Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Sept. 2016 - 19 K 335/15
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, den Beitragsbescheid vom 03.12.2013 aufzuheben, soweit mit diesem für die Betreuung des Sohnes der Kläger für die Zeit vom 01.08.2014 bis zum 31.07.2015 Elternbeiträge festgesetzt werden.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckenden Betrages leisten.
1
Tatbestand
2Die Kläger sind die Eltern der am 00.00.2009 geborenen N. und des am 00.00.2011 geborenen K. .
3N. wurde zunächst durch eine Tagespflegeperson betreut und besuchte ab Oktober 2011 die städtische Kindertageseinrichtung „J. H. X. 00“ der Beklagten im Umfang von 45 Wochenstunden, im Kindergartenjahr 2014/2015 als sog. Vorschulkind. Auch der Sohn K. wurde zunächst in der Tagespflege betreut. Er besucht seit August 2013 die städtische Kindertageseinrichtung „J. H1. X. 00“ der Beklagten im Umfang von 45 Stunden.
4Mit „verbindlicher Erklärung“ vom 07.08.2013 gaben die Eltern ihre gemeinsamen Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit (als Beamter, Soldat, Abgeordneter, Richter oder Hochschullehrer) in der Einkommensstufe über 73.626,00 Euro bis 85.897,00 Euro an.
5Mit Änderungsbescheid vom 03.12.2013 wurden die Elternbeiträge für Januar bis Juli 2013 mit monatlich 324,00 Euro (N. ), von August 2013 bis März 2014 mit monatlich 383,00 Euro (K. , U3) und von April 2014 bis Juli 2016 mit 324,00 Euro monatlich (K. , Ü3) neu festgesetzt. Dabei wurde ein gemeinsames Einkommen der Kläger von über 73.626,00 Euro bis 85.897,00 Euro zugrunde gelegt.
6Die Kläger wandten sich mit E-Mail vom 11.07.2014 an eine Mitarbeiterin der Beklagten und wiesen auf die Kostenfreiheit der Kinderbetreuung für das kommende Kindergartenjahr auf der Grundlage des zum 01.08.2014 geänderten Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz NRW) hin. Sie baten um Erläuterung, wie ab dem 01.08.2014 verfahren werden solle. Telefonisch wurde am 23.07.2014 laut Vermerk besprochen, dass die Zahlungen zunächst weiter auf der Grundlage des letzten Bescheides erfolgen sollten.
7Mit weiterer E-Mail vom 28.08.2014 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass das sog. Geschwisterprivileg in die Regelungskompetenz des Satzungsgebers falle und das Landesfamilienministerium NRW über den Städtetag NRW klargestellt habe, dass mit § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW keine Geschwisterkindbefreiung für Eltern, bei denen sich Kinder im letzten Kindergartenjahr befänden, „erzwungen“ werden sollte. Das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Beklagten habe sich dafür entschieden, das Festsetzungsverfahren wie bisher fortzuführen. Es verbleibe daher bei der Beitragspflicht auch im Kindergartenjahr 2014/2015. Der begehrte Änderungsbescheid könne daher nicht erlassen werden.
8Mit Schreiben vom 11.09.2014, eingegangen bei der Beklagten am 18.09.2014, beantragten die Kläger, den Bescheid vom 03.12.2013 aufzuheben und einen neuen, korrigierten Bescheid unter Beachtung von § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW rückwirkend zum 01.08.2014 zu erstellen. Zur Begründung führten sie aus, dass sie die Argumentation in der E-Mail vom 28.08.2014 für rechtswidrig hielten. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung zwingend vorgesehen, dass bei Geschwisterregelungen Kinder, deren Tagesbetreuung als Vorschulkind beitragsfrei ist, so zu berücksichtigen seien, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Das Gesetz sei als höherrangiges Recht bei der Auslegung der Beitragssatzung zwingend anzuwenden. Somit sei N. im letzten Jahr vor der Einschulung zu berücksichtigen, als wenn für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Daher greife für den Sohn K. das Geschwisterkinderprivileg mit der Folge, dass für beide Kinder keine Elternbeiträge anfielen.
