Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 30. Juli 2015 - 2 K 1556/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt im Stadtgebiet der Beklagten Wetten entgegen. Mit Bescheid vom °°°°°°°°°°, berichtigt mit Bescheid vom °°°°°°°°°°°°°, setzte die Beklagte die Wettbürosteuer für die klägerischen Wettbüros für das Jahr 2015 auf insgesamt 48.000,00 Euro fest. Hiervon entfielen auf die Wettbüros unter den Anschriften M.-----allee °°, A.-------straße ° – ° sowie L. Straße °°° jeweils 14.400,00 Euro und auf das in der I.----straße °° betriebene Wettbüro 4.800,00 Euro.
3Am 27. März 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, die Wettbürosteuer verstoße gegen höherrangiges Recht.
4Die Klägerin beantragt,
5den Wettbürosteuerbescheid der Beklagten vom °°°°°°°°°° in der Fassung des Berichtigungsbescheids vom °°°°°°°°°° aufzuheben.
6Die Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Sie verteidigt die Wettbürosteuersatzung und die auf ihr beruhenden Steuerfestsetzungen.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
10Entscheidungsgründe
11Die Klage ist unbegründet. Die angefochtene Steuerfestsetzung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Sie beruht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage (A.) und ist formell und materiell rechtmäßig (B.).
12A.
13Rechtsgrundlage der Wettbürosteuer ist die Satzung über die Erhebung der Wettbürosteuer in der Stadt F. (Wettbürosteuersatzung) vom 27. November 2014, in Kraft getreten am 1. Januar 2015 (WStS).
14Nach § 1 Abs. 1 WStS unterliegt das im Gebiet der Stadt F. ausgeübte Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Einrichtungen, die neben der Annahme von Wettscheinen (auch an Terminals, Wettautomaten oder ähnlichen Einrichtungen) auch das Mitverfolgen der Wettergebnisse ermöglichen (Wettbüros), der Besteuerung. Die Steuer beträgt nach § 4 WStS je angefangenen Kalendermonat für jede angefangenen zwanzig Quadratmeter Veranstaltungsfläche bei der Vermittlung/ Veranstaltung von Pferdewetten 100,00 Euro, bei der Vermittlung/Veranstaltung von Sportwetten 200,00 Euro und bei der Vermittlung/Veranstaltung von Sport- und Pferdewetten 230,00 Euro. Steuerschuldner ist nach § 2 Abs. 1 WStS der Betreiber des Wettbüros (Wettvermittler).
15Diese Satzungsbestimmungen sind wirksam. Sie verstoßen weder gegen Verfassungsrecht (I.) noch gegen sonstiges höherrangiges Recht (II.).
16I.
17Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich nicht. Die Wettbürosteuer ist formell (1.) und materiell (2.) verfassungsmäßig.
181.
19Die Satzung wurde formell verfassungsgemäß erlassen.
20Die Beklagte war zum Erlass der Wettbürosteuersatzung befugt.
21Nach Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG) haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Befugnis hat das Land Nordrhein-Westfalen gem. § 3 Kommunalabgabengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) auf die Kommunen übertragen.
22Bei der Wettbürosteuer handelt es sich um eine örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer (a), die anderen bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist (b). Schließlich scheitert die Befugnis zum Erlass der Wettbürosteuer auch nicht am Lenkungszweck der Steuer (c).
23a)
24Bei der Wettbürosteuer handelt es sich um eine örtliche Aufwandsteuer.
25Eine örtliche Steuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG ist eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis. Örtliche Steuern sind solche Abgaben, die an örtliche Gegebenheiten, vor allem an die Belegenheit einer Sache oder an einen Vorgang im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde anknüpfen und wegen der Begrenzung ihrer unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen können.
26Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 ‑ 2 BvR 1275/79 ‑, BVerfGE 65, 325 (349); OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 2014 – 14 A 692/13 –, Rdnr. 95, juris.
27Die Wettbürosteuer knüpft an die Belegenheit des Wettbüros im Gemeindegebiet sowie an die Wettvermittlung und die Mitverfolgung der Sportveranstaltung, auf die Wetten platziert werden, im Gemeindegebiet an.
28Dabei ist es unerheblich, wenn der Wettvertrag zivilrechtlich am Standort des Buchmachers zustande kommen sollte, da die Wette durch den Wettbürobetreiber im Wettbüro im Gemeindegebiet vermittelt wird. Die Willenserklärung zum Abschluss des Wettvertrags wird im Wettbüro abgegeben.
29Bei der Wettbürosteuer handelt es sich auch um eine Aufwandsteuer.
30Eine Aufwandsteuer knüpft an ein bestimmtes Verhalten an. Dieses Verhalten indiziert die Leistungsfähigkeit desjenigen, den die Steuer treffen soll. Die Leistungsfähigkeit rechtfertigt die besondere steuerliche Belastung. Die Wettbürosteuer zielt als Aufwandsteuer auf die Einkommensverwendung für Wetteinsätze in Wettbüros ab, in denen ein Mitverfolgen der Sportveranstaltung möglich ist, auf die die Wette platziert wurde. Sie soll die Leistungsfähigkeit des Wettkunden erfassen, welche darin zum Ausdruck kommt, dass der Wettkunde sein Einkommen für das Vergnügen des Wettens ausgeben kann, also für etwas, was über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus geht. Neben dem finanzpolitischen Zweck der Erhöhung der Einnahmen der Gemeinde wird mit der Steuer ein ordnungspolitischer Zweck verfolgt, das Wettgeschäft einzudämmen und die Spielsucht zu bekämpfen. Obwohl der Vermittler der Sportwette der Steuerschuldner ist, knüpft die Wettbürosteuer als indirekte Steuer an den Wettkunden an, der diesen besonderen Aufwand tätigt. In dieser Absicht des Normgebers liegt das wesentliche Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer.
31A. A. VG Karlsruhe, Urteil vom 24. April 2015 – 6 K 1514/13, 6 K 1515/13, 6 K 1532/13 –, juris.
32Die Wettbürosteuer besteuert die Veranstaltung eines Vergnügens. Sportwetten werden nicht zur Einkommenserzielung abgegeben, sondern zum Vergnügen. Es schadet nicht, dass der Wettkunde glauben mag, dass seine Expertise in Bezug auf das sportliche Ereignis die Wette weniger riskant machen könnte.
