Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 19. Juni 2014 - 15 K 596/10

bei uns veröffentlicht am19.06.2014

Tenor

Hinsichtlich der Klagen der Klägerinnen zu 3) und 4) wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 10. Dezember 2009 und vom 7. April 2014 und der Widerspruchsbescheide vom 5. Februar 2009 und vom 15. Mai 2014 - soweit diese entgegenstehen - verpflichtet, den Klägerinnen zu 1) und 5) eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen und den Anspruch der Klägerin zu 6) auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage des Klägers zu 2) und der Klägerin zu 6) abgewiesen.

Von den Gerichtskosten tragen die Beklagte 17/28, der Kläger zu 2) 6/28, die Klägerin zu 4) 2/28 und die Klägerin zu 6) zu 3/28. Von den außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte 19/34, der Kläger zu 2) trägt 6/34, die Klägerin zu 4) 6/34 und die Klägerin zu 6) 3/34.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Zuziehung einer Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen.

2

Bei den Klägern handelt es sich um eine Roma-Familie aus Südost-Serbien, die die serbische Staatsangehörigkeit besitzt. Die 1977 geborene Klägerin zu 1) und der 1976 geborene Kläger zu 2), die seit 1992 nach Romaart und seit 1996 standesamtlich miteinander verheiratet sind, stammen aus der Stadt Vranje. Dort kamen auch drei ihrer vier Töchter, die Klägerinnen zu 3) bis 5), die 1994 geborene X , die 1995 geborene Y und die 1997 geborene Z , zur Welt. Die Klägerin zu 1) hat in ihrer Heimat bis zur 7. Klasse die Sonderschule besucht und anschließend keinen Beruf erlernt und auch nicht gearbeitet. Der Kläger zu 2) hat in seiner Heimat 6 1/2 Jahre die Schule besucht und hiernach in der Metzgerei seines Onkels und als Gelegenheitsarbeiter auf dem Bau und in der Landwirtschaft gearbeitet. Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) sprechen von Haus aus serbokroatisch und Romani. Die näheren Verwandten der Kläger mit Ausnahme einer Schwester der Klägerin zu 1) wohnen noch im Heimatland. Die Kläger zu 1) und 2) tragen hierzu vor, dass ihre Eheschließung von beiden Familien nicht akzeptiert worden sei, da der Ehemann aus einem albanisch-muslimisch geprägten Haushalt stamme, während die Ehefrau aus einem religiös nicht geprägten Elternhaus komme. Die Klägerin zu 1) habe mit ihrer eigenen Familie auch gebrochen, weil ihre Mutter ihr nahe gelegt habe, ihr jüngstes behindertes Kind umzubringen, da ein solches dort nicht akzeptiert werde.

3

Im Januar 2000 reisten die Eltern und die älteren Töchter ohne Visum auf einem LKW in das Bundesgebiet ein. Die Eltern wiesen sich durch jugoslawische Personalpapiere () aus und gaben an, dass sie wegen des Krieges Serbien verlassen hätten. Sie würden von allen schlecht behandelt, insbesondere von den Albanern und den Serben. Ihr Aufenthalt wurde fortan geduldet, da die Antragsteller kein Asylverfahren durchführen wollten und damals Abschiebungen nach Serbien nicht durchgeführt wurden. Die Familie lebte fortan von öffentlicher Unterstützung.

4

2000 wurde die jüngste Tochter, A , die Klägerin zu 6), bereits in Deutschland geboren. Sie leidet an Trisomie 21 (Down-Syndrom) und wurde mit einem kleinen Loch in der Herzscheidewand geboren, das sich später aber geschlossen hat. Sie ist geistig behindert und in ihrer Entwicklung verzögert sowie sehr infektanfällig. Praktisch ab ihrer Geburt war sie in fortlaufender ärztlicher Behandlung. Aktuell besucht sie im 7. Jahr die Schule für Geistigbehinderte W..

5

Mit Bescheid vom 24. April 2002 wurde die Familie aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Andernfalls werde sie nach Jugoslawien abgeschoben. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein: Der Kläger zu 2) könne nicht zurückkehren, da er aus der Armee desertiert sei. Außerdem leide das jüngste Kind an Trisomie 21. Die Krankheit könne im Heimatland nicht angemessen behandelt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2002 wurde der Widerspruch bestandskräftig zurückgewiesen. In einem Gutachten vom 5. Juli 2002 hatte der hierzu befragte Vertrauensarzt der Botschaft der Bundesrepublik in Belgrad allerdings die Meinung vertreten, dass die Klägerin zu 6) in Jugoslawien keine adäquate Betreuung und Behandlung erfahren werde.

6

Im Dezember 2002 begehrten die Kläger, die inzwischen nach Hamburg umverteilt worden waren, die Gewährung politischen Asyls. Diese Anträge wurden mit Bescheid vom 21. Januar 2003 abgelehnt: Auch die Behinderung der Klägerin zu 6) begründe kein Abschiebungshindernis, da sie weder eine Dauermedikation noch eine sonstige Behandlung benötige, die für die vitalen Funktionen unabdingbar sei. Hiernach wurde die Familie mit dem Ziel der Vorbereitung einer Rückkehr in ihr Heimatland weiter geduldet.

7

Im August 2003 wurde der Beklagten vom Heimatstaat des Klägers zu 2) dessen Übernahme zugesagt. Dieser wurde hierüber informiert und gebeten, die gemeinsame Ausreise der Familie vorzubereiten. Andernfalls sei seine Rückführung geplant.

8

Hierauf wandte sich der Kläger zu 2) im September 2003 in einer Eingabe an die Hamburgische Bürgerschaft, um nicht vorab ohne seine Familie abgeschoben zu werden. Die Behandlung dieser Eingabe wurde zur weiteren Aufklärung ausgesetzt. Erst im Juni 2005 wurde ihr nicht abgeholfen.

9

Ein schon im Oktober 2003 insbesondere unter Hinweis auf die kranke Klägerin zu 6) gestellter Antrag der Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis wurde mit Bescheid vom 30. Dezember 2003 abgelehnt: Die Familie verfüge nicht über Pässe und außerdem sei ihr Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden. Abschiebungshindernisse bestünden nicht, wie bereits im Asylverfahren festgestellt worden sei. Fristgemäß legten die Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2004 zurückgewiesen wurde. Das hierauf folgende Klageverfahren (15 K 1761/04) wurde nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags wegen Nichtbetreibens mit Beschluss vom 14. Juli 2005 eingestellt.

10

Im August 2005 gelang es der Beklagten, Passersatzpapiere für die Heimreise der Familie zu beschaffen. Eine Abschiebung war für Oktober beabsichtigt. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 ließen die Kläger mitteilen, dass sie in ihre Heimat zurückgekehrt seien. Tatsächlich hatte sich die Familie aber illegal nach Schweden begeben und dort erfolglos versucht, Asyl zu erlangen.

11

Am 6. Dezember 2005 stellten die Kläger, die inzwischen wieder in Hamburg waren, einen Asylfolgeantrag. Dieser wurde durch Bescheid vom 24. Februar 2006 als unbeachtlich eingestuft, so dass kein weiteres Asylverfahren durchgeführt wurde.

12

Als die Kläger am 3. Mai 2006 in ihr Heimatland abgeschoben werden sollten, wendeten sie sich in einem Eilverfahren an das Verwaltungsgericht, das mit Beschluss vom 2. Mai 2006 (21 E 1330/06) im Hinblick auf den aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin zu 6) die Abschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung untersagte. Das Kind hatte einige Zeit zuvor einen mehrstündigen epileptischen Krampfanfall erlitten und sich deswegen in stationärer Behandlung befunden. Noch im Juli 2007 bescheinigte das Gesundheitsamt der Beklagten ihm deswegen Reiseunfähigkeit.

13

Bereits am 28. April 2006 hatten die Kläger im Hinblick hierauf beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Antrag auf Feststellung von Abschiebungshindernissen gestellt, der zu dem Zeitpunkt noch nicht beschieden war. Mit Bescheid vom 5. Mai 2006 wurde dies Begehren abgelehnt, da die Klägerin zu 6) das bei Krampfanfällen nötige Medikament auch in ihrem Heimatland erhalten könne. Auf die hiergegen erhobene Klage (2 A 483/06) holte das Verwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zur gesundheitlichen Situation der Klägerin zu 6) ein, welches unter dem 7. Januar 2008 zu dem Ergebnis kam, dass das Kind als Grunderkrankung eine Trisomie 21 habe. Die Patientin habe zudem einen Herzfehler, der aktuell nicht behandlungsbedürftig sei. Sie leide an einer mentalen Retardierung und zunehmenden Verhaltensauffälligkeiten, weshalb sie eine Behindertenschule besuche. Im April 2006 habe sie einen längeren epileptischen Anfall erlitten und später nach Aussage der Familie noch zwei kürzere Anfälle im Zusammenhang mit fieberhaften Infekten. Deshalb sei eine Epilepsie anzunehmen. Einer antiepileptischen Dauermedikation bedürfe sie jedoch nicht. Für den Fall des Auftretens weiterer epileptischer Anfälle seien einerseits die rasche Zugänglichkeit zur medikamentösen Unterbrechungsmedikation sowie andererseits die Einleitung einer medikamentösen antiepileptischen Dauertherapie zu erwägen. Überhaupt hätten Kinder, die an Trisomie 21 litten, ein sechs- bis achtfach erhöhtes Mortalitätsrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Deshalb werde bei diesem Patienten eine kontinuierliche und systematische ärztliche Vorsorge und Eingebundenheit in ein funktionierendes Gesundheitssystem gefordert. Mit Urteil vom 4. Juni 2008 wurde die Klage abgewiesen: Es erscheine nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin zu 6) unter Berücksichtigung ihres Krankheitsbildes bei einer Rückkehr nach Serbien einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG ausgesetzt wäre. Das Risiko weiterer schwerer epileptischer Anfälle sei nur sehr gering. Die dann nötigen Medikamente seien auch in Serbien erhältlich. Mit Beschluss vom 10. Juni 2009 lehnte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (3 Bf 331/08.AZ) den Antrag der Kläger, die Berufung hiergegen zuzulassen, ab.

14

Bereits am 13. März 2008 war dem weiterhin geduldeten Kläger zu 2) die befristete Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung im Bereich der Hotelreinigung erteilt worden. Er arbeitete hierauf in einem Hotel als „Roomboy“. Ein Antrag des Klägers zu 2), seine Duldung mit der Auflage „Beschäftigung erlaubt“ zu versehen, wurde mit Bescheid vom 16. Mai 2008 und vom 11. März 2009 abgelehnt, da der geforderte ununterbrochene Mindestaufenthalt von vier Jahren noch nicht erfüllt sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2009 zurückgewiesen, weil die Vierjahresfrist erst nach der Wiedereinreise aus Schweden zu laufen begonnen habe. Mit Bescheid vom 23. März 2010 wurde den Klägern zu 1) und 2) allgemein die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt.

15

Der Kläger zu 2) trat mehrfach strafrechtlich in Erscheinung: So gibt es Verurteilungen aus dem Jahr 2003 wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen, aus dem Jahr 2004 wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei unterschiedlichen Fällen zu jeweils 30 Tagessätzen, aus dem Jahr 2005 wegen gemeinschaftlichen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall von 120 Tagessätzen, aus dem Jahr 2007 wegen vorsätzlichen Gebrauchs eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherung zu 20 Tagessätzen sowie aus dem Jahr 2008 und dem Jahr 2009 wegen vorsätzlichen Führens eines Kraftfahrzeugs ohne Fahrerlaubnis zu 20 und zu 80 Tagessätzen. Zu Ermittlungs- und Strafverfahren nach Klageerhebung hat das Gericht keine Feststellungen getroffen.

16

Am 16. September 2009 beantragten die bloß geduldeten Kläger die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG: Hinsichtlich der Klägerin zu 6) liege aufgrund ihrer geistigen Behinderung ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis vor. Sie besuche eine Schule für Geistigbehinderte und werde aufgrund ihrer Behinderung in allen Lebensbereichen lebenslang auf Hilfe angewiesen sein. Sie können nur wenige Worte sprechen und ihre Fähigkeiten seien auch im Vergleich zu anderen Kindern mit Trisomie 21 als eher schwach einzuordnen. In Serbien stehe eine aufgrund ihrer Behinderung erforderliche Förderung nicht zur Verfügung. Sie sei in Deutschland geboren und aufgewachsen, weshalb der für sie notwendige Schulbesuch ein schützenswerter Bereich ihres Privatlebens im Sinne von Art. 8 EMRK sei. Auch die älteren Schwestern hätten ein Aufenthaltsrecht erworben, da sie seit 9 Jahren in Deutschland lebten, überwiegend deutsch sprächen und kein Serbokroatisch könnten. Eine gesellschaftliche Eingliederung im Herkunftsland sei insbesondere auch unter den Bedingungen der Diskriminierung der Roma dort für sie nicht möglich. Beigefügt waren ein aktuelles Zeugnis und pädagogische Stellungnahmen der Schule für Geistigbehinderte W.. Darin wurde festgestellt, dass die Klägerin zu 6) in ihrer Klasse gut integriert sei. Sie benötige sehr viel Förderung und zeige in vielen Bereichen feststellbare Fortschritte. Im Bereich sprachlicher Kompetenzen sei eine sehr deutliche Unterentwicklung festzustellen. Ohne dauerhafte pädagogische Förderung würden ihr wichtige Entwicklungschancen genommen werden.

17

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2009, zugestellt am 14. Dezember 2009, lehnte die Beklagte die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab: Die Familie komme bereits ihrer Passpflicht nicht nach. Auch sei sie illegal eingereist und bestreite ihren Lebensunterhalt nicht selbst. Ferner seien Asylanträge unanfechtbar abgelehnt worden. Schließlich liege auch kein tatsächliches oder rechtliches Ausreisehindernis in der Erkrankung der Klägerin zu 6). Das Kind sei reisefähig und benötige keine Dauermedikation. Auch liege kein Fall einer tief greifenden Verwurzelung in die hiesigen Lebensverhältnisse im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK vor. Die Familie lebe von öffentlichen Mitteln, der Kläger zu 2) sei in nicht unerheblichem Maße straffällig geworden, und es habe auch keine totale Entwurzelung aus der Heimat stattgefunden. Die Familie sei durch die dortigen Verhältnisse geprägt worden und könne dort auch wieder ein soziales Umfeld aufbauen. Die minderjährigen Kinder hätten insoweit das Schicksal ihrer Eltern zu teilen. Eine Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung des § 104a AufenthG komme schon deshalb nicht in Betracht, da der Kläger zu 2) zahlreiche Straftaten begangen und allein die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen einen Ausschlussgrund begründet habe.

18

Am 14. Januar 2010 legten die Kläger Widerspruch ein.

19

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2010 wies die Beklagte diesen Widerspruch zurück: Die Kläger hätten zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen dürfen, im Bundesgebiet bleiben zu dürfen. Die Kinder seien zwar schon früh mit ihren Eltern ins Bundesgebiet gekommen. Die drei älteren Mädchen besuchten nur eine Förderschule, würden voraussichtlich keinen anerkannten Schulabschluss erwerben und sich daher schwerlich wirtschaftlich integrieren können. Da die Mutter kaum deutsch spreche, müsse davon ausgegangen werden, dass auch die Kinder die serbische Sprache sprächen. Die Klägerin zu 6) bleibe in der geschützten familiären Einbindung, wenn sie nach Serbien reisen müsse. Zwar entspreche der Standard der Förderungsmöglichkeiten in Serbien nicht dem in Deutschland; auf diesen habe die Familie aber auch keinen Anspruch. Im Falle einer Rückkehr nach Serbien sei es der Familie zumutbar, sich dort mithilfe ihrer Großfamilie einzuleben. Ihr privates Interesse an einem Verbleib in Deutschland müsse hinter einwanderungspolitischen Belangen zurücktreten. Außerdem komme eine Verwurzelung nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines Vertrauens auf dessen Fortbestand in Betracht. Beides sei nicht gegeben, schon weil die Antragsteller ihren Aufenthalt durch wiederholte Asylanträge vorsätzlich verlängert hätten. Schließlich seien die allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG nicht gegeben.

20

Am 8. März 2010 haben die Kläger Klage erhoben und tragen ergänzend vor: Der angefochtene Bescheid verletze sie in ihren Rechten aus Art. 8 EMRK. Die minderjährigen Kläger lebten seit dem Jahr 2000 in Deutschland. Innerhalb der Familie werde die Sprache der Roma benutzt. Allerdings hätten die Töchter bei einigen Vokabeln oder Formulierungen bereits Schwierigkeiten, sich in dieser Sprache auszudrücken, und müssten deutsche Worte dafür nehmen. Die drei älteren Töchter sprächen fließend Deutsch, ebenso der Kläger zu 2). Die Klägerin zu 1) spreche Deutsch nicht fließend, könne sich aber ausdrücken und verstehe deutlich mehr, als sie sprechen könne. Die Klägerin zu 6) könne sich aufgrund ihrer Behinderung sprachlich nur eingeschränkt ausdrücken, sie verstehe aber Deutsch und Romani. Serbisch sprächen nur die Eltern. Seit dem Verlassen des Herkunftslandes hätten die Kinder sich dort nicht mehr aufgehalten. Kontakte dorthin bestünden nicht. Das jüngste Kind sei aufgrund seiner Behinderung auf die hiesigen Strukturen angewiesen und besuche eine Schule für Geistigbehinderte. Die Eltern hätten nicht die Qualifikation, die nötige Förderung in der Familie zu leisten. Allen Kindern sei die Rückkehr ins Herkunftsland jedenfalls dann nicht zuzumuten, wenn dieses ihnen unbekannt und fremd sei, sie eine Ausbildung dort nicht fortsetzen könnten und ihnen dort letztlich wegen der Entwurzelung nur ein Leben am Rande der Gesellschaft bliebe. Mit den im Heimatland verbliebenen Familienangehörigen habe es insbesondere wegen der behinderten Tochter erhebliche Probleme gegeben. Einige hätten verlangt, das Kind in ein Heim zu geben oder umzubringen. Eine Verwandte des Klägers zu 2) habe ihr eigenes behindertes Kind sogar verhungern lassen und dem Kläger nahe gelegt, mit seiner Tochter dasselbe zu tun. Statt zu den eigenen Großeltern hätten die Kinder jetzt regelmäßigen Kontakt zu dem deutschen Staatsangehörigen Herrn Lothar Baer, den die Familie vor einigen Jahren über Nachbarn kennen gelernt habe und der jetzt eine Art Ersatz-Großvater geworden sei. Alle Kinder besuchten hier die Schule. Die Klägerin zu 1) sei bisher nicht erwerbstätig gewesen. Der Kläger zu 2) habe zeitweise eine Halbtagsstelle als Reinigungshelfer gehabt, sei dann aber wieder arbeitslos geworden. Die Arbeitssuche gestalte sich wegen der nur befristeten Duldungen für ihn als schwierig. Weiterhin erhalte die Familie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Töchter verbrächten ihre Freizeit hauptsächlich mit Schulfreundinnen. Die Klägerin zu 5) besuche außerdem eine Hiphop-Tanzgruppe an ihrer Schule. Dass die Familie lediglich geduldet worden sei, stehe der Anwendung des Art. 8 EMRK nicht entgegen.

21

Die Kläger beantragen,

22

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 10. Dezember 2009 und vom 7. April 2014 und der Widerspruchsbescheide vom 5. Februar 2009 und vom 15. Mai 2014 zu verpflichten, den Klägern eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen.

23

Die Beklagte beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidungen.

26

Durch Beschluss vom 25. Januar 2011 ist der Rechtsstreit auf die Vorsitzende als Einzelrichterin übertragen worden.

27

Im Einzelnen hat sich die Situation der Familienmitglieder seither wie folgt entwickelt:

28

Die Klägerin zu 3) schloss bereits im Juni 2010 die Förderschule ab. Am 25. Februar 2012 wurde sie Mutter eines Sohnes, der die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Aufgrund dieses Kindes wurde ihr mittlerweile eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen erteilt. Insoweit haben beide Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Mittlerweile hat sie noch ein zweites Kind und wohnt mit ihrer Familie in der Nähe der Wohnung der Mutter und Schwestern, zu denen sie engen Kontakt hält.

29

Die Klägerin zu 4) schloss im Sommer 2012 die 10. Klasse der Förderschule ab und besuchte hiernach für ein Jahr die staatliche Gewerbeschule als Berufsvorbereitungsschule. Bereits unter dem 16. Februar 2012 wurde für sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG beantragt, der bisher nicht beschieden wurde. Im April 2013 wurde bei ihr die Krankheit Morbus Crohn diagnostiziert, die fortlaufend starke Beschwerden verursacht und neben fortlaufender medikamentöser Behandlung immer wieder stationärer Aufenthalte bedarf. Eine Ausbildung hat die Klägerin zu 4) deshalb noch nicht begonnen. Sie ist schwanger und soll voraussichtlich am 25. September 2014 entbinden. Aufgrund ihrer derzeit sehr angespannten gesundheitlichen Situation bedarf sie erheblicher Hilfe und lebt deshalb bei ihrer Mutter. Am 9. Mai 2014 hat sie im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand einen Asylfolgeantrag gestellt, um Abschiebungsschutz zu erhalten. Hierüber wurde noch nicht entschieden. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ihr zugesichert, ihr im Hinblick auf die Schwangerschaft und ihre Erkrankung eine Duldung über vorerst ein halbes Jahr zu erteilen. Vor dem Hintergrund der Sperrwirkung des laufenden Asylverfahrens hat die Klägerin zu 4) daraufhin ihre Klage zurückgenommen.

30

Die Klägerin zu 5) besucht noch die Förderschule, derzeit die 10. Klasse. Ihr Ziel ist, einen Hauptschulabschluss zu erwerben. Deshalb beabsichtigt sie, im nächsten Schuljahr die Gewerbeschule G 20 zu besuchen und dort den Abschluss zu machen. Im Vergleich zu ihren Schwestern hatte sie die besten Noten und auch die geringsten Fehlzeiten in der Schule. Im Abschlusszeugnis nach der 9. Klasse erreichte sie Noten von ausreichend bis gut. Sie möchte eine Berufsausbildung machen, um später im Bereich der Kindererziehung, am liebsten mit behinderten Kindern, zu arbeiten. Ihre Lehrer rechnen sie zu den lernfreudigen Schülern ihrer Schule, die sich durch einen regelmäßigen Schulbesuch, ein angemessenes Verhalten, Pünktlichkeit, großen Lerneifer und regelmäßige Hausaufgabenerledigung auszeichnen. Sie sei ein ausgesprochen höfliches, hilfsbereites und lernwilliges Mädchen, das die Klassenatmosphäre positiv beeinflusse. Besonders beeindruckend sei ihre Haltung vor dem Hintergrund ihres Umfeldes, das von ungesicherter Perspektive, Abschottung, Gewalt und Kriminalität geprägt sei. In zwei Praktika - in der Gastronomie und in einer Vorschulklasse - wurde die Klägerin zu 5) von ihren Ausbildern sehr gelobt und ihre Leistungen wurden sehr gut bewertet.

31

Für die Klägerin zu 5) wurde unter dem 25. Januar 2013 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG beantragt. Dies wurde mit Bescheid vom 7. April 2014 abgelehnt. In ihrem Widerspruch vom 12. Mai 2014 machte die Klägerin zu 5) geltend, dass sie mit gutem Erfolg die Schule besuche und gute Aussichten auf eine Integration in den Arbeitsmarkt habe. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2014 zurückgewiesen: Die Klägerin zu 5) besuche lediglich die Förderschule und habe noch keinen Schulabschluss erworben. Gefordert sei aber mindestens ein Hauptschulabschluss. Außerdem wiesen ihre Zeugnisse erhebliche Abwesenheitszeiten auf. Des Weiteren scheide auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG aus. Denn die die Klägerin zu 5) genieße nicht den Schutz des Art. 8 EMRK, da sie keine faktische Inländern sei.

32

Am 17. Juni 2014 hat die Klägerin zu 5) auch gegen diese Bescheide Klage erhoben: Da sie noch die Schule besuche, müsse sie noch keinen Hauptschulabschluss erworben haben. Auch könne nicht aus Fehltagen geschlossen werden, dass sie nicht integriert sei und den angestrebten Abschluss nicht schaffen werde.

33

Die Klägerin zu 6) besucht seit August 2007 die Förderschule für Geistigbehinderte, mittlerweile im 7. Jahr. Gesundheitsbedingt weist sie immer wieder hohe Fehlzeiten auf. Im Januar 2012 kam es erneut zu cerebralen Krampfanfällen. Ende Dezember 2012 musste sich die Klägerin zu 6) im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf einer schweren Operation an der Halswirbelsäule unterziehen. Sie weist hiernach immer noch Störungen in der Gangsicherheit und der Feinmotorik auf. Nach der Operation konnte sie für lange Zeit die Schule nicht besuchen, so dass sie für das Schuljahr 2012/13 kein Zeugnis erteilt bekommen hat. Sie hat aber inzwischen den Schulbesuch wieder aufgenommen. Ihr Schulleiter attestiert ihr in einer aktuellen Stellungnahme vom 3. Mai 2014 eine umfangreiche Entwicklungsverzögerung in den Bereichen des Denkens, der Sprache, der Motorik und der psychosozialen Entwicklung unter den Bedingungen eines Down-Syndroms mit körperlichen Beeinträchtigungen. Sie habe einen hohen Förderbedarf in allen Bereichen, der nachhaltig und langfristig gegeben sei. Insbesondere bedürfe sie der Förderung durch die Logopädie, Ergotherapie und Psychomotorik. Im Vergleich zu anderen Kindern mit Down-Syndrom zeige sie eine deutliche Unterentwicklung sprachlicher Kompetenzen und brauche deshalb gerade auf diesem Gebiet besondere Förderung. Es sei unbedingt anzuraten, sie an der jetzt besuchten Schule weiter zu unterrichten. Ein Abbruch oder eine Verschlechterung der Förderung hätte nicht nur weit reichende Konsequenzen für relevante Lernbereiche, sondern auch sehr deutliche Auswirkungen auf die emotionale Entwicklung des Mädchens.

34

Im Jahr 2012 verließ der Kläger zu 2), der weiterhin arbeitslos ist, die Familie, nachdem er eine andere Frau kennen gelernt hatte, und zog nach Bergedorf. Die Klägerin zu 1), die weiterhin den Haushalt führt und sich um die behinderte Klägerin zu 6) und die kranke und schwangere Klägerin zu 4) kümmert, wollte hiernach keinen Kontakt mehr mit ihm haben. Zur Klägerin zu 4) hatte der Kläger zu 2) weiterhin Kontakt, zu den anderen Töchtern hat er diesen erst vor einiger Zeit wieder aufgenommen.

35

Mittlerweile verfügen alle Kläger über serbische Pässe mit Ausnahme der in Deutschland geborenen Klägerin zu 6). Für diese stellte das serbische Konsulat bisher keinen Pass aus, da sie aufgrund ihrer Geburt in Deutschland noch nicht in ihrem Heimatland als Staatsangehörige registriert ist.

36

Im April 2014 ist den Klägern mitgeteilt worden, dass nunmehr ihre Abschiebung beabsichtigt sei, sofern sie nicht vorher freiwillig ausgereist seien.

37

Am 19. Juni 2014 ist in der Sache mündlich verhandelt worden. Die Sachakten der Beklagten sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

I.

38

Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist bzw. insoweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO (analog). Dies betrifft die Klagen der Klägerinnen zu 3) und 4).

II.

39

Auch wenn über humanitäre Aufenthaltsrechte nach § 25 Abs. 5 AufenthG und § 25a AufenthG mit unterschiedlichen Bescheiden entschieden wurde, kann über diese Ansprüche durch das Gericht nur einheitlich entschieden werden. Denn der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch die Aufenthaltszwecke, aus denen ein Kläger seinen Anspruch herleitet (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 4.9.2007, 1 C 43/06, BVerwGE 129, 226 ff., juris Rn. 12). Aufenthaltszweck ist jeweils ein humanitärer, so dass der Streitgegenstand derselbe bleibt, egal ob die begehrte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf § 25 Abs. 5 AufenthG oder auf § 25a AufenthG gestützt wird. Der Klagantrag vom 17. Juni 2014 ist deshalb, was das Verpflichtungsbegehren betrifft, bereits von der anhängigen Klage vom 8. März 2010 umfasst gewesen. Allein die Aufhebung neu erlassener entgegenstehender Bescheide stellt eine sachdienliche und gebotene Klageerweiterung dar (§§ 91 Abs. 1, 44 VwGO).

III.

40

Die zulässige Klage der Kläger zu 5) und 1) führt in der Sache ganz und die Klage der Klägerin zu 6) führt teilweise zum Erfolg. Im Einzelnen gilt folgendes:

41

1. Die Klägerin zu 5) hat Anspruch auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs. 5 S. 2 AufenthG. Die dem entgegenstehenden Bescheide sind rechtswidrig und verletzen sie in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

42

Die Klägerin zu 5) erfüllt die besonderen Regelerteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG (unten a.). Auch steht ihrem Anspruch nicht das Fehlen allgemeiner Erteilungsvoraussetzungen entgegen (unten b.)

43

Keiner weiteren Prüfung bedarf deshalb hier, ob die Klägerin zu 5) – was als zweifelhaft erscheint, da die Klägerin den Hauptschulabschluss auch nach Abschluss der 10. Klasse noch nicht geschafft haben wird – derzeit bereits die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG erfüllt. Insbesondere schließt die objektiv bestehende Möglichkeit, einen Anspruch aus § 25a AufenthG geltend machen zu können, einen gleichzeitig vorliegenden Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht aus(vgl. neuestens OVG Hamburg, Beschluss vom 28.5.2014, 3 Bs 245/12, UA S. 3 f.; grundlegend bereits VG Hamburg, Urteil vom 29.5.2013, 17 K 446/12, juris Rn. 30 ff.; siehe auch ähnlich BayVGH, Beschluss vom 12.3.2013, 10 CE 12.2697, InfAuslR 2013, 281 ff., juris Rn. 13 ff.). Dies folgt bereits daraus, dass die Regelungen des § 25 Abs. 5 AufenthG und des § 25a AufenthG einen völlig unterschiedlichen Hintergrund und auch eine unterschiedliche Zielsetzung haben. Mit § 25a AufenthG sollte gut integrierten geduldeten Jugendlichen und Heranwachsenden eine eigene gesicherte Aufenthaltsperspektive eröffnet werden, wenn sie aufgrund ihrer bisherigen Integrationsleistungen die Gewähr dafür bieten, sich in die hiesigen Lebensverhältnisse einzufügen(Deutscher Bundestag, Drucksache 17/4401, S. 16). Dabei orientiert die Vorschrift sich vorrangig an objektiv feststellbaren schulischen Integrationsleistungen, während die Situation des Jugendlichen für den Fall einer Rückkehr in sein Heimatland ohne Bedeutung bleibt. Eine umfassende humanitäre Perspektive ist der Vorschrift fremd. Insbesondere dem durch Art. 8 EMRK gebotenen Schutz des Familien- und Privatlebens Jugendlicher würde es nicht gerecht, wenn dieser allein auf ausbildungsbezogen in besonderer Weise integrierte Personen beschränkt würde und deshalb unter besonders ungünstigen Integrationsbedingungen lebende oder behinderte Jugendliche von völkervertragsrechtlich und mittlerweile auch gemeinschaftsrechtlich gewährten Menschenrechten generell ausschlösse.

44

a. Die Regelerteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 S. 2 AufenthG liegen vor. Zwar gibt diese Vorschrift keinen strikten Rechtsanspruch, sondern lediglich einen Soll-Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.2012, 1 B 22/11, juris Rn. 4). Dies bedeutet aber, dass für den Regelfall eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll. Ein atypischer Sachverhalt, der Grund gäbe, im Falle der Klägerin zu 5) von der Regel abzuweichen, ist hier nicht ersichtlich.

45

Nach § 25 Abs. 5 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Dies alles ist hier der Fall:

46

aa. Die Abschiebung der Klägerin zu 5) ist seit mindestens 18 Monaten ausgesetzt. Außerdem ist die Klägerin zu 5) mittlerweile unverschuldet an der Ausreise gehindert, da Ausreisehindernis ihre Verwurzelung in Deutschland ist. Verwurzelung stellt als solche kein Fehlverhalten, sondern regelmäßig eine anzuerkennende Integrationsleistung dar. Verschuldet können lediglich die Umstände sein, die die Möglichkeit zum langen Verbleib im Bundesgebiet und damit zur Verwurzelung gegeben haben. Dass der lange Aufenthaltszeitraum, den die Klägerin zu 5) mittlerweile vorweisen kann, auch auf Umstände zurückzuführen ist, die ihre gesetzlichen Vertreter damals möglicherweise verschuldet haben, ist im Rahmen der der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung angemessen zu berücksichtigen und steht absolut weder einer Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG entgegen(vgl. bereits z.B. VG Saarlouis, Urteil vom 30.11.2006, 10 K 31/06, juris Rn. 77 f.), noch scheidet die Klägerin zu 5) deshalb von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 8 Abs.1 EMRK aus(so entsprechend für einen unrechtmäßigen Voraufenthalt OVG Hamburg, Beschluss vom 5.5.2014, 4 Bs 98/14, juris Rn. 19).

47

bb. Die Ausreise der Klägerin zu 5) ist auch rechtlich unmöglich, so dass alle besonderen Erteilungsvoraussetzungen für das hier begehrte humanitäre Aufenthaltsrecht vorliegen.

48

Eine Ausreise ist rechtlich unmöglich i.S.v. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, wenn es dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Hiervon ist vor allem dann auszugehen, wenn auch einer Abschiebung rechtliche Hindernisse entgegenstehen, weil der Begriff der Ausreise i.S.v. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG sowohl die freiwillige als auch die zwangsweise Ausreise umfasst. Die Ausreise ist danach insbesondere unzumutbar und deshalb unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht oder aus Völkervertragsrecht in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, so aus der EMRK (vgl. m.w.N. OVG Hamburg, Beschluss vom 5.5.2014, 4 Bs 98/14, juris Rn. 9).

49

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung u.a. seines Privat- und Familienlebens; der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Dem in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auch im Hinblick auf die Folgen für den Ausländer selbst widersprechen, durch behördliche Maßnahmen die Voraussetzungen für einen weiteren Verbleib im Vertragsstaat zu beseitigen(vgl. grundlegend EGMR, Urteile vom 26.03.1992, 55/1990/246/317, „Beldjoudi“, EuGRZ 1993, 556 ff., und vom 26.9.1997, 85/1996/704/896, „Mehemi“, InfAuslR 1997, 430 ff.), insbesondere bei Ausländern, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu welchem sie keinen Bezug (mehr) haben, nicht zuzumuten ist (vgl. insbes. EGMR, Urteil vom 18.2.1991, 31/1989/191/291, “Moustaquim“, InfAuslR 1991, 149 f.).

50

Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt. Ein Eingriff in die Rechte aus Art. 8 Abs. 1 EMRK muss nach Art. 8 Abs. 2 EMRK eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellen, die durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und mit Blick auf das verfolgte legitime Ziel auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist(vgl. m.w.N. BVerfG, Beschluss vom 21.2.2011, 2 BvR 1392/10, InfAuslR 2011, 235 ff., juris Rn. 19).