9Mit Schreiben vom 26.09.2014 teilte die Beklagte mit, dass der Vorgang derzeit von vorgesetzter Stelle geprüft und man nach Abschluss dessen unaufgefordert auf die Kläger zurück kommen werde. Auf die Erinnerung der Kläger vom 07.11.2014 teilte die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 17.11.2014 mit, dass eine Entscheidung weiterhin ausstehe und man sich in Gesprächen mit dem Städtetag NRW und dem Landesfamilienministerium befinde.
10Die Kläger haben am 20.01.2015 Klage erhoben.
11Sie machen zunächst geltend, dass die Klage als Untätigkeitsklage zulässig sei. Wegen der Änderung der Sach- und Rechtslage könne auch eine Abänderung des Bescheids verlangt werden. Die Regelung in der Satzung der Beklagten sei mit der zum 01.08.2014 in Kraft getretenen Regelung in § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW nicht länger vereinbar. Zwar könne sich der Satzungsgeber entscheiden, ob er eine Geschwisterregelung einführe. Wenn er sich dafür entscheide, sei er bei deren inhaltlicher Ausgestaltung aber an höherrangiges Recht und damit an § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW mit der darin enthaltenen Leistungsfiktion für das beitragsfreie Vorschulkind gebunden. Dies entspreche auch der Intention des Gesetzgebers. Denn das Primärinstrument des KiBiz NRW, mittels einer finanziellen Anreizwirkung die Wahrnehmung von Betreuungsangeboten zu fördern, würde konterkariert, wenn man die Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW lediglich als Klarstellung in Bezug auf die grundsätzliche Eröffnung des Anwendungsbereichs kommunaler Geschwisterprivilegien auffasste. Diese Rechtsauffassung werde durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18.06.2015 (Az. 24 K 6060/14) und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 07.06.2016 (Az. 12 A 1756/15) bestätigt.
12Die Kläger beantragen,
13die Beklagte zu verpflichten, den Beitragsbescheid vom 03.12.2013 aufzuheben, soweit mit ihm für die Betreuung ihres Sohnes in der Zeit vom 01.08.2014 bis zum 31.07.2015 Elternbeiträge festgesetzt werden.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie rügt zunächst die Zulässigkeit der Klage. Statthafte Klage für das Aufhebungsbegehren der Kläger sei ausschließlich die Anfechtungsklage. Diese könne nicht mehr erhoben werden, da der Bescheid vom 03.12.2013 bestandskräftig sei.
17In der Sache macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, dass der Landesgesetzgeber von der Möglichkeit, die Beitragsfreiheit auch für Geschwisterkinder selbst durch Gesetz zu regeln, abgesehen habe. Es liege daher nach wie vor in der Hand der Beklagten zu entscheiden, ob überhaupt eine Befreiung für Geschwisterkinder erfolgen solle. Eine Geschwisterregelung im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW müsse die Satzung nicht enthalten. Bereits bei der Einführung der Beitragsfreiheit für das Vorschulkind habe der Rat bei der Satzungsänderung auf der Grundlage der Beschlussvorlage beschlossen, dass in Fällen der Beitragsbefreiung des Vorschulkindes der Elternbeitrag für das verbleibende Kind mit dem dann höchsten Beitrag zu erheben sein soll. Dies entspreche dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers. Die Rechtslage habe sich auch nicht geändert, da die Änderung nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich eine gesetzliche Klarstellung sei. Die Auffassung der Beklagten werde gestützt durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10.04.2015 (Az. 8 K 154/15). Die streitgegenständliche Satzung unterscheide sich inhaltlich von der Satzung, die Gegenstand der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18.06.2015 (Az. 24 K 6060/14) und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 07.06.2016 (Az. 12 A 1756/15) gewesen sei. Denn die Geschwisterprivilegierung der Beklagten greife nur, wenn mehrere Kinder, für die grundsätzlich eine Beitragspflicht bestehe, gleichzeitig Kinderbetreuungsangebote in Anspruch nehmen würden. Dadurch sei klargestellt, dass die Geschwisterregelung keine Vorschulkinder erfasse, da diese von der Beitragspflicht von Gesetzes wegen ausgenommen seien.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die Klage ist zulässig.
21Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO zulässig, insbesondere statthaft. Sie ist gerichtet auf die Abänderung bzw. teilweise Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der mit der Anfechtungsklage nicht mehr angegriffen werden kann. Dieses Begehren ist mit der Verpflichtungsklage zu verfolgen. Auch die Voraussetzungen von § 75 VwGO sind erfüllt. Die Beklagte hat über den Antrag der Kläger ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht sachlich entschieden.
22Die Klage ist auch begründet.
23Die Kläger haben einen Anspruch auf die Aufhebung des Elternbeitragsbescheides vom 03.12.2013, soweit darin Elternbeiträge für das Kindergartenjahr 2014/2015 festgesetzt werden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
24Anspruchsgrundlage für das Begehren der Kläger ist § 48 Abs. 1 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt ist.
25Eine solche wesentliche Änderung zugunsten der Betroffenen liegt hier vor. Es ist eine Änderung der Rechtslage eingetreten, die sich zugunsten der Kläger auswirkt.
26Die Veranlagung der Kläger zu Elternbeiträgen für die Betreuung ihrer Kinder N. und K. durch Bescheid vom 03.12.2013 beruht auf den Bestimmungen der auf der Grundlage von § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 bis 4 SGB VIII i.V.m. § 23 Abs. 1 und 5 des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz NRW) in der Fassung vom 25.07.2011 (a.F.) ergangenen Beitragssatzung der Beklagen in der Fassung der Änderungssatzung vom 19.09.2011 (im Folgenden: Elternbeitragssatzung a.F.).
27Nach § 3 Elternbeitragssatzung a.F. sind die Kläger beitragspflichtig. Der Elternbeitrag fällt danach unter anderem für die Bereitstellung eines Platzes in einer Kindertageseinrichtung an. Die Höhe des Elternbeitrages richtet sich dabei nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Höhe des Beitrages ergibt sich aus der Anlage zu § 3. In dem Zeitraum von August 2014 bis Juli 2015 wurden beide Kinder der Kläger in der Kindertageseinrichtung „J. H2. X. 00“ im Umfang von 45 Wochenstunden betreut. In der zugrunde gelegten Einkommensstufe 7 – die zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit steht – fällt ein monatlicher Elternbeitrag in Höhe von 324,00 Euro an. Weiter heißt es in § 3 Abs. 1 der Elternbeitragssatzung a.F., dass gemäß Art. 1 Nr. 15 des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes für Kinder, die am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werden, in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht, die Inanspruchnahme von Angeboten der Kindertageseinrichtungen beitragsfrei ist. Die Geschwisterregelung sieht in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. vor, dass die Beitragspflicht nur für ein Kind ausgelöst wird, wenn mehrere Kinder einer Familie, für die grundsätzlich eine Beitragspflicht besteht, gleichzeitig Einrichtungen oder Angebote im Sinne von § 1 dieser Satzung in Anspruch nehmen. Die Beitragspflicht wird ausgelöst für dasjenige Kind, für das der höchste Beitrag zu zahlen ist.
