Verwaltungsgericht Köln Urteil, 27. Okt. 2014 - 15 K 5396/11
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin im Wege des Schadensersatzes dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als ob sie zum 01.06.2007 nach Besoldungsgruppe A 9 befördert worden wäre.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
1
Tatbestand
2Die im Jahre 1963 geborene Klägerin steht – seit dem 30.01.1998 als Fernmeldehauptsekretärin (BesGr A 8) – im Dienst der Beklagten.
3Zum 29.11.2004 wurde sie von ihrer damaligen Dienststelle, der Privatkunden Niederlassung X. , aus dienstlichen Gründen zunächst bis zum 30.06.2005, sodann (verlängert) bis Ende 2009 zur Bundesagentur für Arbeit am Dienstort C. abgeordnet.
4In der Abordnungsverfügung der Beklagten vom 02.12.2004 heißt es (auszugsweise):
5„Sie werden bei der Agentur für Arbeit, Agenturbezirk C. für eine Tätigkeit als Sachbearbeiter im Rahmen der Datenerhebung zum Arbeitslosengeld II eingesetzt. Ihr Endgrundgehalt in der Besoldungsgruppe A 8m ändert sich durch die Abordnung nicht. Ihre Bezüge werden weiterhin durch die Deutsche Telekom gezahlt.“
6Mit Schreiben vom 23.04.2007 bzw. (erinnernd) 10.09.2007 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat unter Hinweis darauf, dass sie bei der Bundesagentur für Arbeit seit dem 31.08.2006 eine Tätigkeit des gehobenen Dienstes als Sachbearbeiterin wahrnehme, um Mitteilung, ob bzw. wann sie mit einer Beförderung oder der Zahlung einer Zulage rechnen könne. Nach einer der Klägerin im März 2012 erteilten Auskunft einer Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit (C. ) hatte die Klägerin dort seit dem 29.08.2006 einen Dienstposten der Tätigkeitsebene IV, entsprechend Besoldungsgruppe A 9 / A 10 inne. Die Bundesagentur für Arbeit (L. ) teilte auf gerichtliche Anfrage unter dem 06.11.2013 (Verfahren 15 K 5225/10) mit, dass der Dienstposten einer Fachassistenzebene – bis zum 31.08.2006 war die Klägerin in dieser Ebene tätig – beamtenrechtlich einer Bewertung mit A 7 / A 8 und der Dienstposten einer Sachbearbeiterin beamtenrechtlich der Bewertung mit A 9 / A 10 entspreche. Nachdem die Beklagte unter dem 20.09.2007 mitgeteilt hatte, dass sich das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 8m durch die Abordnung auch dann nicht ändere, wenn eine höherwertige Tätigkeit wahrgenommen werde, erläuterte die Klägerin unter dem 02.10.2007 nochmals ihr Anliegen; soweit ersichtlich, wurde dieses Schreiben nicht beantwortet.
7Zum 01.08.2008 brach die Klägerin die Abordnung zur Bundesagentur für Arbeit ab und kehrte zur Kundenniederlassung X. am Standort L. , zu welcher sie zwischenzeitlich versetzt worden war, zurück; ihr Einsatz erfolgte auf einem mit der Besoldungsgruppe A 8m bewerteten Dienstposten.
8Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10.02.2010 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten geltend, in Zukunft mit einem Vorlauf von zwei Wochen über anstehende Beförderungen unterrichtet zu werden. Außerdem bat sie um Auskunft über die Beförderungsvorgänge in den Jahren 2005 bis aktuell nach A 9 in der Kundenniederlassung X. sowie um Vorlage von Beförderungslisten, um Beförderungsentscheidungen nachzuvollziehen. Zugleich wies sie darauf hin, dass sie voraussichtlich Schadensersatz wegen rechtswidriger Nichtbeförderung verlangen werde.
9Die Beklagte lehnte dieses Begehren mit Bescheid vom 28.04.2010 ab: Der Klägerin sei in dem genannten Zeitraum eine Beförderung zu Recht verwehrt worden, weil sie keinen Beförderungsdienstposten innegehabt habe bzw. ihr nicht auf Dauer eine höherwertige Tätigkeit übertragen worden sei; die Abordnung zur Bundesagentur für Arbeit sei nur vorübergehender Natur gewesen. Deshalb habe sie auch aktuell und in Zukunft keinen Anspruch auf Unterrichtung über anstehende Beförderungen nach A 9.
