lässt nicht den Rückschluss zu, dass der in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt wurde Denn der tatsächlich bestehende Aufenthaltszweck bestimmt sich nicht nach der Rechtsgrundlage, auf deren Grundlage eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Vielmehr ist das Bestehen eines bestimmten Aufenthaltszwecks Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
52Nach §§ 7, 8 AufenthG wird jede Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt. Hiervon ausgehend enthält das Aufenthaltsgesetz spezifische, auf bestimmte Aufenthaltszwecke zugeschnittene Regelungen, die mit unterschiedlichen Rechtsstellungen verbunden sein können. Bei der Frage, welche Regelung einschlägig ist, hat sich die Ausländerbehörde an dem mit dem Aufenthalt verfolgten Zweck und dem konkreten Lebenssachverhalt zu orientieren.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Januar 2010 – 18 A 1147/08 –, NRWE (zur Überleitung von Aufenthaltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz in solche nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG).
54Der Aufenthaltszweck ist nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen, aus denen der Ausländer seinen Anspruch auf Aufenthalt herleitet.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2007 – 1 C 43/06 –, juris, Rdn. 12.
56Die für die Bestimmung des Aufenthaltszwecks maßgeblichen Tatsachen bestehen unabhängig davon, ob und gegebenenfalls auf welcher rechtlichen Grundlage und für welche Gültigkeitsdauer dem betreffenden Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Geltungsdauer der mit Blick auf eine Verpflichtungserklärung erteilten Aufenthaltserlaubnis hat daher grundsätzlich keine entscheidende Bedeutung für die Frage, für welchen Aufenthaltszweck und für welche (Gesamt‑)Aufenthaltsdauer eine Verpflichtungserklärung gelten soll,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, BVerwGE 108, 1-21 und juris, Rdn. 34.
58Der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis kann zwar gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nachträglich verkürzt werden, wenn der Aufenthaltszweck, der ihrer Erteilung zugrunde lag, nachträglich entfallen ist. Der Aufenthaltszweck kann aber auch noch fortbestehen, obwohl der Gültigkeitszeitraum einer Aufenthaltserlaubnis beendet ist.
59b) Vor diesem Hintergrund hat auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, also einer anderen als der ursprünglich bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen in den Blick genommenen Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen, nicht die Konsequenz, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach obiger Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck entfallen und durch einen anderen ersetzt wurde. Dabei kann offen bleiben, ob der Aufenthaltszweck, der Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist, als ein „neuer Aufenthaltszweck“ zu qualifizieren ist gegenüber dem Aufenthaltszweck, der für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen vorausgesetzt wird. Denn ein solcher „neuer Aufenthaltszweck“ lässt den bisherigen Aufenthaltszweck nicht zwingend entfallen, sondern ist allenfalls als weiterer Aufenthaltszweck zu dem bisherigen hinzugetreten, so dass der neue Aufenthaltszweck den bisherigen nicht ersetzt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem neuen Aufenthaltszweck setzt nicht denklogisch voraus, dass der betreffende Ausländer den bisherigen Aufenthaltszweck aufgegeben hat. Vielmehr kann ein Ausländer mit seinem Aufenthalt in Deutschland auch mehrere Aufenthaltszwecke gleichzeitig verfolgen. Es ist sogar die Erteilung mehrerer Aufenthaltstitel kumulativ zulässig. Das dem Aufenthaltsgesetz zugrunde liegende Konzept unterschiedlicher Aufenthaltstitel mit jeweils eigenständigen Voraussetzungen und Rechtsfolgen schließt es nicht aus, dass einem Ausländer mehrere Aufenthaltstitel nebeneinander erteilt werden.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 – 1 B 1/14 ‑, juris, Rdn. 5.