28Auf dieser Grundlage hat die Beklagte damals rechtsfehlerfrei den Elternbeitrag in Höhe von 324,00 Euro monatlich festgesetzt und zwar für die Betreuung von K. . N. war als Vorschulkind beitragsfrei. Nach der Regelung in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. war K. nicht von der Geschwisterprivilegierung erfasst. Denn mit der Formulierung „für die grundsätzlich eine Beitragspflicht besteht“ hat der Satzungsgeber erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass eine Geschwisterbefreiung nur für die Fälle in Betracht kommen soll, in denen Eltern – ohne Anwendung der satzungsrechtlich vorgesehenen Geschwisterbefreiung – für mehrere Kinder satzungsrechtlich beitragspflichtig wären. Diese Auslegung wurde ferner durch die Auswahlregelung bestätigt, die nur dann sinnvoll ist, wenn mehrere Kinder einer Familie satzungsrechtlich der Beitragspflicht unterliegen. Auch die Entstehungsgeschichte der Satzungsänderung bestätigte dies. Dort hieß es in der Beschlussvorlage wörtlich:
29„Mit Blick auf die Gleichbehandlung aller Bonner Familien schlägt die Verwaltung vor, bei Familien mit mehreren Kindern in zeitgleicher Betreuung, die bisher einen Elternbeitrag für das „Vorschulkind“ zu zahlen hatten und davon jetzt befreit werden, einen Elternbeitrag für das verbleibende Kind mit dem dann höchsten Beitrag zu erheben.“
30Die so verstandene Regelung war auch mit höherrangigem Recht, insbesondere mit der damaligen Regelung in § 23 Abs. 3 KiBiz NRW, vereinbar. Mit dieser gesetzlich angeordneten Beitragsfreistellung wollte der Gesetzgeber erkennbar erreichen, dass eine landesweite – nicht nur auf einzelne Kommunen bezogene – Beitragsfreistellung von Vorschulkindern erfolgt. Die Kommunen waren – nach dem damaligen Verständnis in der Rechtsprechung – nicht gehalten, den in § 21 Abs. 10 KiBiz NRW vorgesehenen Landeszuschuss an die Kommunen durch eine Erweiterung der bestehenden satzungsrechtlichen Beitragsbefreiungen an die Eltern in ihrem Stadtgebiet weiterzugeben. Demnach war die Beibehaltung der Geschwisterermäßigung, die eine Beitragsfreistellung nur für den Fall vorsah, dass mehrere Kinder einer Familie zeitgleich beitragspflichtig Betreuungsangebote in Anspruch nehmen, von der Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers gedeckt.
31Vgl. dazu insgesamt VG Köln, Urteil vom 24.09.2012 – 19 K 6126/11 – juris; bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 24.01.2013 – 12 A 2492/12 – juris.
32Eine Satzungsänderung ist für das Kindergartenjahr 2014/2015 nicht eingetreten. Erst mit Wirkung zum 01.08.2015 ist die Elternbeitragssatzung durch die Satzung vom 23.10.2015 (zwischenzeitlich mit Wirkung zum 01.08.2016 geändert durch die 1. Änderungssatzung vom 10.05.2016) abgelöst worden.
33Eine Änderung der Rechtslage hat sich jedoch durch Artikel 1 Nr. 26 d) des Gesetzes zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes und weiterer Gesetze vom 17.06.2014 (GV.NRW. S. 336) ergeben. Hierdurch wurde dem § 23 Abs. 5 KiBiz NRW mit Wirkung zum 01.08.2014 (vgl. Art. 4 Abs. 1) folgender Satz angefügt: „Bei Geschwisterregelungen sind Kinder, deren Tagesbetreuung nach Abs. 3 elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre.“ § 23 Abs. 3 KiBiz NRW, der unverändert bleibt, bestimmt in Satz 1, dass die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege durch Kinder, die am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werden, in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht, beitragsfrei ist. Gemäß Satz 2 ist abweichend von Satz 1 für Kinder, die ab dem Schuljahr 2012/2013 vorzeitig in die Schule aufgenommen werden, die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege ab dem 1. Dezember für maximal 12 Monate beitragsfrei. Werden Kinder aus erheblichen gesundheitlichen Gründen nach § 35 Abs. 4 Schulgesetz NRW für ein Jahr zurückgestellt, so beträgt gemäß Satz 3 die Elternbeitragsfreiheit nach Satz 1 ausnahmsweise 2 Jahre.
34Bei Anwendung dessen entfällt für N. der Beitrag als Vorschulkind unverändert nach § 3 Abs. 1 Elternbeitragssatzung a.F. – in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 3 KiBiz NRW. J. Rahmen einer Geschwisterreglung ist sie nach der eingeführten gesetzlichen Regelung jedoch so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Beitrag zu leisten wäre. Der Satzungsgeber muss sie als Vorschulkind mithin im Rahmen der Geschwisterregelung so berücksichtigen, als ob sie beitragspflichtig wäre. Ein Vorschulkind im Rahmen von § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. nicht als Kind, für das „grundsätzlich eine Beitragspflicht besteht“ anzusehen, ist demnach wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nicht möglich.
