Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Sept. 2016 - 3 A 123/15

bei uns veröffentlicht am15.09.2016

Tenor

1. Die Bescheide des Beklagten vom 27. Oktober 2014 (Az.: A; B; C; D und E) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2015 und die Bescheide des Beklagten vom 13. November 2015 (Az.: B; D; E; A; C) werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung des Klägers zu Gebühren für die Umlage von Beiträgen zu einem Wasser- und Bodenverband.

2

Der Kläger ist Eigentümer diverser Grundstücke im Gebiet der Gemeinde R.. Die Grundstücke dienen verschiedenen Nutzungsarten und sind teilweise bebaut. Die Gemeinde R. (Gemeinde) ist Mitglied im Wasser- und Bodenverband „Obere Peene“ (WBV), an den sie von diesem erhobene Beiträge zahlt.

3

Die Gemeinde legt die von ihr an den WBV gezahlten Beiträge auf Grundlage der Satzung über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge der Wasser- und Bodenverbände vom 22. Juli 2002 in der Fassung der 4. Änderungssatzung vom 2. Dezember 2013 (Gebührensatzung - GS) auf die Grundstückseigentümer um. Die Gebühr richtet sich dabei nach der Veranlagungsregel des Wasser- und Bodenverbandes. Eine Kalkulation der Gebührensätze, die auch eine Mindestgebühr in Höhe von 5,00 Euro je Grundstück vorsehen, wurde nicht erstellt.

4

Mit Gebührenbescheiden vom 27. Oktober 2014 zog der Beklagte den Kläger auf Grundlage der Gebührensatzung wie folgt zur Zahlung von Gebühren für das Jahr 2014 heran:

5

1.    

A       

        

148,32 Euro

2.    

B       

        

 5,00 Euro

3.    

C       

        

 13,85 Euro

4.    

D       

        

 12,18 Euro

5.    

E       

        

 52,97 Euro

6

Den gegen sämtliche Gebührenbescheide vom 27. Oktober 2014 gerichteten Widerspruch des Klägers vom 9. November 2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2015 zurück.

7

Mit Gebührenbescheiden vom 13. November 2015 zog der Beklagte den Kläger auf Grundlage der Gebührensatzung wie folgt zur Zahlung von Gebühren für das Jahr 2015 heran:

8

1.    

B       

        

 8,83 Euro

2.    

D       

        

 15,90 Euro

3.    

E       

        

 68,95 Euro

4.    

A       

        

177,69 Euro

5.    

C       

        

 18,11 Euro

9

Über den gegen sämtliche Bescheide vom 13. November 2015 gerichteten Widerspruch des Klägers vom 23. November 2015 hat der Beklagte bisher nicht entschieden.

10

Am 11. Februar 2015 hat der Kläger Anfechtungsklage gegen die Gebührenbescheide vom 27. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2015 erhoben. Die Klage hat er mit Schriftsatz vom 22. Februar 2016 auf die Gebührenbescheide vom 13. November 2015 erweitert.

11

Der Kläger ist - zusammengefasst - der Auffassung, die angefochtenen Bescheide seien bereits deshalb rechtswidrig, weil sie nicht mit einer hinreichenden Begründung versehen seien. Zudem seien sie nicht hinreichend bestimmt. Die Ermittlung der Gebühren könne nicht nachvollzogen werden. Zudem gehe er davon aus, dass das Kostendeckungsprinzip verletzt sei.

12

Der Kläger beantragt,

13

die Bescheide des Beklagten vom 27. Oktober 2014 (Az.: A; B; C; D und E) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2015 und die Bescheide des Beklagten vom 13. November 2015 (Az.: B; F; E; A; C) aufzuheben.

14

Der Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide und hält diese für rechtmäßig. Insbesondere fehle es den Bescheiden nicht an der erforderlichen Begründung. Die Gebührenfestsetzung lasse sich nachvollziehen und sei zutreffend erfolgt. Einer Kalkulation der Gebührensätze bedürfe es wegen der Umlage der Verbandslasten „im Verhältnis 1 zu 1“ nicht.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und die bei dem Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

18

Das Gericht kann den Rechtsstreit durch den Berichterstatter anstelle der Kammer und ohne mündliche Verhandlung entscheiden, §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 16. März 2015 und 12. August 2016 ihr Einverständnis erteilt haben.

19

Die zulässige Klage ist begründet.

20

1. Die Klage ist in ihrer geänderten Form zulässig.

21

Der Kläger hat seine Klage zulässigerweise auf die Gebührenbescheide des Beklagten vom 13. November 2015 erweitert. Die Erweiterung der Klage als Form der Klageänderung ist gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da der Beklagte eingewilligt hat (§ 91 Abs. 1 Var. 1 VwGO) indem er sich - ohne der Klageerweiterung selbst zu widersprechen - mit Schriftsatz vom 21. März 2016 auf die erweiterte Klage eingelassen hat (§ 91 Abs. 2 VwGO). Zudem hält das Gericht die Klageänderung für sachdienlich (§ 91 Abs. 1 Var. 2 VwGO), da sie dazu geeignet ist, die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung für das Jahr 2015 im hiesigen Verfahren zu klären und weiteren Streit zwischen den Beteiligten zu vermeiden, ohne dass dies weiteren Prüfungs- und Ermittlungsaufwand begründen würde, da beiden Erhebungsjahren dieselbe Gebührensatzung zu Grunde gelegen hat.

22

Die Klage ist - soweit sie sich gegen die Gebührenbescheide vom 13. November 2015 richtet - auch ohne Abschluss eines Vorverfahrens - als Untätigkeitsklage zulässig (§ 75 Satz 1 VwGO). Zwar mag ausgehend von einer Erhebung des Widerspruches nicht vor dem 23. November 2015 (auf diesen Tag datiert das Widerspruchsschreiben) die dreimonatige Entscheidungsfrist des Beklagten bei Eingang des klagerweiternden Schriftsatzes des Klägers vom 22. Februar 2016 beim Gericht am 22. Februar 2016 noch nicht abgelaufen gewesen sein. Allerdings handelt es sich bei der Dreimonatsfrist um eine Sachurteilsvoraussetzung, die erst bei der Entscheidung des Gerichts über die Klage gegeben sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.01.1966 - I C 24.63 -, juris Rn. 15). Das ist hier indessen der Fall. Es ist zudem kein zureichender Grund im Sinne von § 75 Satz 3 VwGO dafür ersichtlich, dass der Beklagte bisher nicht über den Widerspruch des Klägers entschieden hat; er hat einen solchen überdies nicht vorgetragen.

II.

23

2. Die Klage ist vollumfänglich begründet. Die angefochtenen Gebührenbescheide des Beklagten vom 27. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2015 und die Gebührenbescheide des Beklagten vom 13. November 2015 sind rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

24

Den Bescheiden fehlt es sämtlich an der nach § 3 Abs. 1 Satz 3 Gesetz über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderlichen satzungsmäßigen Rechtsgrundlage, da die vom Beklagten bei der Gebührenerhebung herangezogene Gebührensatzung der Gemeinde R. nichtig ist.

25

a) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG können die Gemeinden die Beiträge zum Unterhaltungsverband sowie die bei der Umlegung entstehenden Verwaltungskosten den Eigentümern, Erbbauberechtigten oder sonstigen Nutzungsberechtigten nach den Grundsätzen der §§ 2 und 6 KAG M-V auferlegen. Der Landesgesetzgeber hat damit bestimmt, dass die Gemeinde, die von ihr an die Wasser- und Bodenverbände geleisteten Beiträge auf den genannten Personenkreis umlegen kann, dass es dafür einer satzungsmäßigen Rechtsgrundlage im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V bedarf und dass diese Satzung den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V entsprechen muss. Eine Abgabensatzung muss nach dieser Vorschrift mindestens Bestimmungen über den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit enthalten (sogenannter Mindestinhalt). Verfügt eine Satzung darüber nicht, fehlt es also an einer (rechtmäßigen) Regelung zu auch nur einem dieser Punkte, ist die Abgabensatzung insgesamt nichtig (vgl. m.w.N. VG Greifswald, Urt. v. 07.04.2016 - 3 A 115/14 -, juris Rn. 29).

26

b) Den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V wird die Gebührensatzung nicht gerecht. Der Gebührensatzung fehlt es an rechtswirksamen Bestimmungen zum Gebührensatz, da der Gebührensatzung keinerlei Kalkulation der Gebührensätze zu Grunde liegt.

27

aa) Eine fehlerfreie Bestimmung des Gebührensatzes erfordert - auch bei Gebühren zur Umlage von Verbandslasten -, dass dem satzungsgebenden Gremium bei der Beschlussfassung über die wesentlichen Bestimmungen der Gebührensatzung - Gebührensatz- und -Maßstab - eine methodisch fehlerfreie Gebührenkalkulation vorliegt (vgl. allgemein m.w.N. OVG Greifswald, Beschl. v. 25.05.2009 - 1 M 157/08 -, juris Rn. 20 und für den Fall einer Umlagegebührensatzung OVG Greifswald, Urt. v. 23.02.2000 - 1 L 50/98 -, juris Rn. 35 sowie VG Schwerin, Urt. v. 15.09.2005 - 4 A 3121/02 -, juris Rn. 38). Bei der Kalkulation des Gebührensatzes handelt es sich nicht um einen Selbstzweck. Vielmehr dient sie dazu, dass der Gebührenschuldner, ebenso wie das beschlussfassende Organ, in die Lage versetzt wird, nachzuvollziehen, inwieweit das Aufwandsüberschreitungsverbot und das Äquivalenzprinzip beachtet wurden. Zudem kann nur so dem beschlussfassenden Organ aufgezeigt werden, in welchem Umfang der zu beschließende Gebührensatz zu einer Kostendeckung führt beziehungsweise in welchem Umfang Kostenunterdeckungen anderweitig ausgeglichen werden müssen. Dies bedingt, dass sich aus einer Kalkulation jedenfalls der jeweils zugrunde gelegte - entstandene oder erwartete - Gesamtaufwand, die nach den festgesetzten Maßstäben sich ergebenden Einheiten und das daraus in Verbindung mit dem festgelegten Gebühren- oder Beitragssatz errechnete voraussichtliche Gesamtaufkommen ergeben müssen. Leidet die Kalkulation unter wesentlichen methodischen Mängeln, kann das satzungsgebende Gremium sein Regelungsermessen nicht fehlerfrei ausüben, was die Fehlerhaftigkeit des festgesetzten Abgabensatzes zur Folge hat (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 25.05.2009 - 1 M 157/08 -, juris Rn. 21).

28

Eine methodisch fehlerfreie Kalkulation des Gebührensatzes hat der Beschlussfassung der Gemeindevertretung über die Gebührensatzung nicht zu Grunde gelegen. Das ergibt sich aus dem unmissverständlichen Vortrag des Beklagten, wonach dieser, ebenso wie die Gemeinde selbst, eine Gebührenkalkulation für nicht erforderlich hält. Vielmehr verhält es sich so, dass die Gemeinde eine Kalkulation überhaupt nicht erstellt hat. Die Prüfung, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot eingehalten wurde, ist damit sowohl dem Gericht als auch jedem Dritten verwehrt. Die fehlerfreie Ausübung eines Regelungsermessens der Gemeindevertretung im Hinblick auf den Abgabensatz konnte damit gleichfalls nicht erfolgen. Allein dies führt zur Nichtigkeit der Bestimmungen der Gebührensatzung über den Gebührensatz.

29

bb) Wenn der Beklagte meint, dass es einer Kalkulation der Gebührensätze wegen der Umlage der von dem jeweiligen Wasser- und Bodenverband erhobenen Beiträge „im Verhältnis 1 zu 1“ unter Heranziehung der von den Wasser- und Bodenverbänden jeweils angewendeten Veranlagungsregel nicht bedarf, vermag das Gericht dem nicht zu folgen.

30

(1) Zwar mag nichts dagegen einzuwenden sein, dass die Gemeinde die Umlage der ihr von dem jeweiligen Wasser- und Bodenverband auferlegten Lasten unter Anwendung der jeweiligen Veranlagungsregel als Gebühr umlegt. Auch die Übernahme der Veranlagungsregel des jeweiligen Wasser- und Bodenverbandes kann Ausdruck des dem Satzungsgeber zustehenden Regelungsermessens sein. Anders als etwa ein reiner Flächenmaßstab als Wahrscheinlichkeitsmaßstab berücksichtigt die vorgesehene Veranlagungsregel neben der Grundstücksfläche auch die Gewässerdichte und die Nutzungsart, was den dem einzelnen Grundstückseigentümer vermittelten Vorteil im Rahmen der Gebührenerhebung abbildet (vgl. auch OVG Greifswald, Urt. v. 18.03.2014 - 1 L 190/10 -, juris Rn. 30).

31

(2) Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob das von der Gemeinde gewählte Vorgehen, die Verbandsbeiträge unter Anwendung der Veranlagungsregel des jeweiligen Wasser- und Bodenverbandes im Wege der Umlagegebühr auf die Grundstückseigentümer umzulegen, für sich genommen schon dazu führt, dass es einer Gebührenkalkulation nicht bedarf. Dagegen spricht nach Auffassung des Gerichts jedenfalls, dass es sich bei der erhobenen Umlagegebühr um eine sogenannte antizipierte Benutzungsgebühr handelt (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 25.05.2009 - 1 M 157/08 -, juris Rn. 25), die zum 1. Januar eines jeden Jahres entsteht (§ 5 Abs. 1 GS). Selbst wenn die Gemeinde aber ausschließlich die ihr von dem jeweiligen Wasser- und Bodenverband auferlegten Verbandslasten an die Grundstückseigentümer weitergibt, sind ihr diese Lasten im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld noch nicht bekannt. Eine feststehende Umlagemasse, aus der sich unter Anwendung der Veranlagungsregel eine feststehende Gebühr bestimmen lässt, liegt also gerade nicht vor. Dies gilt im Übrigen auch für die den Gebührenmaßstab beeinflussenden Rechengrößen, etwa die Gewässerdichte (§ 3 Abs. 2 UAbs. 2 Satz 1 GS). Diese ergibt sich auch für den Beklagten erst aus der Beitragsfestsetzung durch den Wasser- und Bodenverband und kann Änderungen unterliegen. So hat sich die Gewässerdichte etwa vom Jahr 2014 zum Jahr 2015 reduziert, was wegen der Berücksichtigung in der Veranlagungsregel unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Abgabe hat. Dass dem Beklagten, wie auch der Gemeinde, die anfallenden Verbandslasten im Zeitpunkt der Gebührenentstehung noch nicht bekannt sind, ergibt sich rein tatsächlich aus den Verwaltungsvorgängen, die belegen, dass die Festsetzung der Verbandslasten für das Jahr 2014 mit Bescheid des Wasser- und Bodenverbandes „Obere Peene“ vom 26. Februar 2014 (Anlage B1) und für das Jahr 2015 mit Änderungsbescheid des Wasser- und Bodenverbandes „Obere Peene“ vom 19. August 2015 (Anlage B2) erfolgte. Beide Festsetzungen lagen zeitlich jeweils nach dem Entstehen der Umlagegebühr. Genau die fehlende Kenntnis der Gemeinde von der Höhe der sie treffenden und umzulegenden Verbandslast erfordert mithin, dass die Gemeinde eine - naheliegender Weise auf den ihr in den Vorjahren auferlegten Verbandslasten beruhende - Prognose des zu erwartenden Aufwandes anstellt, der sodann im Wege der Gebührenerhebung zu decken sein wird. Dies kann nur durch die Aufstellung einer Gebührenkalkulation geschehen. Im Übrigen ist die Gemeinde nur bei Zugrundelegung einer methodisch fehlerfreien Vorauskalkulation des Gebührensatzes berechtigt, einen Kostenunterdeckungsausgleich (§ 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V) vorzunehmen. Ein solcher kommt nämlich nur in Betracht, wenn die Unterdeckung trotz Vorliegen einer methodisch fehlerfreien Vorauskalkulation auf der Realisierung eines Prognoserisikos beruht. Beruht die Unterdeckung auf methodischen Fehlern in der Vorauskalkulation oder stammt die Unterdeckung aus einem Zeitraum ohne methodisch fehlerfreie Vorauskalkulation oder ohne jegliche Vorauskalkulation, scheidet ein Kostenunterdeckungsausgleich aus (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 07.10.2015 - 1 K 28/11 -, juris Rn. 26 ff.). Erhebt die Gemeinde eine zu niedrige Gebühr, weil sie den Gebührensatz nicht oder nicht fehlerfrei kalkuliert hat, darf sie die Unterdeckung nicht im Wege des Unterdeckungsausgleiches auf die Folgeperioden verteilen. Da der Beklagte Gebühren zulässig nur in der Höhe erheben darf, wie sie entstanden sind, kommt ein Unterdeckungsausgleich beispielsweise für den Fall, dass die der Gemeinde auferlegten Verbandslasten höher ausfallen als das im Entstehungszeitpunkt entstandene gesamte Gebührenaufkommen, nicht in Betracht.

32

(3) Wenn der Beklagte meint, dass er - gemeint ist wohl die Gemeinde - nicht berechtigt sei, die Höhe der Abgaben eigenständig festzulegen, sondern an die Festlegungen des jeweiligen Verbandes gebunden zu sein, ist dies erkennbar unzutreffend. Es ist Sache der Gemeinde zu regeln, nach welchen Maßstäben sie die sie treffenden Verbandslasten auf die Grundstückseigentümer umlegt. Sie hat in diesem Zusammenhang beispielsweise auch darüber zu entscheiden, ob sie die ihr entstehenden Verwaltungskosten auf die Grundstückseigentümer umlegt (§ 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG), insoweit kommt der Gemeinde ein Ermessen zu (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 18.03.2014 - 1 L 190/10 -, juris Rn. 31).

33

(4) Dessen ungeachtet verkennt der Beklagte mit seiner Auffassung, eine Kalkulation sei wegen der Umlage „im Verhältnis 1 zu 1“ entbehrlich, dass diese Umlage nicht konsequent durchgehalten wird, sondern mit der vorgesehenen Mindestgebühr in Höhe von 5,00 Euro (je Grundstück) von der Veranlagungsregel abgewichen wird. Schon aus diesem Grund ist eine Vorauskalkulation des Gebührensatzes erforderlich.

34

Die Erhebung einer Mindestgebühr, die sich insbesondere aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität als sachlich gerechtfertigt erweisen kann (vgl. m.w.N. VG Schwerin a.a.O. Rn. 45, sowie für sogenannte Aufrundungsregelung VG Greifswald, Urt. v. 17.10.2011 - 3 A 185/09 -, S. 4 des Urteilsumdrucks, n.v.), setzt voraus, dass sie bereits in der Gebührenkalkulation Berücksichtigung findet. Geschieht dies nicht, führt das von vornherein zu einer mit § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V unvereinbaren Kostenüberdeckung (VG Schwerin a.a.O.; VG Greifswald a.a.O.). Dass es bei Erhebung einer in der Gebührenkalkulation nicht berücksichtigten Mindestgebühr stets zu einer Kostenüberdeckung kommt, ist offensichtlich. Die Mindestgebühr dient gerade dazu, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität eine höhere als die bei Anwendung der Veranlagungsregel eigentlich anfallende Gebühr zu erheben. Selbst wenn der Beklagte also im Übrigen für alle Grundstücke Gebühren nach der Veranlagungsregel „im Verhältnis 1 zu 1“ erhebt und nur in einem einzigen Fall die Mindestgebühr Anwendung findet, führt dies zu einer Kostenüberdeckung. Da die Kostenüberdeckung insoweit mindestens in Kauf genommen wird, wenn nicht gar beabsichtigten ist, führt sie, auch wenn sie nur geringfügig ist, zur Fehlerhaftigkeit des Gebührensatzes und damit zur Nichtigkeit der Gebührensatzung insgesamt. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V um eine Soll-Regelung handelt, so dass nicht jede Kostenüberschreitung zu einer Nichtigkeit des auf der Kalkulation beruhenden Gebührensatzes führt. Denn es sind nur unerhebliche, zufällige oder unbeabsichtigte Überschüsse unschädlich (vgl. m.w.N. VG Greifswald, Urt. v. 07.08.2014 - 3 A 608/12 -, juris Rn. 24), was auf den Fall einer gesehenen Kostenüberdeckung gerade nicht zutrifft.

35

Dem wird die Gemeinde hier gleichfalls nicht gerecht. Sie verfügt nicht über eine Kalkulation, in der die Mindestgebühr hinreichende Berücksichtigung gefunden hat. Es ist nicht ersichtlich, dass deren Entstehung und Erhebung bei der Bestimmung der - regulären - Gebührensätze berücksichtigt wurde. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, da die Gemeinde ihren Gebührensatz stets dadurch festgelegt hat, dass sie den Beitragssatz des jeweiligen Wasser- und Bodenverbandes als Gebührensatz übernommen hat. Die davon abweichende Mindestgebühr hat dabei ganz offensichtlich keine Rolle gespielt.

36

3. Da allein der Mangel in der Rechtsgrundlage den Anspruch des Klägers auf Aufhebung sämtlicher angefochtener Bescheide rechtfertigt, bedarf es einer Erörterung der Rechtsanwendung durch den Beklagten nicht mehr.

III.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 VwGO, sind nicht ersichtlich.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Sept. 2016 - 3 A 123/15

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 25.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2013 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Ausgleichsbeträgen für nicht herzustellende Kraftfahrzeugeinstellplätze (künftig: Stellplatzablöse).

2

Der Kläger erhielt von der Landrätin des vormaligen Landkreises Müritz als unterer Bauaufsichtsbehörde am 7. Oktober 2008 eine von ihm beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses in der F.-Straße in W. Die Baugenehmigung sah als Auflage unter Nr. 11 vor, dass der Kläger an die Stadt W. einen Geldbetrag für 17 von ihm nicht herzustellende Kraftfahrzeugstellplätze zu zahlen habe. Die Höhe des zu zahlenden Geldbetrages sollte sich nach der einschlägigen Satzung bestimmen; die Ablösung sollte bis zur abschließenden Fertigstellung nachgewiesen werden. Mit einem 1. Nachtrag vom 20. Oktober 2009 zu dieser Baugenehmigung wurde die Anzahl der abzulösenden Stellplätze auf 12 reduziert. Mit Bescheid vom 25. Juli 2013 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger eine Stellplatzablöse in Höhe von 29.040,00 Euro fest und begründete dies damit, dass in Anwendung der Satzungsvorschriften der Stadt W. ein Ablösebetrag von 2.420,00 Euro für jeden der 12 abzulösenden Stellplätze anzusetzen sei. Festsetzungsverjährung sei noch nicht eingetreten, da die Festsetzungsfrist vier Jahre betrage und erst am Ende des Jahres zu laufen beginne, in dem das Vorhaben fertig gestellt werde, hier also im Jahr 2009. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 12. August 2013, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2014 zurück.

3

Am 12. Februar 2014 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben.

4

Der Kläger ist der Auffassung, der angefochtenen Bescheid über die Festsetzung der Stellplatzablöse sei rechtswidrig. Bei der Stellplatzablöse handele es sich nicht um eine Abgabe im Sinne des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V), da sie auch keine Abgabe im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sei und beide Abgabenbegriffe einander entsprächen. Daher richte sich die Verjährung in Ermangelung anderer spezieller Regelungen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Verjährungsfrist betrage drei Jahre und sei bei Erlass des angefochtenen Bescheides bereits abgelaufen gewesen. Die Verjährung sei aber auch bei Anwendung des Kommunalabgabengesetzes und der Abgabenordnung (AO) bereits eingetreten. Für den Beginn der vierjährigen Festsetzungsverjährungsfrist sei der Erlass der Baugenehmigung vom 7. Oktober 2008 maßgeblich, da diese einen selbständigen Verpflichtungsgrund darstelle. Wegen der eingetretenen Bestandskraft sei auf den Nachtrag zur Baugenehmigung vom 20. Oktober 2009 nicht abzustellen. Keinesfalls sei auf den Nachweis der Fertigstellung der Anlage abzustellen. Die Verjährungsfrist habe damit am 31. Dezember 2012 geendet. Sie sei auch nicht durch ein Schreiben des Klägers vom 27. November 2009, in dem dieser um Gewährung einer Ratenzahlung zur Begleichung der Stellplatzablöse gebeten habe, unterbrochen worden. Letztlich bestünden auch Zweifel an der satzungsmäßigen Grundlage für die Erhebung der Stellplatzablöse, da die vom Beklagten herangezogene Satzung nicht alle nach § 2 KAG M-V erforderlichen Gegenstände regele.

5

Der Kläger beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten über die Festsetzung eines Ausgleichsbetrages für nicht herzustellende Kraftfahrzeugeinstellplätze vom 25. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2014 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, dass auf die Stellplatzablöse die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes anzuwenden seien, da es sich um eine Sonderabgabe handele. Festsetzungsverjährung sei noch nicht eingetreten. Die vierjährige Frist beginne erst mit Fälligkeit der Stellplatzablöse; diese trete mit Fertigstellung der Anlage ein. Das ergebe sich aus der Baugenehmigung, wonach die Ablösung bis zur abschließenden Fertigstellung nachzuweisen sei. Ein Abstellen auf den Erlass der Baugenehmigung komme nicht in Betracht, da die Stellplatzablöse dann verjähren könne, bevor sie überhaupt fällig geworden sei. Selbst wenn auf die Baugenehmigung abzustellen sei, komme allenfalls der Erlass der Änderung vom 20. Oktober 2009 in Betracht, da erst damit die Zahl der abzulösenden Stellplätze endgültig festgesetzt worden sei. Gegen eine Verjährung spreche ferner der Rechtsgedanke des § 231 AO und § 212 BGB. Dass der Kläger selbst um Gewährung einer Ratenzahlung gebeten habe, führe zu einer Unterbrechung beziehungsweise zum Neubeginn der Verjährung. Auch die Anwendung von § 242 BGB spreche dagegen, dass sich der Kläger auf den Eintritt der Verjährung berufen könne.

10

Im Verlauf des Verfahrens hat die Stadt W. eine rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung von Ausgleichsbeträgen erlassen und bekanntgemacht.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfahrensakte sowie die bei dem Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge, die dem Gericht vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

12

Die zulässige Klage ist begründet.

13

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere fehlt es dem Kläger trotz der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraft der die Stellplatzablösepflicht betreffenden Auflage in der Baugenehmigung vom 7. Oktober 2008 nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Es bedarf an diesem Punkt keiner Entscheidung darüber, ob diese Auflage bereits einen eigeständigen Anspruch des Beklagten begründet oder nicht. Denn maßgeblicher Streitgegenstand im hiesigen Klageverfahren ist einzig der angefochtene Festsetzungsbescheid vom 25. Juli 2013, der in jedem Falle eine Festsetzung der Stellplatzablöse der Höhe nach beinhaltet. Selbst wenn der in der Baugenehmigung enthaltene Auflage anspruchsbegründender Charakter zukäme, enthält sie keine Ermächtigung des Beklagten zum Erlass des hier angefochtenen Bescheides.

14

2. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da es ihm bereits an einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage fehlt.

15

a) Als Rechtsgrundlage für den Erlass des hier streitgegenständlichen Festsetzungsbescheides kommt nur die Satzung der Stadt W. über den Ausgleichsbetrag für nicht herzustellende Kraftfahrzeugeinstellplätze vom 8. April 2014 (ABS 2014) in Betracht.

16

aa) Frühere Satzungen, insbesondere die vom Beklagten herangezogene Satzung der Stadt W. über die Erhebung von Ausgleichsbeträgen für nicht herzustellende Kraftfahrzeugeinstellplätze vom 15. April 1998 in der Fassung der letzten Änderung vom 20. November 2006 (ABS 1998) scheiden hingegen als Ermächtigungsgrundlage aus.

17

Die Unanwendbarkeit der ABS 1998 folgt schon daraus, dass sie nicht den Anforderungen der Landesbauordnung (LBauO M-V) entspricht. Der Landesgesetzgeber das Recht der Stellplatzablöse einem grundlegenden Systemwechsel unterzogen: Die Landesbauordnung in der Fassung vom 26. April 1994 (GVOBl. M-V 1994, S. 518) sah in § 48 Abs. 6 LBauO M-V (a.F.) noch detailliertere Regelungen zur Erhebung der Stellplatzablöse vor und überließ den Gemeinden ausdrücklich nur die Festsetzung der Höhe des Ablösebetrages durch Satzung. Der Gesetzgeber hatte dort die wesentlichen Fragen des Ablösevorgangs (Zuständigkeit der Baubehörde, Erfordernis der Zustimmung der Gemeinde) selbst getroffen. Nichts anderes gilt für die Vorschrift des § 48 Abs. 6 LBauO M-V in der Fassung vom 6. Mai 1998 (GVOBl. M-V 1998, S. 468). Die Vorschrift unterschied sich von der Vorgängervorschrift lediglich insoweit, als dass sie eine Vergünstigungsregelung für innerstädtische Bereiche und modifizierte Maßgaben für die Mittelverwendung vorsah. Der Landesgesetzgeber hat jedoch mit dem Gesetz zur Neugestaltung der Landesbauordnung und zur Änderung anderer Gesetze dieses Regelungsmodell aufgegeben. Aus den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren, insbesondere aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung (LT-Drs. 4/1810 S. 137) ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Regelungsdichte in Bezug auf die Stellplatzablöse verringern wollte und es den Gemeinde - in Form der Schaffung örtlicher Bauvorschriften - überlassen wollte, „die Ablösung der Herstellungspflicht und die Höhe der Ablösungsbeträge, die nach Art der Nutzung und Lage der Anlage unterschiedlich geregelt werden kann“ (siehe LT-Drs. 4/1810, S. 138), auszugestalten. Auch in der Neufassung von § 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V, sollte den Gemeinden lediglich die Ermächtigung zum Erlass örtlicher Bauvorschriften erteilt und „ihnen Abwägungsleitlinien an die Hand gegeben [werden], die beim Erlass solcher örtlicher Bauvorschriften zu beachten sind“ (LT-Drs. 4/1810, S. 185). Diesen den Gemeinden zugewiesenen Regelungsauftrag erfüllt die ABS 1998 bereits deshalb nicht, weil sie - in Anlehnung an die alte Rechtslage - lediglich eine Regelung über die Festsetzung der Höhe der Stellplatzablöse enthält. Damit wird sie zwar der alten Rechtslage gerecht, indem sie die den Gemeinden zur Regelung überlassene Frage der Höhe des Ablösebetrages beantwortet. Allerdings fehlt es hier an der nach der Änderung der Landesbauordnung erforderlichen Vollregelung, die, da sich der Gesetzgeber einer solchen enthalten hat, notwendig auf satzungsrechtlicher Ebene zu erfolgen hat.

18

bb) Die Stadt W. hat die ABS 2014 aber zulässigerweise rückwirkend zum 1. Januar 2008, mithin zu einem Zeitpunkt, der vor dem Erlass des hier streitigen Bescheides vom 25. Juli 2013 liegt, in Kraft gesetzt (§ 4 Satz 1 ABS 2014).