10Hiergegen legte die Klägerin unter dem 11.05.2010 Widerspruch ein, in dem sie neben dem Anspruch auf Beförderung auch geltend machte, sie im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als sei sie spätestens zum 31.12.2009 nach A 9 befördert worden. Eine Bescheidung des Widerspruchs erfolgte nicht.
11Am 19.08.2010 hat die Klägerin Klage erhoben.
12Soweit sie zunächst das Ziel verfolgte, in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 befördert und hinsichtlich anstehender Beförderungen im Mai 2010 mit einem Vorlauf von zwei Wochen benachrichtigt zu werden (VG Köln 15 K 5225/10), hat das Gericht mit Urteil vom 29.09.2011 die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 28.04.2010 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Beförderung in die Besoldungsgruppe A 9 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zudem wurde festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Klägerin mit einem Vorlauf von zwei Wochen vor der Vornahme von Beförderungen in die Besoldungsgruppe A 9 zu unterrichten. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
13Das Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein – Westfalen haben die Beteiligten durch den folgenden Vergleich beendet:
14- 15
1. Die Beteiligten nehmen wechselseitig ihre (jeweils im Umfang des eigenen Unterliegens eingelegten) Berufungen zurück.
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2. Die Klägerin verzichtet auf ihren Anspruch auf Neubescheidung, welcher ihr nach dem erstinstanzlichen, nach Rücknahme der Berufung durch die Beklagte rechtskräftigen Urteil an sich zustünde. Dieser Verzicht entlastet die Beklagte von der ansonsten gebotenen, hier aber schwierigen Erfüllung der Verpflichtung zur Neubescheidung und verhindert zugleich von vornherein die Entstehung entsprechender vollstreckungsrechtlicher Folgestreitigkeiten.
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3. Die Beklagte erkennt an, in den Jahren 2005 bis 2009 den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch verletzt zu haben, dass sie die Klägerin bei den in diesen Jahren bezogen auf die (Privat-) Kunden Niederlassung X. durchgeführten Beförderungsrunden nach A 9 nicht in den Kreis der zu betrachtenden Beförderungskandidaten einbezogen und dementsprechend auch nicht vor den Ernennungen der jeweils ausgewählten Beamten informiert hat.
Soweit die Klägerin mit ihrer am 19.08.2010 auch das Ziel verfolgte, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als sei sie spätestens zum 31.12.2009 nach A 9 befördert worden, ist das Verfahren mit Beschluss vom 29.09.2011 abgetrennt worden.
19Die Klägerin ist der Ansicht, dass mit dem o.g. Vergleich feststehe, dass die Beklagte ihren Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt habe. Dabei sei auch von einem Verschulden der Beklagten – jedenfalls im Sinne von Fahrlässigkeit – auszugehen; bereits im Jahre 2004 habe das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass eine Informationspflicht des Betroffenen auch im Falle der sog. Topfwirtschaft bestehe.
20Zur Kausalität sei von einer Beweislastumkehr auszugehen.
21Die von der Beklagten nunmehr erhobene Einrede der Verjährung sei treuwidrig; mangels Kenntnis von Beförderungen habe die Klägerin auch nicht früher ihren Schadensersatzanspruch geltend machen können.
22Die Klägerin beantragt,
23sie dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als ob sie zum 01.06.2007 nach Besoldungsgruppe A 9 befördert worden wäre.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und meint, dass der Schadensersatzanspruch nicht schlüssig dargelegt worden sei.
27Es mangele bereits an greifbaren Anhaltspunkten für ihr Verschulden: Fahrlässigkeit scheide aus, weil sie bzw. die für sie handelnden Beamten erst nach sorgfältiger Prüfung zu der seinerzeit vertretbaren Rechtsauffassung gelangt seien, die Klägerin nicht in den Kreis der bei der Beförderungsentscheidung zu Betrachtenden einzubeziehen und sie nicht zu informieren.
28Auch fehle es an einer Kausalität, weil nicht erkennbar sei, dass die Beklagte die Klägerin hätte befördern müssen; die materielle Beweislast liege insoweit bei der Klägerin.
29Rein vorsorglich werde die Einrede der Verjährung erhoben.
30Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren 15 K 5225/10 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe
32Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig und begründet.
33Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte sie im Wege des Schadensersatzes dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so stellt, als sei sie zum 01.06.2007 nach Besoldungsgruppe A 9 befördert worden.
34Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens – Rechtsgrundlage dieses unabhängig vom Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) bestehenden Anspruchs ist das Beamtenverhältnis, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Verletzung der Fürsorgepflicht bedarf – verlangen; Voraussetzung ist, dass der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt hat, dies schuldhaft geschah, diese Rechtsverletzung für die Nichtbeförderung des Beamten kausal war und der Beamte es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Ferner darf der geltend gemachte Anspruch nicht verjährt sein.
35Diese Voraussetzungen liegen vor.
36Dass die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt hat, ergibt sich aus Ziff. 3 des im Verfahren 15 K 5225/10 abgeschlossenen Vergleichs, nach dem die Beklagte anerkannt hat, dass sie bei den in den Jahren 2005 bis 2009 – mithin auch in Bezug auf den 01.06.2007 – bezogen auf die (Privat-) Kunden Niederlassung X. durchgeführten Beförderungsrunden nach A 9 die Klägerin nicht in den Kreis der zu betrachtenden Beförderungskandidaten einbezogen und dementsprechend auch nicht vor den Ernennungen der jeweils ausgewählten Beamten informiert hat.
37Entgegen der Ansicht der Beklagten geschah dies auch schuldhaft.
38Das Verhalten der Beklagten bzw. der für sie handelnden Mitarbeiter war (mindestens) fahrlässig; es sind keine Umstände erkennbar, die es als vertretbar erscheinen lassen, die Klägerin von den Beförderungsentscheidungen bei der Beklagten auszunehmen bzw. sie über Beförderungsentscheidungen nicht zu informieren: Die Klägerin war organisationsrechtlich weiterhin Angehörige der Beklagten; die im dienstlichen Interesse erfolgte Abordnung zur Bundesagentur für Arbeit war nur vorübergehender Natur, so dass der Beklagten weiterhin als Dienstherrin die Fürsorgepflicht oblag. Diese hat die Beklagte auch wahrgenommen, soweit sie über die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin bzw. über eine Übertragung eines Dienstpostens in L. befunden hat sowie das der Klägerin zustehende Gehalt zahlte (vgl. auch die Abordnungsverfügung). Darüber hinaus war die Beklagte aber auch gehalten, im Rahmen von Beförderungsentscheidungen abzuklären, ob die Klägerin bei der Bundesagentur für Arbeit zwischenzeitlich Tätigkeiten auf einem höherwertigen Dienstposten wahrnahm oder der Klägerin mit dem Ziel der Beförderung in ihrem Geschäftsbereich einen solchen Dienstposten – unter Beendigung der Abordnung – zu übertragen. Eine Bevorzugung von Konkurrentinnen / Konkurrenten hätte nur unter Berücksichtigung von Leistungsaspekten erfolgen können, die die Beklagte aber nicht vorgenommen hat.
39Spätestens seit April 2007 war der Beklagten aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 23.04.2007 auch bekannt, dass die Klägerin bei der Bundesagentur für Arbeit mit höherwertigen Aufgaben betraut war. Sie hat allerdings weder nähere Informationen hierzu eingeholt noch diesen Umstand zum Anlass genommen, die Klägerin in die zum 01.06.2007 anstehende Beförderungsrunde einzubeziehen – die Dienstpostenübertragung geschah bereits Ende August 2006, so dass eine Berücksichtigung der Klägerin in der Beförderungsrunde zum 01.06.2007 nach Ablauf einer sechsmonatigen Erprobungszeit (§ 34 Abs. 1 BLV) möglich war – bzw. sie vor einer Ernennung von Konkurrenten zu unterrichten. Das Schreiben der Beklagten vom 20.09.2007, das erst nach einem erinnernden Schreiben der Klägerin vom 10.09.2007 erfolgte, setzt sich mit dem Anliegen der Klägerin nicht sachgerecht auseinander.
40Zugunsten der Klägerin ist auch davon auszugehen, dass die schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten auch für den ihr entstandenen Schaden kausal war:
41Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
42zusammenfassend: Urteil vom 26.01.2012 - 2 A 7/09 -, BVerwGE 141, 361,
43der das Gericht folgt, ist ein Schadensersatzanspruch wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung begründet, wenn dem Beamten ohne den Rechtsverstoß das angestrebte Amt voraussichtlich übertragen worden wäre. Erforderlich ist ein adäquat kausaler Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden, d.h. der Nichtbeförderung. Insoweit hat das Gericht den hypothetischen Kausalverlauf zu ermitteln, den das Auswahlverfahren ohne den Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätte.