35Die Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW ist als zwingende Handlungsanweisung für den Satzungsgeber bei der Ausgestaltung einer Geschwisterprivilegierungen in Elternbeitragssatzungen zu verstehen. Hinsichtlich des „Ob“ einer Geschwisterregelung bleibt dem Satzungsgeber – nach wie vor – der volle Entscheidungsspielraum, wie er bereits in § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz NRW verankert war. Durch die Neuregelung hat der Landesgesetzgeber keine gesetzliche Geschwisterregelung eingeführt.
36Vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.06.2016 – 12 A 1756/15 – juris, Rn. 25.
37Entscheidet sich der Satzungsgeber einer Elternbeitragssatzung jedoch für eine Geschwisterregelung, hat er aufgrund von § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW (zwingend) zu beachten, das gesetzlich beitragsfrei gestellte Vorschulkind im Rahmen der Geschwisterregelung wie ein beitragspflichtiges Kind zu berücksichtigen.
38So im Ergebnis auch: OVG NRW, Urteil vom 07.06.2016 – 12 A 1756/15 –, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 18.06.2015 – 24 K 6060/14 –, juris.
39Dieses Verständnis ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Der Wortlaut „so zu berücksichtigen, als ob ein Beitrag zu leisten wäre“ macht hinreichend deutlich, dass das beitragsfreie Vorschulkind als sog. Zahlkind zu berücksichtigen ist und mithin der Elternbeitrag – also auch eine Elternbeitragspflicht – für das Vorschulkind bei der Geschwisterregeleung zu fingieren ist. Dass es sich um eine Handlungsanweisung für den Satzungsgeber im vorstehenden Sinne handelt, wird auch durch den systematischen Zusammenhang mit § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz NRW bestätigt.
40Nach Auffassung der Kammer kommt dieses Normverständnis auch dem Willen des Landesgesetzgebers – soweit dieser sich anhand der eher spärlichen Materialien ermitteln lässt – am Nächsten. Die in dem Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 18.03.2014 angeführte Begründung beschränkt sich auf den Satz: „Die Änderung ist eine gesetzliche Klarstellung und entspricht dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes.“, vgl. LT-Drs. 16/5293, S. 102. In der Problemstellung des Gesetzesentwurfes wird ausgeführt, dass in dem zum Kindergartenjahr 2011/2012 in Kraft getretenen Ersten KiBiz-Änderungsgesetz erhebliche Kritikpunkte am KiBiz aufgegriffen und die Rahmenbedingungen für die frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen verbessert worden seien. So seien Landesmittel für den Einsatz zusätzlichen Personals zur Verfügung gestellt und junge Familien mit kleinen Kindern durch die Elternbeitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr entlastet worden. Es bedürfe aber weiterer grundlegender Verbesserungen, um die frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen zu stärken und Bildungschancen und Teilhabe für alle Kinder zu fördern (vgl. LT-Drs. 16/5293, S. 1). Zu dem an beiden Stellen angeführten Ersten KiBiz-Änderungsgesetz heißt es in der Einführung des Gesetzesentwurfes der Landesregierung vom 10.05.2011, dass mit dem Gesetz in einem ersten Schritt Korrekturen herbeigeführt werden sollen, die bereits zum Kindergartenjahr 2011/2012 umgesetzt werden können und die zur Verbesserung der Rahmenbedingungen dringend erforderlich seien. Dabei stünde im Vordergrund unter anderem die schrittweise Einführung der Elternbeitragsfreiheit für den Kindergarten. Damit werde in Nordrhein-Westfalen ein entscheidender Schritt zu mehr Chancengleichheit und gesellschaftlicher Teilhabe für Kinder gemacht. Zum Kindergartenjahr 2011/2012 werde zunächst die Elternbeitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung eingeführt (vgl. LT-Drs. 15/1929, S. 2). In der weiteren Begründung der Einführung der ersten Stufe der Elternbeitragsfreiheit heißt es, alle Kinder müssten die Chance haben, ihre Talente zu entfalten und früh optimal gefördert zu werden. Deshalb werde der Zugang zu früher Bildung im Kindergarten schrittweise beitragsfrei. Das hieße, jedes Kind müsse die Möglichkeit haben, das Angebot an Bildung, Erziehung und Betreuung durch den Kindergarten als zentraler Institution früher Bildung wahrzunehmen (vgl. LT-Drs. 15/1929, S. 41 f.).