33Auch wenn der Wettende über gewisse Kenntnisse verfügt, hängt das Ergebnis der Wette maßgeblich vom Zufall ab. Das Spannungselement ist zudem ein wesentlicher Grund für den Abschluss einer Sportwette.
34Vgl. VG Freiburg, Urteil vom 26. März 2014‑ 2 K 805/13 ‑.
35b)
36Die von der Beklagten erhobene Wettbürosteuer verstößt nicht gegen das in Art. 105 Abs. 2a GG verankerte Gleichartigkeitsverbot.
37Wie ausgeführt haben nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind.
38Das Gleichartigkeitsverbot bestimmt, dass eine bereits existierende Bundessteuer nicht als örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuer ein zweites Mal erhoben werden darf. Das Gleichartigkeitsverbot verbietet eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle. Die Funktion des Gleichartigkeitsverbots besteht darin, die Kompetenzen des Bundes und der Länder bzw. der Kommunen bezüglich der Steuererhebung klar voneinander zu trennen. Das Gleichartigkeitsverbot soll ferner den Steuerschuldner vor übermäßiger Belastung desselben Steuerobjekts durch unterschiedliche Steuergläubiger schützen. Um zu prüfen, ob eine Gleichartigkeit im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG vorliegt, sind der Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik und die wirtschaftlichen Auswirkungen zu vergleichen. Insbesondere ist darauf abzustellen, ob die Steuern dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen. Dabei hat es der kommunale Gesetzgeber nicht in der Hand, durch verschiedene Formulierungen der Steuertatbestände oder durch eine Schaffung geringfügiger Unterschiede bei den einzelnen Merkmalen der Steuer, wie insbesondere beim Kreis der Steuerpflichtigen, beim Steuermaßstab und bei der Erhebungstechnik, die Gleichartigkeit zu vermeiden.
39Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 14 A 316/13 –, juris m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 – 9 CN 1.11 –, BVerwGE 143, 301, Rdnr. 22.
40Der Begriff der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2a GG stimmt jedoch nicht mit dem zur Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern im Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebung verwendeten Begriff der Gleichartigkeit überein. Die Voraussetzungen des Gleichartigkeitsverbots des Art. 105 Abs. 2a GG sind nicht so streng wie im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, weil andernfalls die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis der Länder für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern leerliefe. Eine Steuer ist nach alledem nicht mit einer anderen Steuer gleichartig i. S. d. Art. 105 Abs. 2a GG, wenn sie sich in erheblichen Steuermerkmalen von der anderen Steuer unterscheidet und nach einer wertenden Gesamtbetrachtung ein Eingriff in die Steuerkompetenz des Bundes nicht gegeben ist.
41BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, BVerfGE 65, 325; FG Bremen, Urteil vom 16. April 2014 – 2 K 85/13 (1) –, Rdnr. 134; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 – 9 CN 1.11–, BVerwGE 143, 301-314. jeweils juris.
42Die Wettbürosteuer ist weder der Sportwettensteuer nach § 17 Rennwett- und Lotteriegesetz (RWLG) noch der Konzessionsabgabe nach § 4d des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen gleichartig.
43Die Wettbürosteuer weist eine Anzahl von Merkmalen auf, die sie von der Sportwettensteuer unterscheiden. Unterschiede zwischen der Wettbürosteuer und der Sportwettensteuer ergeben sich hinsichtlich des Tatbestands, des Steuerschuldners und der Bemessungsgrundlage. Ferner wird nach einer wertenden Gesamtbetrachtung nicht dieselbe Quelle steuerlicher Leistungsfähigkeit erschöpft. Insgesamt überwiegen die Unterschiede erheblich, die – gemessen an dem gegenüber Art. 72 Abs. 1 GG weniger strengen Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG – die Annahme einer finanzverfassungswidrigen Doppelbelastung ausschließen.
44Die Tatbestände der Wettbürosteuer und der Sportwettensteuer unterscheiden sich erheblich und schließen eine Gleichartigkeit der Steuer aus.
45Nach § 17 Abs. 2 RWLG unterliegen Wetten aus Anlass von Sportereignissen (Sportwetten) einer Steuer, wenn die Sportwette im Inland veranstaltet wird oder der Spieler eine natürliche Person ist und bei Abschluss des Wettvertrags seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat. Der Wettbürosteuer unterliegt das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Einrichtungen, die neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettergebnisse ermöglichen (Wettbüros).
46Der Tatbestand der Wettbürosteuer ist einmal weiter und einmal enger als der der Sportwettensteuer. Zum einen besteuert die Wettbürosteuer nicht nur das Veranstalten, sondern auch das reine Vermitteln von Wetten. Andererseits besteuert die Wettbürosteuer nur solche Wetten, die in Wettbüros abgegeben werden. Dabei werden Wettbüros als Orte definiert, wo neben dem Wettabschluss zudem die Möglichkeit des Mitverfolgens der Wette gegeben ist (§ 1 Abs. 1 WStS). Die Wettbürosteuer knüpft also an den zusätzlichen Aufwand an, den der Wettkunde hat, um an einem bestimmten Ort, an dem er das Ereignis auch mitverfolgen kann, die Wette abzuschließen.
47VG Freiburg, Urteil vom 26. März 2014 ‑ 2 K 805/13 ‑.
48Die Sportwettensteuer besteuert alle Wetten aus Anlass eines Sportereignisses, während die Wettbürosteuer aus diesem Kreis des steuerpflichtigen Ereignisses nur einen Teilbereich herausnimmt, nämlich das Wetten in den Fällen, in welchen ein Mitverfolgen von Sportereignissen möglich ist, auf die die Wetten platziert wurden. Der Aufwand für das Wetten wird nur in den Fällen der Verweilmöglichkeit doppelt besteuert. Dies genügt, um die Gleichartigkeit der Steuer zu vermeiden. Es schadet nicht, wenn die gemeindliche Aufwandsteuer einen Teilbereich einer Bundessteuer erneut besteuert. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Trierer Bettensteuer. Dort heißt es zwar:
49„Genauso wenig genügt es zur Vermeidung der Gleichartigkeit in dem vorgenannten traditionellen Sinne, wenn nur ein Teilbereich mit einer Bundessteuer deckungsgleich ist“ - BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 – 9 CN 1.11 –, BVerwGE 143, 301-314, Rdnr. 22, juris.