61Der Aufenthaltszweck, auf den die Verpflichtungserklärungen Bezug nehmen, wird bestimmt durch die tatsächlichen Umstände des betreffenden Falles und nicht durch den Katalog der rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Aus diesem Grund entfällt der ursprünglich in den Verpflichtungserklärungen in Bezug genommene Aufenthaltszweck auch nicht deswegen, weil die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers nunmehr Aufenthaltserlaubnisse erhalten haben, die von der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unabhängig zu erteilen sind. Der Sinnzusammenhang einer Verpflichtungserklärung mit der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kann nicht zu einem haftungsbegrenzenden Tatbestandsmerkmal des § 68 AufenthG verstärkt werden,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 12.
63c) Bei Betrachtung der maßgeblichen Tatsachen, die den Grund für den Aufenthalt der Angehörigen des Verpflichtungsgebers in Deutschland bilden, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der in den Verpflichtungserklärungen nach dem Ergebnis der Auslegung in Bezug genommene Aufenthaltszweck vor dem Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraums entfallen ist und durch einen neuen ersetzt wurde. Der Aufenthaltszweck entfällt, wenn er verwirklicht worden ist, wenn seine Verwirklichung dem Ausländer innerhalb eines angemessenen Zeitraums aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist oder wenn der Ausländer die Verwirklichung aufgegeben hat.
64Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2015, § 7 Rdn. 452; Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2016, § 7 Rdn. 28, 30.
65Der Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten, besteht nach diesen Maßstäben unabhängig von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fort. Er ist durch Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis weder unmöglich gemacht noch abschließend verwirklicht worden. Jedenfalls für die Zeit, in der die Kriegshandlungen in Syrien noch andauern, ist weder von einer Unmöglichkeit noch von einer abschließenden Zweckerreichung auszugehen.
66Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Angehörigen des Verpflichtungsgebers die Verwirklichung dieses Zwecks aufgegeben haben. Insbesondere ist mit dem Wunsch der Angehörigen des Verpflichtungsgebers, sich nunmehr in Deutschland eine berufliche Existenz aufbauen wollen, keine Aufgabe des ursprünglichen Zwecks und dessen Ersetzen durch einen neuen Aufenthaltszweck verbunden. Denn die Schaffung einer beruflichen Existenz ist im Rahmen eines längerfristigen Aufenthaltes im Bundesgebiet durchaus typisch und steht nicht in Konkurrenz zu dem Aufenthaltszweck, Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien zu erhalten. Wie zu entscheiden wäre, wenn der Zweck, einer bestimmten Erwerbstätigkeit nachzugehen, den Aufenthaltszweck der Angehörigen in der Weise prägen würde, dass der Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien dahinter zurückträte, und für diesen Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden wäre (vgl. Abschnitt 4 des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes), bedarf hier keiner Entscheidung.
67IV. Die Fortgeltung der Verpflichtungserklärungen für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum verstößt ferner nicht gegen völker- und unionsrechtliche Regelungen. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. 1953 II, S. 560) noch gegen die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie, ABl. EU L 337, S. 9), vor. Diese Regelungen wirken sich nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verpflichtungsgeber und dem beklagten Jobcenter aus,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 1 C 4/13 –, juris, Rdn. 15.
69Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen Art. 29 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie vor. Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Dies ist vorliegend gewährleistet. Denn die Angehörigen des Verpflichtungsgebers haben als hilfebedürftige Personen und anerkannte Schutzberechtigte einen unbeschränkten Zugang zu Sozialleistungen.
70Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist Sozialhilfe hilfebedürftigen Personen zu gewähren. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Unterstützungshandlungen durch Angehörige stellen zu berücksichtigendes Einkommen dar. Die Hilfebedürftigkeit entfällt aber nur, wenn diese Geldmittel dauerhaft beim Empfänger verbleiben. Es werden mithin nur Mittel erfasst, die tatsächlich zur Verfügung stehen,
71Karl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 9 Rdn. 50, 51.