41Diesem Bestreben wird die hier gefundene Auslegung am ehesten gerecht.
42Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 07.06.2016 – 12 A 1756/15 – juris, Rn. 26, 33.
43Die „Klarstellung“ mit der Bezugnahme auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes mag zudem darauf hindeuten, dass dessen Wille es bereits ursprünglich war, dass die Elternbeitragsfreiheit für das Vorschulkind sich in allen Fällen auszahlen sollte, eben auch bei Familien mit mehr als einem Kind und auch dann, wenn Elternbeitragssatzungen eine Geschwisterregelung vorsahen. Dies war nach der Anwendung der Regelung der Vorschulprivilegierung ohne den § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW – wie eingangs aufgeführt – jedoch in der Regel nicht der Fall. Vielmehr wirkte sich die Elternbeitragsbefreiung für Vorschulkinder für Familien mit mehr als einem Kind regelmäßig nicht aus. Die Elternbeitragssatzungen sahen weit überwiegend – jedenfalls im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Köln – Geschwisterregelungen vor, häufig mit einer Beitragsfreiheit für das zweite und jedes weitere Kind. Familien mit mehr als einem Kind bezahlten daher auch vor der Beitragsfreiheit für das Vorschulkind nur für ein Kind den Elternbeitrag, wobei meist das jüngere Kind als das Kind mit dem höheren Beitrag zugrunde gelegt wurde. Durch die Einführung der Befreiung für das Vorschulkind – sowie sie durch Kommunen und auch die Verwaltungsgerichte verstanden wurde – trat für Familien mit mehr als einem betreuten Kind demnach keine Entlastung ein. Dies mag mutmaßlich nicht dem Willen des Landesgesetzgebers entsprochen haben.
44Dagegen würde die Auslegung – wie die Beklagte sie vornimmt – bedeuten, dass der Landesgesetzgeber mit der Einfügung des Satzes 3 keinerlei Regelung habe treffen wollen. Dann wäre die Vorschrift jedoch völlig überflüssig gewesen. Denn auch einer Klarstellung – wie der Gesetzgeber sie angenommen hat – hätte es nicht bedurft. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die eingangs dargestellt wurde, war eindeutig und vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen bestätigt.
45Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 18.06.2015 – 24 K 6060/14 –, juris, Rn. 38.
46Ein solches gesetzgeberisches Vorgehen dürfte auch eher ungewöhnlich sein. Die Beklagte bringt für ein solches gesetzgeberisches Handeln auch keinerlei tragfähige Anhaltspunkte vor.
47Die der Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz NRW entgegenstehende Regelung in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. ist demnach rechtswidrig.
48Aus der Rechtswidrigkeit der Regelung in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. folgt vorliegend die Gesamtnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. ab dem 01.08.2014.
49Die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit einer Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, hängt davon ab ob (1.) die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssacherhalts belässt und ob (2.) hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.02.2012 – 9 B 80/11 – juris, Rn. 11 (m.w.N.), und Beschluss vom 28.08.2008 – 9 B 40/08 – juris, Rn. 13 (m.w.N.).
51Dies zugrunde gelegt kommt die Annahme einer Teilnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. hier nicht in Betracht.