50Mit der Gleichartigkeit im „vorgenannten traditionellen Sinne“ ist aber der Gleichartigkeitsbegriff aus Art. 71 Abs. 1 GG gemeint, welcher gerade nicht mit dem Gleichartigkeitsbegriff aus Art. 105 Abs. 2a GG übereinstimmt. Der eigenständige Inhalt des Gleichartigkeitsbegriffs nach Art. 105 Abs. 2a GG ist mit Blick auf die besondere Funktion der Norm zu bestimmen, die den Gemeinden das Steuerfindungsrecht erhalten sollte, aber gleichzeitig eine Steuer, die auf örtlicher Ebene Bundessteuern gleichkommt, ausschließt. Das kommunale Steuerfindungsrecht darf nicht derart beschnitten werden, dass die Gemeinden neue Steuern nicht erheben können. Im Rahmen des Art. 105 Abs. 2a GG schadet es nicht, wenn ein begrenzter Teil des auch von der Bundessteuer erfassten Steuertatbestandes erneut durch eine Gemeindesteuer belastet wird, da dies nicht automatisch einen Eingriff in die Steuerkompetenz des Bundes darstellt.
51BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2012 – 9 CN 1.11 –, BVerwGE 143, 301-314, Rdnr. 28, juris.
52Der zusätzliche Aufwand des Kunden beim Besuch eines Wettbüros im Unterscheid zum Besuch einer Wettannahmestelle muss sich dabei für den Wettkunden nicht finanziell bemerkbar machen, um Unterschiede im Tatbestand der Steuern zu begründen, da der Tatbestand der Wettbürosteuer allein an die Tatsache der vorhandenen Möglichkeit des Mitverfolgens des Wettereignisses knüpft. Das Vorhandensein der Mitverfolgungsmöglichkeit ist ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal, welches den Steuertatbestand der Wettbürosteuer komplettiert und vom Steuertatbestand der Sportwettensteuer unterscheidet. Ob dies die einzelne Wette für den Wettkunden teurer macht, ist für die Unterscheidung der Tatbestände der Wettbürosteuer und der Sportwettensteuer mit Blick auf das Gleichartigkeitsverbot unbeachtlich.
53A.A. VG Karlsruhe, Urteil vom 24. April 2015 – 6 K 1514/13, 6 K 1515/13, 6 K 1532/13 –, juris.
54Die Steuern unterscheiden sich auch hinsichtlich des Steuerschuldners. Der Steuerschuldner der Wettbürosteuer ist der Betreiber des Wettbüros (§ 2 Abs. 1 WStS), während Steuerschuldner der Sportwettensteuer der Veranstalter der Sportwette, also der Buchmacher, ist (§ 19 Abs. 2 RWLG).
55Auch die Bemessungsgrundlagen von Sportwettensteuer und Wettbürosteuer unterscheiden sich erheblich. Denn die Sportwettensteuer wird auf den Spieleinsatz erhoben (§ 17 Abs. 2 S. 2 RWLG). Die Wettbürosteuer wird als Pauschsteuer erhoben (§ 4 WStS). Steuermaßstab und Berechnungsgrundlage sind die Fläche des besteuerten Wettbüros. Dieser Unterschied in der Bemessungsgrundlage ist auch ein Merkmal, welches die Gleichartigkeit der Steuer ausschließt. Denn die Wettbürosteuer könnte nicht ohne weiteres wie die Sportwettensteuer auf den Spieleinsatz erhoben werden. Sie soll den Aufwand „Wetten und Mitverfolgen“ erfassen. Durch eine Steuer auf den Spieleinsatz würde allein das Wetten besteuert. Dadurch, dass die Wettbürosteuer anhand der Fläche des Wettbüros erhoben wird, wird der Unterschied der Tatbestände der zu vergleichenden Steuern in der Bemessungsgrundlage abgebildet.
56Die Größe des Wettbüros ist maßgeblich davon abhängig, wie viele Personen sich regelmäßig dort aufhalten, um die Sportereignisse mitzuverfolgen. Denn es ist fernliegend, dass ein Betreiber eines Wettbüros Flächen für das Mitverfolgen der Ereignisse vorhält, die von seinen Kunden nicht genutzt werden. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise für ein sehr kleines Wettbüro, in dem sehr viele Menschen wetten, von denen jedoch nur wenige das Ereignis im Wettlokal mitverfolgen, nur eine geringe Wettbürosteuer aber eine vergleichsweise hohe Sportwettensteuer anfällt. Durch die Bemessungsgrundlage wird sichergestellt, dass der richtige Tatbestand erfasst wird.
57Bei wertender Gesamtbetrachtung knüpfen Wettbürosteuer und Sportwettensteuer schließlich nicht an dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit an.
58Zwar ist der Steuergegenstand beider Steuern die Wette aus Anlass von Sportereignissen. Aber es wird nicht dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit besteuert, weil die Wette von unterschiedlichen Seiten besteuert wird. Die Wettbürosteuer ist eine spezielle Aufwandsteuer, die den Wettkunden treffen soll, während die Sportwettensteuer eine spezielle Verkehrssteuer auf Wetten ist, die den Unternehmer trifft.
59Unterschiedliche Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit werden auch bei Besteuerung eines einheitlichen Tatbestandes dann besteuert, wenn die eine Steuer den Unternehmer unmittelbar belastet, während die andere Steuer jedenfalls bei wirtschaftlicher Betrachtung den Verbraucher treffen soll.
60Vgl. zur Schankerlaubnissteuer, BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1995 – 8 C 36.93 ‑, juris.
61Während die Wettbürosteuer als Aufwandsteuer die Leistungsfähigkeit des Wettkunden erfassen soll, ist die Sportwettensteuer keine Aufwand- sondern eine spezielle Verkehrssteuer. Eine Verkehrssteuer wird auf die Teilnahme am Rechts- und Wirtschaftsverkehr erhoben und knüpft an die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen im Rechtsverkehr an, also nicht an bloße Realakte wie den Aufwand. Besteuerungstatbestand einer Verkehrsteuer ist nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Der Gesetzgeber kann auch Verkehrsvorgänge besteuern, die keine besondere Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen voraussetzen. Eine Aufwandsteuer knüpft demgegenüber an die Leistungsfähigkeit desjenigen an, der den besonderen Aufwand betreibt.
