Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 14. Dez. 2016 - 2 K 6704/15

published on 14/12/2016 00:00
Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 14. Dez. 2016 - 2 K 6704/15
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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre ihres Bachelorstudiengangs.

2

Die Klägerin nahm an der beklagten Hochschule zum Wintersemester 2005/2006 (1. Fachsemester des Hauptfachstudiums) ein Studium im Studiengang Deutsche Sprache und Literatur mit dem Studienziel Bachelor of Arts auf. Vom Sommersemester 2008 bis zum Sommersemester 2013 studierte sie in Teilzeitform. Im Hauptfach schloss die Klägerin ihr Studium erfolgreich ab. Im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre begann sie unter Genehmigung der Beklagten zum Wintersemester 2011/2012 (0,5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) das Studium neu. Seit dem Wintersemester 2013/2014 (3. Fachsemester des Nebenfachstudiums) studierte sie wiederum in Vollzeitform.

3

Im Nebenfachstudium fertigte die Klägerin die Klausur „Statistik I“ am 19. März 2013 (Wintersemester 2012/2013 und 1,5. Fachsemester des Nebenfachstudiums), am 12. Februar 2014 (Wintersemester 2013/2014 und 3. Fachsemester des Nebenfachstudiums), am 13. Februar 2015 sowie am 27. März 2015 (beide Wintersemester 2014/2015 und 5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) an. Die Klausuren wurden jeweils als nicht bestanden bewertet.

4

Von diesen Klausuren enthielten diejenigen vom 19. März 2013 bzw. 12. Februar 2014 einen Anteil an Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren. Bei der Klausur vom 19. März 2013 waren die Aufgaben 1 und 2 im Antwort-Wahl-Verfahren („Multiple-Choice“-Verfahren in der Variante „Single-Choice“) ausgestaltet, von insofern erreichbaren 50 Punkten erzielte die Klägerin nach der Bewertung durch die Prüfer 15 Punkte. Die Aufgaben 3 bis 8 unterlagen nicht dem Antwort-Wahl-Verfahren; von erreichbaren 50 Punkten erzielte die Klägerin 2 Punkte. Die absolute Bestehensgrenze der Klausur von 34 Punkten untertraf die Klägerin mit 17 Punkten. Im Mittel erreichten die Teilnehmer 41,66 Punkte. Bei der Klausur vom 12. Februar 2014 war die Aufgabe 1 im Antwort-Wahl-Verfahren („Single-Choice“) ausgestaltet, von insofern erreichbaren 24 Punkten erzielte die Klägerin 12 Punkte. Die übrigen Aufgaben 2 bis 7 unterlagen nicht dem Antwort-Wahl-Verfahren; von 78 erreichbaren Punkten erzielte die Klägerin 11 Punkte. Die absolute Bestehensgrenze der Klausur von 44 Punkten untertraf die Klägerin mit 23 Punkten. Im Mittel erreichten die Teilnehmer 54,79 Punkte. Beide Klausuren wurden jeweils durch zwei Prüfer bewertet.

5

Die Bewertungen der beiden Klausuren vom 19. März 2013 bzw. 12. Februar 2014 mit „durchgefallen“ (5,0) waren für die Klägerin im Hochschulinformationssystem „StiNE“ ab dem 10. April 2013 bzw. ab dem 13. April 2014 einsehbar.

6

Mit einem bei der Beklagten am 21. April 2015 eingegangenen Schreiben vom 20. April 2015 beantragte die Klägerin die „Zulassung zur mündlichem Prüfung im Studienfach Statistik I“. Sie trug vor, dass sie sich wegen des extrem hohen psychischen Drucks der letzten Klausur nicht konsequent auf die Klausuraufgaben habe konzentrieren können. Wegen verschiedener familiärer und privater Gründe habe sich ihr Studium über einen erheblichen Zeitraum erstreckt.

7

Mit Bescheid vom 29. April 2015, zugestellt am 4. Mai 2015, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses für den Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre die von ihr vorgebrachten Härtefallgründe für die Voraussetzungen einer Modulfristverlängerung geprüft habe und zur Entscheidung gelangt sei, dem Antrag nicht abzuhelfen. Sie habe die Modulprüfung für das Modul „Statistik I“ endgültig nicht bestanden. Da sie die Modulprüfung viermal in der Modulfrist durchlaufen und nicht erfolgreich absolviert habe, habe sie den Nebenfach-Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre endgültig nicht bestanden.

8

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit am selben Tag eingegangenen Schreiben vom 19. Mai 2015 Widerspruch ein. Sie trug vor, dass sie im Laufe ihres Studiums mehrere chirurgische Eingriffe habe erdulden müssen. Als „mildernder Umstand“ sei auch die Unvergleichbarkeit zweier Prüfungsverfahren zu berücksichtigen, da zum Teil „Multiple-Choice“-Aufgaben zum Einsatz gekommen seien. Sie habe inzwischen im Nebenfach alle Modulleistungen – außer in Statistik – erbracht.

9

Ergänzend trug die Klägerin vor, wegen ihrer Krankheit sei es ihr sehr schwer gefallen, im Studium mit anderen mitzuhalten und notwendige Leistungen termingerecht zu erbringen. Eine „Multiple-Choice“-Aufgabenstellung sei unzulässig gewesen, da es keine relative Bestehensgrenze gegeben habe. Das Zwei-Prüfer-Prinzip sei nicht eingehalten.

10

Ferner legte die Klägerin einen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vom 19. Oktober 2015 vor, nach dem die Klägerin in den vorausgegangenen zwei Jahren durch mehrfache familiäre, berufliche und gesundheitliche Belastungsfaktoren stark beeinträchtigt gewesen sei. Vor dem Hintergrund von u.a. erheblichen Konzentration- und Aufmerksamkeitsstörungen seien die Prüfungsvorbereitungen für die Statistik-Klausur erheblich erschwert gewesen; die Störungen hätten sich unter dem Druck der Prüfungsbedingungen und der Anforderung, komplexe Zusammenhänge unter Zeitdruck zu erfassen, extrem verstärkt.

11

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2015 zurück und führte aus:

12

Der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen sei rechtmäßig, da die Klägerin ihr Nebenfach Betriebswirtschaftslehre endgültig nicht bestanden habe. Die Klägerin habe die Modulprüfung im Modul „Statistik I“ auch in ihrer letzten Wiederholung am 27. März 2014 nicht bestanden. § 18 Abs. 1 der Prüfungsordnung sehe als Folge das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung vor. Der Antrag auf Zulassung zur mündlichen Prüfung in „Statistik I“ hätte schon mangels Rechtsgrundlage für die Zulassung zu einer mündlichen Prüfung abgelehnt werden können, weshalb er als Antrag auf Modulfristverlängerung ausgelegt worden sei. Die Klägerin begehre offensichtlich einen weiteren Prüfungsversuch, was allenfalls in Form einer Modulfristverlängerung gemäß § 10 Abs. 3 der Prüfungsordnung hätte gewährt werden können. Gemäß § 10 Abs. 2 der Prüfungsordnung seien Modulprüfungen für Pflichtmodule innerhalb von Fristen zu erbringen. Die Modulfrist im Modul „Statistik I“ sei für die Klägerin vom Wintersemester 2013/2014 (3. Fachsemester des Nebenfachstudiums) bis zum Wintersemester 2014/2015 (5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) gelaufen. Innerhalb dieser Frist habe die Klägerin an drei Prüfungsversuchen erfolglos teilgenommen. Einen vierten Versuch habe sie bereits vor Beginn der Modulfrist erfolglos unternommen. Für die vierte Prüfungsmöglichkeit innerhalb der Modulfrist sei die Klägerin nicht angemeldet gewesen.

13

Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen und vorgelegten „Nachweise“ rechtfertigten keinen weiteren Prüfungsversuch im Rahmen eines Nachteilsausgleichs nach § 11 Abs. 1 der Prüfungsordnung. Ein Antrag auf Nachteilsausgleich müsste nach dem Wortlaut dieser Vorschrift vor dem letzten Wiederholungsversuch gestellt werden. Der Nachteilausgleich diene der Anpassung der Prüfung an Nachteile eines konkreten Studenten, ermögliche es hingegen nicht, weitere Prüfungsversuche zu gestatten. Die von der Klägerin vorgetragene familiäre, gesundheitliche und berufliche Belastungssituation stelle auch keine chronische Krankheit oder Behinderung dar.

14

Ebenso wenig komme ein nachträglicher Rücktritt von den Klausuren in „Statistik I“ nach § 16 Abs. 1 der Prüfungsordnung in Betracht. Der einen Rücktritt tragende triftige Grund müsse unverzüglich angezeigt und der Rücktritt eindeutig erklärt werden. Hieran fehle es, da die Klägerin ihre Belastungssituation erst im Schreiben vom 20. April 2015 bekundet habe und der Wille, nachträglich von den Prüfungen zurücktreten zu wollen, daraus nicht deutlich hervorgehe.