51

aaa. Unzweifelhaft ist hier der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK eröffnet:

52

Insoweit kann die Klägerin zu 5) insbesondere die lange Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland anführen. Sie reiste im Alter von 2 Jahren zusammen mit ihren Eltern nach Deutschland ein und lebt mittlerweile - abgesehen von einem kurzen Aufenthalt in Schweden - durchgängig seit mehr als 14 Jahren im Bundesgebiet, das sind 7/8 ihrer Lebenszeit. In ihren ersten zwei Lebensjahren, die sie nur in der Familie verbrachte, haben die Verhältnisse in Serbien sie nicht prägen können. Sie lernte kein Serbisch und konnte angesichts ihres geringen Lebensalters mit den dortigen Lebensumständen und der dortigen Kultur nicht vertraut werden. Ab dem Alter von zwei Jahren wuchs sie in Deutschland heran und wurde durch ihr hiesiges Lebensumfeld geprägt.

53

Auch die Minderjährigkeit der Klägerin zu 5) steht einer individuellen Betrachtung ihres Privatlebens nicht entgegen. Angesichts ihres heutigen Lebensalters von 16 ½ Jahren genügt eine familienbezogene Gesamtbetrachtung ihrer Lebensumstände (vgl. dazu m.w.N. z.B. Nieders. OVG, Beschluss vom 9.11.2010, 8 PA 265/10, juris Rn. 6) nicht mehr, um den notwendigen Schutz ihres Privatlebens beurteilen zu können. Sie muss nicht mehr, wie deutlich jüngere Kinder, zwangsläufig das Schicksal ihrer Eltern teilen. Vielmehr ist sie bereits in einem Alter, das es zulässt, ihre Integrationsleistungen und ihr weiteres Schicksal auch unabhängig vom Elternhaus zu betrachten (so für Kinder ab 12 Jahren VG Hamburg, Urteil vom 29.5.2013, 17 K 446/12, juris Rn. 37).

54

Schließlich steht einer Anwendung des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin zu 5) bisher zu keiner Zeit erlaubt in Deutschland aufgehalten hat, sondern lediglich geduldet war. Denn es gibt keine zwingenden konventionsrechtlichen Gründe, die dafür sprechen, dass ein schutzwürdiges Privatleben nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand dieses Aufenthalts bestehen kann (vgl. grundlegend OVG Hamburg, Beschluss vom 5.5.2014, 4 Bs 98/14, juris Rn. 15 ff.; so auch ständige Rechtsprechung der erkennenden Kammer, z.B. Beschluss vom 20.1.2012, 15 E 1363/11).

55

bbb. Eine Beendigung dieses lange währenden und prägenden Aufenthalts der Klägerin zu 5) in Deutschland diente zwar dem legitimen Zweck, einen fortwährend unrechtmäßigen Aufenthalt zu beenden und Deutschland von der weiteren Zahlung von Sozialleistungen an die Klägerin zu 5) und von weiteren Ausbildungskosten zu entlasten. Angesichts der bisherigen Integrationsleistungen der Klägerin zu 5) und ihrer vollständigen Entwurzelung aus ihrem Heimatland wäre eine solche Maßnahme jedoch unverhältnismäßig und verstieße damit gegen Art. 8 Abs. 2 EMRK.

56

Bei einer umfassenden Gewichtung und Würdigung aller relevanten Gesichtspunkte ist der Klägerin zu 5) eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht zumutbar, da sie ihr Privatleben faktisch nur im Bundesgebiet führen kann:

57

Zu Serbien hat die Klägerin zu 5) keinerlei Beziehungen entwickeln können. Sie kann die Sprache nicht sprechen und kennt das Land nicht. In den ersten Lebensjahren hat sie mit ihren Eltern deren Muttersprache Romani gesprochen. Dieses nützt ihr im offiziellen Leben in Serbien nichts. Sie müsste, um in ihrem Herkunftsland handlungsfähig zu werden, zuerst die dortige Sprache erlernen. Ihr Herkunftsland ist ihr damit aktuell so fern und unbekannt wie jedes andere fremde Land. Hinzu kommt, dass sie im Falle eines Umzugs nach Serbien dort nicht als „Volksgenossin“ aufgenommen würde. Sie ist keine Serbin, sondern gehört erkennbar dem Volk der Roma an, dem die Serben sehr ablehnend entgegenstehen und dessen Angehörigen sie mit Misstrauen begegnen.

58

In Deutschland hingegen hat die Klägerin zu 5) für ihr Alter und ihre Lebensumstände bereits beachtliche Integrationsleistungen gezeigt, auch wenn sie noch nicht die Schwelle für einen Anspruch nach § 25a AufenthG überschritten haben dürfte. Die Klägerin zu 5) spricht fließend Deutsch und kann sich, wie die mündliche Verhandlung gezeigt hat, gut ausdrücken und auch in förmlichen Situationen angemessen und überzeugend verhalten. Sie hat hier seit ihrer Einschulung fortlaufend und regelmäßig die Schule besucht. Vieles spricht dafür, dass sie unter anderen Lebensbedingungen, insbesondere bei einer besseren Wohnsituation und in der Umgebung von bildungsinteressierten Personen trotz ihres Migrationshintergrundes ohne weiteres eine reguläre Grund- und hiernach eine Stadtteilschule erfolgreich hätte besuchen können. Bemerkenswert ist ihr Interesse an schulischer Bildung und einer Berufsausbildung. Gewisse Defizite, die ihre bisherige Beschulung an einer bloßen Förderschule hinterlassen hat, dürfte sie durch Engagement, ihren offenen und freundlichen Zugang auf Menschen sowie praktische Fertigkeiten kompensieren können. Gerade ihre Praktikumsbeurteilungen haben gezeigt, dass ihr Leistungsniveau im praktischen Bereich deutlich über den in der Schule nachgewiesenen Leistungen liegen dürfte. Zudem sind auch letztere unter den gegebenen Bedingungen noch respektabel. Angesichts der Belastungen, die eine schwerbehinderte Schwester für die Familie mit sich bringt, nach unfriedlicher Trennung der Eltern, schwerer Erkrankung der Schwester und trotz eines eher bildungsfernen, nicht deutschsprachigen Elternhauses, unter unzureichenden Wohnbedingungen in der Umgebung vieler problematischer Jugendlicher und in ständiger Gefahr, Deutschland umgehend verlassen zu müssen, hat sie entschlossen und konsequent die Schule besucht und sich bemüht, aus ihrer Lage das Beste zu machen. Dass es ihr hierbei ernst ist, zeigt bereits, dass sie im Vergleich zu anderen Kindern mit vergleichbarem Hintergrund nur recht geringe schulische Fehlzeiten aufgewiesen hat. Wenn es ihr gelingt, diesen Weg fortzusetzen, dürfte sie einen Hauptschulabschluss schaffen, der ihr den Weg zu einer regulären Ausbildung eröffnet. Als durchaus realistisch erscheint es, dass sie hiernach den angestrebten Ausbildungsberuf im Bereich der Kindererziehung und insbesondere der Betreuung behinderter Kinder ergreifen kann.

59

Da die Klägerin zu 5) mittlerweile in einem Alter ist, in dem vermehrt jugendtypische Straftaten auftreten, ist in die Abwägung auch positiv einzustellen, dass sie – trotz eines insoweit nicht unproblematischem Wohnumfeldes – bisher nicht straffällig geworden ist. Auch unter sehr angespannten finanziellen Bedingungen ist es ihr gelungen, nicht durch Laden- und andere Diebstähle aufzufallen. Den über Angehörige der Roma immer wieder kursierenden Vorurteilen entspricht sie gar nicht.

60

Für die soziale Integration der Klägerin zu 5) spricht ferner, dass sie in Deutschland viele Freunde außerhalb ihrer Herkunftsfamilie und auch außerhalb der Roma-Kreise gefunden hat. Dies sind zum einen ihre Freundinnen aus der Schule, zum anderen aber auch Herr Baer, der für sie die Rolle eines Ersatz-Großvaters angenommen hat und ein wichtiges Brückenglied zur deutschen Sprache und Kultur darstellt.

61

Auch ihre familiäre Einbindung spricht für einen Verbleib in Deutschland. Derzeit leben keine Verwandten, zu denen sie bisher Kontakt gehabt hätte, in Serbien. Auch wäre für den Rückkehrfall nicht zu erwarten, dass ihr jetzt in Deutschland lebende Familienangehörige bei einer Integration in Serbien nennenswerte Hilfeleistungen geben könnten (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.6.2009, 11 S 933/09, InfAuslR 2009, 386 ff., juris Rn. 8). Das Schicksal ihres Vaters, des Klägers zu 2), ist zwar noch unklar. Aber auch wenn dieser wieder nach Serbien ziehen sollte, ist nicht zu erwarten, dass er ihr bei der Integration dort in relevantem Maße hilfreich sein könnte. Er hat das Land im Jahr 2000 verlassen, weil er dort keine Arbeit gefunden und keine Zukunft gesehen hatte. Als muslimischer Rom wird er selbst Schwierigkeiten haben, dort zurechtzukommen. Außerdem hat sich der Vater durch die Trennung von seiner Ehefrau offensichtlich auch von den Kindern erheblich entfremdet, auch wenn er wohl gerade zur Klägerin zu 5) noch den besten Kontakt hat.

62

Hinsichtlich der Mutter und der Schwestern der Klägerin zu 5) ist eher zu erwarten, dass sie zukünftig in Deutschland und nicht in Serbien leben werden. Die älteste Schwester der Klägerin zu 5) will und darf dauerhaft in Deutschland bleiben. Dies ist auch für die zweitälteste Schwester (die Klägerin zu 4]) zu erwarten, die voraussichtlich im September ein deutsches Kind zur Welt bringen und mit diesem in Hamburg leben wird. Da auch der schwerbehinderten Klägerin zu 6) und zu deren Pflege und Versorgung der gemeinsamen Mutter, der Klägerin zu 1), ein Bleiberecht zu gewähren sein wird, werden mit Ausnahme des Vaters voraussichtlich alle nahen Familienmitglieder der Klägerin zu 5) bis auf Weiteres in Deutschland bleiben. Angesichts der starken familiären Bindungen der Familienmitglieder, die in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gekommen sind, ist dies für die Klägerin zu 5) ein wichtiger Umstand.

63

Der somit bereits deutlich feststellbaren, wenngleich noch entwicklungsfähigen Integration in die deutschen Verhältnisse steht das Fehlen jeglicher Bindungen an das Land der Staatsangehörigkeit entgegen. Es ist für den weiteren Lebensweg der Klägerin keinesfalls egal, ob sie in Deutschland oder Serbien leben muss. In Serbien hätte sie allenfalls nach einer langen Phase der Eingewöhnung, bei der ihr praktisch niemand helfen würde, eine Chance auf Integration.

64

Bei einer abwägenden Betrachtung sind keine nachteiligen Aspekte ihres weiteren Aufenthalts in Deutschland festzustellen, die das Gewicht haben könnten, ihr Interesse an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu überwiegen.

65

Zu ihren Lasten ist zwar zu bedenken, dass sie sich niemals wirklich erlaubt in Deutschland aufgehalten hat und auch lange Zeit keinen Anlass hatte, in den Fortbestand ihres Aufenthalts in Deutschland vertrauen zu dürfen. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass der Klägerin zu 5) schon angesichts ihres Alters dies alles nicht unmittelbar vorzuwerfen ist. Sie selbst hat sich zu keiner Zeit schuldhaft falsch verhalten, sondern muss sich allenfalls das Verhalten ihrer Eltern zurechnen lassen. Diesen ist dabei zugute zu halten, dass aus ihrer Sicht ernste Gründe – die angemessene Förderung und Behandlung der behinderten Klägerin zu 6) – dafür sprachen, Deutschland nicht zu verlassen. Für die Familie spricht außerdem, dass Falschangaben und Täuschungen, die ausländerrechtlich besonders unerwünscht sind, hier nicht Ursache der Aufenthaltsverfestigung waren. So wurden erhebliche Zeiträume der Duldung durch langwierige Ermittlungen des Eingabenausschusses und einen positiven gerichtlichen Eilbeschluss veranlasst. Dass der mehrfach von der Familie nachgesuchte Rechtsschutz missbräuchlich war, weil offensichtlich kein vernünftiger Anlass hierfür bestand, ist nicht festzustellen.

66

Dass die Klägerin zu 5) derzeit noch auf Sozialleistungen angewiesen ist, ist angesichts ihrer Ausbildungssituation und des fehlenden Einkommens ihrer Eltern zu tolerieren. Angesichts ihrer aufgeschlossenen Art und ihrer realistischen Berufsvorstellungen ist zu erwarten, dass sie in einigen Jahren grundsätzlich in der Lage sein wird, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

67

b. Die Klägerin zu 5) erfüllt auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis.

68

aa. Die Klägerin kommt mittlerweile ihrer Passpflicht nach (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 3 AufenthG).

69

bb. Der Umstand, dass die Klägerin zu 5) bisher nicht in der Lage war, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern, wie auch ihre Familie nicht in der Lage war, ihr ausreichenden Unterhalt zu gewähren, steht der begehrten Aufenthaltserlaubnis trotz der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht entgegen.

70

Keiner Klärung bedarf, ob hier nicht bereits eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung zu machen ist; denn jedenfalls ist das durch § 5 Abs. 3 S. 2 AufenthG eröffnete Ermessen der Beklagten, von dieser Voraussetzung absehen zu dürfen, auf eine positive Entscheidung reduziert. Insoweit hat die Beklagte ihre Ermessensentscheidung durch die Fachanweisung gemäß § 45 Abs. 2 Bezirksverwaltungsgesetz der Behörde für Inneres und Sport zum Ausländerrecht Nr. 1/2014 vom 30. April 2014 (B. II. 2. a], S. 25) dahingehend gebunden, dass die mangelnde Sicherung des Lebensunterhalts vom Ausländer grundsätzlich nicht zu vertreten ist und einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht entgegensteht, wenn der Ausländer Schüler – wie die Klägerin zu 5) – oder Auszubildender in einer anerkannten Maßnahme ist.

71

cc. Entsprechend stehen der begehrten Aufenthaltserlaubnis auch keine Ausweisungsgründe entgegen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Zwar stellt auch der Bezug von Sozialhilfe einen Ausweisungsgrund dar (§ 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG). Liegt dieser Fall bei einem Schüler vor, hat die Beklagte auch insoweit ihr Ermessen dahingehend gebunden, dass dieses unbeachtlich ist (Fachanweisung a.a.O, B. II. 2. b] S. 26).

72

Die bereits im Jahre 2000, als die Klägerin zu 5) erst 2 Jahre alt war, erfolgte illegale Einreise in das Bundesgebiet stellt keinen relevanten Ausweisungsgrund im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG dar.

73

dd. Auch steht der Umstand, dass die Klägerin zu 5) damals nicht mit dem erforderlichen Visum eingereist ist, der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht nach § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG entgegen.

74

Der Klägerin zu 5) ist es nicht zumutbar, das Visumverfahren in Serbien nachzuholen (§ 5 Abs. 2 S. 2 AufenthG). Der Visumverstoß liegt 14 Jahre zurück und wurde nicht durch sie selbst veranlasst; auch ist sie zwar bereits nach § 80 Abs. 1 AufenthG ausländerrechtlich handlungsfähig, trotzdem aber noch minderjährig und kann ihrer Schule nicht für längere Zeit fernbleiben. Zudem hat sie keinerlei Erfahrungen mit Auslandsreisen und kennt sich in Serbien nicht aus. Ihr Vater kann sie angesichts seines derzeitigen ausländerrechtlichen Status nicht dorthin begleiten, wie auch ihre Mutter wegen der fortgesetzten Betreuung der behinderten Schwester, die Klägerin zu 3) wegen ihrer kleinen Kinder und die Klägerin zu 4) wegen ihrer gesundheitlichen Situation nicht abkömmlich sind.

75

Zwar hat die Beklagte selbst bei Unzumutbarkeit der Nachholung des Visumverfahrens noch im Ermessenswege zu entscheiden, ob sie von diesem absieht. Ihr Ermessen hat sie in der bereits benannten Fachanweisung (B. II. 2. C], S. 27) aber dahingehend gebunden, dass von der Nachholung des Visumverfahrens in den Fällen des §§ 23 bis 26 AufenthG grundsätzlich abzusehen ist. Nichts spricht dafür, dies hier im Einzelfall abweichend zu beurteilen.

76

2. Die Klägerin zu 6) hat lediglich Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). Die dem entgegenstehenden Bescheide sind zwar rechtswidrig und verletzen sie in ihren Rechten. Auch erfüllt sie die Anspruchsvoraussetzungen des § 25 Abs. 5 S. 2 AufenthG. Die Sache ist aber noch nicht spruchreif, da die Klägerin zu 6) keinen serbischen Nationalpass besitzt und der Beklagten insoweit durch § 5 Abs. 3 S. 2 AufenthG ein Ermessen eingeräumt ist, ob sie jetzt bereits von der Passpflicht absieht oder aber die Erteilung eines serbischen Passes noch weiter abwartet.

77

a. Auch hinsichtlich der Klägerin zu 6) liegen die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 S. 2 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK vor. Anders als ihre Schwestern ist sie schwer geistig und körperlich behindert, so dass auch die Feststellung ihrer Integration in Deutschland entsprechend anderen Maßstäben unterliegt als bei gesunden Menschen (siehe dazu insbesondere OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 36 ff.).

78

Die Klägerin zu 6) wurde erst nach der Einreise der Eltern schon in Deutschland geboren und hat praktisch die gesamte Zeit ihres Lebens hier verbracht. Aufgrund ihrer schweren Behinderung kann sie nur unzureichend sprechen, versteht aber, wie in der mündlichen Verhandlung deutlich wurde, Deutsch. Zur serbischen Sprache hatte sie bisher keinerlei Kontakt. Während sich ihre Familienangehörigen ersichtlich liebevoll und fürsorglich um sie kümmern, erhält sie an ihrer Schule eine Förderung, die ihre Autonomie und ihre Handlungsfähigkeit fördert und stärkt. Im Zusammenspiel der Familie (Mutter und Schwestern) und der Schule für Geistigbehinderte konnte die Klägerin zu 6) bisher in einem Raum aufwachsen, der ihr trotz ihrer sehr schweren Behinderung starken emotionalen Halt und möglichst weit gehende Förderung verschafft hat. Allein dieses Umfeld ist ihr vertraut. Offensichtlich geht es ihr hier trotz ihrer schweren Behinderung und ihrer deutlichen gesundheitlichen Einschränkungen gut und sie fühlt sich wohl. Nach Abschluss der Schule wird sie voraussichtlich weiter von ihren Familienangehörigen betreut und umsorgt werden und kann in Ergänzung dazu eine Werkstatt für Behinderte besuchen, um auch zu anderen Personen freundschaftliche Kontakte zu unterhalten und einer sinnvollen und der Behinderung angemessenen Tätigkeit nachzugehen.

79

Im Falle einer Umsiedlung nach Serbien würde dieser private Raum zerstört werden; es wären keine menschenwürdigen Lebensbedingungen mehr gewährleistet. Von ihren Familienangehörigen würden voraussichtlich nur ihre Eltern sie begleiten, da die Schwestern in Deutschland Aufenthaltsrechte haben bzw. voraussichtlich erlangen werden. Da die Beziehung der Eltern stark zerrüttet ist, könnte nur die Mutter die nötige Pflege gewährleisten. Wie die mündliche Verhandlung deutlich gezeigt hat, hat die Klägerin zu 6) aber auch eine starke Bindung an ihre Schwestern. Wären diese für sie nicht mehr erreichbar, würde ihrem Leben ein ganz wesentliches stabilisierendes Element fehlen. Hinzu käme, dass die äußeren Lebensbedingungen in Serbien ihr nicht nur völlig fremd wären, sondern für sie auch deutlich härter als derzeit. Sie würde die Sprache der anderen Menschen nicht verstehen, erhielte keine weitere Förderung, da sie schon aus sprachlichen Gründen eine etwaig vorhandene Behindertenschule nicht sinnvoll besuchen könnte und hätte voraussichtlich als Perspektive, allein mit ihrer Mutter in allereinfachsten Verhältnissen von Sozialhilfemitteln und vom Betteln zu leben. Ein Freundeskreis oder ein weiterer Familienumkreis, der für die beiden sorgen würde, ist nach den glaubhaften Schilderungen der Familienmitglieder nicht vorhanden. Die Verwandten in Serbien, zu denen deshalb jeder Kontakt abgebrochen worden war, lehnen behinderte Menschen ab und waren schon nach der Geburt des Kindes der Ansicht, dass sein Leben nicht lebenswert sei.

80

Diesen gewichtigen Interessen der Klägerin zu 6), in ihrem gewohnten und fürsorglichen Umfeld in Deutschland bleiben zu können, steht allerdings das beachtliche öffentliche Interesse entgegen, in Zukunft für sie aufzuwendende öffentliche Mittel einsparen zu können. Erwartungsgemäß wird die Klägerin zu 6) niemals in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können. Außerdem wird sie in erheblichem Maße die Arbeitskraft ihrer Mutter binden, die deshalb auch zukünftig nur eingeschränkt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen kann. Angesichts der jede angemessene Lebensperspektive der Klägerin zu 6) vernichtenden Folgen einer Umsiedlung nach Serbien sind diese finanziellen Lasten ihres weiteren Aufenthalts aber nicht so bedeutsam, dass sie diesem entgegenstehen könnten.

81

b. Von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen steht nur die mangelnde Erfüllung der Passpflicht einem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen. Als erwerbsunfähige 13jährige Schülerin muss die Klägerin ihren Lebensunterhalt nicht selbst sichern können.

82

Da die Klägerin derzeit ihrer Passpflicht noch nicht nachkommt (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 3 AufenthG), liegt es im Ermessen der Beklagten, von dieser Regelerteilungsvoraussetzung abzusehen (§ 5 Abs. 3 S. 2 AufenthG). Nicht ersichtlich ist, dass bereits ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, der der Anwendung der Regelerteilungsvoraussetzung entgegensteht. Denn auch für die hier in Deutschland geborene und deshalb in den Registern Serbiens noch nicht eingetragene Klägerin zu 6) besteht grundsätzlich die Möglichkeit, einen serbischen Pass zu erlangen.

83

Nicht ersichtlich ist, dass das Ermessen der Beklagten allein auf die Entscheidung reduziert ist, der Klägerin zu 6) bereits jetzt eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, anstatt die Beschaffung eines serbischen Nationalpasses abzuwarten. Ob bereits jetzt - jedenfalls für eine Übergangszeit - eine Aufenthaltserlaubnis zusammen mit einem deutschen Passersatzpapier zu erteilen ist, wird insbesondere davon abhängen, welche Anforderungen die Klägerin zu 6) erfüllen muss, um einen serbischen Pass zu erhalten, und inwieweit diese ihr unter den gegebenen Bedingungen zumutbar sind. Insoweit fehlt es derzeit sowohl an entsprechenden Ermittlungen der Beklagten als auch an den hierauf gestützten Ermessenserwägungen.

84

Insoweit wird zu beachten sein, dass die Klägerin zu 6) ein dauerhaftes Verlassen der Bundesrepublik nicht zuzumuten ist. Ihre Abschiebung ist deshalb bis auf weiteres auszusetzen. Sollte die Beschaffung eines serbischen Passes ihre persönliche Anwesenheit in Serbien verlangen und ihr eine solche Reise gesundheitlich möglich und auch im Übrigen zumutbar sein, sind die rechtlichen Voraussetzungen dafür durch ein deutsches Passersatzpapier zu schaffen. Sofern sich die Beschaffung eines serbischen Passes als unzumutbar langwierig oder aufwändig erweist, ist die Aufenthaltserlaubnis unter Absehen von der Passpflicht zu erteilen.

85

3. Auch die Klägerin zu 1) hat Anspruch auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs. 5 S. 2 AufenthG. Die dem entgegenstehenden Bescheide sind rechtswidrig und verletzen sie in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

86

Die Klägerin zu 1) erfüllt zwar nicht aus Gründen der Verwurzelung in Deutschland, dafür aber aus familiären Gründen die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG (unten a.). Auch steht ihrem Anspruch nicht das Fehlen allgemeiner Erteilungsvoraussetzungen entgegen (unten b.)

87

a. Die Ausreise der Klägerin zu 5) ist rechtlich unmöglich, weil ihre weitere Anwesenheit in Deutschland zum Zwecke familiärer Beistandsleistungen für drei ihrer Töchter, die Klägerinnen zu 4) 5) und 6), dringend erforderlich ist. Dabei fallen diese Beistandsleistungen für die beiden minderjährigen Töchter bereits unmittelbar unter den Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG; die Beistandsleistungen für die mittlerweile volljährige Klägerin zu 4) fällt jedenfalls unter den Schutz der Familie nach Art. 8 EMRK, der sich nicht auf die Kernfamilie beschränkt. Denn der Familienbegriff des Art. 8 EMRK erfasst auch Beziehungen zwischen Eltern und ihren bereits erwachsenen Kindern, wenn besondere zusätzliche Aspekte der Abhängigkeit hinzutreten, die weiter reichen als normale gefühlsmäßige Bindungen(vgl. m. w. N. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5.2.2009, 11 S 3244/08, NVwZ-RR 2009, 617 ff., juris Rn. 16; vgl. insbesondere EuGH, Urteil vom 23.6.2008, 1636/03, „Mazlov“, InfAuslR 2008, 333 ff. [333]; EuGH, Urteil vom 17.4.2003, 52853/99, „Yilmaz“, NJW 2004, 2147 ff. [2148], Rn. 44).

88

Die Klägerin zu 1) lebt mit ihrer noch minderjährigen Tochter, der Klägerin zu 5) zusammen, die Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG hat, weil ihre Ausreise aus rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ihre elterlichen Beistandsleistungen kann sie deshalb nur im Bundesgebiet erbringen.

89

Außerdem betreut die Klägerin zu 1) ihre weitere minderjährige Tochter, die schwerbehinderte Klägerin zu 6). Zwar verfügt diese noch über keine Aufenthaltserlaubnis. Ihre Ausreise oder Abschiebung nach Serbien ist jedoch bis auf weiteres rechtlich unmöglich, so dass auch diese Tochter zukünftig bis auf weiteres in Deutschland leben wird. Auch ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Klägerin zu 6) in absehbarer Zeit sicher zu erwarten, da sie entweder den bisher fehlenden Nationalpass beschaffen kann oder vom Passerfordernis abzusehen ist. Anders als im Hinblick auf die Klägerin zu 5) (und auch im Hinblick auf die Klägerin zu 4]) ist im Hinblick auf die Klägerin zu 6) nicht zu erwarten, dass diese in nächster Zeit der elterlichen Fürsorge nicht mehr bedarf. Zum einen wird sie erst in mehr als 4 Jahren volljährig, zum anderen ist auch nicht zu erwarten, dass sie hiernach ohne den fortgesetzten Beistand insbesondere ihrer Mutter leben kann. Da familiäre Beistandsleistungen, insbesondere solche, wie sie hier von der Mutter und den Schwestern erbracht werden, nicht durch professionelle Beistandsleistungen (Behinderteneinrichtung, Pflegedienst) ersetzt werden müssen (m.w.N. BVerfG, Beschluss vom 17.5.2011, 2 BvR 1367/10, InfAuslR 2011, 286 f., juris Rn. 16), gebietet es der Schutz der Familie, der Klägerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, solange sie hier mit der schwer behinderten Klägerin zu 6) zusammenlebt und für diese sorgt (vgl. entsprechend OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 46 ff.).

90

Schließlich leistet die Klägerin zu 1) bis auf weiteres auch ihrer schwer kranken und schwangeren zweitältesten Tochter, der Klägerin zu 4), erhebliche Beistandsleistungen, die aktuell ihren weiteren Aufenthalt in Deutschland erfordern. Die Klägerin zu 4) ist aufgrund ihres derzeitigen gesundheitlichen Zustands zu einer Ausreise nicht in der Lage. Sie ist schwanger und krank und bedarf dringend der praktischen Versorgung durch ihre Mutter und deren menschlicher Zuwendung. Dieses wird sich auch dann nicht sofort ändern, wenn sie, wie es erwartet wird, im September Mutter eines deutschen Kindes wird. Angesichts ihres angeschlagenen Gesundheitszustandes und der offenbar doch beschränkten Mithilfe des werdenden Vaters wird die junge Mutter, die dann mit dem Säugling weiterhin bei der Klägerin zu 1) wohnen will, für längere Zeit auf deren Fürsorge und Unterstützung angewiesen sein.

91

b. Auch stehen die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hier nicht entgegen.

92

Die Klägerin zu 1) verfügt über einen serbischen Pass.

93

Aufgrund der Pflege insbesondere der behinderten Tochter, aber jetzt auch der erkrankten schwangeren Tochter ist die Beklagte verpflichtet, von der Regelerteilungsvoraussetzungen der Sicherung des Lebensunterhaltes abzusehen. Zwar wäre bei einer Stabilisierung des Gesundheitszustandes der Klägerin zu 6), die einen kontinuierlichen Schulbesuch zulässt, sowie einer Stabilisierung der gesundheitlichen Lage der Klägerin zu 4) der Mutter längerfristig eine gewisse Erwerbstätigkeit zumutbar. Derzeit sprechen die Lebensumstände der Familie aber dafür, dass sie einer solchen noch nicht nachgehen kann, schon weil sie eine regelmäßige und zuverlässige Berufsausübung nicht zu gewährleisten vermag, da die Töchter immer wieder unvermittelt ihrer Fürsorge bedürfen (vgl. Fachanweisung gemäß § 45 Abs. 2 Bezirksverwaltungsgesetz der Behörde für Inneres und Sport zum Ausländerrecht Nr. 1/2014 vom 30. April 2014 (B. II. 2. a], S. 25).

94

Auch ist der vor 14 Jahren gesetzte Ausweisungsgrund der illegalen Einreise nicht mehr beachtlich, da eine entsprechende Strafe, wäre sie verhängt worden, längst getilgt wäre.

95

Schließlich ist es auch der Klägerin zu 1) nicht zumutbar, den Visumverstoß durch Nachholung des Visumverfahrens zu heilen, da ihre fortwährende Anwesenheit im Bundesgebiet gefordert ist (§ 5 Abs. 2 S. 2 AufenthG). Ihr insoweit eingeräumtes Ermessen hat die Beklagte in der bereits benannten Fachanweisung (B. II. 2. C], S. 27) dahingehend gebunden, dass von der Nachholung des Visumverfahrens in den Fällen des §§ 23 bis 26 AufenthG grundsätzlich abzusehen ist. Nichts spricht dafür, dies hier im Einzelfall abweichend zu beurteilen.

96

4. Der Kläger zu 2) hat keinen Anspruch auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs. 5 S. 2 AufenthG. Die dem entgegenstehenden Bescheide sind rechtmäßig und verletzten ihn deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

97

Der Kläger zu 2) erfüllt die besonderen Regelerteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht (unten a.). Auch stünden einem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis allgemeine Erteilungsvoraussetzungen entgegen (unten b.)

98

a. Ein rechtliches Ausreisehindernis folgt für den Kläger zu 2) derzeit weder aus dem Schutz der Familie noch aus dem Schutz des Privatlebens nach Art. 8 EMRK.

99

Nicht ersichtlich ist, dass seine Ehefrau oder seine Töchter aktuell seiner fortwährenden Anwesenheit als Ehemann oder Vater bedürften. Von seiner Ehefrau hat er sich vor gut 2 Jahren getrennt, weil er eine andere Frau kennengelernt hat. Dies führte zugleich dazu, dass er auch mit den Töchtern keinen oder wenig Kontakt hatte. Insbesondere die behinderte Klägerin zu 6) wurde von ihm nicht gepflegt oder versorgt. Sie freute sich zwar in der mündlichen Verhandlung offensichtlich über seine Anwesenheit, scheint zugleich aber auch nicht sichtbar darunter gelitten zu haben, dass sie ihren Vater längere Zeit nicht gesehen hatte. Dies spricht dafür, dass auch ein unregelmäßiger Kontakt, wie er aufgrund von Besuchsreisen aus Serbien möglich ist, noch genügt, um dem Kindeswohl zu entsprechen. Auch die Klägerin zu 5), die im Herbst dieses Jahres bereits 17 Jahre alt wird, ist nicht auf seine dauerhafte Anwesenheit angewiesen, sondern kann ausreichenden Kontakt durch Besuchsreisen, Telefonate und E-Mails halten.

100

Besondere Integrationsleistungen, die eine Aufenthaltsbeendigung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK unverhältnismäßig erscheinen lassen, weist der Kläger zu 2) nicht auf. Zwar ist der Schutzbereich der Vorschrift eröffnet, da er sich wie die anderen Familienmitglieder seit 14 Jahren in Deutschland aufhält. Zudem spricht er hinlänglich Deutsch und scheint auch im Übrigen mit den hiesigen Verhältnissen vertraut zu sein. Ansonsten ist es ihm aber nicht gelungen, hier Fuß zu fassen. Erwerbstätig war er nur für kurze Zeit, obwohl ihm eine Erwerbstätigkeit seit mehreren Jahren rechtlich erlaubt ist. Er hat fortwährend Sozialleistungen bezogen und lebt auch nach der Trennung von der Familie in einem Pavillondorf von „f & w fördern und wohnen“ für wohnungslose Menschen. Für seine Familie konnte er keine Unterhaltsleistungen erbringen. Darüber hinaus ist er immer wieder straffällig geworden und zu erheblichen Geldstrafe verurteilt worden. Besondere positive Integrationsleistungen, die Grund für einen weiteren Aufenthalt sein könnten, hat er nicht geltend gemacht. Über eine besondere schutzwürdige Bindung zu seiner neuen Freundin und deren Familie hat er nichts berichtet.

101

Auch ist hinsichtlich des Klägers zu 2) nicht ersichtlich, dass er sich nicht wieder in Serbien integrieren könnte. Er hat dort die Schule besucht, insgesamt 24 Jahre dort gelebt und spricht die serbische Sprache. Er ist noch vergleichsweise jung, gesund und arbeitsfähig und dürfte deshalb in der Lage sein, in Serbien ein hinreichendes Auskommen zu finden. Zwar wird dieses nicht problemlos verlaufen, erscheint aber als möglich. Angesichts seiner nicht gelungenen Integration in Deutschland und seiner fortwährenden Arbeitslosigkeit wird sich für ihn die Lage in Serbien voraussichtlich nur deshalb ungünstiger darstellen, weil dort das Sozialhilfewesen schlechter ausgeprägt ist.

102

Vor dem Hintergrund, einen langwierigen unrechtmäßigen Aufenthalt zu beenden, die Ausgabe weiterer öffentlicher Mittel für den Kläger zu 2) zu sparen und die Allgemeinheit im Bundesgebiet vor zu erwartenden weiteren Straftaten zu schützen, erscheint es deshalb als nicht unverhältnismäßig, wenn der Aufenthalt des Klägers zu 2) beendet wird. Den Kontakt zu seinen Kindern, an denen er trotz der Trennung von der Familie zu hängen scheint, kann er durch gelegentliche Besuchsreisen, die keines Visums bedürfen und auch finanziell erschwinglich sind, pflegen. Zu diesem Zweck ist ihm anzuraten, freiwillig auszureisen und es nicht auf eine Abschiebung ankommen zu lassen, die seine weitere Einreise vorerst sperren würde.