62BFH, Beschluss vom 22. März 2005 – II B 14/04 –; FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 4. Juli 2006 ‑ 3 K 23/05, 3 K 023/05 ‑; LSG Hamburg, Urteil vom 18. September 2014 – L 4 AS 222/13 –; OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2009 – 14 A 1457/07 –, sämtlich unter juris; Tipke/Lang § 8 Rdnr. 23.
63Die Steuern knüpfen nach diesen Kriterien bei wertender Betrachtung nicht an dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit an, obwohl sie beide den Zweck verfolgen, die Wettsucht einzudämmen, weil sie dies durch unterschiedliche Mittel tun, nämlich einmal durch Gewinnabschöpfung und einmal durch Verteuerung der Wette selbst.
64Sinn und Zweck der Sportwettensteuer ist die Gewinnabschöpfung beim Betreiber der Sportwette, also dem Unternehmer, während die Wettbürosteuer die Wette für den Wettkunden teuer machen soll. Neben der Erzielung eines Beitrags zum allgemeinen Steueraufkommen sollen mit der Sportwettensteuer auch Gefahren abgewehrt werden, die der Bevölkerung aus der Ausnutzung der Spielleidenschaft zu gewerblichen Gewinnzwecken drohen, bezweckt ist also der Schutz der Bevölkerung vor dem Unternehmer. Die Wettbürosteuer soll nicht den Kunden vor dem Unternehmer, sondern vor sich selbst schützen.
65Vgl. BFH, Beschluss vom 22. März 2005 ‑ II B 14/04 ‑, juris.
66Die Wettbürosteuer ist auch der Konzessionsabgabe nach § 4d des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen nicht gleichartig, da es sich bei der Konzessionsabgabe schon nicht um eine Steuer handelt. Denn bei der Konzessionsabgabe gibt es eine Gegenleistung, die Konzession, während Wesensmerkmal einer Steuer ist, dass diese ohne Gegenleistung erhoben wird.
67c)
68Die Satzungskompetenz der Beklagten scheitert auch nicht am Lenkungszweck der Wettbürosteuer. Es schadet nicht, dass die Besteuerung nach dem Willen des Satzungsgebers den Zweck erfüllen soll, das Glücksspiel einzudämmen.
69Eine steuerliche Regelung, die neben der Einkommenserzielung eine gewisse Lenkungswirkung entfalten soll, setzt keine zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretende Sachkompetenz voraus. Das Grundgesetz verweist auch die Lenkungssteuer wegen ihres verbleibenden Finanzierungszwecks in die Zuständigkeit des Steuergesetzgebers. Dieser ist zur Regelung von Lenkungssteuern zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein.
70Vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 -, BVerfGE 98, 106 (118); OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2014 – 14 A 781/14 –, Rdnr. 8, juris.
712.
72Die Satzung ist auch materiell verfassungsmäßig.
73Die Satzungsbestimmungen sind mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar (a). Sie erfüllt ferner die materiell-rechtliche Voraussetzung der Abwälzbarkeit aus Art. 105 Abs. 2a GG (b). Die Satzungsbestimmungen verstoßen nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (c). Schließlich ist die Satzung mit dem Rechtsstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar (d).
74a)
75Die Wettbürosteuer verstößt nicht gegen die in Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsfreiheit. Ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG liegt zwar vor, die Steuer wirkt aber nicht erdrosselnd und der Eingriff ist im Übrigen gerechtfertigt.
76Die gewerbliche Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten ist eine Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG und unterfällt dem Schutzbereich des Grundrechts. Steuerliche Sonderregelungen für bestimmte Berufe betreffen, sofern sie nicht erdrosselnd wirken, die Berufsausübungsfreiheit und sind durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, sofern der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet wird.
77Die Wettbürosteuer der Beklagten ist nach diesen Kriterien mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.
78Ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit liegt vor, wenn eine Steuer erdrosselnd wirkt. Das ist der Fall, wenn sie dazu führt, dass die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen. Dabei ist nicht das im konkreten Einzelfall betroffene Unternehmen, sondern ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet zum Maßstab zu nehmen, da Art. 12 Abs. 1 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet.
79OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 2014 – 14 A 692/13 –, Rdnr. 41; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 31. Januar 2012 – 19 K 997/11 –, Rdnr. 9 und vom 6. Februar 2014 – 2 K 105/13 –, Rdnr. 28, alle bei juris.
80Konkrete und substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass das hier zu beurteilende Gewerbe bei dem angesetzten Steuersatz generell nicht mehr wirtschaftlich im Stadtgebiet der Beklagten betrieben werden kann, liegen nicht vor. Vielmehr kann die Steuer auf die Wettkunden abgewälzt werden (dazu sogleich).
81Denn auch wenn die materiell-rechtliche Voraussetzung der Abwälzbarkeit und das aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Erdrosselungsverbot rechtlich unterschiedliche Anknüpfungspunkte haben, decken sie sich wirtschaftlich in dem Punkt, dass eine Steuer, solange sie nicht erdrosselnd wirkt, abwälzbar ist, weil sie als Kostenpunkt in die Kalkulation des Unternehmens einbezogen werden kann, und durch den Wettkunden erwirtschaftet werden kann. Deshalb sind die unterschiedlichen Schranken in diesem wirtschaftlichen Punkt identisch.
82OVG NRW, Beschluss vom 23. Januar 2012 – 14 A 2854/11 –, Rdnr. 8, juris.
83Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist auch im Übrigen gerechtfertigt. Es gibt hinreichende Gründe des Gemeinwohls für die Einführung der Wettbürosteuer und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird gewahrt. Der Zweck der Besteuerung ist, die Wettleidenschaft der Bevölkerung einzudämmen. Dies ist ein legitimer Gemeinwohlzweck.
84Vgl. für die Sportwettensteuer BFH, 22. März 2005, Az. II B 14/04, juris.