15

Weiter seien die von der Klägerin geschriebenen Klausuren „Statistik I“ verfahrensfehlerfrei. Gegen das Zwei-Prüfer-Prinzip sei nicht verstoßen worden. Nach § 64 Abs. 7 Satz 1 HmbHG 2001 müssten studienbegleitende Prüfungsleistungen in Abschluss- und Zwischenprüfungen – wie die Klausuren im Modul „Statistik I“ – nicht von einem zweiten Prüfer bewertet werden. Das Antwort-Wahl-Verfahren sei ein zulässiger Klausurtyp. Eine nachträgliche Bildung der relativen Bestehensgrenze zeige, dass die Klägerin die beiden betroffenen Klausuren auch unter Annahme einer relativen Bestehensgrenze von 25 % – die zu Gunsten der Klägerin sehr hoch angesetzt sei – nicht bestanden habe.

16

Zur Begründung der am 17. Dezember 2015 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor:

17

Die nachgereichten Atteste wiesen eine chronische Krankheit nach, was einen Härtefallantrag ermögliche; es werde keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erfolgen. Sie leide unter einer chronischen Eierstockentzündung. Da „enormer Druck seitens diverser Instanzen“ entstanden sei, wie beispielsweise der Ausländerbehörde, habe sie einen Verzicht auf die Klausuren nicht in Betracht ziehen können. Leider habe sie nichts von der Möglichkeit eines Nachteilsausgleichs gewusst und einen solchen deshalb nicht beantragt.

18

Ergänzend trägt die Klägerin vor, zu wenig Zeit gehabt zu haben, um sich vorzubereiten. Sie sei nicht gesund gewesen, habe sich allerdings nicht krank gemeldet, weil sie Druck von der Ausländerbehörde empfunden habe. Sie habe auch nicht weiter ein Teilzeitstudium betreiben können, weil sie dann mit ihrem Aufenthaltstitel Schwierigkeiten bekommen hätte. Sie habe bisher nicht alle gesundheitlichen Belastungen dargelegt, dies gelte insbesondere für psychische Themen. Ihr sei ein unter Vorbehalt bereits gewährter Wiederholungsversuch der Klausur „Statistik I“ als regulärer zu werten. Ihre gesundheitlichen Belastungen hätten sich auf die Prüfungsleistungen in verschiedenen Fächern ausgewirkt, aber die Klausur „Statistik I“ sei eben besonders schwer.

19

Die Klägerin beantragt,

20

den Bescheid vom 29. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2015 aufzuheben

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Die Beklagte trägt vor: Vorprozessual habe sie nichts von einem Dauerleiden der Klägerin gewusst. Die Befassung mit einem Nachteilsausgleich im Widerspruchsbescheid sei lediglich vollständigkeitshalber erfolgt. Nach der Prüfungsordnung betrage die Dauer einer Klausur mindestens 45, höchstens 180 Minuten und könnten auch in Form eines Antwort-Wahl-Verfahrens durchgeführt werden. Die im Hochschulinformationssystem „StiNE“ eingetragenen Prüfungsbewertungen seien Verwaltungsakte. Sie seien mit Ablauf der Jahresfrist jeweils bestandskräftig geworden. Die Klägerin habe sich erstmals mit Schreiben vom 1. Juni 2015 gegen die Bewertungen der Klausuren gewandt. Eine (unter Vorbehalt) am 12. Februar 2016 angefertigte Klausur „Statistik I“ habe die Klägerin nicht bestanden.

24

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist die Prüfungsakte. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Klage ist nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2015 über das endgültige Nichtbestehen der Klägerin in der Bachelorprüfung im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre ist ausgehend von den einschlägigen Satzungen (hierzu unter 1.) gerechtfertigt (hierzu unter 2.). Die einschlägigen Satzungen bilden – als mit höherrangigem Recht vereinbar – eine wirksame Rechtsgrundlage (hierzu unter 3.).

26

1. Einschlägig ist für das von der Klägerin zum Wintersemester 2011/2012 aufgenommene Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre die Prüfungsordnung des Departments Wirtschaftswissenschaften der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor of Science“ (B.Sc.) (v. 20.9.2006, Amtl. Anz. S. 2959 – PO 2006, mit Änderungen v. 16.7.2008, Amtl. Bek. Nr. 43 v. 22.9.2008 sowie v. 14.7.2010, Amtl. Bek. Nr. 18 v. 23.5.2011 – PO 2010). Unanwendbar ist die letzte Änderung der Prüfungsordnung der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für Studiengänge mit dem Abschluss Bachelor of Science (v. 6.8.2014, Amtl. Bek. Nr. 74 v. 10.9.2014), die gemäß deren § 2 Abs. 1 Satz 2 erstmals für Studierende gilt, die ihr Studium zum Wintersemester 2014/2015 in einem Studiengang der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aufgenommen haben. Die Änderungsordnung gilt mit Wirkung zum Wintersemester 2014/2015 zwar grundsätzlich ebenfalls für Studierende, die ihr Studium vor Inkrafttreten dieser Änderungsordnung am 11. September 2014 in einem Studiengang der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aufgenommen haben, aber nicht im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.), der nunmehr der Zuständigkeit der neueingerichteten Fakultät Betriebswirtschaftslehre unterfällt. Die Klägerin hat das Studium bereits zum Wintersemester 2011/2012 und im Nebenfach-Bachelorstudiengang der Betriebswirtschaftslehre aufgenommen. Zeitlich unanwendbar ist auch die Prüfungsordnung der Fakultät für Betriebswirtschaft für Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor of Science (B.Sc.)“ (v. 8.7.2015 und 27.1.2016, Amtl. Bek. Nr. 39 v. 22.6.2016), die gemäß ihrem § 23 erst ab dem Wintersemester 2015/2016 gilt. Bereits sachlich unanwendbar ist die neue Prüfungsordnung der (nicht mehr die Betriebswirtschaftslehre umfassenden) Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor of Science“ (B.Sc.) (v. 15.6.2016, Amtl. Bek. Nr. 62 v. 4.10.2016).

27

In Ergänzung der PO 2010 finden die Fachspezifischen Bestimmungen für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaftslehre im Department Wirtschaftswissenschaften der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg (v. 4.10.2006, Amtl. Anz. S. 2846, Neufassung v. 15.4.2009, Amtl. Bek. Nr. 31 v. 21.6.2010 – FSB 2009, mit Änderung v. 16.6.2010, Amtl. Bek. Nr. 47 v. 7.12.2011 – FSB 2010) Anwendung. Zeitlich unanwendbar sind demgegenüber die Fachspezifischen Bestimmungen für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaftslehre der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg (v. 11.7.2012, Amtl. Bek. Nr. 78 v. 22.10.2012 – FSB 2012), da diese gemäß ihrer Bestimmung Satz 2 zu § 23 erstmal für Studierende gelten, die ihr Studium zum Wintersemester 2012/2013 aufgenommen haben. Die Aufhebung der Regelungen zum Nebenfachstudiengang Betriebswirtschaftslehre durch Satzung v. 8.7.2015 (Amtl. Bek. Nr. 48 v. 11.9.2015) mit Wirkung vom 30. September 2020 ist ebenso wenig anwendbar.

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2. Unter Zugrundelegung der einschlägigen Satzungen (dazu s.o. 1.) ist der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen in der Bachelorprüfung im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre gerechtfertigt. Der Nichtbestehensbescheid findet seine satzungsmäßige Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 2 PO 2010. Ist die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden, stellt gemäß dieser Satzungsbestimmung der oder die Vorsitzende des Prüfungsausschusses einen entsprechenden Bescheid aus. Die Bachelorprüfung ist gemäß § 18 Abs. 1 Buchst. a. PO 2010 insbesondere dann endgültig nicht bestanden, wenn eine Modulprüfung nicht fristgemäß absolviert wird, es sei denn, der bzw. die Studierende hat die Fristversäumnis nicht zu vertreten. Ausgehend von der Satzungslage hat die Klägerin die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden. Denn die Klägerin hat die auch im Nebenfachstudium verpflichtende Prüfungsleistung „Statistik I“ (hierzu unter a.) innerhalb der regulären Modulfrist (hierzu unter b.) nicht bestanden (hierzu unter c.). Weder war die Fristversäumnis von der Klägerin nicht zu vertreten (hierzu unter d.) noch die Modulfrist ausnahmsweise zu verlängern (hierzu unter e.).

29

a. Die Klägerin musste in ihrem Nebenfachstudium Betriebswirtschaftslehre die Prüfungsleistung „Statistik I“ bestehen. Der verpflichtende Charakter dieser Prüfungsleistung ergibt sich aus Folgendem:

30

Der Bachelorstudiengang ist auch im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 modular aufgebaut; Zahl, Umfang, Inhalte der Module und Modulvoraussetzungen sind danach in den Fachspezifischen Bestimmungen geregelt. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 PO 2010 ist zwischen obligatorischen Modulen (Pflichtmodulen), aus einem vorgegebenen Katalog auszuwählenden Modulen (Wahlpflichtmodulen) und frei wählbaren Modulen (Wahlmodulen) zu unterscheiden. Im Hauptfachstudium der Betriebswirtschaftslehre ist gemäß Abs. 1 Buchst. a FSB 2010 zu § 4 Abs. 3 und 4 PO 2010 und gemäß der in den FSB 2010 enthaltenen Modulbeschreibung für die erste Studienphase das Modul „Statistik I + II“ ein Pflichtmodul und Methodenmodul der ersten Studienphase, das den Fachsemestern „3 + 4“ zugeordnet ist, mit zwei Modulteilprüfungen i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PO 2010 abschließt, jeweils in der Prüfungsart der Klausur gemäß § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010. Diese beiden Teilprüfungsleistungen des Hauptfachstudiums entsprechen im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre gemäß Abs. 3 Sätze 3 und 4 FSB 2010 zu § 4 Abs. 3 und 4 PO 2010 dem Pflichtmodul „Statistik I“ sowie dem Wahlmodul „Statistik II“.

