Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 07. Okt. 2015 - 1 K 28/11

published on 07/10/2015 00:00
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 07. Okt. 2015 - 1 K 28/11
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Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Niederschlagswassergebührensatzung.

6

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks in der Stadt B-Stadt. Die Antragsgegnerin betreibt in ihrem Stadtgebiet eine öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung. Das Grundstück des Antragstellers ist an diese Anlage angeschlossen. Der Antragsteller wurde im Zeitraum von 2006 bis 2014 von der Antragsgegnerin zu Niederschlagswassergebühren veranlagt. Wegen der Bescheide für die Erhebungsjahre 2010 bis 2012 legte der Antragsteller Widersprüche ein; nach deren Zurückweisung erhob er Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin (Aktenzeichen 4 A 820/11), über die bisher nicht entschieden ist.

7

Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin beschloss am 4. November 2010 die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G (nachfolgend: Niederschlagswassergebührensatzung 2010). Die Satzung wurde am 4. November 2010 ausgefertigt und am 17. November 2010 im amtlichen Bekanntmachungsblatt der Antragsgegnerin „Heimatbote“ öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft.

8

Am 19. September 2011 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 gestellt.

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Am 13. Dezember 2012 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin die 1. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg. Die Änderungssatzung wurde am 13. Dezember 2012 ausgefertigt und am 11. Januar 2013 öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft.

10

Zur Begründung seines Antrags wendet sich der Antragsteller im Wesentlichen gegen die Bestimmungen zu den Gebührensätzen. Die in § 4 Abs. 2 Buchst. b der angefochtenen Satzung zum 1. Januar 2010 vorgenommene Erhöhung der Zusatzgebühr von 0,02 Euro auf 0,58 Euro je gebührenpflichtigen Quadratmeter verstoße gegen das Rückwirkungsverbot und sei nicht gerechtfertigt. Ein Unterdeckungsausgleich habe erst in dem auf die Kalkulation folgenden Jahr, also zum 1. Januar 2011 vorgenommen werden dürfen. Methodische Fehler in der vorangegangenen Kalkulation dürften ohnehin nicht im Wege des Kostenunterdeckungsausgleichs korrigiert werden. So liege es hier. In die Flächenermittlung zur Kalkulation der Gebührensätze der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G vom 4. Oktober 2005 seien erheblich mehr Gebühreneinheiten eingestellt worden als bei der Kalkulation der angefochtenen Satzung. Das deute auf einen methodischen Fehler hin.

11

Auch die aktuelle Kalkulation sei auf der Kostenseite fehlerhaft. Die Herstellungswerte der Anlage, die über die vorgenommenen Abschreibungen gebührenwirksam geworden seien, seien unrichtig berechnet worden. Die Ermittlung des Mischzinssatzes berücksichtige zu Unrecht Kredite, die sich nicht der Herstellung der abgerechneten Anlage zuordnen ließen. Auch die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen nach der Auflösungs-Restwertmethode sei vorliegend zu Lasten der Gebührenpflichtigen fehlerhaft erfolgt.

12

Der Antragsteller beantragt,

13

die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg vom 4. November 2010 mit Ausnahme des § 10 für unwirksam zu erklären, soweit sie Geltung für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 beansprucht.

14

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie verteidigt die angegriffene Satzung und tritt der Antragsbegründung im Einzelnen entgegen.