103

b. Von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen stehen der Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis insbesondere entgegen, dass der Kläger zu 2) aufgrund seiner Verurteilungen Ausweisungsgründe gesetzt hat (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) und zudem fast fortlaufend nicht in der Lage war, auch nur seinen eigenen Lebensunterhalt zu sichern (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Gründe für die Annahme eines Ausnahmefalls oder für eine Ermessensentscheidung der Beklagten, von diesen Erteilungsvoraussetzungen abzusehen (§ 5 Abs. 3 S. 2 AufenthG), sind nicht ersichtlich.

IV.

104

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahren folgt aus §§ 155 Abs. 1 und 2, 161 Abs. 2 VwGO i.V.m § 100 Abs.1 ZPO. In Bezug auf die für erledigt erklärte Klage der Klägerin zu 3) entspricht es billigem Ermessen, auch deren Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Zwar ist die Erledigung hier nicht durch Erteilung der streitbefangenen humanitären Aufenthaltserlaubnis, sondern einer familienbezogenen Aufenthaltserlaubnis eingetreten. Es wäre aber wahrscheinlich gewesen, dass auch diese Klägerin, wie die Klägerin zu 5), obsiegt hätte, wenn in der Sache hätte entschieden werden müssen.

105

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2, 709 S. 2 ZPO.

106

Die Zuziehung einer Bevollmächtigten bereits im Widerspruchsverfahren war angesichts der rechtlichen Schwierigkeit der Sache erforderlich (§ 162 Abs. 2 S. 2 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 19. Juni 2014 - 15 K 596/10

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 19. Juni 2014 - 15 K 596/10

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 19. Juni 2014 - 15 K 596/10 zitiert 22 §§.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 91


(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 95 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,2. ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet a

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 23 Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden; Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interessen; Neuansiedlung von Schutzsuchenden


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergrup

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 104a Altfallregelung


(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen K

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 3 Passpflicht


(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im B

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25a Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und jungen Volljährigen


(1) Einem jugendlichen oder jungen volljährigen Ausländer, der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c oder seit mindestens zwölf Monaten im Besitz einer Duldung ist, soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn1.er sich seit drei Jahre

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 80 Handlungsfähigkeit


(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach diesem Gesetz ist ein Ausländer, der volljährig ist, sofern er nicht nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschäftsunfähig oder in dieser Angelegenheit zu betreuen und einem Einwilligungsvorbe

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 19. Juni 2014 - 15 K 596/10 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 19. Juni 2014 - 15 K 596/10 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 05. Mai 2014 - 4 Bs 98/14

bei uns veröffentlicht am 05.05.2014

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 30. April 2014 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers bis zur Unanfe

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 15. März 2012 - 7 A 11417/11

bei uns veröffentlicht am 15.03.2012

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. Juli 2011 wird der Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheide

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 16. Feb. 2012 - 1 B 22/11

bei uns veröffentlicht am 16.02.2012

Gründe 1 Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. 2

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 05. Feb. 2009 - 11 S 3244/08

bei uns veröffentlicht am 05.02.2009

Tenor Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., bewilligt. Er hat auf die Prozesskosten monatliche Raten von ... EUR zu zahlen. Auf die Beschwerde des
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 19. Juni 2014 - 15 K 596/10.

Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 18. Okt. 2016 - 2 E 4867/16

bei uns veröffentlicht am 18.10.2016

Tenor Den Antragstellern wird unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt … für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt. Die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz werden abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trage

Referenzen

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Gründe

1

Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Wird die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begehrt, setzt die hinreichende Darlegung dieses Zulassungsgrunds gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich ungeklärten und sowohl für das Berufungsurteil als auch die angefochtene Revisionsentscheidung entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus und verlangt außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr, vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328 m.w.N.). Diesen Darlegungsanforderungen genügt das Vorbringen der Beschwerde nicht.

3

Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob allein das Vorliegen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der Vorschrift ausreichend ist für die Eröffnung der Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 3 AufenthG oder ob auch tatsächlich die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung des Rechtsanspruchs gegeben sein müssen."

4

Mit diesem und dem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde keine klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts auf. In der Sache vertritt sie die Auffassung, dass der Kläger als Vater und Sorgeberechtigter eines minderjährigen deutschen Kindes trotz bestandskräftiger Ausweisung und Ablehnung seines Asylantrags nach § 30 Abs. 3 AsylVfG einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG habe. Dabei reiche für eine Ausnahme von der an das Asylverfahren des Klägers anknüpfenden Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aus, dass der Kläger die besonderen Tatbestandsvoraussetzungen einer Vorschrift des Aufenthaltsgesetzes erfülle, die die Erteilung eines Aufenthaltstitels für einen bestimmten Aufenthaltszweck näher ausgestalte (hier: § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG). In diesem Zusammenhang verkennt die Beschwerde, dass in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist, dass die Ausnahmeregelung in § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG nur strikte Rechtsansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfasst, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben und bei denen alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 C 37.07 - BVerwGE 132, 382 Rn. 21 ff.). Inwiefern unter diesen Umständen im vorliegenden Verfahren ein weiterer Klärungsbedarf besteht, wird nicht dargelegt. Dessen hätte es jedoch bedurft, nachdem der Kläger zwar die speziellen Erteilungsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erfüllt, der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen aber nach den - von der Beschwerde nicht beanstandeten - Feststellungen des Berufungsgerichts die bestandskräftige Ausweisung und die daran anknüpfende Titelerteilungssperre des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegensteht. In diesen Fällen kommt zwar die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht und gewährt § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG unter bestimmten Voraussetzungen einen Soll-Anspruch. Dies reicht hier für eine Ausnahme von der Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aber - ungeachtet des Vorliegens der speziellen Erteilungsvoraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG und der Frage, ob ein Anspruch aufgrund einer Soll-Regelung überhaupt für eine Ausnahme nach § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG genügt - nicht aus. Denn der Kläger hat nach den - von der Beschwerde nicht beanstandeten - Feststellungen des Berufungsgerichts aus § 25 Abs. 5 AufenthG schon deshalb keinen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG, weil er keinen gültigen Pass besitzt. Damit erfüllt er nicht die allgemeine Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, von der nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG in den Fällen des § 25 Abs. 5 AufenthG nur im Ermessenswege abgesehen werden kann.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 30. April 2014 geändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers bis zur Unanfechtbarkeit ihrer Verfügung vom 10. April 2013 auszusetzen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine bevorstehende Abschiebung.

2

Der 43 Jahre alte, in Deutschland geborene Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er war seit seinem 16. Lebensjahr bis 2005 im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen. In der Zeit zwischen 1992 und 2006 wurde er wiederholt strafrechtlich verurteilt, zuletzt mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Mai 2006 wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. Januar 2008 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aus und drohte ihm die Abschiebung an. Einen späteren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 29. März 2010 ab. Seine hiergegen erhobene Klage nahm der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zurück (15 K 338/11). Aus der Strafhaft wurde der Antragsteller im März 2011 auf Bewährung entlassen. Die restliche Freiheitsstrafe wurde ihm im März 2014 erlassen.

3

Im März 2013 beantragte der Antragsteller, ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. April 2013 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2013 zurück. Der Antragsteller erhob am 20. September 2013 Klage, über die noch nicht entschieden ist (13 K 3792/13).

4

Im März 2014 sprach der Antragsteller wegen einer möglichen Eheschließung mit seiner deutschen Lebensgefährtin bei der Antragsgegnerin vor. Am 22. April 2014 wurde der Antragsteller zur Sicherung der für den 6. Mai 2014 vorgesehen Abschiebung inhaftiert. Mit Bescheid vom 24. April 2014 befristete die Antragsgegnerin die Wirkung der Ausweisung sowie der vorgesehenen Abschiebung auf 10 Jahre Auslandsaufenthalt ab der Abschiebung.

5

Am 28. April 2014 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, ihm gegen die Abschiebung einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. April 2014 abgelehnt: Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Eine Abschiebung stelle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Familien- und Privatleben dar. Der Antragsteller sei zwar in Deutschland geboren worden und habe seither hier gelebt. Er habe den Hauptschulabschluss erworben, zeitweise als Gabelstaplerfahrer gearbeitet und er lebe jetzt mit seiner Lebensgefährtin zusammen und unterstütze sie bei der Erziehung ihrer Kinder. Gegen eine tiefgreifende Verwurzelung spreche aber entscheidend, dass er sich nicht wirtschaftlich integriert habe und dass er sich über viele Jahre nicht an die hiesige Rechtsordnung gehalten habe. Eine Integration in die Lebensverhältnisse der Türkei sei ihm möglich. Er sei in der Lage, sich in der türkischen Sprache zu verständigen und er könne dort durch seine Eltern unterstützt werden, die sich dort jedenfalls für mehrere Monate aufhielten.

6

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.

II.

7

A Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

8

Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen ist die angefochtene Entscheidung zu ändern und die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen. Ein Anordnungsgrund liegt unzweifelhaft vor, da die Antragsgegnerin beabsichtigt, den Antragsteller bereits am 6. Mai 2014 in die Türkei abzuschieben. Der Antragsteller hat zudem glaubhaft gemacht, dass seine Ausreise aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, sodass seine Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG voraussichtlich Erfolg haben wird, da die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen aus § 5 Abs. 1 AufenthG nicht notwendig entgegenstehen. Wegen des bestehenden Ausreise- und Abschiebungshindernisses ist ihm nach § 60a AufenthG bis dahin eine Duldung zu erteilen.

9

Eine Ausreise ist rechtlich unmöglich i.S.v. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, wenn es dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.2010, Buchholz 402.242 § 60a AufenthG Nr. 6, juris Rn. 3). Hiervon ist vor allem dann auszugehen, wenn auch einer Abschiebung rechtliche Hindernisse entgegenstehen, weil der Begriff der Ausreise i.S.v. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG sowohl die freiwillige als auch die zwangsweise Ausreise umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2012, InfAuslR 2012, 173, juris Rn. 8). Die Ausreise ist danach insbesondere unzumutbar und deshalb unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.6.2006, BVerwGE 126, 192, juris Rn. 17). Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht oder aus Völkervertragsrecht in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.2010, Buchholz 402.242 § 60a AufenthG Nr. 6, juris Rn. 3; Urt. v. 27.6.2006, BVerwGE 126, 192, juris Rn. 17; vgl. auch OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2012, 4 Bf 111/10, UA S. 10; Beschl. v. 20.9.2010, 4 Bf 90/10, BA S. 6).

10

Diese Voraussetzungen dürften mit Blick auf Art. 8 EMRK erfüllt sein. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Wenngleich aus Art. 8 EMRK grundsätzlich kein Recht eines Ausländers folgt, in einen bestimmten Vertragsstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten (vgl. EGMR, Entsch. v. 17.10.2004, Nr. 33743/03 [Dragan] Rn. 97, NVwZ 2005, 1043, juris; Urt. v. 16.6.2005, Nr. 60654/00 [Sisojewa I], InfAuslR 2005, 349; vgl. ferner BVerwG, Urt. v. 3.6.1997, NVwZ 1998, 189, juris Rn. 20), kann einem Ausländer bei fortschreitender Aufenthaltsdauer aus dem Recht auf Achtung des Privatlebens gleichwohl eine von dem betreffenden Vertragsstaat zu beachtende aufenthaltsrechtliche Rechtsposition zuwachsen (vgl. zum Vorstehenden: OVG Koblenz, Urt. v. 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 29; OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2012, 4 Bf 111/10, UA S. 11 f.).

11

Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist im Fall des Antragstellers eröffnet (hierzu unter 1.). Die Beendigung seines Aufenthalts dient einem legitimen Ziel, nämlich der Aufrechterhaltung der Ordnung und Verhütung von Straftaten (hierzu unter 2.). Die Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers erscheint aber unverhältnismäßig (hierzu unter 3.).

12

1. Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist im Fall des Antragstellers eröffnet. Dabei kann dahin stehen, ob sich der Antragsteller im Hinblick auf seine in Deutschland lebenden Familienangehörigen auch auf den Schutz des Familienlebens i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen kann, ob also die Reichweite des konventionsrechtlichen Schutzes insoweit über die grundgesetzliche Gewährleistung aus Art. 6 Abs. 1 GG hinausgeht (vgl. einerseits EGMR, Urt. v. 12.1.2010, Nr. 47486/06 [Abdul Waheed Khan] Rn. 32, InfAuslR 2010, 369; Urt. v. 10.7.2003, Nr. 53441/99 [Benhebba], InfAuslR 2004, 182; Urt. v. 15.07.2003, Nr. 52206/99 [Mokrani], InfAuslR 2004, 183; Urt. v. 9.10.2003, Nr. 48321/99 [Slivenko] Rn. 97, EuGRZ 2006, 560; vgl. auch OVG Hamburg, Urt. v. 29.1.2008, InfAuslR 2009, 64, juris Rn. 61; vgl. andererseits EGMR, Urt. v. 14.6.2011, Nr. 38058/09 [Osman], Rn. 55; Urt. v. 24.11.2009, Nr. 182/08 [Steven Omojudi] Rn. 36, InfAuslR 2010, 178; Urt. v. 23.06.2008, Nr. 1638/03 [Maslov II], InfAuslR 2008, 333, juris [Kurztext]; zum Vorstehenden insgesamt: VGH Mannheim, Beschl. v. 5.2.2009, AuAS 2009, 197, juris Rn. 16). Denn jedenfalls gehören die Beziehungen zu Familienangehörigen zu der Gesamtheit der sozialen Beziehungen, die das Privatleben i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen (vgl. EGMR, Urt. v. 14.6.2011, Nr. 38058/09 [Osman], Rn. 55; Urt. v. 12.1.2010, Nr. 47486/06 [Abdul Waheed Khan] Rn. 31, InfAuslR 2010, 369).

13

Das Recht auf Achtung des Privatlebens i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst die Summe der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für die Persönlichkeit eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.2.2011, InfAuslR 2011, 235, juris Rn. 19; Beschl. v. 10.5.2007, InfAuslR 2007, 275, juris Rn. 33; BVerwG, Urt. v. 27.1.2009, BVerwGE 133, 72, juris Rn. 21).

14

Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller in Deutschland ein Privatleben in dem vorgenannten Sinne. Er lebt sein gesamtes Leben, also seit fast 44 Jahren, in Deutschland. Er ist hier geboren und zur Schule gegangen. Er spricht die deutsche Sprache. Nahezu seine gesamte Familie lebt im Bundesgebiet. Wie seine in Deutschland erbrachten Integrationsleistungen zu gewichten sind, betrifft nicht die Frage, ob der Schutzbereich eröffnet ist, sondern ob ein Eingriff in den Schutzbereich i.S.v. Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt ist (vgl. EGMR, Urt. v. 25.3.2010, Nr. 40601/05 [Mutlag] Rn. 50, InfAuslR 2010, 325, juris; siehe auch OVG Koblenz, Urt. v. 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 30; OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011, InfAuslR 2011, 432, juris Rn. 51).

15

Der Eröffnung des Schutzbereich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK steht nicht entgegen, dass der Antragsteller im Jahr 2008 ausgewiesen wurde und sein Aufenthalt in den vergangenen Jahren deshalb nicht mehr legal gewesen ist, er sich vielmehr nur noch geduldet in Deutschland aufgehalten hat. Dieser Umstand nimmt dem Antragsteller weder die Möglichkeit, sich auf den Schutz seines Privatlebens zu berufen, noch steht er einer Berücksichtigung von Integrationsmomenten entgegen, die erst während dieser Zeit illegalen Aufenthalts entstanden sind.

16

Es ist in der Rechtsprechung und in der Literatur umstritten, ob sich ein Ausländer, dessen bisheriger Aufenthalt im „Gastland“ nicht legal war, auf Art. 8 Abs. 1 EMRK und den dort garantierten Schutz des Privatlebens berufen kann. Während ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertritt, dass sich auch ein Ausländer auf Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen könne, dessen bisheriger Aufenthalt nicht legal gewesen ist (so etwa OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2012, 4 Bf 111/10, UA S. S. 13 ff.; Urt. v. 24.3.2009, InfAuslR 2009, 279, juris Rn. 97; Beschl. v. 3.3.2009, 2 Bs 22/09, BA S. 7; Beschl. v. 20.8.2009, 3 Bs 104/09, BA S. 6 ff.; VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010, InfAuslR 2011, 250, juris Rn. 31 ff.; Beschl. v. 5.2.2009, AuAS 2009, 197, juris Rn. 17; OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011, InfAuslR 2011, 432, juris Rn. 49; Urt. v. 5.7.2011, InfAuslR 2011, 379, juris Rn. 34; OVG Magdeburg, Beschl. v. 13.9.2010, 2 M 132/10, juris Rn. 8), ist namentlich das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung, dass „ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, (…) grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht“ kommt (BVerwG, Urt. v. 26.10.2010, 1 C 18.09, AuAS 2011, 86; Urt. v. 30.4.2009, AuAS 2009, 194, juris Rn. 20; dem folgend OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.8.2010, AuAS 2011, 3, juris Rn. 5 ff.; Beschl. v. 19.7.2010, DVBl. 2010, 1113, juris Rn. 4 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.1.2012, OVG 3 B 19.10, juris Rn. 28; OVG Koblenz, Urt. v. 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 30; VGH München, Beschl. v. 11.8.2011, 19 CE 11.1347, juris Rn. 4; eingehend zum Streitstand m.w.N.: VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010, InfAuslR 2011, 250, juris Rn. 31 ff.).

17

Das Bundesverwaltungsgericht beruft sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: Gerichtshof). Dieser Rechtsprechung entnimmt der Senat indes nicht einen übergreifenden Rechtssatz, wonach der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK für Ausländer, deren bisheriger Aufenthalt nicht legal gewesen ist, nicht eröffnet sei (so auch die Einschätzung bei OVG Hamburg, Beschl. v. 20.8.2009, 3 Bs 104/09, BA S. 7 f.; VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010, InfAuslR 2011, 250, juris Rn. 33). Dies gilt namentlich für die Rechtssache „Nnyanzi“ (Urt. v. 8.4.2008, Nr. 21878/06 [Nnyanzi] Rn. 76, ZAR 2010, 189), auf die das Bundesverwaltungsgericht zum Beleg seiner Auffassung wiederholt Bezug genommen hat. In dieser Entscheidung hat es der Gerichtshof offen gelassen, ob der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK eröffnet ist. Die Bedeutung der Rechtmäßigkeit des Voraufenthalts hat er in diesem Zusammenhang nicht thematisiert. Erst im Rahmen seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK, zu der der Gerichtshof gelangt ist, weil er zu Gunsten der betreffenden Ausländerin unterstellt hat, der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK sei eröffnet, hat er u.a. darauf abgestellt, die betreffende Ausländerin habe zu keinem Zeitpunkt ein Aufenthaltsrecht innegehabt. Der Prüfungsansatz des Gerichtshof in der Sache „Nnyanzi“ spricht danach eher dafür als dagegen, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch eröffnet sein kann, wenn der bisherige Aufenthalt des Ausländers im „Gastland“ nicht rechtmäßig gewesen ist. Andernfalls hätte es nahe gelegen, sogleich die Eröffnung des Schutzbereichs zu verneinen.

18

Im Übrigen ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs uneinheitlich. In einigen Fällen hat er vertreten, der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK sei (insbesondere deshalb) nicht eröffnet, weil der betreffende Ausländer nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechts gewesen sei (vgl. EGMR, Entsch. v. 7.10.2004, Nr. 33743/03 [Dragan], NVwZ 2005, 1043, juris; weitere Nachweise bei OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.8.2010, AuAS 2011, 3, juris Rn. 11). In anderen Fällen hat der Gerichthof die Frage der (Dauer der) Rechtmäßigkeit des Aufenthalts hingegen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gewürdigt (vgl. EGMR, Urt. v. 25.3.2010, Nr. 40601/05 [Mutlag] Rn. 56, InfAuslR 2010, 325, juris; Urt. v. 30.1.2006, Nr. 50435 [da Silva und Hoogkamer], InfAuslR 2006, 298). Nicht zuletzt der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs lassen sich allerdings Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Fehlen eines rechtmäßigen Voraufenthalts einen Ausländer nicht hindert, sich auf Art. 8 Abs. 1 EMRK zu berufen. In der Rechtssache „Osman“ (Urt. v. 14.6.2011, Nr. 38058/09 [Osman], Rn. 65) anerkennt der Gerichtshof nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit, dass sich ein – nicht zuletzt im „Gastland“ aufgewachsener – Ausländer trotz zumindest zeitweise fehlender Aufenthaltserlaubnis auf den Schutz des Familien- und Privatlebens berufen könne.

19

Nach Auffassung des Senats gibt es keine zwingenden konventionsrechtlichen Gründe, die dafür sprechen, dass ein schutzwürdiges Privatleben i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand dieses Aufenthalts entstehen bzw. gegeben sein kann. Zwar hat der Gerichtshof in der Rechtssache „da Silva und Hoogkamer“ (Urt. v. 30.1.2006, Nr. 50435 [da Silva und Hoogkamer], InfAuslR 2006, 298) im Rahmen der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK ausgeführt, „dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird“. Dieser Ansatz gebietet es aber nicht, schon die Eröffnung des Schutzbereichs aus Art. 8 Abs. 1 EMRK zu verneinen, wenn ein Ausländer sich bislang ohne Aufenthaltsrecht im „Gastland“ aufgehalten hat. Der Gesichtspunkt der Illegalität des bisherigen Aufenthalts und das hierdurch berührte legitime Interesse der Vertragsstaaten, den Zuzug von Ausländern zu steuern und zu begrenzen, kann ebenso gut und mit dem gebotenen Gewicht im Rahmen der gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK vorzunehmenden Abwägung berücksichtigt werden. Auf diese Weise bleibt die Möglichkeit erhalten, jedem Einzelfall gerecht zu werden. Dies könnte nicht gewährleistet werden, wenn Ausländer, deren Voraufenthalt nicht legal gewesen ist, von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ausgeschieden werden. Denn es kommt, wie auch der vorliegende – nicht untypische – Fall eines in Deutschland geborenen Ausländers oder auch der eines im Kindesalter nach Deutschland eingereisten Migranten der zweiten Generation deutlich macht, bei einer lebensnahen Würdigung der insoweit relevanten Fallkonstellationen in Betracht, dass Ausländer, auch wenn sie sich über Jahre nur gestattet oder geduldet im „Gastland“ aufgehalten haben, dort eine zwar nicht rechtliche, aber doch faktische Verwurzelung erreicht haben, die so gewichtig ist, dass es geboten erscheint, die Beendigung ihres weiteren Aufenthalts einer Überprüfung an den Maßstäben des Art. 8 Abs. 2 EMRK zu unterziehen (vgl. zum Vorstehenden eingehend: VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010, InfAuslR 2011, 250, juris Rn. 33; vgl. ferner OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011, InfAuslR 2011, 432, juris Rn. 50).

20

2. Die Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers in Deutschland dient einem legitimen Zweck. Der Antragsteller ist seit langem vollziehbar ausreisepflichtig. Seine Abschiebung ist eine Maßnahme, die gesetzlich vorgesehen ist (§§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 5, 58 Abs. 1 und 2 AufenthG). Seine Ausreisepflicht soll vollzogen werden, um - was sich aus den Ausführungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren ergibt - der bestandskräftigen Ausweisung vom 3. Januar 2008 Rechnung zu tragen. Diese war damit begründet worden, dass der Aufenthalt des Antragstellers wegen der begangenen erheblichen Straftaten die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtige. Die Straftaten wurden als besonders schwerwiegend eingestuft und die Antragsgegnerin ging von einer Wiederholungsgefahr aus. Die Aufrechterhaltung der Ordnung und Verhütung von Straftaten sind Zwecke, die es rechtfertigen können, in das nach Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privat- und Familienleben einzugreifen (EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, Nr. 45971/08, FamRZ 2014, 367, juris Rn. 32).

21

3. Der durch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. durch die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts bewirkte Eingriff in das Recht des Antragstellers auf Achtung seines Privatlebens dürfte nicht gerechtfertigt sein. Die Beendigung seines Aufenthalts dürfte nicht zur Verfolgung des genannten legitimen Ziels notwendig sein. Sie ist nicht durch ein dringendes soziales Bedürfnis begründet und steht nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel (vgl. zu diesem Maßstab: EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, Nr. 45971/08, FamRZ 2014, 367, juris Rn. 33).

22

Im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK vorzunehmenden Prüfung der Notwendigkeit ist einerseits maßgeblich zu berücksichtigen, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters und seiner persönlichen Befähigung in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist (hierzu unter a). Gesichtspunkte sind insoweit insbesondere die Dauer und der Grund seines Aufenthalts in Deutschland sowie dessen rechtlicher Status, der Stand seiner Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift, seine berufliche Tätigkeit und seine wirtschaftliche Integration bzw. bei einem Kind, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen seine Integration in eine Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung, seine Wohnverhältnisse, seine familiären und sozialen Beziehungen sowie die Beachtung gesetzlicher Pflichten und Verbote, insbesondere Art und Schwere begangener Straftaten. Zum zweiten ist insoweit maßgeblich, welche Schwierigkeiten für den Ausländer und ggf. seinen Ehepartner und seine Kinder mit einer (Re-) Integration in den Staat verbunden sind, in den er ausreisen soll (hierzu unter b). Gesichtspunkte sind diesbezüglich vor allem, inwieweit Kenntnisse der dort gesprochenen und geschriebenen Sprache bestehen bzw. erworben werden können, inwieweit der Ausländer mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist und inwieweit er dort bei der (Wieder-) Eingliederung auf Hilfestellung durch Verwandte und sonstige Dritte rechnen kann, soweit diese erforderlich sein sollte (vgl. allgemein zu den maßgeblichen Kriterien EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, Nr. 45971/08, FamRZ 2014, 367, juris Rn. 32 ff.). Letztlich kommt es auf die Berücksichtigung und Würdigung aller Umstände des jeweiligen konkreten Einzelfalles an (EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, a.a.O.; vgl. zum Vorstehenden auch: OVG Koblenz, Urt. v. 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 35 f.; vgl. ferner BVerwG, Beschl. v. 19.1.2010, NVwZ 2010, 707, juris Rn. 4; Urt. v. 27.1.2009, BVerwGE 133, 72, juris Rn. 20). Diese Abwägung fällt zu Gunsten des Antragstellers aus (hierzu unter c). Im Einzelnen:

23

a) Was die Integration des Antragstellers in die hiesigen Lebensverhältnisse anbelangt, so gelangt der Senat zu folgender Einschätzung:

24

Zu Gunsten des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass er seit seiner Geburt in Deutschland lebt. Diesem Umstand kommt erhebliches Gewicht zu. Denn der Antragsteller hat bereits seine - in besonderem Maße prägende - Kindheit und Jugend in Deutschland verbracht und ist hier sozialisiert worden. Er beherrscht die deutsche Sprache in Wort und Schrift. Der Antragsteller hat die Schule besucht und den Hauptschulabschluss erreicht. Er hat sodann sein gesamtes Leben von mittlerweile fast 44 Jahren in Deutschland verbracht. Fast seine gesamte Familie lebt hier in Deutschland. Sein Bruder S. ist mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und besitzt selbst die deutsche Staatsangehörigkeit. Zu ihm und seiner Familie, darunter seine beiden Neffen, hat der Antragsteller nach den glaubhaft gemachten Angaben seines Bruders eine enge Bindung. Auch seine Eltern leben nach Eintritt seines Vaters in den Ruhestand überwiegend - wie der Antragsteller glaubhaft gemacht hat - in Deutschland. Er hat zwar keinen Ausbildungsberuf erlernt, jedoch die Fahrerlaubnis für Gabelstapler erworben und wiederholt als Gabelstaplerfahrer gearbeitet.

25

Auf eine soziale Verwurzelung in Deutschland deutet zudem hin, dass der Antragsteller - allerdings erst seit etwa einem Jahr - in eheähnlicher und familienähnlicher Gemeinschaft mit seiner deutschen Lebensgefährtin und ihren beiden Kindern lebt und - wie der Antragsteller weiter glaubhaft gemacht hat - gegenüber diesen Kindern die Vaterrolle einnimmt. Auf eine wirtschaftliche Integration kann sich der Antragsteller allerdings nicht berufen; sie ist dem Antragsteller in all den Jahren nicht gelungen. Zu seinen Gunsten ist allerdings zu berücksichtigen, dass - wie sein Bruder eidesstattlich versichert hat - dem Antragsteller eine Anstellung als Gabelstaplerfahrer bei dem Unternehmen in Aussicht steht, bei dem auch sein Bruder F. beschäftigt ist. Sollte es ihm möglich sein, die Fahrerlaubnis für Lastkraftwagen zu erwerben, könnte er sogar in dem eigenen Unternehmen seines Bruders arbeiten (vgl. Bl. 74 d.A. 15 VG 338/11), was seine wirtschaftliche Integration noch verstärken dürfte.

26

Gegen eine gelungene Integration des Antragstellers in die hiesigen Lebensverhältnisse spricht allerdings, dass er seit 1991 viele Jahre lang in erheblichem Maße straffällig geworden ist (vgl. zur Relevanz strafrechtlicher Verfehlungen insbesondere: EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, 45971/08, FamRZ 2014, 367, juris Rn. 47; Urt. v. 8.1.2009, 10606/07 [Grant] Rn. 39, InfAuslR 2010, 89; Urt. v. 25.3.2010, 40601/05 [Mutlag] Rn. 55, InfAuslR 2010, 325; Urt. v. 23.06.2008, 1638/03 [Maslov II], InfAuslR 2008, 333, juris [Kurztext]). Hier sind insbesondere die zahlreichen Vermögensdelikte sowie Körperverletzungsdelikte zu betonen. So wurde der Antragsteller mehrfach zu Geld- sowie Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar wegen in den Jahren 1991 bis 1997 begangener Körperverletzungsdelikte zu Freiheitsstrafen von vier Monaten, sechs Monaten sowie zwei Jahren, und wegen in den Jahren 1993 bis 2004 begangener Vermögensdelikte zu Geldstrafen sowie einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten. Die schwersten Delikte verübte der Antragsteller in den Jahren 2005 und 2006. Hierauf wurde er mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Mai 2006 (621 KLs 8/06) wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Bei all diesen Straftaten hat es sich mithin weder um nur vereinzelt gebliebene Verfehlungen gehandelt (zur Relevanz dieses Aspekts: EGMR, Urt. v. 12.1.2010, Nr. 47486/06 [Abdul Waheed Khan] Rn. 41, InfAuslR 2010, 369), noch betrafen seine Straftaten lediglich den Bereich leichter Kriminalität. Insbesondere die Körperverletzungen sowie die räuberische Erpressung wiegen schwer. Was das strafrechtliche Fehlverhalten anbelangt, spricht allerdings einiges dafür, dass sich das Verhalten des Antragstellers bereits geändert hat und sich künftig nicht mehr wiederholen wird. Seit der letzten Körperverletzung (in zwei Fällen), wegen der der Antragsteller zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde, sind 14 Jahre vergangen. Wegen derartiger Delikte ist der Antragsteller seither nicht in Erscheinung getreten. Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr sind derzeit nicht ersichtlich; auch die Antragsgegnerin hat hierzu nichts angeführt. Es spricht aber auch einiges dafür, dass sich die Vermögensdelikte, die der Antragsteller bis 2004 begangen hatte, sowie die räuberische Erpressung nicht wiederholen werden. Gerade diese zuletzt begangenen schweren Straftaten standen - wie sich aus dem genannten Urteil des Landgerichts Hamburg ergibt - im Zusammenhang mit der Spielsucht des Antragstellers. Diese Spielsucht scheint der Antragsteller überwunden zu haben. Zur Aufarbeitung und Überwindung seines pathologischen Glücksspielverhaltens hat er ab Juli 2010 in regelmäßigem Kontakt zur Suchtberatungsstelle K. gestanden und erfolgreich an Beratungs- sowie Behandlungsgesprächen teilgenommen (vgl. Bescheinigung dieser Stelle vom 22.6.2012, Bl. 24 d.A.). Außerdem hat er sich von September 2011 bis Januar 2013 regelmäßig psychiatrisch behandeln lassen. In seinem Bericht vom 23. August 2013 (Bl. 25 d.A.) hat der behandelnde Arzt der Klinik festgestellt, dass eine Beendigung der Behandlung zu diesem Zeitpunkt aus fachärztlicher Sicht vertretbar sei. Auch hat der Antragsteller während der gesamten Bewährungszeit zuverlässig Kontakt zur Bewährungshilfe gehalten. Inzwischen ist die restliche Freiheitsstrafe erlassen und die Führungsaufsicht aufgehoben worden. In diesen Jahren ist er nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten.

27

Das Gewicht der hiernach für eine Integration sprechenden Umstände wird dadurch gestützt, dass der Aufenthalt des Antragstellers bis zu seinem 36. Lebensjahr legal war. Der Antragsteller verfügte bis zum Dezember 2005 über die erforderlichen Aufenthaltserlaubnisse. Demgegenüber ist der Zeitraum, in dem der Antragsteller nur noch geduldet wurde, verhältnismäßig kurz. Dass in dieser Zeit der Aufenthalt nicht erlaubt war, vermag das Gewicht der zuvor erfolgten Integration nicht entscheidend zu mindern. Zu berücksichtigen ist auch die gerade in dieser Zeit eingetretene Verhaltensänderung, von der der Senat aufgrund des bisher glaubhaft gemachten Sachverhalts ausgeht. Zwar musste der Antragsteller in dieser Zeit stets damit rechnen, abgeschoben zu werden. Der Antragsteller hat sich jedoch nicht erstmalig auf der Grundlage eines illegalen Aufenthalts maßgeblich integriert. In einem solchen Fall wäre in Betracht zu ziehen, dass er nicht darauf vertrauen kann, dass ihm diese Integration zu einem dauerhaften Aufenthaltsrecht verhilft. Hier kann jedoch die in dieser Zeit eingetretene Verhaltensänderung nicht unabhängig von seinem jahrzehntelangen legalen Aufenthalt betrachtet werden. Die in der verhältnismäßig kurzen Zeit illegalen Aufenthalts erreichte weitere Integration hat die zuvor erreichte verstärkt und nimmt dem Antragsteller nicht das Vertrauen darauf, dass sein Privatleben in Deutschland als Ganzes betrachtet wird.

28

b) Was die Entwurzelung des Antragstellers von der Türkei und seine Möglichkeiten, sich dort zu integrieren, anbelangt, ist nach Einschätzung des Senats von Folgendem auszugehen:

29

Der Antragsteller würde im Falle seiner Abschiebung in ein ihm weitgehend fremdes Land kommen, in dem ihm eine Integration kaum gelingen dürfte. Er ist in Deutschland geboren worden und kann die türkische Sprache - wie er gegenüber dem Verwaltungsgericht angegeben hat (Bl. 73 d.A. 15 K 338/11) - nur „ein bisschen“ sprechen, jedoch nicht schreiben. Auch sein Bruder S. hat in seiner eidesstattlichen Versicherung (Bl. 41 d.A.) bestätigt, dass der Antragsteller nur über sehr unzureichende türkische Sprachkenntnisse verfügt. Den plausiblen Angaben des Antragstellers zufolge liegt das daran, dass seine Eltern zwar türkische Staatsangehörige, jedoch georgische Volkszugehörige sind und die lasische Sprache sprechen. Diese Sprache hat der Antragsteller jedoch offenbar nicht gelernt, weshalb offen bleiben kann, ob eine Integration in die Türkei auf der Grundlage im Wesentlichen nur der lasischen Sprache überhaupt möglich wäre. Mit den türkischen Lebensverhältnissen ist der Antragsteller nicht vertraut. Er hat die Türkei nach seinen glaubhaften eigenen Angaben nur wenige Male besucht und keinen Kontakt zu einem in der Türkei lebenden Onkel. Seine Familie, bestehend aus seinen Eltern und vier Geschwistern mit ihren Familien, lebt in Deutschland (Bl. 74 d.A. 15 K 338/11). Seine Eltern halten sich zwar nach dem Eintritt seines Vaters in den Ruhestand häufiger in der Türkei auf. Ihren Lebensmittelpunkt haben sie nach den glaubhaft gemachten Angaben seines Bruders S. (Bl. 41 d.A.) aber weiterhin in Deutschland.

