Verwaltungsgericht Koblenz Beschluss, 31. Juli 2009 - 6 L 823/09.KO
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber nicht begründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – kann das Verwaltungsgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Zivilprozessordnung – ZPO –).
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Der Antragsteller hat zwar einen Anordnungsgrund dartun können. Denn ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung würde der Antragsteller kraft Gesetzes gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 Landesbeamtengesetz – LBG – in den Ruhestand treten, wodurch nach § 37 Abs. 2 LBG das Beamtenverhältnis endete. Den Eintritt dieser gesetzlichen Folgen könnte der Antragsteller nur dann ausschließen, wenn er sein Begehren auf Hinausschieben des Ruhestandsbeginns durchsetzen oder jedenfalls mittels einer erfolgreichen einstweiligen Anordnung sichern könnte. Der hierfür auch erforderliche Anordnungsanspruch liegt aber nicht vor. Denn dem Antragsteller steht ein Anspruch auf Hinausschieben des Ruhestandsbeginns nicht zur Seite.
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Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 LBG kann die oberste Dienstbehörde mit Zustimmung oder – wie hier – auf Antrag des Beamten den Eintritt in den Ruhestand über die gesetzliche Altersgrenze hinaus um eine bestimmte Frist, die jeweils ein Jahr nicht übersteigen darf, bei Vorliegen eines dienstlichen Interesses hinausschieben. Diese landesrechtliche Vorschrift, die auch nach Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes (siehe dazu §§ 21 Nr. 4, 25 BeamtStG) vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) weiterhin anzuwenden ist (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern, BT-Drs. 16/4027, Begründung zu § 26) dürfte zwar auch dem Individualinteresse der Beamten zu dienen bestimmt sein (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. September 2004 – 2 B 11470/04.OVG –). Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 LBG liegen aber nicht vor. Ein dienstliches Interesse daran, den Beginn des Ruhestandes des Klägers über die gesetzliche Altersgrenze hinaus zu verschieben, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
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Die Prüfung, ob ein dienstliches Interesse vorliegt oder nicht, hat sich an dem gesetzlichen Auftrag der Behörde auszurichten. Entscheidend ist das Interesse des Dienstherrn, die wahrzunehmenden Aufgaben sachgemäß, bestmöglich und reibungslos zu erfüllen. Zu klären ist also, ob der Dienstherr mit Blick auf die Aufgabenerfüllung ein nachvollziehbares Interesse an der Weiterbeschäftigung des konkreten Beamten auch über die gesetzliche Altersgrenze hinaus hat. Vom Grundsatz her handelt es sich bei dem Tatbestandsmerkmal „dienstliches Interesse“ um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff. Allerdings wird dieses Tatbestandsmerkmal inhaltlich durch verwaltungspolitische, personalwirtschaftliche und innerorganisatorische Beurteilungsspielräume des Dienstherrn (vor-)geprägt, die als solche gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind. Es liegt in der Verantwortung des Dienstherrn, kraft seines Organisationsermessens, welches Personalplanungen einschließt, festzulegen, wie er die von ihm wahrzunehmenden Aufgaben erfüllen will. Hierzu hat er auch den Personaleinsatz so steuern, dass die Aufgaben bestmöglich erfüllt werden. Wegen der dem Dienstherrn dabei zukommenden Einschätzungsprärogative ist die gerichtliche Kontrolle insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Personaleinsatz- und Organisationsermessens überschritten sind oder hiervon in unsachlicher Weise Gebrauch gemacht worden ist (so grundlegend: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. September 2004
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– 2 B 11470/04.OVG –; ferner Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 23. November 2006 – 2 B 11281/06.OVG –; VG Mainz, Beschluss vom 21. September 2006 – 7 L 683/06.MZ –; VG Magdeburg, Beschluss vom 7. Februar 2008 – 5 B 18/08 –). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang im Übrigen, dass die gesetzliche Altersgrenze zu der Möglichkeit, diese hinauszuschieben, in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis steht. Dies kommt nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass die Entscheidung über ein Hinausschieben des Ruhestandsbeginns gemäß § 55 LBG grundsätzlich in die Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde fällt.