19

Dabei kann es dahinstehen, ob es sich hier um eine unechte oder eine echte Rückwirkung handelt. Jedenfalls kann sich der Kläger hier nicht auf ein der Rückwirkung entgegenstehendes schützenswertes Vertrauen berufen. Das ergibt sich daraus, dass der Beklagte allein durch die Existenz der ABS 1998 stets dokumentiert hat, die Stellplatzablöse erheben zu wollen. Zudem hat er dies mit der Regelung in § 3 Satz 4 ABS 2014 bekräftigt. Die Regelung bringt nämlich zum Ausdruck, dass auch vor Inkrafttreten der ABS 2014 eine Stellplatzablöse erhoben werden sollte. Soweit dies erfolgt ist, ordnet die Vorschrift an, dass trotz des rückwirkenden Inkrafttretens der ABS 2014 die bereits vorgenommenen Festsetzungen – jedenfalls hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Ablösebeträge – unberührt bleiben sollen. Daraus folgt, dass der Kläger zu jedem Zeitpunkt mit der Heranziehung zur Zahlung der Stellplatzablöse rechnen musste und nicht von einer Verschonung ausgehen durfte.

20

b) Die ABS 2014 genügt nicht den Anforderungen des Kommunalabgabengesetzes, das auch auf die Erhebung der Stellplatzablöse anzuwenden ist.

21

aa) Auf die Stellplatzablöse sind die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes zunächst überhaupt anzuwenden.

22

(1) Die Stellplatzablöse ist als verfassungsrechtlich unbedenkliche Sonderabgabe (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.03.2009 - 2 BvR 1824/05 -, juris Rn. 27 ff., sowie OVG Greifswald, Beschl. v. 03.03.2006 - 3 L 226/04 -, juris Rn. 8) eine Abgabe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V. Die Vorschrift erfasst neben Steuern, Beiträgen und Gebühren auch sonstige Abgaben. Der Landesgesetzgeber hat mit der Aufnahme der sonstigen Abgaben klargestellt, dass sich der Anwendungsbereich des Kommunalabgabengesetzes nicht auf die klassischen Abgabentypen - Steuern, Beiträge und Gebühren - beschränken soll. Das Gesetz soll vielmehr auch andere - diesen Kategorien nicht zuzuordnende - Abgaben erfassen, die ihre Grundlage in anderen Gesetzen finden. Dieses Ergebnis lässt sich aus den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren entnehmen. Zwar sah der erste Entwurf des Kommunalabgabengesetzes (vgl. LT-Drs. 1/113, S. 17) zunächst nur eine Erwähnung der auf diese Weise verstandenen sonstigen Abgaben in § 1 Abs. 3 in Bezug auf die Anwendbarkeit von Verfahrensvorschriften vor. Jedoch wurden die sonstigen Abgaben, die in Ermangelung entsprechender Hinweise in dem gleichen Sinne verstanden wurden wie in dem ersten Entwurf, in einem geänderten Entwurf (vgl. LT-Drs. 1/2558, S. 19) ausdrücklich in den Klammerzusatz in § 1 Abs. 1 aufgenommen, um die einbezogenen Abgabenarten umfassend darzustellen.

23

Der Begriff der Abgabe wiederum meint Geldleistungen, die von öffentlichen Aufgabenträgern auf Grund gesetzlicher Vorschriften in Ausübung öffentlicher Gewalt zur Erzielung von Einnahmen dem Einzelnen auferlegt werden (vgl. Holtbrügge in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand 7/15, § 1 Rn. 32). Diese Merkmale weist auch die hier streitige Stellplatzablöse auf: Sie wird von den Gemeinden als öffentlich-rechtlichen (Gebiets)-Körperschaften (§ 1 Abs. 1 Kommunalverfassung - KV M-V) auf Grundlage der Ermächtigung in § 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V von Einzelnen, nämlich von denjenigen, denen die Pflicht zur Herstellung von Kraftfahrzeugstellplätzen obliegt, erhoben. Die Gemeinden erheben die Stellplatzablöse auch in Ausübung öffentlicher Gewalt. Sie führen die Erhebung als hoheitliche Aufgabe mit den Mitteln des Verwaltungsrechts aus. Das Merkmal der Erhebung in Ausübung öffentlicher Gewalt dient vorrangig der Abgrenzung der Abgaben gegenüber Geldleistungen, die die Gemeinden aus zivilrechtlichen Rechtsverhältnissen erlangen (Mieten, Pachten, Veräußerungserlöse). Bei der Stellplatzablöse handelt es sich eindeutig nicht um solche auf einem zivilrechtlichen Rechtsverhältnis beruhende Geldleistungen; sie werden auch nicht nach den Regeln des Zivil- und Zivilprozessrechts durchgesetzt. Die Erhebung der Stellplatzablöse dient schließlich auch der Einnahmenerzielung. Zweck der Stellplatzablöse ist die Abschöpfung des Vorteils, der dem Bauherrn dadurch entsteht, dass er im Vergleich zu anderen Bauherren von der Pflicht zur Herstellung von Kraftfahrzeugstellplätzen befreit ist (vgl. OVG Greifswald a.a.O. Rn. 9). Die Gemeinde, die die an sich dem Bauherrn obliegende Pflicht zur Herstellung von Kraftfahrzeugstellplätzen sodann anderweitig zu erfüllen hat, ist bei der Verwendung der erhobenen Ausgleichsbeträge an die Verwendungszwecke des § 49 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LBauO M-V gebunden. Diese Zweckbindung steht dem Merkmal der Einnahmenerzielung indessen nicht entgegen, da sie sich nur auf die Frage der weiteren Verwendung bezieht. An der Qualität der Einnahme ändert sie nichts.

24

Es ist dem Kläger auch nicht darin zu folgen, wenn dieser einwendet, dass es sich bei der Stellplatzablöse nicht um eine Abgabe im Sinne des Kommunalabgabengesetzes handele, weil sie keine Abgabe im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sei. Zutreffend geht der Kläger zwar zunächst davon aus, dass es sich bei der Stellplatzablöse nicht um eine öffentliche Abgabe im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO handelt (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 12.10.2004 - 3 M 147/03 -, juris - nur Leitsatz). Wenn der Kläger allerdings aus der Verneinung des Abgabenbegriffs aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO den weiteren Schluss zieht, dass die Anwendbarkeit des Kommunalabgabengesetzes ausgeschlossen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Anders als der Kläger meint, ist der Begriff der Abgaben in beiden Regelungsmaterien nicht identisch (so auch Holtbrügge a.a.O. Rn. 36). Das folgt letztlich schon aus dem unterschiedlichen Regelungszweck. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO zielt mit seinem Abgabenbegriff darauf ab, die Geldleistungen zu erfassen und schnell verfügbar zu machen, die das öffentliche Gemeinwesen zu allgemeinen Finanzierungszwecken, also zur Sicherung seiner Handlungsfähigkeit, benötigt. Der Abgabenbegriff des Kommunalabgabengesetzes ist hingegen von vornherein weiter gefasst und umfasst all die Abgaben, die von den in § 1 Abs. 1 KAG M-V Körperschaften erhoben werden, soweit darüber nicht in anderen Gesetzen Regelungen getroffen werden.

25

(2) Für die Anwendbarkeit des Kommunalabgabengesetzes auf die Stellplatzablöse ist es nicht erheblich, dass sich die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der gemeindlichen Satzung in § 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V findet. Die Anwendbarkeit des Kommunalabgabengesetzes folgt nämlich aus § 1 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V.

26

Danach gelten die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (ergänzend) auch für andere Abgaben, die von den in den Absätzen 1 und 2 genannten kommunalen Körperschaften im Bereich der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises und des übertragenen Wirkungskreises aufgrund anderer Gesetze erhoben werden. Dies erfasst auch die Stellplatzablöse (vgl. für das bayerische Landesrecht Bay. VGH, Urt. v. 29.01.2004 - 2 B 02.1445 -, juris Rn. 14, sowie allgemein Siemers in: Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz M-V, Stand 11/15, § 1 Anm. 2.2.10). Sie wird auf Grund der Vorschriften in § 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V - mithin auf Grund eines anderen Gesetzes als dem KAG M-V - erhoben, wobei die erhebenden Körperschaft eine Gemeinde, also eine solche im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, ist. Die Erhebung der Stellplatzablöse erfolgt zudem gemäß § 86 Abs. 2 LBauO M-V im übertragenen Wirkungskreis auf Grund örtlicher Bauvorschriften.

27

Soweit § 1 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V eine einschränkende Regelung dahin trifft, dass § 1 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V nur insoweit gelte, als dass das Baugesetzbuch oder andere Gesetze keine eigenen Regelungen enthielten, steht dies hier nicht entgegen. Zwar enthält § 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO Regelungen in Bezug auf die Stellplatzablöse, die als Spezialgesetze den Vorschriften des KAG M-V vorgehen. Allerdings erschöpfen sich diese im Ausspruch der grundsätzlichen Berechtigung der Gemeinden zu Erhebung der Stellplatzablöse sowie der Befugnis („kann“ in § 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V) zur Differenzierung der Höhe des Ablösebetrages. Weitergehende Regelungen etwa zur Frage des Abgabenpflichtigen, des Maßstabes, des Satzes, der Entstehung und der Fälligkeit der Stellplatzablöse treffen indessen weder die LBauO M-V noch ein anderes Gesetz. Insofern stellt sich die Vorschrift in § 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V bereits nicht als abschließend dar und bedarf jedenfalls der Ergänzung durch die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes. Die Regelung in § 49 Abs. 2 LBauO M-V ist - soweit es um die Frage der Erhebung der Stellplatzablöse geht - in dem Sinne unergiebig, als dass sie nur die der Abgabenerhebung nachfolgende Verwendung der zugeflossenen Stellplatzablöse durch die Gemeinde betrifft. Die Sperrwirkung des § 1 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V schließt die Anwendung des Kommunalabgabengesetzes mithin nicht aus.

28

bb) Die ABS 2014 muss wegen der Anwendbarkeit des Kommunalabgabengesetzes den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt aufweisen. Diesen Anforderungen genügt die ABS 2014 indessen nicht.

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(1) Eine Abgabensatzung muss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V mindestens Bestimmungen über den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit enthalten (sog. Mindestinhalt). Verfügt eine Satzung darüber nicht, fehlt es also an einer (rechtmäßigen) Regelung zu auch nur einem dieser Punkte, ist die Abgabensatzung insgesamt nichtig (vgl. m.w.N. VG Greifswald, Urt. v. 11.06.2015 - 3 A 178/13 -, juris Rn. 12).

30

(2) Die ABS 2014 trifft zwar noch ausreichende Regelungen zum Abgabenpflichtigen (§ 1 Satz 1 ABS 2014: der zur Herstellung Verpflichtete) und zu dem die Abgabenpflicht auslösenden Tatbestand (§ 1 Satz 1 ABS 2014: ausnahmsweise Nichtherstellung notwendiger Einstellplätze).

31

(3) Der Satzung fehlt es allerdings an einer wirksamen Regelung des Abgabenmaßstabes.

32

Als Abgabenmaßstab wird die Bemessungsgrundlage, mit der unter Anwendung des Abgabensatzes die Höhe der Abgabe errechnet werden kann, verstanden (vgl. Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz M-V, Stand 11/15, § 2 Anm. 3.3). Im Hinblick auf die Erwähnung des Abgabenmaßstabes in § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V und die damit herausgestellte besondere Bedeutung dieses Regelungsgegenstandes ist erforderlich, dass die Abgabensatzung diesbezüglich eine ausdrückliche Regelung treffen muss; ein „beredtes Schweigen“ reicht insofern offensichtlich nicht aus (vgl. OVG Greifswald, Beschl.v. 03.12.2002 - 1 L 127/02 -, juris Rn. 8).

33

Nach dem Wortlaut von § 1 Satz 1 ABS 2014 gilt:

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„Der Geldbetrag, den der zur Herstellung Verpflichtete an die Stadt W. dafür zu zahlen hat, dass er notwendige Einstellplätze ausnahmsweise nicht herzustellen braucht wird 1. für die Zone I auf … Euro, 2. für die Zone II auf … Euro, 3. für die Zone III auf … Euro festgesetzt.“

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Damit kommt zum Ausdruck, dass ohne Rücksicht auf die Zahl der abgelösten Stellplätze stets die gleiche Abgabe entsteht. Dies bestätigt sich durch Verwendung des Plural („Einstellplätze“), der nahelegt, dass die Ablösesummen auch für die Ablösung mehrerer Stellplätze gelten sollen. Es kann dahinstehen, ob damit gar keine Regelung des Maßstabes getroffen wurde oder ob die - jedenfalls nicht ausdrückliche - Regelung dahin geht, dass je Ablösevorgang unabhängig von der Anzahl der jeweils abgelösten Stellplätze der genannte Betrag anfällt. Letzterer Fall wäre jedenfalls mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), der zumindest eine ansatzweise Differenzierung nach der Anzahl der abgelösten Stellplätze gebietet, und dem die Stellplatzablöse prägenden Prinzip der Vorteilsabschöpfung, dass auch ein Gebot zur Differenzierung nach dem Umfang des erlangten Vorteils beinhaltet, unvereinbar.

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Die Satzungsbestimmung ist vor diesem Hintergrund auch nicht nur unglücklich formuliert. Ungeachtet des Erfordernisses einer ausdrücklichen Regelung des Abgabensatzes, ist nämlich auch im Wege der Auslegung nicht eindeutig erkennbar, dass der Satzungsgeber etwas anderes gemeint hätte. Der eindeutige Wortlaut der Norm führt zu dem genannten Ergebnis. Weder das Regelungsziel, nämlich die Normierung einer Ablöse für nicht herzustellende Kraftfahrzeugstellplätze, noch die systematische Stellung des § 1 Satz 1 ABS 2014 gebieten etwas anderes. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Regelung nur dahin gewollt war, dass die Ablösebeträge als pro abgelösten Stellplatz zu verstehen sind. Auch der - seinem Inhalt nach allenfalls deklaratorische - § 1 Satz 2 ABS 2014, der aussagt, dass Grundlage für die Ablösebeträge

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„die Kalkulation zur Ermittlung der Baukosten für einen Stellplatz einschließlich der durchschnittlichen Grunderwerbskosten vom 04.12.2013“

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sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar wird dort auf die Baukosten für einen Stellplatz Bezug genommen, allerdings sagt dies lediglich, dass offenbar die Kosten für die Herstellung eines Stellplatzes in die Kalkulation der Ablösesumme eingeflossen sind. Wie diese im weiteren Verfahren auf die Ermittlung der Ablösesummen von Einfluss gewesen sind, zeigt sich nicht; eine Aussage über den Abgabenmaßstab ist damit nicht verbunden.

39

(4) Der ABS 2014 fehlt es weiterhin an einer rechtmäßigen Regelung des Abgabensatzes.

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Für die rechtmäßige Festlegung des Abgabensatzes ist erforderlich, dass dem Rechtssetzungsorgan - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - bei der Beschlussfassung eine Kalkulation über den Abgabensatz vorgelegen hat. Wird dem Vertretungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Unwirksamkeit der Bestimmung des Abgabensatzes zur Folge, weil das Vertretungsorgan anderenfalls sein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (vgl. m.w.N. OVG Greifswald, Urt. v. 07.10.2015 - 1 K 28/11 -, juris Rn. 23).

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Diese Maßgaben sind auch auf die Stellplatzablöse anzuwenden. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn dem Ortsgesetzgeber bei der Festlegung des Abgabensatzes von vornherein kein Ermessen zukommt. Das ist hier aber nicht der Fall. Aus § 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V folgt, dass der Landesgesetzgeber es - wie bereits nach den früheren Gesetzesfassungen - den Gemeinden überlassen hat, die Höhe des Ablösebetrages festzulegen. Nähere Vorgaben, wie der Ablösebetrag ermittelt werden soll, sind der Vorschrift hingegen nicht zu entnehmen. Stattdessen hat die Gemeindevertretung darüber zu entscheiden, von welchem Aufwand bei der Ermittlung der Stellplatzablöse auszugehen ist und in welchem Umfang dieser auf die Ablösepflichtigen umzulegen ist. Ausdrücklich in das Ermessen der Gemeinden hat der Landesgesetzgeber auch gestellt, die Höhe der Stellplatzablöse nach Nutzung und Lage der baulichen Anlage zu differenzieren. Der Landesgesetzgeber selbst geht dabei lediglich von sogenannten „Abwägungsleitlinien“ aus, die er den Gemeinden an die Hand geben wollte (vgl. LT-Drs. 4/1810, S. 185). Allein dies erfordert also eine Ermessensbetätigung der Gemeindevertretung. Diese hat sich zu den Fragen der Differenzierung der Höhe des Abgabensatzes nach der Nutzung und Lage der baulichen Anlage zu verhalten. Sie hat nachvollziehbare Erwägungen anzustellen, ob eine solche Differenzierung erfolgen soll oder nicht und in welchem Maße sie sich auf die Festlegung des Abgabensatzes auswirken soll.

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Daran fehlt es hier. Es ist von dem Beklagten weder schriftsätzlich, noch in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden, dass die Festsetzung der in § 1 Satz 1 ABS 2014 genannten Beträge auf einer den vorstehenden Maßgaben genügenden Kalkulation beruhen, die auch der Gemeindevertretung bei der Beschlussfassung über die ABS 2014 vorgelegen hat. Dazu hätte der Beklagte aber ausreichend Grund gehabt, da er nach seinem eigenen Vortrag stets von der Anwendbarkeit des Kommunalabgabengesetzes auf die Stellplatzablöse ausgegangen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem allenfalls deklaratorischen § 1 Satz 2 ABS 2014, der aussagt, dass Grundlage für genannten Ablösebeträge die

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„Kalkulation zur Ermittlung der Baukosten für einen Stellplatz einschließlich der durchschnittlichen Grunderwerbskosten vom 04.12.2013“

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sei. Der Beklagte hat diese Kalkulation dem Gericht weder vorgelegt, noch hat er dargelegt, dass diese Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung der Gemeindevertretung bei dem Beschluss über die ABS 2014 gewesen ist. Darüber hinaus ist - soweit die Stadt W. eine Einteilung des Stadtgebietes in Zonen vornimmt (§ 1 Satz 1 ABS 2014) - nicht ersichtlich, worauf diese Einteilung beruht, auch dies müsste in nachvollziehbarer Weise dargelegt und der Beschlussfassung zu Grunde gelegt werden. Nichts anderes gilt für die Differenzierung des Abgabensatzes nach der Art der Nutzung der baulichen Anlage. Auch wenn die Gemeinde eine solche Differenzierung nicht vornimmt, bedarf es - um von einer ermessensfehlerfreien Entscheidung über den Abgabensatz ausgehen zu können - einer Darlegung der dem zu Grunde liegenden wesentlichen Erwägungen. All dies ist aber nicht ersichtlich.

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(5) Fehlerhaft ist schließlich die Regelung in § 3 Satz 1 und 2 ABS 2014 zum Entstehen der Abgabenpflicht.

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Zwar ist es unbedenklich, wenn wegen der Entstehung der Abgabenschuld auf die Erteilung der Baugenehmigung abgestellt wird. Insbesondere für den Fall, dass die Stellplatzablöse als Nebenbestimmung in Gestalt einer Bedingung in eine Baugenehmigung aufgenommen wird (vgl. zu diesbezüglichen Bedenken Siemers a.a.O. § 1 Anm. 2.2.10), führt dies dazu, dass die Stellplatzablöse festgesetzt werden kann, die Bedingung eintreten und die Baugenehmigung wirksam werden kann. Stellte man - wie vom Beklagten erwogen - auf die Fertigstellung der Anlage ab, wäre dies ausgeschlossen.

47

Fehlerhaft ist allerdings die abweichende Regelung in § 3 Satz 2 ABS 2014, die die Entstehung der Abgabenschuld an eine Änderung der Baugenehmigung anknüpft. Dieser Vorschrift steht bereits entgegen, dass eine einmal entstandene Abgabenschuld nicht ein zweites Mal entstehen kann. Genau dies würde aber mit ihr bewirkt: Die Stellplatzablösepflicht entsteht erstmals (und damit letztmals) mit dem Erlass der eigentlichen Baugenehmigung, da damit die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen nach § 3 Satz 1 ABS 2014 erfüllt sind. Die Stellplatzablösepflicht würde aber bei Erlass einer Änderung nochmals zur Entstehung kommen, da zusätzlich zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Satz 1 ABS 2014 auch noch die des § 3 Satz 2 ABS 2014 erfüllt würden, womit ein neuer Entstehenszeitpunkt maßgeblich werden würde.

48

Die Regelung verstößt darüber hinaus - jedenfalls in der Zusammenschau mit § 3 Satz 1 ABS - gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Danach ist stets erforderlich, dass eine Norm so bestimmt ist, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (vgl. m.w.N. BVerwG, Beschl. v. 27.05.2015 - 9 B 87/14 -, juris Rn. 5). Aus dem Zusammenwirken von § 3 Satz 1 und 2 ABS 2014 folgt, dass das Entstehen der Abgabenpflicht hier nicht mehr vorhersehbar ist. Insbesondere in Fällen zeitlich verzögerter Änderungen der Baugenehmigung - etwa wegen Rechtsstreitigkeiten oder Verzögerungen oder Veränderung der Bauausführung - ist nicht ersichtlich, wann die Abgabenschuld entsteht. Weder für den von der Abgabenlast betroffenen Bürger, noch für den mit dem Satzungsvollzug betrauten Beklagten oder die mit der Kontrolle der Verwaltungsentscheidung betrauten Verwaltungsgerichte ist aber ersichtlich, ob der Zustand, in dem eine Änderung der Baugenehmigung ausgeschlossen ist, bereits eingetreten ist oder wann er eintreten wird. Mithin ist auch der Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld nicht vorhersehbar. Auch nach Erlass einer Baugenehmigung, die von der Herstellung von Kraftfahrzeugeinstellplätzen befreit und damit nach § 3 Satz 1 ABS 2014 die Abgabenschuld entstehen lässt, ist nicht absehbar, ob die Abgabenschuld bereits entstanden ist oder nicht, da diese Rechtsfolge offensichtlich nicht eintreten soll, wenn es später zu einer Änderung der Baugenehmigung kommt. Bei der Änderung der Baugenehmigung handelt es sich indessen um ein ungewisses zukünftiges Ereignis. Tritt es ein, entstände die Abgabenpflicht erst damit, tritt es nicht ein, so ist die Abgabenschuld bereits mit Erlass der ersten Baugenehmigung entstanden.

49

Eine abweichende Anbindung der Entstehung der Abgabenschuld an ein derartiges ungewisses zukünftiges Ereignis scheidet nicht zuletzt wegen des an die Entstehung der Abgabenschuld anknüpfenden Laufs der Festsetzungsverjährungsfrist (§ 12 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO) aus. Die Bestimmungen über die Festsetzungsverjährung sind ihrerseits Ausdruck der verfassungsrechtlichen Gewährleistung von Rechtssicherheit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -, juris Rn. 43). Es kommt mithin nicht in Betracht, den Eintritt der der Abgabenfestsetzung entgegenstehenden Festsetzungsverjährung vom Eintritt eines derart ungewissen zukünftigen Ereignisses abhängig zu machen, wie es hier der Fall ist. Ein für den Abgabenschuldner nachteiliges Abweichen von dem in § 3 Satz 1 ABS 2014 niedergelegten Entstehenszeitpunkt ist schon aus diesem Grunde ausgeschlossen.

50

3. Einer Erörterung der Rechtsanwendung durch den Beklagten bedarf es vor diesem Hintergrund nicht mehr.

51

Wegen der umfangreichen Auseinandersetzungen der Beteiligten hierzu, sei im Hinblick auf die Frage der Festsetzungsverjährung lediglich darauf hingewiesen, dass die Festsetzungsfrist bei Anwendung des Kommunalabgabengesetzes gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V vier Jahre beträgt und mit Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenschuldentstanden ist, (§ 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO) zu laufen beginnt.

52

4. Der wegen des Fehlens einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage insgesamt rechtswidrige Bescheid verletzt den Kläger schließlich in seinen Rechten.

II.

53

Die Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen (§§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 27. Oktober 2008 - 3 B 1161/08 - zu Ziffer 1. wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.139,29 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Umfangs der Heranziehung der Antragstellerin zu Gebühren für den Bezug von Trinkwasser im Monat Januar 2008 für die Verbrauchsstelle der Antragstellerin unter der Anschrift .... .

2

Mit streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 04. März 2008 setzte der Antragsgegner in Abweichung zu seinem vorherigen Bescheid vom 07. Februar 2008 für den Abrechnungszeitraum 01. bis 31. Januar 2008 Wassergebühren in Höhe von 61.986,33 Euro fest. Der Bescheid vom 07. Februar 2008 hatte zuvor für denselben Zeitraum und dieselbe Verbrauchsmenge eine Gebühr von 49.429,16 Euro vorgesehen.

3

Dem Änderungsbescheid vom 04. März 2008 lag eine zwischenzeitliche Veränderung des maßgeblichen Satzungsrechts des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen (ZWAR) betreffend die Refinanzierung der Kosten für die Herstellung der zentralen Anlage der Trinkwasserversorgung zugrunde: Ursprünglich sah die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 in ihrem § 1 Abs. 2 Buchst. a) die Erhebung von Anschlussbeiträgen vor. Auf entsprechende Anfrage des Senats hat der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, dass auf dieser rechtlichen Grundlage Trinkwasseranschlussbeiträge im Umfang von rund 5 bis 6 Mio. Euro erhoben worden seien, was ca. 6 bis 8 % des gesamten zu erhebenden Beitragsvolumens entspreche. In annähernd allen offenen Fällen wäre - so der Antragsgegner - bei unterstellter Wirksamkeit der Wasserversorgungsbeitragssatzung mit Ablauf des 31. Dezember 2008 Festsetzungsverjährung eingetreten.

4

Am 28. August 2008 hat die Verbandsversammlung des ZWAR die Satzung des ZWAR zur Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung (Aufhebungssatzung) beschlossen, die am 03. September 2008 ausgefertigt wurde. Die Aufhebungssatzung enthält zwei Bestimmungen:

5

§ 1
Aufhebung

6

Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002, in der Fassung der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004, wird ersatzlos aufgehoben.

7

§ 2
Inkrafttreten

8

Diese Satzung tritt rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft.

9

In der Beschlussvorlage zur Aufhebungssatzung heißt es u.a.: "Vorgelegt wird ein förmlicher Satzungsbeschluss zur Aufhebung der Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2008".

10

Dem Erlass der Aufhebungssatzung vorausgegangen war ein - von der Kommunalaufsicht wegen seiner Form als ungeeignet zur Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung bewerteter - einfacher Beschluss der Verbandsversammlung vom 27. Februar 2008 über die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung. In der Beschlussvorlage dazu hieß es im Wesentlichen, § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V eröffne als "Soll-Regelung" bei Vorliegen einer atypischen Situation die Möglichkeit, auf eine Beitragserhebung zu verzichten und eine reine Gebührenfinanzierung zu installieren. Eine solche atypische Situation werde im Verbandsgebiet gesehen. Insbesondere die unterschiedliche saisonale Auslastung der Wasserversorgungsanlagen und die Heranziehung der überwiegend großen Grundstücke im ländlichen Raum der Insel Rügen zu Beiträgen ließen ein reines Gebührenmodell opportun erscheinen. Durch das Innenministerium sei mit Schreiben vom 24. Januar 2008 bestätigt worden, dass bei Einführung des sogenannten Gebührenmodells keinerlei rechtsaufsichtliche Beanstandungen erfolgen würden.

11

Unter dem 27. Januar 2008 hatte die Verbandsversammlung die Satzung des ZWAR über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung - Wasserversorgungsgebührensatzung (nachfolgend: WVGS) beschlossen, ausgefertigt am 20. März 2008. Auch diese Satzung trat rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft. In § 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS heißt es, der ZWAR erhebe nach Maßgabe der Wasserversorgungsgebührensatzung Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung zur Deckung der Kosten gemäß § 6 Abs. 2 KAG M-V sowie zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen. Die Zusatzgebühr (auch Mengen- oder Verbrauchsgebühr) beträgt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS 1,77 Euro/cbm. Demgegenüber regelte die Vorläuferbestimmung des § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS 2005 vom 03. November 2005 insoweit einen Gebührensatz von 1,41 Euro/cbm.

12

Den am 28. März 2008 beim Antragsgegner eingegangenen Widerspruch der Antragstellerin gegen den Änderungsbescheid, der u. a. darauf verwies, dass der erhöhte Gebührensatz bei ihr - als Vielfaches der "Anschlussgebühren" - zu jährlichen Mehrkosten in der Größenordnung von 72.000,00 Euro führe, hat dieser mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2008 - zugestellt am 19. Juli 2008 - zurückgewiesen und dabei erklärt, eine weitere Vollziehungsaussetzung werde nicht erfolgen.

13

Dem darauf beschränkten Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der - am 01. August 2008 erhobenen - Klage (Az. 3 A 1156/08 VG Greifswald) gegen den Änderungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides insoweit anzuordnen, als die Festsetzung den Betrag von 49.429,16 Euro übersteigt, hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. Oktober 2008 zu Ziffer 1. stattgegeben.

II.

14

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den ihm am 03. November 2008 zugestellten Beschluss, die mit dem am 07. November 2008 eingegangenen Schriftsatz fristgemäß (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegt und ebenso fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) begründet worden ist, hat im Ergebnis keinen Erfolg.

15

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

16

In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht - dem Darlegungserfordernis genügend - geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden. Die Beschwerde bleibt erfolglos, wenn sich die erstinstanzliche Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist und - soweit die entsprechenden Umstände bzw. rechtlichen Überlegungen bislang nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren - den Beteiligten hierzu zuvor rechtliches Gehör gewährt worden ist.

17

1. Dem Verwaltungsgericht ist im Ergebnis darin zuzustimmen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides bestehen, weil es dem Bescheid an einer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderlichen wirksamen Rechtsgrundlage jedenfalls insoweit fehlt, als der vorliegend allein streitgegenständliche "Erhöhungsbetrag" von 12.500,00 Euro in Rede steht; insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.

18

Mangels wirksamer Regelung zum Abgabensatz gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V ist die Satzung des ZWAR über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung - Wasserversorgungsgebührensatzung - vom 20. März 2008 (WVGS) unwirksam. Die Bestimmung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS, wonach die Zusatzgebühr 1,77 Euro beträgt, beruht auf einer methodisch fehlerhaften Kalkulation.

19

Nach Maßgabe der Beschlussvorlage betreffend die Trinkwassergebührenkalkulation 2008 vom 22. Februar 2008 ist "in dieser Kalkulation ... die Nichterhebung von Trinkwasserbeiträgen eingeflossen". Dies kann nur so verstanden werden, dass insbesondere die gemäß der erstinstanzlich vom Antragsgegner übermittelten Übersicht vom 08. September 2008 bis einschließlich 2007 bereits in einem Umfang von ca. 6,5 Mio. Euro erhobenen Trinkwasserbeiträge bei der Kalkulation der Zusatzgebühr, mit der auch der Aufwand für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen ersetzt werden soll, außer Betracht geblieben sind. Dies zeigen die unter den laufenden Nummern 4 und 5 der tabellarischen Übersicht "Gebührenkalkulation Trinkwasser 2008" ausgewiesenen Beträge für "Fördermittel/Zuschüsse/Beiträge per 31.12.2008" und "Fördermittel/Zuschüsse/Beiträge", die deutlich niedriger als die entsprechenden Beträge in der "Zusammenstellung Gebührenkalkulation Trinkwasser 2005 - 2007" unter der dortigen laufenden Nr. 4 sind. Außerdem hat der ZWAR ausweislich des Berichts der B... über die Prüfung des Lageberichts und des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 bereits eine Rückstellung für die Rückzahlung der vereinnahmten Trinkwasserbeiträge innerhalb der sonstigen Rückstellungen in Höhe von 6.543.000,00 Euro ausgewiesen. Diese Rückzahlung hat er laut Presseberichten öffentlichkeitswirksam für das Jahr 2009 angekündigt; sie ist allerdings laut Antwort auf eine entsprechende Anfrage des Senats noch nicht ins Werk gesetzt worden. Der Antragsgegner hat zwischenzeitlich ausdrücklich noch einmal bestätigt, dass die Trinkwassergebührenkalkulation dem vollzogenen Systemwechsel gemäß so angelegt sei, als habe es gleichsam nie Trinkwasserbeiträge gegeben; mithin sei insbesondere keinerlei aufwandsmindernde Berücksichtigung vereinnahmter Beiträge erfolgt, da diese ja vollständig an die Berechtigten ausgekehrt werden würden. Diese Nichtberücksichtigung der bis einschließlich 2007 vereinnahmten Trinkwasserbeiträge im Rahmen der Gebührenkalkulation 2008 erweist sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners mit Schriftsätzen vom 19. und 20. Mai 2009 als methodisch fehlerhaft, da auf der Grundlage des derzeitigen Standes des Satzungsrechts rechtlich nicht haltbar.