72Die Leistungen aus einer Verpflichtungserklärung stehen dem Ausländer aber gerade nicht zur Verfügung. Denn er hat keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Verpflichtungsgeber. Die Vorschrift des § 68 AufenthG regelt nur die Regressmöglichkeiten der Behörde gegenüber dem Verpflichtungsgeber, nicht aber etwaige Ansprüche zwischen ihm und dem Ausländer, für den die Verpflichtungserklärung gilt,
73vgl. BT-Drucksache 11/6321, S. 84; BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10/12 –, juris; BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 8 AY 1/09 R –, juris.
74Die Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers hat mithin keinen Einfluss auf den Sozialhilfeanspruch des Ausländers und führt insbesondere nicht zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu Inländern,
75vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000 – 5 C 29/98 –, juris.
76Dass sich ein Ausländer, für den eine Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, auf Grund der Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers veranlasst sehen könnte, von einem Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen abzusehen, begründet auch unter dem unionsrechtlichen Gesichtspunkt des „effet utile“ nicht die Annahme einer rechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung. Denn der betreffende Ausländer, der mit einem aufgrund einer Verpflichtungserklärung erteilten Visum nach Deutschland einreist, wird hierdurch nicht unzumutbar in der Freiheit seiner Willensbildung beeinträchtigt, einen Antrag auf Sozialleistungen zu stellen.
77V. Ferner sind die Verpflichtungserklärungen nicht durch einseitige Erklärung des Verpflichtungsgebers für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum erloschen. Insbesondere brachte der von ihm mit Schreiben vom 18. März 2015 erklärte „Widerruf“ die Verpflichtung nicht zum Erlöschen.
781. Da es sich bei der Verpflichtungserklärung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, ist deren Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB nur gegenüber der empfangsberechtigten Ausländerbehörde und nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, bis sie der Ausländerbehörde zugegangen ist,
79vgl. VG München, Urteil vom 18. Januar 2012 – M 9 K 10.6262 –, juris, Rdn. 17.
80Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verpflichtungsgeber die Erklärung unter einem Widerrufsvorbehalt abgegeben hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Widerruf ist nach diesen Maßstäben verspätet. Er ist erst über ein Jahr, nachdem die Verpflichtungserklärungen gegenüber der Ausländerbehörde des I. kreises abgegeben worden waren, erklärt worden – und zudem gegenüber dem beklagten Jobcenter.
812. Der Widerruf ist auch nicht in eine Anfechtung entsprechend §§ 119 ff. BGB umzudeuten. Es fehlt schon an einem Anfechtungsgrund. Nach § 119 Abs. 1 BGB kommt eine Anfechtung in Betracht, wenn der Erklärende bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
82So liegt der Fall hier nicht. Der Verpflichtungsgeber trug in seinem „Widerruf“ vor, er habe die Verpflichtungserklärungen abgegeben, damit seine Verwandten aus dem Bürgerkriegsgebiet Aleppo ausreisen und Aufnahme in Deutschland finden könnten. Voraussetzung seiner Verpflichtung sei gewesen, dass er ihre Krankenkosten nicht übernehmen müsse, er sie in einer besonderen, von ihm angemieteten Wohnung unterbringen und mit ihnen wirtschaften könne und dass die Aufnahme auf einen überschaubaren Zeitraum begrenzt sein würde. Aus den Verpflichtungserklärungen selbst geht eine solche Beschränkung der Haftung jedoch nicht hervor. Auch ergeben sich aus den Verwaltungsvorgängen keine Anhaltspunkte für eine entsprechende, fehlerhafte Belehrung durch die Ausländerbehörde. Der Verpflichtungsgeber mag vielmehr einem unbeachtlichen, lediglich die Folgewirkung seiner Erklärung umfassenden Irrtum unterlegen sein.
83Vgl. hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Dezember 2011 – 27 K 5562/10 –, nicht veröffentlicht; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), GK-AufenthG, März 2012, § 68 Rdn. 25; Ellenberger, in: Palandt, 72. Aufl., § 119 Rdn. 29.