31

b. Für das Pflichtmodul „Statistik I“ (dazu s.o. a.) endete die Modulfrist, in der die Prüfungsleistung zu absolvieren war, regulär mit dem 31. März 2015.

32

Die Bindung an eine Modulfrist folgt aus § 10 Abs. 2 Sätze 1 und 2 PO 2010: Danach sind Modulprüfungen für Pflichtmodule innerhalb von Fristen zu erbringen, die sich aus den in der jeweiligen Modulbeschreibung angegebenen Fachsemestern zuzüglich der Anzahl von Fachsemestern, innerhalb derer das Modul ein weiteres Mal absolviert werden kann (Wiederholungsfrist), errechnen. Bei Teilprüfungsleistungen endet die Frist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 in dem Semester, in dem die der Teilprüfung zugeordnete Lehrveranstaltung ein weiteres Mal angeboten wird.

33

Das Ende der Modulfrist errechnet sich wie folgt: Die in den FSB 2010 enthaltene Modulbeschreibung gibt für das Modul „Statistik I + II“ die Fachsemester „3 + 4“ an. Die erste Teilprüfungsleistung „Statistik I“ ist damit dem 3. Fachsemester zugeordnet. Die betreffende Frist endete gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 mit dem 5. Fachsemester, in dem ausgehend vom Jahresturnus die der Teilprüfung zugeordnete Lehrveranstaltung ein weiteres Mal angeboten worden ist. Das 5. Fachsemester der Klägerin im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre war das am 31. März 2015 endende Wintersemester 2014/2015. Dem liegt zugrunde, dass die Klägerin zunächst in Teilzeitform zum Wintersemester 2011/2012 (0,5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) mit dem Studium in diesem Nebenfach erneut begonnen und zum Wintersemester 2013/2014 (3. Fachsemester des Nebenfachstudiums) in ein Vollzeitstudium gewechselt ist.

34

c. Die Prüfungsleistung „Statistik I“ hatte die Klägerin bis zum Ende der regulären Modulfrist am 31. März 2015 (dazu s.o. b.) nicht bestanden. Die von der Klägerin am 19. März 2013, am 12. Februar 2014, am 13. Februar 2015 sowie am 27. März 2015 angefertigten Klausuren in der Teilprüfungsleistung „Statistik I“ sind von den Prüfern als nicht bestanden bewertet worden. Die Klägerin kann das Ziel, eine innerhalb der Modulfrist angefertigte Klausur bestanden zu haben, auch nicht im Wege der Neubewertung erreichen, denn eine Neubewertung kann sie nicht beanspruchen.

35

Dahinstehen kann dabei, ob der Beklagten darin zu folgen ist, dass die Bewertung der einzelnen Klausuren als nicht bestanden ein Verwaltungsakt ist, der jeweils bestandskräftig geworden ist. Es spricht viel dafür, dass sich die Beklagte auf eine etwaig eingetretene Bestandskraft nicht berufen könnte, da sie sich hinsichtlich der Bewertung der Klausuren noch im Widerspruchsbescheid auf eine Auseinandersetzung in der Sache eingelassen hat.

36

Jedenfalls kann die Klägerin eine Neubewertung der angefertigten Klausuren deshalb nicht beanspruchen, weil nach dem beschränkten gerichtlichen Überprüfungsmaßstab, die bisherige Bewertung nicht durch eine neue zu ersetzen ist. Im Einzelnen:

37

Bei der Bewertung der Leistungen in berufsbezogenen Prüfungen ist ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum anzuerkennen (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 54; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 877 ff.). Das Gebot der Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG erfordert eine Bewertung der Leistungen aller Prüflinge nach den Maßstäben der Prüfer. Das Gericht kann sich nicht an die Stelle der Prüfer setzen. Das Gericht kann nur überprüfen, ob das Verfahren eingehalten wurde, anzuwendendes Recht verkannt wurde, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt wurden oder sachfremde Erwägungen ausschlaggebend waren (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 56). Es obliegt dem Prüfling, konkrete und substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung zu benennen (BVerwG, Beschl. v. 23.12.1993, 6 B 19/93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 326, juris Rn. 8; Urt. v. 4.5.1999, 6 C 13/98, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 395, juris Rn. 35; OVG Hamburg, Beschl. v. 17.7.2008, 3 Bf 351/07.Z, NVwZ-RR 2008, 851, juris Rn. 23).

38

Ausgehend von diesem Maßstab ist kein durch Neubewertung der Klausuren zu behebender Fehler aufgezeigt. Die von der Klägerin erhobene Einwendung, das Zwei-Prüfer-Prinzip sei verletzt, dringt nicht durch. Zum einen sind die Klausuren, hinsichtlich derer die Klägerin substantiierte Einwendungen erhoben hat, jeweils von zwei Prüfern bewertet worden. Zum anderen findet das Zwei-Prüfer-Prinzip vorliegend gar keine Anwendung. Gemäß § 64 Abs. 7 Satz 1 des Hamburgischen Hochschulgesetzes (v. 18.7.2001, HmbGVBl. S. 171 m. spät. Änd. – HmbHG 2001) sind Prüfungsleistungen in Abschlussprüfungen und Zwischenprüfungen, soweit diese nicht studienbegleitend stattfinden, in der Regel von mindestens zwei Prüferinnen oder Prüfern zu bewerten. Das gleiche gilt gemäß § 64 Abs. 7 Satz 2 HmbHG 2001 für andere Prüfungsleistungen, sofern sie als nicht ausreichend erachtet werden sollen. Bei den streitbefangenen Klausuren handelt es sich im Sinne der Norm um andere Prüfungsleistungen, die auch als nicht ausreichend bewertet worden sind. Mit dem Zusatz „das Gleiche“ verweist Satz 2 aber vollständig auf Satz 1. Dieser Satz beinhaltet einerseits das Regel-Ausnahme-Verhältnis und andererseits auch den Ausschluss bei studienbegleitenden Prüfungsleistungen. Dieser Ausschluss greift hier. Studienbegleitend ist eine Prüfung dann, wenn sie thematisch dem Studienfortschritt angepasst ist; so liegt der Fall insbesondere bei Modulprüfungen, mit denen nicht kursübergreifender Prüfungsstoff eines Studienabschnitts oder des gesamten Studiums abgeprüft wird, sondern nur der in dem jeweiligen Modul vermittelte Prüfungsstoff (VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 82), wie es auf die in Anknüpfung an die entsprechend angebotene Lehrveranstaltung „Statistik I“ abgenommene Klausur zutrifft.

39

d. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe die Fristversäumnis nicht zu vertreten. Insbesondere hatte die Klägerin vor Ablauf der Modulfrist hinreichend Gelegenheit, die Prüfungsleistung abzulegen. Sie hat die Klausur im Modul „Statistik I“ viermal angefertigt und jeweils nicht bestanden. Die Klägerin muss sich die durchgeführten Prüfungsversuche entgegenhalten lassen. Die Prüfungsversuche sind gültig und nicht zu annullieren. Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen, anhand derer nach dem vorgestellten Maßstab (s.o. c.) die Prüfungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist, zeigen keine durch Neudurchführung des Prüfungsversuchs zu behebenden Verfahrensfehler auf. Im Einzelnen ist die Verwendung von „Multiple-Choice“-Aufgaben nicht zu beanstanden (hierzu unter aa.). Weder ist die Klägerin nachträglich wirksam von den angefertigten Klausuren zurückgetreten (hierzu unter bb.) noch kann ein Nachteilsausgleich nachträglich zur Annullierung der Klausuren führen (hierzu unter cc.).

40

aa. Die Verwendung von Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren („Multiple-Choice“ in der Variante „Single-Choice“) in zwei der von der Klägerin im Modul „Statistik I“ angefertigten Klausuren ist entgegen der von der Klägerin erhobenen Einwendung keinen Bedenken ausgesetzt.

41

Gemäß § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 können Klausuren auch im Antwort-Wahl-Verfahren gestellt sein. Unabhängig davon ist eine gesonderte Ermächtigung für „Multiple-Choice“-Aufgaben nicht erforderlich, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Prüfer korrigierte Arbeit nicht von ihm selbst gestellt worden ist (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 42, 601).