85Die Steuer ist zur Erreichung dieses Zwecks auch geeignet. Geeignet ist eine Maßnahme dann, wenn mit ihrer Hilfe die Erreichung des angestrebten Ziels zumindest gefördert werden kann. Das Ziel, die Wettleidenschaft der Bevölkerung einzudämmen, kann durch die Wettbürosteuer gefördert werden. Das Wetten auf Sportereignisse in einem Wettbüro kann durch die Steuer unattraktiver werden, weil der Wettbürobetreiber durch verschiedene Maßnahmen die Steuer an den Wettkunden weitergeben kann und das Vergnügen dadurch verteuern kann. Es spricht alles dafür, dass eine Verteuerung zumindest einige Wettkunden davon abhalten könnte, weiter zu wetten. Die Wettbürosteuer ist auch erforderlich, da ein milderes Mittel als eine Steuer nicht ersichtlich ist, und auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gegeben, weil der Satzungsgeber durch die Steuer einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Allgemeinwohlzweck der Spielsuchtbekämpfung und der Berufsfreiheit der Wettbürobetreiber geschaffen hat.
86b)
87Die Wettbürosteuer erfüllt die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Abwälzbarkeit gem. Art. 105 Abs. 2a GG.
88Danach muss eine Steuer, die nicht bei dem Vergnügungssuchenden, den sie eigentlich treffen soll, sondern indirekt bei einem Dritten erhoben wird, grundsätzlich auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Insoweit genügt eine kalkulatorische Abwälzbarkeit zur Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 105 Abs. 2a GG. Denn die Voraussetzung der Abwälzbarkeit einer Steuer hat nicht zum Inhalt, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten wird, er werde den als Steuer gezahlten Geldbetrag – etwa wie einen durchlaufenden Posten – von der vom Steuergesetz der Idee nach als Steuerträger gemeinten Person auch ersetzt erhalten. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den eigentlichen Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Demnach ist die kalkulatorische Abwälzbarkeit so lange möglich, als sie nicht durch rechtliche Hindernisse völlig ausgeschlossen ist. Insoweit genügt die Möglichkeit einer Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Es handelt sich hierbei um einen wirtschaftlichen Vorgang, wobei das Gesetz es dem Steuerschuldner überlässt, die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens auch unter Berücksichtigung des Steuerbetrages zu wahren.
89OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2012 – 14 A 1192/12 –, Rdnr. 10; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 6. Februar 2014 – 2 K 105/13 –, Rdnr. 26, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 12. Januar 2009 – 2 L 1512/08 –, Rdnr. 25; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2009 – 2 K 2295/08 –, Rdnr. 61, sämtlich unter juris.
90Die Wettbürosteuer der Beklagten ist nach diesen Kriterien jedenfalls kalkulatorisch abwälzbar.
91Es schadet nicht, dass der Wettbürobetreiber nur Vermittler der Wette ist und quasi als Erklärungsbote den Vertrag zwischen dem Buchmacher und dem Kunden schließt. Es schadet ferner nicht, dass der Buchmacher die Quote vorgibt. Letztlich schadet es auch nicht, wenn der Wettbürobetreiber die Steuer zunächst von der Provision, die er vom Buchmacher erhält, zahlen muss.
92Unabhängig von der vom Wettanbieter vorgegebenen Wettquote und der Höhe der mit dem Wettanbieter vereinbarten Provision kann der Wettbürobetreiber den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und geeignete Maßnahmen treffen, um sein Unternehmen weiterhin wirtschaftlich betreiben zu können.
93So kann er seine Kosten senken, indem er die Ausstattung des Wettbüros (z. B. Größe und Qualität der Bildschirme, Gestaltung der Boden- und Wandbeläge, Dekoration) verändert. Auch steht es ihm frei, die Öffnungszeiten zu optimieren und den gebotenen Service (z. B. Getränke, Klimatisierung) einzuschränken. Zudem steht es ihm grundsätzlich auch frei, seine Einnahmen zu erhöhen, indem er mit dem Wettanbieter eine Erhöhung der für die Vermittlung gezahlten Provision vereinbart. Sollte der Wettanbieter zu einer Erhöhung der Provision nicht bereit sein, ist dieses faktische Hindernis für die Möglichkeit einer Abwälzung ohne Belang.
94c)
95Es liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Differenzierung zwischen Wettannahmestellen und Wettbüros verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Auch der Grundsatz der Folgerichtigkeit, welcher sich aus dem Gleichheitssatz ergibt, wird durch die Wettbürosteuer und den in der Satzung geregelten Flächenmaßstab der Besteuerung nicht verletzt.
96Die Differenzierung des Satzungsgebers zwischen Wettannahmestellen und Wettbüros stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar.
97Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber überschreitet die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit, wenn ein vernünftiger, einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung fehlt.
98OVG NRW, Urteil vom 20. April 2015 – 1 A 557/13 –, Rdnr. 48, juris.
99Es liegt kein Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG vor, weil ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen Wettbüros und Wettannahmestellen gegeben ist.
100Wettbüros sind nach der Satzung der Beklagten solche Einrichtungen, die neben der Annahme von Wettscheinen das Mitverfolgen der Wettergebnisse ermöglichen (§ 1 Abs. 1 WStS). Demgegenüber werden in Wettannahmestellen die Wettscheine nur entgegengenommen.
101Die zusätzliche Besteuerung der Wettbüros dient der Eindämmung der Wettbüros gegenüber den Wettannahmestellen. Diese Eindämmung hat ihren sachlichen Grund in dem unterschiedlich großen Suchtpotential der Wetten in den verschiedenen Einrichtungen. Denn Wettbüros weisen nach den Studien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ein deutlich höheres Suchtpotential auf, da sie den Kunden das Mitverfolgen des Ereignisses, auf das die Wette abgegeben wird, ermöglichen. Die Spannung beim Mitverfolgen des Ereignisses, die durch die hohe Ereignisfrequenz und das häufige Auftreten von „Fastgewinnen“ erzeugt wird, sowie die sozialen Kontakte, die zur Teilnahme an Wetten anreizen, können nach den Studien bereits vorhandene Wettneigungen verstärken. Insbesondere das Suchtpotential von Live-Sportwetten nähert sich dem Gefährdungspotential von Geldspielautomaten an.
102Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht Februar 2014, S. 111; Landtag NRW, Drs. 16/17, S. 42; Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 ‑ 8 C 13.09 ‑, juris.