843. Auch kommt eine Kündigung der Verpflichtungserklärungen mit Wirksamkeit für den die Kostenerstattung betreffenden Zeitraum nicht in Betracht. Dem Verpflichtungsgeber stand weder von Gesetzes wegen noch nach verständiger Würdigung der abgegebenen Verpflichtungserklärungen für diesen Zeitraum ein Kündigungsrecht zu. Insbesondere können die Verpflichtungserklärungen, wie dargelegt, nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Verpflichtungsgeber nur im Hinblick auf die Haftung für Kosten des Lebensunterhalts der betreffenden Ausländer ab deren Einreise für die Dauer des Asylverfahrens und bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG binde. Die Einräumung eines Kündigungsrechts für diesen Fall würde jedoch zu einer von den Beteiligten nicht vereinbarten Möglichkeit der Haftungsbeschränkung führen.
85Offenbleiben kann, ob dem Verpflichtungsgeber für einen späteren Zeitpunkt ein Kündigungsrecht zusteht. Aus der Tatsache, dass den Verpflichtungserklärungen nach dem übereinstimmenden Verständnis des Erklärenden und des Erklärungsempfängers allein mit Blick auf die Aufnahmeanordnungen vom 26. September 2013 und vom 3. Februar 2014 rechtliche Bedeutung zukommt, dürfte nämlich zu folgern sein, dass sich der Verpflichtungsgeber nicht für Zeiträume unwiderruflich binden wollte, für die den Verpflichtungserklärungen zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtliche Relevanz zukommen konnte. Dies dürfte anzunehmen sein für die Zeit eines legalen Aufenthalts des betreffenden Ausländers nach Ablauf der zunächst nach den Aufnahmeanordnungen auf maximal zwei Jahre zu befristenden Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Denn diese Aufenthaltserlaubnis wird nur verlängert, wenn bei Ablauf ihrer Gültigkeit die für die erstmalige Erteilung geltenden Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Die Ausländerbehörde behält sich damit eine neuerliche Prüfung zu diesem Zeitpunkt vor. Fehlt es zum Verlängerungszeitpunkt an einer Voraussetzung, so haftet der Verpflichtungsgeber aus der ursprünglichen Verpflichtungserklärung nur noch für einen möglichen weiteren illegalen Aufenthalt des betreffenden Ausländers. Hieraus dürfte zu schließen sein, dass er bei Abgabe der Verpflichtungserklärung keine unwiderrufliche Bindung dahingehend eingeht, dass er an der Verpflichtungserklärung auch zum Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis festhalten und dem Ausländer damit zur Legalisierung seines Aufenthalts für bis zu zwei weitere Jahre verhelfen wird. Dies dürfte den Verpflichtungsgeber auch in den Fällen dazu berechtigten, seine Verpflichtung zu kündigen, wenn die betreffenden Ausländer von einer Verlängerungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 1 AufenthG keinen Gebrauch machen, etwa weil sie mittlerweile ihr Aufenthaltsrecht aus einer anderen Norm ableiten.
86Die Kammer lässt deswegen dahinstehen, ob die Verpflichtungserklärungen aus diesem Grund dahingehend auszulegen sind, dass sie von vornherein auf den legalen Aufenthalt für bis zu zwei Jahre und einen sich anschließenden möglichen illegalen Aufenthalt begrenzt sind oder ob dem Verpflichtungsgeber ein Kündigungsrecht bezogen auf den Zeitpunkt einer eventuellen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zukommt. Denn für den vorliegenden Fall ist diese Frage nicht entscheidungserheblich. Hier würde die vom Verpflichtungsgeber ausgesprochene sinngemäße Kündigung nach den oben genannten Maßstäben erst zu einem Zeitpunkt wirksam werden, der nach dem Zeitraum liegt, für den die hier streitgegenständlichen öffentlichen Leistungen gezahlt wurden. Der betreffende Zeitraum liegt innerhalb von zwei Jahren nach der Einreise der Angehörigen des Verpflichtungsgebers und innerhalb des ursprünglich bestimmten Gültigkeitszeitraums der ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 AufenthG.