42

Eine detaillierte Regelung von absoluten und relativen Bestehensgrenzen ist entbehrlich, wenn – wie hier – das Antwort-Wahl-Verfahren nur einen Teil der Klausuraufgabe darstellt, denn dann können Anforderungen, Antwortverhalten der Studierenden und Ergebnisse in einer Weise überschaubar und differenzierbar sein, wie dies auch bei einer herkömmlichen Aufgabenstellung der Fall ist (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 600; vgl. OVG Münster, Urt. v. 16.12.2008, 14 A 2154/08, NVwZ-RR 2009, 422, juris Rn. 44). Es bedarf auch keiner normativen Ermächtigung für die Festlegung der relativen und absoluten Bestehensgrenzen, wenn – wie hier – die Arbeit nach dem individuellen Bewertungsschema des jeweiligen Prüfers bewertet werden darf (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 601; OVG Münster, Beschl. v. 11.11.2011, 14 B 1109/11, juris, Rn. 18 ff.). Überdies zeigt eine nachträgliche Bildung der relativen Bestehensgrenze, dass die Klägerin die beiden betroffenen Klausuren auch relativ nicht bestanden hat: In der Klausur vom 19. März 2013 waren 34 von 100 Punkten für ein absolutes Bestehen erforderlich. Die Leistung der Klägerin mit 17 Punkten lag um mehr als 50 % unter der Durchschnittsleistung von 41,66 Punkten, so dass sie die Klausur selbst bei Ansatz einer zu ihren Gunsten sehr hohen relativen Bestehensgrenze von 25 % nicht bestanden hätte. Entsprechendes gilt für die Klausur vom 12. Februar 2014, in der 44 von 100 Punkten für ein absolutes Bestehen zu erreichen waren. Die Leistung der Klägerin von lediglich 23 Punkten liegt weit über 25 % unter der Durchschnittsleistung der Prüfungsteilnehmer von 54,79 Punkten.

43

Unabhängig davon ist für die Klägerin aus der Verwendung von Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren kein konkreter Nachteil ersichtlich, da sie in Aufgaben dieser Art jeweils einen höheren Punktanteil als in herkömmlichen Aufgaben erzielt hat. In der Klausur vom 19. März 2013 erzielte sie in den betreffenden Aufgaben immerhin 15 von 50 Punkten, in den anderen Aufgaben lediglich 2 von 50 Punkten. In der Klausur vom 12. Februar 2014 erreichte sie in den Aufgaben des Antwort-Wahl-Verfahrens 12 von 24 Punkten, im Übrigen nur 11 von 78 Punkten.

44

bb. Die Klägerin kann von den bereits absolvierten Prüfungsversuchen auch angesichts der vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach dem insoweit anzulegenden Maßstab nicht nachträglich wirksam zurücktreten. Im Einzelnen:

45

Nach § 16 Abs. 1 PO 2010 gilt eine Prüfungsleistung als mit „nicht ausreichend“ (5,0) bewertet, wenn der Prüfling ohne triftigen Grund einen Prüfungstermin oder eine Prüfungsfrist i.S.d. PO 2010 versäumt, nach Beginn einer (Teil-)Prüfung zurücktritt oder eine schriftliche Prüfungsleistung nicht innerhalb der vorgesehenen Bearbeitungszeit beginnt oder erbringt. Der für den Rücktritt oder das Versäumnis geltend gemachte Grund muss nach § 16 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 dem Prüfungsausschuss unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Das Erfordernis des triftigen Grundes wird durch § 16 Abs. 2 Satz 2 PO 2010 dahingehend konkretisiert, dass bei Krankheit des Prüflings ein qualifiziertes ärztliches Attest vorzulegen ist. Dies ist nach § 16 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 ein Attest, das Angaben enthält über die von der Erkrankung ausgehende körperliche bzw. psychische Funktionsstörung, die Auswirkungen der Erkrankung auf die Prüfungsfähigkeit des Prüflings aus medizinischer Sicht, den Zeitpunkt des dem Attest zugrunde liegenden Untersuchungstermins sowie die ärztliche Prognose über die Dauer der Erkrankung. Das Gebot der Unverzüglichkeit wird ausgehend von der Satzungsbestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 5 PO 2010 dahingehend verschärft, dass nach Beendigung einer Prüfungsleistung Rücktrittsgründe nicht mehr geltend gemacht werden. Selbst wenn diese Satzungsbestimmung aufgrund höherrangigen Rechts im Fall einer zunächst unerkannten Prüfungsunfähigkeit zugunsten des Prüflings durchbrochen werden müsste, ist doch gerade in diesem Fall an die Unverzüglichkeit des Rücktritts ein strenger Maßstab anzulegen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich die Kammer zu eigen macht, ist es Sache des Prüflings, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände, insbesondere durch Krankheit, erheblich beeinträchtigt ist, und bejahendenfalls daraus unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen, und zwar bei krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit grundsätzlich vor Beginn der Prüfung, spätestens aber dann, wenn er sich ihrer bewusst geworden ist (BVerwG, Urt. v. 7.10.1988, 7 C 8/88, BVerwGE 80, 282, juris Rn. 12). Ein Rücktritt ist dann nicht mehr unverzüglich, wenn der Prüfling die Erklärung nicht zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben hat, zu dem sie von ihm in zumutbarer Weise hätte erwartet werden können (BVerwG, Urt. v. 13.5.1998, 6 C 12/98, BVerwGE 106, 369, juris Rn. 18 ff.; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 283 m.w.N.). Eine den Grundsatz der Chancengleichheit zu Lasten der Mitbewerber verletzende zusätzliche Prüfungschance verschafft sich nicht nur derjenige, dem es gelingt, durch nachträglich vorgetäuschte Prüfungsunfähigkeit die Genehmigung des Rücktritts zu erreichen, sondern auch der, der tatsächlich prüfungsunfähig war, sich aber in Kenntnis seines Zustandes der Prüfung unterzogen hat, um sich im Falle des Misserfolgs durch nachträglichen Rücktritt den Rechtswirkungen der fehlgeschlagenen Prüfung zu entziehen. Diesen Gefahren für die Chancengleichheit wird entgegengewirkt, wenn die nachträglich geltend gemachte Prüfungsunfähigkeit zwar als Rücktrittsgrund nicht von vornherein ausgeschlossen, an die Geltendmachung aber die Anforderung der Unverzüglichkeit gestellt wird (BVerwG, Urt. v. 7.10.1988, a.a.O., Rn. 11). Macht ein Prüfling geltend, dass er seine Prüfungsunfähigkeit erst nachträglich erkennen und einschätzen konnte, müssen die dafür maßgeblichen Gründe in gleicher Weise glaubhaft gemacht werden wie die Prüfungsunfähigkeit selbst (OVG Münster, Beschl. v. 8.12.2009, 14 E 861/09, juris Rn. 3). Kenntnis von der Prüfungsunfähigkeit hat der Prüfling schon dann, wenn ihm sein gesundheitlicher Zustand (speziell seine gesundheitlichen Beschwerden) in den wesentlichen Merkmalen bewusst ist und er die Auswirkungen der Erkrankung auf seine Leistungsfähigkeit im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ erfasst (BVerwG, Beschl. v. 22.9.1993, 6 B 36/93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 318, juris Rn. 4).

46

Nach dem vorstehenden Maßstab ist die Klägerin von den unternommenen Prüfungsversuchen nicht wirksam zurückgetreten. Es fehlt – auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen – an dem vorausgesetzten triftigen und dabei unverzüglich geltend gemachten Rücktrittsgrund sowie an einer unverzüglichen Rücktrittserklärung. Die Klägerin hat vorprozessual vorgetragen, wegen ihrer Krankheit sei es ihr sehr schwer gefallen sei, im Studium mit anderen mitzuhalten und notwendige Leistungen termingerecht zu erbringen. Sie sei – so heißt es in dem von ihr vorgelegten Entlassungsbericht des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vom 19. Oktober 2015 – in den vorausgegangenen zwei Jahren durch mehrfache familiäre, berufliche und gesundheitliche Belastungsfaktoren stark beeinträchtigt gewesen. Vor dem Hintergrund von u.a. erheblichen Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen seien die Prüfungsvorbereitungen für die Statistik-Klausur erheblich erschwert gewesen; die Störungen hätten sich unter dem Druck der Prüfungsbedingungen und der Anforderung, komplexe Zusammenhänge unter Zeitdruck zu erfassen, extrem verstärkt. Schriftsätzlich hat die Klägerin vorgetragen, die nachgereichten Atteste wiesen eine chronische Krankheit nach, was einen Härtefallantrag ermögliche; es werde keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erfolgen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sie sei nicht gesund gewesen, habe sich allerdings nicht krank gemeldet, weil sie Druck von der Ausländerbehörde empfunden habe. Sie habe bisher nicht alle gesundheitlichen Belastungen dargelegt, dies gelte insbesondere für psychische Themen. Damit ist bereits keine krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit durch qualifiziertes Attest nach § 16 Abs. 2 Sätze 2 und 3 PO 2010 glaubhaft gemacht. Zwar ist für die Prüfungszeit eine chronische Eierstockentzündung attestiert. Doch sind nicht aus medizinischer Sicht die konkreten Auswirkungen einer von dieser Erkrankung ausgehenden Funktionsstörung auf die Leistungsfähigkeit in der Prüfung dargelegt. Dem Druck durch die Prüfungsbedingungen, insbesondere der Anforderung, komplexe Zusammenhänge unter Zeitdruck zu erfassen, muss sich jeder Prüfling stellen. Darin liegt keine krankheitsbedingte Besonderheit. Auch familiäre und berufliche Belastungen sind, soweit sie nicht – was hier nicht vorgetragen ist – zu einer bestimmten psychischen Krankheit geführt haben, von jedem Prüfling zu tragen, ohne dass sich daraus Folgen für das Prüfungsrechtsverhältnis ergeben. Unabhängig davon ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin eine Prüfungsunfähigkeit erst nachträglich hätte erkennen und einschätzen können, wie es aber nach dem dargestellten Maßstab wegen des Gebots der Chancengleichheit für einen ausnahmsweise erst nach Beendigung der Prüfungsleistung erklärten wirksamen Rücktritt Voraussetzung ist.

