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Der Rechtsstreit konnte durch die Berichterstatterin entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erteilt haben (§ 87 Abs. 2 und 3 VwGO).
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Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind und auch nicht vertreten waren, da auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäß bewirkten Terminsladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Der angefochtene Gebührenbescheid vom 01.04.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die vom Beklagten erstmals mit Bescheid vom 01.04.2006 geltend gemachten Rundfunkgebühren für den Zeitraum 01.12.1991 bis 31.12.1999 waren zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits verjährt und konnten daher nicht mehr geltend gemacht werden.
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1. Zwar mag die Klägerin nach den Angaben im Anmeldeformular vom 11.07.2005 bezüglich des Kassettenrekorders gebührenpflichtig gewesen sein. Eine solche Gebührenpflicht ergibt sich wohl aus § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV, da die Klägerin nach den im Anmeldeformular gemachten Angaben einen Kassettenrekorder mit Radio besaß, als sie mit eigenem Einkommen in häuslicher Gemeinschaft mit ihren - ebenfalls Rundfunkgebühren zahlenden - Eltern lebte.
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Offen bleiben kann, ob eine Rundfunkgebührenpflicht bereits der Sache nach ausscheidet, weil das Gerät defekt gewesen ist und die Klägerin daher dieses nicht i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV zum Empfang bereitgehalten hat. Die Klägerin hat schriftsätzlich vorgetragen, dass der Radioempfänger bereits seit 1991 defekt sei. Ob dies zutrifft, konnte in der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2007 nicht abschließend geklärt werden. Weder die Klägerin noch ihr Prozessvertreter sind zum Termin der mündlichen Verhandlung erschienen. Die als Zeugin vernommene Rundfunkgebührenbeauftragte, Frau R., hat zwar ausgeführt, dass sie persönlich einen Radiosender eingestellt und Radio gehört hätte. Allerdings hat die Klägerin im Schreiben vom 20.07.2005 ausgeführt, dass ihr Vater den Radioempfänger 1991 funktionsunfähig gemacht hätte und dies die Zeugin auch bestätigt habe. Der Klägerin kann auch nicht ohne weiteres der Vorwurf der Unglaubwürdigkeit gemacht werden, weil sie das angeblich defekte Gerät weiter aufbewahrt hat. Denn nach den übereinstimmenden Aussagen der Klägerin und der Zeugin war das Gerät zugleich als Kassettenrekorder nutzbar und hätte daher auch bei einem Defekt des Radioempfängers weiterhin genutzt werden können. Im Übrigen enthält das von der Zeugin ausgefüllte Anmeldeformular lediglich die Bemerkung, dass die Klägerin über einen Kassettenrekorder verfüge. Dass dieses auch mit einem funktionsfähigen Radioempfänger ausgestattet war, ergibt sich daraus nicht. Schon deshalb führt auch der vom Beklagten stets angeführte Vortrag, es handele sich bei dem Anmeldeformular um eine „öffentliche Urkunde“ i.S.v. § 415 Abs. 1 ZPO mit dem Beweis der inhaltlichen Richtigkeit, hier nicht weiter (zur - beschränkten - Beweiskraft des Anmeldeformulars vgl. VG Sigmaringen, Urt. v. 24.01.2005 - 4 K 934/04 -, zit. in Juris).
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2. Jedenfalls sind die geltend gemachten Forderungen verjährt.
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a. Die Verjährung von Rundfunkgebühren ist durch Art. 5 des Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 17.03.2005 (GBl. 2005, S. 194) neu geregelt worden. Nach § 4 Abs. 4 RGebStV richtet sich die Verjährung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - über die regelmäßige Verjährung. Demnach können sich Rundfunkteilnehmer bereits nach drei Jahren auf die Einrede der Verjährung berufen (§ 195 BGB). Gleichzeitig folgt aus der Bezugnahme auf die Verjährungsvorschriften des BGB, dass die Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Anspruch verjährt ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von seiner Entstehung an (§ 199 Abs. 4 BGB). § 199 Abs. 1 BGB unterscheidet sich somit hinsichtlich des Verjährungsbeginns in einem erheblichen Maße von seinen Vorgängervorschriften (§§ 198 und 201 BGB a.F.), nach denen es auf eine Kenntnis des Gläubigers nicht ankam.