87VI. Zudem ist es weder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, vor der Einreise syrischer Flüchtlinge die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu verlangen, noch ist diese Erstattungspflicht im Hinblick auf die finanziellen Belastungen, die auf den Verpflichteten zukommen können, unverhältnismäßig,
88vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris, Rdn. 40 ff.
89Die Zustimmung zur Einreise syrischer Flüchtlinge davon abhängig zu machen, dass Obdach und Lebensunterhalt durch Private oder nichtstaatliche Stellen gewährt werden, ist von der Rechtsordnung gedeckt und beruht nicht auf einer sachwidrigen Ausnutzung staatlicher Übermacht. Das wäre nur der Fall, wenn die Flüchtlinge auch ohne gesicherten Lebensunterhalt einen gesetzlichen Anspruch auf Einreise und Erteilung eines Aufenthaltstitels hätten. Dies traf zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen auf die betreffenden Angehörigen des Verpflichtungsgebers aber gerade nicht zu. Die Erteilung von Aufenthaltstiteln kommt nur unter den im Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzungen in Betracht. Dazu gehört bei Visa, wie sie den Angehörigen des Verpflichtungsgebers erteilt wurden, dass kein Regelversagungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegt. Ein solcher ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers nicht gesichert ist. Im Übrigen dürfte ein Visum von Bürgerkriegsflüchtlingen bei nur für einen Kurzaufenthalt übernommener Kostenhaftung auch wegen mangelnder Rückkehrbereitschaft versagt werden (vgl. Art. 21 Abs. 1, 32 Abs. 1 a) iii) und b) Visakodex). Sofern die Landesanordnungen zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge voraussetzen, dass in Nordrhein-Westfalen lebende Verwandte oder Dritte sich bereit erklären, für den Lebensunterhalt der aufzunehmenden Flüchtlinge aufzukommen, ist hierin keine sachwidrige Koppelung einer staatlichen Vergünstigung an eine Gegenleistung zu sehen. Es geht vielmehr darum, die genannten Hindernisse für die Visumserteilung zu beseitigen und eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Mit der Abgabe einer Verpflichtungserklärung kann also der Behörde die Möglichkeit eröffnet werden, zugunsten der Ausländer zu entscheiden. Hierdurch wird weder unverhältnismäßiger Druck auf die in Deutschland lebenden Angehörigen syrischer Flüchtlinge ausgeübt, noch stellt dies die Ausnutzung einer staatlichen Machtstellung dar.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –, juris (im Hinblick auf die zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina getroffenen Regelungen).
91Ob nach Ablauf der Gültigkeit der nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Aufnahmeanordnungen erteilten Aufenthaltserlaubnisse bei der Frage ihrer Verlängerung noch eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt gefordert werden dürfte, wenn zu diesem Zeitpunkt – wie hier – ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig von der Voraussetzung der Lebensunterhaltsicherung besteht, erscheint zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung, da sich der streitgegenständliche Bescheid, wie ausgeführt, nicht auf einen solchen Zeitraum bezieht.
92Auch stellt sich die Übernahme der finanziellen Lasten durch den Verpflichtungsgeber vom Grundsatz her nicht als unverhältnismäßig dar. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet nicht, dass derjenige, der sich mit seiner Erklärung gemäß § 68 Abs. 1 AufenthG einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt hat, vollständig von seiner Erstattungspflicht nach § 68 AufenthG freigestellt bleibt. Dies stünde nicht im Einklang mit dem legitimen staatlichen Anliegen, Private und nichtstaatliche Stellen an den Kosten der Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu beteiligen, und würde den Gedanken der Solidarität als Grundlage der Landesaufnahmeregelungen in erheblichem Maße entwerten. Es entspricht vielmehr dem Gebot des angemessenen Ausgleichs, die finanziellen Risiken beiderseitig zu verteilen.