103Es schadet nicht, dass in Wettannahmestellen mitunter oddset-Terminals stehen. Denn auf diesen ist das Mitverfolgen des Wettereignisses gerade nicht möglich, auch nicht durch einen Live-Ticker. Auch die Möglichkeit des Wettkunden, das Sportereignis auf dem Smartphone mitzuverfolgen, spricht nicht für eine Gleichbehandlung von Wettannahmestellen und Wettbüros, denn diese Möglichkeit wird nicht von dem Anbieter der Wette geschaffen und ist nicht an den Raum der Wette geknüpft, sondern von diesem völlig unabhängig, so dass nicht von einem besonderen Aufwand des Wettkunden gesprochen werden kann.
104Auch im Rahmen der Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG ist unerheblich, ob das Wetten im Wettbüro aufgrund des hiermit verbundenen zusätzlichen Aufwands für den Wettkunden teurer ist als das Wetten in der Wettannahmestelle. Der Anknüpfungspunkt der Ungleichbehandlung von Wettannahmestellen und Wettbüros ist nicht darin begründet, was den Wettkunden beim einzelnen Spiel finanziell mehr gefährdet. Für den sachlichen Grund der Ungleichbehandlung ist die größere Suchtgefahr ausreichend, unabhängig davon, ob das Glücksspiel den Wettkunden im Wettbüro oder in der Wettannahmestelle mehr kostet.
105Die Ungleichbehandlung von Pferde- und Sportwetten (bei der Vermittlung/Veranstaltung von Pferdewetten beträgt der Steuersatz 100 Euro, bei der Vermittlung/Veranstaltung von Sportwetten 200 Euro je angefangene 20 m²) ist ebenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Sachlicher Grund ist auch insoweit das unterschiedliche Suchtpotential. Bei Pferdewetten ist der Anteil der Personen mit problematischem oder pathologischem Glücksspielverhalten deutlich niedriger als bei Sportwetten.
106Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht Februar 2014, S. 111.
107Der in § 4 WStS für die Erhebung der Steuer gewählte Flächenmaßstab verstößt ebenfalls nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
108Bei der Erhebung einer Steuer gilt der Grundsatz der Folgerichtigkeit. Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, so kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen und die Steuerpflichtigen in ihrem Grundrecht auf Besteuerungsgleichheit verletzen. Dabei ist der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bereichsspezifisch anzuwenden, es kommt also auf die Art der Steuer an. Nach diesem Grundsatz muss sich eine Aufwandsteuer wie die Wettbürosteuer der Beklagten an der Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners orientieren, welche in der Vermögensaufwendung zum Ausdruck kommt. Die Steuer muss sich demnach nach dem Vergnügungsaufwand des Steuerpflichtigen bemessen. Ein höherer Vergnügungsaufwand muss eine höhere Steuer zur Folge haben. Nur dann wird der Grundsatz der Belastungsgleichheit, also der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten, gewahrt.
109VG Freiburg, Urteil vom 26. März 2014 ‑ 2 K 805/13 ‑; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 12. Juli 2007 – 2 L 297/07 –, juris.
110Der Maßstab, nach dem die Wettbürosteuer berechnet ist, muss also den Vergnügungsaufwand des Wettkunden abbilden. Grundsätzlich soll der wirkliche Vergnügungsaufwand herangezogen werden. Jedoch hat die Beklagte als Satzungsgeberin einen weiten Gestaltungsspielraum. Sie kann aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität einen pauschalierten Wahrscheinlichkeitsmaßstab wählen. Art. 3 Abs. 1 GG setzt erst dort eine Grenze, wo ein sachlicher Grund für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Im Falle einer gerichtlichen Überprüfung hat das Gericht nur die Einhaltung der äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Satzungsgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Der Gestaltungsspielraum entbindet aber nicht von der Notwendigkeit, dass der Steuermaßstab grundsätzlich geeignet sein muss, den zu besteuernden Vergnügungsaufwand zumindest entfernt abzubilden. Der Maßstab muss zumindest einen lockeren Bezug zum eigentlichen Steuergut, dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Wettkunden, aufweisen. Der Rechtfertigungsbedarf für die Wahl eines Ersatzmaßstabs wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Maßstab vom eigentlichen Belastungsgrund entfernt. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist sachlich gerechtfertigt, wenn wirklichkeitsnähere Maßstäbe entweder nicht handhabbar oder mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären.
111Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 6. Februar 2014 – 2 K 105/13 –, Rdnr. 46, und vom 31. Januar 2012 – 19 K 997/11 –, Rdnr. 79, juris.
112Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der von der Beklagten gewählte Flächenmaßstab sowohl grundsätzlich als auch in seiner Abstufung nach zwanzig Quadratmetern zulässig.
113Der Flächenmaßstab der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten ist grundsätzlich zulässig, weil er den Vergnügungsaufwand der Wettkunden abzubilden vermag. Er stellt einen zumindest lockeren Bezug zum wahrscheinlichen Vergnügungsaufwand her. Wirklichkeitsnähere Maßstäbe – insbesondere die Berechnung nach dem Nennwert der Wettscheine – sind nicht möglich, da diese mit einem wesentlich höheren Kontrollaufwand verbunden wären.
114Die Fläche des Wettbüros kann den Vergnügungsaufwand der Wettkunden abbilden. Der besteuerte Vergnügungsaufwand ist das Wetten auf ein Ereignis, welches über Bildschirme oder sonstige von dem Wettbürobetreiber zur Verfügung gestellte Medien mitverfolgt werden kann. Der Flächenmaßstab weist – auch unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegte Übersicht zu den Umsätzen dreier Wettbüros in F. , L. und N. – den erforderlichen lockeren Bezug zum Vergnügungsaufwand auf. Denn je mehr Fläche in dem Wettbüro zur Verfügung steht, desto mehr Wettkunden haben die Möglichkeit, ihre Wette mit dem Mitverfolgen des Ereignisses zu verbinden. Die daraus folgende höhere Umsatzerwartung des Veranstalters genügt für den lockeren Bezug des Steuermaßstabs zum besteuerten Vergnügen. Wenn die Fläche des Wettbüros sehr klein ist, werden die meisten Wettkunden dort nicht verweilen können und daher nicht den durch die Satzung erfassten Aufwand betreiben. Je mehr Fläche vorhanden ist, desto mehr Wettkunden können sich in dem von der Vergnügungssteuersatzung erfassten Sinne vergnügen.