30

c) Der Senat gelangt bei der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen umfassenden Gewichtung und Würdigung aller dargestellten Gesichtspunkte und Erwägungen im Ergebnis zu der Einschätzung, dass es dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, seinen Aufenthalt in Deutschland zu beenden und zukünftig in der Türkei zu leben:

31

Dem Umstand, dass der Antragsteller durch sein Leben in Deutschland seit seiner Geburt über nahezu 44 Jahre in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, kommt erhebliches Gewicht bei. Bereits diese Dauer spricht dafür, dass es sich bei dem Antragsteller faktisch um einen Inländer handelt. Es kommt hinzu, dass er hier gewichtige soziale Bindungen hat. Dabei ist insbesondere an die Bindungen zu seinen - auch deutschen - Familienangehörigen zu denken, aber auch an die neuerdings entstandene Bindung zu seiner deutschen Lebensgefährtin und ihren Kindern. Die bislang fehlende wirtschaftliche Integration lässt nicht die Wirkungen entfallen, die durch ein jahrzehntelanges Leben in Deutschland hervorgerufen werden. Insoweit ist die Situation des Antragstellers vergleichbar mit der von Deutschen, die ebenfalls hier sozialisiert sind, ohne sich eine wirtschaftliche Existenz aufgebaut zu haben. Hinzu kommt, dass hinreichend gute Aussichten bestehen, dass der Antragsteller künftig als Gabelstaplerfahrer einem geregelten Erwerbsleben nachgehen wird. Den Straftaten schließlich wird eine ausschlaggebende Bedeutung nicht mehr beigemessen werden können. Insofern ist bereits zu berücksichtigen, dass die letzte Straftat des Antragstellers mittlerweile mehr als acht Jahre zurückliegt. Vor allem aber dürfte derzeit aufgrund der offenbar erfolgreichen Behandlung seiner Glücksspielsucht und wohl auch aufgrund der sozialen Einbindung in seine Familie sowie in die neu begründete Lebensgemeinschaft keine Wiederholungsgefahr mehr bestehen. Schon aus diesem Grunde dürfte inzwischen kein dringendes soziales Bedürfnis mehr bestehen, den Antragsteller aus Deutschland fernzuhalten. Seine Abschiebung wäre zudem deswegen unverhältnismäßig, weil es ihm kaum möglich sein würde, in der Türkei Fuß zu fassen. Diese schwer wiegende Folge einer Abschiebung wäre angesichts seiner sozialen Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse bei fehlender Wiederholungsgefahr von Straftaten nicht durch hinreichend gewichtige öffentliche Belange gerechtfertigt.

32

B Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 30. April 2014 geändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers bis zur Unanfechtbarkeit ihrer Verfügung vom 10. April 2013 auszusetzen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine bevorstehende Abschiebung.

2

Der 43 Jahre alte, in Deutschland geborene Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er war seit seinem 16. Lebensjahr bis 2005 im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen. In der Zeit zwischen 1992 und 2006 wurde er wiederholt strafrechtlich verurteilt, zuletzt mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Mai 2006 wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. Januar 2008 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller aus und drohte ihm die Abschiebung an. Einen späteren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 29. März 2010 ab. Seine hiergegen erhobene Klage nahm der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zurück (15 K 338/11). Aus der Strafhaft wurde der Antragsteller im März 2011 auf Bewährung entlassen. Die restliche Freiheitsstrafe wurde ihm im März 2014 erlassen.

3

Im März 2013 beantragte der Antragsteller, ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. April 2013 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2013 zurück. Der Antragsteller erhob am 20. September 2013 Klage, über die noch nicht entschieden ist (13 K 3792/13).

4

Im März 2014 sprach der Antragsteller wegen einer möglichen Eheschließung mit seiner deutschen Lebensgefährtin bei der Antragsgegnerin vor. Am 22. April 2014 wurde der Antragsteller zur Sicherung der für den 6. Mai 2014 vorgesehen Abschiebung inhaftiert. Mit Bescheid vom 24. April 2014 befristete die Antragsgegnerin die Wirkung der Ausweisung sowie der vorgesehenen Abschiebung auf 10 Jahre Auslandsaufenthalt ab der Abschiebung.

5

Am 28. April 2014 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, ihm gegen die Abschiebung einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. April 2014 abgelehnt: Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Eine Abschiebung stelle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Familien- und Privatleben dar. Der Antragsteller sei zwar in Deutschland geboren worden und habe seither hier gelebt. Er habe den Hauptschulabschluss erworben, zeitweise als Gabelstaplerfahrer gearbeitet und er lebe jetzt mit seiner Lebensgefährtin zusammen und unterstütze sie bei der Erziehung ihrer Kinder. Gegen eine tiefgreifende Verwurzelung spreche aber entscheidend, dass er sich nicht wirtschaftlich integriert habe und dass er sich über viele Jahre nicht an die hiesige Rechtsordnung gehalten habe. Eine Integration in die Lebensverhältnisse der Türkei sei ihm möglich. Er sei in der Lage, sich in der türkischen Sprache zu verständigen und er könne dort durch seine Eltern unterstützt werden, die sich dort jedenfalls für mehrere Monate aufhielten.

6

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.

II.

7

A Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

8

Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen ist die angefochtene Entscheidung zu ändern und die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen. Ein Anordnungsgrund liegt unzweifelhaft vor, da die Antragsgegnerin beabsichtigt, den Antragsteller bereits am 6. Mai 2014 in die Türkei abzuschieben. Der Antragsteller hat zudem glaubhaft gemacht, dass seine Ausreise aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, sodass seine Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG voraussichtlich Erfolg haben wird, da die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen aus § 5 Abs. 1 AufenthG nicht notwendig entgegenstehen. Wegen des bestehenden Ausreise- und Abschiebungshindernisses ist ihm nach § 60a AufenthG bis dahin eine Duldung zu erteilen.

9

Eine Ausreise ist rechtlich unmöglich i.S.v. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, wenn es dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.2010, Buchholz 402.242 § 60a AufenthG Nr. 6, juris Rn. 3). Hiervon ist vor allem dann auszugehen, wenn auch einer Abschiebung rechtliche Hindernisse entgegenstehen, weil der Begriff der Ausreise i.S.v. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG sowohl die freiwillige als auch die zwangsweise Ausreise umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2012, InfAuslR 2012, 173, juris Rn. 8). Die Ausreise ist danach insbesondere unzumutbar und deshalb unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.6.2006, BVerwGE 126, 192, juris Rn. 17). Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht oder aus Völkervertragsrecht in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.2010, Buchholz 402.242 § 60a AufenthG Nr. 6, juris Rn. 3; Urt. v. 27.6.2006, BVerwGE 126, 192, juris Rn. 17; vgl. auch OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2012, 4 Bf 111/10, UA S. 10; Beschl. v. 20.9.2010, 4 Bf 90/10, BA S. 6).

10

Diese Voraussetzungen dürften mit Blick auf Art. 8 EMRK erfüllt sein. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Wenngleich aus Art. 8 EMRK grundsätzlich kein Recht eines Ausländers folgt, in einen bestimmten Vertragsstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten (vgl. EGMR, Entsch. v. 17.10.2004, Nr. 33743/03 [Dragan] Rn. 97, NVwZ 2005, 1043, juris; Urt. v. 16.6.2005, Nr. 60654/00 [Sisojewa I], InfAuslR 2005, 349; vgl. ferner BVerwG, Urt. v. 3.6.1997, NVwZ 1998, 189, juris Rn. 20), kann einem Ausländer bei fortschreitender Aufenthaltsdauer aus dem Recht auf Achtung des Privatlebens gleichwohl eine von dem betreffenden Vertragsstaat zu beachtende aufenthaltsrechtliche Rechtsposition zuwachsen (vgl. zum Vorstehenden: OVG Koblenz, Urt. v. 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 29; OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2012, 4 Bf 111/10, UA S. 11 f.).

11

Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist im Fall des Antragstellers eröffnet (hierzu unter 1.). Die Beendigung seines Aufenthalts dient einem legitimen Ziel, nämlich der Aufrechterhaltung der Ordnung und Verhütung von Straftaten (hierzu unter 2.). Die Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers erscheint aber unverhältnismäßig (hierzu unter 3.).

12

1. Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist im Fall des Antragstellers eröffnet. Dabei kann dahin stehen, ob sich der Antragsteller im Hinblick auf seine in Deutschland lebenden Familienangehörigen auch auf den Schutz des Familienlebens i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen kann, ob also die Reichweite des konventionsrechtlichen Schutzes insoweit über die grundgesetzliche Gewährleistung aus Art. 6 Abs. 1 GG hinausgeht (vgl. einerseits EGMR, Urt. v. 12.1.2010, Nr. 47486/06 [Abdul Waheed Khan] Rn. 32, InfAuslR 2010, 369; Urt. v. 10.7.2003, Nr. 53441/99 [Benhebba], InfAuslR 2004, 182; Urt. v. 15.07.2003, Nr. 52206/99 [Mokrani], InfAuslR 2004, 183; Urt. v. 9.10.2003, Nr. 48321/99 [Slivenko] Rn. 97, EuGRZ 2006, 560; vgl. auch OVG Hamburg, Urt. v. 29.1.2008, InfAuslR 2009, 64, juris Rn. 61; vgl. andererseits EGMR, Urt. v. 14.6.2011, Nr. 38058/09 [Osman], Rn. 55; Urt. v. 24.11.2009, Nr. 182/08 [Steven Omojudi] Rn. 36, InfAuslR 2010, 178; Urt. v. 23.06.2008, Nr. 1638/03 [Maslov II], InfAuslR 2008, 333, juris [Kurztext]; zum Vorstehenden insgesamt: VGH Mannheim, Beschl. v. 5.2.2009, AuAS 2009, 197, juris Rn. 16). Denn jedenfalls gehören die Beziehungen zu Familienangehörigen zu der Gesamtheit der sozialen Beziehungen, die das Privatleben i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen (vgl. EGMR, Urt. v. 14.6.2011, Nr. 38058/09 [Osman], Rn. 55; Urt. v. 12.1.2010, Nr. 47486/06 [Abdul Waheed Khan] Rn. 31, InfAuslR 2010, 369).

13

Das Recht auf Achtung des Privatlebens i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst die Summe der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für die Persönlichkeit eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.2.2011, InfAuslR 2011, 235, juris Rn. 19; Beschl. v. 10.5.2007, InfAuslR 2007, 275, juris Rn. 33; BVerwG, Urt. v. 27.1.2009, BVerwGE 133, 72, juris Rn. 21).

14

Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller in Deutschland ein Privatleben in dem vorgenannten Sinne. Er lebt sein gesamtes Leben, also seit fast 44 Jahren, in Deutschland. Er ist hier geboren und zur Schule gegangen. Er spricht die deutsche Sprache. Nahezu seine gesamte Familie lebt im Bundesgebiet. Wie seine in Deutschland erbrachten Integrationsleistungen zu gewichten sind, betrifft nicht die Frage, ob der Schutzbereich eröffnet ist, sondern ob ein Eingriff in den Schutzbereich i.S.v. Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt ist (vgl. EGMR, Urt. v. 25.3.2010, Nr. 40601/05 [Mutlag] Rn. 50, InfAuslR 2010, 325, juris; siehe auch OVG Koblenz, Urt. v. 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 30; OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011, InfAuslR 2011, 432, juris Rn. 51).

15

Der Eröffnung des Schutzbereich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK steht nicht entgegen, dass der Antragsteller im Jahr 2008 ausgewiesen wurde und sein Aufenthalt in den vergangenen Jahren deshalb nicht mehr legal gewesen ist, er sich vielmehr nur noch geduldet in Deutschland aufgehalten hat. Dieser Umstand nimmt dem Antragsteller weder die Möglichkeit, sich auf den Schutz seines Privatlebens zu berufen, noch steht er einer Berücksichtigung von Integrationsmomenten entgegen, die erst während dieser Zeit illegalen Aufenthalts entstanden sind.

16

Es ist in der Rechtsprechung und in der Literatur umstritten, ob sich ein Ausländer, dessen bisheriger Aufenthalt im „Gastland“ nicht legal war, auf Art. 8 Abs. 1 EMRK und den dort garantierten Schutz des Privatlebens berufen kann. Während ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertritt, dass sich auch ein Ausländer auf Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen könne, dessen bisheriger Aufenthalt nicht legal gewesen ist (so etwa OVG Hamburg, Urt. v. 16.5.2012, 4 Bf 111/10, UA S. S. 13 ff.; Urt. v. 24.3.2009, InfAuslR 2009, 279, juris Rn. 97; Beschl. v. 3.3.2009, 2 Bs 22/09, BA S. 7; Beschl. v. 20.8.2009, 3 Bs 104/09, BA S. 6 ff.; VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010, InfAuslR 2011, 250, juris Rn. 31 ff.; Beschl. v. 5.2.2009, AuAS 2009, 197, juris Rn. 17; OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011, InfAuslR 2011, 432, juris Rn. 49; Urt. v. 5.7.2011, InfAuslR 2011, 379, juris Rn. 34; OVG Magdeburg, Beschl. v. 13.9.2010, 2 M 132/10, juris Rn. 8), ist namentlich das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung, dass „ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, (…) grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht“ kommt (BVerwG, Urt. v. 26.10.2010, 1 C 18.09, AuAS 2011, 86; Urt. v. 30.4.2009, AuAS 2009, 194, juris Rn. 20; dem folgend OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.8.2010, AuAS 2011, 3, juris Rn. 5 ff.; Beschl. v. 19.7.2010, DVBl. 2010, 1113, juris Rn. 4 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.1.2012, OVG 3 B 19.10, juris Rn. 28; OVG Koblenz, Urt. v. 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 30; VGH München, Beschl. v. 11.8.2011, 19 CE 11.1347, juris Rn. 4; eingehend zum Streitstand m.w.N.: VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010, InfAuslR 2011, 250, juris Rn. 31 ff.).

17

Das Bundesverwaltungsgericht beruft sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: Gerichtshof). Dieser Rechtsprechung entnimmt der Senat indes nicht einen übergreifenden Rechtssatz, wonach der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK für Ausländer, deren bisheriger Aufenthalt nicht legal gewesen ist, nicht eröffnet sei (so auch die Einschätzung bei OVG Hamburg, Beschl. v. 20.8.2009, 3 Bs 104/09, BA S. 7 f.; VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010, InfAuslR 2011, 250, juris Rn. 33). Dies gilt namentlich für die Rechtssache „Nnyanzi“ (Urt. v. 8.4.2008, Nr. 21878/06 [Nnyanzi] Rn. 76, ZAR 2010, 189), auf die das Bundesverwaltungsgericht zum Beleg seiner Auffassung wiederholt Bezug genommen hat. In dieser Entscheidung hat es der Gerichtshof offen gelassen, ob der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK eröffnet ist. Die Bedeutung der Rechtmäßigkeit des Voraufenthalts hat er in diesem Zusammenhang nicht thematisiert. Erst im Rahmen seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK, zu der der Gerichtshof gelangt ist, weil er zu Gunsten der betreffenden Ausländerin unterstellt hat, der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK sei eröffnet, hat er u.a. darauf abgestellt, die betreffende Ausländerin habe zu keinem Zeitpunkt ein Aufenthaltsrecht innegehabt. Der Prüfungsansatz des Gerichtshof in der Sache „Nnyanzi“ spricht danach eher dafür als dagegen, dass der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch eröffnet sein kann, wenn der bisherige Aufenthalt des Ausländers im „Gastland“ nicht rechtmäßig gewesen ist. Andernfalls hätte es nahe gelegen, sogleich die Eröffnung des Schutzbereichs zu verneinen.

18

Im Übrigen ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs uneinheitlich. In einigen Fällen hat er vertreten, der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK sei (insbesondere deshalb) nicht eröffnet, weil der betreffende Ausländer nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechts gewesen sei (vgl. EGMR, Entsch. v. 7.10.2004, Nr. 33743/03 [Dragan], NVwZ 2005, 1043, juris; weitere Nachweise bei OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.8.2010, AuAS 2011, 3, juris Rn. 11). In anderen Fällen hat der Gerichthof die Frage der (Dauer der) Rechtmäßigkeit des Aufenthalts hingegen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gewürdigt (vgl. EGMR, Urt. v. 25.3.2010, Nr. 40601/05 [Mutlag] Rn. 56, InfAuslR 2010, 325, juris; Urt. v. 30.1.2006, Nr. 50435 [da Silva und Hoogkamer], InfAuslR 2006, 298). Nicht zuletzt der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs lassen sich allerdings Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Fehlen eines rechtmäßigen Voraufenthalts einen Ausländer nicht hindert, sich auf Art. 8 Abs. 1 EMRK zu berufen. In der Rechtssache „Osman“ (Urt. v. 14.6.2011, Nr. 38058/09 [Osman], Rn. 65) anerkennt der Gerichtshof nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit, dass sich ein – nicht zuletzt im „Gastland“ aufgewachsener – Ausländer trotz zumindest zeitweise fehlender Aufenthaltserlaubnis auf den Schutz des Familien- und Privatlebens berufen könne.

19

Nach Auffassung des Senats gibt es keine zwingenden konventionsrechtlichen Gründe, die dafür sprechen, dass ein schutzwürdiges Privatleben i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand dieses Aufenthalts entstehen bzw. gegeben sein kann. Zwar hat der Gerichtshof in der Rechtssache „da Silva und Hoogkamer“ (Urt. v. 30.1.2006, Nr. 50435 [da Silva und Hoogkamer], InfAuslR 2006, 298) im Rahmen der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 EMRK ausgeführt, „dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird“. Dieser Ansatz gebietet es aber nicht, schon die Eröffnung des Schutzbereichs aus Art. 8 Abs. 1 EMRK zu verneinen, wenn ein Ausländer sich bislang ohne Aufenthaltsrecht im „Gastland“ aufgehalten hat. Der Gesichtspunkt der Illegalität des bisherigen Aufenthalts und das hierdurch berührte legitime Interesse der Vertragsstaaten, den Zuzug von Ausländern zu steuern und zu begrenzen, kann ebenso gut und mit dem gebotenen Gewicht im Rahmen der gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK vorzunehmenden Abwägung berücksichtigt werden. Auf diese Weise bleibt die Möglichkeit erhalten, jedem Einzelfall gerecht zu werden. Dies könnte nicht gewährleistet werden, wenn Ausländer, deren Voraufenthalt nicht legal gewesen ist, von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ausgeschieden werden. Denn es kommt, wie auch der vorliegende – nicht untypische – Fall eines in Deutschland geborenen Ausländers oder auch der eines im Kindesalter nach Deutschland eingereisten Migranten der zweiten Generation deutlich macht, bei einer lebensnahen Würdigung der insoweit relevanten Fallkonstellationen in Betracht, dass Ausländer, auch wenn sie sich über Jahre nur gestattet oder geduldet im „Gastland“ aufgehalten haben, dort eine zwar nicht rechtliche, aber doch faktische Verwurzelung erreicht haben, die so gewichtig ist, dass es geboten erscheint, die Beendigung ihres weiteren Aufenthalts einer Überprüfung an den Maßstäben des Art. 8 Abs. 2 EMRK zu unterziehen (vgl. zum Vorstehenden eingehend: VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010, InfAuslR 2011, 250, juris Rn. 33; vgl. ferner OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011, InfAuslR 2011, 432, juris Rn. 50).

20

2. Die Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers in Deutschland dient einem legitimen Zweck. Der Antragsteller ist seit langem vollziehbar ausreisepflichtig. Seine Abschiebung ist eine Maßnahme, die gesetzlich vorgesehen ist (§§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 5, 58 Abs. 1 und 2 AufenthG). Seine Ausreisepflicht soll vollzogen werden, um - was sich aus den Ausführungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren ergibt - der bestandskräftigen Ausweisung vom 3. Januar 2008 Rechnung zu tragen. Diese war damit begründet worden, dass der Aufenthalt des Antragstellers wegen der begangenen erheblichen Straftaten die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtige. Die Straftaten wurden als besonders schwerwiegend eingestuft und die Antragsgegnerin ging von einer Wiederholungsgefahr aus. Die Aufrechterhaltung der Ordnung und Verhütung von Straftaten sind Zwecke, die es rechtfertigen können, in das nach Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privat- und Familienleben einzugreifen (EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, Nr. 45971/08, FamRZ 2014, 367, juris Rn. 32).

21

3. Der durch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. durch die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts bewirkte Eingriff in das Recht des Antragstellers auf Achtung seines Privatlebens dürfte nicht gerechtfertigt sein. Die Beendigung seines Aufenthalts dürfte nicht zur Verfolgung des genannten legitimen Ziels notwendig sein. Sie ist nicht durch ein dringendes soziales Bedürfnis begründet und steht nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel (vgl. zu diesem Maßstab: EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, Nr. 45971/08, FamRZ 2014, 367, juris Rn. 33).

22

Im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK vorzunehmenden Prüfung der Notwendigkeit ist einerseits maßgeblich zu berücksichtigen, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters und seiner persönlichen Befähigung in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist (hierzu unter a). Gesichtspunkte sind insoweit insbesondere die Dauer und der Grund seines Aufenthalts in Deutschland sowie dessen rechtlicher Status, der Stand seiner Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift, seine berufliche Tätigkeit und seine wirtschaftliche Integration bzw. bei einem Kind, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen seine Integration in eine Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung, seine Wohnverhältnisse, seine familiären und sozialen Beziehungen sowie die Beachtung gesetzlicher Pflichten und Verbote, insbesondere Art und Schwere begangener Straftaten. Zum zweiten ist insoweit maßgeblich, welche Schwierigkeiten für den Ausländer und ggf. seinen Ehepartner und seine Kinder mit einer (Re-) Integration in den Staat verbunden sind, in den er ausreisen soll (hierzu unter b). Gesichtspunkte sind diesbezüglich vor allem, inwieweit Kenntnisse der dort gesprochenen und geschriebenen Sprache bestehen bzw. erworben werden können, inwieweit der Ausländer mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist und inwieweit er dort bei der (Wieder-) Eingliederung auf Hilfestellung durch Verwandte und sonstige Dritte rechnen kann, soweit diese erforderlich sein sollte (vgl. allgemein zu den maßgeblichen Kriterien EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, Nr. 45971/08, FamRZ 2014, 367, juris Rn. 32 ff.). Letztlich kommt es auf die Berücksichtigung und Würdigung aller Umstände des jeweiligen konkreten Einzelfalles an (EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, a.a.O.; vgl. zum Vorstehenden auch: OVG Koblenz, Urt. v. 15.3.2012, 7 A 11417/11, juris Rn. 35 f.; vgl. ferner BVerwG, Beschl. v. 19.1.2010, NVwZ 2010, 707, juris Rn. 4; Urt. v. 27.1.2009, BVerwGE 133, 72, juris Rn. 20). Diese Abwägung fällt zu Gunsten des Antragstellers aus (hierzu unter c). Im Einzelnen:

23

a) Was die Integration des Antragstellers in die hiesigen Lebensverhältnisse anbelangt, so gelangt der Senat zu folgender Einschätzung:

24

Zu Gunsten des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass er seit seiner Geburt in Deutschland lebt. Diesem Umstand kommt erhebliches Gewicht zu. Denn der Antragsteller hat bereits seine - in besonderem Maße prägende - Kindheit und Jugend in Deutschland verbracht und ist hier sozialisiert worden. Er beherrscht die deutsche Sprache in Wort und Schrift. Der Antragsteller hat die Schule besucht und den Hauptschulabschluss erreicht. Er hat sodann sein gesamtes Leben von mittlerweile fast 44 Jahren in Deutschland verbracht. Fast seine gesamte Familie lebt hier in Deutschland. Sein Bruder S. ist mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und besitzt selbst die deutsche Staatsangehörigkeit. Zu ihm und seiner Familie, darunter seine beiden Neffen, hat der Antragsteller nach den glaubhaft gemachten Angaben seines Bruders eine enge Bindung. Auch seine Eltern leben nach Eintritt seines Vaters in den Ruhestand überwiegend - wie der Antragsteller glaubhaft gemacht hat - in Deutschland. Er hat zwar keinen Ausbildungsberuf erlernt, jedoch die Fahrerlaubnis für Gabelstapler erworben und wiederholt als Gabelstaplerfahrer gearbeitet.

25

Auf eine soziale Verwurzelung in Deutschland deutet zudem hin, dass der Antragsteller - allerdings erst seit etwa einem Jahr - in eheähnlicher und familienähnlicher Gemeinschaft mit seiner deutschen Lebensgefährtin und ihren beiden Kindern lebt und - wie der Antragsteller weiter glaubhaft gemacht hat - gegenüber diesen Kindern die Vaterrolle einnimmt. Auf eine wirtschaftliche Integration kann sich der Antragsteller allerdings nicht berufen; sie ist dem Antragsteller in all den Jahren nicht gelungen. Zu seinen Gunsten ist allerdings zu berücksichtigen, dass - wie sein Bruder eidesstattlich versichert hat - dem Antragsteller eine Anstellung als Gabelstaplerfahrer bei dem Unternehmen in Aussicht steht, bei dem auch sein Bruder F. beschäftigt ist. Sollte es ihm möglich sein, die Fahrerlaubnis für Lastkraftwagen zu erwerben, könnte er sogar in dem eigenen Unternehmen seines Bruders arbeiten (vgl. Bl. 74 d.A. 15 VG 338/11), was seine wirtschaftliche Integration noch verstärken dürfte.

26

Gegen eine gelungene Integration des Antragstellers in die hiesigen Lebensverhältnisse spricht allerdings, dass er seit 1991 viele Jahre lang in erheblichem Maße straffällig geworden ist (vgl. zur Relevanz strafrechtlicher Verfehlungen insbesondere: EGMR, Entscheidung vom 19.3.2013, 45971/08, FamRZ 2014, 367, juris Rn. 47; Urt. v. 8.1.2009, 10606/07 [Grant] Rn. 39, InfAuslR 2010, 89; Urt. v. 25.3.2010, 40601/05 [Mutlag] Rn. 55, InfAuslR 2010, 325; Urt. v. 23.06.2008, 1638/03 [Maslov II], InfAuslR 2008, 333, juris [Kurztext]). Hier sind insbesondere die zahlreichen Vermögensdelikte sowie Körperverletzungsdelikte zu betonen. So wurde der Antragsteller mehrfach zu Geld- sowie Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar wegen in den Jahren 1991 bis 1997 begangener Körperverletzungsdelikte zu Freiheitsstrafen von vier Monaten, sechs Monaten sowie zwei Jahren, und wegen in den Jahren 1993 bis 2004 begangener Vermögensdelikte zu Geldstrafen sowie einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten. Die schwersten Delikte verübte der Antragsteller in den Jahren 2005 und 2006. Hierauf wurde er mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Mai 2006 (621 KLs 8/06) wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Bei all diesen Straftaten hat es sich mithin weder um nur vereinzelt gebliebene Verfehlungen gehandelt (zur Relevanz dieses Aspekts: EGMR, Urt. v. 12.1.2010, Nr. 47486/06 [Abdul Waheed Khan] Rn. 41, InfAuslR 2010, 369), noch betrafen seine Straftaten lediglich den Bereich leichter Kriminalität. Insbesondere die Körperverletzungen sowie die räuberische Erpressung wiegen schwer. Was das strafrechtliche Fehlverhalten anbelangt, spricht allerdings einiges dafür, dass sich das Verhalten des Antragstellers bereits geändert hat und sich künftig nicht mehr wiederholen wird. Seit der letzten Körperverletzung (in zwei Fällen), wegen der der Antragsteller zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde, sind 14 Jahre vergangen. Wegen derartiger Delikte ist der Antragsteller seither nicht in Erscheinung getreten. Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr sind derzeit nicht ersichtlich; auch die Antragsgegnerin hat hierzu nichts angeführt. Es spricht aber auch einiges dafür, dass sich die Vermögensdelikte, die der Antragsteller bis 2004 begangen hatte, sowie die räuberische Erpressung nicht wiederholen werden. Gerade diese zuletzt begangenen schweren Straftaten standen - wie sich aus dem genannten Urteil des Landgerichts Hamburg ergibt - im Zusammenhang mit der Spielsucht des Antragstellers. Diese Spielsucht scheint der Antragsteller überwunden zu haben. Zur Aufarbeitung und Überwindung seines pathologischen Glücksspielverhaltens hat er ab Juli 2010 in regelmäßigem Kontakt zur Suchtberatungsstelle K. gestanden und erfolgreich an Beratungs- sowie Behandlungsgesprächen teilgenommen (vgl. Bescheinigung dieser Stelle vom 22.6.2012, Bl. 24 d.A.). Außerdem hat er sich von September 2011 bis Januar 2013 regelmäßig psychiatrisch behandeln lassen. In seinem Bericht vom 23. August 2013 (Bl. 25 d.A.) hat der behandelnde Arzt der Klinik festgestellt, dass eine Beendigung der Behandlung zu diesem Zeitpunkt aus fachärztlicher Sicht vertretbar sei. Auch hat der Antragsteller während der gesamten Bewährungszeit zuverlässig Kontakt zur Bewährungshilfe gehalten. Inzwischen ist die restliche Freiheitsstrafe erlassen und die Führungsaufsicht aufgehoben worden. In diesen Jahren ist er nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten.

27

Das Gewicht der hiernach für eine Integration sprechenden Umstände wird dadurch gestützt, dass der Aufenthalt des Antragstellers bis zu seinem 36. Lebensjahr legal war. Der Antragsteller verfügte bis zum Dezember 2005 über die erforderlichen Aufenthaltserlaubnisse. Demgegenüber ist der Zeitraum, in dem der Antragsteller nur noch geduldet wurde, verhältnismäßig kurz. Dass in dieser Zeit der Aufenthalt nicht erlaubt war, vermag das Gewicht der zuvor erfolgten Integration nicht entscheidend zu mindern. Zu berücksichtigen ist auch die gerade in dieser Zeit eingetretene Verhaltensänderung, von der der Senat aufgrund des bisher glaubhaft gemachten Sachverhalts ausgeht. Zwar musste der Antragsteller in dieser Zeit stets damit rechnen, abgeschoben zu werden. Der Antragsteller hat sich jedoch nicht erstmalig auf der Grundlage eines illegalen Aufenthalts maßgeblich integriert. In einem solchen Fall wäre in Betracht zu ziehen, dass er nicht darauf vertrauen kann, dass ihm diese Integration zu einem dauerhaften Aufenthaltsrecht verhilft. Hier kann jedoch die in dieser Zeit eingetretene Verhaltensänderung nicht unabhängig von seinem jahrzehntelangen legalen Aufenthalt betrachtet werden. Die in der verhältnismäßig kurzen Zeit illegalen Aufenthalts erreichte weitere Integration hat die zuvor erreichte verstärkt und nimmt dem Antragsteller nicht das Vertrauen darauf, dass sein Privatleben in Deutschland als Ganzes betrachtet wird.

28

b) Was die Entwurzelung des Antragstellers von der Türkei und seine Möglichkeiten, sich dort zu integrieren, anbelangt, ist nach Einschätzung des Senats von Folgendem auszugehen:

29

Der Antragsteller würde im Falle seiner Abschiebung in ein ihm weitgehend fremdes Land kommen, in dem ihm eine Integration kaum gelingen dürfte. Er ist in Deutschland geboren worden und kann die türkische Sprache - wie er gegenüber dem Verwaltungsgericht angegeben hat (Bl. 73 d.A. 15 K 338/11) - nur „ein bisschen“ sprechen, jedoch nicht schreiben. Auch sein Bruder S. hat in seiner eidesstattlichen Versicherung (Bl. 41 d.A.) bestätigt, dass der Antragsteller nur über sehr unzureichende türkische Sprachkenntnisse verfügt. Den plausiblen Angaben des Antragstellers zufolge liegt das daran, dass seine Eltern zwar türkische Staatsangehörige, jedoch georgische Volkszugehörige sind und die lasische Sprache sprechen. Diese Sprache hat der Antragsteller jedoch offenbar nicht gelernt, weshalb offen bleiben kann, ob eine Integration in die Türkei auf der Grundlage im Wesentlichen nur der lasischen Sprache überhaupt möglich wäre. Mit den türkischen Lebensverhältnissen ist der Antragsteller nicht vertraut. Er hat die Türkei nach seinen glaubhaften eigenen Angaben nur wenige Male besucht und keinen Kontakt zu einem in der Türkei lebenden Onkel. Seine Familie, bestehend aus seinen Eltern und vier Geschwistern mit ihren Familien, lebt in Deutschland (Bl. 74 d.A. 15 K 338/11). Seine Eltern halten sich zwar nach dem Eintritt seines Vaters in den Ruhestand häufiger in der Türkei auf. Ihren Lebensmittelpunkt haben sie nach den glaubhaft gemachten Angaben seines Bruders S. (Bl. 41 d.A.) aber weiterhin in Deutschland.

30

c) Der Senat gelangt bei der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen umfassenden Gewichtung und Würdigung aller dargestellten Gesichtspunkte und Erwägungen im Ergebnis zu der Einschätzung, dass es dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, seinen Aufenthalt in Deutschland zu beenden und zukünftig in der Türkei zu leben:

31

Dem Umstand, dass der Antragsteller durch sein Leben in Deutschland seit seiner Geburt über nahezu 44 Jahre in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, kommt erhebliches Gewicht bei. Bereits diese Dauer spricht dafür, dass es sich bei dem Antragsteller faktisch um einen Inländer handelt. Es kommt hinzu, dass er hier gewichtige soziale Bindungen hat. Dabei ist insbesondere an die Bindungen zu seinen - auch deutschen - Familienangehörigen zu denken, aber auch an die neuerdings entstandene Bindung zu seiner deutschen Lebensgefährtin und ihren Kindern. Die bislang fehlende wirtschaftliche Integration lässt nicht die Wirkungen entfallen, die durch ein jahrzehntelanges Leben in Deutschland hervorgerufen werden. Insoweit ist die Situation des Antragstellers vergleichbar mit der von Deutschen, die ebenfalls hier sozialisiert sind, ohne sich eine wirtschaftliche Existenz aufgebaut zu haben. Hinzu kommt, dass hinreichend gute Aussichten bestehen, dass der Antragsteller künftig als Gabelstaplerfahrer einem geregelten Erwerbsleben nachgehen wird. Den Straftaten schließlich wird eine ausschlaggebende Bedeutung nicht mehr beigemessen werden können. Insofern ist bereits zu berücksichtigen, dass die letzte Straftat des Antragstellers mittlerweile mehr als acht Jahre zurückliegt. Vor allem aber dürfte derzeit aufgrund der offenbar erfolgreichen Behandlung seiner Glücksspielsucht und wohl auch aufgrund der sozialen Einbindung in seine Familie sowie in die neu begründete Lebensgemeinschaft keine Wiederholungsgefahr mehr bestehen. Schon aus diesem Grunde dürfte inzwischen kein dringendes soziales Bedürfnis mehr bestehen, den Antragsteller aus Deutschland fernzuhalten. Seine Abschiebung wäre zudem deswegen unverhältnismäßig, weil es ihm kaum möglich sein würde, in der Türkei Fuß zu fassen. Diese schwer wiegende Folge einer Abschiebung wäre angesichts seiner sozialen Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse bei fehlender Wiederholungsgefahr von Straftaten nicht durch hinreichend gewichtige öffentliche Belange gerechtfertigt.