93Vgl. BVerwG vom 24. November 1998 – 1 C 33.97 –; VG Regensburg, Urteil vom 13. Februar 2013 ‑ 9 K 12/14 –, beide in juris.
94VII. Der Leistungsbescheid ist ferner nicht im Hinblick auf die Art und Höhe der zu erstattenden Kosten rechtswidrig. Sie entsprechen dem Haftungsumfang aus den Verpflichtungserklärungen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn das beklagte Jobcenter die Erstattung von öffentlichen Leistungen geltend machen würde, deren Erstattung nach den Verpflichtungserklärungen ausgenommen war. Das betrifft Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 4, 6 AsylbLG. Derartige Leistungen sind jedoch nicht Gegenstand des Leistungsbescheides.
95Auch die Rechtmäßigkeit der Erbringung der Leistungen nach dem SGB II unterliegt keinen Zweifeln. Solche werden auch von den Klägern nicht geltend gemacht.
96VIII. Schließlich ist die Heranziehung des Verpflichtungsgebers zur Erstattung der erbrachten Leistungen auch nicht ermessensfehlerhaft. Denn das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verlangen, dass die öffentliche Hand die ihr zustehenden Geldleistungsansprüche durchzusetzen hat. Von dieser Regel ist nur in atypischen Ausnahmefällen und unter Rücksichtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit abzusehen,
97BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 10.12 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 – 18 A 539/15 – und vom 12. Oktober 2015 – 17 A 1137/14 –, beide nicht veröffentlicht.
98Diese Grundsätze sind auf die Erstattungspflicht aus § 68 Abs. 1 AufenthG zu übertragen. Demnach ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahin gehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte,
99vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 – 1 C 33/97 –; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. November 2013 – 13 LC 197/11 –, beide in juris.
100Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere ist die Bonität des Verpflichtungsgebers mit Vermerk auf Seite 2 der Verpflichtungserklärungen durch die Ausländerbehörde des I. kreises festgestellt und bescheinigt worden. Auch hat der Verpflichtungsgeber durch seine Unterschrift auf der Zusatzerklärung versichert, dass er auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu der Verpflichtung in der Lage war. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte für einen atypischen Fall, der die Inanspruchnahme des Verpflichtungsgebers als unzumutbar erscheinen ließe. Die Erstattungspflicht ist zwar durch eine politische Leitentscheidung einer obersten Landesbehörde in Form der Landesaufnahmeanordnung beeinflusst. Diese Behörde trifft aber keine Mitverantwortung an der Heranziehung zu den erbrachten Leistungen. Denn der Verpflichtungsgeber entscheidet eigenverantwortlich, ob er eine Verpflichtungserklärung abgeben möchte oder nicht. Soweit er nachträglich behauptete, er könne sich den Lebensunterhalt seiner Angehörigen nicht mehr leisten, fehlt es schon an einem hinreichend konkreten Tatsachenvortrag.
101C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO.
102Entgegen der Auffassung des beklagten Jobcenters sind Gerichtskosten ungeachtet des § 193 SGG zu erstatten. Diese Vorschrift ist schon nicht anwendbar, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte handelt, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Anwendbar sind demnach die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aber auch nicht aus § 188 VwGO. Denn der Streitgegenstand ist keiner der dort genannten Materien zuzuordnen. Der sachliche Schwerpunkt bei Streitsachen wegen Leistungsbescheiden nach § 68 Abs. 1 AufenthG liegt im Ausländerrecht, nicht im Sozialhilferecht,
103vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 188 Rdn. 6; BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 1999 ‑ 1 KSt 6/99, 1 C 16/99 –; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 1998 – 17 E 66/98 –, beide in juris.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
105Die Revision wird nach §§ 134 Abs. 1, Abs. 2, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter Übergehung der Berufungsinstanz als Sprungrevision zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Frage der Fortgeltung einer Verpflichtungserklärung bei Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt und betrifft eine Vielzahl von Fällen.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.