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Hinsichtlich des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkts ist grundsätzlich auf die letzte behördliche Entscheidung - hier das Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2006 - abzustellen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 - zit. in Juris). Unter Anwendung des § 4 Abs. 4 RGebStV i.d.F. des Art. 5 des Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 17.03.2005 i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 und 4 BGB wären somit die die Rundfunkgebührenforderung des Beklagten für den Zeitraum 01.04.1996 bis 31.12.1999 noch nicht verjährt.
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Zu berücksichtigen ist allerdings, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung des § 4 Abs. 4 RGebStV die Rundfunkgebührenforderungen nach der Vorgängerregelung bereits verjährt waren. Nach dem der Neuregelung des RGebStV vorangegangenen und zum Zeitpunkt der Entstehung der geforderten Rundfunkgebühren geltenden Fassung des § 4 Abs. 4 RGebStV (Fassung vom 31.08.1991, GBl. 1991, S. 745 ff.) verjährte der Anspruch auf Rundfunkgebühren in vier Jahren. Da die Vorschrift keine Regelungen zum Beginn und Ende der Verjährungsfrist enthielt, wurden nach ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Auffassung in der Literatur die Vorschriften des BGB für die kurze Verjährungsfrist nach §§ 197, 201 BGB i.d.F. vor Inkrafttreten der verjährungsrechtlichen Neuregelungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 29.11.2001 (BGBl. I 2002, S. 42 ff.) angewendet, mit der Folge, dass Verjährungsbeginn einer Rundfunkgebührenforderung der Schluss des Jahres war, in dem die Forderung entstanden ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.04.2007 - 2 S 290/07 -, zit. in Juris m.w.N.). Trat keine verjährungshemmende oder –unterbrechende Wirkung ein, so verjährte der Anspruch nach vier Jahren mit Ablauf des Jahres. Beginn der Verjährung der Rundfunkgebührenforderungen war daher gem. § 4 Abs. 4 RGebStV a.F. i.V.m. § 201 BGB a.F. der Schluss des Jahres, in dem sie entstanden sind, also am 31.12. des jeweiligen Jahres 1991 bis 1999. Die Anwendung der Verjährungsregeln des alten Rechts führt dazu, dass auch die zuletzt entstandene Forderung aus dem Jahr 1999 am 31.12.2003 und somit bereits vor Inkrafttreten der verjährungsrechtlichen Neuregelung verjährt war.
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Die Forderungen sind auch nicht rückwirkend als unverjährt anzusehen.
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Welche Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Geltung hat, bestimmt sich maßgeblich nach dem materiellen Recht. In den Neufassungen des RGebStV finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die verjährungsrechtliche Neuregelung des § 4 Abs. 4 RGebStV rückwirkende Geltung beansprucht. Dies ergibt sich insbesondere aus den Schlussvorschriften der einzelnen Änderungsgesetze, wonach der jeweilige RGebStV für die Zukunft gilt. Gegen eine Rückwirkung der verjährungsrechtlichen Neuregelung sprechen zudem die Überleitungsregelungen zum Verjährungsrecht des EGBGB als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.04.2007 - 2 S 290/07 -, zit. in Juris mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 22.02.1979, BGHZ 73, 363). Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB finden die Neuregelungen des BGB auf die am Tag des Inkrafttretens bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Bereits verjährte Ansprüche bleiben somit unberührt und leben insbesondere nicht deshalb wieder auf, weil § 199 BGB nunmehr den Verjährungsbeginn von der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers abhängig macht und kenntnisunabhängige Verjährungshöchstfristen enthält.