47

cc. Die Klägerin kann auch nicht wegen eines Nachteilsausgleichs nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PO 2010 von den absolvierten Prüfungsversuchen nachträglich Abstand nehmen. Nach dieser Vorschrift kann der Vorsitzende bzw. die Vorsitzende des Prüfungsausschusses die Bearbeitungszeit für Prüfungsleistungen bzw. die Fristen für das Ablegen von Prüfungen verlängern oder gleichwertige Prüfungsleistungen in einer bedarfsgerechten Form gestatten, wenn ein Studierender bzw. eine Studierende glaubhaft macht, dass er bzw. sie wegen einer chronischen Krankheit oder einer Behinderung nicht in der Lage ist, die Prüfungsleistungen ganz oder teilweise in der vorgesehenen Form oder innerhalb der in der PO 2010 genannten Prüfungsfristen abzulegen. Diese Vorschriften bieten keine Grundlage dafür, nachträglich von einem absolvierten Prüfungsversuch Abstand zu nehmen. Seiner Konzeption nach kann ein Nachteilsausgleich nur gewährt werden, bevor der Prüfling den Prüfungsversuch antritt bzw. bevor die Prüfungsfrist abläuft. Er dient nicht nach Ablegen der Prüfung der Korrektur des erzielten Prüfungsergebnisses, sondern dem Ausgleich von den sich in der Abnahme der Prüfung selbst für den Prüfling ergebenden Nachteilen. In der Prüfung wird ein Nachteilsausgleich gewährt, wenn eine Behinderung vorliegt, die den Nachweis der vorhandenen Befähigung erschwert und die in der Prüfung sowie in dem angestrebten Beruf durch Hilfsmittel ausgeglichen werden kann (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 259). Die Klägerin hat vor Abnahme der Prüfungsversuche und vor Ablauf der regulären Modulfrist keinen Nachteilsausgleich wegen einer chronischen Krankheit beantragt.

48

e. Die Modulfrist war auch nicht ausnahmsweise zu verlängern. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 PO 2010 kann die Modulfrist bei Vorliegen eines besonderen Härtefalls durch den Prüfungsausschuss verlängert werden. Die Frist ist nach § 10 Abs. 3 Satz 2 PO 2010 so zu bemessen, dass jeweils nur eine weitere Prüfungsmöglichkeit besteht. Der Antrag ist nach § 10 Abs. 3 Satz 3 PO 2010 rechtzeitig vor Ablauf der Frist beim Prüfungsausschuss zu stellen und schriftlich zu begründen. Krankheit ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 durch Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests nachzuweisen, d.h. eines Attests mit Angaben über die von der Erkrankung ausgehende körperliche bzw. psychische Funktionsstörung, die Auswirkungen der Erkrankung auf die Prüfungsfähigkeit des Prüflings aus medizinischer Sicht, den Zeitpunkt des dem Attest zugrunde liegenden Untersuchungstermins sowie die ärztliche Prognose über die Dauer der Erkrankung. Nach diesen Maßstäben fehlt es sowohl an einem rechtzeitigen Antrag (hierzu unter aa.) als auch an einem besonderen Härtefall (hierzu unter bb.).

49

aa. Es fehlt bereits an einem rechtzeitig vor Ablauf der regulären Modulfrist mit Ende des 5. Fachsemesters des Nebenfachstudiums am 31. März 2015 gestellten und begründeten Antrag auf eine Verlängerung der Modulfrist. Ein an die Beklagte gerichtetes Ersuchen der Klägerin, die Modulprüfung im Modul „Statistik I“ über die reguläre Modulfrist hinaus fortzusetzen, kann erst in dem am 21. April 2015 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 20. April 2015 gesehen werden, in dem die Klägerin eine „Zulassung zur mündlichem Prüfung im Studienfach Statistik I“ beantragt hat.

50

Unerheblich ist, ob die Beklagte sich ausgehend von der Begründung des Bescheids vom 29. April 2015 auf eine Prüfung der weiteren, d.h. über das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung hinausgehenden, Voraussetzungen einer Modulfristverlängerung eingelassen hat. Die rechtzeitige Antragstellung ist selbst eine satzungsmäßige Voraussetzung der Modulfristverlängerung. Die Satzung ermächtigt die Beklagte nicht, im Einzelfall von dieser Voraussetzung abzusehen. Denn anders als die Widerspruchsfrist nach § 70 VwGO, deren Versäumnis dann nicht mehr zu beachten ist, wenn die Widerspruchsbehörde in der Sache über einen Widerspruch entschieden hat (BVerwG, Urt. v. 20.6.1988, 6 C 24/87, NVwZ-RR 1989, 85, juris Rn. 9) und kein Dritter betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 18.5.1982, 7 C 42/80, BVerwGE 65, 313, juris Rn. 19), dient das Erfordernis, eine Verlängerung der Modulfrist noch vor deren Ablauf zu beantragen, dem rechtsstaatlichen Gebot der Chancengleichheit der Prüflinge, von dem die Behörde nicht absehen kann.

51

Der Antrag der Klägerin auf eine Modulfristverlängerung wäre auch dann als nicht als rechtzeitig zu behandeln, wenn zugunsten eines Prüflings die Grundsätze einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend § 32 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG oder § 60 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 VwGO Anwendung fänden. War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm im Anwendungsbereich dieser Vorschriften auf einen innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mangelnde Rechtskenntnis entschuldigt eine Fristversäumnis dabei in aller Regel nicht (BVerwG, Beschl. v. 7.10.2009, 9 B 83/09, NVwZ-RR 2010, 36, juris Rn. 3). Ausgehend davon war die Klägerin bereits nicht unverschuldet gehindert, die Modulfristverlängerung rechtzeitig zu beantragen. Die Klägerin musste sich über die rechtlichen Möglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf eine Verlängerung der Modulfrist informieren und entsprechend handeln. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG nicht fähig gewesen wäre, Verfahrenshandlungen – etwa die Beantragung einer Modulfristverlängerung – wirksam vorzunehmen.

52

bb. Unabhängig davon ist der vorausgesetzte besondere Härtefall nicht gegeben.

53

Die einzelnen Prüfungsversuche, in denen die Klägerin vier Mal die Gelegenheit hatte, die Modulprüfung „Statistik I“ zu bestehen, muss die Klägerin sich auch angesichts der vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen entgegenhalten lassen (s.o. d. bb.). Die vorgetragenen Umstände haben nicht dazu geführt, dass die Klägerin keine Prüfungsleistung hätte ablegen können. Nach eigenem Vortrag war der Klägerin dies in anderen Fächern sehr wohl mit Erfolg möglich. Der Misserfolg in einem bestimmten Fach über eine Vielzahl von Prüfungsversuchen über einen längeren Zeitraum spricht dafür, dass die Klägerin, die im Nebenfachstudium alle Modulleistungen – außer in Statistik – erbracht hat, die in diesem Fach gestellten Anforderungen nicht bewältigen konnte. Dies deckt sich mit der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst vorgetragenen Einschätzung, die Klausur „Statistik I“ sei eben besonders schwer.

54

Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe einen Verzicht auf die Klausuren nicht in Betracht ziehen können, da „enormer Druck seitens diverser Instanzen“ entstanden sei, wie beispielsweise der Ausländerbehörde, und sie habe auch nicht weiter ein Teilzeitstudium betreiben können, weil sie dann mit ihrem Aufenthaltstitel Schwierigkeiten bekommen hätte, leitet sich daraus zu ihren Gunsten nichts her. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Aufenthaltstitel erteilt oder verlängert werden kann, ist von der zuständigen Ausländerbehörde nach dem Aufenthaltsgesetz zu entscheiden, wobei im Streitfall dem Betroffenen der gerichtliche Rechtsschutz offensteht. Ist die Ausländerbehörde bei einer aufenthaltsrechtlichen Entscheidung gegenüber einem ausländischen Studierenden in einer bestimmten Weise vorgegangen, so kann der Betroffene dies nicht im Verhältnis zur Ausländerbehörde hinnehmen und später im prüfungsrechtlichen Verfahren gegenüber seiner Hochschule in Frage stellen. Soweit die Klägerin sich, etwaig mit Rücksicht auf aufenthaltsrechtliche Implikationen, entschieden hat, in Vollzeitform zu studieren und an den Klausuren teilzunehmen, muss sie sich an ihrer Entscheidung festhalten lassen und darf sie sich dazu nicht in Widerspruch setzen.