17

Der rückwirkend festgesetzte und vergleichsweise geringe Satz der Zusatzgebühr für den Veranlagungszeitraum 2006 bis 2009 beruhe auf dem Schlechterstellungsverbot. Die Stadtvertretung habe keine rückwirkende Gebührenerhöhung beschließen und die Gebührensätze aus der vorangegangenen Satzung nicht überschreiten dürfen. Die Kalkulation aus dem Jahre 2005, die zu diesen Gebührensätzen geführt habe, habe keine „politische Gebühr“ zum Ergebnis gehabt, mit der eine Kostenunterdeckung bewusst in Kauf genommen worden wäre. Das gelte auch für die dortige Flächenermittlung, die die damaligen Katasterunterlagen und eine Einwohnerbefragung zur Grundlage gehabt habe. Daher sei die tatsächlich eingetretene Kostenunterdeckung in den folgenden drei Jahren von 2010 bis 2012 auszugleichen gewesen. Das Defizit sei überwiegend im Bereich der variablen Kosten entstanden und deshalb allein bei der Zusatzgebühr kostenerhöhend angesetzt worden. Die invariablen Kosten seien im Wesentlichen durch die Grundgebühr gedeckt worden. Ab 2013 sei mit einem Absinken der Gebührensätze zu rechnen gewesen. Mit der 1. Änderungssatzung seien dementsprechend zum 1. Januar 2013 auch niedrigere Gebührensätze festgesetzt worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (1.) und begründet (2.). Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B vom 4. November 2010 ist im Umfang des gestellten Antrags unwirksam.

20

1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist rechtzeitig innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der streitbefangenen Satzung gestellt worden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er kann als Gebührenschuldner nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Niederschlagswassergebührensatzung 2010 geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dem Antragsteller steht im Umfang der Antragstellung auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Da die gegen ihn ergangenen Bescheide über die Erhebung einer Niederschlagswasserbeseitigungsgebühr insoweit noch nicht bestandskräftig geworden sind, stellt die Feststellung der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Satzung den Antragsteller im Anfechtungsprozess rechtlich besser (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 03.07.2002 – 4 K 35/01 –, juris Rn. 11).

21

2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. November 2010 verstößt, soweit sie Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist, gegen höherrangiges Recht, das der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts unterliegt. Im Ergebnis ist die Satzung nicht nur hinsichtlich einzelner Bestimmungen, sondern insgesamt unwirksam. Sie ist deshalb im beantragten Umfang gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.

22

Die streitbefangene Niederschlagswassergebührensatzung weist nicht den durch § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V vorgeschriebenen Mindestinhalt einer Abgabensatzung auf. Sie enthält für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 keine wirksame Bestimmung der Abgabensätze. Die Regelung des Gebührensatzes für die Zusatzgebühr in den Jahren 2010 bis 2012 in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010, wonach die jährliche Zusatzgebühr für die Inanspruchnahme der Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung ab dem 1. Januar 2010 0,58 Euro je Quadratmeter zusatzgebührenpflichtiger Fläche beträgt, beruht auf einer methodisch fehlerhaften Kalkulation und ist daher unwirksam (a). Das führt mangels einer Teilbarkeit der Satzung zur Unwirksamkeit auch der Bestimmung über den Satz der Grundgebühr und damit zur Gesamtunwirksamkeit der Gebührensatzung für den genannten Zeitraum (b). Auf die sonstigen Einwendungen des Antragstellers gegen die Wirksamkeit der Satzung kommt es deshalb nicht mehr an.

23

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts muss dem Rechtssetzungsorgan – neben der Beschlussvorlage über die Satzung – bei der Beschlussfassung eine Kalkulation über den Abgabensatz vorliegen. Wird dem Vertretungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Unwirksamkeit der Bestimmung des Abgabensatzes zur Folge, weil das Vertretungsorgan anderenfalls sein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (vgl. zuletzt OVG Greifswald, Urt. v. 21.04.2015 – 1 K 46/11 –, juris Rn. 67 unter Hinweis auf OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, juris Rn. 63, 142, m.w.N.; grundlegend OVG Greifswald, Urt. V. 25.02.1998 – 4 K 8/97, 4 K 18/97 –, juris).

24

Die Gebührenkalkulation für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 war in einem für die Gebührensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft. Sie berücksichtigte für diesen Zeitraum bei der Zusatzgebühr methodisch fehlerhaft einen Kostenunterdeckungsausgleich.