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Dies berücksichtigend ist nach Auffassung der Kammer ein dienstliches Interesse am Hinausschieben des Ruhestandsbeginns nur in besonderen Fällen anzunehmen (vgl. nochmals die schon zitierten Beschlüsse des VG Mainz und des VG Magdeburg). Das Verwaltungsgericht Magdeburg weist zu Recht darauf hin, dass der gesetzlichen Regelung einer festen Altersgrenze ein fingiertes dienstliches Interesse am Ruhestandsbeginn zum festgelegten Zeitpunkt zugrunde liegen dürfte. Daraus folgt auf der anderen Seite, dass der Wunsch eines Beamten nach einer Verlängerung seiner persönlichen Arbeitszeit als solcher noch kein dienstliches Bedürfnis im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 LBG zu begründen vermag. Die persönlichen Vorstellungen des Beamten hat der Gesetzgeber bereits, aber auch ausschließlich dadurch berücksichtigt, dass er den Beamten das Recht eingeräumt hat, das Hinausschieben des Ruhestandsbeginns beantragen zu können.
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An diesen Grundsätzen gemessen vermag die Kammer keine dienstlichen Gründe zu erkennen, die ein Hinausschieben des Ruhestandsbeginns des Antragstellers tragen könnten. Dabei ist vorweg klarzustellen, dass es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag ankommt. Das folgt schon daraus, dass der Antragsteller in der Sache selbst ein Verpflichtungsbegehren verfolgt und dieses im Wege der einstweiligen Anordnung sichern lassen will. Von daher hat die Kammer nicht zu prüfen, wie über das Begehren des Antragstellers zum Zeitpunkt der ersten Geltendmachung im Januar 2009 zu befinden gewesen wäre. Das schließt ein, dass die Kammer ebenso wenig den Verfahrensablauf von Anfang des Jahres 2009 bis heute in den Blick zu nehmen hat. Entscheidend ist vielmehr allein, ob zum jetzigen Zeitpunkt ein dienstliches Interesse daran zu bejahen ist, den Ruhestandsbeginn des Antragstellers über die gesetzliche Altersgrenze hinaus um ein Jahr zu verschieben. Das wiederum hängt davon ab, ob jetzt , d. h. für das kommende Schuljahr 2009/2010 ein Bedarf für den Einsatz des Antragstellers als Lehrer am J.-Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie GmbH in N. besteht. Das ist nach Auffassung der Kammer nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage allerdings nicht der Fall.
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Zunächst soll keineswegs unerwähnt bleiben, dass der Antragsteller als Krankenhauslehrer 17 Jahre lang an dem J.-Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie GmbH in N. tätig war und sich Verdienste erworben hat, wie das Schreiben des Zentrums vom 3. März 2009 belegt. Diese bezogen auf die vergangenen Jahre anzuerkennenden Verdienste vermögen jedoch nichts daran zu ändern, dass sich die künftige Bedarfslage, und zwar beginnend mit dem Schuljahr 2009/2010, im Hinblick auf die neue – erweiterte – Ausrichtung des J.-Zentrums für Kinder- und Jugendpsychiatrie GmbH in N. anders als bisher darstellt. Wie aus dem Vortrag des Antragsgegners – bestätigt durch den Internet-Auftritt des J.-Zentrums – folgt, wird diese Einrichtung neben der Institutsambulanz und der Tagesklinik künftig auch über eine vollstationäre Klinik verfügen. In diese sollen Kinder und Jugendliche aufgenommen werden, die weder ambulant noch tagesklinisch ausreichend behandelt werden können. Aus der dadurch eintretenden Änderung der Schülerklientel folgt ein Bedarf an speziell geeigneten Lehrkräften. Für die Kammer ist es deshalb nachzuvollziehen, dass das J.-Zentrum gegenüber der ADD mit Schreiben vom 14. Juli 2009 den Bedarf für einen Förderschullehrer angemeldet hat. Ebenso wenig begegnet es nach Auffassung der Kammer Bedenken, dass der Antragsgegner seinen Personalplanungen diese neue Anforderungslage zugrunde legt.