44Unter Berücksichtigung der – zuvor dargestellten – erheblichen schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten und des sich daraus ergebenden Fehlers, der spätestens das Auswahlverfahren 2007 kennzeichnete, kann eine mit Blick auf das Ergebnis hinreichend sichere Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs allerdings nicht mehr erfolgen. Es kann (hypothetisch) weder festgestellt werden, dass die Klägerin bei einer unterstellt rechtmäßigen Auswahlentscheidung voraussichtlich zum Zuge gekommen wäre, noch dass es ausgeschlossen erscheint, dass sie sich in der Konkurrenz durchgesetzt hätte:
45Insoweit ist bereits von Belang, dass für die Klägerin schon keine aktuelle Beurteilung vorlag, anhand derer im Rahmen des gebotenen Leistungsvergleichs eine Auswahlentscheidung sachgerecht hätte getroffen werden können: Die Klägerin war zuletzt unter dem 18.11.2003 für den Zeitraum 01.10.2002 bis 30.09.2003 dienstlich beurteilt worden; weder anlässlich ihrer Abordnung noch während der Abordnung durch die Bundesagentur für Arbeit ist eine Beurteilung erstellt worden. Allein auf der Grundlage der Beurteilung vom 18.11.2003 kann allerdings nicht auf Aussagen einer hypothetischen Beurteilung der Klägerin im Jahr 2006 oder 2007 geschlossen werden bzw. ist eine solche mit annähernd ausreichender Gewissheit nicht herstellbar. Aus dem Gesamtergebnis „erfüllt die Anforderungen in jeder Hinsicht“ kann nichts hergeleitet werden.
46Die sich daraus ergebende Unerweislichkeit eines hypothetischen Kausalverlaufs geht zu Lasten der Beklagten:
47Kann nämlich nicht mehr – wie vorliegend – festgestellt werden, ob die Verletzungen des Bewerbungsverfahrensanspruchs kausal für den entstandenen Schaden sind, gilt, dass unter den konkreten Umständen des Einzelfalls die Beklagte die nachteiligen Folgen der Unerweislichkeit zu tragen hat. Eine solche Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten verbunden mit einem Anspruch auf Schadensersatz kommt dabei schon dann regelmäßig in Betracht, wenn der unterlegene Kandidat – die Klägerin – bei einer Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungschancen gehabt hätte, wenn also eine Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre;
48vgl. BVerwG, Urteile vom 17.08.2005 - 2 C 37/04 -, BVerwGE 124, 99 (109 f.), vom 23.11.1995 - BVerwG 2 A 1.94 -, Schütz BeamtR ES/B III 8 Nr. 10, vom 26.01.2012, a.a.O.
49Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin spätestens anlässlich der Beförderungsrunde 2007 "reelle Beförderungschancen" gehabt hätte; solche liegen vor, wenn ein Obsiegen im Auswahlverfahren zumindest ernsthaft möglich erscheint:
50Der Klägerin wurde mit Wirkung vom 29.08.2006 bei der Bundesagentur für Arbeit eine höherwertige Tätigkeit (Sachbearbeiterin der Tätigkeitsebene IV = A 9 / A 10 BBesO) übertragen; der Hinweis im Schreiben der Bundesagentur für Arbeit aus Februar 2007, dass der Dienstposten einer Sachbearbeiterin nur vorübergehend übertragen werde, ist dem Umstand der Abordnung geschuldet und steht einer Bewährung der Klägerin auf diesem Dienstposten nicht entgegen. Ausgehend von einer Erprobungszeit von sechs Monaten auf diesem Dienstposten (§ 34 Abs. 1 BLV) konnte die Klägerin grundsätzlich an der Beförderungsrunde 2007 (Stichtag 01.06.2007) für eine Beförderung nach A 9 teilnehmen.