32

B Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach diesem Gesetz ist ein Ausländer, der volljährig ist, sofern er nicht nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschäftsunfähig oder in dieser Angelegenheit zu betreuen und einem Einwilligungsvorbehalt zu unterstellen wäre.

(2) Die mangelnde Handlungsfähigkeit eines Minderjährigen steht seiner Zurückweisung und Zurückschiebung nicht entgegen. Das Gleiche gilt für die Androhung und Durchführung der Abschiebung in den Herkunftsstaat, wenn sich sein gesetzlicher Vertreter nicht im Bundesgebiet aufhält oder dessen Aufenthaltsort im Bundesgebiet unbekannt ist.

(3) Bei der Anwendung dieses Gesetzes sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs dafür maßgebend, ob ein Ausländer als minderjährig oder volljährig anzusehen ist. Die Geschäftsfähigkeit und die sonstige rechtliche Handlungsfähigkeit eines nach dem Recht seines Heimatstaates volljährigen Ausländers bleiben davon unberührt.

(4) Die gesetzlichen Vertreter eines Ausländers, der minderjährig ist, und sonstige Personen, die an Stelle der gesetzlichen Vertreter den Ausländer im Bundesgebiet betreuen, sind verpflichtet, für den Ausländer die erforderlichen Anträge auf Erteilung und Verlängerung des Aufenthaltstitels und auf Erteilung und Verlängerung des Passes, des Passersatzes und des Ausweisersatzes zu stellen.

(5) Sofern der Ausländer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, müssen die zur Personensorge berechtigten Personen einem geplanten Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 zustimmen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

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Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. Juli 2011 wird der Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. Mai 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Klägern eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung von Seiten der Kläger gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, sofern nicht diese zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen sowie die Aufhebung der Androhung ihrer Abschiebung in das Kosovo. Sie waren Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien und sind albanische Volkszugehörige.

2

Am 5. September reisten der am … 1950 geborene Kläger zu 1., seine Ehefrau, die am … 1964 geborene Klägerin zu 2., sowie ihre gemeinsamen Töchter, die am … 1991 geborene, geistig behinderte Klägerin zu 3. und die am … 1992 geborene Klägerin zu 4., aus dem Kosovo kommend im Besitz bis zum 4. September 1997 gültiger jugoslawischer Reisepässe auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und stellten Asylanträge. Mit Bescheid vom 10. September 1993 erkannte sie das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) als Asylberechtigte an und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 vorliegen. Dieser Bescheid wurde am 16. März 1996 insoweit bestandskräftig, als das Bundesamt bezüglich des Klägers zu 1. das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 festgestellt hatte, nachdem der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10. September 1993 erhobene Klage insoweit zurückgenommen hatte. Dem Kläger zu 1. wurden daraufhin am 4. März 1996 ein Reiseausweis nach Art. 28 GFK sowie eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG 1990 erteilt und beides in der Folgezeit bis zum 26. Oktober 2004 verlängert. Im Übrigen hob das Verwaltungsgericht Mainz auf die Klage des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hin den Bescheid des Bundesamtes vom 10. September 1993 mit im August 1996 rechtskräftig gewordenem Urteil vom 16. Juli 1996 – 7 K 4629/93.MZ – auf. Bezüglich der Klägerinnen zu 2. bis 4. stellte das Bundesamt sodann mit Bescheid vom 13. Dezember 1996 fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG 1990 nicht vorliegen. Dieser Bescheid wurde am 4. März 1997 bestandskräftig. Den Klägerinnen zu 2. bis 4. wurden daraufhin am 30. Juli 1997 Aufenthaltsbefugnisse nach § 31 AuslG 1990 erteilt und in der Folgezeit bis zum 26. Oktober 2004 verlängert.

3

Am … 1997 wurde der Sohn der Kläger zu 1. und zu 2., der Kläger zu 5. geboren. Auch ihm wurde eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG 1990 erteilt und in der Folgezeit bis zum 26. Oktober 2004 verlängert.

4

Am 14. September 1998 wurde der Klägerin zu 2. ein neuer jugoslawischer Reisepass ausgestellt, in den die Kläger zu 3. bis 5. miteingetragen waren und der bis zum 14. September 2008 gültig gewesen ist.

5

Mit Bescheid vom 18. November 2003 widerrief das Bundesamt die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 bezüglich des Klägers zu 1. vorliegen, und stellte zugleich fest, dass bezüglich seiner Person keine Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG 1990 vorliegen. Seine dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 7. Mai 2004 – 7 K 3939/03.KO – ab, seinen daraufhin gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der erkennende Senat mit am 13. Mai 2005 zugestelltem Beschluss vom 11. Mai 2005 – 7 A11027/04.OVG – ab.

6

Am 17. November 2004 hatten die Kläger die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnisse beantragt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. September 2005 ab, forderte die Kläger unter Fristsetzung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet auf und drohte ihnen für den Fall der Nichtbefolgung dieser Aufforderung ihre Abschiebung nach Serbien und Montenegro (Kosovo) an. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Eine Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigungen sei nicht mehr möglich, nachdem die Widerrufsentscheidung des Bundesamtes bezüglich des Klägers zu 1. unanfechtbar sei. Ferner könnten sie sich nicht auf den Beschluss der Innenministerkonferenz vom 15. Februar 2001 berufen, schon weil sich der Kläger zu 1. vor diesem Stichtag nicht zwei Jahre lang in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis befunden habe. Schließlich sei ihnen die gemeinsame Rückkehr in das Kosovo möglich und zumutbar, weil ihr langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet nicht zu ihrer Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse geführt habe. Vielmehr hätten sie ihr Gastrecht dahingehend missbraucht, hauptsächlich von Sozialhilfe zu leben. Auch sei anzunehmen, dass den Klägern zu 3. bis 5. die Integration in die neuen Lebensverhältnisse leicht falle.

7

Daraufhin ließen die Kläger am 19. Oktober 2005 Widerspruch erheben sowie beim Verwaltungsgericht Koblenz einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellen. Der Letztere hatte in zweiter Instanz teilweise Erfolg: Mit Beschluss vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – gab der erkennende Senat dem Beklagten auf, die Abschiebung der Antragsteller bis zur Entscheidung über ihren Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 auszusetzen, weil einiges dafür spreche, dass die Kläger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK hätten, ohne dass insoweit der Sachverhalt geklärt sei und ohne dass der Beklagte das ihm eröffnete Ermessen ausgeübt habe. Seit dem 21. März 2006 hat der Beklagte deshalb die Abschiebung der Kläger jeweils kurzfristig ausgesetzt und ihnen diesbezügliche Duldungsbescheinigungen ausgestellt.

8

Im Mai 2007 ließen die Kläger vorsorglich auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 27. November 2006 beantragen.

9

In der mündlichen Verhandlung des Kreisrechtsausschusses des Beklagten am 28. November 2007 wurde das Widerspruchsverfahren bis zum 31. Mai 2008 ausgesetzt, um eine gütliche Einigung und dem Kläger zu 1. den Erwerb eines serbischen Reisepasses zu ermöglichen. Für den Fall, dass es nicht zu einer gütlichen Einigung komme, wurde im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung die Zustellung eines bereits jetzt als "Vorbehaltsentscheidung" zu beratenden Widerspruchsbescheides angekündigt.

10

Am 18. August 2008 übersandte der Kreisrechtsausschuss den Beteiligten eine Kopie der Niederschrift über seine mündliche Verhandlung vom 28. November 2007 einschließlich des Tenors der die Widersprüche der Kläger zurückweisenden "Vorbehaltsentscheidung". Jedoch wurde den Klägern erst am 31. Mai 2010 ein Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2010 zugestellt. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen seien nicht erfüllt. Insbesondere bestehe kein tatsächliches oder rechtliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG, auch nicht etwa im Hinblick auf Art. 8 EMRK, da die noch immer vollständig von öffentlichen Sozialleistungen abhängigen Kläger hier trotz ihres langjährigen Aufenthaltes weder sozial noch wirtschaftlich integriert seien. Dass die Kläger zu 3. bis 5. Regelschulen besuchten, reiche allein zur Begründung eines schutzwürdigen Interesses an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet nicht aus, weil sie weiterhin mit den Klägern zu 1. und zu 2. im gemeinsamen Familienhaushalt lebten, weil sie noch ledig seien und weil noch keine eigenständige Familien- oder Berufsplanung erkennbar sei. Die Rückkehr in das Herkunftsland sei ihnen daher zumutbar. Abgesehen davon stehe der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG entgegen, da die Kläger offenbar im Wissen, dass ihre Abschiebung nur gemeinsam erfolgen könne, "mittels dem vorgeschobenen und ungeklärt gelassenen Identitätsstatus" des Klägers zu 1., der sich keinen serbischen Reisepass besorgt habe, "nicht die von ihnen für ihre Familie zu verlangenden, zumutbaren Anforderungen (…) erfüllt und damit die Möglichkeit ihrer Ausreise eigenverantwortlich bzw. selbst verschuldet verzögert/vereitelt" hätten. Deshalb könnten ihnen gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG auch keine Aufenthaltserlaubnisse nach dieser Vorschrift erteilt werden. Schließlich scheide auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung vom 27. November 2006 aus. Diese setze nämlich voraus, dass Anträge und Rechtsmittel zuvor zurückgenommen würden und dass der Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit gesichert sei.

11

Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25. Juli 2011 – 3 K 823/10.KO – abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

12

Die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung vom 27. November 2006 scheitere daran, dass der Lebensunterhalt der Kläger nicht am 17. November 2006 durch legale Erwerbstätigkeit gesichert gewesen sei und dass sie ihre Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach anderen Rechtsvorschriften nicht zurückgenommen hätten.

13

Den Klägern stünden auch keine Aufenthaltserlaubnisse nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu, da sie im Sinne von § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hätten. Der Kläger zu 1. habe sich auch nach der Unanfechtbarkeit des Widerrufsbescheides des Bundesamtes im Mai 2005 nicht um einen jugoslawischen Reisepass bemüht und dadurch die gemäß Art. 6 GG nur gemeinsam mögliche Abschiebung der gesamten Familie hinausgezögert. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass dies sowohl dem Kläger zu 1. als auch der Klägerin zu 2. bekannt gewesen sei und dass sie insoweit gezielt gemeinsam aufenthaltsbeendende Maßnahmen verhindert hätten. Die Kläger zu 3. bis 5. müssten sich jedenfalls bis zum Erreichen der Volljährigkeit ein Hinauszögern der Aufenthaltsbeendigung durch ihre Eltern zurechnen lassen.

14

Den Klägerinnen zu 3. und 4. könne des Weiteren keine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 2 Satz 1 AufenthG erteilt werden. Die Klägerin zu 4. sei am 31. Dezember 2009 noch nicht volljährig gewesen sei, im Falle der Klägerin zu 3. erscheine nicht gewährleistet, dass sie sich aufgrund ihrer bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland einfügen könne. Vielmehr werde sie infolge ihrer geistigen Behinderung ihren Lebensunterhalt nicht unabhängig von öffentlichen Hilfeleistungen sichern können.

15

Die Kläger hätten ferner keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 oder Abs. 5 AufenthG, weil ihre Ausreise keine außergewöhnliche Härte darstelle bzw. nicht unmöglich sei. Alle Kläger könnten jederzeit einen Reiseschein für eine Rückreise in das Kosovo erhalten. Da sie gemeinsam ausreisen könnten, scheide eine Verletzung von Art. 6 GG aus. Sofern eine Aufenthaltsbeendigung in ihrem Fall überhaupt in den Schutzbereich des Rechtes auf Achtung ihres Privatlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen sollte, wäre dieser Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Das Gewicht des langen Aufenthaltes der Kläger im Bundesgebiet werde dadurch gemindert, dass ihr rechtmäßiger Aufenthalt bereits 2004 geendet habe und dass sie seitdem zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet seien. Was die Integration der Kläger in die hiesigen Verhältnisse anbelange, so spreche der Kläger zu 1. nur mäßig Deutsch, habe kaum soziale Kontakte und sei wirtschaftlich nicht integriert. Eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit sei nicht belegt und nicht einmal substantiiert dargetan. Gleiches gelte für die Klägerin zu 2. Die geistig behinderte Klägerin zu 3. habe zwar den Abschluss einer Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung erreicht, sei aber – ohne dass dies ihr vorwerfbar wäre – weder sprachlich noch sozial noch wirtschaftlich wesentlich in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert. Bereits derzeit sei sie im normalen Alltagsleben in erheblichem Umfang auf Hilfestellung ihrer Familie angewiesen, lebe ihr Leben weitgehend im Kreis der Familie und werde auch künftig in vergleichbarer Weise auf deren Unterstützung angewiesen sein. Die Klägerin zu 4. sei zwar in sprachlicher, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht in gewisser Weise in die hiesigen Verhältnisse integriert und habe insbesondere im Juni 2009 den Hauptschulabschluss mit ausreichenden Noten erreicht. Sie habe danach aber den Besuch der Berufsschule abgebrochen und noch keine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle gefunden, sodass eine berufliche und wirtschaftliche Integration bisher nicht stattgefunden habe. Der Kläger zu 5. sei hier zwar weitgehend seinem Alter entsprechend sozial integriert, doch sei ihm dennoch wie den übrigen Klägern die Ausreise in das Kosovo zumutbar. Die Kläger zu 1. und 2. seien dort geboren und aufgewachsen, sodass ihnen die sprachliche und soziale Reintegration keine Mühe mache. Ihre wirtschaftliche Integration in die Republik Kosovo werde zwar schwierig sein und möglicherweise nicht gelingen, doch seien die Chancen dafür in ihrem Heimatland, dessen Verhältnisse sie kännten und in dem sie sich sprachlich ohne weiteres zurechtfänden, eher günstiger als hier. Der Klägerin zu 3. seien die Verhältnisse in Kosovo zwar unbekannt, doch werde sie sich lediglich anfangs mit einer für sie nicht vertrauten Umgebung auseinandersetzen und in diese einleben müssen, was ihr nach zumutbaren Anlaufschwierigkeiten mit der Hilfe ihrer Familie jedoch ebenso gelingen werde, wie es ihr in Deutschland gelungen sei: Nach dem Ende des Schulbesuchs habe sie im Wesentlichen im Kreis der Familie gelebt und könne dies auch künftig tun. Die Klägerin zu 4. verfüge über hinreichende mündliche Kenntnisse der Sprache ihres Heimatlandes und könne sich dort von Anfang an verständigen. Aufgrund ihres Alters und der hier erreichten Schulbildung werde sie darüber hinaus in der Lage sein, sich die Kenntnis der Schriftsprache ihres Heimatlandes anzueignen und mit Hilfe ihrer Eltern sozial und wirtschaftlich in der Republik Kosovo zu integrieren. Gleiches gelte für den Kläger zu 5. Angesichts von alledem müsse das Interesse der Kläger an einem weiteren Aufenthalt in Deutschland hinter das öffentliche Interesse an der Beendigung ihres rechtswidrigen Aufenthaltes und das Interesse an der Vermeidung einer weiteren Belastung des deutschen Sozialsystems zurücktreten.

16

Schließlich könne dem Kläger zu 5. schon deshalb keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG erteilt werden, weil er das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet habe.

17

Zur Begründung der vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 12. Dezember 2011 – 7 A 11175/11.OVG – gegen dieses Urteil zugelassenen Berufung vertiefen und ergänzen die Kläger ihr bisheriges Vorbringen und beantragen,

18

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. Juli 2011 den Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

19

Der Beklagte beantragt.

20

die Berufung zurückzuweisen,

21

und verteidigt das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Gerichtsakte 3 L 1899/05.KO sowie auf die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten Bezug genommen, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung der Kläger ist zulässig und begründet.

24

Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Die Kläger haben einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG.

25

Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse nicht in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Die Ausreise eines Ausländers ist dann aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen (wie etwa das Fehlen erforderlicher Einreisepapiere oder sonstige Einreiseverbote in den Herkunftsstaat) oder als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige rechtliche Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen u.a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG. Beim Bestehen von Abschiebungsverboten hat nach dem Gesetzeskonzept die zwangsweise Abschiebung des betroffenen Ausländers zu unterbleiben. Dann aber ist ihm in aller Regel auch eine freiwillige Ausreise aus denselben rechtlichen Gründen nicht zuzumuten und damit rechtlich unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2006 – 1 C 14.05 – BVerwGE 126, 192 [197 f. Rn. 17]).

26

Diese Voraussetzungen sind hier sämtlich erfüllt.

27

Die Kläger sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, nachdem die ihnen zuletzt gemäß § 30 bzw. § 31 AuslG 1990 erteilten Aufenthaltsbefugnisse am 26. Oktober 2004 abgelaufen waren und nachdem ihre als Anträge auf Neuerteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. ab dem 1. Januar 2005 als Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu wertenden Verlängerungsanträge vom 12. November 2004 durch Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 abgelehnt worden waren, ohne dass ihrem daraufhin erhobenen Widerspruch aufschiebende Wirkung zukam (vgl. dazu im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274 f. m.w.N.). Die Kläger erfüllen aber auch die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.

28

1) Was die Klägerin zu 3. anbelangt, so ist ihr eine Ausreise aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil ihre Abschiebung in das Kosovo einen mit Art. 8 EMRK nicht zu vereinbarenden Eingriff in ihr Privatleben darstellen würde und ihr deswegen auch eine freiwillige Ausreise nicht zugemutet werden kann.

29

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Das Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für die Persönlichkeit eines jeden Menschen konstitutiv sind (EGMR, Urteil vom 9. Oktober 2003 – 48321/99 – "Slivenko" – EuGRZ 2006, 560 [561]) und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Mai 2007 – 2 BvR 304/07 – InfAuslR 2007, 275 [277] und vom 21. Februar 2011 – 2 BvR 1392/10 – InfAuslR 2011, 235 [236] sowie BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2009 – 1 C 40.07 – BVerwGE 133, 72 [82 Rn. 21]). Zwar folgt aus Art. 8 EMRK grundsätzlich kein Recht eines Ausländers, in einen bestimmten Vertragsstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten (vgl. EGMR, Urteil vom 16. Juni 2005 – 60654/00 – "Sisojewa I" – InfAuslR 2005, 349 sowie Entscheidungen vom 17. Oktober 2004 – 33743/03 – "Dragan" – NVwZ 2005, 1043 [1045] und vom 16. Juni 2004 – 11103/03 – "Ghiban" – NVwZ 2005, 1046; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1997 – 1 C 18.96 – NVwZ 1998, 189 m.w.N.). Jedoch kann einem Ausländer bei fortschreitender Aufenthaltsdauer aus dem Recht auf Achtung des Privatlebens auch eine von dem betreffenden Vertragsstaat zu beachtende aufenthaltsrechtliche Rechtsposition zuwachsen.

30

Der Schutzbereich des Art. 8 EMRK ist im Fall der Klägerin zu 3. ohne weiteres eröffnet, nachdem sie sich seit über 18 Jahren in Deutschland aufhält. Zwar kommt ein Privatleben im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich dieser Vorschrift eröffnet, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zumindest "grundsätzlich" nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (vgl. dessen Urteile vom 26. Oktober 2010 – 1 C 18.09 – InfAuslR 2011, 92 [93] und vom 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 [335]; offengelassen vom EGMR in der Entscheidung vom 16. September 2004 – 11103/03 – a.a.O. und im Urteil vom 8. April 2008 – 21878/06 – "Nnyanzi" – ZAR 2010, 189 [190 f.]). Der Aufenthalt der Klägerin zu 3. war jedoch zunächst 3 ½ Jahre gestattet und danach vom 30. Juli 1997 bis zum 26. Oktober 2004, also 7 ¼ Jahre lang genehmigt. Angesichts dessen war in ihrem Fall der Schutzbereich des Art. 8 EMRK bereits damals eröffnet.

31

Zudem galten die Gründe, aus denen die Aufenthaltsbefugnisse der Kläger zuletzt vom 27. April bis zum 26. Oktober 2004 verlängert worden waren, bis zum Eintritt der Bestandskraft der den Kläger zu 1., den Vater der Klägerin zu 3., betreffenden Widerrufsentscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – im Folgenden: Bundesamt – am 13. Mai 2005 weiter und hätten deshalb bis zum 31. Dezember 2004 die Erteilung weiterer Aufenthaltsbefugnisse und ab dem 1. Januar 2005 die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 2 Satz 1 bzw. nach § 29 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AufenthG gerechtfertigt.

32

Es kommt weiter hinzu, dass – auch – der Klägerin zu 3. mangels des Vorliegens eines Ausnahmefalles seit dem 28. August 2007 ein von ihrer Mutter, der Klägerin zu 2., abgeleiteter Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zustand, der an diesem Tag in Kraft getretenen ist. Die Klägerin zu 2. erfüllte nämlich ab dem 28. August 2007 sämtliche allgemeinen und besonderen Voraussetzungen für die Erteilung einer so genannten Aufenthaltserlaubnis auf Probe, entgegen der Annahme des Beklagten und des Verwaltungsgerichts insbesondere auch die in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG aufgestellte. Die Klägerin zu 2. mag zwar gebilligt und sogar begrüßt haben, dass sich ihr Ehemann, der Kläger zu 1., nicht um die Ausstellung eines serbischen Reisepasses bemühte, wozu er gemäß § 3 Abs. 1 AufenthG – mit Blick auf § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG erst – ab dem 13. Mai 2005 verpflichtet war, doch hat sie allein deswegen nicht etwa selbst vorsätzlich die Beendigung ihres Aufenthaltes hinausgezögert oder behindert, die dem Beklagten überdies ab dem 3. März 2006 aufgrund des Beschlusses des erkennenden Senats vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – a.a.O. untersagt war; eine vorsätzliche Hinauszögerung oder Behinderung der Beendigung ihres Aufenthaltes durch die Klägerin zu 2. ist auch sonst nicht ersichtlich. Ein in der Vergangenheit materiellrechtlich bestehender Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stellt indes, auch wenn er durch die Ausländerbehörde nicht erfüllt wurde, gleichwohl wie ein rechtmäßiger Aufenthalt eine "Handreichung des Staates" (vgl. Hoppe, ZAR 2006, 125 [128]) dar, auf deren Grundlage schutzwürdiges Vertrauen auf einen Verbleib im Bundesgebiet entwickelt werden kann (vgl. VGH BW, Urteile vom 13. Dezember 2010 – 11 S 2359/10 – InfAuslR 2011, 250 [252] sowie vom 4. November 2009 – 11 S 2472/08 – InfAuslR 2010, 103 [107]). Auch nachdem der jugoslawische Pass der Kläger zu 2. bis 5. am 14. September 2008 abgelaufen war, blieb dem Beklagten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG im Rahmen des ihm nunmehr durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffneten Ermessens möglich, die der Klägerin zu 3. dann ab der Vollendung ihres 18. Lebensjahres am 4. Mai 2009 zudem aus eigenem und nicht nur aus einem von ihrer Mutter abgeleiteten Recht zustand (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 19. Juni 2009 – 7 B 10468/09.OVG – ESOVGRP).

33

Schließlich hat das Widerspruchsverfahren übermäßig lange gedauert. Der Beklagte hat den Aufenthalt – auch – der Klägerin zu 3. seit dem 21. März 2006 zwar lediglich geduldet, weil ihm deren Abschiebung vor der Zustellung eines Widerspruchsbescheides durch den Beschluss des erkennenden Senats vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – a.a.O. untersagt war. Der Widerspruchsbescheid ist jedoch trotz klägerseitiger Nachfrage erst am 31. Mai 2010 und damit mehr als 4 ½ Jahre nach Widerspruchserhebung zugestellt worden, ohne dass die im Beschluss des erkennenden Senats vom 26. Februar 2006 erwartete weitere Sachverhaltsaufklärung vollständig erfolgt ist und ohne dass Gründe für die überlange Verfahrensdauer ersichtlich sind. Dies stellte ebenfalls eine Art "Handreichung des Staates" dar, die – auch – bei der Klägerin zu 3. eine weitere Verwurzelung in die hiesigen Verhältnisse und eine weitere Entwurzelung aus den Verhältnissen in Kosovo zur Folge hatte.

34

Nach alledem würde die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3. im Bundesgebiet einen Eingriff in den Schutzbereich des ihr gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK zustehenden Rechts auf Achtung ihres Privatlebens bedeuten. Dieser Eingriff wäre gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, wenn er eine Maßnahme darstellen würde, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist, sich also als verhältnismäßig erweist. Daran fehlt es.

35

Im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung ist einerseits maßgeblich zu berücksichtigen, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters und seiner persönlichen Befähigung in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist. Gesichtspunkte sind insoweit insbesondere die Dauer und der Grund seines Aufenthalts in Deutschland sowie dessen rechtlicher Status, der Stand seiner Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift, seine berufliche Tätigkeit und seine wirtschaftliche Integration bzw. bei einem Kind, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen seine Integration in eine Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung, seine Wohnverhältnisse, seine sozialen Kontakte sowie die Beachtung gesetzlicher Pflichten und Verbote. Zum zweiten ist insoweit maßgeblich, welche Schwierigkeiten für den Ausländer – wiederum unter Berücksichtigung seines Lebensalters und seiner persönlichen Befähigung – mit einer (Re-)Integration in den Staat verbunden sind, in den er ausreisen soll. Gesichtspunkte sind diesbezüglich vor allem, inwieweit Kenntnisse der dort gesprochenen und geschriebenen Sprache bestehen bzw. erworben werden können, inwieweit der Ausländer mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist und inwieweit er dort bei der (Wieder-)Eingliederung auf Hilfestellung durch Verwandte und sonstige Dritte rechnen kann, soweit diese erforderlich sein sollte (vgl. bereits den Beschluss des erkennenden Senats vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – a.a.O. S. 275 f. m.w.N.). Schließlich ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgeblich zu berücksichtigen, welches öffentliche Interesse an dem Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK besteht. Dass dieses Interesse bei einem Ausländer, der seinen und seiner Familie Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch Erwerbstätigkeit sicherstellt und die öffentliche Sicherheit und Ordnung lediglich dadurch stört, dass er keinen Aufenthaltstitel besitzt und nur geduldet ist, von deutlich geringerem Gewicht ist als beispielsweise bei einem Ausländer, der bereits erhebliche Straftaten begangen hat und bei dem die Gefahr der Begehung weiterer solcher Straftaten besteht, versteht sich von selbst (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 6. März 2009 – 7 B 10028/09.OVG – juris Rn. 14).

36

Letztlich kommt es – wie im Rahmen jeder Verhältnismäßigkeitsprüfung – auf die Berücksichtigung und Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles an. Ein mit Art. 8 EMRK nicht vereinbarer Eingriff in den Anspruch auf Achtung des Privatlebens eines Ausländers setzt deshalb nicht zwingend dessen abgeschlossene und gelungene Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland oder gar voraus, dass er wie ein Inländer in den hiesigen Lebensverhältnissen verwurzelt ist. Auch reicht etwa allein der Umstand, dass ein im Bundesgebiet geborener und aufgewachsener Ausländer weder über einen Schulabschluss noch über eine Berufsausbildung verfügt und seinen Lebensunterhalt bislang nahezu ausschließlich aus öffentlichen Sozialleistungen bestritten hat, für sich allein nicht aus, um ungeachtet aller anderen Besonderheiten des Falles seine Verwurzelung im Bundesgebiet zu verneinen (so der Beschluss des BVerwG vom 19. Januar 2010 – 1 B 25/09 – NVwZ 2010, 707 [708] sowie das Urteil des erkennenden Senats vom 3. November 2011 – 7 A 10842/11.OVG – ESOVGRP und dessen Beschluss vom 25. August 2010 – 7 B 10845/10.OVG –). Ein mit Art. 8 EMRK nicht vereinbarer Eingriff in den Anspruch auf Achtung des Privatlebens eines Ausländers ist auch nicht stets dann ausgeschlossen, wenn sich dieser (wieder) in die Verhältnisse eines anderen Staates einfinden könnte, in den er ausreisen kann (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 6. März 2009 – 7 B 10028/09.OVG – juris Rn. 15).

37

Was die Integration der heute 20-jährigen Klägerin zu 3. in die hiesigen Lebensverhältnisse anbelangt, so ist zunächst zu sehen, dass sie im Alter von zwei Jahren ins Bundesgebiet eingereist ist und sich hier seitdem ohne jegliche Unterbrechung über 18 Jahre lang aufgehalten hat. Ihr Aufenthalt hier war – wie oben bereits aufgezeigt – über zehn Jahre lang rechtmäßig und beruhte zudem überwiegend auf "Handreichungen des Staates". Die Klägerin zu 3. hat hier nahezu ihre gesamte Kindheit und Jugend verbracht und hier nahezu ihre gesamte Sozialisierung erfahren. Nach den Feststellungen des Senats in der mündlichen Verhandlung spricht sie, soweit sie dies aufgrund ihrer geistigen Behinderung überhaupt tut (vgl. dazu etwa ihr Abschlusszeugnis vom 25. Juni 2010 – S. 95 der Gerichtsakte [im Folgenden: GA]), ganz überwiegend Deutsch. Sie hat mit Erfolg 12 Jahre lang eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "ganzheitliche Entwicklung" besucht und den entsprechenden Schulabschluss erreicht (vgl. S. 95 GA). Zu einer Berufsausbildung oder zur Ausübung einer echten Erwerbstätigkeit ist sie behinderungsbedingt nicht in der Lage. Während ihrer Schulzeit hatte sie, wie ihren Zeugnissen entnommen werden kann, zunehmend guten Kontakt zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern (vgl. S. 58, 91, 93, 94 und 95 GA). Vergleichbare soziale Kontakte würde sie bei der geplanten Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen erneut haben, die – soweit ersichtlich – bislang nur daran gescheitert ist, dass sie nach Auffassung der Bundesagentur für Arbeit im Bundesgebiet keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 30 Abs. 1 SGB I hat, weil der Beklagte ihre Abschiebung jeweils nur für meist drei, maximal für sechs Monate aussetzt, sie also nur jeweils kurzfristig duldet (vgl. S. 474 und 475 R der den Kläger zu 1. betreffenden Verwaltungsakte [im Folgenden: VA 1]). Die Klägerin zu 3. hat sich bislang stets an Recht und Gesetz gehalten. Zwar ist sie seit dem 14. September 2008 entgegen § 3 Abs. 1 AufenthG nicht mehr im Besitz eines Passes, doch war ihr die bislang zum Erwerb eines kosovarischen Passes erforderliche Reise in das Kosovo behinderungsbedingt allein nicht möglich. Auch hätte ihr deshalb der Beklagte einen Ausweisersatz im Sinne von § 48 Abs. 2 AufenthG ausstellen können, sollte er dies nicht sogar gewollt haben (vgl. S. 229 und 293 VA 1). Unter Berücksichtigung ihrer behinderungsbedingten Beeinträchtigungen und gemessen an ihrer intellektuellen Befähigung hat die Klägerin den für sie höchstmöglichen Grad der Verwurzelung in den Verhältnissen in Deutschland erreicht; zu weitergehenden Integrationsleistungen ist sie behinderungsbedingt nicht in der Lage.

38

Demgegenüber wird der Klägerin zu 3. eine mit ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse vergleichbare Reintegration in die Verhältnisse in Kosovo nicht möglich sein. Erinnerungen an das Leben in Kosovo hat sie nicht, mit den dortigen Lebensverhältnissen ist sie nicht vertraut. Zwar gebraucht sie, wie auch die Feststellungen des Senats in der mündlichen Verhandlung ergeben haben, gegenüber ihren Eltern noch immer auch einige Worte Albanisch. Sie wird jedoch weitere Wörter oder gar kurze Sätze auf Albanisch angesichts des Einbruchs ihrer Entwicklung im siebten Schulbesuchsjahr (vgl. das Zeugnis vom 22. Juli 2005 [S. 58 GA] einerseits und die nachfolgenden Zeugnisse andererseits, in denen im Wesentlichen nur noch vom Erwerb lebenspraktischer Fähigkeiten die Rede ist) kaum hinzuerlernen können. Eine Berufsausbildung oder die Ausübung einer Erwerbstätigkeit wird ihr dort nicht möglich sein. Auch Maßnahmen der Eingliederungshilfe, die ihr eine sinnvolle und sie mit Stolz erfüllende (vgl. das Zeugnis vom 10. Juli 2009 – S. 93 GA) Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen ermöglichen würde, gibt es dort – soweit ersichtlich – nicht. Sie wird dort deshalb auch keine über die zu den Mitgliedern ihrer Kernfamilie hinausgehenden soziale Kontakte zu Bekannten oder gar Freunden haben können. Abgesehen von alledem wird ihre Reintegration in die dortigen Verhältnisse durch ihre geistige Behinderung auch sonst deutlich erschwert sein.