20

Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern muss dem normsetzenden Organ, hier der Verbandsversammlung, - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtsetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtsetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können (st. Rspr. des OVG Greifswald, vgl. z.B. Urt. v. 02.06.2004 - 4 K 38/02 -, DVBl. 2005, 64 = juris; Urt. v. 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, VwRR MO 2001, 175 = ZKF 2001, 160 = KStZ 2001, 174 = LKV 2001, 516 = DÖV 2001, 610 = DVBl. 2001, 1376 = FiWi 2002, 251 = Überblick 2001, 249; Urt. v. 25.02.1998 - 4 K 8/97 -, 1998 NordÖR 1998, 256 = VwRR MO 1998, 227 = KStZ 2000, 12 = NJ 1998, 609 = NVwZ-RR 1999, 144 = ZKF 1999, 111 = GemH 1999, 234 = Überblick 1998, 518; Urt. v. 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, RAnB 1995, 229 = FiWi 1995, 259 = KStZ 1996, 114 = NJ 1995, 448 = MDR 1995, 972 = ZKF 1995, 230 = DVBl. 1995, 1146 = Überblick 1995, 324; ebenso VGH Mannheim, Beschl. v. 29. Oktober 2003 - 2 S 1019/02 -, NVwZ-RR 2004, 286, 289, Urt. v. 04.12.2003 - 2 S 2669/02 -, NVwZ-RR 2004, 293 ff.).

21

Die Ungültigkeit einer Abgabensatzung ist dann anzunehmen, wenn erstens in erheblichem Umfang nicht beitrags- oder gebührenfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, oder zweitens, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht (OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 - 4 K 38/02 -, DVBl. 2005, 64 = juris; Urt. v. 7.11.1996 - 4 K 11/96 -, RAnB 1997, 179 = VwRR MO 1997, 13 = FiWi 1999, 234 = NJ 1997, 280 = ZKF 1997, 157 = DVBl. 1997, 1072 = LKV 1997, 422 = Überblick 1997, 298). Die Ungültigkeit eines Abgabensatzes tritt als zwingende Folge immer dann ein, wenn die unterbreitete Kalkulation in einem für die Abgabenhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft ist, weil das Vertretungsorgan ansonsten ein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 - 4 K 38/02 -, DVBl. 2005, 64 = juris; Urt. v. 25.02.1998 - 4 K 8/97 -, NordÖR 1998, 256 = VwRR MO 1998, 227 = KStZ 2000, 12 = NJ 1998, 609 = NVwZ-RR 1999, 144 = ZKF 1999, 111 = GemH 1999, 234 = Überblick 1998, 518).

22

Die Nichtberücksichtigung der bis einschließlich 2007 vereinnahmten Trinkwasserbeiträge im Rahmen der Gebührenkalkulation 2008 war und ist jedenfalls auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats rechtlich nicht zulässig und infolgedessen methodisch fehlerhaft:

23

Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 sah in ihrem § 1 Abs. 2 Buchst. a) die Erhebung von Anschlussbeiträgen vor. Aufgrund von entsprechenden Trinkwasserbeitragsbescheiden sind Beiträge im genannten Umfang erhoben worden.

24

Die Aufhebungssatzung des ZWAR vom 03. September 2008 hat die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 zwar gemäß ihrem § 1 ersatzlos aufgehoben. Nach diesem Wortlaut ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Aufhebung ex tunc, also von Anfang an, erfolgen sollte. Insbesondere folgt dies entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners nicht aus der Verwendung des Begriffs "ersatzlos". Eine "ersatzlose" Aufhebung kann auch mit Wirkung für die Zukunft erfolgen, ist also nicht gleichbedeutend mit einer rückwirkenden Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens. Da die rückwirkende Aufhebung einer Beitragssatzung in diesem Sinne in erheblichem Ausmaß Rückabwicklungsfragen impliziert, wäre auch eine insoweit schon nach dem Wortlaut eindeutige Regelung zu erwarten gewesen.

25

Systematisch betrachtet spricht zudem § 2 der Aufhebungssatzung gegen eine im vorstehenden Sinne rückwirkende Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung "von Anfang an": Nach ihrem § 2 sollte die Aufhebungssatzung rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft treten. Hätte bereits ihr § 1 die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens ex tunc aufheben sollen, ist nicht ersichtlich, wieso es dann einer rückwirkenden Inkraftsetzung der Aufhebungssatzung - auf den 01. Januar 2008 - bedurft hätte. Dann enthielte die Aufhebungssatzung gleichsam eine doppelte Rückwirkungsregelung. Der Antragsgegner räumt selbst ein, dass die Rückwirkung gemäß § 2 der Aufhebungssatzung dann "schlechterdings entbehrlich" wäre. Schließlich erfordert eine Systemumstellung auch nicht zwingend eine rückwirkende Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung "von Anfang an".

26

Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme eines Redaktionsversehens mit der doppelten Konsequenz, § 1 der Aufhebungssatzung einen ergänzenden Inhalt entnehmen und in § 2 die dort geregelte - begrenzte - Rückwirkung ausblenden zu müssen.

27

Auch die Entstehungsgeschichte liefert für die vom Antragsgegner bevorzugte "Auslegung" der Aufhebungssatzung keine genügenden Anhaltspunkte. Weder im Beschluss vom 27. Februar 2008 noch in der entsprechenden Beschlussvorlage findet sich die Aussage, die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung solle rückwirkend erfolgen. Die Stellungnahme der Rechtsaufsichtsbehörde vom 24. April 2008 mag Anlass für die Rückwirkungsregelung in § 2 gewesen sein; im Sinne des Beschwerdevorbringens ist sie unergiebig. Gegen das Verständnis des Antragsgegners spricht zudem die Erläuterung der Beschlussvorlage zum TOP 8.4 der Verbandsversammlung vom 28. August 2008, in der es heißt, "vorgelegt wird ein förmlicher Satzungsbeschluss zur Aufhebung der Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2008". Hier ist also gerade davon die Rede, dass die Wasserversorgungsbeitragssatzung rückwirkend zum 1. Januar 2008 aufgehoben werden soll. Angesichts dieser Erläuterung spricht Überwiegendes dafür, dass auch die Mitglieder der Verbandsversammlung bei ihrer Beschlussfassung über die Aufhebungssatzung davon ausgegangen sind, die Wasserversorgungsbeitragssatzung solle - nur - rückwirkend zum 1. Januar 2008 aufgehoben werden. Dieser Umstand steht erst recht der Annahme eines redaktionellen (= unbeachtlichen) Versehens bei der Formulierung der Aufhebungssatzung entgegen.

28

Im Übrigen kann der Antragsgegner schon wegen § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO mit seinem vorstehend wiedergegebenen Vorbringen nicht durchdringen, da das Verwaltungsgericht ausdrücklich davon ausgegangen ist, dass "jedenfalls die vor dem 31.12.2007 entstandenen sachlichen Beitragspflichten ... durch die rückwirkende Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung nicht berührt worden (sind), da die Rückwirkung nur bis zum 01.01.2008 reicht"; innerhalb der Begründungsfrist ist der Antragsgegner diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht entgegen getreten, so dass sein entsprechender Vortrag mit Schriftsatz vom 19. Mai 2009 auch nicht als Vertiefung bisherigen fristgemäßen Vorbringens betrachtet werden kann.

29

Im Ergebnis hat die Aufhebungssatzung die Rechtsgrundlage für eine Beitragserhebung in Gestalt der Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 erst ab dem 01. Januar 2008 zukunftsgerichtet entfallen lassen. Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 ist folglich hinsichtlich der bis einschließlich 2007 erlassenen Trinkwasserbeitragsbescheide nach wie vor wirksame Rechtsgrundlage. Da der Antragsgegner nach Maßgabe des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung an das Satzungsrecht des ZWAR auch insoweit gebunden bzw. zum Vollzug der Satzung verpflichtet ist, bestand und besteht - jedenfalls derzeit noch - für ihn keine - ohne Weiteres - rechtlich zulässige Möglichkeit, die Trinkwasserbeitragsbescheide aufzuheben bzw. die Beitragserhebung rückgängig zu machen. Auch sonst ist insbesondere keine satzungsrechtliche Bestimmung ersichtlich, die ihm dies erlauben würde. In diesem Sinne bzw. die bereits erfolgte Beitragserhebung betreffend ist dem Verwaltungsgericht darin zuzustimmen, wenn es ausführt, der Antragsgegner könne über bereits entstandene - und befriedigte - Ansprüche (auf Beitragszahlungen) nicht frei verfügen bzw. solche Ansprüche aufgeben.

30

Auch der Vortrag des Antragsgegners gemäß Schriftsatz vom 20. Mai 2009, er habe nicht die Absicht, von seinem "Recht zum Behalten der vereinnahmten Beiträge Gebrauch zu machen", und insoweit verschiedene Möglichkeiten, dies zu dokumentieren bzw. umzusetzen, vermag an diesen Erwägungen nichts zu ändern. Abgesehen davon, dass der Antragsgegner von den seinerseits angesprochenen Optionen augenscheinlich noch keinen Gebrauch gemacht hat, verkennt dieses Vorbringen, dass nicht nur ein "Recht zum Behalten der vereinnahmten Beiträge" besteht, sondern nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen eine entsprechende Pflicht, die jedenfalls derzeit das vom Antragsgegner erwogene Vorgehen verbieten dürfte. Die Frage der Modalitäten der Rückabwicklung im Falle gezahlter Beiträge stellt sich zumindest deshalb derzeit nicht bzw. ist im vorliegenden Kontext unerheblich.

31

Folglich mussten die vereinnahmten Trinkwasserbeiträge - was nicht geschehen ist - im Rahmen der Gebührenkalkulation 2008 aufwandsmindernd berücksichtigt werden.

32

2. Auch wenn es hierauf nicht mehr entscheidungserheblich ankommt, sieht der Senat im Interesse der Beteiligten Anlass zu folgenden Hinweisen betreffend die vom Verwaltungsgericht angenommenen Verstöße der Wasserversorgungsgebührensatzung 2008 gegen die "Soll-Regelung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V (a) und gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung (b).

33

a) § 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS 2008 bestimmt, dass der ZWAR nach Maßgabe der Wasserversorgungsgebührensatzung Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung zur Deckung der Kosten gemäß § 6 Abs. 2 KAG M-V sowie zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen erhebt. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt diese Bestimmung hinsichtlich der Regelung zur Deckung des Aufwandes für die Herstellungskosten gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V.

34

Nach dieser Vorschrift sollen zur Deckung des Aufwandes für die Anschaffung und Herstellung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wasser oder Wärme oder zur leitungsgebundenen Abwasserentsorgung Anschlussbeiträge erhoben werden.

35

Eine im Sinne dieser "Soll-Bestimmung" erforderliche atypische Situation (vgl. hierzu etwa VG Schwerin, Urt. v. 26.04.2007 - 4 A 1319/06 -; VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.1004 - B 4 K 04.578 -, juris), die es erlaubte von einer Beitragserhebung vollständig abzusehen, liege im Falle des ZWAR nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht vor.

36

Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Refinanzierung des beitragsfähigen Aufwandes für die in § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V genannten Maßnahmen in der Regel ganz oder zumindest zum überwiegenden Teil durch eine Beitragserhebung erfolgen müsse. Dem werde dadurch Rechnung getragen, dass ein Deckungsgrad von 70 % oder mehr angestrebt werde (S. 7 des Beschlusses). Das Verwaltungsgericht beruft sich dabei - mit "vgl. " - auf das Urteil des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 02. Juni 2004 - 4 K 38/02 - (DVBl. 2005, 64 = juris). Diesen Ansatz greift es dann später mit seiner Annahme auf, eine am Regelungsziel des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V orientierte Ausnahme sei immer dann gegeben, wenn die Eigenkapitalausstattung für die betreffende Maßnahme - aus welchen Gründen auch immer - so gut sei, dass der Kreditbedarf des Aufgabenträgers bei einer überwiegenden Gebührenfinanzierung der Anlage ein Maß von etwa 1/3 der Herstellungskosten nicht deutlich übersteige. Für die Bemessung der Quote sei maßgeblich, dass § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V den Aufgabenträger nicht dazu zwinge, bei der Erhebung von Anschlussbeiträgen einen Deckungsgrad von 100 % anzustreben; vielmehr sei der Deckungsgrad von nur 70 % nach der bereits genannten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern "voraussetzungslos" zulässig. Damit werde akzeptiert, dass die Refinanzierung von 30 % der Herstellungskosten durch Gebühren erfolge und insoweit ein Kreditbedarf des Aufgabenträgers bestehen könne, wobei diese Quote nicht als feste Grenze, sondern als Richtwert zu verstehen sei.

37

An diese Maßgaben anknüpfend nimmt das Verwaltungsgericht dann in den Blick, ob der ZWAR hinsichtlich der von ihm vorgesehenen reinen Gebührenfinanzierung des Herstellungsaufwandes die zulässige Kreditquote deutlich übersteigt.

38

Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass die - wesentlich mit entscheidungstragenden - Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts den Eindruck erwecken, das OVG Mecklenburg-Vorpommern habe in seinem Urteil vom 02. Juni 2004 - 4 K 38/02 - (a.a.O.) im Kontext des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG (M-V) eine Mindestgrenze für die Deckung des Herstellungsaufwandes durch Beiträge dergestalt festgelegt, dass ein Deckungsgrad von 70 % oder mehr angestrebt werde bzw. anzustreben sei und jedenfalls ein solcher Deckungsgrad "voraussetzungslos" zulässig sei. Derartige Aussagen, die diese und die daran anknüpfenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts stützen könnten, lassen sich diesem in Bezug genommenen Urteil jedoch nicht entnehmen. Zwar ist in dem Urteil der Gesichtspunkt des Deckungsgrades angesprochen, dies jedoch in einem anderen Zusammenhang: In dem dortigen Verfahren ging es ausschließlich um die Frage, ob die sich aus einem Schreibfehler in der Kalkulation ergebende geringfügige Verschiebung des tatsächlichen Deckungsgrades durch Beiträge (71,24 %) gegenüber dem beschlossen Deckungsgrad von 70,01 % unter verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln einen beachtlichen Mangel der angegriffenen Satzung begründet habe (dort verneint). Mit dem erforderlichen Maß der beitragsfinanzierten Deckung befasst sich das Urteil demgegenüber nicht; es enthält - mangels diesbezüglicher Rügen - keine näheren Erwägungen hierzu. Allenfalls kann man der Entscheidung entnehmen, dass das Oberverwaltungsgericht den beschlossenen bzw. tatsächlichen Deckungsgrad nicht in einer Weise für offensichtlich problematisch erachtet hat, die eine nähere Auseinandersetzung erfordert hätte.

39

Die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte "kritische Grenze" einer Kreditquote von etwa 1/3 bzw. 30 % findet demzufolge in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern keine Rechtfertigung. Das Verwaltungsgericht nennt auch keine rechtliche Grundlage, die - zumal nach dem Prüfungsmaßstab des summarischen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes - eine solche Grenzziehung erlaubte; insoweit wäre im Hinblick auf die Annahme einer solchen "Kreditquote" der Rahmen einer zulässigen richterlichen Rechtsauslegung bzw. Rechtsfortbildung zu bedenken. Im Übrigen müsste jedenfalls geprüft werden, ob eine entsprechende Grenze ggfs. anders zu ziehen wäre und ob nicht darüber hinaus den Umständen des Einzelfalles - dafür spricht das Erfordernis atypischer Umstände - maßgebliche Bedeutung zukommen müsste. Jedenfalls nach dem Prüfungsmaßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO) kann eine Grenzziehung im Sinne der angegriffenen Entscheidung nicht ohne Weiteres zum Erfolg des Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz führen.

40

Selbst wenn man der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Grenzziehung folgen wollte, erschließt sich aus der Begründung des angegriffenen Beschlusses nicht, warum es vorliegend unter diesem Blickwinkel die aufschiebende Wirkung der Klage nach dem Prüfungsmaßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im beantragten Umfang angeordnet hat. Das Verwaltungsgericht stellt ausdrücklich fest, die Frage der Kreditquote sei im vorliegenden Fall "offen"; die Angaben des Antragsgegners seien ungenau. Es gelangt dabei sogar zu der Annahme, dass die kritische Grenze durch den ZWAR unter bestimmten Voraussetzungen nicht überschritten bzw. eine "Punktlandung" erreicht worden sein könnte. Anschließend wirft es jedoch wiederum Gesichtspunkte in Form offener Fragen auf, die sich - bei entsprechender Klärung - im Ergebnis zu Lasten des ZWAR auswirken könnten. Diese Erwägungen münden schließlich darin, dass aus Sicht des Verwaltungsgerichts zweifelhaft sei, ob die Frage des Überschreitens der "kritischen" Grenze im Hauptsacheverfahren abschließend geklärt werden könne, wobei der Antragsgegner das Risiko der Nichterweislichkeit trage, was aus §9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V folge. Gelinge ihm der Beweis einer Ausnahme - also einer atypischen Situation - nicht, sei von einem Verstoß gegen die Grundregel auszugehen.

41

Hinsichtlich dieser abschließenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ist zu fragen, in welchem Verhältnis sie zu der Schlussfolgerung, die Frage der Kreditquote sei offen, stehen. Ist das Verwaltungsgericht der Auffassung, die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides sei unter dem hier erörterten Blickwinkel offen, wäre - abgesehen von der bereits angeschnittenen Frage des Maßstabes nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO - ggfs. eine Interessenabwägung unabhängig von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu erwarten gewesen. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung und hypothetische Beweislastentscheidung für das Hauptsacheverfahren bei gleichzeitiger Unterstellung, dass der Antragsgegner den aus Sicht des Verwaltungsgerichts erforderlichen Nachweis im Hauptsacheverfahren möglicherweise nicht würde führen können, erscheint nicht zulässig und setzt sich zudem in Widerspruch zu der Annahme, die Frage der "Kreditquote" sei offen. Die Aussage, wer sich auf eine Ausnahme berufe, müsse das Vorliegen ihrer Voraussetzungen darlegen und ggfs. auch beweisen, steht - zumal sich diese Erwägung auf das Hauptsacheverfahren bezieht - zudem nicht in Einklang mit dem Untersuchungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

42

Hinsichtlich der Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Frage des Verhältnisses von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zu § 44 Abs. 3 KV M-V und der sich daraus nach seinem Dafürhalten ergebenden Auslegung von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V ist über die im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 03. Dezember 2008 - 4 M 158/08 - hierzu enthaltenen Überlegungen hinausgehend - vorläufig - Folgendes anzumerken:

43

Die zentrale - systematisch abgeleitete - Argumentation des Verwaltungsgerichts geht dahin, dass die vollständige Refinanzierung des Herstellungsaufwandes über eine Gebührenerhebung einen deutlich höheren Kreditbedarf nach sich ziehe als eine Beitragsfinanzierung. Deshalb sei eine solche Gebührenfinanzierung grundsätzlich unzulässig bzw. nach Maßgabe der "Soll-Bestimmung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V nur ausnahmsweise zulässig. Für die Ermittlung atypischer Ausnahmen im Sinne dieser Vorschrift komme es allein auf die Höhe der Kreditfinanzierungsquote an.

44

Diese Überlegungen wendet das Verwaltungsgericht aber schon selbst nicht konsequent an, wenn es von einem Deckungsgrad von 70 % aufwärts an eine teilweise Gebührenfinanzierung - "voraussetzungslos" - für zulässig erachtet. Es wird nicht nachvollziehbar erläutert, warum die in diesem Fall im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichts anzunehmenden höheren Kreditkosten für die Vorfinanzierung eines Anteils an den Herstellungskosten von kleiner bzw. gleich einem Drittel ohne Weiteres, also gleichsam ohne Beachtung der "Soll-Bestimmung", zulässig sein sollen.

45

Zudem berücksichtigen die Überlegungen des Verwaltungsgerichts nicht, dass auch im Falle einer Beitragserhebung regelmäßig aus verschiedenen Gründen (z. B. Dauer des Heranziehungsverfahrens, unwirksame Rechtsgrundlagen, erst zukünftige Schaffung von Anschlussmöglichkeiten, Stundung) ein nicht unwesentlicher Teil der Herstellungskosten zunächst über Kredite gedeckt werden muss, so dass sich die Kreditkosten beider Refinanzierungsmöglichkeiten regelmäßig tatsächlich nicht in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Umfang unterscheiden dürften. Diese Frage bedarf einer sorgfältigen Klärung im Hauptsacheverfahren. Ihre Beantwortung kann das Gewicht des Arguments des Verwaltungsgerichts, § 44 Abs. 3 KV M-V zwinge zu der von ihm vorgenommenen Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, nachhaltig beeinflussen.

46

Ob die vom Antragsgegner angeführten Gründe die Annahme einer atypischen Situation im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KV M-V rechtfertigen können (insbesondere unterschiedliche saisonale Auslastung der Wasserversorgungsanlagen und die Heranziehung der überwiegend großen Grundstücke im ländlichen Raum), stellt sich hinsichtlich ihrer tatsächlichen Grundlagen nach dem Maßstab des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als offen dar; die Klärung dieser Frage dürfte - auch mit Blick auf das umfangreiche Vorbringen der Antragstellerin hierzu - dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten sein.

47

Zu beachten könnte zudem Folgendes sein: Zwischenzeitlich ist nach entsprechender Mitteilung des Antragsgegners wohl in nahezu allen Fällen, in denen ursprünglich - soweit noch nicht geschehen - eine Beitragserhebung hätte erfolgen können und nach Maßgabe der vormaligen Wasserversorgungsbeitragssatzung auch hätte erfolgen müssen, Festsetzungsverjährung eingetreten (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz KAG M-V). Dies beträfe gut 90 % des ursprünglichen Beitragsvolumens. In diesen Fällen bzw. in diesem Umfang dürfte folglich eine Refinanzierung des entsprechenden Herstellungsaufwandes durch Beiträge nicht mehr möglich sein. Wollte man nun in der Konsequenz der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch eine Gebührenfinanzierung aus Rechtsgründen für unzulässig erachten, wäre überhaupt keine Heranziehung der durch die Herstellung der Trinkwasserversorgungsanlage Bevorteilten zur Deckung der Herstellungskosten mehr möglich. Im Ergebnis würden diese entgegen den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes M-V der Allgemeinheit aufgebürdet. Damit würde jedenfalls ein mit Blick auf § 44 Abs. 3 KV M-V und § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V deutlich gesetzesfernerer Zustand zu verzeichnen sein, als ihn das Verwaltungsgericht in der Systemumstellung von Beitragserhebung auf Gebührenfinanzierung erblickt. Insoweit wäre zu erwägen, ob der Umstand, dass eine andere - vollständige - Refinanzierung des Herstellungsaufwandes nach dem Kommunalabgabengesetz M-V als diejenige über eine Gebührenerhebung nicht mehr möglich wäre, als atypische Situation im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zu werten sein könnte. Insoweit könnte dem ZWAR nach derzeitigem Erkenntnisstand auch wohl nicht vorgeworfen werden, er habe diese Situation absichtsvoll herbeigeführt, um letztlich damit den angestrebten Systemwechsel erreichen zu können. Denn der ZWAR ist - selbst wenn sich seine entsprechenden Erwägungen im Ergebnis nicht als tragfähig erweisen sollten - im Vorfeld jedenfalls davon ausgegangen, dass er sich auf atypische Umstände im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V berufen könne. Er hat sich insoweit auch entsprechend beim Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern rückversichert; die untere Rechtsaufsichtsbehörde ist der Systemumstellung ebenfalls nicht entgegen getreten. In dieser Situation könnte es dem Antragsgegner wohl nicht vorgehalten werden, dass er im Vertrauen auf das Zustandekommen des Systemwechsels offensichtlich - weiterhin - davon Abstand genommen hat, gewissermaßen vorsichtshalber tausende von Beitragsbescheiden zu versenden, um einer möglichen Festsetzungsverjährung zu entgehen, falls der angestrebte Wechsel letztlich fehlschlagen sollte (vgl. hierzu auch OVG Greifswald, Beschl. v. 03.12.2008 - 4 M 158/08 -). Dass die "Soll-Bestimmung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V gerade in solchen Fällen zum Tragen kommen soll, erscheint nicht fernliegend. Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat in dem zitierten Beschluss - im vorliegenden Kontext passend (der Antragsgegner hat jahrelang ohne Konsequenzen seitens der Rechtsaufsichtsbehörden sein eigenes Satzungsrecht faktisch weitgehend nicht angewandt) - in Erwägung gezogen, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V möglicherweise auch eine ggfs. bisherige rechtswidrige Verwaltungspraxis bestimmter Aufgabenträger im Bereich der Wasserversorgung legalisieren wollte. Dafür sprechen folgende Gesichtspunkte: Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses (LTDrs. 4/1576 zu Nummer 10, S. 75) führen aus, die Regelung über die Erhebung von Anschlussbeiträgen als Soll-Vorschrift "würde auch den Fällen gerecht werden, bei denen es in begründeten Ausnahmen bislang nicht zur Erhebung von Beiträgen gekommen sei. Zur Wahrung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sollte das Gesetz diesen Umständen Rechnung tragen und eine Soll-Regelung aufgreifen, die in atypischen Fällen gleichsam einen Verzicht auf die Erhebung von Beiträgen ermögliche". Entsprechend hat der Abgeordnete Müller für die Fraktion der SPD in der zweiten Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, Drs. 4/1307, ausgeführt (Plenarprotokoll 4/53 vom 09.03.2005, S. 2980, 2985 f.):

48

"Ich hielte es auch für einen vernünftigen Grund, auf Beitragserhebungen zu verzichten, wenn das bisherige Verfahren - wir leben ja nicht im luftleeren Raum, sondern in einer Wirklichkeit - eine Beitragssatzung als nicht durchsetzbar erscheinen lässt, wenn wir beispielsweise, und diesen Fall gibt es ja im Land, eine Situation haben, wo einst Beiträge erhoben worden sind, wo man auf eine reine Gebührenfinanzierung umgestiegen ist. Wenn wir jetzt in einer solchen Situation sagen würden, nein, wir gehen jetzt wieder zurück auf die Beiträge, ich glaube, dann würden wir uns öffentlich zum Affen machen. In einem solchen Fall soll die Ausnahmeregelung greifen."

49

Daneben nennt er weitere Umstände, die aus seiner Sicht bzw. der Sicht der Fraktion der SPD einen atypischen Fall begründen könnten (vgl. aber auch die Stellungnahme der Abgeordneten Schulz für die Fraktion des PDS, Plenarprotokoll 4/53 vom 09.03.2005, S. 2980, 2987).

50

Vor diesem Hintergrund gibt es zwar, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, keine "normative Kraft des Faktischen", aber möglicherweise eine normative Anerkennung des Faktischen durch den Gesetzgeber.

51

Das Verwaltungsgericht meint demgegenüber in seinem zwischen denselben Beteiligten ergangenen Beschluss vom 13. Januar 2009 - 3 B 2079/08 - (Beschwerdeverfahren Az. 1 M 19/09) unter Bezugnahme auf Sauthoff (in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 09/05, § 8 Rn. 1614), auch eine die Entstehungsgeschichte der Vorschrift berücksichtigende Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V führe zu der Annahme, dass der vom Zweckverband durchgeführte Wechsel des Refinanzierungssystems "jedenfalls im ländlichen Raum - wozu auch das Geschäftsgebiet des Antragsgegners zählt - unzulässig ist"; mit dieser Auffassung habe sich das OVG Mecklenburg-Vorpommern in seinem Beschluss vom 03. Dezember 2008 - 4 M 158/08 - nicht auseinandergesetzt. Hierzu ist zu bemerken, dass unter der angegebenen Fundstelle zu der Aussage des Verwaltungsgerichts lediglich die Stellungnahme des Landesrechnungshofes aus der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses (LTDrs. 4/1576, S. 43, 45) in einem kurzen Ausschnitt wiedergegeben wird, die zudem auch nicht dahin geht, dass pauschal jedenfalls im ländlichen Raum eine reine Gebührenfinanzierung bzw. Systemumstellung unzulässig sei, sondern dahin, dass "im ländlichen Raum ... dagegen der Verzicht auf die Beitragserhebung zu ökonomisch und sozial nicht mehr verträglichen Gebühren mit entsprechenden Vermeidungseffekten führen (dürfte)". Führte - was eine Überprüfung im Einzelfall erforderte - der Verzicht auf eine Beitragserhebung nicht zu derartigen Effekten, wäre folglich auch nach Auffassung des Landesrechnungshofes wohl eine Systemumstellung nicht von vornherein ausgeschlossen. Zudem verweist der Landesrechnungshof auch darauf, dass "nur dort, wo nur relativ wenige Beiträge entrichtet worden seien, ... daher verantwortbar die Rückzahlung der Beiträge in Erwägung gezogen werden (könne)". Diese Voraussetzungen könnten beim ZWAR gerade erfüllt sein. In seinem Beschluss vom 03. Dezember 2008 - 4 M 158/08 - hatte der 4. Senat auch keine Veranlassung, die Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V umfassend zu würdigen; dennoch sind insoweit auch Gesichtspunkte angesprochen worden, die im zu entscheidenden Fall entstehungsgeschichtlich gegen einen Systemwechsel hätten sprechen können (unter Angabe einer Fundstelle, die auch bei Sauthoff, a.a.O., zitiert wird). Im Übrigen ist zum Gesichtspunkt der Entstehungsgeschichte auf die vorstehenden Erwägungen zu verweisen.

52

Die in demselben Beschluss des Verwaltungsgerichts enthaltene Argumentation gegen ein mögliche Interpretation des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V im vorstehenden Sinne, diese erscheine mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG bedenklich, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, da sie ja ggfs. für die rechtliche Zulässigkeit eines Systemwechsels sprechen könnte. Wieso mit Blick auf die Soll-Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V und deren Auslegung "Fehler, die irreparabel und daher besonders schwerwiegend sind, abgabenrechtlich folgelos blieben", ist aufgrund der Pauschalität dieser Annahme nicht verständlich. Gleiches gilt für das Beispiel der "Überdimensionierung einer Anlage", die "im Rahmen einer Beitrags- oder Gebührenerhebung unbeachtlich sei".