25

Der vorgenommene Unterdeckungsausgleich findet im Gesetz keine Stütze. Nach § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V in der bei Satzungserlass maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. M-V S. 146) – KAG M-V a.F. – sollen Kostenunterdeckungen innerhalb von drei Jahren nach Ende des abgeschlossenen Kalkulationszeitraums ausgeglichen werden, wenn am Ende des Kalkulationszeitraums die tatsächlichen von den kalkulierten Kosten abweichen.

26

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die ein Abweichen der tatsächlichen von den kalkulierten Kosten und einen abgeschlossenen Kalkulationszeitraum voraussetzt, ergibt sich, dass die Berücksichtigung einer Kostenunterdeckung von vornherein ausscheiden muss, soweit sie in einem Zeitraum entstanden ist, für den es an einer Vorauskalkulation überhaupt fehlt. So liegt es hier für das Veranlagungsjahr 2009, das von der Kalkulation der Gebührensätze in der Satzung der Antragsgegnerin vom 4. Oktober 2005 nicht mehr erfasst wurde. Gleichwohl ist in der hier zu prüfenden Kalkulation eine Unterdeckung für diesen Zeitraum im Wege der Nachkalkulation ermittelt und für das Veranlagungsjahr 2012 kostenerhöhend in die Kalkulation des Zusatzgebührensatzes eingestellt worden.

27

Dass ein Unterdeckungsausgleich für das Jahr 2009 nicht in Betracht kommt, ergibt sich auch aus Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F.. Die Vorschrift durchbricht den gebührenrechtlichen Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Dieser hat zum Inhalt, dass die Gebührenpflichtigen nur mit denjenigen Kosten belastet werden dürfen, die den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen. Der Grundsatz der Periodengerechtigkeit stellt sich damit als Ausprägung des Äquivalenzprinzips und der Leistungsproportionalität in zeitlicher Hinsicht dar (Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 92). Der Gebührenschuldner soll grundsätzlich nur solche Kosten tragen müssen, die im Veranlagungszeitraum durch die Inanspruchnahme der Leistung entstanden sind.

28

Die in § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. normierte Ausnahme von diesem Grundsatz findet ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass die Kalkulation eines Gebührensatzes als Vorauskalkulation notwendigerweise auf einer Prognose der Kosten für den Betrieb der öffentlichen Einrichtung und der Inanspruchnahme der Einrichtung durch die Gebührenschuldner im Kalkulationszeitraum beruhen muss. Eine Prognoseentscheidung ist notwendigerweise mit Unsicherheiten verbunden. Dem trägt eine Ausgleichsregelung im Sinne einer Risikoverteilung Rechnung. Sie erlaubt dem Aufgabenträger, eine von der Prognose abweichende Entwicklung der Kosten und der Gebühreneinheiten – insoweit ist die Vorschrift entsprechend anzuwenden – nach Ende des Kalkulationszeitraums auszugleichen (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 12.01.2015 – 5 A 597/09 –, juris Rn. 25 f. und OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 29; zur entsprechenden Anwendung der Vorschrift auf die Entwicklung der Gebühreneinheiten VG Greifswald, Urt. v. 23.01.2014 – 3 A 1372/12 –, juris Rn. 21, und Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 102). Eine eingetretene Kostenunterdeckung darf gemäß § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. in den folgenden drei Jahren zu Lasten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden. Die Regelung erfasst folgerichtig auch den umgekehrten Fall; eine eingetretene Kostenüberdeckung muss in diesem Zeitraum zu Gunsten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden.

29

Daraus folgt zugleich, dass der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. als Ausnahmevorschrift vom gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip zu beschränken ist. Die Norm ist kein Instrument, um methodische Fehler einer vorangegangenen Kalkulation auszugleichen. Diese sind nicht Ausdruck der unvermeidbaren Prognoseunsicherheit bei der Vorausschau von Kosten und Gebühreneinheiten. Auch sind die Ergebnisse einer bewussten Kostenunterdeckung (etwa durch einen „politischer Gebührensatz“) nicht über einen Kostenunterdeckungsausgleich zu korrigieren (vgl. Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 6.2.5).