39

Des Weiteren wird sich ihre finanzielle Absicherung in Kosovo entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts nicht nur "voraussichtlich weniger günstig gestalten (…) als in der Bundesrepublik Deutschland", sondern aller Voraussicht nach völlig unzulänglich sein. Zwar trifft es zu, dass das Bundesamt mit Bescheid vom 13. Dezember 1996 das Bestehen von Abschiebungshindernissen – auch – bezüglich der Klägerin zu 3. verneint hat und dass dieser Entscheidung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG noch immer Bindungswirkung zukommt. Deshalb kann jedoch lediglich ausgeschlossen werden, dass – auch – die Klägerin zu 3. bei einer Rückkehr in das Kosovo alsbald mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, in der sie "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen", etwa mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert sein würde (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 8. Dezember 1998 – 9 C 4.98 – BVerwGE 108, 77 [80] und vom 29. Juni 2010 – 10 C 10.09 – BVerwGE 137, 226 [232 f. Rn. 14 f.], beide m.w.N.). Weitergehende Rückschlüsse auf die Situation, in die – auch – die Klägerin zu 3. zurückkehren müsste und die der Beklagte und das Verwaltungsgericht nicht näher untersucht haben, lässt die Entscheidung des Bundesamtes aber nicht zu. Diese Situation ist gekennzeichnet durch eine Arbeitslosenquote in Höhe von rund 45 %. Auch wenn letztere in der Gruppe der 15- bis 25-Jährigen bei über 70 % liegt und angesichts des hohen Anteils der Beschäftigten im informellen Sektor etwas zu revidieren ist, haben damit nicht nur ihre 19-jährige Schwester, die Klägerin zu 4., sondern auch der bereits über 62-jährige Kläger zu 1. und die fast 48-jährige Klägerin zu 2. als Frau kaum Aussichten auf mehr als eine allenfalls geringfügige Beschäftigung. Zwar werden in Kosovo Sozialleistungen gewährt, doch betragen diese – bei einem durchschnittlichen monatlichen Brutto-Arbeitseinkommen von 300,00 € – für Einzelpersonen monatlich 40,00 € und für Familien monatlich bis zu 80,00 €. Bei einer 5-köpfigen Familie erhält mithin jeder nicht einmal 0,55 € pro Tag; die Armutsgrenze liegt in Kosovo bei 1,37 € pro Tag und Erwachsenem, die Grenze zur erheblichen Armut bei 0,97 € pro Tag und Erwachsenem. Die Sozialleistungen reichen mithin zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Meist wird das wirtschaftliche Überleben durch den Zusammenhalt der Familien sowie durch die in Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft gesichert (vgl. insgesamt S. 26 – 28 des Berichts des Auswärtigen Amtes vom 6. Januar 2011 über die asyl- und abschieberechtliche Lage in der Republik Kosovo, dessen Hinweise auf www.auswaertiges-amt.de → Reise und Sicherheit → Länder A – Z → Kosovo → Wirtschaftspolitik [Stand Februar 2012] sowie wikipedia.de → Kosovo → Gliederungsnummern 8.4.3 und 8.4.4). Dies wird im Fall der Kläger allenfalls eingeschränkt der Fall sein: Selbst wenn sie in Kosovo entgegen ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung noch über Familienangehörige verfügen sollten, so ist doch der Kontakt zu jenen nach über 18 Jahren offenbar abgerissen, und nach über 18 Jahren Abwesenheit würden die Kläger wohl auch nur zögerlich wieder in die zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft aufgenommen werden. Zwar macht der Beklagte zu Recht geltend, dass einem Ausländer die Ausreise in einen anderen Staat mit wesentlich ungünstigeren (wirtschaftlichen) Verhältnissen als in der Bundesrepublik Deutschland nicht bereits deshalb stets unzumutbar ist. Gleichwohl sind die Verhältnisse in dem Staat, in den ein Ausländer ausreisen soll, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK angemessen zu berücksichtigen.

40

Das öffentliche Interesse an einer Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3. besteht angesichts des Umstandes, dass sie ihren Lebensunterhalt wohl nie im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG wird sichern können, im Wesentlichen darin, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel durch sie zu verhindern. Diesem öffentlichen Interesse kommt zwar in aller Regel erhebliche Bedeutung zu, wie auch aus der gesetzlichen Wertung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG folgt. Dies gilt im Fall der Klägerin zu 3. jedoch nicht. Wären nämlich den Klägern aufgrund der insoweit bis zum 13. Mai 2005 fortgeltenden Gründe durchgängig Aufenthaltsbefugnisse, die gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG ab dem 1. Januar 2005 als Aufenthaltserlaubnisse weitergegolten hätten, und gegebenenfalls im Anschluss daran nach dem 1. Januar 2005 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 Satz 1 bzw. nach § 29 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AufenthG erteilt worden, so hätte die Klägerin zu 3. ab dem 1. Januar 2005 die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 9 Abs. 1 AufenthG, ggf. in Verbindung mit § 26 Abs. 4 Sätze 1 und 2, erfüllt. Zwar setzt dies gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 AufenthG grundsätzlich voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist und dass 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet wurden oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachgewiesen werden. Im Fall der Klägerin gelten diese Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 und 6 AufenthG jedoch nicht, da sie diese Voraussetzungen infolge ihrer geistigen Behinderung nicht erfüllen kann. Wäre – auch – der Klägerin zu 3. alsbald nach Bestandskraft der Entscheidung des Bundesamtes vom 13. Dezember 1996 am 4. März 1997 eine Aufenthaltsbefugnis erteilt worden, so hätte sie bei obiger Prämisse vor dem 13. Mai 2005 sogar nach § 10 Abs. 1 StAG eingebürgert werden können. Denn gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 muss der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten können oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten haben. Letzteres ist bei der Klägerin zu 3. infolge ihrer geistigen Behinderung der Fall. Da mithin § 9 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 sowie Satz 3 und 6 Aufenth G und sogar § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG im Fall der Klägerin zu 3. hätten Anwendung finden können, so kommt angesichts der gesetzlichen Wertungen in diesen Bestimmungen, die der Klägerin zu 3. einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet ermöglicht hätten, obwohl sie ihren Lebensunterhalt nur durch die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann, in ihrem Falle dem öffentlichen Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes zur Verhinderung der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel ausnahmsweise allenfalls untergeordnete Bedeutung zu.

41

Bei Berücksichtigung aller dieser Umstände und bei deren angemessener Würdigung kommt, auch wenn die Beendigung des Aufenthaltes eines Ausländers nicht "nur deshalb" als mit Art. 8 EMRK unvereinbar angesehen werden kann, "weil dieser sich über einen bestimmten Zeitraum in dem Hoheitsgebiet des Vertragsstaats aufhält" (vgl. EGMR, Entscheidung vom 16. Juni 2004 – 11103/03 – a.a.O.), allein schon der Dauer des Aufenthaltes der Klägerin zu 3. im Bundesgebiet von über 18 Jahren ein ganz erhebliches Gewicht zu, zumal sie im Alter von nur 2 Jahren ins Bundesgebiet einreiste und deshalb nahezu ausschließlich hier ihre Sozialisierung erfuhr. Überdies war ihr Aufenthalt – wie oben bereits aufgezeigt – über zehn Jahre lang rechtmäßig und beruhte ansonsten überwiegend auf "Handreichungen des Staates". Deswegen und mit Blick auf die besonderen Schwierigkeiten, die mit ihrer – behinderungsbedingt ohnehin nur eingeschränkt möglichen – Reintegration in die Verhältnisse in Kosovo verbunden sein würden, sowie auf die dortige wirtschaftliche Situation und deren konkrete Auswirkungen auf sie, und zwar selbst im Falle einer gemeinsamen Rückkehr mit ihrer Familie dorthin, erweist sich die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3. im Bundesgebiet angesichts der allenfalls untergeordneten Bedeutung des daran bestehenden öffentlichen Interesses als im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht "in einer demokratischen Gesellschaft (…) notwendig" und damit als unverhältnismäßig.

42

Ist aber der Klägerin zu 3. die Ausreise unmöglich, weil eine Beendigung ihres Aufenthaltes einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Recht auf Achtung ihres Privatlebens darstellen würde, so ist mit dem Wegfall dieses Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Angesichts dessen ist die Klägerin zu 3. ferner im Sinne von § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG unverschuldet an der Ausreise gehindert. Schließlich erfüllt die Klägerin zu 3. auch die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

43

Zwar setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Vorliegend besteht jedoch im Fall der Klägerin zu 3. insoweit ein Ausnahmefall. Zunächst ist in diesem Zusammenhang die durch Art. 8 EMRK geschützte Rechtsposition der Klägerin zu 3. und die hinter § 25 Abs. 5 AufenthG stehende gesetzgeberische Absicht zu berücksichtigen. Ferner geht es im Falle der rechtlichen Unmöglichkeit einer Ausreise nicht um eine Entscheidung für oder gegen den weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet, sodass sich durch eine Versagung der Aufenthaltserlaubnis an der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nichts ändern würde. Vor allem aber kommt – wie oben aufgezeigt – im Falle der Klägerin zu 3. dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Lebensunterhalts zur Verhinderung der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel ausnahmsweise allenfalls untergeordnete Bedeutung zu.

44

Ferner setzt zwar § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG in der Regel voraus, dass die Passpflicht nach § 3 AufenthG erfüllt ist. Auch insoweit ist jedoch vom Bestehen eines Ausnahmefalles auszugehen, weil wiederum die durch Art. 8 EMRK geschützte Rechtsposition der Klägerin zu 3. und die hinter § 25 Abs. 5 AufenthG stehende gesetzgeberische Absicht zu berücksichtigen ist und weil die Erfüllung der Passpflicht unmittelbar bevorsteht, nachdem – wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat – nunmehr auch von den kosovarischen Auslandsvertretungen im Bundesgebiet kosovarische Reisepässe ausgestellt werden und – auch – die Klägerin zu 3. einen solchen beantragt und einen für dessen Abholung erforderlichen kosovarischen Personalausweis bereits erhalten hat. Angesichts dessen wäre zumindest das dem Beklagten durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen, von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG abzusehen, auf Null reduziert: Zur Begründung des Entwurfs des § 5 Abs. 3 AufenthG wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen typischerweise nicht von der Erfüllung aller allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG abhängig gemacht werden kann (vgl. BT-Drucks. 15/420 S. 70).

45

Da gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erteilt werden soll, wenn die Abschiebung des betreffenden Ausländers seit 18 Monaten ausgesetzt ist, da dies im Fall der Klägerin zu 3. zutrifft und da insoweit auch kein Ausnahmefall vorliegt, ist ihr nach alledem eine Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

46

2) Was die Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. anbelangt, so ist ihnen eine Ausreise aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil ihre Abschiebung in das Kosovo nicht mit Art. 6 GG zu vereinbaren wäre und ihnen deswegen auch eine freiwillige Ausreise nicht zugemutet werden kann.

47

Insoweit ist nämlich zu sehen, dass der Klägerin zu 3. – wie eben aufgezeigt – das Recht zusteht, sich in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten, weil ihr eine Rückkehr in das Kosovo rechtlich unmöglich ist, dass sie dabei aber trotz ihrer Volljährigkeit wegen ihrer geistigen Behinderung wie bisher in erheblichem Umfang auf die Unterstützung ihrer allerdings kaum Deutsch sprechenden Eltern sowie wegen deren sehr guter deutscher Sprachkenntnisse auch auf die Unterstützung ihrer Schwester angewiesen ist. Aufgrund der insoweit unwidersprochenen klägerseitigen Darstellung, den in den Verwaltungs- und Gerichtsakten befindlichen Unterlagen und dem Eindruck des Senats, den er in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin zu 3. gewonnen hat, bedarf diese selbst im normalen Alltagsleben wesentlich der Hilfestellung der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. und benötigt auch künftig in vergleichbarer Weise der Betreuung durch die Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. Da diese bislang der Klägerin zu 3. die nötige Hilfestellung gewährt haben und da ferner kein Anzeichen dafür ersichtlich ist, dass sie die Klägerin zu 3. künftig nicht mehr im erforderlichen Umfang unterstützen oder auch nur die häusliche Gemeinschaft aufheben werden, genießt diese familiäre Beziehung, die nur im Bundesgebiet gelebt werden kann, weil der Klägerin zu 3. eine Rückkehr in das Kosovo rechtlich unmöglich ist, trotz der Volljährigkeit der Klägerinnen zu 3. und zu 4. als tatsächliche Beistandsgemeinschaft den besonderen Schutz des Art. 6 GG, der deshalb der Trennung der Familienmitglieder durch Abschiebung der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. entgegensteht. Dann aber ist den Klägern zu 1., zu 2. und zu 4. auch die freiwillige Ausreise in das Kosovo aus rechtlichen Gründen unmöglich.

48

Im Fall der Klägerin zu 4. kommt hinzu, dass eine Aufenthaltsbeendigung auch einen nicht gerechtfertigten Eingriff in den in ihrem Fall ebenso eröffneten Schutzbereich des Rechts auf Achtung ihres Privatlebens bedeuten würde.

49

Was ihre Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse anbelangt, so ist zunächst zu sehen, dass sie im Alter von einem Jahr ins Bundesgebiet eingereist ist und sich hier seitdem ohne jegliche Unterbrechung aufgehalten hat. Ihr Aufenthalt hier war ebenso wie der der Klägerin zu 3. über zehn Jahre lang rechtmäßig und beruhte ansonsten überwiegend auf "Handreichungen des Staates". Die Klägerin zu 4. hat hier nahezu ihre gesamte Kindheit und Jugend verbracht und nahezu ihre gesamte Sozialisierung hier erfahren. Nach den Feststellungen des Senats in der mündlichen Verhandlung spricht sie sehr gut Deutsch. Auch sozial ist sie, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, voll in die hiesigen Verhältnisse integriert. Die Klägerin zu 4. hat sich bislang stets an Recht und Gesetz gehalten. Zwar ist auch sie seit dem 14. September 2008 entgegen § 3 Abs. 1 AufenthG nicht mehr im Besitz eines Passes, doch war ihr die bislang zum Erwerb eines kosovarischen Passes erforderliche Reise in das Kosovo zunächst wegen ihrer Minderjährigkeit und zudem wegen ihrer schlechten Kenntnisse des Albanischen, das sie, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, zwar etwas spricht, aber nicht schreiben und lesen kann, allein nicht möglich. Auch hätte ihr deshalb der Beklagte einen Ausweisersatz im Sinne von § 48 Abs. 2 AufenthG ausstellen können, sollte er dies nicht sogar gewollt haben (vgl. S. 229 und 293 VA 1). Ferner hat sie hier mit Erfolg die Schule besucht und, wenn auch mit immer schlechter werdenden Noten, so aber doch noch den Hauptschulabschluss erreicht (vgl. S. 70 – 74 sowie S. 104 – 107 R GA). Den Besuch der Berufsfachschule I hat sie zwar nach langem unentschuldigten Fehlen und mit sehr schlechten Noten vorzeitig abgebrochen, eine Berufsausbildung bislang nicht begonnen und auch erst im Anschluss an die Ladung des Verwaltungsgerichts zur mündlichen Verhandlung nach einer Arbeitsstelle gesucht. Aufgrund des von ihr in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks und ihrer diesbezüglichen Angaben ist der Senat aber davon überzeugt, dass es ihr inzwischen ernst ist mit dem Bemühen um eine Arbeitsstelle und dass ihr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zumindest jeweils befristete Tätigkeiten im – mangels Berufsausbildung – Niedriglohnbereich möglich sein würden und dass es dann endlich auch zu einer beginnenden wirtschaftlichen Integration der Klägerin zu 4. käme, die jeden-falls zur Sicherung ihres eigenen Lebensunterhalts führen würde.

50

Demgegenüber wird der Klägerin zu 4. eine Reintegration in die Verhältnisse in Kosovo nur schwer möglich sein. Erinnerungen an das Leben in Kosovo hat sie nicht, mit den dortigen Lebensverhältnissen ist sie nicht vertraut. Zwar spricht sie, wie auch die Feststellungen des Senats in der mündlichen Verhandlung ergeben haben, noch immer auch etwas Albanisch, das sie aber nicht schreiben und lesen kann. Auf Hilfestellung ihrer Eltern beim Einfinden in die Verhältnisse in Kosovo kann sie nicht rechnen, da diese im Bundesgebiet bei der geistig behinderten Klägerin zu 3. bleiben würden. Sollte sie in Kosovo entgegen den Angaben in der mündlichen Verhandlung noch über Familienangehörige verfügen, so ist doch der Kontakt zu jenen nach über 18 Jahren offenbar abgerissen. Bekannte und Freunde hat sie dort nicht. Ihre finanzielle Situation in Kosovo wird sich entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts nicht nur "voraussichtlich weniger günstig gestalten (…) als in der Bundesrepublik Deutschland", sondern – wie im Zusammenhang mit der Klägerin zu 3. bereits ausgeführt – aller Voraussicht nach völlig unzulänglich sein.

51

Das öffentliche Interesse an einer Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 4. besteht im Wesentlichen darin, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel durch sie zu verhindern. Diesem öffentlichen Interesse kommt zwar in aller Regel erhebliche Bedeutung zu, wie auch aus der gesetzlichen Wertung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG folgt. Im Fall der Klägerin zu 4., der es inzwischen ernst ist mit dem Bemühen um eine Arbeitsstelle, besteht jedoch zur Überzeugung des Senats die große Wahrscheinlichkeit, dass sie zumindest jeweils befristete Tätigkeiten im – mangels Berufsausbildung – Niedriglohnbereich ausüben und so zumindest ihren eigenen Lebensunterhalt sichern würde, falls ihr der Beklagte eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Angesichts dessen kommt jedenfalls derzeit in ihrem Fall dem öffentlichen Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes zur Verhinderung der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel ausnahmsweise nur untergeordnete Bedeutung zu.

52

Bei Berücksichtigung aller dieser Umstände und bei deren angemessener Würdigung kommt, auch wenn die Beendigung des Aufenthaltes eines Ausländers nicht "nur deshalb" als mit Art. 8 EMRK unvereinbar angesehen werden kann, "weil dieser sich über einen bestimmten Zeitraum in dem Hoheitsgebiet des Vertragsstaats aufhält" (vgl. EGMR, Entscheidung vom 16. Juni 2004 – 11103/03 – a.a.O.), allein schon der Dauer des Aufenthaltes der Klägerin zu 4. im Bundesgebiet von über 18 Jahren ein ganz erhebliches Gewicht zu, zumal sie im Alter von nur einem Jahr ins Bundesgebiet einreiste und deshalb nahezu ausschließlich hier ihre Sozialisierung erfuhr. Überdies war ihr Aufenthalt – wie oben bereits aufgezeigt – über zehn Jahre lang rechtmäßig und beruhte ansonsten überwiegend auf "Handreichungen des Staates". Deswegen und mit Blick auf die besonderen Schwierigkeiten, die mit ihrer Reintegration in die Verhältnisse in Kosovo ohne Hilfestellung durch ihre Eltern verbunden sein würden, sowie auf die dortige wirtschaftliche Situation und deren konkrete Auswirkungen auf sie erweist sich die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 4. im Bundesgebiet angesichts der derzeit nur untergeordneten Bedeutung des daran bestehenden öffentlichen Interesses als unverhältnismäßig. Sollte die Klägerin zu 4. in angemessener Zeit nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keiner zumindest geringfügigen Erwerbstätigkeit nachgehen, würde sich dies anders darstellen und wäre bei einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen, sofern ihre Ausreise nicht mehr mit Blick auf Art. 6 GG rechtlich unmöglich sein sollte.

53

Ist nach alledem den Klägern zu 1., zu 2. und zu 4. die Ausreise unmöglich, weil einer Beendigung ihres Aufenthaltes wegen der notwendigen Betreuung der geistig behinderten Klägerin zu 3. im Bundesgebiet Art. 6 GG entgegenstehen würde und weil im Falle der Klägerin zu 4. eine Aufenthaltsbeendigung zudem einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Achtung ihres Privatlebens bedeuten würde, so ist mit dem Wegfall dieser Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Angesichts dessen sind die Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. ferner im Sinne von § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG unverschuldet an der Ausreise gehindert. Schließlich erfüllen sie auch die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

54

Zwar setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Vorliegend besteht jedoch insoweit ein Ausnahmefall. In diesem Zusammenhang ist nämlich die durch Art. 6 GG und zum Teil zusätzlich durch Art. 8 EMRK geschützte Rechtsposition der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. und die hinter § 25 Abs. 5 AufenthG stehende gesetzgeberische Absicht zu berücksichtigen. Ferner geht es im Falle der rechtlichen Unmöglichkeit einer Ausreise nicht um eine Entscheidung für oder gegen den weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet, sodass sich insbesondere durch eine Versagung der Aufenthaltserlaubnis an der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nichts ändern würde. Zudem besteht – wie oben bereits aufgezeigt – zur Überzeugung des Senats im Fall der Klägerin zu 4., der es inzwischen ernst ist mit dem Bemühen um eine Arbeitsstelle, die große Wahrscheinlichkeit, dass sie zumindest jeweils befristete Tätigkeiten im – mangels Berufsausbildung – Niedriglohnbereich ausüben und so zumindest ihren eigenen Lebensunterhalt sichern würde, falls ihr der Beklagte eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Im Ansatz vergleichbar stellt sich die Situation der Kläger zu 1. und 2. dar, die in der mündlichen Verhandlung nicht mehr erklärten, arbeitsunfähig krank, sondern an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit interessiert zu sein. Der Kläger zu 1. hatte auch bereits im Mai 2011 eine Beschäftigungserlaubnis für eine – allerdings wohl auf drei Monate befristete – Vollerwerbstätigkeit als Trockenbauhelfer beantragt (vgl. S. 437 VA 1), die indes deshalb nicht erteilt wurde, weil der Beklagte, obwohl dem Kläger zu 1. offenbar am 17. Juni 1997 eine unbefristete und unbeschränkte Arbeitserlaubnis erteilt worden war (vgl. S. 75 VA 1), die dann ab dem 1. Januar 1998 gemäß § 432 SGB III als Arbeitsberechtigung und ab dem 1. Januar 2005 gemäß § 105 Abs. 2 AufenthG als uneingeschränkte Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Aufnahme einer Beschäftigung weitergegolten hätte, umgehend eine – weitere – Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit erbeten hat, die indes aufgrund mehrerer Versehen erst am 30. August 2011 der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis zustimmte (vgl. S. 495 f. VA 1). Auch die Klägerin zu 2. will sich ihren Angaben und den Angaben der Klägerin zu 4. in der mündlichen Verhandlung zufolge bereits mehrfach um Arbeit bemüht haben. Eine Arbeitsstelle lässt sich im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aber sehr viel eher finden als im Besitz einer lediglich kurzfristigen Duldung (vgl. nur den Gesetzeszweck von § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kläger zu 1. und 2. keinen Arbeitsplatz gefunden haben, als sie noch im Besitz von Aufenthaltsbefugnissen gewesen sind. Denn damals haben sie sich nicht oder doch nicht ernsthaft um Arbeit bemüht. Zumindest wäre mit Blick auf dies alles das dem Beklagten durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen, von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG abzusehen, auf Null reduziert.

55

Ferner setzt zwar § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG in der Regel voraus, dass die Passpflicht nach § 3 AufenthG erfüllt ist. Auch insoweit ist jedoch vom Bestehen eines Ausnahmefalles auszugehen, weil wiederum die durch Art. 6 GG und zum Teil zusätzlich durch Art. 8 EMRK geschützte Rechtsposition der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. sowie die hinter § 25 Abs. 5 AufenthG stehende gesetzgeberische Absicht zu berücksichtigen sind und weil die Erfüllung der Passpflicht unmittelbar bevorsteht, nachdem nunmehr auch von den kosovarischen Auslandsvertretungen im Bundesgebiet kosovarische Reisepässe ausgestellt werden und – auch – die Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. einen solchen beantragt und einen für dessen Abholung erforderlichen kosovarischen Personalausweis bereits erhalten haben. Angesichts dessen wäre zumindest das dem Beklagten durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen, von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG abzusehen, auf null reduziert (vgl. oben).

56

Da gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erteilt werden soll, wenn die Abschiebung des betreffenden Ausländers seit 18 Monaten ausgesetzt ist, da dies im Fall der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. zutrifft und da insoweit auch kein Ausnahmefall vorliegt, ist nach alledem auch ihnen eine Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

57

3) Was den Kläger zu 5. anbelangt, so ist ihm eine Ausreise aus rechtlichen Gründen deshalb unmöglich, weil seine Abschiebung in das Kosovo nicht mit Art. 6 GG zu vereinbaren wäre und ihm deswegen auch eine freiwillige Ausreise nicht zugemutet werden kann.

58

Insoweit ist zu sehen, dass der Kläger zu 5. erst 14 Jahre alt und deshalb zumindest auf die Unterstützung seiner Eltern, der Kläger zu 1. und zu 2., angewiesen ist, denen aber das Verlassen des Bundesgebietes aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, weil sie hier weiterhin die geistig behinderte Klägerin zu 3. betreuen müssen. Angesichts dessen genießt diese familiäre Beziehung, die nur im Bundesgebiet gelebt werden kann, mit Blick auf die Minderjährigkeit des Klägers zu 5. als tatsächliche Erziehungsgemeinschaft den besonderen Schutz des Art. 6 GG, der deshalb der Trennung der Familienmitglieder durch Abschiebung des Klägers zu 5. entgegensteht. Dann aber ist dem Kläger zu 5. auch die freiwillige Ausreise in das Kosovo aus rechtlichen Gründen unmöglich.

59

Ist aber dem Kläger zu 5. die Ausreise unmöglich, weil einer Beendigung seines Aufenthaltes Art. 6 GG entgegenstehen würde, so ist mit dem Wegfall dieser Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Angesichts dessen ist der Kläger zu 5. ferner im Sinne von § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG unverschuldet an der Ausreise gehindert.

60

Schließlich erfüllt er auch die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Auch in seinem Fall liegt bezüglich des Erfordernisses des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wie bei den Klägern zu 1., zu 2. und zu 4. ein Ausnahmefall vor, obwohl bei ihm eine Erwerbstätigkeit altersbedingt noch nicht in Betracht kommt. Gleiches gilt aus den bezüglich der Kläger zu 1. bis 4. dargelegten Gründen hinsichtlich des Erfordernisses des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, auch wenn dem Kläger zu 5. wegen seines Alters noch kein kosovarischer Personalausweis ausgestellt worden ist. Zumindest wäre jedoch das dem Beklagten durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen, in seinem Fall von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AufenthG abzusehen, auf Null reduziert.

61

Da gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erteilt werden soll, wenn die Abschiebung des betreffenden Ausländers seit 18 Monaten ausgesetzt ist, da dies im Fall des Klägers zu 5. zutrifft und da insoweit auch kein Ausnahmefall vorliegt, ist nach alledem auch ihm eine Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

62

Haben nach alledem sämtliche Kläger Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, so stellen sich die übrigen von den Beteiligten angesprochenen und im Urteil des Verwaltungsgerichts erörterten Fragen nicht mehr, so ist aber auch die im Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. Mai 2010 enthaltene Abschiebungsandrohung aufzuheben.

63

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

64

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 und 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 und mit § 711 ZPO.

65

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

66

Beschluss

67

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG für das zweitinstanzliche Verfahren auf 25.000,00 € festgesetzt.

68

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Kläger wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt.