53

b) Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung unabhängig tragend auch darauf gestützt, dass die Wasserversorgungsgebührensatzung vom 20. März 2008 i. d. F. der Änderung vom 03. September 2008 die aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragerhebung folgenden Anforderungen nicht hinreichend berücksichtige. Dem Verwaltungsgericht ist im Grundsatz darin zuzustimmen, dass dieser Grundsatz bzw. das Verbot der Doppelbelastung unter bestimmten Voraussetzungen einer Gebührenerhebung - teilweise - entgegenstehen kann; zweifelhaft erscheint jedoch seine Annahme, Grundlage des Verbots einer Doppelbelastung sei bereits das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht.

54

Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung besagt zum einen, dass die sachliche Beitragspflicht (abstrakte Beitragsschuld) für dieselbe öffentliche Einrichtung bzw. Teileinrichtung zu Lasten eines Grundstücks nur einmal entsteht. Ist sie entstanden, kann sie nach diesem Grundsatz nicht nachträglich zu einem anderen Zeitpunkt und in anderer Höhe noch einmal entstehen. Zum anderen schließt der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung das Verbot der Doppelbelastung in dem Sinne ein, dass ein Grundstück für dieselbe öffentliche Einrichtung bzw. Teileinrichtung - hinsichtlich desselben Aufwands - grundsätzlich nur einmal zu einem Beitrag herangezogen werden darf (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 08.07.2004 - 1 M 170/04 -, juris; Beschl. v. 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, NordÖR 2004, 262; OVG Berlin/Brandenburg, Urt. v. 06.06.2007 - 9 A 77.05 -, LKV 2008, 377; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris; VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -; VGH Mannheim, Beschl. v. 05.11.1992 - 2 S 152/90 -; Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -: jeweils juris; VG Potsdam, Urt. v. 18.09.2008 - 9 K 1128/05 -, juris; VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.1004 - B 4 K 04.578 -, juris; vgl. auch VGH Kassel, Beschl. v. 12.04.2005 - 5 TG 116/05 -, NVwZ-RR 2006, 143 - zitiert nach juris).

55

Die Einmaligkeit der Leistung des Kanalanschlussbeitrags folgt aus dem Wesen des Beitrags, der an einen bestimmten Zustand ("Möglichkeit der Inanspruchnahme") anknüpft und der den bei Verwirklichung des Zustands gebotenen wirtschaftlichen Vorteil insgesamt abgelten soll. Der Grundstückseigentümer erbringt die "Gegenleistung" für den ihm durch die Anschlussmöglichkeit gebotenen wirtschaftlichen Vorteil, der der Natur der Sache nach mit der Anschlussmöglichkeit entsteht und auch in der Zukunft in der Regel nicht verändert wird. Der Kanalanschlussbeitrag ist daher grundsätzlich nur einmal zu leisten (vgl. OVG Münster, Urt. v. 17.09.1980 - 2 A 1653/79 -, DVBl. 1981, 831 - zitiert nach juris). Die Einmaligkeit der Beitragserhebung ist Folge des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Vertrauensschutzgedankens (vgl. VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -, juris).

56

Das Bundesverwaltungsgericht spricht in seinem Urteil vom 16. September 1981 - 8 C 48.81 - (DVBl. 1982, 76 - zitiert nach juris) die Situation desjenigen, der bereits einen Anschlussbeitrag geleistet hat und der nach einer Systemumstellung zu Gebühren herangezogen werden soll, unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes bzw. Äquivalenzprinzips wie folgt an:

57

"Zwar trifft es zu, daß die Heranziehung zu Benutzungsgebühren nach einem für alle Benutzer geltenden einheitlichen Gebührensatz den Gleichheitssatz und ggf. das Äquivalenzprinzip im Hinblick auf solche Grundstückseigentümer verletzen kann, die im Gegensatz zu anderen Benutzern der Abwasseranlage Leistungen auf den Investitionsaufwand erbracht haben, der gemäß § 8 KAG durch Beiträge gedeckt werden kann. Wie das Berufungsgericht im Rahmen seiner das Landesrecht betreffenden Erwägungen dargelegt hat, wirkt sich die Erhebung von Beiträgen auf die Höhe der Benutzungsgebühren aus: Erhebt eine kommunale Körperschaft Beiträge, so führt dies zu einem niedrigeren Gebührensatz, weil bei der Ermittlung der Höhe der Kosten der aus Beiträgen aufgebrachte Anteil am Aufwand für die Abwasseranlage bei der Verzinsung unberücksichtigt bleibt (§ 6 Abs. 2 Satz 3 KAG). Sieht die kommunale Körperschaft von einer Beitragserhebung ab, erhöhen sich die Kosten und damit der Gebührensatz um die nunmehr (voll) zu berücksichtigenden Zinsen. Im Fall der Nichterhebung von Beiträgen verstößt die undifferenzierte Erhebung von Gebühren von denjenigen Benutzern der Abwasseranlage, die zu deren Aufwand beigetragen haben, im Verhältnis zu den übrigen Benutzern gegen den Gleichheitssatz. Denn erstere haben im Unterschied zu den übrigen Benutzern mit ihrer auf den Aufwand der Abwasseranlage bezogenen Leistung wirtschaftlich gesehen Anteile an den hier maßgebenden (höheren) Zinsen mittelbar erbracht. (Gleiche Rechtsfragen treten auf, wenn eine Gemeinde, die Beiträge und Gebühren erhoben hat, in Zukunft nur noch Gebühren erhebt oder wenn eine Gemeinde, die Beiträge erhoben hat, in eine Gemeinde eingegliedert wird, welche keine Beiträge, sondern nur Gebühren erhebt.) Zahlt die kommunale Körperschaft die erbrachte Leistung nicht zurück, so führt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu der Pflicht, in der Satzung entsprechend unterschiedliche Gebührensätze festzusetzen oder bei Vorliegen von Einzelfällen den Ausgleich durch eine Billigkeitsregelung im Rahmen des Heranziehungsverfahrens vorzunehmen. ..."

58

Hieran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf das aus dem Gleichheitssatz folgende, durch ihn aber zugleich auch inhaltlich festgelegte sogenannte Verbot der Doppelbelastung oder Doppelveranlagung ausgeführt, eine abgabenrechtliche Doppelbelastung "k a n n" gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass eine Pflicht der Gemeinde zur Differenzierung bei Benutzungsgebühren für eine Abwasseranlage beispielsweise dann bestehe, wenn ein Teil der Benutzer bereits zu Beiträgen für die Errichtung der Anlage herangezogen wurde, ein anderer Teil hingegen nicht. Anderenfalls würden die Benutzer, die bereits Beiträge entrichtet haben, unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz doppelt belastet. Ferner ist im Urteil vom 11. November 1987 - 8 C 49.86 - (BVerwGE 78, 275, 280) im Zusammenhang mit einer abwasserabgabenrechtlichen Umlage ausgeführt, für den Fall, dass bei der Bemessung dieser Umlage etwaige (Gebühren-)Vorleistungen außer Betracht blieben, führe das zu einer nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbaren Doppelbelastung einzelner Umlageschuldner. Der Sache nach ging es in diesen Entscheidungen jeweils um Konstellationen, in denen eine Gruppe von Grundeigentümern im Verhältnis zu einer anderen Gruppe deshalb unterschiedlich belastet wurde, weil die Angehörigen der ersten Gruppe anders als die der zweiten Gruppe für die gleiche gemeindliche Leistung (Abwasserbeseitigung) in der einen oder anderen Weise "vorbelastet" waren und sich deshalb die nunmehr erfolgende gleichmäßige Abgabenerhebung als gleichheitswidrige Doppelbelastung auswirken konnte (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 26.02.1992 - 8 C 70.89 -, NVwZ 1992, 668; vgl. auch VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.1004 - B 4 K 04.578 -, juris).

59

Im Ergebnis kann deshalb mit Blick auf die vom ZWAR vorgenommene Systemumstellung das Verbot der Doppelbelastung nicht nur einer nochmaligen Heranziehung zu einem Beitrag für denselben Aufwand entgegenstehen, sondern auch einer äquivalenten Gebührenerhebung.

60

Insoweit spricht vom Grundgedanken her Vieles dafür, dass jedenfalls diejenigen, die vom Antragsgegner bereits zu Trinkwasserbeiträgen herangezogen worden sind und diese tatsächlich entrichtet haben, nicht durch eine Gebührenerhebung, die teilweise zur Refinanzierung des Herstellungsaufwandes bestimmt ist, doppelt belastet werden dürfen. Entscheidet sich ein Aufgabenträger nachträglich für die Finanzierung des Herstellungsaufwandes seiner Anlage ausschließlich über Benutzungsgebühren, muss er einen entsprechenden Ausgleich vornehmen, um eine solche doppelte Belastung zu vermeiden. Dabei bieten sich vom Grundsatz her verschiedene Möglichkeiten an: Zunächst könnten unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen (vgl. dazu auch vorstehend unter 1.) die vereinnahmten Beiträge zurückgezahlt werden. In Betracht käme die Schaffung einer ortsgesetzlichen Regelung mit unterschiedlichen Gebührensätzen einerseits für die Grundstückseigentümer, die bereits einen Beitrag entrichtet haben, und andererseits für diejenigen, die dies noch nicht getan haben. Als weitere Option an Stelle der Schaffung einer satzungsrechtlichen Ausgleichsbestimmung wäre an eine Billigkeitsentscheidung im Einzelfall zu denken (§§ 163 Abs. 1 Satz 1, 227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V; vgl. zum Ganzen OVG Münster, Urt. v. 17.09.1980 - 2 A 1653/79 -, DVBl. 1981, 831; BVerwG, Beschl. v. 22.03.2007 - 10 BN 5/06 -, NVwZ 2007, 955; Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 48.81 -, DVBl. 1982, 76 -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 06.06.2007 - 9 A 77.05 -, LKV 2008, 377; jeweils zitiert nach juris; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris; VG Potsdam, Urt. v. 18.09.2008 - 9 K 1128/05 -, juris). Die letztgenannte Vorgehensweise könnte allerdings einerseits fraglich sein, da vorliegend wohl nicht "Einzelfälle" im Sinne vereinzelter Fälle in Rede stehen und infolgedessen eine Satzungsbestimmung zu fordern sein könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 48.81 -, a.a.O.). Andererseits könnte eine möglicherweise zu hohe Komplexität einer solchen Bestimmung wiederum aus Gründen der Praktikabilität eine Billigkeitsentscheidung erlauben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.03.2007 - 10 BN 5/06 -, NVwZ 2007, 955; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris).

61

Vor diesem Hintergrund führte der Umstand, dass die Wasserversorgungsgebührensatzung 2008 keine satzungsrechtliche Ausgleichsbestimmung enthält, nicht ohne Weiteres bereits zur Annahme ihrer Gesamtunwirksamkeit bzw. zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides.

62

Wurde in der Vergangenheit ein Grundstück durch einen Bescheid wirksam zu einem Beitrag veranlagt und wurde der Beitrag entsprechend entrichtet, ist im Übrigen zu erwägen, ob nur dann Raum für eine erneute Heranziehung eines Grundstückseigentümers zu Benutzungsgebühren für denselben Aufwand besteht, wenn jener Bescheid bestandskräftig oder doch zumindest in sofort vollziehbarer Weise (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) oder durch rechtskräftiges Urteil aufgehoben worden ist (vgl. VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -; VGH Mannheim, Beschl. v. 05.11.1992 - 2 S 152/90 -; Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -; jeweils juris). Dabei gewinnt wiederum der Umstand Bedeutung, ob nach Maßgabe des Ortsrechts überhaupt eine entsprechende Aufhebung rechtlich zulässig wäre (vgl. dazu unter 1.).

63

Da die Antragstellerin noch nicht zu einem Trinkwasserbeitrag herangezogen worden ist, fällt sie allerdings nicht unter die vorstehend umrissene Fallgruppe und könnte sich unter diesem Blickwinkel nicht auf das Verbot der Doppelbelastung berufen.

64

Das Verwaltungsgericht hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, die Wasserversorgungsgebührensatzung 2008 berücksichtige die aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragerhebung folgenden Anforderungen nicht hinreichend, der ZWAR dürfte bei dem von ihm favorisierten reinen Gebührenmodell trotz einer beabsichtigten Rückzahlung der vereinnahmten Beiträge nicht ohne gespaltene bzw. gestaffelte Gebührensätze auskommen.

65

Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht sich dabei nicht mit der - vorstehend erörterten - Frage befasst, ob dem ZWAR nicht noch eine andere Option zur Verfügung steht, begegnet seine hierfür maßgebliche rechtliche Erwägung im Hinblick auf den Maßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides Bedenken. Das Verwaltungsgericht nimmt dabei den Standpunkt ein, Grundlage des Verbots einer Doppelbelastung und des daraus resultierenden Vertrauensschutzes sei nicht die Zahlung des Beitrags, sondern das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, die durch die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung nicht berührt werde. Folglich führe die Rückzahlung vereinnahmter Beiträge nicht zu einem Wegfall des Verbots der Doppelbelastung. Alle diejenigen, zu deren Lasten die sachlichen Beitragspflichten entstanden seien, könnten sich vielmehr auf dieses Verbot berufen.

66

Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Kontext der Auffassung ist, die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung könne keine Auswirkungen auf den Ablauf der Festsetzungsfrist haben, dürfte dem zwar zu folgen sein; eine Festsetzungsverjährung könnte nicht dadurch umgangen werden, dass eine rechtmäßige Beitragssatzung rückwirkend aufgehoben wird, nur um anschließend eine neue derartige Satzung zu erlassen. Es erscheint jedoch bereits vom Begriff des "Verbots der Doppelbelastung" fraglich, ob von einer doppelten Belastung im Wortsinne gesprochen werden kann, wenn es auf der einen Seite um die Belastung durch die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht ohne eine entsprechende Veranlagung durch Bescheid mit anschließender Zahlung geht, auf der anderen Seite aber um die von ihrer Qualität her andersartige Zahlung aufgrund einer Gebührenpflicht; anders formuliert ist zu erwägen, ob nicht eine "doppelte" Belastung eine gleichartige Belastung in Gestalt von - konkretisierten - Geldzahlungspflichten erfordert. Soweit ersichtlich wird das vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Verständnis vom Inhalt des Verbots der Doppelbelastung anknüpfend allein an die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht in keiner der veröffentlichen Gerichtsentscheidungen hierzu vertreten (vgl. insoweit die oben angeführten Zitate). Vielmehr ist diesen Entscheidungen gemein, dass sie das Verbot der Doppelbelastung nur für Fälle einer bereits erfolgten Beitragsveranlagung durch entsprechenden Bescheid mit daraufhin erfolgter Zahlung in den Blick nehmen. Dies erscheint auch folgerichtig: In den betreffenden Entscheidungen werden grundsätzlich zwei Gruppen von Beitragspflichtigen gegenübergestellt, einerseits diejenigen, die bereits zu Beiträgen herangezogen worden sind, andererseits diejenigen, bei denen dies noch nicht erfolgt ist. Für diese unterschiedlichen Gruppen müssten dann im Rahmen der Gebührenerhebung Differenzierungen vorgenommen werden. Wäre die Auffassung des Verwaltungsgerichts richtig, müssten diese Gruppen anders, nämlich dergestalt gebildet werden, dass einerseits diejenigen zu betrachten wären, für die die sachliche Beitragspflicht entstanden ist, und andererseits diejenigen, für die dies nicht zutrifft. Eine solche Differenzierung wird jedoch - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung nicht vorgenommen.

67

Darüber hinaus ist zu beachten, dass etwa der VGH Baden-Württemberg das Eingreifen des Verbots der Doppelbelastung davon abhängig macht, dass das abstrakte, auf die Entstehung einer einmaligen Beitragsschuld grundsätzlich beschränkte Beitragsschuldverhältnis durch einen Beitragsbescheid konkretisiert worden ist (vgl. Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -; jeweils juris).

68

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

69

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 47 GKG, wobei der streitige Abgabenbetrag - Differenz zwischen den festgesetzten Gebühren gemäß Bescheiden vom 07. Februar 2008 und 04. März 2008 - nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Eilverfahren zu vierteln ist.

70

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. August 2010 – 3 A 666/07 – im Umfang der Klagestattgabe geändert. Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.

Der Kläger zu 1.) trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens jeweils zu 97 v. H.; die Klägerin zu 2.) zu 3 v. H..

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenschuld abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Wasser- und Bodenverbandsgebühren.

2

Die Kläger sind (Mit-)Eigentümer von Grundstücken im Gebiet der Stadt A-Stadt; der Kläger zu 1.) darüber hinaus von verschiedenen forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken in der zur Stadt A-Stadt gehörenden Ortschaft L.. Die Stadt ist Mitglied des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“.

3

Mit mehreren Bescheiden vom 20. bzw. 21. Dezember 2006 hatte der Beklagte die Kläger für die Jahre 2002 bis 2006 gemeinsam jeweils zu einer im einstelligen Eurobereich liegenden „Gebühr Wasser- und Bodenverband“ für deren Grundstücke A-Straße (… m²) und M.-Straße … (… m²) in A-Stadt herangezogen. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2006 hatte der Beklagte darüber hinaus den Kläger zu 1.) für die Grundstücke in L. mit einer Gesamtgröße von ca. … ha für das Kalenderjahr 2006 zu einer „Gebühr Wasser- und Bodenverband“ i. H. v. 216,91 EUR herangezogen. Die Beträge umfassten jeweils die Umlage des an den Wasser- und Bodenverband entrichteten Beitrags sowie einen Betrag für jedes von den Bescheiden betroffene Flurstück i. H. v. jeweils 0,82 EUR. Grundlage der Bescheide war die nach ihrem § 7 Satz 1 rückwirkend zum 01.01.2002 in Kraft getretene Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 (nachfolgend: GS). Diese sieht in ihrem § 3 Abs. 3 neben flächen- und nutzungsbezogenen Gebührensätzen die Erhebung eines Verwaltungskostenzuschlags von 0,82 EUR je Flurstück vor.

4

Mit einem weiteren Bescheid vom 21. Dezember 2006 hatte der Beklagte den Kläger zu 1.) für die Grundstücke in L. wegen Schöpfwerkskosten für Polderflächen und Deichanlagen zu Gebühren i. H. v. 279,57 EUR herangezogen.

5

Die Widersprüche der Kläger gegen die Gebührenbescheide, mit denen sich die Kläger insbesondere gegen die ihrer Meinung nach unmäßig hohen Verwaltungskostenzuschläge wandten, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 3. (Schöpfwerkskosten) bzw. 4. Mai 2007 zurück.

6

Die Kläger erhoben am 1. Juni 2007 Anfechtungsklage. Die Gebührensatzung verstoße wegen des Ansatzes eines Verwaltungskostenzuschlages pro Flurstück gegen das Äquivalenzprinzip. Die rückwirkende Gebührenerhebung sei unzulässig. Außerdem habe der Beklagte es versäumt zu prüfen, ob die Wegeparzellen auf den Grundstücken in L. grundsteuerpflichtig seien. Falls dies nicht zutreffe, sei der Kläger zu 1.) mit diesen Flächen selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband und nicht gebührenpflichtig.

7

In der mündlichen Verhandlung hob der Beklagte die das Grundstück M.-Straße … betreffenden Bescheide hinsichtlich der Gesamthöhe der jeweils festgesetzten Gebühren teilweise auf. Insoweit erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt.

8

Die Kläger haben beantragt,

9

die Bescheide des Beklagten vom 20.12.2006 und 21.12.2006 - Steuer-Nrn.: 00/01-05439-5/690-003 (A-Straße) und 00/01-05440-2/690-002 (M.-Straße …) – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 04.05.2007 bzw. der Teilaufhebung vom 25.08.2010 aufzuheben.

10

Der Kläger zu 1.) hat beantragt,

11

die Bescheide des Beklagten vom 20.12.2006 und 21.12.2006 – Steuer-Nr.: 00/01-05441-1/690-002 (L.) – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 03.05.2007 aufzuheben.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Verwaltungsgericht hat den Klagen mit Urteil vom 25. August 2010 – 3 A 666/07 – teilweise stattgegeben und die Bescheide vom 20. und 21. Dezember 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Mai 2007 und der Teilaufhebung vom 25. August 2010 hinsichtlich der Erhebung der grundstücksbezogenen Gebühren zum Wasser- und Bodenverband aufgehoben. Die Klage des Klägers zu 1.) gegen den Bescheid vom 21. Dezember 2006 über die Gebühren für Schöpfwerkskosten für Polderflächen und Deichanlagen hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

15

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG) vom 4. August 1992 (GVOBl. M-V S. 458) umlagefähigen Beiträge der Stadt zum Unterhaltungsverband sowie die bei der Umlegung entstehenden allgemeinen Verwaltungskosten bildeten eine einheitliche Kostenmasse i. S. d. § 6 Abs. 2 KAG M-V. Die Verteilung dieser einheitlichen Kostenmasse nach unterschiedlichen Maßstäben sei unzulässig. Zudem zeige der vorliegende Fall, dass die Gebühr bei kleinen Grundstücken in einem groben Missverhältnis zu dem vom Landesgesetzgeber verfolgten Regelungszweck der Refinanzierung der von den Gewässerunterhaltungsverbänden erhobenen Umlagen stehe. Wenn der Verwaltungskostenzuschlag – wie im Falle des Grundstücks A-Straße – den Umlagebetrag um ein Vielfaches übersteige, werde die Erhebung der Verwaltungskosten zum Selbstzweck; der gesetzgeberische Zweck werde verfehlt. Die Fehlerhaftigkeit der Bestimmung über den Verwaltungskostenzuschlag in § 3 Abs. 3 Satz 2 GS führe zur Fehlerhaftigkeit der Gebührenregelung für die Kosten der allgemeinen Gewässerunterhaltung insgesamt.

16

Gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wendet sich der Beklagte mit seiner durch den ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses seines Bevollmächtigten am 18. November 2013 zugestellten Beschluss des Senats vom 7. November 2013 zugelassenen Berufung. Zur Begründung führt der Beklagte im Wesentlichen aus, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Umlage der Verwaltungskosten nach den gleichen Maßstäben wie die Verbandsgebühren zu erfolgen habe. Mit der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung allein bei kleinen Grundstücken und der insoweit eingeschätzten Überproportionalität werde die spiegelbildliche Unterproportionalität bei großen Grundstücken außer Acht gelassen. Dem Urteil des Verwaltungsgerichts liege ein nicht zu rechtfertigender Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zugrunde. Bei einer flächenproportionalen Umlegung der Verwaltungskosten, würden Eigentümer sehr großer Flächen überproportional und nicht mehr angemessen mit den Verwaltungskosten belastet. Bei kleinen Grundstücken, bei denen die Höhe der Verbandsumlage nur wenige Cent betrage, würde die Umlage der Verwaltungskosten nach Flächenproporz ebenfalls nur wenige Cent betragen, was zu Bescheiden über eine Höhe von wenigen Cent, meist weniger als 10 Cent führen würde. Da bereits äußerst zweifelhaft sei, ob die Geltendmachung solcher Kleinstbeträge überhaupt zulässig sei, könne dies bei Gemeinden mit hohem (Flächen-) Anteil an kleinen Grundstücken dazu führen, dass ein Großteil der Verwaltungskosten überhaupt nicht umgelegt werden könne. Damit führe der vom Verwaltungsgericht präferierte Maßstab letztlich in den Extremfällen aus dem Randbereich der zu veranlagenden Bandbreite der Fälle zu wohl wesentlich größeren Problemen als der Maßstab, den die Stadt A-Stadt nach Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten gewählt habe.

17

Auch der Annahme, dass die Verwaltungskosten im Vergleich zu der Umlage in einem groben Missverhältnis zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Regelungszweck stehen, könne im Ergebnis nicht gefolgt werden. Regelungszweck des § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG sei nicht nur die Refinanzierung der von den Gewässerunterhaltungsverbänden erhobenen Umlage, sondern ausdrücklich daneben auch die Refinanzierung des Verwaltungsaufwandes, der durch die Umlegung der Beiträge entstehe.

18

Der Beklagte beantragt,

19

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25.August 2010 - 3 A 666/07 – im Umfang der Klagestattgabe abzuändern und die Klagen insgesamt abzuweisen.

20

Die Kläger beantragen,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie verweisen zunächst auf die aus ihrer Sicht zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts. Gemäß § 3 Abs. 1 GUVG werde die Beitragspflicht nach dem Verhältnis bestimmt, in dem die Mitglieder Vorteile durch die Verwaltungstätigkeit hätten und am Verbandsgebiet beteiligt seien. Bei einem Pauschalbetrag pro Flurstück werde weder der Vorteil durch die Verwaltungstätigkeit herangezogen, noch die Beteiligung am Verbandsgebiet.

23

Auch sei das Argument, dass der Aufwand bei allen Flurstücken stets gleich sei und dementsprechend jedes Flurstück gleich zu berechnen sei, nicht ansatzweise zwingend. Bei einem großen Flurstück sei die Wahrscheinlichkeit, dass Zu- und Abschläge wegen des tatsächlichen Zustandes der Fläche notwendig würden, wesentlich größer, als bei einer kleinen Fläche. So könne ein abrechnungsfähiges Flurstück gerade im ländlichen Bereich sowohl aus Ackerflächen, aus einer Naturschutzfläche und/oder einer Wasserfläche bestehen. Es müssten dann gemäß § 3 Abs. 3 der Gebührensatzung verschiedene Berechnungen angestellt werden.

24

Bereits erstinstanzlich sei die Frage aufgeworfen worden, woher der Beklagte eigentlich die Höhe des Betrages von 0,82 EUR/Flurstück nehme.

25

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten dieses Verfahrens und des beigezogenen Verfahrens des Verwaltungsgerichts Greifswald zum Aktenzeichen 3 A 667/07 sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten (2 Hefter), die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26

Die Berufung hat Erfolg.

27

Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsbegründung ist am 13. Dezember 2013 fristgerecht eingegangen; sie enthält einen bestimmten Antrag und die Gründe der Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 3 S. 3 bis 5, Abs. 6 VwGO).

28

Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Klagen der Kläger gegen die Bescheide des Beklagten über die Erhebung der Gebühren zur Umlage der Beiträge zum Wasser- und Bodenverband „Müritz“ vom 20. und 21. Dezember 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Mai 2007 bzw. der Teilaufhebung vom 25. August 2010 zu Unrecht stattgegeben und die Bescheide aufgehoben; die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

29

Rechtsgrundlage für die mit den angefochtenen Bescheiden erhobenen Gebühren ist § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG i. V. m. der Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 (GS). Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG können die Gemeinden die (von ihnen zu leistenden) Beiträge zum Unterhaltungsverband (Wasser- und Bodenverband) sowie die bei der Umlegung entstehenden Verwaltungskosten den Eigentümern, Erbbauberechtigten oder sonstigen Nutzungsberechtigten nach den Grundsätzen der §§ 2 und 6 des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V) auferlegen. § 3 Abs. 3 Satz 1 GS sieht für die allgemeine Gewässerunterhaltungsgebühr Gebührensätze nach Größe und Nutzungsart der Grundstücke vor und bestimmt in Satz 2 der Norm, dass je Flurstück ein Verwaltungskostenzuschlag von 0,82 EUR erhoben wird.

30

Die in der Satzung geregelte flurstücksbezogene Umlage der Verwaltungskosten auf die Gebührenpflichtigen ist entgegen der anderslautenden Auffassung des Verwaltungsgerichts mit höherrangigem Recht, insbesondere den anzuwendenden Grundsätzen der §§ 2 und 6 KAG M-V, vereinbar und führt nicht zur Unwirksamkeit der Regelungen in der Satzung und zur Rechtswidrigkeit der darauf beruhenden Gebührenbescheide. Dabei ist dem Verwaltungsgericht zunächst insoweit zu folgen, als es darauf verweist, dass die in § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG genannten Verwaltungskosten neben den umzulegenden Beiträgen an den Unterhaltungsverband zu den Kosten i. S. v. § 6 Abs. 2 KAG M-V gehören, die (zunächst) eine einheitliche Kostenmasse bilden. Diese Kostenmasse ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 3 KAG M-V auf die einzelnen Gebührenschuldner zu verteilen. § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V bestimmt dazu, dass die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen ist, also etwa bei leitungsgebundenen Versorgungseinrichtungen nach dem Verbrauch. Bei entsprechender Anwendung dieses Grundsatzes aus § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V auf die Verteilung der Beiträge zum Unterhaltungsverband auf die grundsteuerpflichtigen Grundstückseigentümer der Gemeinde kann als zulässiger Verteilungsmaßstab an die Stelle von Art und Umfang der Inanspruchnahme eine Verteilung nach Größe und Nutzungsart der betroffenen Grundflächen treten (st. Rspr. des Senats, vgl. OVG M-V, Urt. v. 23. Februar 2000 - 1 L 50/98 -, zit. n. juris, Rz 32; Urt. v. 23. Juni 2010 - 1 L 100/05 -, zit. n. juris, Rz 38). Dabei bestehen auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Regelung in der Gebührensatzung, die die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG umzulegenden Verwaltungskosten als unselbstständigen Teil der Kostenmasse i. S. v. § 6 Abs. 2 KAG M-V erfasst und sie gemeinsam mit den Beiträgen zum Unterhaltungsverband nach dem oben beschriebenen Flächenmaßstab erhebt. Dies bedeutet indes entgegen der anderslautenden Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht, dass ausschließlich eine solche flächenbezogene Umlage der Verwaltungskosten zulässig wäre. Die über § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG anwendbare Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V lässt die Erhebung einer Grundgebühr neben der Gebühr nach den Sätzen 1 bis 3 sowie die Erhebung einer Mindestgebühr zu. Unter einer Grundgebühr i. S. d. § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V wird im Allgemeinen eine Benutzungsgebühr verstanden, die für die Inanspruchnahme der Lieferungs- und Betriebsbereitschaft einer Einrichtung erhoben wird. Mit ihr werden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten abgegolten. Zu diesen Betriebskosten, die unabhängig vom Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung auch über eine Grundgebühr abgerechnet werden können, werden u. a. auch die Personalkosten für das Stammpersonal gerechnet (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 29. November 2001 - 5 D 25/00 -, zit. n. juris, Rz 94; Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2013, § 6 Nr. 7.2.3.1). Transformiert auf den Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG bedeutet die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V, dass Kosten, die der Mitgliedsgemeinde nicht in Abhängigkeit der Größe der Flächen und deren Nutzungsart entstehen, auch nach einem flächen- und nutzungsartunabhängigen Maßstab auf die Umlagepflichtigen verteilt werden können. Damit ist die Möglichkeit eröffnet, die Verwaltungskosten nach einem für die Verteilung des Verwaltungsaufwandes passenden Wirklichkeits- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu regeln (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22. November 2006 - 9 B 13.05 -, zit. n. juris, Rz 19 zu der vergleichbaren Rechtslage in Brandenburg).

31

Ob und auf welche Art und Weise dies geschieht, steht nach § 3 Abs. 1 GUVG i. V. m. § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V im pflichtgemäßen Ermessen des kommunalen Satzungsgebers. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, verfügt der Satzungsgeber bei der Bemessung von Gebühren über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum. Verfolgt die Gebühr den Zweck der Kostendeckung, darf dieser Zweck bei der Bemessung der Gebühr nicht gänzlich aus dem Auge verloren werden. Die gerichtliche Kontrolle der Gebührenbemessung darf daher nicht überspannt werden. Gebühren werden in der Regel in Massenverfahren erhoben, bei denen die Gebühr vielfach nur nach Wahrscheinlichkeit und Vermutung in gewissem Maß vergröbert bestimmt und pauschaliert werden kann. Bei der Ordnung der Gebührenerhebung ist der Gesetz- und Verordnungsgeber daher berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtblick zu erfassen und generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 13. April 2005 - 6 C 5.04 -, zit. n. juris, Rz 16).