30

Durch die Bildung eines durchschnittlichen Gebührensatzes für den Kalkulationszeitraum 2010 bis 2012 wirkt sich der methodische Fehler der Berücksichtigung eines Kostenunterdeckungsausgleichs auf die Festsetzung des Zusatzgebührensatzes in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010 für den gesamten Regelungszeitraum aus.

31

Der Senat musste nach alledem nicht mehr entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Unterdeckungsausgleich schon wegen einer bewusst herbeigeführten Kostenunterdeckung nicht vorlagen, da die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 hier rückwirkend zum 1. Januar 2006 und für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2009 mit den (nicht kostendeckenden) Zusatzgebührensätzen aus der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. Oktober 2005 in Kraft gesetzt worden war. In Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass im Falle der Rückwirkung einer Gebührensatzung für die Berechnung des Gebührensatzes keine Vorauskalkulation mehr in Betracht komme und vielmehr in vollem Umfang von den für die maßgebliche Abrechnungsperiode bekannten tatsächlichen Kosten auszugehen sei. Das schließe das Entstehen einer Kostenunterdeckung aus, weil keine Prognoseunsicherheit bestehen könne (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 38; OVG Magdeburg, Urt. v. 27.07.2006 – 4 K 253/05 –, juris Rn. 40; VGH München, Urt. v. 02.04.2004 – 4 N 00.1645 –, juris Rn. 22; Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 7.3.3.3 m.w.N.).

32

Dagegen ließe sich möglicherweise einwenden, dass eine Nacherhebung von Gebühren für den abgelaufenen Kalkulationszeitraum dann nicht in Betracht kommt, wenn eine Schlechterstellung der Gebührenschuldner aus verfassungsrechtlichen Gründen ausscheidet (vgl. zu den Voraussetzungen der rückwirkenden Schlechterstellung eines Abgabenschuldners BVerwG, Beschl. v. 29.01.2015 – 9 B 51/14 –, juris Rn. 7, m.w.N.). Das ist in der Rechtsprechung für den Fall angenommen worden, dass bei der rückwirkenden Ersetzung einer wegen einer fehlerhaften Maßstabsregel unwirksamen Gebührensatzung eine unabhängig davon eingetretene Kostenunterdeckung durch erhöhte Gebührensätze beseitigt werden sollte (VG Karlsruhe, Urt. v. 30.01.2014 – 2 K 2233/13 –, juris Rn. 50 ff.).

33

b) Die Nichtigkeit der Satzungsregel zur Höhe des Zusatzgebührensatzes führt auch zur Nichtigkeit der Regelung über den Satz der Grundgebühr für den Veranlagungszeitraum 2010 bis 2012 und damit mangels einer Bestimmung des Abgabensatzes zur Gesamtnichtigkeit der Niederschlagswassergebührensatzung 2010 im beantragten Umfang. Eine auf die Bestimmung des Zusatzgebührensatzes beschränkte Teilnichtigkeit der Satzung scheidet aus. Die Teilnichtigkeit einer Abgabensatzung ist anzunehmen, wenn die Norm auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt, insbesondere der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG M-V erforderten Mindestinhalt umfasst und anzunehmen ist, dass der Satzungsgeber die Vorschrift auch ohne den nichtigen Teil erlassen hätte (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 71). Es ist nicht anzunehmen, dass der Satzungsgeber, der ersichtlich eine Kostendeckung des Anlagenbetriebs durch ein System aus Grundgebühr und Zusatzgebühr angestrebt hat, die Satzung auch mit nur einer nicht kostendeckenden Grundgebühr beschlossen und auf die Erhebung von Zusatzgebühren ganz verzichtet hätte (vgl. in diesem Sinne auch OVG Lüneburg, Urt. v. 10.11.2014 – 9 KN 33/14 –, juris Rn. 91 und OVG Weimar, Urt. v. 12.12.2001 – 4 N 595/94 –, juris Rn. 106).

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Grundlage der Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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Annotations

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.