115VG Freiburg, Urteil vom 26. März 2014 ‑ 2 K 805/13 ‑; vgl. auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 15. Mai 2012 – 19 K 5858/10 –, juris.
116Diese grundsätzliche Zulässigkeit des Flächenmaßstabs scheitert auch nicht daran, dass eine Besteuerung nach dem Nennwert der Wettscheine oder nach dem Umsatz der Wettbüros einen wirklichkeitsnäheren Maßstab böte.
117Wenn der gesamte Umsatz, beziehungsweise der gesamte Nennwert der Wettscheine erfasst würde, würde nur der Aufwand „Wetten“ abgebildet werden, unabhängig davon, ob der Wettkunde in dem Wettbüro die Wette mitverfolgt oder nicht.
118Ein größerer Umsatz ist kein zwingendes Indiz für ein größeres Vergnügen im Sinne der Satzung der Beklagten (Wetten und Mitverfolgen), während eine größere zur Verfügung stehende Fläche mehr Wettkunden im Sinne der Vergnügungssteuersatzung indiziert.
119Das o.g. kleine Wettbüro hätte dann bei gleichem Umsatz die gleichen Steuern zu zahlen wie ein sehr großes Wettbüro, obwohl in letzterem sehr viel mehr Wettkunden die Sportveranstaltungen mitverfolgen, auf die Wetten platziert sind.
120Nur den Nennwert der Wettscheine zur Grundlage der Besteuerung zu machen, nach deren Abgabe die Wettkunden im Wettbüro verbleiben, scheitert an einer mit dem Flächenmaßstab vergleichbar manipulationssicheren Erfassung dieser Wettscheine.
121Es lässt sich nicht ausschließen, dass die Wetteinsätze an der Kasse fehlerhaft gebucht werden.
122Vgl. VG Freiburg, Urteil vom 26. März 2014 ‑ 2 K 805/13 ‑.
123Nach § 4 WStS ist der Steuersatz je Kalendermonat nach je angefangenen zwanzig Quadratmeter Veranstaltungsfläche gestaffelt. Diese Staffelung ist nicht zu beanstanden. Der Steuersatz ist nicht deshalb rechtswidrig, weil beispielsweise 21 m² genau so hoch besteuert werden wie 40 m².
124Art. 3 Abs. 1 GG gebietet keine quadratmetergenauer Abmessung der Fläche der Wettbüros. Vielmehr lässt Art. 3 Abs. 1 GG – in Verbindung mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz der Praktikabilität – auch gröbere Gebührenmaßstäbe zu. Mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG ist bei festgestellter Ungleichbehandlung – hier der Wettbüros mit 19 m² im Vergleich zu den Wettbüros ab 21 m² – zu fragen, ob für die Differenzierung sachlich einleuchtende Gründe bestehen, nicht hingegen, ob der Satzungsgeber jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat. Dem Ortsgesetzgeber ist auch hier ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet; Willkür kann ihm nur dann vorgeworfen werden, wenn sich kein vernünftiger, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung finden lässt. Solche sachlichen, die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Gründe können sich aus dem Gesichtspunkt der Praktikabilität ergeben, wenn die dem strikten formalen Gleichbehandlungsgebot entsprechende Steuerbemessung zu einem Verwaltungsaufwand führen würde, der in Bezug auf den erreichten Erfolg außerhalb einer tragfähigen Relation stünde. Dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität kommt danach umso mehr Gewicht zu, je geringer die Auswirkungen der Unterschiede in der Besteuerung im Vergleich zu den vorhandenen Wettbüros sind.
125Vgl. für das Gebührenrecht BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1994 – 8 C 21.92 –, Rdnr. 12, juris.
126Im Übrigen ist der Normgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.
127OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2012 - 14 B 835/12 -, juris.
128Eine grobe Abstufung kann dazu dienen, Streitfälle bei der Ermittlung der maßgeblichen Flächen zu reduzieren, weil die Fläche der Wettbüros nicht in jedem Einzelfall quadratmetergenau ermittelt werden muss.
129Vgl. VG Freiburg, Urteil vom 26. März 2014 – 2 K 805/13 -.
130Die gewählte Staffelung ist angesichts der großen Flächenunterschiede der Wettbüros, die der Satzungsgeber bei seiner Entscheidung in den Blick zu nehmen hatte, nicht zu beanstanden. Bei der Kammer sind oder waren Verfahren anhängig, die Wettbüros mit einer Größe von 13 m² bis annähernd 400 m² betrafen. Eine Staffelung von 20 m² ist bei einer solchen Größendifferenz noch zulässig, da keine Einheitssteuer vorliegt. Angesichts der tatsächlichen Größen von Wettbüros ist eine Staffelung nach zwanzig Quadratmetern kleinschrittig genug.
131d)
132Die Wettbürosteuer der Beklagten verstößt nicht gegen den im Rechtsstaatsgebot verankerten Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, Art. 20 Abs. 1 GG.
133Der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt, verpflichtet alle rechtsetzenden Organe, ihre Regelungen so aufeinander abzustimmen, dass den Normadressaten nicht gegenläufige Vorschriften erreichen. Die Rechtsordnung darf nicht aufgrund unterschiedlicher Anordnungen widersprüchlich werden. Da das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Gebot zur bundesstaatlichen Rücksichtnahme nicht nur den Bund und die Länder, sondern auch die Gemeinden verpflichtet, gilt der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung auch für gemeindliche Satzungen. Bei der Ausübung der Steuernormsetzungskompetenz zur Lenkung in einem anderweitig geregelten Sachbereich dürfen keine Regelungen herbeigeführt werden, die den vom zuständigen Sachgesetzgeber getroffenen Regelungen widersprechen.
134OVG Rhl.-Pf., Urteil vom 17. Mai 2011 – 6 C 11408/10 –, Rdnr. 66; OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2013 – 14 A 2401/13 –, Rdnr. 5, juris.