51Die Klägerin hat es auch nicht schuldhaft versäumt, rechtzeitig um Rechtsschutz nachzusuchen: Nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB kann ein zu Unrecht nicht beförderter Beamter Schadensersatz für diese Verletzung seines aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs nur verlangen, wenn er sich bemüht hat, den eingetretenen Schaden dadurch abzuwenden, dass er um gerichtlichen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Personalentscheidung nachgesucht hat. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass unterlegenen Kandidaten die Auswahlentscheidung rechtzeitig, d.h. zwei Wochen vor dem vorgesehenen Zeitpunkt der Stellenbesetzung mitgeteilt wird und dass auch während eines laufenden Rechtsschutzverfahrens nach Abschluss einer Instanz jeweils genug Zeit bleibt, die Überprüfung einer nachteiligen Entscheidung, ggf. durch das Bundesverfassungsgericht, einzuleiten. Wird diese Möglichkeit durch den Dienstherrn vereitelt, kann dem Bewerber nicht vorgeworfen werden, er habe es versäumt, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Eine Rechtsschutzvereitelung liegt auch dann vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilung an die unterlegenen Bewerber vornimmt.
52So liegt der Fall hier.
53Der Klägerin wurde eine Auswahlentscheidung der Beklagten für eine Beförderung nach A 9 im Jahre 2007 nicht mitgeteilt, obwohl sie bereits im April 2007 – wie ausgeführt – um Informationen in Bezug auf eine Beförderung nachgesucht hatte. Im Hinblick darauf, dass der Klägerin erst Ende August 2006 bei der Bundesagentur für Arbeit ein höherwertiger Dienstposten übertragen worden war, kann aufgrund des kurzen Zeitraums bis zu ihrem Schreiben vom 23.04.2007 auch nicht von einer Verwirkung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs ausgegangen werden; ein irgendwie geartetes schützenswertes Vertrauen konnte – auch mangels entsprechender Handlungen der Klägerin, die ein solches Vertrauen begründen konnten – bei der Beklagten nicht entstehen.
54Auf eine Verjährung des Schadensersatzanspruchs kann sich die Beklagte nicht berufen. Ausgehend von der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist (§ 195 BGB) begann deren Lauf für einen Anspruch der Klägerin, Schadensersatz wegen einer Nichtbeförderung zum 01.06.2007 zu erhalten, mit dem 01.01.2008 und endete am 31.12.20010. Zu diesem Endzeitpunkt hatte die Klägerin aber bereits mit ihrem Widerspruch vom 11.05.2010 den Schadensersatzanspruch geltend gemacht und zudem Klage erhoben.
55Die Klägerin kann daher verlangen, dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als sei sie zum 01.06.2007 in die Besoldungsgruppe A 9 befördert worden; ihre Besoldungsleistungen sind deshalb so zu berechnen, als sei sie seit diesem Zeitpunkt in die Besoldungsgruppe A 9 einzustufen.
56Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
57Gründe, die Berufung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.
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(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Die Erprobungszeit beträgt mindestens sechs Monate und soll ein Jahr nicht überschreiten. § 19 Absatz 4 gilt entsprechend.
(2) Die in § 33 Absatz 3 genannten Zeiten und Erprobungszeiten auf einem anderen Dienstposten gleicher Bewertung gelten als geleistete Erprobungszeit, wenn die Beamtin oder der Beamte bei Berücksichtigung sämtlicher Erkenntnisse die Erprobung aller Voraussicht nach erfolgreich absolviert hätte. Gleiches gilt für Zeiten, in denen während einer Beurlaubung gleichwertige Tätigkeiten in einer Forschungseinrichtung ausgeübt worden sind.
(3) Kann die Eignung nicht festgestellt werden, ist von der dauerhaften Übertragung des Dienstpostens abzusehen oder die Übertragung zu widerrufen.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Die Erprobungszeit beträgt mindestens sechs Monate und soll ein Jahr nicht überschreiten. § 19 Absatz 4 gilt entsprechend.
(2) Die in § 33 Absatz 3 genannten Zeiten und Erprobungszeiten auf einem anderen Dienstposten gleicher Bewertung gelten als geleistete Erprobungszeit, wenn die Beamtin oder der Beamte bei Berücksichtigung sämtlicher Erkenntnisse die Erprobung aller Voraussicht nach erfolgreich absolviert hätte. Gleiches gilt für Zeiten, in denen während einer Beurlaubung gleichwertige Tätigkeiten in einer Forschungseinrichtung ausgeübt worden sind.
(3) Kann die Eignung nicht festgestellt werden, ist von der dauerhaften Übertragung des Dienstpostens abzusehen oder die Übertragung zu widerrufen.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.