52Zunächst würde es weder sinnvoll sein, noch ausreichen, eine Teilnichtigkeit ausschließlich hinsichtlich des Passus „für die grundsätzlich eine Beitragspflicht besteht“ anzunehmen. Zum einen hat dieser Passus für andere Fälle – etwa wenn ein Kind eine rein private, nicht öffentlich geförderte Einrichtung besucht – durchaus einen sinnvollen und mit höherrangigem Recht vereinbaren Anwendungsbereich. Zum anderen würde sich aus der Teilnichtigkeit dieses Passus allein nicht die vollständige Beitragsfreiheit für das Vorschulkind und seiner Geschwister ergeben. Denn auch die in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. weiter geregelte Auswahl nach dem höchsten Beitrag setzt zwei Beitragspflichten voraus. Es kommt insoweit auch keine Auslegung und Anwendung nach Maßgabe der Regelung in § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW in Betracht. Denn die dortige Regelung stellt – wie eingangs dargestellt – eine Handlungsanweisung an den Satzungsgeber dar und ist eben nicht als unmittelbare, gesetzliche Geschwisterregelung anzusehen. Einer derartigen „gesetzeskonformen“ Auslegung und Anwendung der Satzungsregelung des § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. steht im Übrigen der oben näher dargelegte ausdrückliche Wille des Satzungsgebers entgegen, wonach das erste Geschwisterkind eines Vorschulkindes von der Geschwisterprivilegierung des § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. nicht erfasst werden sollte. Unabhängig davon steht einem solchen Vorgehen auch generell die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers entgegen, der nicht verpflichtet ist, überhaupt eine Geschwisterregelung vorzuhalten.
53Mit höherrangigem Recht vereinbar wäre dagegen die Elternbeitragssatzung a.F. ohne die Geschwisterregelung insgesamt, also bei Annahme einer Teilnichtigkeit hinsichtlich des gesamten Absatzes 2 des § 3 Elternbeitragssatzung a.F. Der Annahme einer dahingehenden Teilnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. steht jedoch entgegen, dass nicht hinreichend sicher ein hypothetischer Wille des Satzungsgebers angenommen werden kann, dass er in Kenntnis der Nichtigkeit der Regelung in § 3 Abs. 2 eine Elternbeitragssatzung ohne Geschwisterregelung erlassen hätte. Für einen dahingehenden Willen liegen keine Anhaltspunkte vor. Gegen einen solchen Willen spricht vielmehr, dass alle dem Gericht bekannten Elternbeitragssatzungen der Beklagten eine Geschwisterregelung enthalten, auch die aktuelle Satzung.
54Kommt eine Teilnichtigkeit nicht in Betracht, bleibt nur die Annahme der Gesamtnichtigkeit der Satzung.
55Aus der Gesamtnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. folgt, dass eine Änderung der Rechtslage zugunsten der Kläger nach Erlass des Bescheides vom 03.12.2013 eingetreten ist. Denn aus der Gesamtnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. ab dem 01.08.2014 folgt, dass es an einer Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Elternbeiträgen im Kindergartenjahr 2014/2015 fehlt.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
57Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Für die Inanspruchnahme von Angeboten
- 1.
der Jugendarbeit nach § 11, - 2.
der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 und 3 und - 3.
der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 kann der Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn
- 1.
die Belastung - a)
dem Kind oder dem Jugendlichen und seinen Eltern oder - b)
dem jungen Volljährigen
- 2.
die Förderung für die Entwicklung des jungen Menschen erforderlich ist.
(3) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 sind Kostenbeiträge zu staffeln. Als Kriterien für die Staffelung können insbesondere das Einkommen der Eltern, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit des Kindes berücksichtigt werden. Werden die Kostenbeiträge nach dem Einkommen berechnet, bleibt das Baukindergeld des Bundes außer Betracht. Darüber hinaus können weitere Kriterien berücksichtigt werden.
(4) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 wird der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen, wenn die Belastung durch Kostenbeiträge den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten sind Kostenbeiträge immer dann, wenn Eltern oder Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buches oder Leistungen nach den §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen oder wenn die Eltern des Kindes Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes oder Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz erhalten. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Eltern über die Möglichkeit einer Antragstellung nach Satz 1 bei unzumutbarer Belastung durch Kostenbeiträge zu beraten. Absatz 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.