55

Im Übrigen wäre der Klägerin bei einem erfolgreichen Verlängerungsantrag gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 PO 2010 nur eine weitere Prüfungsmöglichkeit eingeräumt worden. Unterstellt, die Bewertung der von der Klägerin am 12. Februar 2016 unter Vorbehalt angefertigten Klausur hätte Bestand, wäre diese Prüfungsmöglichkeit bereits erschöpft.

56

3. Die einschlägigen Satzungen – PO 2010 und FSB 2010 – bieten eine wirksame Rechtsgrundlage für die Abnahme der Prüfungsleistung „Statistik I“ als Pflichtmodul im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre. Sie genügen den höherrangigen Vorgaben, soweit Anlass zur Überprüfung bestand. Eine gesetzlich nicht vorgesehene Kumulation von Modulfristen mit einer Beschränkung der Anzahl der Wiederholungsversuche findet sich in den einschlägigen Satzungen nicht (hierzu unter a.). Der verpflichtende Charakter der Prüfungsleistung „Statistik I“ auch im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre ist mit den Grundrechten vereinbar (hierzu unter b.). Die Dauer der Prüfungsleistung ist in einer dem gesetzlichen Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 genügenden Weise normativ bestimmt (hierzu unter c.).

57

a. Die PO 2010 und die FSB 2010 begegnen nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil nach dem zum Zeitpunkt des Satzungserlasses gültigen Gesetz (§ 65 des Hamburgischen Hochschulgesetzes in der vom 19.7.2001, HmbGVBl. S. 171, bis 30.6.2014, sodann geändert durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts v. 8.7.2014, HmbGVBl. S. 269) die Bestimmung von Modulfristen und die Beschränkung der Anzahl der Wiederholungsversuche nicht kumulativ Anwendung finden dürfen (dazu VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 57). Zwar enthält § 10 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 eine Ermächtigung, in den Fachspezifischen Bestimmungen die Anzahl der Prüfungsversuche auf drei zu beschränken. Davon ist jedoch in den auf das Nebenfachstudium der Klägerin zeitlich anwendbaren FSB 2010 kein Gebrauch (mehr) gemacht worden, so dass allein eine Modulfristregelung ohne Kumulation mit einer Beschränkung der Anzahl der Prüfungsversuche Geltung beansprucht.

58

b. Das Erfordernis des Abs. 3 Satz 4 FSB 2010 zu § 4 Abs. 3 und 4 PO 2010, dass zum Bestehen der Bachelorprüfung im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre, die Prüfungsleistung „Statistik I“ als Pflichtmodul bestanden werden muss, ist mit den Grundrechten vereinbar. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 29.5.2013, 6 C 18/12, DVBl. 2013, 1122, juris Rn. 27), der sich die Kammer anschließt, genügt eine Regelung, nach der das Nichtbestehen einer Teilprüfung zum Nichtbestehen der Gesamtprüfung führen soll, den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG, wenn die Teilprüfung schon für sich genommen eine zuverlässige Grundlage für die Beurteilung der Eignung des Prüflings bietet; ob dies der Fall ist, obliegt dabei regelmäßig in weitem Umfang der eigenen Einschätzung des Normgebers, die gerichtlich nur beanstandet werden darf, wenn sie offenkundig sachlich unvertretbar ist. Diese dem Normgeber eingeräumte Einschätzungsprärogative ist vorliegend nicht überschritten. Nach der in den FSB 2010 enthaltenen Modulübersicht für die erste Studienphase dient das im Hauptfach einheitliche Modul „Statistik I + II“ und damit insbesondere die der Prüfungsleistung „Statistik I“ zugeordnete Lehrveranstaltung dem „Erlernen und Anwenden von elementaren Methoden, die für die Wirtschaftsstatistik sowie für die deskriptive und die schließende Statistik im Rahmen des wirtschaftswissenschaftlichen Studiums von Bedeutung sind“. Es ist nachvollziehbar, dass der Satzungsgeber wirtschaftswissenschaftliches Methodenwissen auch im Nebenfachstudium für unentbehrlich gehalten hat.

59

c. Die Dauer der Prüfungsleistung ist in einer dem gesetzlichen Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 noch genügenden Weise normativ bestimmt. Nach dieser Gesetzesvorschrift sind in Hochschulprüfungsordnungen, die – wie hier – Prüfungen in modularisierten Studiengängen, Zwischen- und Abschlussprüfungen oder Abschlussprüfungen betreffen, insbesondere Bestimmungen aufzunehmen über Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen. Bezogen auf das Nebenfach ist das Modul „Statistik I“ nach den FSB 2010 mit einer Prüfungsleistung in der Prüfungsart der Klausur abzuschließen (s.o. 2. a.). Für die Dauer dieser Prüfungsleistung ist in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 ein Rahmen von 45 Minuten bis 180 Minuten satzungsmäßig bestimmt. Innerhalb dieses Rahmens bleibt die minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 den Prüfern überlassen. Nach dem Maßstab des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 (hierzu unter aa.) genügt die normative Bestimmung der Dauer der Prüfungsleistung durch Angabe eines durch eine Höchst- und eine Mindestdauer bezogenen Rahmens dem gesetzlichen Regelungsauftrag (hierzu unter bb.).

60

aa. Der Maßstab des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 ergibt sich aus Folgendem:

61

Zur Auslegung der gesetzlichen Vorgaben des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG knüpft die Kammer zunächst an ihre nachfolgend wiedergegebene Rechtsprechung (VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 42, Hervorhebung nur hier) an:

62

„§ 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG erfordert es, dass diese Bestimmungen konkret in der Prüfungsordnung selbst geregelt werden (vgl. Delfs, in Neukirchen, Reußow/Schomburg, Hamburgisches Hochschulgesetz, 2011, § 60 Rn. 4). […] Dabei betreffen die Bestimmungen gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG die Prüfungsanforderungen und damit 'zentrale Elemente der Hochschulprüfungsordnung' (Delfs, a.a.O, § 60 Rn. 8). Hieraus folgt, dass ein strenger Maßstab anzulegen ist: Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen sind – hinreichend konkret – in der Prüfungsordnung selbst zu regeln, eine Regelung in einem anderen Dokument – auch in einer Studienordnung – ist nicht zulässig.“

63

Die Kammer ergänzt ihre Ausführungen dahingehend, dass die Dauer der Prüfungsleistung dann noch „hinreichend konkret“ angegeben ist, wenn die Prüfungsordnung für die Anfertigung der Prüfungsleistung einen Zeitrahmen vorgibt, sofern der Zeitrahmen nicht zu weit ist, um eine normative Eingrenzung vorzunehmen. Soweit der Satzungsgeber den Prüfern innerhalb des von ihm durch § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 bestimmten Rahmens die minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer nach § 13 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 überlassen hat, liegt darin keine – unzulässige – Delegation einer Normsetzungskompetenz. Vielmehr beruht der den Prüfern im Einzelfall verbleibende Spielraum auf der – im Einklang mit der gesetzlichen Vorgabe – beschränkten Konkretisierungsdichte der Satzungsbestimmung über die Dauer der Prüfungsleistung. Ein normatives Defizit der Prüfungsordnung ist insoweit nicht festzustellen. Denn der gesetzgeberische Regelungsauftrag an den Satzungsgeber geht nicht so weit, dass die Dauer der Prüfungsleistung in der Prüfungsordnung notwendigerweise minutengenau festgelegt werden müsste. Diese Auslegung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG stützt sich auf den Wortlaut des Gesetzes, die gesetzliche Systematik sowie auf den Gesetzeszweck, der aus der Gesetzgebungsgeschichte im Lichte der verfassungsrechtlichen Anforderungen abzuleiten ist. Im Einzelnen:

64

Aus dem Gesetzwortlaut folgt das Erfordernis, in der Prüfungsordnung eine zeitliche Vorgabe zu machen. Dem ist aber bereits dann Genüge getan, wenn ein hinreichend enger Zeitrahmen bestimmt ist, der durch die Prüfer auszuschöpfen ist. Der Wortlaut „Bestimmungen über Dauer von Prüfungsleistungen“ erfordert hingegen nicht notwendig eine minutengenaue Vorgabe der Prüfungszeit.

65

Die dem Wortlaut des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 innewohnende Offenheit bestätigt sich in gesetzessystematischer Hinsicht durch einen Vergleich mit dem Wortlaut des § 60 Nr. 2, 3, 5, 6, 7, 9, 10, 12, 13, 14, 16 HmbHG 2001. In diesen Katalognummern ist jeweils vom bestimmten Artikel Gebrauch gemacht. So sind danach etwa Bestimmungen über „die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung“ in die Prüfungsordnung aufzunehmen. Demgegenüber werden durch § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 lediglich – artikellos – „Bestimmungen […] über Dauer […] von Prüfungsleistungen“ gefordert.

66

Der vom Gesetzgeber mit der Katalognummer des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 verfolgte Gesetzeszweck ist derselbe, wie der mit der insoweit wortlautgleichen Katalognummer in der Vorgängervorschrift § 54 Abs. 1 UAbs. 2 Nr. 4 HmbHG 1978 (v. 22.5.1978, HmbGVBl. S. 109, vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HmbHG 1991 i.d.F. v. 2.7.1991, HmbGVBl. S. 249) verfolgte. Die Begründung zur Neufassung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (Bü.-Drs. 16/5759 S. 47) bietet keinen entgegenstehenden Anhaltspunkt. Dort heißt es zu § 60 HmbHG 2001:

67

„Die Bestimmung (bisher § 54) ist aktualisiert worden.