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b. Die Klägerin durfte sich auch auf die Verjährung berufen (§ 214 Abs. 1 BGB). Insbesondere kann ihr nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden.
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Das Gericht ist der Auffassung, dass die Erhebung der Verjährungseinrede nicht schon deshalb per se als unzulässige Rechtsausübung ausgeschlossen ist, weil ein Rundfunkteilnehmer gebührenpflichtige Geräte nicht oder nicht unverzüglich angemeldet hat (so auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, zit. in Juris m.w.N.; VG Kassel, Urt. v. 10.10.2006 - 1 E 2190/04 -, zit. in Juris; VG Göttingen, Urt. v. 30.11.2006 - 2 A 604/05 -, zit. in Juris; VG Stuttgart, Beschl. v. 05.01.2007 - 3 K 4289/06 -, zit. in Juris; VG Braunschweig, Urt. v. 09.03.2007 - 4 A 83/06 -; a.A. OVG Lüneburg, Urt. v. 07.05.2007 - 4 LA 521/07 -, zit. in Juris; VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 10.08.2007 - 3 K 1160/04 -, zit. in Juris; wohl auch VG Düsseldorf, Urt. v. 09.03.2004 - 27 K 955/02 -, zit. in Juris). Einen derartigen ausnahmslosen Grundsatz gibt es im Rundfunkgebührenrecht nicht.
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Normzweck der gesetzlichen Regelung der Verjährung ist es, im Rechtsverkehr klare Verhältnisse zu schaffen und so dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit Rechnung zu tragen (Staudinger-Peters, Kommentar zum BGB, Stand Oktober 2003, Vorbem. zu §§ 194 ff. BGB Rd.nr. 5 ff.; Palandt-Heinrichs, Kommentar zum BGB, 63. Auflage 2004, vor § 194 BGB Rd.nr. 7 ff.). Dieser Zweck gilt auch im öffentlichen Recht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, zit. in Juris.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288 zum Besoldungsrecht) und unabhängig davon, ob es sich um gesetzliche oder vertragliche Ansprüche handelt.
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Im Einzelfall
kann das Verhalten des Schuldners in einem derartigen Maße gegen Treu und Glauben verstoßen, dass der Verjährungseinrede unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) die Wirksamkeit zu versagen ist. Insbesondere der Zweck der Verjährung gebietet es aber, strenge Maßstäbe anzulegen und diesen Einwand nur gegenüber einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen (Münchener Kommentar - Grothe, Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2006, Vorbem. zu §§ 194 ff. BGB, Rd.nr. 20 m.w.N. aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung). Ob eine unzulässige Rechtsausübung gegeben ist, ist daher
stets im Einzelfall und unter Berücksichtigung des Zwecks der Verjährung
zu prüfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.04.2007 - 2 B 31/07 -, zit. in Juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288; BayVGH, Urt. v. 27.07.2000 - 12 B 98.679 -, zit. in Juris).
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Bei der Prüfung, ob die Erhebung der Verjährungseinrede als unzulässige Rechtsausübung und daher als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, ist mit Blick auf die spezielle Risikoverteilung hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen insbesondere auf das Verhalten des Schuldners abzustellen. Denn grundsätzlich liegt es im Risikobereich des Gläubigers, seine Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Dies gilt - wie sich beispielsweise aus § 199 Abs. 2 und 3 BGB ergibt - auch hinsichtlich gesetzlicher Ansprüche, von deren Entstehung im Zweifel weder der Schuldner noch der Gläubiger Kenntnis haben muss. Diese Risikoverteilung zu Lasten des Gläubigers gilt auch bezüglich öffentlich-rechtlicher Forderungen, da grundsätzlich bei keinem der Beteiligten eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses ein größerer Pflichtenkreis besteht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288; BayVGH, Urt. v. 27.07.2000 - 12 B 98.679 -, zit. in Juris). Eine Verschiebung der Risikosphären zu Lasten des Schuldners setzt ein
qualifiziertes Fehlverhalten
voraus, das den Gläubiger von der rechtzeitigen Geltendmachung seines Anspruches abgehalten hat (BVerwG, Urt. v. 26.01.1966, BVerwGE 23, 166; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288). Zu fordern ist daher ein positives Tun oder ein qualifiziertes, pflichtwidriges Unterlassen, welches als adäquat kausal für die unterlassene Geltendmachung des Anspruches anzusehen ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, zit. in Juris; Staudinger- Looschelder/Olzen, Kommentar zum BGB, Stand Juli 2005, § 242 BGB Rd.nr. 551). Bloßes Ausweichen, Schweigen oder Ablenken genügt nicht zu einer Verschiebung der Risikosphären zu Lasten des Schuldners.