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Die Kammer vermag auch nicht dem Vorbringen des Antragstellers zu folgen, der Antragsgegner habe die jetzige Anforderungslage beim J.-Zentrum missbräuchlich herbeigeführt. Denn dieser Behauptung des Antragstellers wohnt letztlich der Vorwurf inne, der Antragsgegner habe mit dem Ziel auf das J.-Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie GmbH dahingehend eingewirkt, seine Konzeption so zu ändern, dass statt des Antragstellers nunmehr eine Förderlehrkraft erforderlich sei. Dass eine Einrichtung wie das J.-Zentrum sich vom Antragsgegner „instrumentalisieren“ lassen würde, um für den Antragsteller nachteilige Entscheidungen treffen zu können, hält die Kammer schon vom Ansatz her für abwegig. Der auch aus dem Internet-Auftritt des Zentrums klar ersichtliche Geschehensablauf im Hinblick auf die Festlegung der Aufgabenbereiche des J.-Zentrums spricht im Übrigen eindeutig dagegen.
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Dass sich schließlich der Antragsteller nach 17 Jahren als Krankenhauslehrer aus verschiedenen Gründen nicht mehr als Lehrer an allgemein bildenden Schulen aufdrängt, hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung eingehend dargelegt. Hierauf nimmt die Kammer Bezug, um Wiederholungen zu vermeiden.
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Damit war der Antrag mit der Kostenentscheidung § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Einigen sich die Beteiligten über den Übergang oder die Belastung des Eigentums an dem zu enteignenden Grundstück oder anderer in § 12 Abs. 1 Buchstabe b genannter Rechte (Teil A) und über die Höhe der Entschädigung (Teil B), so hat die Enteignungsbehörde eine Niederschrift über die Einigung aufzunehmen. Die Niederschrift muß den Erfordernissen des § 47 Abs. 3 und 4 entsprechen. Sie ist von den Beteiligten zu unterschreiben. Ein Bevollmächtigter bedarf einer öffentlich beglaubigten Vollmacht.
(2) Die beurkundete Einigung (Absatz 1) steht einem unanfechtbaren Enteignungsbeschluß Teil A und Teil B gleich. § 48 Abs. 1 Satz 1 bis 3 sowie Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Einigen sich die Beteiligten nur über Teil A oder über Teil A und B je gesondert, so sind die Absätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden; soweit eine Einigung nicht erzielt ist, wird das Verfahren fortgesetzt.
Entstehen nach Erlaß des Enteignungsbeschlusses Vermögensnachteile der in § 19 bezeichneten Art, für die eine Entschädigung im Enteignungsbeschluß nicht festgesetzt werden konnte, so ist auf Antrag des Entschädigungsberechtigten von der Enteignungsbehörde eine Entschädigung hierfür nachträglich festzusetzen, sofern eine Einigung nicht zustande kommt. Der Antrag kann nur binnen zehn Jahren nach der Unanfechtbarkeit des Enteignungsbeschlusses gestellt werden. Für den Festsetzungsbescheid gilt § 48 Abs. 1 sinngemäß.
Das Beamtenverhältnis endet durch
- 1.
Entlassung, - 2.
Verlust der Beamtenrechte, - 3.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach den Disziplinargesetzen oder - 4.
Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand.
Entstehen nach Erlaß des Enteignungsbeschlusses Vermögensnachteile der in § 19 bezeichneten Art, für die eine Entschädigung im Enteignungsbeschluß nicht festgesetzt werden konnte, so ist auf Antrag des Entschädigungsberechtigten von der Enteignungsbehörde eine Entschädigung hierfür nachträglich festzusetzen, sofern eine Einigung nicht zustande kommt. Der Antrag kann nur binnen zehn Jahren nach der Unanfechtbarkeit des Enteignungsbeschlusses gestellt werden. Für den Festsetzungsbescheid gilt § 48 Abs. 1 sinngemäß.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.