32

Nach diesen Grundsätzen beurteilt, ist die hier in Rede stehende und nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG bereits vorgezeichnete Aufteilung der umlagefähigen Kostenmassen, bestehend aus dem Beitrag an den Unterhaltungsverband einerseits und den bei der Umlage entstehenden Verwaltungskosten andererseits, sowie die Verteilung der Verwaltungskosten zu jeweils gleichen Teilen auf die betroffenen Flurstücke nicht zu beanstanden. Den vorliegenden Kalkulationsunterlagen zur Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 ist zu entnehmen, dass der Satzungsgeber als nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG umlagefähige Verwaltungskosten ausschließlich Personalkosten in Höhe von 4.150,00 EUR veranschlagt hat, was bei der Gesamtzahl von 5059 zu berücksichtigenden Flurstücken einen Betrag von 0,82 EUR je Flurstück ergibt. Dieser Verteilungsmaßstab entspricht im vorliegenden Fall den oben dargestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gebührenbemessung. Wie sich aus der Gebührensatzung ergibt und den angefochtenen Bescheiden anschaulich zu entnehmen ist, besteht die abzugeltende Tätigkeit des Personals im Wesentlichen in der Erfassung der einzelnen Flurstücke nach Bezeichnung, Größe und Nutzungsart, ihrer Zuordnung zu den in § 3 Abs. 3 Satz 1 GS festgelegten Gebührenmaßstäben sowie der Errechnung der daraus resultierenden Gebührenhöhe bzw. der Eingabe der entsprechenden Daten in ein Computerprogramm, welches die Berechnung vornimmt. Die Tätigkeit des mit der Gebührenerhebung befassten Personals erscheint mithin ganz überwiegend flurstücksbezogen und rechtfertigt die Verteilung der dadurch entstehenden Personalkosten auf einen bestimmten Betrag je Flurstück, wie in § 3 Abs. 3 Satz 2 GS geschehen. Dies kann auch sowohl für die Folgejahre nach einer erstmaligen Erfassung der Flurstücke als auch – wie im vorliegenden Fall – bei einem Sammelbescheid für mehrere Jahre angenommen werden, weil die Daten für jedes Jahr der Gebührenerhebung gesondert auf entsprechende Veränderungen hin geprüft und ggf. geändert werden müssen. Die dabei durch das Einpflegen neuer Daten bei einzelnen Flurstücken auftretenden Unterschiede in der Bearbeitungszeit der Flurstücke sind im Rahmen des anzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes von untergeordneter Bedeutung und können deshalb bei der flurstücksbezogenen Verteilung der Personalkosten hingenommen werden. Soweit die Kläger dagegen einwenden, es sei nicht ansatzweise zwingend, dass der Aufwand bei allen Flurstücken stets gleich und dementsprechend jedes Flurstück gleich zu berechnen sei, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar sind Fälle denkbar, bei denen ein Flurstück unterschiedliche Nutzungsarten aufweist und dementsprechend nach § 3 Abs. 3 und 4 GS die auf jede Teilfläche entfallende Gebühr getrennt zu ermitteln ist, was den Verwaltungsaufwand für ein solches Flurstück erhöht. Dies stellt jedoch einen Ausnahmefall von der Regel dar, nach der für die Flurstücke im allgemeinen jeweils eine einheitliche Nutzungsart i. S. v. § 3 Abs. 3 GS ausgewiesen ist und deshalb der Aufwand für Erfassung und Bewertung in aller Regel flurstücksbezogen gleich hoch ist. So auch im vorliegenden Fall: Sämtliche 64 Flurstücke des Klägers zu 1.) in der Gemarkung L. weisen jeweils nur eine Nutzungsart i. S. v. § 3 Abs. 3 GS auf. Eine Regelung wie die vorliegende, die den Regelfall zutreffend erfasst, ist nach den oben dargestellten Voraussetzungen auch dann nicht zu beanstanden, wenn sie im Wege der notwendigen Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung im Einfall auftretende Abweichungen außer Acht lässt.

33

Die so vorgenommene Umlage der veranschlagten Verwaltungskosten verursacht auch entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts bei kleinen Grundstücken kein grobes Missverhältnis zu dem vom Landesgesetzgeber verfolgten Regelungszweck. Eine Gebühr entbehrt von Verfassungs wegen einer sachlichen Rechtfertigung, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu dem vom Gesetzgeber verfolgten legitimen Gebührenzweck steht (BVerwG, Urt. v. 13. April 2005, a. a. O.). Anerkannt ist, dass die Kostendeckung ein legitimer Gebührenzweck ist. Mit Gebühren wird regelmäßig die besondere Zweckbestimmung verfolgt, Einnahmen zu erzielen, um spezielle Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken (BVerfG, Urt. v. 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. -, zit. n. juris Rz 58). Regelungszweck des § 3 Abs. 3 Satz 2 GS ist die Deckung der durch die Umlage nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG entstehenden Verwaltungskosten und nicht die Refinanzierung des vom Gewässerunterhaltungsverband erhobenen Beitrages. Letzterer wird durch die flächen- und nutzungsartbezogenen Gebühren nach § 3 Abs. 3 Satz 1 GS refinanziert. Es besteht bei kleinen Grundstücken also kein grobes Missverhältnis zwischen Verwaltungszuschlag und Gebührenzweck (Deckung der Verwaltungskosten), sondern allenfalls ein vom Empfänger des Gebührenbescheides u. U. subjektiv so empfundenes Missverhältnis zwischen der geringen Höhe der Beitragsumlage und dem im Verhältnis dazu höheren Aufwand für die Erhebung dieser Umlage. Dieser Umstand ist die zwangsläufige Folge der flächenbezogenen Verteilung der Umlage, weil die Kosten der Erhebung im Einzelfall nicht in Abhängigkeit zur Größe der veranlagten Fläche stehen, also nicht um so geringer ausfallen, je kleiner die Grundstücke sind. Die Gemeinde kann aber auch nicht auf die Erhebung der Gebühren bei kleinen Grundstücken verzichten, da sie sonst bei der Vielzahl solcher kleiner Grundstücke einen beachtlichen Teil der an den Gewässerunterhaltungsverband geleisteten Beiträge nicht refinanzieren könnte. Darüber hinaus würde eine flächenbezogene Umlage der Verwaltungskosten bei kleinen Grundstücken dazu führen, dass Bescheide im unteren Centbereich ergehen müssten, was der Akzeptanz der Gebührenerhebung wohl mindestens ebenso wenig förderlich wäre, wie die hier gewählte Verteilung der Verwaltungskosten.

34

Der weitere Einwand der Kläger im Berufungsverfahren, der Beklagte habe es bisher versäumt zu erläutern, woher er eigentlich die Höhe des Betrages von 0,82 EUR/Flurstück nehme, lässt keinen Zweifel an der Wirksamkeit der GS aufkommen. Wie bereits oben dargestellt, ist den vorliegenden Kalkulationsunterlagen zur Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 zu entnehmen, dass der Satzungsgeber als nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG umlagefähige Verwaltungskosten ausschließlich Personalkosten in Höhe von 4.150,00 EUR veranschlagt hat, was bei der Gesamtzahl von 5059 zu berücksichtigenden Flurstücken einen Betrag von 0,82 EUR je Flurstück ergibt. Der in § 3 Abs. 3 S. 2 GS festgesetzte Betrag von 0,82 EUR je Flurstück ergibt sich mithin unschwer aus den veranschlagten Verwaltungskosten geteilt durch die Anzahl der Flurstücke. Beide Daten haben die Kläger nicht substantiiert bestritten. Der von den Klägern bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragene Einwand, dass der flurstücksbezogene Aufwand nach der erstmaligen Erfassung der Flurstücke in den Folgejahren durch den Einsatz elektronischer Datenverarbeitung, wie etwa den Abgleich mit anderen bei der Stadt A-Stadt vorhandenen Steuerdateien, drastisch sinken müsste, kann bei entsprechendem Einsatz solcher technischer Mittel zwar nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die Kläger tragen im Berufungsverfahren aber keine näheren Umstände vor, die den Schluss zuließen, dass der flurstücksbezogene Aufwand nach der erstmaligen Erfassung der Daten in einem Maße zurückgegangen sein könnte, das die Kalkulation der Personalkosten für die Folgejahre als fehlerhaft erscheinen ließe. In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen, die unwidersprochen ausgeführt hat, dass der zugrunde gelegte Personalkostenaufwand mit 10 % der Personalkosten für die zuständige Mitarbeiterin sehr vorsichtig gewählt sei und in Wirklichkeit etwa 30 % der Personalkosten zu veranschlagen wären. Die Annahme von durchschnittlich 10 % der Personalkosten im Rahmen der Kalkulation über einen Zeitraum von mehreren Veranlagungsjahren würde die tatsächlich anfallenden Personalkosten also selbst dann noch im Rahmen des anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes zutreffend darstellen, wenn die Kosten in den Folgejahren nach der erstmaligen Erfassung der Flurstücke tatsächlich gesunken wären.

35

Dem im erstinstanzlichen Verfahren vom Kläger zu 1.) vorgetragenen Einwand, der Beklagte habe es versäumt zu prüfen, ob die Wegeparzellen auf den Grundstücken in L. grundsteuerpflichtig seien und falls dies nicht zutreffe, sei er mit diesen Flächen selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband und nicht gebührenpflichtig, musste im Berufungsverfahren nicht weiter nachgegangen werden. Zum einen hat der Kläger zu 1.) selbst nicht behauptet, dass es sich bei den Wegeparzellen um von der Grundsteuer befreite, dem öffentlichen Verkehr dienende Straßen, Wege und Plätze i. S. v. § 4 Nr. 3 Buchst. a) Grundsteuergesetz (GrStG) handelt; zum anderen ist ein solcher Sachverhalt auch sonst nicht erkennbar. Voraussetzung für eine Grundsteuerfreiheit ist nämlich eine öffentliche Straße i. S. d. Straßenrechts (BFH, Urt. v. 9. Mai 1990 - II R 170/87 - zit. n. juris). Waldwege sind in der Regel keine öffentlichen Straßen i. S. d. Straßenrechts.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 159 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. 708 Nr. 10, 711 ZPO.

38

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 27. Oktober 2008 - 3 B 1161/08 - zu Ziffer 1. wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.139,29 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des Umfangs der Heranziehung der Antragstellerin zu Gebühren für den Bezug von Trinkwasser im Monat Januar 2008 für die Verbrauchsstelle der Antragstellerin unter der Anschrift .... .

2

Mit streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 04. März 2008 setzte der Antragsgegner in Abweichung zu seinem vorherigen Bescheid vom 07. Februar 2008 für den Abrechnungszeitraum 01. bis 31. Januar 2008 Wassergebühren in Höhe von 61.986,33 Euro fest. Der Bescheid vom 07. Februar 2008 hatte zuvor für denselben Zeitraum und dieselbe Verbrauchsmenge eine Gebühr von 49.429,16 Euro vorgesehen.

3

Dem Änderungsbescheid vom 04. März 2008 lag eine zwischenzeitliche Veränderung des maßgeblichen Satzungsrechts des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen (ZWAR) betreffend die Refinanzierung der Kosten für die Herstellung der zentralen Anlage der Trinkwasserversorgung zugrunde: Ursprünglich sah die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 in ihrem § 1 Abs. 2 Buchst. a) die Erhebung von Anschlussbeiträgen vor. Auf entsprechende Anfrage des Senats hat der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, dass auf dieser rechtlichen Grundlage Trinkwasseranschlussbeiträge im Umfang von rund 5 bis 6 Mio. Euro erhoben worden seien, was ca. 6 bis 8 % des gesamten zu erhebenden Beitragsvolumens entspreche. In annähernd allen offenen Fällen wäre - so der Antragsgegner - bei unterstellter Wirksamkeit der Wasserversorgungsbeitragssatzung mit Ablauf des 31. Dezember 2008 Festsetzungsverjährung eingetreten.

4

Am 28. August 2008 hat die Verbandsversammlung des ZWAR die Satzung des ZWAR zur Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung (Aufhebungssatzung) beschlossen, die am 03. September 2008 ausgefertigt wurde. Die Aufhebungssatzung enthält zwei Bestimmungen:

5

§ 1
Aufhebung

6

Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002, in der Fassung der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004, wird ersatzlos aufgehoben.

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§ 2
Inkrafttreten

8

Diese Satzung tritt rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft.

9

In der Beschlussvorlage zur Aufhebungssatzung heißt es u.a.: "Vorgelegt wird ein förmlicher Satzungsbeschluss zur Aufhebung der Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2008".

10

Dem Erlass der Aufhebungssatzung vorausgegangen war ein - von der Kommunalaufsicht wegen seiner Form als ungeeignet zur Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung bewerteter - einfacher Beschluss der Verbandsversammlung vom 27. Februar 2008 über die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung. In der Beschlussvorlage dazu hieß es im Wesentlichen, § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V eröffne als "Soll-Regelung" bei Vorliegen einer atypischen Situation die Möglichkeit, auf eine Beitragserhebung zu verzichten und eine reine Gebührenfinanzierung zu installieren. Eine solche atypische Situation werde im Verbandsgebiet gesehen. Insbesondere die unterschiedliche saisonale Auslastung der Wasserversorgungsanlagen und die Heranziehung der überwiegend großen Grundstücke im ländlichen Raum der Insel Rügen zu Beiträgen ließen ein reines Gebührenmodell opportun erscheinen. Durch das Innenministerium sei mit Schreiben vom 24. Januar 2008 bestätigt worden, dass bei Einführung des sogenannten Gebührenmodells keinerlei rechtsaufsichtliche Beanstandungen erfolgen würden.

11

Unter dem 27. Januar 2008 hatte die Verbandsversammlung die Satzung des ZWAR über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung - Wasserversorgungsgebührensatzung (nachfolgend: WVGS) beschlossen, ausgefertigt am 20. März 2008. Auch diese Satzung trat rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft. In § 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS heißt es, der ZWAR erhebe nach Maßgabe der Wasserversorgungsgebührensatzung Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung zur Deckung der Kosten gemäß § 6 Abs. 2 KAG M-V sowie zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen. Die Zusatzgebühr (auch Mengen- oder Verbrauchsgebühr) beträgt gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS 1,77 Euro/cbm. Demgegenüber regelte die Vorläuferbestimmung des § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS 2005 vom 03. November 2005 insoweit einen Gebührensatz von 1,41 Euro/cbm.

12

Den am 28. März 2008 beim Antragsgegner eingegangenen Widerspruch der Antragstellerin gegen den Änderungsbescheid, der u. a. darauf verwies, dass der erhöhte Gebührensatz bei ihr - als Vielfaches der "Anschlussgebühren" - zu jährlichen Mehrkosten in der Größenordnung von 72.000,00 Euro führe, hat dieser mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2008 - zugestellt am 19. Juli 2008 - zurückgewiesen und dabei erklärt, eine weitere Vollziehungsaussetzung werde nicht erfolgen.

13

Dem darauf beschränkten Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der - am 01. August 2008 erhobenen - Klage (Az. 3 A 1156/08 VG Greifswald) gegen den Änderungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides insoweit anzuordnen, als die Festsetzung den Betrag von 49.429,16 Euro übersteigt, hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. Oktober 2008 zu Ziffer 1. stattgegeben.

II.

14

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den ihm am 03. November 2008 zugestellten Beschluss, die mit dem am 07. November 2008 eingegangenen Schriftsatz fristgemäß (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegt und ebenso fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) begründet worden ist, hat im Ergebnis keinen Erfolg.

15

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

16

In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht - dem Darlegungserfordernis genügend - geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden. Die Beschwerde bleibt erfolglos, wenn sich die erstinstanzliche Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist und - soweit die entsprechenden Umstände bzw. rechtlichen Überlegungen bislang nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren - den Beteiligten hierzu zuvor rechtliches Gehör gewährt worden ist.

17

1. Dem Verwaltungsgericht ist im Ergebnis darin zuzustimmen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides bestehen, weil es dem Bescheid an einer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderlichen wirksamen Rechtsgrundlage jedenfalls insoweit fehlt, als der vorliegend allein streitgegenständliche "Erhöhungsbetrag" von 12.500,00 Euro in Rede steht; insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.

18

Mangels wirksamer Regelung zum Abgabensatz gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V ist die Satzung des ZWAR über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung - Wasserversorgungsgebührensatzung - vom 20. März 2008 (WVGS) unwirksam. Die Bestimmung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 WVGS, wonach die Zusatzgebühr 1,77 Euro beträgt, beruht auf einer methodisch fehlerhaften Kalkulation.

19

Nach Maßgabe der Beschlussvorlage betreffend die Trinkwassergebührenkalkulation 2008 vom 22. Februar 2008 ist "in dieser Kalkulation ... die Nichterhebung von Trinkwasserbeiträgen eingeflossen". Dies kann nur so verstanden werden, dass insbesondere die gemäß der erstinstanzlich vom Antragsgegner übermittelten Übersicht vom 08. September 2008 bis einschließlich 2007 bereits in einem Umfang von ca. 6,5 Mio. Euro erhobenen Trinkwasserbeiträge bei der Kalkulation der Zusatzgebühr, mit der auch der Aufwand für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen ersetzt werden soll, außer Betracht geblieben sind. Dies zeigen die unter den laufenden Nummern 4 und 5 der tabellarischen Übersicht "Gebührenkalkulation Trinkwasser 2008" ausgewiesenen Beträge für "Fördermittel/Zuschüsse/Beiträge per 31.12.2008" und "Fördermittel/Zuschüsse/Beiträge", die deutlich niedriger als die entsprechenden Beträge in der "Zusammenstellung Gebührenkalkulation Trinkwasser 2005 - 2007" unter der dortigen laufenden Nr. 4 sind. Außerdem hat der ZWAR ausweislich des Berichts der B... über die Prüfung des Lageberichts und des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 bereits eine Rückstellung für die Rückzahlung der vereinnahmten Trinkwasserbeiträge innerhalb der sonstigen Rückstellungen in Höhe von 6.543.000,00 Euro ausgewiesen. Diese Rückzahlung hat er laut Presseberichten öffentlichkeitswirksam für das Jahr 2009 angekündigt; sie ist allerdings laut Antwort auf eine entsprechende Anfrage des Senats noch nicht ins Werk gesetzt worden. Der Antragsgegner hat zwischenzeitlich ausdrücklich noch einmal bestätigt, dass die Trinkwassergebührenkalkulation dem vollzogenen Systemwechsel gemäß so angelegt sei, als habe es gleichsam nie Trinkwasserbeiträge gegeben; mithin sei insbesondere keinerlei aufwandsmindernde Berücksichtigung vereinnahmter Beiträge erfolgt, da diese ja vollständig an die Berechtigten ausgekehrt werden würden. Diese Nichtberücksichtigung der bis einschließlich 2007 vereinnahmten Trinkwasserbeiträge im Rahmen der Gebührenkalkulation 2008 erweist sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners mit Schriftsätzen vom 19. und 20. Mai 2009 als methodisch fehlerhaft, da auf der Grundlage des derzeitigen Standes des Satzungsrechts rechtlich nicht haltbar.

20

Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern muss dem normsetzenden Organ, hier der Verbandsversammlung, - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtsetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtsetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können (st. Rspr. des OVG Greifswald, vgl. z.B. Urt. v. 02.06.2004 - 4 K 38/02 -, DVBl. 2005, 64 = juris; Urt. v. 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, VwRR MO 2001, 175 = ZKF 2001, 160 = KStZ 2001, 174 = LKV 2001, 516 = DÖV 2001, 610 = DVBl. 2001, 1376 = FiWi 2002, 251 = Überblick 2001, 249; Urt. v. 25.02.1998 - 4 K 8/97 -, 1998 NordÖR 1998, 256 = VwRR MO 1998, 227 = KStZ 2000, 12 = NJ 1998, 609 = NVwZ-RR 1999, 144 = ZKF 1999, 111 = GemH 1999, 234 = Überblick 1998, 518; Urt. v. 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, RAnB 1995, 229 = FiWi 1995, 259 = KStZ 1996, 114 = NJ 1995, 448 = MDR 1995, 972 = ZKF 1995, 230 = DVBl. 1995, 1146 = Überblick 1995, 324; ebenso VGH Mannheim, Beschl. v. 29. Oktober 2003 - 2 S 1019/02 -, NVwZ-RR 2004, 286, 289, Urt. v. 04.12.2003 - 2 S 2669/02 -, NVwZ-RR 2004, 293 ff.).

21

Die Ungültigkeit einer Abgabensatzung ist dann anzunehmen, wenn erstens in erheblichem Umfang nicht beitrags- oder gebührenfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, oder zweitens, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht (OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 - 4 K 38/02 -, DVBl. 2005, 64 = juris; Urt. v. 7.11.1996 - 4 K 11/96 -, RAnB 1997, 179 = VwRR MO 1997, 13 = FiWi 1999, 234 = NJ 1997, 280 = ZKF 1997, 157 = DVBl. 1997, 1072 = LKV 1997, 422 = Überblick 1997, 298). Die Ungültigkeit eines Abgabensatzes tritt als zwingende Folge immer dann ein, wenn die unterbreitete Kalkulation in einem für die Abgabenhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft ist, weil das Vertretungsorgan ansonsten ein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 - 4 K 38/02 -, DVBl. 2005, 64 = juris; Urt. v. 25.02.1998 - 4 K 8/97 -, NordÖR 1998, 256 = VwRR MO 1998, 227 = KStZ 2000, 12 = NJ 1998, 609 = NVwZ-RR 1999, 144 = ZKF 1999, 111 = GemH 1999, 234 = Überblick 1998, 518).

22

Die Nichtberücksichtigung der bis einschließlich 2007 vereinnahmten Trinkwasserbeiträge im Rahmen der Gebührenkalkulation 2008 war und ist jedenfalls auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats rechtlich nicht zulässig und infolgedessen methodisch fehlerhaft:

23

Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 sah in ihrem § 1 Abs. 2 Buchst. a) die Erhebung von Anschlussbeiträgen vor. Aufgrund von entsprechenden Trinkwasserbeitragsbescheiden sind Beiträge im genannten Umfang erhoben worden.

24

Die Aufhebungssatzung des ZWAR vom 03. September 2008 hat die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 zwar gemäß ihrem § 1 ersatzlos aufgehoben. Nach diesem Wortlaut ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Aufhebung ex tunc, also von Anfang an, erfolgen sollte. Insbesondere folgt dies entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners nicht aus der Verwendung des Begriffs "ersatzlos". Eine "ersatzlose" Aufhebung kann auch mit Wirkung für die Zukunft erfolgen, ist also nicht gleichbedeutend mit einer rückwirkenden Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens. Da die rückwirkende Aufhebung einer Beitragssatzung in diesem Sinne in erheblichem Ausmaß Rückabwicklungsfragen impliziert, wäre auch eine insoweit schon nach dem Wortlaut eindeutige Regelung zu erwarten gewesen.

25

Systematisch betrachtet spricht zudem § 2 der Aufhebungssatzung gegen eine im vorstehenden Sinne rückwirkende Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung "von Anfang an": Nach ihrem § 2 sollte die Aufhebungssatzung rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft treten. Hätte bereits ihr § 1 die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens ex tunc aufheben sollen, ist nicht ersichtlich, wieso es dann einer rückwirkenden Inkraftsetzung der Aufhebungssatzung - auf den 01. Januar 2008 - bedurft hätte. Dann enthielte die Aufhebungssatzung gleichsam eine doppelte Rückwirkungsregelung. Der Antragsgegner räumt selbst ein, dass die Rückwirkung gemäß § 2 der Aufhebungssatzung dann "schlechterdings entbehrlich" wäre. Schließlich erfordert eine Systemumstellung auch nicht zwingend eine rückwirkende Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung "von Anfang an".

26

Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme eines Redaktionsversehens mit der doppelten Konsequenz, § 1 der Aufhebungssatzung einen ergänzenden Inhalt entnehmen und in § 2 die dort geregelte - begrenzte - Rückwirkung ausblenden zu müssen.

27

Auch die Entstehungsgeschichte liefert für die vom Antragsgegner bevorzugte "Auslegung" der Aufhebungssatzung keine genügenden Anhaltspunkte. Weder im Beschluss vom 27. Februar 2008 noch in der entsprechenden Beschlussvorlage findet sich die Aussage, die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung solle rückwirkend erfolgen. Die Stellungnahme der Rechtsaufsichtsbehörde vom 24. April 2008 mag Anlass für die Rückwirkungsregelung in § 2 gewesen sein; im Sinne des Beschwerdevorbringens ist sie unergiebig. Gegen das Verständnis des Antragsgegners spricht zudem die Erläuterung der Beschlussvorlage zum TOP 8.4 der Verbandsversammlung vom 28. August 2008, in der es heißt, "vorgelegt wird ein förmlicher Satzungsbeschluss zur Aufhebung der Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2008". Hier ist also gerade davon die Rede, dass die Wasserversorgungsbeitragssatzung rückwirkend zum 1. Januar 2008 aufgehoben werden soll. Angesichts dieser Erläuterung spricht Überwiegendes dafür, dass auch die Mitglieder der Verbandsversammlung bei ihrer Beschlussfassung über die Aufhebungssatzung davon ausgegangen sind, die Wasserversorgungsbeitragssatzung solle - nur - rückwirkend zum 1. Januar 2008 aufgehoben werden. Dieser Umstand steht erst recht der Annahme eines redaktionellen (= unbeachtlichen) Versehens bei der Formulierung der Aufhebungssatzung entgegen.

28

Im Übrigen kann der Antragsgegner schon wegen § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO mit seinem vorstehend wiedergegebenen Vorbringen nicht durchdringen, da das Verwaltungsgericht ausdrücklich davon ausgegangen ist, dass "jedenfalls die vor dem 31.12.2007 entstandenen sachlichen Beitragspflichten ... durch die rückwirkende Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung nicht berührt worden (sind), da die Rückwirkung nur bis zum 01.01.2008 reicht"; innerhalb der Begründungsfrist ist der Antragsgegner diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht entgegen getreten, so dass sein entsprechender Vortrag mit Schriftsatz vom 19. Mai 2009 auch nicht als Vertiefung bisherigen fristgemäßen Vorbringens betrachtet werden kann.

29

Im Ergebnis hat die Aufhebungssatzung die Rechtsgrundlage für eine Beitragserhebung in Gestalt der Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 erst ab dem 01. Januar 2008 zukunftsgerichtet entfallen lassen. Die Wasserversorgungsbeitragssatzung vom 09. Oktober 2002 i. d. F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung vom 18. Juni 2004 ist folglich hinsichtlich der bis einschließlich 2007 erlassenen Trinkwasserbeitragsbescheide nach wie vor wirksame Rechtsgrundlage. Da der Antragsgegner nach Maßgabe des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung an das Satzungsrecht des ZWAR auch insoweit gebunden bzw. zum Vollzug der Satzung verpflichtet ist, bestand und besteht - jedenfalls derzeit noch - für ihn keine - ohne Weiteres - rechtlich zulässige Möglichkeit, die Trinkwasserbeitragsbescheide aufzuheben bzw. die Beitragserhebung rückgängig zu machen. Auch sonst ist insbesondere keine satzungsrechtliche Bestimmung ersichtlich, die ihm dies erlauben würde. In diesem Sinne bzw. die bereits erfolgte Beitragserhebung betreffend ist dem Verwaltungsgericht darin zuzustimmen, wenn es ausführt, der Antragsgegner könne über bereits entstandene - und befriedigte - Ansprüche (auf Beitragszahlungen) nicht frei verfügen bzw. solche Ansprüche aufgeben.

30

Auch der Vortrag des Antragsgegners gemäß Schriftsatz vom 20. Mai 2009, er habe nicht die Absicht, von seinem "Recht zum Behalten der vereinnahmten Beiträge Gebrauch zu machen", und insoweit verschiedene Möglichkeiten, dies zu dokumentieren bzw. umzusetzen, vermag an diesen Erwägungen nichts zu ändern. Abgesehen davon, dass der Antragsgegner von den seinerseits angesprochenen Optionen augenscheinlich noch keinen Gebrauch gemacht hat, verkennt dieses Vorbringen, dass nicht nur ein "Recht zum Behalten der vereinnahmten Beiträge" besteht, sondern nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen eine entsprechende Pflicht, die jedenfalls derzeit das vom Antragsgegner erwogene Vorgehen verbieten dürfte. Die Frage der Modalitäten der Rückabwicklung im Falle gezahlter Beiträge stellt sich zumindest deshalb derzeit nicht bzw. ist im vorliegenden Kontext unerheblich.

31

Folglich mussten die vereinnahmten Trinkwasserbeiträge - was nicht geschehen ist - im Rahmen der Gebührenkalkulation 2008 aufwandsmindernd berücksichtigt werden.

32

2. Auch wenn es hierauf nicht mehr entscheidungserheblich ankommt, sieht der Senat im Interesse der Beteiligten Anlass zu folgenden Hinweisen betreffend die vom Verwaltungsgericht angenommenen Verstöße der Wasserversorgungsgebührensatzung 2008 gegen die "Soll-Regelung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V (a) und gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung (b).

33

a) § 1 Abs. 1 Buchst. a) WVGS 2008 bestimmt, dass der ZWAR nach Maßgabe der Wasserversorgungsgebührensatzung Gebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung zur Deckung der Kosten gemäß § 6 Abs. 2 KAG M-V sowie zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen erhebt. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt diese Bestimmung hinsichtlich der Regelung zur Deckung des Aufwandes für die Herstellungskosten gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V.

34

Nach dieser Vorschrift sollen zur Deckung des Aufwandes für die Anschaffung und Herstellung der notwendigen öffentlichen Einrichtungen zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wasser oder Wärme oder zur leitungsgebundenen Abwasserentsorgung Anschlussbeiträge erhoben werden.

35

Eine im Sinne dieser "Soll-Bestimmung" erforderliche atypische Situation (vgl. hierzu etwa VG Schwerin, Urt. v. 26.04.2007 - 4 A 1319/06 -; VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.1004 - B 4 K 04.578 -, juris), die es erlaubte von einer Beitragserhebung vollständig abzusehen, liege im Falle des ZWAR nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht vor.

36

Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Refinanzierung des beitragsfähigen Aufwandes für die in § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V genannten Maßnahmen in der Regel ganz oder zumindest zum überwiegenden Teil durch eine Beitragserhebung erfolgen müsse. Dem werde dadurch Rechnung getragen, dass ein Deckungsgrad von 70 % oder mehr angestrebt werde (S. 7 des Beschlusses). Das Verwaltungsgericht beruft sich dabei - mit "vgl. " - auf das Urteil des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 02. Juni 2004 - 4 K 38/02 - (DVBl. 2005, 64 = juris). Diesen Ansatz greift es dann später mit seiner Annahme auf, eine am Regelungsziel des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V orientierte Ausnahme sei immer dann gegeben, wenn die Eigenkapitalausstattung für die betreffende Maßnahme - aus welchen Gründen auch immer - so gut sei, dass der Kreditbedarf des Aufgabenträgers bei einer überwiegenden Gebührenfinanzierung der Anlage ein Maß von etwa 1/3 der Herstellungskosten nicht deutlich übersteige. Für die Bemessung der Quote sei maßgeblich, dass § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V den Aufgabenträger nicht dazu zwinge, bei der Erhebung von Anschlussbeiträgen einen Deckungsgrad von 100 % anzustreben; vielmehr sei der Deckungsgrad von nur 70 % nach der bereits genannten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern "voraussetzungslos" zulässig. Damit werde akzeptiert, dass die Refinanzierung von 30 % der Herstellungskosten durch Gebühren erfolge und insoweit ein Kreditbedarf des Aufgabenträgers bestehen könne, wobei diese Quote nicht als feste Grenze, sondern als Richtwert zu verstehen sei.