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Als qualifiziertes, pflichtwidriges Unterlassen kann dabei insbesondere nicht ohne weiteres die Nichterfüllung der rundfunkgebührenrechtlichen Anmeldepflicht in § 3 Abs. 1 RGebStV gesehen werden. Der bloße Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften zieht nicht stets ein erhebliches Unwerturteil nach sich und rechtfertigt nicht ohne weiteres den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung. Zwar mag § 3 Abs. 1 RGebStV auch dazu dienen, den Rundfunkanstalten die Erhebung von Rundfunkgebühren zu erleichtern, für deren Bestehen diese beweispflichtig sind, wobei ihnen dafür umfangreiche Informationsrechte und eine Erhebungsstelle - GEZ - mit zahlreichen auf Provisionsbasis arbeitenden selbständigen Mitarbeitern zur Verfügung stehen.
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Ein Verstoß gegen Anzeige- oder Meldepflichten führt auch im öffentlichen Recht nicht ohne weiteres und ausnahmslos dazu, dass sich der Anzeigepflichtige nicht auf eine etwaige Verjährung von Ansprüchen der öffentlichen Hand berufen könnte. So enthält beispielsweise die Abgabenordnung - deren Regelungen vorliegend zur Auslegung herangezogen werden können, da die Rundfunkgebühren zu den öffentlichen Abgaben zu zählen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.06.2005 - 2 S 395/04 -, zit. in Juris) - Regelungen zur Festsetzungsverjährung (§§ 169 bis 171 AO) und zur Zahlungsverjährung ( §§ 228 bis 232 AO). Der Gesetzgeber hat dabei detaillierte Vorschriften zum Beginn und Ablauf der Verjährung der gesetzlichen Steueransprüche geschaffen. Nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsverjährung solcher Steueransprüche, für die eine Steuererklärung einzureichen oder Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem dies erfolgt ist. Unabhängig von der Kenntnis der Steuerbehörden von der Steuerpflichtigkeit, also bei Verstoß gegen die Mitteilungspflichten, beginnt die Verjährung mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Entstehungsjahr der Steuer folgt. Zweck der Regelung ist es, zu vermeiden, dass die Festsetzungsfrist zu laufen beginnt, bevor die Finanzbehörden vom Entstehen und der Höhe des Steueranspruches erfahren haben (Klein-Rüsken, Kommentar zur AO, 9. Auflage 2006, § 170 Rd.nr. 5). Allerdings wird der Beginn der Festsetzungsfrist nicht unbegrenzt hinausgeschoben, wenn die Erklärungspflicht nicht erfüllt wird, sondern das Gesetz legt einen äußersten Zeitpunkt fest, an dem die Verjährungsfrist trotzdem zu laufen beginnt. Der Gesetzgeber war sich des Verhältnisses von Mitteilungspflichten und Kenntnis des Finanzamtes somit durchaus bewusst und hat dieses durch eine Verteilung des Verjährungsrisikos geregelt.