68

Beim notwendigen Inhalt von Hochschulprüfungsordnungen nach Absatz 2 sind zusätzlich berücksichtigt worden […]“

69

Nach der damaligen gesetzlichen Systematik ist nicht anzunehmen, dass der Wille des Gesetzgebers des HmbHG 1978 dahin ging, dem Satzungsgeber eine abschließende minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer aufzuerlegen. In § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 war die § 60 Abs. 1 HmbHG 2001 entsprechende Bestimmung enthalten, dass Prüfungsordnungen Prüfungsanforderungen und -verfahren regeln. In § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Sätze 2 und 3 HmbHG 1978 war bestimmt, dass die Prüfungsordnungen die Beendigung der Abschlussprüfung grundsätzlich innerhalb der Regelstudienzeit oder zuzüglich eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten vorsehen und Prüfungsanforderungen und -verfahren entsprechend zu gestalten sind. Der Katalog der Gegenstände, über die insbesondere Bestimmungen in die Prüfungsordnung aufzunehmen sind, war in § 54 Abs. 1 UAbs. 2 HmbHG 1978 zu finden. Die Bestimmungen des § 54 Abs. 1 HmbHG beruhten auf § 53 Abs. 1 des Gesetzesentwurfs, zu dessen Begründung es im Gesetzgebungsverfahren lediglich hieß (Bü.-Drs. 8/2649, S. 57 f.):

70

„Die Forderung des Absatzes 1, daß in den Prüfungsordnungen die materiellen Anforderungen ebenso abschließend zu regeln sind wie das Prüfungsverfahren, entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Der Bewerber muss übersehen können, wie er sich vor und während der Prüfung einzurichten hat. Ferner müssen Prüfungsanforderungen und -verfahren so geregelt werden, daß die Abschlußprüfung auch innerhalb der Regelstudienzeit oder – wenn die betreffende Prüfungsordnung dies vorsieht, weil es den Gegebenheiten des Studiengangs besser gerecht wird – innerhalb eines zusätzlichen Zeitraums von höchstens sechs Monaten abgelegt werden kann.“

71

Für die Auslegung der in § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 1 HmbHG 2001) Gesetz gewordenen und im Wortlaut sehr abstrakt bleibenden Forderung an den Satzungsgeber, die Prüfungsanforderungen und das -verfahren zu regeln, geht aus der zitierten Entwurfsbegründung hervor, dass mit Prüfungsanforderungen die materiellen Anforderungen gemeint sind und diese ebenso „abschließend“ zu regeln sind wie das Prüfungsverfahren. Dies scheint zunächst auf eine vom Gesetzgeber geforderte Totalregelung hinsichtlich aller nur denkbaren formellen und materiellen Aspekte der Hochschulprüfung hinzudeuten. Jedoch geht aus der Entwurfsbegründung der Wille des Gesetzgebers hervor, mit der an den Satzungsgeber gestellten Forderung nicht mehr zu tun als rechtsstaatlichen Grundsätzen zu genügen. Auch hat der Gesetzgeber die Pauschalforderung des § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 1 HmbHG 2001) selbst nicht für erschöpfend und abschließend erachtet, sondern ihr in § 54 Abs. 1 UAbs. 2 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 2 HmbHG 2001) einen Katalog der Aspekte zur Seite gestellt, über die „insbesondere“ Bestimmungen in die Prüfungsordnung aufzunehmen sind. Für die geforderte Konkretisierungsdichte innerhalb des Katalogs ergibt sich daraus kein zwingender Schluss.

72

Den Gesetzgebungsmaterialien der Vorgängervorschrift kann allenfalls entnommen werden, dass der Gesetzgeber den Satzungsgeber anhalten wollte, rechtstaatlichen Grund-sätzen zu genügen. Diesem rechtsstaatlichen Gebot entspricht ausweislich der zitierten Entwurfsbegründung bereits die allgemeine Regelung in § 60 Abs. 1 HmbHG (Baasch/Delfs, HmbHG, 2. Aufl. 2016, § 60 Rn. 3). Aus der besonderen Regelung in § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG geht vor diesem Hintergrund nur hervor, dass der Gesetzgeber dem Satzungsgeber über die rechtsstaatlichen Anforderungen hinausgehend aufgegeben hat, die Abnahme der Prüfungsleistung in zeitlicher Hinsicht nicht ohne jede normative Eingrenzung zu lassen, vorzugsweise also eine Mindestdauer und eine Höchstdauer festzulegen. Rechtsstaatliche Anforderungen erzwingen jedoch keine minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer der Klausur. Die aus Demokratieprinzip, Rechtstaatsprinzip und den Grundrechten hergeleitete Wesentlichkeitstheorie, nach der alle Fragen, die für die Ausübung der Grundrechte wesentlich sind, vom Gesetzgeber als Legislative selbst zu entscheiden sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.7.1972, 1 BvL 32/70 u.a., BVerfGE 33, 303, juris Rn. 86 f.; Beschl. v. 21.12.1977, 1 BvL 1/75 u.a., BVerfGE 47, 46, juris Rn. 89 ff.), gibt nicht unmittelbar dafür etwas her, welche Gegenstände der Satzungsgeber als Teil der Exekutive regeln muss. Vielmehr ist anerkannt, dass den Hochschulen im Rahmen der sich vor allem aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Grundsätze der Chancengleichheit und des prüfungsrechtlichen Fairnessgebots immer noch ein erheblicher Gestaltungsspielraum für konkrete Festlegungen vor allem zum Prüfungsverfahren, Prüfungsstoff und zu den Voraussetzungen für das Bestehen verbleibt (Baasch/Delfs, a.a.O., Rn. 2). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten wird einerseits durch die Grundrechtspositionen der Studierenden gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, andererseits durch die in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde, wertentscheidende Grundsatznorm begrenzt (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2015, 1 BvR 2218/13, NVwZ 2015, 1444, juris Rn. 18). Zu den rechtsstaatlichen Anforderungen gehört es zwar, zeitliche Vorgaben für die einzelnen Prüfungsleistungen vorzusehen (Lenz, in Epping, Hrsg., Niedersächsisches Hochschulgesetz, 1. Aufl. 2016, § 7 Rn. 63). Doch ist insoweit damit nicht das Gebot einer normativen Totalregelung ohne jeden Spielraum verbunden. Insoweit ist nicht der Zugang zu Studium und Prüfung selbst betroffen (dazu vgl. OVG Münster, Beschl. v. 15.6.2015, 13 B 505/15, juris Rn. 5), sondern die Ausgestaltung der Prüfung.

73

Belässt der Normgeber einer Hochschulprüfungsordnung den Prüfern für die Abnahme einer Prüfung einen Spielraum, indem er hinsichtlich der Dauer der Prüfungsleistung statt einer fixen Vorgabe einen gewissen Zeitrahmen bestimmt, so lassen sich dafür sachliche Gründe finden. Dies gilt selbst ausgehend davon, dass die Lehrfreiheit der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG grundsätzlich nicht durch normative Festlegungen zum Umfang der Prüfungsleistung berührt sind (Lenz, a.a.O., Rn. 61), sondern allenfalls dann, wenn davon Rückwirkungen auf die inhaltliche und methodische Gestaltung der Lehrveranstaltung ausgehen (BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005, 6 BN 1/05, NVwZ-RR 2006, 36, juris Rn. 4). Die der Hochschule eröffneten gesetzlichen Spielräume dürfen nicht in einer vom Gesetzgeber nicht intendierten und mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbaren Weise verengt werden (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2015, a.a.O., Rn. 23). Dies spricht für eine Auslegung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG, der Hochschule als Satzungsgeber die Entscheidung darüber vorzubehalten, ob die Satzung selbst oder – in einem von der Satzung gezogenen Rahmen – die Prüfer die Prüfungsdauer minutengenau festlegen. Es erscheint auch nicht sachwidrig, wenn die Hochschule die Konkretisierungsdichte der Satzungsbestimmung über die Dauer der Prüfungsleistung beschränkt, um dadurch den Prüfern einen Spielraum zu belassen, wie weit sie den zum Gegenstand der konkreten Klausur gemachte Ausschnitt des sich aus der Modulbeschreibung ergebenden Prüfungsstoffs ziehen und wie lange zu diesem Zweck die Klausur dauern soll.