37

An diese Maßgaben anknüpfend nimmt das Verwaltungsgericht dann in den Blick, ob der ZWAR hinsichtlich der von ihm vorgesehenen reinen Gebührenfinanzierung des Herstellungsaufwandes die zulässige Kreditquote deutlich übersteigt.

38

Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass die - wesentlich mit entscheidungstragenden - Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts den Eindruck erwecken, das OVG Mecklenburg-Vorpommern habe in seinem Urteil vom 02. Juni 2004 - 4 K 38/02 - (a.a.O.) im Kontext des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG (M-V) eine Mindestgrenze für die Deckung des Herstellungsaufwandes durch Beiträge dergestalt festgelegt, dass ein Deckungsgrad von 70 % oder mehr angestrebt werde bzw. anzustreben sei und jedenfalls ein solcher Deckungsgrad "voraussetzungslos" zulässig sei. Derartige Aussagen, die diese und die daran anknüpfenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts stützen könnten, lassen sich diesem in Bezug genommenen Urteil jedoch nicht entnehmen. Zwar ist in dem Urteil der Gesichtspunkt des Deckungsgrades angesprochen, dies jedoch in einem anderen Zusammenhang: In dem dortigen Verfahren ging es ausschließlich um die Frage, ob die sich aus einem Schreibfehler in der Kalkulation ergebende geringfügige Verschiebung des tatsächlichen Deckungsgrades durch Beiträge (71,24 %) gegenüber dem beschlossen Deckungsgrad von 70,01 % unter verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln einen beachtlichen Mangel der angegriffenen Satzung begründet habe (dort verneint). Mit dem erforderlichen Maß der beitragsfinanzierten Deckung befasst sich das Urteil demgegenüber nicht; es enthält - mangels diesbezüglicher Rügen - keine näheren Erwägungen hierzu. Allenfalls kann man der Entscheidung entnehmen, dass das Oberverwaltungsgericht den beschlossenen bzw. tatsächlichen Deckungsgrad nicht in einer Weise für offensichtlich problematisch erachtet hat, die eine nähere Auseinandersetzung erfordert hätte.

39

Die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte "kritische Grenze" einer Kreditquote von etwa 1/3 bzw. 30 % findet demzufolge in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern keine Rechtfertigung. Das Verwaltungsgericht nennt auch keine rechtliche Grundlage, die - zumal nach dem Prüfungsmaßstab des summarischen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes - eine solche Grenzziehung erlaubte; insoweit wäre im Hinblick auf die Annahme einer solchen "Kreditquote" der Rahmen einer zulässigen richterlichen Rechtsauslegung bzw. Rechtsfortbildung zu bedenken. Im Übrigen müsste jedenfalls geprüft werden, ob eine entsprechende Grenze ggfs. anders zu ziehen wäre und ob nicht darüber hinaus den Umständen des Einzelfalles - dafür spricht das Erfordernis atypischer Umstände - maßgebliche Bedeutung zukommen müsste. Jedenfalls nach dem Prüfungsmaßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO) kann eine Grenzziehung im Sinne der angegriffenen Entscheidung nicht ohne Weiteres zum Erfolg des Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz führen.

40

Selbst wenn man der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Grenzziehung folgen wollte, erschließt sich aus der Begründung des angegriffenen Beschlusses nicht, warum es vorliegend unter diesem Blickwinkel die aufschiebende Wirkung der Klage nach dem Prüfungsmaßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im beantragten Umfang angeordnet hat. Das Verwaltungsgericht stellt ausdrücklich fest, die Frage der Kreditquote sei im vorliegenden Fall "offen"; die Angaben des Antragsgegners seien ungenau. Es gelangt dabei sogar zu der Annahme, dass die kritische Grenze durch den ZWAR unter bestimmten Voraussetzungen nicht überschritten bzw. eine "Punktlandung" erreicht worden sein könnte. Anschließend wirft es jedoch wiederum Gesichtspunkte in Form offener Fragen auf, die sich - bei entsprechender Klärung - im Ergebnis zu Lasten des ZWAR auswirken könnten. Diese Erwägungen münden schließlich darin, dass aus Sicht des Verwaltungsgerichts zweifelhaft sei, ob die Frage des Überschreitens der "kritischen" Grenze im Hauptsacheverfahren abschließend geklärt werden könne, wobei der Antragsgegner das Risiko der Nichterweislichkeit trage, was aus §9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V folge. Gelinge ihm der Beweis einer Ausnahme - also einer atypischen Situation - nicht, sei von einem Verstoß gegen die Grundregel auszugehen.

41

Hinsichtlich dieser abschließenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ist zu fragen, in welchem Verhältnis sie zu der Schlussfolgerung, die Frage der Kreditquote sei offen, stehen. Ist das Verwaltungsgericht der Auffassung, die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides sei unter dem hier erörterten Blickwinkel offen, wäre - abgesehen von der bereits angeschnittenen Frage des Maßstabes nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO - ggfs. eine Interessenabwägung unabhängig von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu erwarten gewesen. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung und hypothetische Beweislastentscheidung für das Hauptsacheverfahren bei gleichzeitiger Unterstellung, dass der Antragsgegner den aus Sicht des Verwaltungsgerichts erforderlichen Nachweis im Hauptsacheverfahren möglicherweise nicht würde führen können, erscheint nicht zulässig und setzt sich zudem in Widerspruch zu der Annahme, die Frage der "Kreditquote" sei offen. Die Aussage, wer sich auf eine Ausnahme berufe, müsse das Vorliegen ihrer Voraussetzungen darlegen und ggfs. auch beweisen, steht - zumal sich diese Erwägung auf das Hauptsacheverfahren bezieht - zudem nicht in Einklang mit dem Untersuchungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

42

Hinsichtlich der Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Frage des Verhältnisses von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zu § 44 Abs. 3 KV M-V und der sich daraus nach seinem Dafürhalten ergebenden Auslegung von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V ist über die im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 03. Dezember 2008 - 4 M 158/08 - hierzu enthaltenen Überlegungen hinausgehend - vorläufig - Folgendes anzumerken:

43

Die zentrale - systematisch abgeleitete - Argumentation des Verwaltungsgerichts geht dahin, dass die vollständige Refinanzierung des Herstellungsaufwandes über eine Gebührenerhebung einen deutlich höheren Kreditbedarf nach sich ziehe als eine Beitragsfinanzierung. Deshalb sei eine solche Gebührenfinanzierung grundsätzlich unzulässig bzw. nach Maßgabe der "Soll-Bestimmung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V nur ausnahmsweise zulässig. Für die Ermittlung atypischer Ausnahmen im Sinne dieser Vorschrift komme es allein auf die Höhe der Kreditfinanzierungsquote an.

44

Diese Überlegungen wendet das Verwaltungsgericht aber schon selbst nicht konsequent an, wenn es von einem Deckungsgrad von 70 % aufwärts an eine teilweise Gebührenfinanzierung - "voraussetzungslos" - für zulässig erachtet. Es wird nicht nachvollziehbar erläutert, warum die in diesem Fall im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichts anzunehmenden höheren Kreditkosten für die Vorfinanzierung eines Anteils an den Herstellungskosten von kleiner bzw. gleich einem Drittel ohne Weiteres, also gleichsam ohne Beachtung der "Soll-Bestimmung", zulässig sein sollen.

45

Zudem berücksichtigen die Überlegungen des Verwaltungsgerichts nicht, dass auch im Falle einer Beitragserhebung regelmäßig aus verschiedenen Gründen (z. B. Dauer des Heranziehungsverfahrens, unwirksame Rechtsgrundlagen, erst zukünftige Schaffung von Anschlussmöglichkeiten, Stundung) ein nicht unwesentlicher Teil der Herstellungskosten zunächst über Kredite gedeckt werden muss, so dass sich die Kreditkosten beider Refinanzierungsmöglichkeiten regelmäßig tatsächlich nicht in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Umfang unterscheiden dürften. Diese Frage bedarf einer sorgfältigen Klärung im Hauptsacheverfahren. Ihre Beantwortung kann das Gewicht des Arguments des Verwaltungsgerichts, § 44 Abs. 3 KV M-V zwinge zu der von ihm vorgenommenen Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, nachhaltig beeinflussen.

46

Ob die vom Antragsgegner angeführten Gründe die Annahme einer atypischen Situation im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KV M-V rechtfertigen können (insbesondere unterschiedliche saisonale Auslastung der Wasserversorgungsanlagen und die Heranziehung der überwiegend großen Grundstücke im ländlichen Raum), stellt sich hinsichtlich ihrer tatsächlichen Grundlagen nach dem Maßstab des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als offen dar; die Klärung dieser Frage dürfte - auch mit Blick auf das umfangreiche Vorbringen der Antragstellerin hierzu - dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten sein.

47

Zu beachten könnte zudem Folgendes sein: Zwischenzeitlich ist nach entsprechender Mitteilung des Antragsgegners wohl in nahezu allen Fällen, in denen ursprünglich - soweit noch nicht geschehen - eine Beitragserhebung hätte erfolgen können und nach Maßgabe der vormaligen Wasserversorgungsbeitragssatzung auch hätte erfolgen müssen, Festsetzungsverjährung eingetreten (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz KAG M-V). Dies beträfe gut 90 % des ursprünglichen Beitragsvolumens. In diesen Fällen bzw. in diesem Umfang dürfte folglich eine Refinanzierung des entsprechenden Herstellungsaufwandes durch Beiträge nicht mehr möglich sein. Wollte man nun in der Konsequenz der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch eine Gebührenfinanzierung aus Rechtsgründen für unzulässig erachten, wäre überhaupt keine Heranziehung der durch die Herstellung der Trinkwasserversorgungsanlage Bevorteilten zur Deckung der Herstellungskosten mehr möglich. Im Ergebnis würden diese entgegen den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes M-V der Allgemeinheit aufgebürdet. Damit würde jedenfalls ein mit Blick auf § 44 Abs. 3 KV M-V und § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V deutlich gesetzesfernerer Zustand zu verzeichnen sein, als ihn das Verwaltungsgericht in der Systemumstellung von Beitragserhebung auf Gebührenfinanzierung erblickt. Insoweit wäre zu erwägen, ob der Umstand, dass eine andere - vollständige - Refinanzierung des Herstellungsaufwandes nach dem Kommunalabgabengesetz M-V als diejenige über eine Gebührenerhebung nicht mehr möglich wäre, als atypische Situation im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zu werten sein könnte. Insoweit könnte dem ZWAR nach derzeitigem Erkenntnisstand auch wohl nicht vorgeworfen werden, er habe diese Situation absichtsvoll herbeigeführt, um letztlich damit den angestrebten Systemwechsel erreichen zu können. Denn der ZWAR ist - selbst wenn sich seine entsprechenden Erwägungen im Ergebnis nicht als tragfähig erweisen sollten - im Vorfeld jedenfalls davon ausgegangen, dass er sich auf atypische Umstände im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V berufen könne. Er hat sich insoweit auch entsprechend beim Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern rückversichert; die untere Rechtsaufsichtsbehörde ist der Systemumstellung ebenfalls nicht entgegen getreten. In dieser Situation könnte es dem Antragsgegner wohl nicht vorgehalten werden, dass er im Vertrauen auf das Zustandekommen des Systemwechsels offensichtlich - weiterhin - davon Abstand genommen hat, gewissermaßen vorsichtshalber tausende von Beitragsbescheiden zu versenden, um einer möglichen Festsetzungsverjährung zu entgehen, falls der angestrebte Wechsel letztlich fehlschlagen sollte (vgl. hierzu auch OVG Greifswald, Beschl. v. 03.12.2008 - 4 M 158/08 -). Dass die "Soll-Bestimmung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V gerade in solchen Fällen zum Tragen kommen soll, erscheint nicht fernliegend. Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat in dem zitierten Beschluss - im vorliegenden Kontext passend (der Antragsgegner hat jahrelang ohne Konsequenzen seitens der Rechtsaufsichtsbehörden sein eigenes Satzungsrecht faktisch weitgehend nicht angewandt) - in Erwägung gezogen, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V möglicherweise auch eine ggfs. bisherige rechtswidrige Verwaltungspraxis bestimmter Aufgabenträger im Bereich der Wasserversorgung legalisieren wollte. Dafür sprechen folgende Gesichtspunkte: Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses (LTDrs. 4/1576 zu Nummer 10, S. 75) führen aus, die Regelung über die Erhebung von Anschlussbeiträgen als Soll-Vorschrift "würde auch den Fällen gerecht werden, bei denen es in begründeten Ausnahmen bislang nicht zur Erhebung von Beiträgen gekommen sei. Zur Wahrung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sollte das Gesetz diesen Umständen Rechnung tragen und eine Soll-Regelung aufgreifen, die in atypischen Fällen gleichsam einen Verzicht auf die Erhebung von Beiträgen ermögliche". Entsprechend hat der Abgeordnete Müller für die Fraktion der SPD in der zweiten Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, Drs. 4/1307, ausgeführt (Plenarprotokoll 4/53 vom 09.03.2005, S. 2980, 2985 f.):

48

"Ich hielte es auch für einen vernünftigen Grund, auf Beitragserhebungen zu verzichten, wenn das bisherige Verfahren - wir leben ja nicht im luftleeren Raum, sondern in einer Wirklichkeit - eine Beitragssatzung als nicht durchsetzbar erscheinen lässt, wenn wir beispielsweise, und diesen Fall gibt es ja im Land, eine Situation haben, wo einst Beiträge erhoben worden sind, wo man auf eine reine Gebührenfinanzierung umgestiegen ist. Wenn wir jetzt in einer solchen Situation sagen würden, nein, wir gehen jetzt wieder zurück auf die Beiträge, ich glaube, dann würden wir uns öffentlich zum Affen machen. In einem solchen Fall soll die Ausnahmeregelung greifen."

49

Daneben nennt er weitere Umstände, die aus seiner Sicht bzw. der Sicht der Fraktion der SPD einen atypischen Fall begründen könnten (vgl. aber auch die Stellungnahme der Abgeordneten Schulz für die Fraktion des PDS, Plenarprotokoll 4/53 vom 09.03.2005, S. 2980, 2987).

50

Vor diesem Hintergrund gibt es zwar, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, keine "normative Kraft des Faktischen", aber möglicherweise eine normative Anerkennung des Faktischen durch den Gesetzgeber.

51

Das Verwaltungsgericht meint demgegenüber in seinem zwischen denselben Beteiligten ergangenen Beschluss vom 13. Januar 2009 - 3 B 2079/08 - (Beschwerdeverfahren Az. 1 M 19/09) unter Bezugnahme auf Sauthoff (in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 09/05, § 8 Rn. 1614), auch eine die Entstehungsgeschichte der Vorschrift berücksichtigende Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V führe zu der Annahme, dass der vom Zweckverband durchgeführte Wechsel des Refinanzierungssystems "jedenfalls im ländlichen Raum - wozu auch das Geschäftsgebiet des Antragsgegners zählt - unzulässig ist"; mit dieser Auffassung habe sich das OVG Mecklenburg-Vorpommern in seinem Beschluss vom 03. Dezember 2008 - 4 M 158/08 - nicht auseinandergesetzt. Hierzu ist zu bemerken, dass unter der angegebenen Fundstelle zu der Aussage des Verwaltungsgerichts lediglich die Stellungnahme des Landesrechnungshofes aus der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses (LTDrs. 4/1576, S. 43, 45) in einem kurzen Ausschnitt wiedergegeben wird, die zudem auch nicht dahin geht, dass pauschal jedenfalls im ländlichen Raum eine reine Gebührenfinanzierung bzw. Systemumstellung unzulässig sei, sondern dahin, dass "im ländlichen Raum ... dagegen der Verzicht auf die Beitragserhebung zu ökonomisch und sozial nicht mehr verträglichen Gebühren mit entsprechenden Vermeidungseffekten führen (dürfte)". Führte - was eine Überprüfung im Einzelfall erforderte - der Verzicht auf eine Beitragserhebung nicht zu derartigen Effekten, wäre folglich auch nach Auffassung des Landesrechnungshofes wohl eine Systemumstellung nicht von vornherein ausgeschlossen. Zudem verweist der Landesrechnungshof auch darauf, dass "nur dort, wo nur relativ wenige Beiträge entrichtet worden seien, ... daher verantwortbar die Rückzahlung der Beiträge in Erwägung gezogen werden (könne)". Diese Voraussetzungen könnten beim ZWAR gerade erfüllt sein. In seinem Beschluss vom 03. Dezember 2008 - 4 M 158/08 - hatte der 4. Senat auch keine Veranlassung, die Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V umfassend zu würdigen; dennoch sind insoweit auch Gesichtspunkte angesprochen worden, die im zu entscheidenden Fall entstehungsgeschichtlich gegen einen Systemwechsel hätten sprechen können (unter Angabe einer Fundstelle, die auch bei Sauthoff, a.a.O., zitiert wird). Im Übrigen ist zum Gesichtspunkt der Entstehungsgeschichte auf die vorstehenden Erwägungen zu verweisen.

52

Die in demselben Beschluss des Verwaltungsgerichts enthaltene Argumentation gegen ein mögliche Interpretation des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V im vorstehenden Sinne, diese erscheine mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG bedenklich, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, da sie ja ggfs. für die rechtliche Zulässigkeit eines Systemwechsels sprechen könnte. Wieso mit Blick auf die Soll-Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V und deren Auslegung "Fehler, die irreparabel und daher besonders schwerwiegend sind, abgabenrechtlich folgelos blieben", ist aufgrund der Pauschalität dieser Annahme nicht verständlich. Gleiches gilt für das Beispiel der "Überdimensionierung einer Anlage", die "im Rahmen einer Beitrags- oder Gebührenerhebung unbeachtlich sei".

53

b) Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung unabhängig tragend auch darauf gestützt, dass die Wasserversorgungsgebührensatzung vom 20. März 2008 i. d. F. der Änderung vom 03. September 2008 die aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragerhebung folgenden Anforderungen nicht hinreichend berücksichtige. Dem Verwaltungsgericht ist im Grundsatz darin zuzustimmen, dass dieser Grundsatz bzw. das Verbot der Doppelbelastung unter bestimmten Voraussetzungen einer Gebührenerhebung - teilweise - entgegenstehen kann; zweifelhaft erscheint jedoch seine Annahme, Grundlage des Verbots einer Doppelbelastung sei bereits das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht.

54

Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung besagt zum einen, dass die sachliche Beitragspflicht (abstrakte Beitragsschuld) für dieselbe öffentliche Einrichtung bzw. Teileinrichtung zu Lasten eines Grundstücks nur einmal entsteht. Ist sie entstanden, kann sie nach diesem Grundsatz nicht nachträglich zu einem anderen Zeitpunkt und in anderer Höhe noch einmal entstehen. Zum anderen schließt der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung das Verbot der Doppelbelastung in dem Sinne ein, dass ein Grundstück für dieselbe öffentliche Einrichtung bzw. Teileinrichtung - hinsichtlich desselben Aufwands - grundsätzlich nur einmal zu einem Beitrag herangezogen werden darf (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 08.07.2004 - 1 M 170/04 -, juris; Beschl. v. 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, NordÖR 2004, 262; OVG Berlin/Brandenburg, Urt. v. 06.06.2007 - 9 A 77.05 -, LKV 2008, 377; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris; VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -; VGH Mannheim, Beschl. v. 05.11.1992 - 2 S 152/90 -; Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -: jeweils juris; VG Potsdam, Urt. v. 18.09.2008 - 9 K 1128/05 -, juris; VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.1004 - B 4 K 04.578 -, juris; vgl. auch VGH Kassel, Beschl. v. 12.04.2005 - 5 TG 116/05 -, NVwZ-RR 2006, 143 - zitiert nach juris).

55

Die Einmaligkeit der Leistung des Kanalanschlussbeitrags folgt aus dem Wesen des Beitrags, der an einen bestimmten Zustand ("Möglichkeit der Inanspruchnahme") anknüpft und der den bei Verwirklichung des Zustands gebotenen wirtschaftlichen Vorteil insgesamt abgelten soll. Der Grundstückseigentümer erbringt die "Gegenleistung" für den ihm durch die Anschlussmöglichkeit gebotenen wirtschaftlichen Vorteil, der der Natur der Sache nach mit der Anschlussmöglichkeit entsteht und auch in der Zukunft in der Regel nicht verändert wird. Der Kanalanschlussbeitrag ist daher grundsätzlich nur einmal zu leisten (vgl. OVG Münster, Urt. v. 17.09.1980 - 2 A 1653/79 -, DVBl. 1981, 831 - zitiert nach juris). Die Einmaligkeit der Beitragserhebung ist Folge des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Vertrauensschutzgedankens (vgl. VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -, juris).

56

Das Bundesverwaltungsgericht spricht in seinem Urteil vom 16. September 1981 - 8 C 48.81 - (DVBl. 1982, 76 - zitiert nach juris) die Situation desjenigen, der bereits einen Anschlussbeitrag geleistet hat und der nach einer Systemumstellung zu Gebühren herangezogen werden soll, unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes bzw. Äquivalenzprinzips wie folgt an:

57

"Zwar trifft es zu, daß die Heranziehung zu Benutzungsgebühren nach einem für alle Benutzer geltenden einheitlichen Gebührensatz den Gleichheitssatz und ggf. das Äquivalenzprinzip im Hinblick auf solche Grundstückseigentümer verletzen kann, die im Gegensatz zu anderen Benutzern der Abwasseranlage Leistungen auf den Investitionsaufwand erbracht haben, der gemäß § 8 KAG durch Beiträge gedeckt werden kann. Wie das Berufungsgericht im Rahmen seiner das Landesrecht betreffenden Erwägungen dargelegt hat, wirkt sich die Erhebung von Beiträgen auf die Höhe der Benutzungsgebühren aus: Erhebt eine kommunale Körperschaft Beiträge, so führt dies zu einem niedrigeren Gebührensatz, weil bei der Ermittlung der Höhe der Kosten der aus Beiträgen aufgebrachte Anteil am Aufwand für die Abwasseranlage bei der Verzinsung unberücksichtigt bleibt (§ 6 Abs. 2 Satz 3 KAG). Sieht die kommunale Körperschaft von einer Beitragserhebung ab, erhöhen sich die Kosten und damit der Gebührensatz um die nunmehr (voll) zu berücksichtigenden Zinsen. Im Fall der Nichterhebung von Beiträgen verstößt die undifferenzierte Erhebung von Gebühren von denjenigen Benutzern der Abwasseranlage, die zu deren Aufwand beigetragen haben, im Verhältnis zu den übrigen Benutzern gegen den Gleichheitssatz. Denn erstere haben im Unterschied zu den übrigen Benutzern mit ihrer auf den Aufwand der Abwasseranlage bezogenen Leistung wirtschaftlich gesehen Anteile an den hier maßgebenden (höheren) Zinsen mittelbar erbracht. (Gleiche Rechtsfragen treten auf, wenn eine Gemeinde, die Beiträge und Gebühren erhoben hat, in Zukunft nur noch Gebühren erhebt oder wenn eine Gemeinde, die Beiträge erhoben hat, in eine Gemeinde eingegliedert wird, welche keine Beiträge, sondern nur Gebühren erhebt.) Zahlt die kommunale Körperschaft die erbrachte Leistung nicht zurück, so führt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu der Pflicht, in der Satzung entsprechend unterschiedliche Gebührensätze festzusetzen oder bei Vorliegen von Einzelfällen den Ausgleich durch eine Billigkeitsregelung im Rahmen des Heranziehungsverfahrens vorzunehmen. ..."

58

Hieran anknüpfend hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf das aus dem Gleichheitssatz folgende, durch ihn aber zugleich auch inhaltlich festgelegte sogenannte Verbot der Doppelbelastung oder Doppelveranlagung ausgeführt, eine abgabenrechtliche Doppelbelastung "k a n n" gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass eine Pflicht der Gemeinde zur Differenzierung bei Benutzungsgebühren für eine Abwasseranlage beispielsweise dann bestehe, wenn ein Teil der Benutzer bereits zu Beiträgen für die Errichtung der Anlage herangezogen wurde, ein anderer Teil hingegen nicht. Anderenfalls würden die Benutzer, die bereits Beiträge entrichtet haben, unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz doppelt belastet. Ferner ist im Urteil vom 11. November 1987 - 8 C 49.86 - (BVerwGE 78, 275, 280) im Zusammenhang mit einer abwasserabgabenrechtlichen Umlage ausgeführt, für den Fall, dass bei der Bemessung dieser Umlage etwaige (Gebühren-)Vorleistungen außer Betracht blieben, führe das zu einer nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbaren Doppelbelastung einzelner Umlageschuldner. Der Sache nach ging es in diesen Entscheidungen jeweils um Konstellationen, in denen eine Gruppe von Grundeigentümern im Verhältnis zu einer anderen Gruppe deshalb unterschiedlich belastet wurde, weil die Angehörigen der ersten Gruppe anders als die der zweiten Gruppe für die gleiche gemeindliche Leistung (Abwasserbeseitigung) in der einen oder anderen Weise "vorbelastet" waren und sich deshalb die nunmehr erfolgende gleichmäßige Abgabenerhebung als gleichheitswidrige Doppelbelastung auswirken konnte (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 26.02.1992 - 8 C 70.89 -, NVwZ 1992, 668; vgl. auch VG Bayreuth, Urt. v. 07.07.1004 - B 4 K 04.578 -, juris).

59

Im Ergebnis kann deshalb mit Blick auf die vom ZWAR vorgenommene Systemumstellung das Verbot der Doppelbelastung nicht nur einer nochmaligen Heranziehung zu einem Beitrag für denselben Aufwand entgegenstehen, sondern auch einer äquivalenten Gebührenerhebung.

60

Insoweit spricht vom Grundgedanken her Vieles dafür, dass jedenfalls diejenigen, die vom Antragsgegner bereits zu Trinkwasserbeiträgen herangezogen worden sind und diese tatsächlich entrichtet haben, nicht durch eine Gebührenerhebung, die teilweise zur Refinanzierung des Herstellungsaufwandes bestimmt ist, doppelt belastet werden dürfen. Entscheidet sich ein Aufgabenträger nachträglich für die Finanzierung des Herstellungsaufwandes seiner Anlage ausschließlich über Benutzungsgebühren, muss er einen entsprechenden Ausgleich vornehmen, um eine solche doppelte Belastung zu vermeiden. Dabei bieten sich vom Grundsatz her verschiedene Möglichkeiten an: Zunächst könnten unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen (vgl. dazu auch vorstehend unter 1.) die vereinnahmten Beiträge zurückgezahlt werden. In Betracht käme die Schaffung einer ortsgesetzlichen Regelung mit unterschiedlichen Gebührensätzen einerseits für die Grundstückseigentümer, die bereits einen Beitrag entrichtet haben, und andererseits für diejenigen, die dies noch nicht getan haben. Als weitere Option an Stelle der Schaffung einer satzungsrechtlichen Ausgleichsbestimmung wäre an eine Billigkeitsentscheidung im Einzelfall zu denken (§§ 163 Abs. 1 Satz 1, 227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V; vgl. zum Ganzen OVG Münster, Urt. v. 17.09.1980 - 2 A 1653/79 -, DVBl. 1981, 831; BVerwG, Beschl. v. 22.03.2007 - 10 BN 5/06 -, NVwZ 2007, 955; Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 48.81 -, DVBl. 1982, 76 -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 06.06.2007 - 9 A 77.05 -, LKV 2008, 377; jeweils zitiert nach juris; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris; VG Potsdam, Urt. v. 18.09.2008 - 9 K 1128/05 -, juris). Die letztgenannte Vorgehensweise könnte allerdings einerseits fraglich sein, da vorliegend wohl nicht "Einzelfälle" im Sinne vereinzelter Fälle in Rede stehen und infolgedessen eine Satzungsbestimmung zu fordern sein könnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 48.81 -, a.a.O.). Andererseits könnte eine möglicherweise zu hohe Komplexität einer solchen Bestimmung wiederum aus Gründen der Praktikabilität eine Billigkeitsentscheidung erlauben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.03.2007 - 10 BN 5/06 -, NVwZ 2007, 955; OVG Weimar, Beschl. v. 03.05.2007 - 4 EO 101/07 -, juris).

61

Vor diesem Hintergrund führte der Umstand, dass die Wasserversorgungsgebührensatzung 2008 keine satzungsrechtliche Ausgleichsbestimmung enthält, nicht ohne Weiteres bereits zur Annahme ihrer Gesamtunwirksamkeit bzw. zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides.

62

Wurde in der Vergangenheit ein Grundstück durch einen Bescheid wirksam zu einem Beitrag veranlagt und wurde der Beitrag entsprechend entrichtet, ist im Übrigen zu erwägen, ob nur dann Raum für eine erneute Heranziehung eines Grundstückseigentümers zu Benutzungsgebühren für denselben Aufwand besteht, wenn jener Bescheid bestandskräftig oder doch zumindest in sofort vollziehbarer Weise (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) oder durch rechtskräftiges Urteil aufgehoben worden ist (vgl. VGH München, Urt. v. 15.04.1999 - 23 B 97.1108 -; VGH Mannheim, Beschl. v. 05.11.1992 - 2 S 152/90 -; Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -; jeweils juris). Dabei gewinnt wiederum der Umstand Bedeutung, ob nach Maßgabe des Ortsrechts überhaupt eine entsprechende Aufhebung rechtlich zulässig wäre (vgl. dazu unter 1.).

63

Da die Antragstellerin noch nicht zu einem Trinkwasserbeitrag herangezogen worden ist, fällt sie allerdings nicht unter die vorstehend umrissene Fallgruppe und könnte sich unter diesem Blickwinkel nicht auf das Verbot der Doppelbelastung berufen.

64

Das Verwaltungsgericht hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, die Wasserversorgungsgebührensatzung 2008 berücksichtige die aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragerhebung folgenden Anforderungen nicht hinreichend, der ZWAR dürfte bei dem von ihm favorisierten reinen Gebührenmodell trotz einer beabsichtigten Rückzahlung der vereinnahmten Beiträge nicht ohne gespaltene bzw. gestaffelte Gebührensätze auskommen.

65

Abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht sich dabei nicht mit der - vorstehend erörterten - Frage befasst, ob dem ZWAR nicht noch eine andere Option zur Verfügung steht, begegnet seine hierfür maßgebliche rechtliche Erwägung im Hinblick auf den Maßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides Bedenken. Das Verwaltungsgericht nimmt dabei den Standpunkt ein, Grundlage des Verbots einer Doppelbelastung und des daraus resultierenden Vertrauensschutzes sei nicht die Zahlung des Beitrags, sondern das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, die durch die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung nicht berührt werde. Folglich führe die Rückzahlung vereinnahmter Beiträge nicht zu einem Wegfall des Verbots der Doppelbelastung. Alle diejenigen, zu deren Lasten die sachlichen Beitragspflichten entstanden seien, könnten sich vielmehr auf dieses Verbot berufen.