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Ähnliches wurde nunmehr mit dem Gesetz zur Schuldrechtsmodernisierung durch § 199 BGB geschaffen. § 199 Abs. 1 BGB fordert für den Verjährungsbeginn die Kenntnis (bzw. grob fahrlässige Unkenntnis) des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners und wird in den Abs. 2 bis 4 durch kenntnisunabhängige Obergrenzen ergänzt (dazu Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der Bündnis 90/GRÜNEN zur Modernisierung des Schuldrechtes vom 14.05.2001, BT-Drs. 14/6040, S. 100 ff.).
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Es ist mithin Aufgabe des Gesetzgebers, allgemeine Regelungen der Verjährung und des Verjährungsbeginns zu schaffen, um einen Ausgleich der Interessen von Schuldner und Gläubiger insbesondere im Hinblick auf die Rechtssicherheit erreichen. Hat er dies nicht getan, kann eine allgemeine Regelung auch nicht durch die Rechtsfigur „Treu und Glauben“, welche stets auf Einzelfallgerechtigkeit außerhalb des Wortlauts des einzelnen Gesetzes abzielt, geschaffen werden.
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Anderes ergibt sich auch nicht aus den Regelungen zur kurzen Verjährungsfrist in den §§ 196, 197 BGB a.F. (a.A. OVG Lüneburg, Besch. v. 07.05.2007 - 4 LA 521/07 -). Die kurze Verjährungsfrist kann gerade nicht einen erhöhten Gläubigerschutz begründen, da sich die Vorschriften insbesondere auf bestimmte Berufsgruppen bezogen, von denen der Gesetzgeber eine größere Sorgfalt forderte (§ 196 BGB a.F.) bzw. eine kürzere Verjährungsfrist für erforderlich hielt (§ 197 BGB a.F.). Eine verstärkte Anwendung der Rechtsfigur Treu und Glauben in den Fällen der kürzeren Verjährungsfrist würde diesen Gesetzeszweck gerade in sein Gegenteil verkehren.
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Folglich bedarf es somit einer Prüfung im Einzelfall, ob der Klägerin ein
qualifiziertes fehlerhaftes Verhalten
vorgeworfen und ihr daher der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden kann. Dies kann vorliegend allerdings nicht angenommen werden.
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Zwar hat die Klägerin entgegen § 3 Abs. 1 RGebStV das Bereithalten des Kassettenrekorders der Marke … dem Beklagten nicht angezeigt, als sie, noch bei ihren Eltern wohnend, eine Ausbildung begonnen hatte. Das Bereithalten des Gerätes war wohl gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV auch anzeigepflichtig, da die Klägerin über ein Einkommen über dem (damals geltenden) Sozialhilfesatz verfügte.
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Nach den Angaben der Klägerin im Gerichtsverfahren und in dem Anmeldeformular hat sie das Gerät schon seit ca. 1990 im Besitz, also zu einem Zeitpunkt, als dieses noch keine Gebührenpflicht auslöste, da - wie sowohl die Zeugin als auch die Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung aussagten - die Eltern der Klägerin ordnungsgemäß Rundfunkgebühren für die von ihnen bereitgehaltenen Geräte gezahlt haben und somit eine Ausnahme nach § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV vorlag. Nachdem die Klägerin aus der Wohnung ihrer Eltern ausgezogen und zu ihrem jetzigen Ehemann gezogen ist, zahlt dieser ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Behördenakte die Rundfunkgebühren. Verkürzt geht es darum, dass die Klägerin während dessen sie mit eigenem Einkommen mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebte, zusätzlich zu ihren Eltern rundfunkgebührenpflichtig war.