74

Das Gebot der Chancengleichgleichheit in berufsbezogenen Prüfungen aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG, welches das Prüfungsrecht beherrscht (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 53), erfordert nichts anderes. Dem Gebot vergleichbarer Prüfungsbedingungen kann auch ohne eine bereits in der Satzung fixe Festlegung der Prüfungsdauer Genüge getan werden. Innerhalb eines Prüfungstermins folgt aus dem Gebot der Chancengleichheit, dass die Prüfungsbedingungen einschließlich der Prüfungsdauer, so gut es geht, gleich sein müssen. Außerhalb desselben Prüfungstermins genügt es, dass die Prüfer die Prüfungszeit im Rahmen sachgerechter Gesichtspunkte unter Beachtung der Chancengleichheit der Prüflinge festsetzen (OVG Münster, Beschl. v. 15.7.2011, 14 B 699/11, juris Rn. 10). Insoweit kann in Ermangelung einer normativen Vorgabe die ständige Übung als Maßstab zugrunde gelegt worden, von dem etwaige Abweichungen zu rechtfertigen sind (OVG Münster, Urt. v. 4.12.2013, 14 A 2138/12, juris Rn. 27). Auch muss sich der Prüfling bereits vor Anfertigung der Prüfungsleistung auf die angesetzte Prüfungsdauer einstellen können. Der Prüfling ist dadurch weder rechtlos noch rechtsschutzlos gestellt. Auf rechtzeitige und substantiierte Rüge hin kann er überprüfen lassen, ob die benannten rechtsstaatlichen Anforderungen im Einzelfall erfüllt sind.

75

Dem entspricht es, dass in der Rechtsprechung auch der Obergerichte kein Verstoß gegen die jeweils einschlägigen höherrangigen Anforderungen, einschließlich der genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen gesehen wird, wenn es in den Prüfungsbestimmungen an einer fixen normativen Vorgabe für die Dauer einer berufsbezogenen Prüfung fehlt. Unbeanstandet geblieben sind Prüfungsbestimmungen, welche hinsichtlich der Dauer einer Prüfungsleistung lediglich eine ungefähre Dauer festlegen (OVG Münster, Urt. v. 17.7.1991, 22 A 1533/89, juris Rn. 5), nur eine Höchstdauer bestimmen (VG Düsseldorf, Urt. v. 2.5.2007, 15 K 676/06, juris Rn. 56; vgl. OVG Münster, Beschl. v. 24.5.2006, 14 B 610/06, juris Rn. 7; VG Hamburg, Urt. v. 14.9.2016, 2 K 295/16) oder nur eine Mindestdauer bestimmen (VG München, Urt. v. 10.7.2012, M 16 K 12.377, juris Rn. 9). Ein in den Prüfungsbestimmungen vorgegebener Zeitrahmen ist gleichfalls in der Rechtsprechung unbeanstandet geblieben (FG Hannover, Urt. v. 24.4.2008, 6 K 26/08, EFG 2008, 1156, juris Rn. 21; VG Berlin, Urt. v. 25.2.2015, 12 K 324.14, juris Rn. 19).

76

Der § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG zu entnehmende gesetzgeberische Regelungsauftrag, Bestimmungen über die Dauer von Prüfungsleistungen aufzunehmen, läuft in dieser Auslegung auch nicht leer. Die Gesetzesvorschrift gibt dem Satzungsgeber auf, die Prüfungszeit sowohl durch Angabe einer Höchstdauer „nach oben“ als auch durch Angabe einer Mindestdauer „nach unten“ zu begrenzen. Dies wäre ohne § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG nicht selbstverständlich. Denn es begegnen, wie die zitierte Rechtsprechung belegt, vielfach Prüfungsbestimmungen, die keine Vorgabe über die Prüfungszeit enthalten oder die Prüfungszeit nur „nach oben“ oder nur „nach unten“ begrenzen und im Übrigen offen lassen. Allerdings darf der in der Prüfungsordnung angegebene Zeitrahmen nicht so weit gefasst sein, dass der Prüfungsordnung hinsichtlich der Dauer der Prüfungsleistung jede praktische Steuerungswirkung abzusprechen wäre. Denn der Gesetzgeber hat mit der spezifischen Vorgabe in § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG ersichtlich darauf abgezielt, dass der Prüfungsordnungsgeber selbst eine Eingrenzung der Prüfungsdauer vornimmt. Ob die gebotene normative Eingrenzung der Prüfungszeit gegeben ist, bemisst sich dabei anhand des vorfindlichen Spektrums, in dem sich die Dauer von berufsbezogenen Prüfungen üblicherweise bewegt.

77

bb. Nach dem vorstehenden Maßstab ist der in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 gezogene Rahmen, dass die Klausur mindestens 45 und höchstens 180 Minuten dauert, – noch – hinreichend eng, um dem Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG gerecht zu werden.

78

Die eröffnete Spannweite ist zwar in relativer Hinsicht beachtlich – die Maximaldauer ist viermal so lang wie die Minimaldauer einer Klausur. In einer Klausur von geringerer Dauer kann der Prüfer nur einen kleineren Ausschnitt des der Lehrveranstaltung entsprechenden Prüfungsstoffs abprüfen als dies bei einer längeren für die Anfertigung der Klausur zur Verfügung stehenden Zeit der Fall wäre. Doch ändert sich in absoluter Hinsicht für den Prüfling das Wesen der Prüfung nicht. Eine Klausur von knapp einer Stunde einerseits oder eine Klausur von drei Stunden andererseits stellt für einen Prüfling eine gewisse, aber doch begrenzte Belastung dar. Der Prüfling muss auf den der Lehrveranstaltung entsprechenden Prüfungsstoff vorbereitet sein, unabhängig davon, ob er nun in einem größeren oder einem kleineren Ausschnitt zum Gegenstand der Klausur gemacht wird.

79

Ein Fall mangelnder normativer Eingrenzung ist nicht festzustellen. Vielmehr ist in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 durch die dort festgelegte Mindestdauer der Klausur von 45 Minuten eine untere Grenze und durch die dort festgelegte Höchstdauer von 180 Minuten eine obere Grenze gezogen, die aus dem vorfindlichen Spektrum, in dem sich die Dauer von berufsbezogenen Prüfungen üblicherweise bewegt, einen gewissen Ausschnitt im unteren bis mittleren Bereich herausgreift und damit die Dauer der Prüfungsleistung normativ bestimmt. Das vorfindliche Spektrum der üblichen Dauer schriftlicher Prüfungen reicht weit über das Doppelte der in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO festgesetzten Höchstdauer der Klausur von drei Stunden hinaus. So dauert beispielsweise eine Aufsichtsarbeit in der Bilanzbuchhalterprüfung vier Stunden (gemäß § 5 Abs. 3 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Fortbildungsabschluss Geprüfter Bilanzbuchhalter und Geprüfte Bilanzbuchhalterin v. 26.10.2015; BGBl. I S. 1819 – BibuchhFPrV 2015), eine Aufsichtsarbeit in der zweiten Staatsprüfung für Juristen fünf Stunden (gemäß § 8 Abs. 1 der Übereinkunft der Länder Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg und Schleswig-Holstein über ein Gemeinsames Prüfungsamt und die Prüfungsordnung für die zweite Staatsprüfung für Juristen, ratifiziert durch Gesetz v. 26.6.1972, HmbGVBl. S. 119; m. spät. Änd. – LÜ), eine Aufsichtsarbeit in der Steuerberaterprüfung vier bis sechs Stunden (gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften v. 12.11.1979, BGBl. I S. 1922, m. spät. Änd. – DVStB) und eine Aufsichtsarbeit in der Lebensmittelchemikerprüfung acht Stunden (gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerinnen und Lebensmittelchemiker v. 3.11.2015, HmbGVBl. S. 294 – APO-LMChem). In § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 ist auch eine untere Grenze der Prüfungsdauer gezogen und auf 45 Minuten festgesetzt. Die praktische Wirksamkeit dieser normativen Festsetzung zeigt sich darin, dass ohne die angegebene Mindestdauer auch ein Kurztest von geringerer Dauer als Prüfungsleistung nicht ausgeschlossen wäre.

80

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit unter Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 05/11/2015 00:00

Tenor Der Bescheid vom 26. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2014 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass dem Kläger mindestens drei Prüfungsversuche für die Hausarbeit im Lehrprojekt „Entrepreneurship I“ zus
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Tenor 1. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2013 - BVerwG 6 C 18.12 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.
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published on 04/12/2013 00:00

Tenor Das angegriffene Urteil wird geändert:Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 2011 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 2. September 2011 wird aufgehoben.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.Das Urteil ist w
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published on 16/01/2017 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des..
published on 16/01/2017 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
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Annotations

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Prüfungsaufgaben der Aufsichtsarbeiten werden von der für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörde im Einvernehmen mit den übrigen für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden gestellt. Sie bestimmt die zulässigen Hilfsmittel und die Bearbeitungszeit. Die Bearbeitungszeit soll für jede Arbeit mindestens vier und höchstens sechs Stunden betragen. Die zuständige Steuerberaterkammer bestimmt in der Ladung zur schriftlichen Prüfung, ob die Arbeiten mit der Anschrift und der Unterschrift des Bewerbers oder mit der zugeteilten Kennzahl zu versehen sind.

(2) Die Prüfungsaufgaben sind geheim zu halten. Sie sind von der zuständigen Steuerberaterkammer an den jeweiligen Prüfungstagen dem Aufsichtsführenden in der erforderlichen Anzahl zur Verteilung an die erschienenen Bewerber auszuhändigen.

(3) Auf Antrag hat die zuständige Steuerberaterkammer körperbehinderten Personen für die Fertigung der Aufsichtsarbeiten der Behinderung entsprechende Erleichterungen zu gewähren. Der Antrag soll mit dem Antrag auf Zulassung zur Prüfung gestellt werden. Die zuständige Steuerberaterkammer kann die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses verlangen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.