69

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., bewilligt. Er hat auf die Prozesskosten monatliche Raten von ... EUR zu zahlen.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2008 - 3 K 2484/08 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der nach Aktenlage am 01.01.1985 geborene Antragsteller ist ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und alevitischer Religionszugehörigkeit. Er reiste im Juli 1996 zusammen mit zwei seiner Geschwister zur Durchführung eines Asylverfahrens in das Bundesgebiet ein. Sein Vater war bereits im Oktober 1991 als Asylbewerber eingereist, zwei weitere Geschwister 1994. Seine Mutter folgte im Dezember 1996. Mit Bescheid vom 15.11.1996 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) seinen Asylantrag ab; ein 2001 durchgeführtes Folgeverfahren blieb ebenfalls ohne Erfolg. In der Folgezeit wurde der Aufenthalt des Antragstellers geduldet. Sein Antrag vom 28.10.2005 an die Härtefallkommission wurde am 22.03.2006 abgelehnt.
Den Eltern des Antragstellers wurden Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 (Bleiberechtsregelung) und den Geschwistern ... und ... Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 a AufenthG (Härtefallregelung) erteilt. Sein Bruder ... besitzt eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, seine Schwester ... eine Niederlassungserlaubnis.
Der Antragsteller ist mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zuletzt wurde er, nachdem zuvor die Mehrzahl der Verfahren nach § 47 JGG eingestellt worden war, wie folgt verurteilt:
- Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 15.09.2005 wurde der Antragsteller wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall, Nötigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einem Jugendarrest von vier Wochen verurteilt. Der Antragsteller hatte u.a. eine Bierflasche auf den Besucher einer Diskothek geworfen und das Handy von dessen Freundin zerstört, als diese versuchte, die Polizei zu benachrichtigen. Außerdem hatte er versucht, einen Fahrscheinautomaten aufzubrechen, um das darin vermutete Bargeld zu stehlen.
- Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 14.02.2007 wurde er wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 25,-- EUR verurteilt. Er hatte in Karlsruhe versucht, einen Fahrscheinautomaten aufzubrechen, um mit dem erbeuteten Geld einen Bordellbesuch zu finanzieren.
- Zuletzt wurde der Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 17.04.2008 wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Er hatte am 04.02.2007 zwei kleinere Geldtresore aus einem Wettbüro gestohlen, um an den Inhalt von erhofften 5.000,-- bis 10.000,-- EUR zu kommen. Unmittelbar nach Verlassen des Wettbüros wurden der Antragsteller und ein Mittäter von Beamten eines Sondereinsatzkommandos gestellt und überwältigt.
Seit September 2004 ist der Antragsteller erwerbstätig; er wohnt mit seinen Eltern sowie den Geschwistern ... und ... in häuslicher Gemeinschaft und trägt mit seinem Erwerbseinkommen zu den Mietkosten der Familie bei.
Mit Bescheid vom 19.08.2008 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland aus und lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 ab. Am 19.09.2008 hat der Antragsteller hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben (Az.: 3 K 1783/08).
Am 04.12.2008 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Hinblick auf seine beabsichtigte Abschiebung nachgesucht. Er hat geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG und zudem einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK, sobald er im Besitz eines Passes sei. Die begangenen Straftaten seien überwiegend als Jugendverfehlungen einzustufen. Bei keiner der Straftaten seien Rauschmittel im Spiel gewesen. Das Amtsgericht Freiburg habe ihm eine günstige Sozialprognose bescheinigt, die er bislang gerechtfertigt habe. Alle Familienmitglieder unterstützten und betreuten die Mutter, die seit Jahren an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung leide. Im Juli 2002 habe er den Hauptschulabschluss erworben und nach wiederholten vergeblichen Versuchen, die Erlaubnis zur Ausübung der Erwerbstätigkeit zu erhalten, im September 2004 eine Anstellung als „Eisenbieger“ in einem Betrieb für Stahlarmierungen gefunden. Er spreche fließend deutsch, verfüge über einen Freundeskreis, der sich auch aus gleichaltrigen Deutschen zusammensetze und engagiere sich u.a. in einem Verein, der sich der Förderung der Völkerverständigung verschrieben habe. In der Türkei lebten nur entferntere Verwandte, zu denen er keinen Kontakt habe. In seiner Familie werde die kurdische Sprache Kurmanci gesprochen. Im Fall seiner Abschiebung drohe eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands seiner Mutter. Bereits das Bekanntwerden der Ausweisungsverfügung habe bei ihr einen schweren psychischen Zusammenbruch ausgelöst.
10 
Mit Beschluss vom 12.12.2008 - 3 K 2484/08 - hat das Verwaltungsgericht Freiburg den Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle am erforderlichen Anordnungsanspruch. Der Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe der Abschiebung des ledigen und kinderlosen Antragstellers nicht entgegen. Dafür, dass die Mutter gerade auf seine Hilfe angewiesen sei, sei nichts ersichtlich. Auch auf den durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Schutz des Familienlebens könne sich der Antragsteller nicht berufen. Der Eingriff in das Recht des Antragstellers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens sei nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Gegen eine gelungene Integration sprächen insbesondere die von ihm begangenen Straftaten. Die Behauptung des Antragstellers, seine Abschiebung werde zu einer dauerhaften Verschlechterung des Gesundheitszustands seiner Mutter führen, sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden. In dem vorgelegten Attest der Frau ... werde eine solche Aussage nicht zuverlässig getroffen, sondern lediglich als - allerdings wahrscheinliche - Möglichkeit in den Raum gestellt. Hinzu komme, dass das Attest keinerlei Aussagen dazu enthalte, auf welche Anknüpfungs- und Befundtatsachen die entsprechende Aussage gestützt sei.
11 
Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seine Abschiebung vorläufig auszusetzen. Er ergänzt und vertieft sein bisheriges Vorbringen: Nach der fachärztlichen Stellungnahme der Nervenärztin, die die Mutter seit dem Jahr 2000 behandele, habe diese ein besonders inniges Verhältnis zu dem Antragsteller. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht eine Beistandsgemeinschaft verneint. Was das Recht auf Achtung des Privatlebens angehe, sei von einer völligen Entfremdung von den Lebensverhältnissen in der Türkei auszugehen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das in den Personalpapieren vermerkte Geburtsdatum (01.01.1985) unzutreffend sei. Tatsächlich sei er im Juli 1996 geboren und daher bei seiner Ausreise erst 10 Jahre alt gewesen. Nach der letzten Straftat habe er sein Leben grundsätzlich neu ausgerichtet und sich insbesondere einen neuen Freundeskreis aufgebaut. Er lebe seit eineinhalb Jahren in einer festen Beziehung und habe sich von seiner früheren Delinquenz deutlich distanziert. Soweit im angefochtenen Beschluss Zweifel anklängen, ob von einer konkreten Suizidgefahr seiner Mutter ausgegangen werden könne, sei dem entgegenzuhalten, dass sich die Suizidalität wie ein roter Faden durch die Krankheitsgeschichte seiner Mutter ziehe.
12 
Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten. Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt ergänzend aus, die Suizidalität der Mutter könne kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in der Person des Antragstellers begründen.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
14 
1. Wie sich aus dem Nachstehenden ergibt, hat die Beschwerde hinreichende Erfolgsaussicht. Dem Antragsteller ist mithin für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung zu gewähren, weil er - wie sich aus seiner dahingehenden Erklärung ergibt - nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nur im Umfang der festgesetzten Raten aufbringen kann (vgl. § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 115, 117 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO). Der Antragsteller verfügt über ein Bruttoeinkommen von ... EUR. Hiervon sind abzusetzen die in § 82 Abs. 2 SGB XII bezeichneten Beträge (Lohnsteuer, Rentenversicherung, Fahrtkosten, zusammen... EUR), der Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO in Höhe von... EUR, der Unterhaltsfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO in Höhe von... EUR und der auf ihn entfallende Anteil der Unterkunftskosten von ... EUR (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO). Nicht abzusetzen sind demgegenüber die geltend gemachten Verpflegungskosten sowie die lediglich behauptete, aber nicht glaubhaft gemachte Ratenzahlungsverpflichtung aus einer Geldstrafe in Höhe von monatlich ... EUR. Dem Antragsteller verbleibt demnach ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von ... EUR monatlich, so dass gemäß § 115 Abs. 2 ZPO monatliche Raten von... EUR festzusetzen sind.
15 
2. Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - der Antragsgegner beabsichtigt, ihn abzuschieben -, als auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920, Abs. 2, 294 ZPO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass der Antragsteller auch weiterhin zumindest einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzt. Seine Abschiebung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil der damit einhergehende Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sein dürfte. Ob dem Antragsteller deshalb auch eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt werden muss oder kann und ob insoweit im Lichte aufenthaltsrechtlicher Schutzwirkungen aus Art. 8 EMRK trotz der rechtskräftigen Verurteilungen auch von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abgesehen werden muss (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), bedarf im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner Klärung.
16 
a) Die beabsichtigte Abschiebung dürfte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens, sondern auch in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen. Bei Beziehungen zwischen nahen Verwandten außerhalb der klassischen Kleinfamilie kommt es darauf an, ob die tatsächlich bestehenden Bindungen hinreichend für die Annahme einer familiären Beziehung sind. Beziehungen zwischen Erwachsenen unterliegen nicht notwendig dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK in seiner Ausprägung als Recht auf Achtung des Familienlebens. Es müssen besondere zusätzliche Aspekte der Abhängigkeit hinzutreten, die weiter reichen als normale affektive Beziehungen (EGMR, Urt. v. 17.04.2003 - Nr. 52853/99 [Yilmaz] - NJW 2004, 2147 Rn. 44 m.w.N.; Urt. v. 15.07.2003 - Nr. 52206/99 [Mokrani] - InfAuslR 2004, 183; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., § 22 Rn. 18 m.w.N.). Art. 8 EMRK vermittelt insoweit grundsätzlich keinen weitergehenden Schutz als Art. 6 GG bei familiären Beziehungen unter Volljährigen. Bei jungen Erwachsenen, die - wie der Antragsteller - nach Erreichen der Volljährigkeit weiterhin mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft leben, geht der EGMR allerdings davon aus, dass auch ihre Beziehung zu den Eltern und anderen nahen Familienmitgliedern Familienleben darstellt und aufenthaltsbeendende Maßnahmen daher auch in das Recht auf Achtung des Familienlebens eingreifen (Urt. v. 23.06.2008 - Nr. 1638/03 [Maslov II] - InfAuslR 2008, 333). Der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Familienlebens dürfte hier auch deshalb eröffnet sein, weil die Beziehung des Antragstellers zu seiner psychisch schwer kranken Mutter ausweislich der vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen sehr innig ist und jedenfalls über das Normalmaß affektiver Beziehungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern weit hinausgeht (vgl. zu diesem Aspekt auch EGMR, Urt. v. 28.06.2007 - Nr. 31753/02 [Kaya] - InfAuslR 2007, 325 Rn. 58).
17 
Daneben dürfte die beabsichtigte Abschiebung in das Recht auf Achtung des Privatlebens eingreifen. Der EGMR geht insoweit von einem weiten Begriff des „Privatlebens“ aus, dessen Schutzbereich auch das „Recht auf Entwicklung einer Person“ sowie das Recht, Beziehungen zu anderen Personen und der Außenwelt zu knüpfen und zu entwickeln und damit letztlich die Gesamtheit der im Land des Aufenthalts - hier Deutschland - „gewachsenen Bindungen“ umfasst. Allerdings darf die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, als verbiete sie allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das „Privatleben“ im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist. Nachdem der Antragsteller seit seinem 10. oder 11. Lebensjahr in Deutschland lebt, hier den überwiegenden Teil seiner Schulzeit verbracht und den Hauptschulabschluss erlangt hat, seit über vier Jahren über einen festen Arbeitsplatz verfügt und von Sozialleistungen unabhängig ist, er die deutsche Sprache beherrscht, über einen festen - auch deutschen - Freundeskreis verfügt und weitere Integrationsleistungen in Form von Vereinsaktivitäten aufweisen kann, können die für die rechtliche Annahme eines im Bundesgebiet geführten Privatlebens erforderlichen Bindungen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht kaum verneint werden. Hinzu kommt, dass sowohl seine Eltern als auch seine Geschwister über gesicherte Aufenthaltsrechte verfügen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344 und vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - InfAuslR 2009, 72; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benasssi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31). Auch die von dem Antragsteller begangenen Straftaten, bei denen es sich überwiegend um Jugendstraftaten handelt, stellen seine gesellschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet nicht ernsthaft in Frage.
18 
Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfte zu bejahen sein, weil die hier asylverfahrensrechtlich begründete Ausreisepflicht durchgesetzt, d.h. der Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland durch Abschiebung beendet werden soll. Der Senat geht - wie inzwischen wohl auch der Antragsteller - davon aus, dass diesem wegen der begangenen Straftaten weder ein aus der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 (Az.: 4-1340/29; vgl. insbesondere Nr. 3.3) ermöglichtes Bleiberecht noch ein Aufenthaltsrecht nach der gesetzlichen Altfallregelung des § 104 a AufenthG zusteht, weswegen eine aufenthaltsrechtliche Legalisierung seines Familien- und Privatlebens im Bundesgebiet insoweit ausgeschlossen sein dürfte.
19 
Gleichwohl ergibt sich aus der Existenz der Bleiberechts- und Altfallregelungen keine hier relevante Sperrwirkung. Vielmehr bleibt neben den dort geregelten generalisierten Fallkonstellationen Raum für hiervon losgelöste Einzelfallabwägungen, auch bei einer Entscheidung über das Vorliegen eines zwingenden Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - und vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - a.a.O. m.w.N.). Etwas anderes wäre gerade im Falle von Straftätern mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. die Nachweise in BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852 = InfAuslR 2004, 280 = EuGRZ 2004, 317) nicht vereinbar.
20 
b) Der Eingriff in das geschützte Familien- und Privatleben des Antragstellers dürfte im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, weil unverhältnismäßig sein. Die Notwendigkeit des Eingriffs ist bei dem im Alter von 10 oder 11 Jahren eingereisten Antragsteller nach ähnlichen Kriterien zu prüfen, wie sie normalerweise bei Einwanderern der zweiten Generation angewendet werden (EGMR, Urt. v. 27.10.2005 - Nr. 32231/02 [Keles] - InfAuslR 2006, 3 Rn. 56). Insoweit ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Erforderlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung der vom EGMR entwickelten Kriterien, die im Wesentlichen in den Entscheidungen Boultif und Üner zusammengefasst worden sind (EGMR, Urt. v. 02.08.2001 - Nr. 54273/00 [Boultif] - InfAuslR 2001, 476; Urt. v. 05.07.2005 - Nr. 46410/99 [Üner] - InfAuslR 2005, 450 = DVBl 2006, 688). Dabei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. auch EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - Nr. 59643/00 - „Kaftailova“). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob der Aufenthalt des Betroffenen zumindest vorübergehend legal war und damit - i.S. einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein Hierbleibendürfen entwickelt werden konnte.
21 
Gemessen daran dürfte das Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner familiären und privaten Bindungen im Bundesgebiet das öffentliche Interesse insbesondere an Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von straffälligen Ausländern voraussichtlich überwiegen. Aufgrund seiner Einreise im Grundschulalter, der Erlangung eines Schulabschlusses, seinen familiären und sonstigen sozialen Bindungen und seiner Berufstätigkeit ist von einer weitreichenden „Verwurzelung“ des Antragstellers in Deutschland auszugehen. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass seine Eltern und Geschwister bereits ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet erlangt haben. Zu den engen familiären Bindungen des Antragstellers insbesondere zu seiner psychisch schwer kranken Mutter treten die sozialen Kontakte zu Deutschen und die weiteren Integrationsleistungen (Tätigkeit in Vereinen) hinzu.
22 
Auch die Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für die Mutter des Antragstellers können in diesem Zusammenhang nicht völlig ausgeblendet werden. Die Mutter des Antragstellers ist, wie im Beschwerdeverfahren durch Vorlage mehrerer ärztlicher Bescheinigungen jedenfalls für das Eilverfahren hinreichend glaubhaft gemacht wurde, seit dem Jahr 2000 wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung mit rezidivierenden schweren Depressionsphasen und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung in psychiatrischer Behandlung. Das fachärztliche Attest vom 05.12.2008 geht von einer ernsthaften Suizidgefahr aus und stuft die Gefahr einer dauerhaften Verschlechterung und Chronifizierung der psychischen Erkrankungen der Mutter als „sehr wahrscheinlich“ ein. Für den Fall der Abschiebung des Antragstellers müsse eine erneute stationäre Einweisung der Mutter - die ausweislich der vorgelegten ärztlichen Zeugnisse bereits im August/September 2004 sowie vom 08.06. bis 02.08.2006 in stationärer Behandlung war - in das Zentrum für Psychiatrie erfolgen. Verbleibende Restzweifel an den fachärztlich prognostizierten Auswirkungen einer Abschiebung des Antragstellers auf den Gesundheitszustand seiner Mutter können gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren durch Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens beseitigt werden.
23 
Der Senat verkennt auf der anderen Seite nicht, dass der Antragsteller in erheblichem Maße straffällig geworden ist. Die Straftaten können allerdings zumindest überwiegend noch als Jugendverfehlungen betrachtet werden (vgl. EGMR, Urt. v. 17.04.2003 - Nr. 52853/99 [Yilmaz] - NJW 2004, 2147 Rn. 46). Legt man zugrunde, dass der Antragsteller, wie er im Beschwerdeverfahren durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen seiner Eltern und seiner ältesten Schwester glaubhaft gemacht hat, nicht am 01.01.1985, sondern im Juli 1986 geboren wurde, war er auch bei Begehung der letzten Straftat am 04.02.2007 noch Heranwachsender. Von Bedeutung ist auch, dass der Antragsteller nicht wegen Betäubungsmitteldelikten und - abgesehen von einer am 05.09.2004 begangenen versuchten gefährlichen Körperverletzung - nicht wegen Gewaltdelikten verurteilt wurde (vgl. EGMR, Urt. v. 23.06.2008 - Nr. 1638/03 [Maslov II] - InfAuslR 2008, 333). Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Amtsgericht Freiburg dem Antragsteller eine positive Sozialprognose gestellt und die zuletzt verhängte Freiheitsstrafe daher zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Straffälligkeit des Antragstellers bewegt sich damit in einem Rahmen, der bei einem im gleichen Alter wie der Antragsteller im Wege des Familiennachzugs eingereisten Ausländer im Regelfall nicht zur Aufenthaltsbeendigung führen, sondern nur eine weitere Verfestigung durch Erteilung einer Niederlassungserlaubnis verhindern würde. Dieser Personenkreis fällt unter die Bestimmungen des § 35 AufenthG. Mit § 35 Abs. 1 AufenthG wollte der Gesetzgeber aus integrationspolitischen Gründen Personen, die in Deutschland einen großen Teil ihrer Jugend und Schulzeit verbracht haben, unter erleichterten Voraussetzungen eine Aufenthaltsverfestigung ermöglichen. Allerdings besteht nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AufenthG kein Rechtsanspruch auf die Niederlassungserlaubnis, wenn der Ausländer in den letzten drei Jahren zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ist bei in Deutschland aufgewachsenen Ausländern, die zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden sind, in der Regel die Aufenthaltserlaubnis bis zum Ablauf der Bewährungszeit zu verlängern. Diese Vorschrift, die bei in Deutschland aufgewachsenen Ausländern mit legalisiertem Aufenthalt dem Schutzzweck des Art. 8 EMRK Rechnung trägt, führt demnach bei Straftaten, wie sie hier in Rede stehen, im Regelfall nicht zu einer Aufenthaltsbeendigung.
24 
Bisher hat der Antragsteller die vom Strafgericht getroffene positive Prognose bestätigt. Ausweislich der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Berichte der Jugendberatung ... e.V. ist der Antragsteller seit der Begehung seiner Straftaten erheblich gereift, hat seit dem letzten Delikt keinen Kontakt mehr zu seinen alten Freunden und distanziert sich deutlich von seinen damaligen Straftaten. Diese Einschätzung wird gestützt durch die Bescheinigung des Arbeitgebers vom 12.01.2009, in welcher dem Antragsteller, der seit 2008 die Funktion eines Vorarbeiters übernommen hat, ein hohes Maß an Verlässlichkeit attestiert wird. Bei einer Gesamtschau ergeben sich damit für den Senat greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller mit seiner (jugend-)kriminellen Vergangenheit abgeschlossen und als Erwachsener begonnen hat, diese aufzuarbeiten.
25 
Nachdem der Antragsteller seit seiner Ausreise nicht mehr in der Türkei gewesen ist, dort keine nahen Verwandten hat, diese vielmehr alle in Deutschland leben, er der kurdischen Minderheit angehört und ihm im kurmancisprachigen Elternhaus auch die türkische Sprache nicht vermittelt worden ist, kann auch eine weitreichende „Entwurzelung“ angenommen werden.
26 
Dass der Aufenthalt des Antragstellers nie legalisiert war, ist zwar im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen, fällt aber letztlich nicht entscheidend ins Gewicht. Angesichts der skizzierten konkreten Verwurzelungs- und Entwurzelungssituation erscheint der mit der Abschiebung verbundene Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in der Gesamtabwägung derzeit unverhältnismäßig. Hierfür spricht zudem, dass der Antragsteller nach einer Abschiebung keine realistische Möglichkeit haben dürfte, in absehbarer Zeit legal wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Die für sein Privatleben konstitutiven Beziehungen könnten bei einer Abschiebung mithin gegebenenfalls irreparabel beschädigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275 = NVwZ 2007, 946).
27 
Sollten sich vor einer Entscheidung in der Hauptsache neue wesentliche Umstände ergeben (bspw. eine erneute Straffälligkeit des Antragstellers), könnte diesen Umständen im Rahmen eines Abänderungsverfahrens analog § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
29 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG.
30 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

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Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. Juli 2011 wird der Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. Mai 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Klägern eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung von Seiten der Kläger gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, sofern nicht diese zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen sowie die Aufhebung der Androhung ihrer Abschiebung in das Kosovo. Sie waren Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien und sind albanische Volkszugehörige.

2

Am 5. September reisten der am … 1950 geborene Kläger zu 1., seine Ehefrau, die am … 1964 geborene Klägerin zu 2., sowie ihre gemeinsamen Töchter, die am … 1991 geborene, geistig behinderte Klägerin zu 3. und die am … 1992 geborene Klägerin zu 4., aus dem Kosovo kommend im Besitz bis zum 4. September 1997 gültiger jugoslawischer Reisepässe auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und stellten Asylanträge. Mit Bescheid vom 10. September 1993 erkannte sie das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) als Asylberechtigte an und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 vorliegen. Dieser Bescheid wurde am 16. März 1996 insoweit bestandskräftig, als das Bundesamt bezüglich des Klägers zu 1. das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 festgestellt hatte, nachdem der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10. September 1993 erhobene Klage insoweit zurückgenommen hatte. Dem Kläger zu 1. wurden daraufhin am 4. März 1996 ein Reiseausweis nach Art. 28 GFK sowie eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG 1990 erteilt und beides in der Folgezeit bis zum 26. Oktober 2004 verlängert. Im Übrigen hob das Verwaltungsgericht Mainz auf die Klage des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hin den Bescheid des Bundesamtes vom 10. September 1993 mit im August 1996 rechtskräftig gewordenem Urteil vom 16. Juli 1996 – 7 K 4629/93.MZ – auf. Bezüglich der Klägerinnen zu 2. bis 4. stellte das Bundesamt sodann mit Bescheid vom 13. Dezember 1996 fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG 1990 nicht vorliegen. Dieser Bescheid wurde am 4. März 1997 bestandskräftig. Den Klägerinnen zu 2. bis 4. wurden daraufhin am 30. Juli 1997 Aufenthaltsbefugnisse nach § 31 AuslG 1990 erteilt und in der Folgezeit bis zum 26. Oktober 2004 verlängert.

3

Am … 1997 wurde der Sohn der Kläger zu 1. und zu 2., der Kläger zu 5. geboren. Auch ihm wurde eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG 1990 erteilt und in der Folgezeit bis zum 26. Oktober 2004 verlängert.

4

Am 14. September 1998 wurde der Klägerin zu 2. ein neuer jugoslawischer Reisepass ausgestellt, in den die Kläger zu 3. bis 5. miteingetragen waren und der bis zum 14. September 2008 gültig gewesen ist.

5

Mit Bescheid vom 18. November 2003 widerrief das Bundesamt die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 bezüglich des Klägers zu 1. vorliegen, und stellte zugleich fest, dass bezüglich seiner Person keine Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG 1990 vorliegen. Seine dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 7. Mai 2004 – 7 K 3939/03.KO – ab, seinen daraufhin gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der erkennende Senat mit am 13. Mai 2005 zugestelltem Beschluss vom 11. Mai 2005 – 7 A11027/04.OVG – ab.

6

Am 17. November 2004 hatten die Kläger die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnisse beantragt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. September 2005 ab, forderte die Kläger unter Fristsetzung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet auf und drohte ihnen für den Fall der Nichtbefolgung dieser Aufforderung ihre Abschiebung nach Serbien und Montenegro (Kosovo) an. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Eine Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigungen sei nicht mehr möglich, nachdem die Widerrufsentscheidung des Bundesamtes bezüglich des Klägers zu 1. unanfechtbar sei. Ferner könnten sie sich nicht auf den Beschluss der Innenministerkonferenz vom 15. Februar 2001 berufen, schon weil sich der Kläger zu 1. vor diesem Stichtag nicht zwei Jahre lang in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis befunden habe. Schließlich sei ihnen die gemeinsame Rückkehr in das Kosovo möglich und zumutbar, weil ihr langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet nicht zu ihrer Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse geführt habe. Vielmehr hätten sie ihr Gastrecht dahingehend missbraucht, hauptsächlich von Sozialhilfe zu leben. Auch sei anzunehmen, dass den Klägern zu 3. bis 5. die Integration in die neuen Lebensverhältnisse leicht falle.

7

Daraufhin ließen die Kläger am 19. Oktober 2005 Widerspruch erheben sowie beim Verwaltungsgericht Koblenz einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellen. Der Letztere hatte in zweiter Instanz teilweise Erfolg: Mit Beschluss vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – gab der erkennende Senat dem Beklagten auf, die Abschiebung der Antragsteller bis zur Entscheidung über ihren Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 auszusetzen, weil einiges dafür spreche, dass die Kläger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK hätten, ohne dass insoweit der Sachverhalt geklärt sei und ohne dass der Beklagte das ihm eröffnete Ermessen ausgeübt habe. Seit dem 21. März 2006 hat der Beklagte deshalb die Abschiebung der Kläger jeweils kurzfristig ausgesetzt und ihnen diesbezügliche Duldungsbescheinigungen ausgestellt.

8

Im Mai 2007 ließen die Kläger vorsorglich auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 27. November 2006 beantragen.

9

In der mündlichen Verhandlung des Kreisrechtsausschusses des Beklagten am 28. November 2007 wurde das Widerspruchsverfahren bis zum 31. Mai 2008 ausgesetzt, um eine gütliche Einigung und dem Kläger zu 1. den Erwerb eines serbischen Reisepasses zu ermöglichen. Für den Fall, dass es nicht zu einer gütlichen Einigung komme, wurde im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung die Zustellung eines bereits jetzt als "Vorbehaltsentscheidung" zu beratenden Widerspruchsbescheides angekündigt.

10

Am 18. August 2008 übersandte der Kreisrechtsausschuss den Beteiligten eine Kopie der Niederschrift über seine mündliche Verhandlung vom 28. November 2007 einschließlich des Tenors der die Widersprüche der Kläger zurückweisenden "Vorbehaltsentscheidung". Jedoch wurde den Klägern erst am 31. Mai 2010 ein Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2010 zugestellt. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen seien nicht erfüllt. Insbesondere bestehe kein tatsächliches oder rechtliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG, auch nicht etwa im Hinblick auf Art. 8 EMRK, da die noch immer vollständig von öffentlichen Sozialleistungen abhängigen Kläger hier trotz ihres langjährigen Aufenthaltes weder sozial noch wirtschaftlich integriert seien. Dass die Kläger zu 3. bis 5. Regelschulen besuchten, reiche allein zur Begründung eines schutzwürdigen Interesses an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet nicht aus, weil sie weiterhin mit den Klägern zu 1. und zu 2. im gemeinsamen Familienhaushalt lebten, weil sie noch ledig seien und weil noch keine eigenständige Familien- oder Berufsplanung erkennbar sei. Die Rückkehr in das Herkunftsland sei ihnen daher zumutbar. Abgesehen davon stehe der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG entgegen, da die Kläger offenbar im Wissen, dass ihre Abschiebung nur gemeinsam erfolgen könne, "mittels dem vorgeschobenen und ungeklärt gelassenen Identitätsstatus" des Klägers zu 1., der sich keinen serbischen Reisepass besorgt habe, "nicht die von ihnen für ihre Familie zu verlangenden, zumutbaren Anforderungen (…) erfüllt und damit die Möglichkeit ihrer Ausreise eigenverantwortlich bzw. selbst verschuldet verzögert/vereitelt" hätten. Deshalb könnten ihnen gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG auch keine Aufenthaltserlaubnisse nach dieser Vorschrift erteilt werden. Schließlich scheide auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung vom 27. November 2006 aus. Diese setze nämlich voraus, dass Anträge und Rechtsmittel zuvor zurückgenommen würden und dass der Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit gesichert sei.

11

Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25. Juli 2011 – 3 K 823/10.KO – abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

12

Die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung vom 27. November 2006 scheitere daran, dass der Lebensunterhalt der Kläger nicht am 17. November 2006 durch legale Erwerbstätigkeit gesichert gewesen sei und dass sie ihre Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach anderen Rechtsvorschriften nicht zurückgenommen hätten.

13

Den Klägern stünden auch keine Aufenthaltserlaubnisse nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu, da sie im Sinne von § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hätten. Der Kläger zu 1. habe sich auch nach der Unanfechtbarkeit des Widerrufsbescheides des Bundesamtes im Mai 2005 nicht um einen jugoslawischen Reisepass bemüht und dadurch die gemäß Art. 6 GG nur gemeinsam mögliche Abschiebung der gesamten Familie hinausgezögert. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass dies sowohl dem Kläger zu 1. als auch der Klägerin zu 2. bekannt gewesen sei und dass sie insoweit gezielt gemeinsam aufenthaltsbeendende Maßnahmen verhindert hätten. Die Kläger zu 3. bis 5. müssten sich jedenfalls bis zum Erreichen der Volljährigkeit ein Hinauszögern der Aufenthaltsbeendigung durch ihre Eltern zurechnen lassen.

14

Den Klägerinnen zu 3. und 4. könne des Weiteren keine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 2 Satz 1 AufenthG erteilt werden. Die Klägerin zu 4. sei am 31. Dezember 2009 noch nicht volljährig gewesen sei, im Falle der Klägerin zu 3. erscheine nicht gewährleistet, dass sie sich aufgrund ihrer bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland einfügen könne. Vielmehr werde sie infolge ihrer geistigen Behinderung ihren Lebensunterhalt nicht unabhängig von öffentlichen Hilfeleistungen sichern können.

15

Die Kläger hätten ferner keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 oder Abs. 5 AufenthG, weil ihre Ausreise keine außergewöhnliche Härte darstelle bzw. nicht unmöglich sei. Alle Kläger könnten jederzeit einen Reiseschein für eine Rückreise in das Kosovo erhalten. Da sie gemeinsam ausreisen könnten, scheide eine Verletzung von Art. 6 GG aus. Sofern eine Aufenthaltsbeendigung in ihrem Fall überhaupt in den Schutzbereich des Rechtes auf Achtung ihres Privatlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen sollte, wäre dieser Eingriff im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Das Gewicht des langen Aufenthaltes der Kläger im Bundesgebiet werde dadurch gemindert, dass ihr rechtmäßiger Aufenthalt bereits 2004 geendet habe und dass sie seitdem zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet seien. Was die Integration der Kläger in die hiesigen Verhältnisse anbelange, so spreche der Kläger zu 1. nur mäßig Deutsch, habe kaum soziale Kontakte und sei wirtschaftlich nicht integriert. Eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit sei nicht belegt und nicht einmal substantiiert dargetan. Gleiches gelte für die Klägerin zu 2. Die geistig behinderte Klägerin zu 3. habe zwar den Abschluss einer Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung erreicht, sei aber – ohne dass dies ihr vorwerfbar wäre – weder sprachlich noch sozial noch wirtschaftlich wesentlich in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert. Bereits derzeit sei sie im normalen Alltagsleben in erheblichem Umfang auf Hilfestellung ihrer Familie angewiesen, lebe ihr Leben weitgehend im Kreis der Familie und werde auch künftig in vergleichbarer Weise auf deren Unterstützung angewiesen sein. Die Klägerin zu 4. sei zwar in sprachlicher, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht in gewisser Weise in die hiesigen Verhältnisse integriert und habe insbesondere im Juni 2009 den Hauptschulabschluss mit ausreichenden Noten erreicht. Sie habe danach aber den Besuch der Berufsschule abgebrochen und noch keine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle gefunden, sodass eine berufliche und wirtschaftliche Integration bisher nicht stattgefunden habe. Der Kläger zu 5. sei hier zwar weitgehend seinem Alter entsprechend sozial integriert, doch sei ihm dennoch wie den übrigen Klägern die Ausreise in das Kosovo zumutbar. Die Kläger zu 1. und 2. seien dort geboren und aufgewachsen, sodass ihnen die sprachliche und soziale Reintegration keine Mühe mache. Ihre wirtschaftliche Integration in die Republik Kosovo werde zwar schwierig sein und möglicherweise nicht gelingen, doch seien die Chancen dafür in ihrem Heimatland, dessen Verhältnisse sie kännten und in dem sie sich sprachlich ohne weiteres zurechtfänden, eher günstiger als hier. Der Klägerin zu 3. seien die Verhältnisse in Kosovo zwar unbekannt, doch werde sie sich lediglich anfangs mit einer für sie nicht vertrauten Umgebung auseinandersetzen und in diese einleben müssen, was ihr nach zumutbaren Anlaufschwierigkeiten mit der Hilfe ihrer Familie jedoch ebenso gelingen werde, wie es ihr in Deutschland gelungen sei: Nach dem Ende des Schulbesuchs habe sie im Wesentlichen im Kreis der Familie gelebt und könne dies auch künftig tun. Die Klägerin zu 4. verfüge über hinreichende mündliche Kenntnisse der Sprache ihres Heimatlandes und könne sich dort von Anfang an verständigen. Aufgrund ihres Alters und der hier erreichten Schulbildung werde sie darüber hinaus in der Lage sein, sich die Kenntnis der Schriftsprache ihres Heimatlandes anzueignen und mit Hilfe ihrer Eltern sozial und wirtschaftlich in der Republik Kosovo zu integrieren. Gleiches gelte für den Kläger zu 5. Angesichts von alledem müsse das Interesse der Kläger an einem weiteren Aufenthalt in Deutschland hinter das öffentliche Interesse an der Beendigung ihres rechtswidrigen Aufenthaltes und das Interesse an der Vermeidung einer weiteren Belastung des deutschen Sozialsystems zurücktreten.

16

Schließlich könne dem Kläger zu 5. schon deshalb keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG erteilt werden, weil er das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet habe.

17

Zur Begründung der vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 12. Dezember 2011 – 7 A 11175/11.OVG – gegen dieses Urteil zugelassenen Berufung vertiefen und ergänzen die Kläger ihr bisheriges Vorbringen und beantragen,

18

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. Juli 2011 den Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

19

Der Beklagte beantragt.

20

die Berufung zurückzuweisen,

21

und verteidigt das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Gerichtsakte 3 L 1899/05.KO sowie auf die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten Bezug genommen, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung der Kläger ist zulässig und begründet.

24

Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Die Kläger haben einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG.

25

Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse nicht in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Die Ausreise eines Ausländers ist dann aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen (wie etwa das Fehlen erforderlicher Einreisepapiere oder sonstige Einreiseverbote in den Herkunftsstaat) oder als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige rechtliche Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen u.a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG. Beim Bestehen von Abschiebungsverboten hat nach dem Gesetzeskonzept die zwangsweise Abschiebung des betroffenen Ausländers zu unterbleiben. Dann aber ist ihm in aller Regel auch eine freiwillige Ausreise aus denselben rechtlichen Gründen nicht zuzumuten und damit rechtlich unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2006 – 1 C 14.05 – BVerwGE 126, 192 [197 f. Rn. 17]).

26

Diese Voraussetzungen sind hier sämtlich erfüllt.

27

Die Kläger sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, nachdem die ihnen zuletzt gemäß § 30 bzw. § 31 AuslG 1990 erteilten Aufenthaltsbefugnisse am 26. Oktober 2004 abgelaufen waren und nachdem ihre als Anträge auf Neuerteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. ab dem 1. Januar 2005 als Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu wertenden Verlängerungsanträge vom 12. November 2004 durch Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 abgelehnt worden waren, ohne dass ihrem daraufhin erhobenen Widerspruch aufschiebende Wirkung zukam (vgl. dazu im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274 f. m.w.N.). Die Kläger erfüllen aber auch die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.

28

1) Was die Klägerin zu 3. anbelangt, so ist ihr eine Ausreise aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil ihre Abschiebung in das Kosovo einen mit Art. 8 EMRK nicht zu vereinbarenden Eingriff in ihr Privatleben darstellen würde und ihr deswegen auch eine freiwillige Ausreise nicht zugemutet werden kann.

29

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Das Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für die Persönlichkeit eines jeden Menschen konstitutiv sind (EGMR, Urteil vom 9. Oktober 2003 – 48321/99 – "Slivenko" – EuGRZ 2006, 560 [561]) und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Mai 2007 – 2 BvR 304/07 – InfAuslR 2007, 275 [277] und vom 21. Februar 2011 – 2 BvR 1392/10 – InfAuslR 2011, 235 [236] sowie BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2009 – 1 C 40.07 – BVerwGE 133, 72 [82 Rn. 21]). Zwar folgt aus Art. 8 EMRK grundsätzlich kein Recht eines Ausländers, in einen bestimmten Vertragsstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten (vgl. EGMR, Urteil vom 16. Juni 2005 – 60654/00 – "Sisojewa I" – InfAuslR 2005, 349 sowie Entscheidungen vom 17. Oktober 2004 – 33743/03 – "Dragan" – NVwZ 2005, 1043 [1045] und vom 16. Juni 2004 – 11103/03 – "Ghiban" – NVwZ 2005, 1046; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1997 – 1 C 18.96 – NVwZ 1998, 189 m.w.N.). Jedoch kann einem Ausländer bei fortschreitender Aufenthaltsdauer aus dem Recht auf Achtung des Privatlebens auch eine von dem betreffenden Vertragsstaat zu beachtende aufenthaltsrechtliche Rechtsposition zuwachsen.

30

Der Schutzbereich des Art. 8 EMRK ist im Fall der Klägerin zu 3. ohne weiteres eröffnet, nachdem sie sich seit über 18 Jahren in Deutschland aufhält. Zwar kommt ein Privatleben im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich dieser Vorschrift eröffnet, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zumindest "grundsätzlich" nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (vgl. dessen Urteile vom 26. Oktober 2010 – 1 C 18.09 – InfAuslR 2011, 92 [93] und vom 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 [335]; offengelassen vom EGMR in der Entscheidung vom 16. September 2004 – 11103/03 – a.a.O. und im Urteil vom 8. April 2008 – 21878/06 – "Nnyanzi" – ZAR 2010, 189 [190 f.]). Der Aufenthalt der Klägerin zu 3. war jedoch zunächst 3 ½ Jahre gestattet und danach vom 30. Juli 1997 bis zum 26. Oktober 2004, also 7 ¼ Jahre lang genehmigt. Angesichts dessen war in ihrem Fall der Schutzbereich des Art. 8 EMRK bereits damals eröffnet.

31

Zudem galten die Gründe, aus denen die Aufenthaltsbefugnisse der Kläger zuletzt vom 27. April bis zum 26. Oktober 2004 verlängert worden waren, bis zum Eintritt der Bestandskraft der den Kläger zu 1., den Vater der Klägerin zu 3., betreffenden Widerrufsentscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – im Folgenden: Bundesamt – am 13. Mai 2005 weiter und hätten deshalb bis zum 31. Dezember 2004 die Erteilung weiterer Aufenthaltsbefugnisse und ab dem 1. Januar 2005 die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 2 Satz 1 bzw. nach § 29 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AufenthG gerechtfertigt.

32

Es kommt weiter hinzu, dass – auch – der Klägerin zu 3. mangels des Vorliegens eines Ausnahmefalles seit dem 28. August 2007 ein von ihrer Mutter, der Klägerin zu 2., abgeleiteter Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zustand, der an diesem Tag in Kraft getretenen ist. Die Klägerin zu 2. erfüllte nämlich ab dem 28. August 2007 sämtliche allgemeinen und besonderen Voraussetzungen für die Erteilung einer so genannten Aufenthaltserlaubnis auf Probe, entgegen der Annahme des Beklagten und des Verwaltungsgerichts insbesondere auch die in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG aufgestellte. Die Klägerin zu 2. mag zwar gebilligt und sogar begrüßt haben, dass sich ihr Ehemann, der Kläger zu 1., nicht um die Ausstellung eines serbischen Reisepasses bemühte, wozu er gemäß § 3 Abs. 1 AufenthG – mit Blick auf § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG erst – ab dem 13. Mai 2005 verpflichtet war, doch hat sie allein deswegen nicht etwa selbst vorsätzlich die Beendigung ihres Aufenthaltes hinausgezögert oder behindert, die dem Beklagten überdies ab dem 3. März 2006 aufgrund des Beschlusses des erkennenden Senats vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – a.a.O. untersagt war; eine vorsätzliche Hinauszögerung oder Behinderung der Beendigung ihres Aufenthaltes durch die Klägerin zu 2. ist auch sonst nicht ersichtlich. Ein in der Vergangenheit materiellrechtlich bestehender Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stellt indes, auch wenn er durch die Ausländerbehörde nicht erfüllt wurde, gleichwohl wie ein rechtmäßiger Aufenthalt eine "Handreichung des Staates" (vgl. Hoppe, ZAR 2006, 125 [128]) dar, auf deren Grundlage schutzwürdiges Vertrauen auf einen Verbleib im Bundesgebiet entwickelt werden kann (vgl. VGH BW, Urteile vom 13. Dezember 2010 – 11 S 2359/10 – InfAuslR 2011, 250 [252] sowie vom 4. November 2009 – 11 S 2472/08 – InfAuslR 2010, 103 [107]). Auch nachdem der jugoslawische Pass der Kläger zu 2. bis 5. am 14. September 2008 abgelaufen war, blieb dem Beklagten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG im Rahmen des ihm nunmehr durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffneten Ermessens möglich, die der Klägerin zu 3. dann ab der Vollendung ihres 18. Lebensjahres am 4. Mai 2009 zudem aus eigenem und nicht nur aus einem von ihrer Mutter abgeleiteten Recht zustand (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 19. Juni 2009 – 7 B 10468/09.OVG – ESOVGRP).

33

Schließlich hat das Widerspruchsverfahren übermäßig lange gedauert. Der Beklagte hat den Aufenthalt – auch – der Klägerin zu 3. seit dem 21. März 2006 zwar lediglich geduldet, weil ihm deren Abschiebung vor der Zustellung eines Widerspruchsbescheides durch den Beschluss des erkennenden Senats vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – a.a.O. untersagt war. Der Widerspruchsbescheid ist jedoch trotz klägerseitiger Nachfrage erst am 31. Mai 2010 und damit mehr als 4 ½ Jahre nach Widerspruchserhebung zugestellt worden, ohne dass die im Beschluss des erkennenden Senats vom 26. Februar 2006 erwartete weitere Sachverhaltsaufklärung vollständig erfolgt ist und ohne dass Gründe für die überlange Verfahrensdauer ersichtlich sind. Dies stellte ebenfalls eine Art "Handreichung des Staates" dar, die – auch – bei der Klägerin zu 3. eine weitere Verwurzelung in die hiesigen Verhältnisse und eine weitere Entwurzelung aus den Verhältnissen in Kosovo zur Folge hatte.

34

Nach alledem würde die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3. im Bundesgebiet einen Eingriff in den Schutzbereich des ihr gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK zustehenden Rechts auf Achtung ihres Privatlebens bedeuten. Dieser Eingriff wäre gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, wenn er eine Maßnahme darstellen würde, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist, sich also als verhältnismäßig erweist. Daran fehlt es.