66

Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Kontext der Auffassung ist, die Aufhebung der Wasserversorgungsbeitragssatzung könne keine Auswirkungen auf den Ablauf der Festsetzungsfrist haben, dürfte dem zwar zu folgen sein; eine Festsetzungsverjährung könnte nicht dadurch umgangen werden, dass eine rechtmäßige Beitragssatzung rückwirkend aufgehoben wird, nur um anschließend eine neue derartige Satzung zu erlassen. Es erscheint jedoch bereits vom Begriff des "Verbots der Doppelbelastung" fraglich, ob von einer doppelten Belastung im Wortsinne gesprochen werden kann, wenn es auf der einen Seite um die Belastung durch die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht ohne eine entsprechende Veranlagung durch Bescheid mit anschließender Zahlung geht, auf der anderen Seite aber um die von ihrer Qualität her andersartige Zahlung aufgrund einer Gebührenpflicht; anders formuliert ist zu erwägen, ob nicht eine "doppelte" Belastung eine gleichartige Belastung in Gestalt von - konkretisierten - Geldzahlungspflichten erfordert. Soweit ersichtlich wird das vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Verständnis vom Inhalt des Verbots der Doppelbelastung anknüpfend allein an die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht in keiner der veröffentlichen Gerichtsentscheidungen hierzu vertreten (vgl. insoweit die oben angeführten Zitate). Vielmehr ist diesen Entscheidungen gemein, dass sie das Verbot der Doppelbelastung nur für Fälle einer bereits erfolgten Beitragsveranlagung durch entsprechenden Bescheid mit daraufhin erfolgter Zahlung in den Blick nehmen. Dies erscheint auch folgerichtig: In den betreffenden Entscheidungen werden grundsätzlich zwei Gruppen von Beitragspflichtigen gegenübergestellt, einerseits diejenigen, die bereits zu Beiträgen herangezogen worden sind, andererseits diejenigen, bei denen dies noch nicht erfolgt ist. Für diese unterschiedlichen Gruppen müssten dann im Rahmen der Gebührenerhebung Differenzierungen vorgenommen werden. Wäre die Auffassung des Verwaltungsgerichts richtig, müssten diese Gruppen anders, nämlich dergestalt gebildet werden, dass einerseits diejenigen zu betrachten wären, für die die sachliche Beitragspflicht entstanden ist, und andererseits diejenigen, für die dies nicht zutrifft. Eine solche Differenzierung wird jedoch - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung nicht vorgenommen.

67

Darüber hinaus ist zu beachten, dass etwa der VGH Baden-Württemberg das Eingreifen des Verbots der Doppelbelastung davon abhängig macht, dass das abstrakte, auf die Entstehung einer einmaligen Beitragsschuld grundsätzlich beschränkte Beitragsschuldverhältnis durch einen Beitragsbescheid konkretisiert worden ist (vgl. Beschl. v. 20.03.1991 - 2 S 1313/89 -; Beschl. v. 19.07.1990 - 2 S 412/90 -; jeweils juris).

68

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

69

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 47 GKG, wobei der streitige Abgabenbetrag - Differenz zwischen den festgesetzten Gebühren gemäß Bescheiden vom 07. Februar 2008 und 04. März 2008 - nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Eilverfahren zu vierteln ist.

70

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tatbestand

5

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Niederschlagswassergebührensatzung.

6

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks in der Stadt B-Stadt. Die Antragsgegnerin betreibt in ihrem Stadtgebiet eine öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung. Das Grundstück des Antragstellers ist an diese Anlage angeschlossen. Der Antragsteller wurde im Zeitraum von 2006 bis 2014 von der Antragsgegnerin zu Niederschlagswassergebühren veranlagt. Wegen der Bescheide für die Erhebungsjahre 2010 bis 2012 legte der Antragsteller Widersprüche ein; nach deren Zurückweisung erhob er Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin (Aktenzeichen 4 A 820/11), über die bisher nicht entschieden ist.

7

Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin beschloss am 4. November 2010 die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G (nachfolgend: Niederschlagswassergebührensatzung 2010). Die Satzung wurde am 4. November 2010 ausgefertigt und am 17. November 2010 im amtlichen Bekanntmachungsblatt der Antragsgegnerin „Heimatbote“ öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft.

8

Am 19. September 2011 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 gestellt.

9

Am 13. Dezember 2012 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin die 1. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg. Die Änderungssatzung wurde am 13. Dezember 2012 ausgefertigt und am 11. Januar 2013 öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft.

10

Zur Begründung seines Antrags wendet sich der Antragsteller im Wesentlichen gegen die Bestimmungen zu den Gebührensätzen. Die in § 4 Abs. 2 Buchst. b der angefochtenen Satzung zum 1. Januar 2010 vorgenommene Erhöhung der Zusatzgebühr von 0,02 Euro auf 0,58 Euro je gebührenpflichtigen Quadratmeter verstoße gegen das Rückwirkungsverbot und sei nicht gerechtfertigt. Ein Unterdeckungsausgleich habe erst in dem auf die Kalkulation folgenden Jahr, also zum 1. Januar 2011 vorgenommen werden dürfen. Methodische Fehler in der vorangegangenen Kalkulation dürften ohnehin nicht im Wege des Kostenunterdeckungsausgleichs korrigiert werden. So liege es hier. In die Flächenermittlung zur Kalkulation der Gebührensätze der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G vom 4. Oktober 2005 seien erheblich mehr Gebühreneinheiten eingestellt worden als bei der Kalkulation der angefochtenen Satzung. Das deute auf einen methodischen Fehler hin.

11

Auch die aktuelle Kalkulation sei auf der Kostenseite fehlerhaft. Die Herstellungswerte der Anlage, die über die vorgenommenen Abschreibungen gebührenwirksam geworden seien, seien unrichtig berechnet worden. Die Ermittlung des Mischzinssatzes berücksichtige zu Unrecht Kredite, die sich nicht der Herstellung der abgerechneten Anlage zuordnen ließen. Auch die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen nach der Auflösungs-Restwertmethode sei vorliegend zu Lasten der Gebührenpflichtigen fehlerhaft erfolgt.

12

Der Antragsteller beantragt,

13

die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg vom 4. November 2010 mit Ausnahme des § 10 für unwirksam zu erklären, soweit sie Geltung für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 beansprucht.

14

Die Antragsgegnerin beantragt,

15

den Antrag abzulehnen.

16

Sie verteidigt die angegriffene Satzung und tritt der Antragsbegründung im Einzelnen entgegen.

17

Der rückwirkend festgesetzte und vergleichsweise geringe Satz der Zusatzgebühr für den Veranlagungszeitraum 2006 bis 2009 beruhe auf dem Schlechterstellungsverbot. Die Stadtvertretung habe keine rückwirkende Gebührenerhöhung beschließen und die Gebührensätze aus der vorangegangenen Satzung nicht überschreiten dürfen. Die Kalkulation aus dem Jahre 2005, die zu diesen Gebührensätzen geführt habe, habe keine „politische Gebühr“ zum Ergebnis gehabt, mit der eine Kostenunterdeckung bewusst in Kauf genommen worden wäre. Das gelte auch für die dortige Flächenermittlung, die die damaligen Katasterunterlagen und eine Einwohnerbefragung zur Grundlage gehabt habe. Daher sei die tatsächlich eingetretene Kostenunterdeckung in den folgenden drei Jahren von 2010 bis 2012 auszugleichen gewesen. Das Defizit sei überwiegend im Bereich der variablen Kosten entstanden und deshalb allein bei der Zusatzgebühr kostenerhöhend angesetzt worden. Die invariablen Kosten seien im Wesentlichen durch die Grundgebühr gedeckt worden. Ab 2013 sei mit einem Absinken der Gebührensätze zu rechnen gewesen. Mit der 1. Änderungssatzung seien dementsprechend zum 1. Januar 2013 auch niedrigere Gebührensätze festgesetzt worden.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (1.) und begründet (2.). Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B vom 4. November 2010 ist im Umfang des gestellten Antrags unwirksam.

20

1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist rechtzeitig innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der streitbefangenen Satzung gestellt worden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er kann als Gebührenschuldner nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Niederschlagswassergebührensatzung 2010 geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dem Antragsteller steht im Umfang der Antragstellung auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Da die gegen ihn ergangenen Bescheide über die Erhebung einer Niederschlagswasserbeseitigungsgebühr insoweit noch nicht bestandskräftig geworden sind, stellt die Feststellung der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Satzung den Antragsteller im Anfechtungsprozess rechtlich besser (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 03.07.2002 – 4 K 35/01 –, juris Rn. 11).

21

2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. November 2010 verstößt, soweit sie Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist, gegen höherrangiges Recht, das der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts unterliegt. Im Ergebnis ist die Satzung nicht nur hinsichtlich einzelner Bestimmungen, sondern insgesamt unwirksam. Sie ist deshalb im beantragten Umfang gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.

22

Die streitbefangene Niederschlagswassergebührensatzung weist nicht den durch § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V vorgeschriebenen Mindestinhalt einer Abgabensatzung auf. Sie enthält für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 keine wirksame Bestimmung der Abgabensätze. Die Regelung des Gebührensatzes für die Zusatzgebühr in den Jahren 2010 bis 2012 in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010, wonach die jährliche Zusatzgebühr für die Inanspruchnahme der Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung ab dem 1. Januar 2010 0,58 Euro je Quadratmeter zusatzgebührenpflichtiger Fläche beträgt, beruht auf einer methodisch fehlerhaften Kalkulation und ist daher unwirksam (a). Das führt mangels einer Teilbarkeit der Satzung zur Unwirksamkeit auch der Bestimmung über den Satz der Grundgebühr und damit zur Gesamtunwirksamkeit der Gebührensatzung für den genannten Zeitraum (b). Auf die sonstigen Einwendungen des Antragstellers gegen die Wirksamkeit der Satzung kommt es deshalb nicht mehr an.

23

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts muss dem Rechtssetzungsorgan – neben der Beschlussvorlage über die Satzung – bei der Beschlussfassung eine Kalkulation über den Abgabensatz vorliegen. Wird dem Vertretungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Unwirksamkeit der Bestimmung des Abgabensatzes zur Folge, weil das Vertretungsorgan anderenfalls sein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (vgl. zuletzt OVG Greifswald, Urt. v. 21.04.2015 – 1 K 46/11 –, juris Rn. 67 unter Hinweis auf OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, juris Rn. 63, 142, m.w.N.; grundlegend OVG Greifswald, Urt. V. 25.02.1998 – 4 K 8/97, 4 K 18/97 –, juris).

24

Die Gebührenkalkulation für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 war in einem für die Gebührensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft. Sie berücksichtigte für diesen Zeitraum bei der Zusatzgebühr methodisch fehlerhaft einen Kostenunterdeckungsausgleich.

25

Der vorgenommene Unterdeckungsausgleich findet im Gesetz keine Stütze. Nach § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V in der bei Satzungserlass maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. M-V S. 146) – KAG M-V a.F. – sollen Kostenunterdeckungen innerhalb von drei Jahren nach Ende des abgeschlossenen Kalkulationszeitraums ausgeglichen werden, wenn am Ende des Kalkulationszeitraums die tatsächlichen von den kalkulierten Kosten abweichen.

26

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die ein Abweichen der tatsächlichen von den kalkulierten Kosten und einen abgeschlossenen Kalkulationszeitraum voraussetzt, ergibt sich, dass die Berücksichtigung einer Kostenunterdeckung von vornherein ausscheiden muss, soweit sie in einem Zeitraum entstanden ist, für den es an einer Vorauskalkulation überhaupt fehlt. So liegt es hier für das Veranlagungsjahr 2009, das von der Kalkulation der Gebührensätze in der Satzung der Antragsgegnerin vom 4. Oktober 2005 nicht mehr erfasst wurde. Gleichwohl ist in der hier zu prüfenden Kalkulation eine Unterdeckung für diesen Zeitraum im Wege der Nachkalkulation ermittelt und für das Veranlagungsjahr 2012 kostenerhöhend in die Kalkulation des Zusatzgebührensatzes eingestellt worden.

27

Dass ein Unterdeckungsausgleich für das Jahr 2009 nicht in Betracht kommt, ergibt sich auch aus Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F.. Die Vorschrift durchbricht den gebührenrechtlichen Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Dieser hat zum Inhalt, dass die Gebührenpflichtigen nur mit denjenigen Kosten belastet werden dürfen, die den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen. Der Grundsatz der Periodengerechtigkeit stellt sich damit als Ausprägung des Äquivalenzprinzips und der Leistungsproportionalität in zeitlicher Hinsicht dar (Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 92). Der Gebührenschuldner soll grundsätzlich nur solche Kosten tragen müssen, die im Veranlagungszeitraum durch die Inanspruchnahme der Leistung entstanden sind.

28

Die in § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. normierte Ausnahme von diesem Grundsatz findet ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass die Kalkulation eines Gebührensatzes als Vorauskalkulation notwendigerweise auf einer Prognose der Kosten für den Betrieb der öffentlichen Einrichtung und der Inanspruchnahme der Einrichtung durch die Gebührenschuldner im Kalkulationszeitraum beruhen muss. Eine Prognoseentscheidung ist notwendigerweise mit Unsicherheiten verbunden. Dem trägt eine Ausgleichsregelung im Sinne einer Risikoverteilung Rechnung. Sie erlaubt dem Aufgabenträger, eine von der Prognose abweichende Entwicklung der Kosten und der Gebühreneinheiten – insoweit ist die Vorschrift entsprechend anzuwenden – nach Ende des Kalkulationszeitraums auszugleichen (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 12.01.2015 – 5 A 597/09 –, juris Rn. 25 f. und OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 29; zur entsprechenden Anwendung der Vorschrift auf die Entwicklung der Gebühreneinheiten VG Greifswald, Urt. v. 23.01.2014 – 3 A 1372/12 –, juris Rn. 21, und Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 102). Eine eingetretene Kostenunterdeckung darf gemäß § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. in den folgenden drei Jahren zu Lasten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden. Die Regelung erfasst folgerichtig auch den umgekehrten Fall; eine eingetretene Kostenüberdeckung muss in diesem Zeitraum zu Gunsten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden.

29

Daraus folgt zugleich, dass der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. als Ausnahmevorschrift vom gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip zu beschränken ist. Die Norm ist kein Instrument, um methodische Fehler einer vorangegangenen Kalkulation auszugleichen. Diese sind nicht Ausdruck der unvermeidbaren Prognoseunsicherheit bei der Vorausschau von Kosten und Gebühreneinheiten. Auch sind die Ergebnisse einer bewussten Kostenunterdeckung (etwa durch einen „politischer Gebührensatz“) nicht über einen Kostenunterdeckungsausgleich zu korrigieren (vgl. Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 6.2.5).

30

Durch die Bildung eines durchschnittlichen Gebührensatzes für den Kalkulationszeitraum 2010 bis 2012 wirkt sich der methodische Fehler der Berücksichtigung eines Kostenunterdeckungsausgleichs auf die Festsetzung des Zusatzgebührensatzes in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010 für den gesamten Regelungszeitraum aus.

31

Der Senat musste nach alledem nicht mehr entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Unterdeckungsausgleich schon wegen einer bewusst herbeigeführten Kostenunterdeckung nicht vorlagen, da die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 hier rückwirkend zum 1. Januar 2006 und für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2009 mit den (nicht kostendeckenden) Zusatzgebührensätzen aus der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. Oktober 2005 in Kraft gesetzt worden war. In Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass im Falle der Rückwirkung einer Gebührensatzung für die Berechnung des Gebührensatzes keine Vorauskalkulation mehr in Betracht komme und vielmehr in vollem Umfang von den für die maßgebliche Abrechnungsperiode bekannten tatsächlichen Kosten auszugehen sei. Das schließe das Entstehen einer Kostenunterdeckung aus, weil keine Prognoseunsicherheit bestehen könne (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 38; OVG Magdeburg, Urt. v. 27.07.2006 – 4 K 253/05 –, juris Rn. 40; VGH München, Urt. v. 02.04.2004 – 4 N 00.1645 –, juris Rn. 22; Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 7.3.3.3 m.w.N.).

32

Dagegen ließe sich möglicherweise einwenden, dass eine Nacherhebung von Gebühren für den abgelaufenen Kalkulationszeitraum dann nicht in Betracht kommt, wenn eine Schlechterstellung der Gebührenschuldner aus verfassungsrechtlichen Gründen ausscheidet (vgl. zu den Voraussetzungen der rückwirkenden Schlechterstellung eines Abgabenschuldners BVerwG, Beschl. v. 29.01.2015 – 9 B 51/14 –, juris Rn. 7, m.w.N.). Das ist in der Rechtsprechung für den Fall angenommen worden, dass bei der rückwirkenden Ersetzung einer wegen einer fehlerhaften Maßstabsregel unwirksamen Gebührensatzung eine unabhängig davon eingetretene Kostenunterdeckung durch erhöhte Gebührensätze beseitigt werden sollte (VG Karlsruhe, Urt. v. 30.01.2014 – 2 K 2233/13 –, juris Rn. 50 ff.).

33

b) Die Nichtigkeit der Satzungsregel zur Höhe des Zusatzgebührensatzes führt auch zur Nichtigkeit der Regelung über den Satz der Grundgebühr für den Veranlagungszeitraum 2010 bis 2012 und damit mangels einer Bestimmung des Abgabensatzes zur Gesamtnichtigkeit der Niederschlagswassergebührensatzung 2010 im beantragten Umfang. Eine auf die Bestimmung des Zusatzgebührensatzes beschränkte Teilnichtigkeit der Satzung scheidet aus. Die Teilnichtigkeit einer Abgabensatzung ist anzunehmen, wenn die Norm auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt, insbesondere der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG M-V erforderten Mindestinhalt umfasst und anzunehmen ist, dass der Satzungsgeber die Vorschrift auch ohne den nichtigen Teil erlassen hätte (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 71). Es ist nicht anzunehmen, dass der Satzungsgeber, der ersichtlich eine Kostendeckung des Anlagenbetriebs durch ein System aus Grundgebühr und Zusatzgebühr angestrebt hat, die Satzung auch mit nur einer nicht kostendeckenden Grundgebühr beschlossen und auf die Erhebung von Zusatzgebühren ganz verzichtet hätte (vgl. in diesem Sinne auch OVG Lüneburg, Urt. v. 10.11.2014 – 9 KN 33/14 –, juris Rn. 91 und OVG Weimar, Urt. v. 12.12.2001 – 4 N 595/94 –, juris Rn. 106).

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Grundlage der Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25. August 2010 – 3 A 666/07 – im Umfang der Klagestattgabe geändert. Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.

Der Kläger zu 1.) trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens jeweils zu 97 v. H.; die Klägerin zu 2.) zu 3 v. H..

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenschuld abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Wasser- und Bodenverbandsgebühren.

2

Die Kläger sind (Mit-)Eigentümer von Grundstücken im Gebiet der Stadt A-Stadt; der Kläger zu 1.) darüber hinaus von verschiedenen forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken in der zur Stadt A-Stadt gehörenden Ortschaft L.. Die Stadt ist Mitglied des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“.

3

Mit mehreren Bescheiden vom 20. bzw. 21. Dezember 2006 hatte der Beklagte die Kläger für die Jahre 2002 bis 2006 gemeinsam jeweils zu einer im einstelligen Eurobereich liegenden „Gebühr Wasser- und Bodenverband“ für deren Grundstücke A-Straße (… m²) und M.-Straße … (… m²) in A-Stadt herangezogen. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2006 hatte der Beklagte darüber hinaus den Kläger zu 1.) für die Grundstücke in L. mit einer Gesamtgröße von ca. … ha für das Kalenderjahr 2006 zu einer „Gebühr Wasser- und Bodenverband“ i. H. v. 216,91 EUR herangezogen. Die Beträge umfassten jeweils die Umlage des an den Wasser- und Bodenverband entrichteten Beitrags sowie einen Betrag für jedes von den Bescheiden betroffene Flurstück i. H. v. jeweils 0,82 EUR. Grundlage der Bescheide war die nach ihrem § 7 Satz 1 rückwirkend zum 01.01.2002 in Kraft getretene Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 (nachfolgend: GS). Diese sieht in ihrem § 3 Abs. 3 neben flächen- und nutzungsbezogenen Gebührensätzen die Erhebung eines Verwaltungskostenzuschlags von 0,82 EUR je Flurstück vor.

4

Mit einem weiteren Bescheid vom 21. Dezember 2006 hatte der Beklagte den Kläger zu 1.) für die Grundstücke in L. wegen Schöpfwerkskosten für Polderflächen und Deichanlagen zu Gebühren i. H. v. 279,57 EUR herangezogen.

5

Die Widersprüche der Kläger gegen die Gebührenbescheide, mit denen sich die Kläger insbesondere gegen die ihrer Meinung nach unmäßig hohen Verwaltungskostenzuschläge wandten, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 3. (Schöpfwerkskosten) bzw. 4. Mai 2007 zurück.

6

Die Kläger erhoben am 1. Juni 2007 Anfechtungsklage. Die Gebührensatzung verstoße wegen des Ansatzes eines Verwaltungskostenzuschlages pro Flurstück gegen das Äquivalenzprinzip. Die rückwirkende Gebührenerhebung sei unzulässig. Außerdem habe der Beklagte es versäumt zu prüfen, ob die Wegeparzellen auf den Grundstücken in L. grundsteuerpflichtig seien. Falls dies nicht zutreffe, sei der Kläger zu 1.) mit diesen Flächen selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband und nicht gebührenpflichtig.

7

In der mündlichen Verhandlung hob der Beklagte die das Grundstück M.-Straße … betreffenden Bescheide hinsichtlich der Gesamthöhe der jeweils festgesetzten Gebühren teilweise auf. Insoweit erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt.

8

Die Kläger haben beantragt,

9

die Bescheide des Beklagten vom 20.12.2006 und 21.12.2006 - Steuer-Nrn.: 00/01-05439-5/690-003 (A-Straße) und 00/01-05440-2/690-002 (M.-Straße …) – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 04.05.2007 bzw. der Teilaufhebung vom 25.08.2010 aufzuheben.

10

Der Kläger zu 1.) hat beantragt,

11

die Bescheide des Beklagten vom 20.12.2006 und 21.12.2006 – Steuer-Nr.: 00/01-05441-1/690-002 (L.) – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 03.05.2007 aufzuheben.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Das Verwaltungsgericht hat den Klagen mit Urteil vom 25. August 2010 – 3 A 666/07 – teilweise stattgegeben und die Bescheide vom 20. und 21. Dezember 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Mai 2007 und der Teilaufhebung vom 25. August 2010 hinsichtlich der Erhebung der grundstücksbezogenen Gebühren zum Wasser- und Bodenverband aufgehoben. Die Klage des Klägers zu 1.) gegen den Bescheid vom 21. Dezember 2006 über die Gebühren für Schöpfwerkskosten für Polderflächen und Deichanlagen hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

15

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG) vom 4. August 1992 (GVOBl. M-V S. 458) umlagefähigen Beiträge der Stadt zum Unterhaltungsverband sowie die bei der Umlegung entstehenden allgemeinen Verwaltungskosten bildeten eine einheitliche Kostenmasse i. S. d. § 6 Abs. 2 KAG M-V. Die Verteilung dieser einheitlichen Kostenmasse nach unterschiedlichen Maßstäben sei unzulässig. Zudem zeige der vorliegende Fall, dass die Gebühr bei kleinen Grundstücken in einem groben Missverhältnis zu dem vom Landesgesetzgeber verfolgten Regelungszweck der Refinanzierung der von den Gewässerunterhaltungsverbänden erhobenen Umlagen stehe. Wenn der Verwaltungskostenzuschlag – wie im Falle des Grundstücks A-Straße – den Umlagebetrag um ein Vielfaches übersteige, werde die Erhebung der Verwaltungskosten zum Selbstzweck; der gesetzgeberische Zweck werde verfehlt. Die Fehlerhaftigkeit der Bestimmung über den Verwaltungskostenzuschlag in § 3 Abs. 3 Satz 2 GS führe zur Fehlerhaftigkeit der Gebührenregelung für die Kosten der allgemeinen Gewässerunterhaltung insgesamt.

16

Gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wendet sich der Beklagte mit seiner durch den ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses seines Bevollmächtigten am 18. November 2013 zugestellten Beschluss des Senats vom 7. November 2013 zugelassenen Berufung. Zur Begründung führt der Beklagte im Wesentlichen aus, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Umlage der Verwaltungskosten nach den gleichen Maßstäben wie die Verbandsgebühren zu erfolgen habe. Mit der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung allein bei kleinen Grundstücken und der insoweit eingeschätzten Überproportionalität werde die spiegelbildliche Unterproportionalität bei großen Grundstücken außer Acht gelassen. Dem Urteil des Verwaltungsgerichts liege ein nicht zu rechtfertigender Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zugrunde. Bei einer flächenproportionalen Umlegung der Verwaltungskosten, würden Eigentümer sehr großer Flächen überproportional und nicht mehr angemessen mit den Verwaltungskosten belastet. Bei kleinen Grundstücken, bei denen die Höhe der Verbandsumlage nur wenige Cent betrage, würde die Umlage der Verwaltungskosten nach Flächenproporz ebenfalls nur wenige Cent betragen, was zu Bescheiden über eine Höhe von wenigen Cent, meist weniger als 10 Cent führen würde. Da bereits äußerst zweifelhaft sei, ob die Geltendmachung solcher Kleinstbeträge überhaupt zulässig sei, könne dies bei Gemeinden mit hohem (Flächen-) Anteil an kleinen Grundstücken dazu führen, dass ein Großteil der Verwaltungskosten überhaupt nicht umgelegt werden könne. Damit führe der vom Verwaltungsgericht präferierte Maßstab letztlich in den Extremfällen aus dem Randbereich der zu veranlagenden Bandbreite der Fälle zu wohl wesentlich größeren Problemen als der Maßstab, den die Stadt A-Stadt nach Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten gewählt habe.

17

Auch der Annahme, dass die Verwaltungskosten im Vergleich zu der Umlage in einem groben Missverhältnis zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Regelungszweck stehen, könne im Ergebnis nicht gefolgt werden. Regelungszweck des § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG sei nicht nur die Refinanzierung der von den Gewässerunterhaltungsverbänden erhobenen Umlage, sondern ausdrücklich daneben auch die Refinanzierung des Verwaltungsaufwandes, der durch die Umlegung der Beiträge entstehe.

18

Der Beklagte beantragt,

19

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 25.August 2010 - 3 A 666/07 – im Umfang der Klagestattgabe abzuändern und die Klagen insgesamt abzuweisen.

20

Die Kläger beantragen,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie verweisen zunächst auf die aus ihrer Sicht zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts. Gemäß § 3 Abs. 1 GUVG werde die Beitragspflicht nach dem Verhältnis bestimmt, in dem die Mitglieder Vorteile durch die Verwaltungstätigkeit hätten und am Verbandsgebiet beteiligt seien. Bei einem Pauschalbetrag pro Flurstück werde weder der Vorteil durch die Verwaltungstätigkeit herangezogen, noch die Beteiligung am Verbandsgebiet.

23

Auch sei das Argument, dass der Aufwand bei allen Flurstücken stets gleich sei und dementsprechend jedes Flurstück gleich zu berechnen sei, nicht ansatzweise zwingend. Bei einem großen Flurstück sei die Wahrscheinlichkeit, dass Zu- und Abschläge wegen des tatsächlichen Zustandes der Fläche notwendig würden, wesentlich größer, als bei einer kleinen Fläche. So könne ein abrechnungsfähiges Flurstück gerade im ländlichen Bereich sowohl aus Ackerflächen, aus einer Naturschutzfläche und/oder einer Wasserfläche bestehen. Es müssten dann gemäß § 3 Abs. 3 der Gebührensatzung verschiedene Berechnungen angestellt werden.

24

Bereits erstinstanzlich sei die Frage aufgeworfen worden, woher der Beklagte eigentlich die Höhe des Betrages von 0,82 EUR/Flurstück nehme.

25

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten dieses Verfahrens und des beigezogenen Verfahrens des Verwaltungsgerichts Greifswald zum Aktenzeichen 3 A 667/07 sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten (2 Hefter), die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26

Die Berufung hat Erfolg.

27

Die Berufung ist zulässig. Die Berufungsbegründung ist am 13. Dezember 2013 fristgerecht eingegangen; sie enthält einen bestimmten Antrag und die Gründe der Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 3 S. 3 bis 5, Abs. 6 VwGO).

28

Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Klagen der Kläger gegen die Bescheide des Beklagten über die Erhebung der Gebühren zur Umlage der Beiträge zum Wasser- und Bodenverband „Müritz“ vom 20. und 21. Dezember 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Mai 2007 bzw. der Teilaufhebung vom 25. August 2010 zu Unrecht stattgegeben und die Bescheide aufgehoben; die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

29

Rechtsgrundlage für die mit den angefochtenen Bescheiden erhobenen Gebühren ist § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG i. V. m. der Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 (GS). Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG können die Gemeinden die (von ihnen zu leistenden) Beiträge zum Unterhaltungsverband (Wasser- und Bodenverband) sowie die bei der Umlegung entstehenden Verwaltungskosten den Eigentümern, Erbbauberechtigten oder sonstigen Nutzungsberechtigten nach den Grundsätzen der §§ 2 und 6 des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V) auferlegen. § 3 Abs. 3 Satz 1 GS sieht für die allgemeine Gewässerunterhaltungsgebühr Gebührensätze nach Größe und Nutzungsart der Grundstücke vor und bestimmt in Satz 2 der Norm, dass je Flurstück ein Verwaltungskostenzuschlag von 0,82 EUR erhoben wird.