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Zu berücksichtigen ist, dass § 5 Abs. 1 RGebStV eine gesetzliche Gebührenbefreiung vorsieht, es also nicht auf eine Anzeige oder einen Antrag auf Befreiung ankommt. Somit obliegt es den Rundfunkteilnehmern, festzustellen, ob ein von Gesetzes wegen gebührenbefreites Gerät aufgrund einer Änderung der Umstände - hier: das Einkommen der Klägerin - gebührenpflichtig wird und daher angezeigt werden muss. Es war daher Aufgabe der Klägerin festzustellen, ob sie durch die Aufnahme einer Ausbildung möglicherweise rundfunkgebührenpflichtig geworden ist, weil ihr Einkommen den Sozialhilfesatz übersteigt, dessen Höhe sie durch behördliche oder anderweitige Auskunft in Erfahrung hätte bringen müssen. Allerdings ist dabei auch zu berücksichtigen, dass die Gebührenpflichtigkeit derartiger „Zweitgeräte“ nicht ohne weiteres ersichtlich ist. Dies gilt umso mehr, als auch der Beklagte bezüglich der Rundfunkgebührenpflicht informiert, dass pro Haushalt in der Regel nur ein Radio und ein Fernseher angemeldet werden müsse und alle anderen ausschließlich privat genutzten Geräte gebührenfrei seien (http://www.swr.de/unternehmen/rundfunkgebuehren/gebuehrenlexikon vom 26.11.2007 unter dem Stichwort „Privathaushalt“, so auch die GEZ unter http://www.gez.de/door/gebuehren/gebuehrenlexikon vom 26.11.2007 unter dem Stichwort „Privathaushalt“). Weiter wird ausgeführt: „Nur in Sonderfällen müssen zusätzliche Geräte angemeldet werden: wenn etwa Jugendliche mit eigenem Einkommen oder Senioren mit ihrer Rente im Haushalt leben und das Einkommen den Sozialhilferegelsatz übersteigt“ (http://www.swr.de/unternehmen/rundfunkgebuehren/gebuehrenlexikon, a.a.O.). Somit ergibt sich für den Bürger erst aus dem Umkehrschluss von § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV, dass Kinder von Rundfunkgebührenzahlern selbst rundfunkgebührenpflichtig sind, wenn sie über ein bestimmtes Einkommen verfügen.
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Der Klägerin kann nicht der Vorwurf des vorsätzlichen Verschweigens gemacht werden, da dafür weder Anhaltspunkte vorliegen noch vom Beklagten vorgetragen wurde.
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Dass die Klägerin die Verpflichtung zur Anzeige des mit Aufnahme ihrer Ausbildung nunmehr gebührenpflichtigen Kassettenrekorders nicht erkannt hat, stellt kein qualifiziertes fehlerhaftes Verhalten dar, welches es rechtfertigt, der Erhebung der Einrede der Verjährung den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen zu halten. Es ist nämlich mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Klägerin lediglich im Irrtum über ihre mit der Beginn der Ausbildung entstandene Rundfunkgebührenpflicht war. Allein das objektive Moment - das Versäumnis der Anmeldung - unterliegt jedoch nicht einem solchen Unwerturteil, dass ihr die Einrede der Verjährung wegen unzulässiger Rechtsausübung zu verweigern wäre.
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Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO war im vorliegenden Fall die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren und damit die Erstattungsfähigkeit seiner Gebühren und Auslagen zu bejahen. Der Klägerin war es aufgrund ihrer persönlichen Kenntnisse und Erfahrungen und im Hinblick auf die rechtlichen und tatsächlichen Probleme des Falls nicht zuzumuten, ihre Rechte gegenüber dem Beklagten ohne einen Bevollmächtigten wahrzunehmen (BVerwG, Urt. v. 26.01.1996, Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 36).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167, 170 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es liegt auch keine Abweichung von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vor. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung vom 26.04.2007 - 2 S 290/07 - unter Anschluss an sein Urteil vom 14.04.2005 - 2 S 964/03 - ausgeführt, dass der entscheidende Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für den Zeitraum vor Inkrafttreten der Neuregelung der Verjährungsvorschrift nach § 4 Abs. 4 RGebStV an seiner Auffassung festhält, dass sich, wer ohne Anzeige nach § 3 Abs. 1 RGebStV ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält,
grundsätzlich
nicht auf die Einrede der Verjährung berufen kann. Somit sind - wie sich auch aus den Gründen der vorbezeichneten Entscheidung ergibt - Ausnahmen im Einzelfall möglich.
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