35

Im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung ist einerseits maßgeblich zu berücksichtigen, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters und seiner persönlichen Befähigung in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist. Gesichtspunkte sind insoweit insbesondere die Dauer und der Grund seines Aufenthalts in Deutschland sowie dessen rechtlicher Status, der Stand seiner Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift, seine berufliche Tätigkeit und seine wirtschaftliche Integration bzw. bei einem Kind, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen seine Integration in eine Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung, seine Wohnverhältnisse, seine sozialen Kontakte sowie die Beachtung gesetzlicher Pflichten und Verbote. Zum zweiten ist insoweit maßgeblich, welche Schwierigkeiten für den Ausländer – wiederum unter Berücksichtigung seines Lebensalters und seiner persönlichen Befähigung – mit einer (Re-)Integration in den Staat verbunden sind, in den er ausreisen soll. Gesichtspunkte sind diesbezüglich vor allem, inwieweit Kenntnisse der dort gesprochenen und geschriebenen Sprache bestehen bzw. erworben werden können, inwieweit der Ausländer mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist und inwieweit er dort bei der (Wieder-)Eingliederung auf Hilfestellung durch Verwandte und sonstige Dritte rechnen kann, soweit diese erforderlich sein sollte (vgl. bereits den Beschluss des erkennenden Senats vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG – a.a.O. S. 275 f. m.w.N.). Schließlich ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgeblich zu berücksichtigen, welches öffentliche Interesse an dem Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK besteht. Dass dieses Interesse bei einem Ausländer, der seinen und seiner Familie Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch Erwerbstätigkeit sicherstellt und die öffentliche Sicherheit und Ordnung lediglich dadurch stört, dass er keinen Aufenthaltstitel besitzt und nur geduldet ist, von deutlich geringerem Gewicht ist als beispielsweise bei einem Ausländer, der bereits erhebliche Straftaten begangen hat und bei dem die Gefahr der Begehung weiterer solcher Straftaten besteht, versteht sich von selbst (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 6. März 2009 – 7 B 10028/09.OVG – juris Rn. 14).

36

Letztlich kommt es – wie im Rahmen jeder Verhältnismäßigkeitsprüfung – auf die Berücksichtigung und Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles an. Ein mit Art. 8 EMRK nicht vereinbarer Eingriff in den Anspruch auf Achtung des Privatlebens eines Ausländers setzt deshalb nicht zwingend dessen abgeschlossene und gelungene Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland oder gar voraus, dass er wie ein Inländer in den hiesigen Lebensverhältnissen verwurzelt ist. Auch reicht etwa allein der Umstand, dass ein im Bundesgebiet geborener und aufgewachsener Ausländer weder über einen Schulabschluss noch über eine Berufsausbildung verfügt und seinen Lebensunterhalt bislang nahezu ausschließlich aus öffentlichen Sozialleistungen bestritten hat, für sich allein nicht aus, um ungeachtet aller anderen Besonderheiten des Falles seine Verwurzelung im Bundesgebiet zu verneinen (so der Beschluss des BVerwG vom 19. Januar 2010 – 1 B 25/09 – NVwZ 2010, 707 [708] sowie das Urteil des erkennenden Senats vom 3. November 2011 – 7 A 10842/11.OVG – ESOVGRP und dessen Beschluss vom 25. August 2010 – 7 B 10845/10.OVG –). Ein mit Art. 8 EMRK nicht vereinbarer Eingriff in den Anspruch auf Achtung des Privatlebens eines Ausländers ist auch nicht stets dann ausgeschlossen, wenn sich dieser (wieder) in die Verhältnisse eines anderen Staates einfinden könnte, in den er ausreisen kann (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 6. März 2009 – 7 B 10028/09.OVG – juris Rn. 15).

37

Was die Integration der heute 20-jährigen Klägerin zu 3. in die hiesigen Lebensverhältnisse anbelangt, so ist zunächst zu sehen, dass sie im Alter von zwei Jahren ins Bundesgebiet eingereist ist und sich hier seitdem ohne jegliche Unterbrechung über 18 Jahre lang aufgehalten hat. Ihr Aufenthalt hier war – wie oben bereits aufgezeigt – über zehn Jahre lang rechtmäßig und beruhte zudem überwiegend auf "Handreichungen des Staates". Die Klägerin zu 3. hat hier nahezu ihre gesamte Kindheit und Jugend verbracht und hier nahezu ihre gesamte Sozialisierung erfahren. Nach den Feststellungen des Senats in der mündlichen Verhandlung spricht sie, soweit sie dies aufgrund ihrer geistigen Behinderung überhaupt tut (vgl. dazu etwa ihr Abschlusszeugnis vom 25. Juni 2010 – S. 95 der Gerichtsakte [im Folgenden: GA]), ganz überwiegend Deutsch. Sie hat mit Erfolg 12 Jahre lang eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt "ganzheitliche Entwicklung" besucht und den entsprechenden Schulabschluss erreicht (vgl. S. 95 GA). Zu einer Berufsausbildung oder zur Ausübung einer echten Erwerbstätigkeit ist sie behinderungsbedingt nicht in der Lage. Während ihrer Schulzeit hatte sie, wie ihren Zeugnissen entnommen werden kann, zunehmend guten Kontakt zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern (vgl. S. 58, 91, 93, 94 und 95 GA). Vergleichbare soziale Kontakte würde sie bei der geplanten Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen erneut haben, die – soweit ersichtlich – bislang nur daran gescheitert ist, dass sie nach Auffassung der Bundesagentur für Arbeit im Bundesgebiet keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 30 Abs. 1 SGB I hat, weil der Beklagte ihre Abschiebung jeweils nur für meist drei, maximal für sechs Monate aussetzt, sie also nur jeweils kurzfristig duldet (vgl. S. 474 und 475 R der den Kläger zu 1. betreffenden Verwaltungsakte [im Folgenden: VA 1]). Die Klägerin zu 3. hat sich bislang stets an Recht und Gesetz gehalten. Zwar ist sie seit dem 14. September 2008 entgegen § 3 Abs. 1 AufenthG nicht mehr im Besitz eines Passes, doch war ihr die bislang zum Erwerb eines kosovarischen Passes erforderliche Reise in das Kosovo behinderungsbedingt allein nicht möglich. Auch hätte ihr deshalb der Beklagte einen Ausweisersatz im Sinne von § 48 Abs. 2 AufenthG ausstellen können, sollte er dies nicht sogar gewollt haben (vgl. S. 229 und 293 VA 1). Unter Berücksichtigung ihrer behinderungsbedingten Beeinträchtigungen und gemessen an ihrer intellektuellen Befähigung hat die Klägerin den für sie höchstmöglichen Grad der Verwurzelung in den Verhältnissen in Deutschland erreicht; zu weitergehenden Integrationsleistungen ist sie behinderungsbedingt nicht in der Lage.

38

Demgegenüber wird der Klägerin zu 3. eine mit ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse vergleichbare Reintegration in die Verhältnisse in Kosovo nicht möglich sein. Erinnerungen an das Leben in Kosovo hat sie nicht, mit den dortigen Lebensverhältnissen ist sie nicht vertraut. Zwar gebraucht sie, wie auch die Feststellungen des Senats in der mündlichen Verhandlung ergeben haben, gegenüber ihren Eltern noch immer auch einige Worte Albanisch. Sie wird jedoch weitere Wörter oder gar kurze Sätze auf Albanisch angesichts des Einbruchs ihrer Entwicklung im siebten Schulbesuchsjahr (vgl. das Zeugnis vom 22. Juli 2005 [S. 58 GA] einerseits und die nachfolgenden Zeugnisse andererseits, in denen im Wesentlichen nur noch vom Erwerb lebenspraktischer Fähigkeiten die Rede ist) kaum hinzuerlernen können. Eine Berufsausbildung oder die Ausübung einer Erwerbstätigkeit wird ihr dort nicht möglich sein. Auch Maßnahmen der Eingliederungshilfe, die ihr eine sinnvolle und sie mit Stolz erfüllende (vgl. das Zeugnis vom 10. Juli 2009 – S. 93 GA) Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen ermöglichen würde, gibt es dort – soweit ersichtlich – nicht. Sie wird dort deshalb auch keine über die zu den Mitgliedern ihrer Kernfamilie hinausgehenden soziale Kontakte zu Bekannten oder gar Freunden haben können. Abgesehen von alledem wird ihre Reintegration in die dortigen Verhältnisse durch ihre geistige Behinderung auch sonst deutlich erschwert sein.

39

Des Weiteren wird sich ihre finanzielle Absicherung in Kosovo entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts nicht nur "voraussichtlich weniger günstig gestalten (…) als in der Bundesrepublik Deutschland", sondern aller Voraussicht nach völlig unzulänglich sein. Zwar trifft es zu, dass das Bundesamt mit Bescheid vom 13. Dezember 1996 das Bestehen von Abschiebungshindernissen – auch – bezüglich der Klägerin zu 3. verneint hat und dass dieser Entscheidung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG noch immer Bindungswirkung zukommt. Deshalb kann jedoch lediglich ausgeschlossen werden, dass – auch – die Klägerin zu 3. bei einer Rückkehr in das Kosovo alsbald mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, in der sie "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen", etwa mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert sein würde (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 8. Dezember 1998 – 9 C 4.98 – BVerwGE 108, 77 [80] und vom 29. Juni 2010 – 10 C 10.09 – BVerwGE 137, 226 [232 f. Rn. 14 f.], beide m.w.N.). Weitergehende Rückschlüsse auf die Situation, in die – auch – die Klägerin zu 3. zurückkehren müsste und die der Beklagte und das Verwaltungsgericht nicht näher untersucht haben, lässt die Entscheidung des Bundesamtes aber nicht zu. Diese Situation ist gekennzeichnet durch eine Arbeitslosenquote in Höhe von rund 45 %. Auch wenn letztere in der Gruppe der 15- bis 25-Jährigen bei über 70 % liegt und angesichts des hohen Anteils der Beschäftigten im informellen Sektor etwas zu revidieren ist, haben damit nicht nur ihre 19-jährige Schwester, die Klägerin zu 4., sondern auch der bereits über 62-jährige Kläger zu 1. und die fast 48-jährige Klägerin zu 2. als Frau kaum Aussichten auf mehr als eine allenfalls geringfügige Beschäftigung. Zwar werden in Kosovo Sozialleistungen gewährt, doch betragen diese – bei einem durchschnittlichen monatlichen Brutto-Arbeitseinkommen von 300,00 € – für Einzelpersonen monatlich 40,00 € und für Familien monatlich bis zu 80,00 €. Bei einer 5-köpfigen Familie erhält mithin jeder nicht einmal 0,55 € pro Tag; die Armutsgrenze liegt in Kosovo bei 1,37 € pro Tag und Erwachsenem, die Grenze zur erheblichen Armut bei 0,97 € pro Tag und Erwachsenem. Die Sozialleistungen reichen mithin zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Meist wird das wirtschaftliche Überleben durch den Zusammenhalt der Familien sowie durch die in Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft gesichert (vgl. insgesamt S. 26 – 28 des Berichts des Auswärtigen Amtes vom 6. Januar 2011 über die asyl- und abschieberechtliche Lage in der Republik Kosovo, dessen Hinweise auf www.auswaertiges-amt.de → Reise und Sicherheit → Länder A – Z → Kosovo → Wirtschaftspolitik [Stand Februar 2012] sowie wikipedia.de → Kosovo → Gliederungsnummern 8.4.3 und 8.4.4). Dies wird im Fall der Kläger allenfalls eingeschränkt der Fall sein: Selbst wenn sie in Kosovo entgegen ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung noch über Familienangehörige verfügen sollten, so ist doch der Kontakt zu jenen nach über 18 Jahren offenbar abgerissen, und nach über 18 Jahren Abwesenheit würden die Kläger wohl auch nur zögerlich wieder in die zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft aufgenommen werden. Zwar macht der Beklagte zu Recht geltend, dass einem Ausländer die Ausreise in einen anderen Staat mit wesentlich ungünstigeren (wirtschaftlichen) Verhältnissen als in der Bundesrepublik Deutschland nicht bereits deshalb stets unzumutbar ist. Gleichwohl sind die Verhältnisse in dem Staat, in den ein Ausländer ausreisen soll, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK angemessen zu berücksichtigen.

40

Das öffentliche Interesse an einer Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3. besteht angesichts des Umstandes, dass sie ihren Lebensunterhalt wohl nie im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG wird sichern können, im Wesentlichen darin, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel durch sie zu verhindern. Diesem öffentlichen Interesse kommt zwar in aller Regel erhebliche Bedeutung zu, wie auch aus der gesetzlichen Wertung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG folgt. Dies gilt im Fall der Klägerin zu 3. jedoch nicht. Wären nämlich den Klägern aufgrund der insoweit bis zum 13. Mai 2005 fortgeltenden Gründe durchgängig Aufenthaltsbefugnisse, die gemäß § 101 Abs. 2 AufenthG ab dem 1. Januar 2005 als Aufenthaltserlaubnisse weitergegolten hätten, und gegebenenfalls im Anschluss daran nach dem 1. Januar 2005 Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 2 Satz 1 bzw. nach § 29 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AufenthG erteilt worden, so hätte die Klägerin zu 3. ab dem 1. Januar 2005 die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 9 Abs. 1 AufenthG, ggf. in Verbindung mit § 26 Abs. 4 Sätze 1 und 2, erfüllt. Zwar setzt dies gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 AufenthG grundsätzlich voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist und dass 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet wurden oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachgewiesen werden. Im Fall der Klägerin gelten diese Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 und 6 AufenthG jedoch nicht, da sie diese Voraussetzungen infolge ihrer geistigen Behinderung nicht erfüllen kann. Wäre – auch – der Klägerin zu 3. alsbald nach Bestandskraft der Entscheidung des Bundesamtes vom 13. Dezember 1996 am 4. März 1997 eine Aufenthaltsbefugnis erteilt worden, so hätte sie bei obiger Prämisse vor dem 13. Mai 2005 sogar nach § 10 Abs. 1 StAG eingebürgert werden können. Denn gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 muss der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten können oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten haben. Letzteres ist bei der Klägerin zu 3. infolge ihrer geistigen Behinderung der Fall. Da mithin § 9 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 sowie Satz 3 und 6 Aufenth G und sogar § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG im Fall der Klägerin zu 3. hätten Anwendung finden können, so kommt angesichts der gesetzlichen Wertungen in diesen Bestimmungen, die der Klägerin zu 3. einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet ermöglicht hätten, obwohl sie ihren Lebensunterhalt nur durch die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann, in ihrem Falle dem öffentlichen Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes zur Verhinderung der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel ausnahmsweise allenfalls untergeordnete Bedeutung zu.

41

Bei Berücksichtigung aller dieser Umstände und bei deren angemessener Würdigung kommt, auch wenn die Beendigung des Aufenthaltes eines Ausländers nicht "nur deshalb" als mit Art. 8 EMRK unvereinbar angesehen werden kann, "weil dieser sich über einen bestimmten Zeitraum in dem Hoheitsgebiet des Vertragsstaats aufhält" (vgl. EGMR, Entscheidung vom 16. Juni 2004 – 11103/03 – a.a.O.), allein schon der Dauer des Aufenthaltes der Klägerin zu 3. im Bundesgebiet von über 18 Jahren ein ganz erhebliches Gewicht zu, zumal sie im Alter von nur 2 Jahren ins Bundesgebiet einreiste und deshalb nahezu ausschließlich hier ihre Sozialisierung erfuhr. Überdies war ihr Aufenthalt – wie oben bereits aufgezeigt – über zehn Jahre lang rechtmäßig und beruhte ansonsten überwiegend auf "Handreichungen des Staates". Deswegen und mit Blick auf die besonderen Schwierigkeiten, die mit ihrer – behinderungsbedingt ohnehin nur eingeschränkt möglichen – Reintegration in die Verhältnisse in Kosovo verbunden sein würden, sowie auf die dortige wirtschaftliche Situation und deren konkrete Auswirkungen auf sie, und zwar selbst im Falle einer gemeinsamen Rückkehr mit ihrer Familie dorthin, erweist sich die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3. im Bundesgebiet angesichts der allenfalls untergeordneten Bedeutung des daran bestehenden öffentlichen Interesses als im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht "in einer demokratischen Gesellschaft (…) notwendig" und damit als unverhältnismäßig.

42

Ist aber der Klägerin zu 3. die Ausreise unmöglich, weil eine Beendigung ihres Aufenthaltes einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Recht auf Achtung ihres Privatlebens darstellen würde, so ist mit dem Wegfall dieses Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Angesichts dessen ist die Klägerin zu 3. ferner im Sinne von § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG unverschuldet an der Ausreise gehindert. Schließlich erfüllt die Klägerin zu 3. auch die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

43

Zwar setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Vorliegend besteht jedoch im Fall der Klägerin zu 3. insoweit ein Ausnahmefall. Zunächst ist in diesem Zusammenhang die durch Art. 8 EMRK geschützte Rechtsposition der Klägerin zu 3. und die hinter § 25 Abs. 5 AufenthG stehende gesetzgeberische Absicht zu berücksichtigen. Ferner geht es im Falle der rechtlichen Unmöglichkeit einer Ausreise nicht um eine Entscheidung für oder gegen den weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet, sodass sich durch eine Versagung der Aufenthaltserlaubnis an der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nichts ändern würde. Vor allem aber kommt – wie oben aufgezeigt – im Falle der Klägerin zu 3. dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Lebensunterhalts zur Verhinderung der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel ausnahmsweise allenfalls untergeordnete Bedeutung zu.

44

Ferner setzt zwar § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG in der Regel voraus, dass die Passpflicht nach § 3 AufenthG erfüllt ist. Auch insoweit ist jedoch vom Bestehen eines Ausnahmefalles auszugehen, weil wiederum die durch Art. 8 EMRK geschützte Rechtsposition der Klägerin zu 3. und die hinter § 25 Abs. 5 AufenthG stehende gesetzgeberische Absicht zu berücksichtigen ist und weil die Erfüllung der Passpflicht unmittelbar bevorsteht, nachdem – wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat – nunmehr auch von den kosovarischen Auslandsvertretungen im Bundesgebiet kosovarische Reisepässe ausgestellt werden und – auch – die Klägerin zu 3. einen solchen beantragt und einen für dessen Abholung erforderlichen kosovarischen Personalausweis bereits erhalten hat. Angesichts dessen wäre zumindest das dem Beklagten durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen, von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG abzusehen, auf Null reduziert: Zur Begründung des Entwurfs des § 5 Abs. 3 AufenthG wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen typischerweise nicht von der Erfüllung aller allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG abhängig gemacht werden kann (vgl. BT-Drucks. 15/420 S. 70).

45

Da gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erteilt werden soll, wenn die Abschiebung des betreffenden Ausländers seit 18 Monaten ausgesetzt ist, da dies im Fall der Klägerin zu 3. zutrifft und da insoweit auch kein Ausnahmefall vorliegt, ist ihr nach alledem eine Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

46

2) Was die Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. anbelangt, so ist ihnen eine Ausreise aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil ihre Abschiebung in das Kosovo nicht mit Art. 6 GG zu vereinbaren wäre und ihnen deswegen auch eine freiwillige Ausreise nicht zugemutet werden kann.

47

Insoweit ist nämlich zu sehen, dass der Klägerin zu 3. – wie eben aufgezeigt – das Recht zusteht, sich in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten, weil ihr eine Rückkehr in das Kosovo rechtlich unmöglich ist, dass sie dabei aber trotz ihrer Volljährigkeit wegen ihrer geistigen Behinderung wie bisher in erheblichem Umfang auf die Unterstützung ihrer allerdings kaum Deutsch sprechenden Eltern sowie wegen deren sehr guter deutscher Sprachkenntnisse auch auf die Unterstützung ihrer Schwester angewiesen ist. Aufgrund der insoweit unwidersprochenen klägerseitigen Darstellung, den in den Verwaltungs- und Gerichtsakten befindlichen Unterlagen und dem Eindruck des Senats, den er in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin zu 3. gewonnen hat, bedarf diese selbst im normalen Alltagsleben wesentlich der Hilfestellung der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. und benötigt auch künftig in vergleichbarer Weise der Betreuung durch die Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. Da diese bislang der Klägerin zu 3. die nötige Hilfestellung gewährt haben und da ferner kein Anzeichen dafür ersichtlich ist, dass sie die Klägerin zu 3. künftig nicht mehr im erforderlichen Umfang unterstützen oder auch nur die häusliche Gemeinschaft aufheben werden, genießt diese familiäre Beziehung, die nur im Bundesgebiet gelebt werden kann, weil der Klägerin zu 3. eine Rückkehr in das Kosovo rechtlich unmöglich ist, trotz der Volljährigkeit der Klägerinnen zu 3. und zu 4. als tatsächliche Beistandsgemeinschaft den besonderen Schutz des Art. 6 GG, der deshalb der Trennung der Familienmitglieder durch Abschiebung der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. entgegensteht. Dann aber ist den Klägern zu 1., zu 2. und zu 4. auch die freiwillige Ausreise in das Kosovo aus rechtlichen Gründen unmöglich.

48

Im Fall der Klägerin zu 4. kommt hinzu, dass eine Aufenthaltsbeendigung auch einen nicht gerechtfertigten Eingriff in den in ihrem Fall ebenso eröffneten Schutzbereich des Rechts auf Achtung ihres Privatlebens bedeuten würde.

49

Was ihre Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse anbelangt, so ist zunächst zu sehen, dass sie im Alter von einem Jahr ins Bundesgebiet eingereist ist und sich hier seitdem ohne jegliche Unterbrechung aufgehalten hat. Ihr Aufenthalt hier war ebenso wie der der Klägerin zu 3. über zehn Jahre lang rechtmäßig und beruhte ansonsten überwiegend auf "Handreichungen des Staates". Die Klägerin zu 4. hat hier nahezu ihre gesamte Kindheit und Jugend verbracht und nahezu ihre gesamte Sozialisierung hier erfahren. Nach den Feststellungen des Senats in der mündlichen Verhandlung spricht sie sehr gut Deutsch. Auch sozial ist sie, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, voll in die hiesigen Verhältnisse integriert. Die Klägerin zu 4. hat sich bislang stets an Recht und Gesetz gehalten. Zwar ist auch sie seit dem 14. September 2008 entgegen § 3 Abs. 1 AufenthG nicht mehr im Besitz eines Passes, doch war ihr die bislang zum Erwerb eines kosovarischen Passes erforderliche Reise in das Kosovo zunächst wegen ihrer Minderjährigkeit und zudem wegen ihrer schlechten Kenntnisse des Albanischen, das sie, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, zwar etwas spricht, aber nicht schreiben und lesen kann, allein nicht möglich. Auch hätte ihr deshalb der Beklagte einen Ausweisersatz im Sinne von § 48 Abs. 2 AufenthG ausstellen können, sollte er dies nicht sogar gewollt haben (vgl. S. 229 und 293 VA 1). Ferner hat sie hier mit Erfolg die Schule besucht und, wenn auch mit immer schlechter werdenden Noten, so aber doch noch den Hauptschulabschluss erreicht (vgl. S. 70 – 74 sowie S. 104 – 107 R GA). Den Besuch der Berufsfachschule I hat sie zwar nach langem unentschuldigten Fehlen und mit sehr schlechten Noten vorzeitig abgebrochen, eine Berufsausbildung bislang nicht begonnen und auch erst im Anschluss an die Ladung des Verwaltungsgerichts zur mündlichen Verhandlung nach einer Arbeitsstelle gesucht. Aufgrund des von ihr in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks und ihrer diesbezüglichen Angaben ist der Senat aber davon überzeugt, dass es ihr inzwischen ernst ist mit dem Bemühen um eine Arbeitsstelle und dass ihr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zumindest jeweils befristete Tätigkeiten im – mangels Berufsausbildung – Niedriglohnbereich möglich sein würden und dass es dann endlich auch zu einer beginnenden wirtschaftlichen Integration der Klägerin zu 4. käme, die jeden-falls zur Sicherung ihres eigenen Lebensunterhalts führen würde.

50

Demgegenüber wird der Klägerin zu 4. eine Reintegration in die Verhältnisse in Kosovo nur schwer möglich sein. Erinnerungen an das Leben in Kosovo hat sie nicht, mit den dortigen Lebensverhältnissen ist sie nicht vertraut. Zwar spricht sie, wie auch die Feststellungen des Senats in der mündlichen Verhandlung ergeben haben, noch immer auch etwas Albanisch, das sie aber nicht schreiben und lesen kann. Auf Hilfestellung ihrer Eltern beim Einfinden in die Verhältnisse in Kosovo kann sie nicht rechnen, da diese im Bundesgebiet bei der geistig behinderten Klägerin zu 3. bleiben würden. Sollte sie in Kosovo entgegen den Angaben in der mündlichen Verhandlung noch über Familienangehörige verfügen, so ist doch der Kontakt zu jenen nach über 18 Jahren offenbar abgerissen. Bekannte und Freunde hat sie dort nicht. Ihre finanzielle Situation in Kosovo wird sich entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts nicht nur "voraussichtlich weniger günstig gestalten (…) als in der Bundesrepublik Deutschland", sondern – wie im Zusammenhang mit der Klägerin zu 3. bereits ausgeführt – aller Voraussicht nach völlig unzulänglich sein.

51

Das öffentliche Interesse an einer Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 4. besteht im Wesentlichen darin, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel durch sie zu verhindern. Diesem öffentlichen Interesse kommt zwar in aller Regel erhebliche Bedeutung zu, wie auch aus der gesetzlichen Wertung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG folgt. Im Fall der Klägerin zu 4., der es inzwischen ernst ist mit dem Bemühen um eine Arbeitsstelle, besteht jedoch zur Überzeugung des Senats die große Wahrscheinlichkeit, dass sie zumindest jeweils befristete Tätigkeiten im – mangels Berufsausbildung – Niedriglohnbereich ausüben und so zumindest ihren eigenen Lebensunterhalt sichern würde, falls ihr der Beklagte eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Angesichts dessen kommt jedenfalls derzeit in ihrem Fall dem öffentlichen Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes zur Verhinderung der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel ausnahmsweise nur untergeordnete Bedeutung zu.

52

Bei Berücksichtigung aller dieser Umstände und bei deren angemessener Würdigung kommt, auch wenn die Beendigung des Aufenthaltes eines Ausländers nicht "nur deshalb" als mit Art. 8 EMRK unvereinbar angesehen werden kann, "weil dieser sich über einen bestimmten Zeitraum in dem Hoheitsgebiet des Vertragsstaats aufhält" (vgl. EGMR, Entscheidung vom 16. Juni 2004 – 11103/03 – a.a.O.), allein schon der Dauer des Aufenthaltes der Klägerin zu 4. im Bundesgebiet von über 18 Jahren ein ganz erhebliches Gewicht zu, zumal sie im Alter von nur einem Jahr ins Bundesgebiet einreiste und deshalb nahezu ausschließlich hier ihre Sozialisierung erfuhr. Überdies war ihr Aufenthalt – wie oben bereits aufgezeigt – über zehn Jahre lang rechtmäßig und beruhte ansonsten überwiegend auf "Handreichungen des Staates". Deswegen und mit Blick auf die besonderen Schwierigkeiten, die mit ihrer Reintegration in die Verhältnisse in Kosovo ohne Hilfestellung durch ihre Eltern verbunden sein würden, sowie auf die dortige wirtschaftliche Situation und deren konkrete Auswirkungen auf sie erweist sich die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 4. im Bundesgebiet angesichts der derzeit nur untergeordneten Bedeutung des daran bestehenden öffentlichen Interesses als unverhältnismäßig. Sollte die Klägerin zu 4. in angemessener Zeit nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keiner zumindest geringfügigen Erwerbstätigkeit nachgehen, würde sich dies anders darstellen und wäre bei einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen, sofern ihre Ausreise nicht mehr mit Blick auf Art. 6 GG rechtlich unmöglich sein sollte.

53

Ist nach alledem den Klägern zu 1., zu 2. und zu 4. die Ausreise unmöglich, weil einer Beendigung ihres Aufenthaltes wegen der notwendigen Betreuung der geistig behinderten Klägerin zu 3. im Bundesgebiet Art. 6 GG entgegenstehen würde und weil im Falle der Klägerin zu 4. eine Aufenthaltsbeendigung zudem einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Achtung ihres Privatlebens bedeuten würde, so ist mit dem Wegfall dieser Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Angesichts dessen sind die Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. ferner im Sinne von § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG unverschuldet an der Ausreise gehindert. Schließlich erfüllen sie auch die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

54

Zwar setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Vorliegend besteht jedoch insoweit ein Ausnahmefall. In diesem Zusammenhang ist nämlich die durch Art. 6 GG und zum Teil zusätzlich durch Art. 8 EMRK geschützte Rechtsposition der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. und die hinter § 25 Abs. 5 AufenthG stehende gesetzgeberische Absicht zu berücksichtigen. Ferner geht es im Falle der rechtlichen Unmöglichkeit einer Ausreise nicht um eine Entscheidung für oder gegen den weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet, sodass sich insbesondere durch eine Versagung der Aufenthaltserlaubnis an der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nichts ändern würde. Zudem besteht – wie oben bereits aufgezeigt – zur Überzeugung des Senats im Fall der Klägerin zu 4., der es inzwischen ernst ist mit dem Bemühen um eine Arbeitsstelle, die große Wahrscheinlichkeit, dass sie zumindest jeweils befristete Tätigkeiten im – mangels Berufsausbildung – Niedriglohnbereich ausüben und so zumindest ihren eigenen Lebensunterhalt sichern würde, falls ihr der Beklagte eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Im Ansatz vergleichbar stellt sich die Situation der Kläger zu 1. und 2. dar, die in der mündlichen Verhandlung nicht mehr erklärten, arbeitsunfähig krank, sondern an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit interessiert zu sein. Der Kläger zu 1. hatte auch bereits im Mai 2011 eine Beschäftigungserlaubnis für eine – allerdings wohl auf drei Monate befristete – Vollerwerbstätigkeit als Trockenbauhelfer beantragt (vgl. S. 437 VA 1), die indes deshalb nicht erteilt wurde, weil der Beklagte, obwohl dem Kläger zu 1. offenbar am 17. Juni 1997 eine unbefristete und unbeschränkte Arbeitserlaubnis erteilt worden war (vgl. S. 75 VA 1), die dann ab dem 1. Januar 1998 gemäß § 432 SGB III als Arbeitsberechtigung und ab dem 1. Januar 2005 gemäß § 105 Abs. 2 AufenthG als uneingeschränkte Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Aufnahme einer Beschäftigung weitergegolten hätte, umgehend eine – weitere – Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit erbeten hat, die indes aufgrund mehrerer Versehen erst am 30. August 2011 der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis zustimmte (vgl. S. 495 f. VA 1). Auch die Klägerin zu 2. will sich ihren Angaben und den Angaben der Klägerin zu 4. in der mündlichen Verhandlung zufolge bereits mehrfach um Arbeit bemüht haben. Eine Arbeitsstelle lässt sich im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aber sehr viel eher finden als im Besitz einer lediglich kurzfristigen Duldung (vgl. nur den Gesetzeszweck von § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kläger zu 1. und 2. keinen Arbeitsplatz gefunden haben, als sie noch im Besitz von Aufenthaltsbefugnissen gewesen sind. Denn damals haben sie sich nicht oder doch nicht ernsthaft um Arbeit bemüht. Zumindest wäre mit Blick auf dies alles das dem Beklagten durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen, von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG abzusehen, auf Null reduziert.

55

Ferner setzt zwar § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG in der Regel voraus, dass die Passpflicht nach § 3 AufenthG erfüllt ist. Auch insoweit ist jedoch vom Bestehen eines Ausnahmefalles auszugehen, weil wiederum die durch Art. 6 GG und zum Teil zusätzlich durch Art. 8 EMRK geschützte Rechtsposition der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. sowie die hinter § 25 Abs. 5 AufenthG stehende gesetzgeberische Absicht zu berücksichtigen sind und weil die Erfüllung der Passpflicht unmittelbar bevorsteht, nachdem nunmehr auch von den kosovarischen Auslandsvertretungen im Bundesgebiet kosovarische Reisepässe ausgestellt werden und – auch – die Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. einen solchen beantragt und einen für dessen Abholung erforderlichen kosovarischen Personalausweis bereits erhalten haben. Angesichts dessen wäre zumindest das dem Beklagten durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen, von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG abzusehen, auf null reduziert (vgl. oben).

56

Da gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erteilt werden soll, wenn die Abschiebung des betreffenden Ausländers seit 18 Monaten ausgesetzt ist, da dies im Fall der Kläger zu 1., zu 2. und zu 4. zutrifft und da insoweit auch kein Ausnahmefall vorliegt, ist nach alledem auch ihnen eine Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

57

3) Was den Kläger zu 5. anbelangt, so ist ihm eine Ausreise aus rechtlichen Gründen deshalb unmöglich, weil seine Abschiebung in das Kosovo nicht mit Art. 6 GG zu vereinbaren wäre und ihm deswegen auch eine freiwillige Ausreise nicht zugemutet werden kann.

58

Insoweit ist zu sehen, dass der Kläger zu 5. erst 14 Jahre alt und deshalb zumindest auf die Unterstützung seiner Eltern, der Kläger zu 1. und zu 2., angewiesen ist, denen aber das Verlassen des Bundesgebietes aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, weil sie hier weiterhin die geistig behinderte Klägerin zu 3. betreuen müssen. Angesichts dessen genießt diese familiäre Beziehung, die nur im Bundesgebiet gelebt werden kann, mit Blick auf die Minderjährigkeit des Klägers zu 5. als tatsächliche Erziehungsgemeinschaft den besonderen Schutz des Art. 6 GG, der deshalb der Trennung der Familienmitglieder durch Abschiebung des Klägers zu 5. entgegensteht. Dann aber ist dem Kläger zu 5. auch die freiwillige Ausreise in das Kosovo aus rechtlichen Gründen unmöglich.

59

Ist aber dem Kläger zu 5. die Ausreise unmöglich, weil einer Beendigung seines Aufenthaltes Art. 6 GG entgegenstehen würde, so ist mit dem Wegfall dieser Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Angesichts dessen ist der Kläger zu 5. ferner im Sinne von § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG unverschuldet an der Ausreise gehindert.

60

Schließlich erfüllt er auch die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Auch in seinem Fall liegt bezüglich des Erfordernisses des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wie bei den Klägern zu 1., zu 2. und zu 4. ein Ausnahmefall vor, obwohl bei ihm eine Erwerbstätigkeit altersbedingt noch nicht in Betracht kommt. Gleiches gilt aus den bezüglich der Kläger zu 1. bis 4. dargelegten Gründen hinsichtlich des Erfordernisses des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, auch wenn dem Kläger zu 5. wegen seines Alters noch kein kosovarischer Personalausweis ausgestellt worden ist. Zumindest wäre jedoch das dem Beklagten durch § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen, in seinem Fall von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AufenthG abzusehen, auf Null reduziert.

61

Da gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erteilt werden soll, wenn die Abschiebung des betreffenden Ausländers seit 18 Monaten ausgesetzt ist, da dies im Fall des Klägers zu 5. zutrifft und da insoweit auch kein Ausnahmefall vorliegt, ist nach alledem auch ihm eine Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

62

Haben nach alledem sämtliche Kläger Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, so stellen sich die übrigen von den Beteiligten angesprochenen und im Urteil des Verwaltungsgerichts erörterten Fragen nicht mehr, so ist aber auch die im Bescheid des Beklagten vom 19. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 26. Mai 2010 enthaltene Abschiebungsandrohung aufzuheben.

63

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

64

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 und 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 und mit § 711 ZPO.

65

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

66

Beschluss

67

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG für das zweitinstanzliche Verfahren auf 25.000,00 € festgesetzt.

68

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Kläger wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt.

69

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.