30

Die in der Satzung geregelte flurstücksbezogene Umlage der Verwaltungskosten auf die Gebührenpflichtigen ist entgegen der anderslautenden Auffassung des Verwaltungsgerichts mit höherrangigem Recht, insbesondere den anzuwendenden Grundsätzen der §§ 2 und 6 KAG M-V, vereinbar und führt nicht zur Unwirksamkeit der Regelungen in der Satzung und zur Rechtswidrigkeit der darauf beruhenden Gebührenbescheide. Dabei ist dem Verwaltungsgericht zunächst insoweit zu folgen, als es darauf verweist, dass die in § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG genannten Verwaltungskosten neben den umzulegenden Beiträgen an den Unterhaltungsverband zu den Kosten i. S. v. § 6 Abs. 2 KAG M-V gehören, die (zunächst) eine einheitliche Kostenmasse bilden. Diese Kostenmasse ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 3 KAG M-V auf die einzelnen Gebührenschuldner zu verteilen. § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V bestimmt dazu, dass die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen ist, also etwa bei leitungsgebundenen Versorgungseinrichtungen nach dem Verbrauch. Bei entsprechender Anwendung dieses Grundsatzes aus § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V auf die Verteilung der Beiträge zum Unterhaltungsverband auf die grundsteuerpflichtigen Grundstückseigentümer der Gemeinde kann als zulässiger Verteilungsmaßstab an die Stelle von Art und Umfang der Inanspruchnahme eine Verteilung nach Größe und Nutzungsart der betroffenen Grundflächen treten (st. Rspr. des Senats, vgl. OVG M-V, Urt. v. 23. Februar 2000 - 1 L 50/98 -, zit. n. juris, Rz 32; Urt. v. 23. Juni 2010 - 1 L 100/05 -, zit. n. juris, Rz 38). Dabei bestehen auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Regelung in der Gebührensatzung, die die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG umzulegenden Verwaltungskosten als unselbstständigen Teil der Kostenmasse i. S. v. § 6 Abs. 2 KAG M-V erfasst und sie gemeinsam mit den Beiträgen zum Unterhaltungsverband nach dem oben beschriebenen Flächenmaßstab erhebt. Dies bedeutet indes entgegen der anderslautenden Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht, dass ausschließlich eine solche flächenbezogene Umlage der Verwaltungskosten zulässig wäre. Die über § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG anwendbare Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V lässt die Erhebung einer Grundgebühr neben der Gebühr nach den Sätzen 1 bis 3 sowie die Erhebung einer Mindestgebühr zu. Unter einer Grundgebühr i. S. d. § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V wird im Allgemeinen eine Benutzungsgebühr verstanden, die für die Inanspruchnahme der Lieferungs- und Betriebsbereitschaft einer Einrichtung erhoben wird. Mit ihr werden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten abgegolten. Zu diesen Betriebskosten, die unabhängig vom Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung auch über eine Grundgebühr abgerechnet werden können, werden u. a. auch die Personalkosten für das Stammpersonal gerechnet (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 29. November 2001 - 5 D 25/00 -, zit. n. juris, Rz 94; Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2013, § 6 Nr. 7.2.3.1). Transformiert auf den Regelungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG bedeutet die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V, dass Kosten, die der Mitgliedsgemeinde nicht in Abhängigkeit der Größe der Flächen und deren Nutzungsart entstehen, auch nach einem flächen- und nutzungsartunabhängigen Maßstab auf die Umlagepflichtigen verteilt werden können. Damit ist die Möglichkeit eröffnet, die Verwaltungskosten nach einem für die Verteilung des Verwaltungsaufwandes passenden Wirklichkeits- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu regeln (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 22. November 2006 - 9 B 13.05 -, zit. n. juris, Rz 19 zu der vergleichbaren Rechtslage in Brandenburg).

31

Ob und auf welche Art und Weise dies geschieht, steht nach § 3 Abs. 1 GUVG i. V. m. § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG M-V im pflichtgemäßen Ermessen des kommunalen Satzungsgebers. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, verfügt der Satzungsgeber bei der Bemessung von Gebühren über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum. Verfolgt die Gebühr den Zweck der Kostendeckung, darf dieser Zweck bei der Bemessung der Gebühr nicht gänzlich aus dem Auge verloren werden. Die gerichtliche Kontrolle der Gebührenbemessung darf daher nicht überspannt werden. Gebühren werden in der Regel in Massenverfahren erhoben, bei denen die Gebühr vielfach nur nach Wahrscheinlichkeit und Vermutung in gewissem Maß vergröbert bestimmt und pauschaliert werden kann. Bei der Ordnung der Gebührenerhebung ist der Gesetz- und Verordnungsgeber daher berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtblick zu erfassen und generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 13. April 2005 - 6 C 5.04 -, zit. n. juris, Rz 16).

32

Nach diesen Grundsätzen beurteilt, ist die hier in Rede stehende und nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG bereits vorgezeichnete Aufteilung der umlagefähigen Kostenmassen, bestehend aus dem Beitrag an den Unterhaltungsverband einerseits und den bei der Umlage entstehenden Verwaltungskosten andererseits, sowie die Verteilung der Verwaltungskosten zu jeweils gleichen Teilen auf die betroffenen Flurstücke nicht zu beanstanden. Den vorliegenden Kalkulationsunterlagen zur Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 ist zu entnehmen, dass der Satzungsgeber als nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG umlagefähige Verwaltungskosten ausschließlich Personalkosten in Höhe von 4.150,00 EUR veranschlagt hat, was bei der Gesamtzahl von 5059 zu berücksichtigenden Flurstücken einen Betrag von 0,82 EUR je Flurstück ergibt. Dieser Verteilungsmaßstab entspricht im vorliegenden Fall den oben dargestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gebührenbemessung. Wie sich aus der Gebührensatzung ergibt und den angefochtenen Bescheiden anschaulich zu entnehmen ist, besteht die abzugeltende Tätigkeit des Personals im Wesentlichen in der Erfassung der einzelnen Flurstücke nach Bezeichnung, Größe und Nutzungsart, ihrer Zuordnung zu den in § 3 Abs. 3 Satz 1 GS festgelegten Gebührenmaßstäben sowie der Errechnung der daraus resultierenden Gebührenhöhe bzw. der Eingabe der entsprechenden Daten in ein Computerprogramm, welches die Berechnung vornimmt. Die Tätigkeit des mit der Gebührenerhebung befassten Personals erscheint mithin ganz überwiegend flurstücksbezogen und rechtfertigt die Verteilung der dadurch entstehenden Personalkosten auf einen bestimmten Betrag je Flurstück, wie in § 3 Abs. 3 Satz 2 GS geschehen. Dies kann auch sowohl für die Folgejahre nach einer erstmaligen Erfassung der Flurstücke als auch – wie im vorliegenden Fall – bei einem Sammelbescheid für mehrere Jahre angenommen werden, weil die Daten für jedes Jahr der Gebührenerhebung gesondert auf entsprechende Veränderungen hin geprüft und ggf. geändert werden müssen. Die dabei durch das Einpflegen neuer Daten bei einzelnen Flurstücken auftretenden Unterschiede in der Bearbeitungszeit der Flurstücke sind im Rahmen des anzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes von untergeordneter Bedeutung und können deshalb bei der flurstücksbezogenen Verteilung der Personalkosten hingenommen werden. Soweit die Kläger dagegen einwenden, es sei nicht ansatzweise zwingend, dass der Aufwand bei allen Flurstücken stets gleich und dementsprechend jedes Flurstück gleich zu berechnen sei, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar sind Fälle denkbar, bei denen ein Flurstück unterschiedliche Nutzungsarten aufweist und dementsprechend nach § 3 Abs. 3 und 4 GS die auf jede Teilfläche entfallende Gebühr getrennt zu ermitteln ist, was den Verwaltungsaufwand für ein solches Flurstück erhöht. Dies stellt jedoch einen Ausnahmefall von der Regel dar, nach der für die Flurstücke im allgemeinen jeweils eine einheitliche Nutzungsart i. S. v. § 3 Abs. 3 GS ausgewiesen ist und deshalb der Aufwand für Erfassung und Bewertung in aller Regel flurstücksbezogen gleich hoch ist. So auch im vorliegenden Fall: Sämtliche 64 Flurstücke des Klägers zu 1.) in der Gemarkung L. weisen jeweils nur eine Nutzungsart i. S. v. § 3 Abs. 3 GS auf. Eine Regelung wie die vorliegende, die den Regelfall zutreffend erfasst, ist nach den oben dargestellten Voraussetzungen auch dann nicht zu beanstanden, wenn sie im Wege der notwendigen Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung im Einfall auftretende Abweichungen außer Acht lässt.

33

Die so vorgenommene Umlage der veranschlagten Verwaltungskosten verursacht auch entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts bei kleinen Grundstücken kein grobes Missverhältnis zu dem vom Landesgesetzgeber verfolgten Regelungszweck. Eine Gebühr entbehrt von Verfassungs wegen einer sachlichen Rechtfertigung, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu dem vom Gesetzgeber verfolgten legitimen Gebührenzweck steht (BVerwG, Urt. v. 13. April 2005, a. a. O.). Anerkannt ist, dass die Kostendeckung ein legitimer Gebührenzweck ist. Mit Gebühren wird regelmäßig die besondere Zweckbestimmung verfolgt, Einnahmen zu erzielen, um spezielle Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken (BVerfG, Urt. v. 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. -, zit. n. juris Rz 58). Regelungszweck des § 3 Abs. 3 Satz 2 GS ist die Deckung der durch die Umlage nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG entstehenden Verwaltungskosten und nicht die Refinanzierung des vom Gewässerunterhaltungsverband erhobenen Beitrages. Letzterer wird durch die flächen- und nutzungsartbezogenen Gebühren nach § 3 Abs. 3 Satz 1 GS refinanziert. Es besteht bei kleinen Grundstücken also kein grobes Missverhältnis zwischen Verwaltungszuschlag und Gebührenzweck (Deckung der Verwaltungskosten), sondern allenfalls ein vom Empfänger des Gebührenbescheides u. U. subjektiv so empfundenes Missverhältnis zwischen der geringen Höhe der Beitragsumlage und dem im Verhältnis dazu höheren Aufwand für die Erhebung dieser Umlage. Dieser Umstand ist die zwangsläufige Folge der flächenbezogenen Verteilung der Umlage, weil die Kosten der Erhebung im Einzelfall nicht in Abhängigkeit zur Größe der veranlagten Fläche stehen, also nicht um so geringer ausfallen, je kleiner die Grundstücke sind. Die Gemeinde kann aber auch nicht auf die Erhebung der Gebühren bei kleinen Grundstücken verzichten, da sie sonst bei der Vielzahl solcher kleiner Grundstücke einen beachtlichen Teil der an den Gewässerunterhaltungsverband geleisteten Beiträge nicht refinanzieren könnte. Darüber hinaus würde eine flächenbezogene Umlage der Verwaltungskosten bei kleinen Grundstücken dazu führen, dass Bescheide im unteren Centbereich ergehen müssten, was der Akzeptanz der Gebührenerhebung wohl mindestens ebenso wenig förderlich wäre, wie die hier gewählte Verteilung der Verwaltungskosten.

34

Der weitere Einwand der Kläger im Berufungsverfahren, der Beklagte habe es bisher versäumt zu erläutern, woher er eigentlich die Höhe des Betrages von 0,82 EUR/Flurstück nehme, lässt keinen Zweifel an der Wirksamkeit der GS aufkommen. Wie bereits oben dargestellt, ist den vorliegenden Kalkulationsunterlagen zur Satzung der Stadt A-Stadt über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Müritz“ vom 29.11.2005 zu entnehmen, dass der Satzungsgeber als nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG umlagefähige Verwaltungskosten ausschließlich Personalkosten in Höhe von 4.150,00 EUR veranschlagt hat, was bei der Gesamtzahl von 5059 zu berücksichtigenden Flurstücken einen Betrag von 0,82 EUR je Flurstück ergibt. Der in § 3 Abs. 3 S. 2 GS festgesetzte Betrag von 0,82 EUR je Flurstück ergibt sich mithin unschwer aus den veranschlagten Verwaltungskosten geteilt durch die Anzahl der Flurstücke. Beide Daten haben die Kläger nicht substantiiert bestritten. Der von den Klägern bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragene Einwand, dass der flurstücksbezogene Aufwand nach der erstmaligen Erfassung der Flurstücke in den Folgejahren durch den Einsatz elektronischer Datenverarbeitung, wie etwa den Abgleich mit anderen bei der Stadt A-Stadt vorhandenen Steuerdateien, drastisch sinken müsste, kann bei entsprechendem Einsatz solcher technischer Mittel zwar nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die Kläger tragen im Berufungsverfahren aber keine näheren Umstände vor, die den Schluss zuließen, dass der flurstücksbezogene Aufwand nach der erstmaligen Erfassung der Daten in einem Maße zurückgegangen sein könnte, das die Kalkulation der Personalkosten für die Folgejahre als fehlerhaft erscheinen ließe. In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen, die unwidersprochen ausgeführt hat, dass der zugrunde gelegte Personalkostenaufwand mit 10 % der Personalkosten für die zuständige Mitarbeiterin sehr vorsichtig gewählt sei und in Wirklichkeit etwa 30 % der Personalkosten zu veranschlagen wären. Die Annahme von durchschnittlich 10 % der Personalkosten im Rahmen der Kalkulation über einen Zeitraum von mehreren Veranlagungsjahren würde die tatsächlich anfallenden Personalkosten also selbst dann noch im Rahmen des anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes zutreffend darstellen, wenn die Kosten in den Folgejahren nach der erstmaligen Erfassung der Flurstücke tatsächlich gesunken wären.

35

Dem im erstinstanzlichen Verfahren vom Kläger zu 1.) vorgetragenen Einwand, der Beklagte habe es versäumt zu prüfen, ob die Wegeparzellen auf den Grundstücken in L. grundsteuerpflichtig seien und falls dies nicht zutreffe, sei er mit diesen Flächen selbst Mitglied im Wasser- und Bodenverband und nicht gebührenpflichtig, musste im Berufungsverfahren nicht weiter nachgegangen werden. Zum einen hat der Kläger zu 1.) selbst nicht behauptet, dass es sich bei den Wegeparzellen um von der Grundsteuer befreite, dem öffentlichen Verkehr dienende Straßen, Wege und Plätze i. S. v. § 4 Nr. 3 Buchst. a) Grundsteuergesetz (GrStG) handelt; zum anderen ist ein solcher Sachverhalt auch sonst nicht erkennbar. Voraussetzung für eine Grundsteuerfreiheit ist nämlich eine öffentliche Straße i. S. d. Straßenrechts (BFH, Urt. v. 9. Mai 1990 - II R 170/87 - zit. n. juris). Waldwege sind in der Regel keine öffentlichen Straßen i. S. d. Straßenrechts.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 159 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. 708 Nr. 10, 711 ZPO.

38

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 16. Januar 2012 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2012 wird insoweit aufzuheben, als darin Wasser- und Bodenverbandsgebühren festgesetzt sind.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Wasser- und Bodenverbandsgebühren.

2

Der Kläger ist Eigentümer forstwirtschaftlicher Flächen im Gebiet der Gemeinde L.. Die Gemeinde L. ist Mitglied des Wasser- und Bodenverbandes „Uecker-Haffküste“. Im Gemeindegebiet existieren Wasserflächen in einer Größe von ca. 70 ha.

3

Mit Bescheid vom 16. Januar 2012 zog der Beklagte den Kläger u.a. zu Wasser- und Bodenverbandsgebühren für das Jahr 2012 in Höhe von 428,04 Euro heran. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2012 zurück.

4

Am 12. April 2012 hat der Kläger hinsichtlich der Festsetzung der Wasser- und Bodenverbandsgebühren Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass seine Heranziehung rechtswidrig sei. Die dem Bescheid zugrunde liegende Satzung sei unwirksam.

5

Die Berücksichtigung der allgemeinen Verwaltungskosten sei fehlerhaft. So sei es unzulässig, anstatt einer konkreten Ermittlung der umlagefähigen Verwaltungskosten pauschal 7 v.H. der Beiträge zum Wasser- und Bodenverband zu berücksichtigen. Fehlerhaft sei es auch, für die Umlage der Schöpfwerkskosten erneut 7 v.H. der Beiträge zum Wasser- und Bodenverband als Verwaltungskosten berücksichtigt würden, obwohl die betreffenden Grundstücke bereits für die Ermittlung der allgemeinen Gebühr erfasst seien. Auch die Verteilung der Verwaltungskosten sei fehlerhaft. Für sie gelte derselbe Flächenmaßstab wie für die Umlage der Verbandslasten. Dies führe zu einem offensichtlichen Missverhältnis zur Inanspruchnahme, da ein größeres Grundstück nicht zwangsläufig zu höheren Verwaltungskosten führe.

6

Zudem führe die Normierung eines Gebührensatzes für Waldflächen von 9,50 EUR/ha zu einer Kostenüberdeckung. Der beabsichtigten Abschlag von 33 v.H. gegenüber dem Grundbeitrag i.H.v. 14,00 EUR/ha hätte zu einem Gebührensatz von 9,33 EUR/ha führen müssen. In dem Differenzbetrag liege eine unzulässige Aufrundung.

7

Die Nichtberücksichtigung von Wasserflächen im Rahmen der Beitrags- und Gebührensatzung sei fehlerhaft, da auch diese von der Tätigkeit des Wasser- und Bodenverbandes profitierten.

8

Die Regelung über den Zuschlag für den Schöpfwerksbetrieb und die Deichpflege verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot. Es sei nicht ersichtlich, welche Flächen zu den Vorteilsflächen zählten. Damit sei es für den belasteten Eigentümer nicht erkennbar, für welche seiner Flächen der Zuschlag erhoben werde. Zudem verstoße die Belastung der im Einzugsgebiet der Schöpfwerke belegenen Waldflächen mit dem Zuschlag gegen das Vorteilsprinzip. Zwar sei die Belastung von Waldflächen mit der allgemeinen Gewässerunterhaltungsgebühr nicht zu beanstanden. Anders sei dies jedoch bei dem Zuschlag für den Betrieb der Schöpfwerke. Es sei nicht gerechtfertigt, den Kläger über die Kosten der allgemeinen Gewässerunterhaltung mit Kosten zu belasten, die ihm nachweislich keinen Vorteil brächten.

9

Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Flächen, für die der Zuschlag erhoben werde, im Einzugsbereich zweier Schöpfwerke lägen. Die Zusammenfassung der Schöpfwerkskosten führe dazu, dass Grundstücke mit den Kosten eines Schöpfwerks belastet würden, obwohl sie nicht in dessen Einzugsbereich lägen. Auch darin liege eine Verletzung des Vorteilsprinzips

10

Weiter leide die Gebührenkalkulation an abgeleiteten Fehlern. So habe es der Wasser- und Bodenverband entgegen dem Maßgaben seiner Verbandssatzung versäumt, zur Refinanzierung seiner Kosten Erschwernisbeiträge zu erheben. Damit sei die Verbandsumlage überhöht. Die vom Wasser- und Bodenverband vorgenommene Einteilung der Vorteilsgebiete für die Schöpfwerke sei fehlerhaft.

11

Schließlich verstoße der Zuschlag für den Schöpfwerksbetrieb und die Deichunterhaltung ebenfalls gegen das Kostenüberdeckungsverbot. Im Rahmen der Gebührenkalkulationen der ersten bis dritten Satzungsänderung seien die sich rechnerisch ergebenen Gebührensätze nicht unerheblich aufgerundet worden.

12

Auch die Rechtsanwendung sei fehlerhaft. Die Flächenzuordnung im Rahmen des Zuschlags für den Schöpfwerksbetrieb und die Deichunterhaltung sei unzutreffend. Fehlerhaft sei auch das der streitgegenständliche Bescheid auch „für die Folgejahre“ gelte. Es sei eine Kostenüberdeckung zu befürchten, da die Schöpfwerkskosten im Jahr 2012 wegen besonderer Reparaturkosten außergewöhnlich hoch gewesen seien.

13

Der Kläger beantragt,

14

den Bescheid des Beklagten vom 16. Januar 2012 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2012 insoweit aufzuheben, als darin Wasser- und Bodenverbandsgebühren festgesetzt sind.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Er ist der Auffassung, der Bescheid sei (auch) in Ansehung der angegriffenen Festsetzung rechtmäßig. Der Ansatz des Verwaltungskostenanteils sei im Rahmen der zulässigen Pauschalierung nicht zu beanstanden. Gleiches gelte für deren Verteilung nach dem Flächenmaßstab. Die Bestimmungen über die Zu- und Abschläge nach Nutzungsarten entspreche den Maßgaben der Rechtsprechung. Auch die Regelungen über den Zuschlag für den Schöpfwerksbetrieb und die Deichunterhaltung seien nicht zu beanstanden. Sie seien hinreichend bestimmt. Die Kalkulation des Zuschlags sei auf Basis des patagorischen Kostenbegriffs erfolgt. Dies sei zulässig, da das Kommunalabgabengesetz keinen bestimmten Kostenbegriff vorgebe. und daher zulässig. Die Lage der klägerischen Flächen im Poldergebiet werde nur geringfügig angezweifelt.

18

Mit Beschluss vom 30. April 2014 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

1. Die zulässige Klage ist begründet. Der streitgegenständliche Gebührenbescheid ist – soweit er die angegriffene Festsetzung enthält – rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

21

Ihm fehlt die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 3 Gesetz über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG) erforderliche Rechtsgrundlage, denn die Satzung der Gemeinde L. über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „Uecker-Haffküste“ (Gebührensatzung – GS) vom 1. Dezember 2006 i.d.F. der 3. Änderung vom 21. Juni 2011 ist unwirksam.

22

Die in der Satzung normierten Gebührensätze sind unwirksam, weil sie auf einer fehlerhaften Kalkulation beruhen. Damit fehlt der Satzung der nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderliche Mindestinhalt, so dass die Satzung insgesamt unwirksam ist.

23

a) Der Gebührensatz in § 3 Abs. 3 GS verstößt gegen das Kostenüberdeckungsverbot nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V. Die Vorschrift findet aufgrund der Verweisung in § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG auch auf Gebühren zur Deckung der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes Anwendung. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung decken aber nicht überschreiten. Eine solche – wenn auch verhältnismäßig geringfügige – Überschreitung ist vorliegend gegeben. Der mit der 2. Änderungssatzung normierte Gebührensatz beruht auf einer Gebührenkalkulation, die auf Grundlage des Bescheides des Wasser- und Bodenverbandes „Uecker-Haffküste“ vom 21. Januar 2008 von einer Umlage für die allgemeine Gewässerunterhaltung von 32.433,25 EUR ausgeht. Zusammen mit den allgemeinen Verwaltungskosten von 2.270,33 EUR ergibt sich ein gebührenfähiger Betrag von 34.703,58 EUR. Die Kostenmasse wird zur Kalkulation der Gebühr für die allgemeine Gewässerunterhaltung wird nach einem Grundbeitrag sowie Abschläge und Zuschläge für bestimmte Nutzungen verteilt. Die Summe der kalkulierten Grundbeiträge sowie der Ab- und Zuschläge ergibt den Betrag von 35.075,53 EUR. Dieser Betrag überschreitet die gebührenfähigen Kosten in Höhe von 371,95 EUR. Dies ist fehlerhaft und führt zur Nichtigkeit des Gebührensatzes.

24

Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V lediglich um eine Soll-Regelung handelt, so dass nicht jede Kostenüberschreitung zu einer Nichtigkeit des auf der Kalkulation beruhenden Gebührensatzes führt. Auch § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V (Überdeckungsausgleich) stützt diese Annahme. Allerdings sind nur unerhebliche, zufällige oder unbeabsichtigte Überschüsse unschädlich (VG Greifswald, Urt. v. 05.08.2009 – 3 A 997/06 –, S. 4 des Entscheidungsumdrucks [n.v.]; vgl. auch Urt. v. 23.01.2014 – 3 A 1372/12 – juris Rn. 21). In der zuerst zitierten Entscheidung hat das Gericht eine Überdeckung von 7,80 EUR bei einem prognostizierten Kostenvolumen von 12.500,00 EUR für unbeachtlich gehalten, weil die bereits die Reduzierung der Gebührensätze um einen Cent zu einer Kostenunterdeckung geführt hätte. Der vorliegend in Rede stehende Überdeckungsbetrag ist deutlich größer und war – dies kommt ausschlaggebend hinzu – beabsichtigt. Die dargestellte Kalkulationsweise zeigt, dass die Überdeckung angestrebt wurde.

25

Gegenteiliges folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des OVG Greifswald. Zwar hat es in dem Urteil vom 2. Juni 2004 (– 4 K 38/02 –, juris Rn. 134) einen Kalkulationsfehler (Beitragskalkulation) als unbeachtlich angesehen, bei dem ein um 1.404.610,00 DM überhöhter Aufwand berücksichtigt worden ist. Allerdings beruhte der überhöhte Aufwand auf einem (unbeabsichtigten) Schreibfehler und führte – wegen des angestrebten Deckungsgrades von nur 70 v.H. – nicht zu einer Aufwandsüberschreitung.

26

b) Die vorstehenden Ausführungen gelten für den Zuschlag für den Schöpfwerksbetrieb nach § 3 Abs. 5 GS entsprechend. Ausweislich der Kalkulation ergibt sich rechnerisch ein Gebührensatz von 15,35 EUR/ha. Gleichwohl hat die Gemeinde, dem Vorschlag der Kalkulation folgend, einen Gebührensatz von 15,50 EUR/ha normiert.

27

c) Die Kalkulation des Zuschlages für den Schöpfwerksbetrieb verstößt zudem wegen der Berücksichtigung des Verwaltungskostenanteils gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Entgegen der Auffassung des Klägers war der gebührenwirksame Ansatz eines Verwaltungskostenanteils von 7 v.H. der Gesamtkosten ursprünglich nicht zu beanstanden. Die Quote ist nicht „gegriffen“, sondern, wie die der 2. Änderungssatzung zu Grunde liegende Kalkulation zeigt, rechnerisch ermittelt worden. Dabei entspricht die Summe der im Rahmen der Abrechnung zu berücksichtigenden Lohn- und Materialkosten exakt 7 v.H. der Gesamtumlage des Wasser- und Bodenverbandes. Einwände hat der Kläger insoweit nicht geltend gemacht. Die Quotenbildung erfolgte ersichtlich, um die Verwaltungskosten sowohl der Abrechnung der allgemeinen Gewässerunterhaltung als auch der Abrechnung des Schöpfwerksbetriebes anteilig zurechnen zu können. Dagegen ist nichts zu erinnern. Insbesondere liegt darin keine Doppelberücksichtigung.

28

Die Umlegung der allgemeinen Verwaltungskosten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie demselben Maßstab erfolgt, der auch für die von der Gemeinde L. zu tragenden Verbandslasten gilt. § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG gibt für die Verteilung der (allgemeinen) Verwaltungskosten keine bestimmte Maßstabsregelung vor. Sie bilden zusammen mit den umzulegenden Beiträgen zum Wasser- und Bodenverband eine einheitliche Kostenmasse, die gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG nach den Grundsätzen u.a. des § 6 Abs. 3 KAG M-V auf die einzelnen Gebührenschuldner zu verteilen ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Kostenverteilung nach Größe und Nutzungsart zulässig ist (zuletzt: OVG Greifswald, Urt. v. 18. März 2014 – 1 L 190/10 –, S. 8 des Entscheidungsumdrucks m.w.N.). Demgemäß hat auch das OVG Greifswald (a.a.O.) keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Verteilung der Verwaltungskosten nach der Größe und Nutzungsart der bevorteilten Grundstücke geäußert.

29

Dem steht nicht entgegen, dass die Gemeinde L. die Verwaltungskosten auch nach einem anderen geeigneten Maßstab – z.B. Anzahl der betroffenen Grundstücke – vornehmen könnte (vgl. OVG Greifswald, a.a.O.). Denn die Wahl der Maßstabsregel steht im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde. Aus der Möglichkeit, andere zulässige Verteilungsregeln zu definieren, kann daher nicht auf die Fehlerhaftigkeit der gewählten Regel geschlossen werden. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das gemeindliche Ermessen derart eingeschränkt wäre, dass nur eine einzige Entscheidung – die Wahl des vom Kläger offenbar favorisierten Maßstabes – in Betracht käme. Hierfür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte.

30

Der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Einwand des Klägers, dass ein größeres Grundstück nicht zwangsläufig zu höheren Verwaltungskosten führt, verfängt nicht. Selbst wenn diese Annahme in tatsächlicher Hinsicht zutreffen sollte (verneint vom VG Greifswald, Urt. v. 10.07.2014 – 3 A 1621/12 –, S. 5 des Entscheidungsumdrucks), wäre sie rechtlich unerheblich. Denn generell gilt bei der Erhebung von Benutzungsgebühren i.S.d. § 6 KAG M-V, dass der allgemeine Verwaltungsaufwand für die Abrechnung einer gebührenfähige Maßnahme keine Beziehung zu den Parametern aufweist, nach denen der besondere Verwaltungsaufwand für die Durchführung der Maßnahme abgerechnet wird. So steigt der allgemeine Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Gebühr für die Inanspruchnahme der öffentlichen Straßenreinigung oder der Abfallbeseitigung nicht mit der Zahl der Frontmeter eines Grundstücks bzw. der überlassenen Abfallmenge. Dennoch wird der allgemeine Verwaltungsaufwand bei der Kalkulation der Benutzungsgebühr berücksichtigt und nach denselben Maßstabsregeln umgelegt, die auch für den besonderen Verwaltungsaufwand – also die Kosten der eigentlichen Leistungserbringung – gelten. Nichts anderes hat in den Fällen des § 3 Abs 1 Satz 3 GUVG zu gelten, wenn sich die Gemeinde entscheidet, für die Verteilung der allgemeinen Verwaltungskosten keinen gesonderten Maßstab zu normieren.

31

Fehlerhaft wurde die Berücksichtigung der Verwaltungskosten erst im Rahmen der Kalkulation des Zuschlages für den Schöpfwerksbetrieb, die der 3. Änderungssatzung zugrunde liegt. Denn im Rahmen dieser Kalkulation wurde nicht neu ermittelt, in welchem Verhältnis die berücksichtigungsfähigen allgemeinen Verwaltungskosten (Lohn- und Materialkosten) zur Gesamtumlage des Wasser- und Bodenverbandes stehen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil die Kosten für die Unterhaltung der Schöpfwerke erheblich gestiegen sind. Daher ist bei gleichbleibenden Kosten für die allgemeine Gewässerunterhaltung anzunehmen, dass die Quote sinkt. Gleichwohl wurden die Verwaltungskosten im Rahmen der Kalkulation – wie bisher – mit 7 v.H. der Gesamtkosten berücksichtigt.

32

d) Die Gebührensatzung leidet zudem daran, dass Gewässerflächen nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen worden sind, obwohl auch Wasserflächen durch die Tätigkeit des Wasser- und Bodenverbandes bevorteilt werden (OVG Greifswald, Urt. v. 23.02.2000 – 1 L 50/98 –, juris Rn. 26/27). Dies schließt jedenfalls eine völlige Freistellung von Wasserflächen sowohl im Rahmen der Verbandsumlage als auch im Rahmen der Gebührenerhebung aus. Der Fehler führt zu einer Verringerung der Anzahl der Beitragseinheiten und damit zu einer Erhöhung des Beitragssatzes. Damit steht zwar noch nicht fest, dass der von der Gemeinde L. zu entrichtende Beitrag überhöht ist. Immerhin existieren im Gemeindegebiet Wasserflächen mit einer Größe von ca. 70 ha. Daher ist es denkbar, das die Gemeinde von der Freistellung der Wasserflächen im Rahmen der Beitragserhebung profitiert hat – dann nämlich, wenn die Erhöhung des Beitragssatzes infolge der Nichtberücksichtigung der im Geschäftsgebiet des Wasser- und Bodenverbandes vorhandenen Wasserflächen durch den Wegfall der auf die im Gemeindegebiet vorhandenen Wasserflächen entfallenden Beitragseinheiten überkompensiert wird. In diesem Fall wäre die Umlage im Ergebnis zwar nicht überhöht. Die Gebührenkalkulation wäre gleichwohl fehlerhaft, weil auch die Gemeinde verpflichtet ist, Wasserflächen in den Vorteilsausgleich einzubeziehen. Der Fehler führt zu einer Benachteiligung der übrigen Gebührenschuldner, weil die Gebührensätze steigen.

33

e) Sollte es zutreffen, dass der Wasser- und Bodenverband „Uecker-Haffküste“ im Erhebungszeitraum entgegen § 19 Abs. 2 seiner Verbandssatzung keine Erschwernisbeiträge erhoben hat, so wäre die Beitragserhebung auch aus diesem Grunde überhöht und die darauf fußende Gebührenkalkulation fehlerhaft (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 18. 12.2013 – 1 L 18/08 –, S. 15 des Entscheidungsumdrucks). Da es auf diesen und die übrigen Einwände des Klägers entscheidungserheblich nicht mehr ankommt, wird von weiteren Ausführungen abgesehen.

34

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.