135Die Einführung einer Wettbürosteuer mit dem Ziel der Eindämmung der Wettlokale steht nicht im Widerspruch zum Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag. Das Regelungskonzept der Bundesländer zur Vergnügungsbranche verbietet nicht die Eindämmung von Wettbüros. Im Gegenteil deckt sich der mit der Wettbürosteuer verfolgte Lenkungszweck zur Eindämmung des Bestands an Wettbüros mit der Zielrichtung des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag.
136Ziel des Ausführungsgesetzes zum Ersten Glücksspielstaatsvertrag ist es, gemäß § 1 GlüSpStV das Entstehen von Wettsucht zu verhindern und die Spielsucht zu bekämpfen. Dies soll durch ein begrenztes Glücksspielangebot geschehen, welches den Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete Bahnen lenken soll und der Ausbreitung von Schwarzmärkten entgegen wirken soll.
137Somit werden Sportwetten nur deshalb und nur in Maßen auf Grundlage eines Konzessionssystems erlaubt, um das illegale Wettgeschäft einzudämmen, vgl. § 13 GlüSpStV. Dem Glücksspielstaatsvertrag kann nicht entnommen werden, dass die Verbreitung kommerzieller Sportwetten in Deutschland gefördert werden sollte, denn das Glückspielangebot soll nach dem eindeutigen Wortlaut des Glücksspielstaatsvertrags nur begrenzt zur Verfügung gestellt werden. Selbst legale Wettbüros und Wettannahmestellen sollen nur insoweit existieren, als dass sie den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung abdecken, ohne diesen durch ein Ausbreiten des Angebots zu verstärken. Das Regelungskonzept der Bundesländer verlangt geradezu eine Eindämmung des Glücksspielangebots, da nur so ein „begrenztes“ und somit kontrollierbares Angebot an gewerblichem Glücksspiel als Alternative zu illegalem Glücksspiel geboten werden kann.
138Das Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag entspricht im Übrigen der generellen Vorgehensweise des deutschen Gesetzgebers, unerwünschtes Gewerbe deshalb in Maßen zu erlauben, damit er dieses kontrollieren kann. Dies ändert jedoch nichts an der Unerwünschtheit der geregelten Gewerbearten, da diese nach wie vor als für die Bevölkerung schädlich angesehen werden.
139Auch kann dem Gesetz nicht entnommen werden, dass eine Unterstützung der Ziele des Gesetzes durch eine weitergehende Steuer ausgeschlossen sein sollte. Die Normen des Glücksspielstaatsvertrags sind – wie die des Rennwett- und Lotteriegesetzes – nicht abschließend zu verstehen.
140e)
141Die Vorschriften der Satzung sind auch bestimmt.
142Aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergibt sich das Gebot hinreichender Bestimmtheit von Rechtsvorschriften. Danach müssen steuerbegründende Tatbestände einschließlich der Bemessungsgrundlagen nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß so bestimmt gefasst und begrenzt sein, dass die Steuerlast voraussehbar und für den Steuerpflichtigen mess- und berechenbar ist.
143OVG NRW, Urteile vom 8. Oktober 1993 ‑ 7 A 2021/92 ‑, Rdnr. 36, und vom 23. April 1993 ‑ 22 A 3850/92 ‑, Rdnr. 26, jeweils juris.
144Die Wettbürosteuersatzung der Beklagten genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots.
145Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 WStS macht hinreichend deutlich, dass alle Betriebe der Steuer unterliegen sollen, in denen es nicht nur möglich ist, Wetten zu platzieren, sondern die darüber hinaus (insbesondere durch das Aufstellen von Bildschirmen, auf denen Sportübertragungen gezeigt werden), die Möglichkeit bieten, die Sportereignisse mitzuverfolgen, auf die sich die Wetten beziehen. Indem der Satzungsgeber an das Mitverfolgen der Wettergebnisse angeknüpft hat, hat er verdeutlicht, dass es für die Erfüllung des Steuertatbestands nicht ausreicht, wenn die Kunden nach Beendigung der Sportereignisse, auf die sich die Wetten beziehen, – sei es durch Aushänge oder durch Nachfrage im Einzelfall – die Endresultate erfahren können. Ein Mitverfolgen erfordert sprachlich darüber hinaus, dass es auch möglich sein muss, während das Ereignis andauert den Weg zum Endresultat nachzuvollziehen.
146II.
147Die hier einschlägigen Vorschriften der Wettbürosteuersatzung sind ferner mit einfachem Recht (sonstigem höherrangigem Recht) vereinbar. Sie verstoßen insbesondere nicht gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes.
148Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten verstößt nicht gegen § 2 Abs. 2 KAG NRW. Nach dieser Vorschrift bedarf eine Satzung, mit der eine im Land nicht erhobene Steuer erstmalig oder erneut eingeführt werden soll, zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Innenministeriums und des Finanzministeriums. Die Wettbürosteuersatzung der Beklagten führt die Wettbürosteuer nicht erstmalig oder erneut in Nordrhein-Westfalen ein. Eine solche Steuer wurde bereits zum 1. August 2014 durch die Satzung über die Erhebung der Wettbürosteuer in der Stadt I. vom 9. Juni 2014 im Land Nordrhein-Westfalen eingeführt. Diese wurde vom Innenministerium und vom Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen am 18. Juni 2014 genehmigt.
149Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW sind ebenfalls erfüllt, denn die Satzung normiert den Kreis der Abgabeschuldner, den Zeitpunkt der Fälligkeit, den die Abgabe begründenden Tatbestand sowie den Maßstab und den Satz der Abgabe.
150Der Kreis der Abgabenschuldner wird in § 2 WStS bestimmt. Danach ist in erster Linie der Betreiber des Wettbüros (Wettvermittler) Steuerschuldner. Der Zeitpunkt der Fälligkeit ergibt sich aus § 8 WStS. Der Steuertatbestand ist in § 1 Abs. 1 WStS geregelt. Danach unterliegt das im Gebiet der Stadt F. ausgeübte Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Einrichtungen, die neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettergebnisse ermöglichen (Wettbüros), der Besteuerung. Der Steuersatz ist in § 4 WStS geregelt.
151B.
152Die konkrete Heranziehung zur Wettbürosteuer beruht auf einer formell und materiell rechtmäßigen Anwendung der Wettbürosteuersatzung der Beklagten.
153Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 WStS ist erfüllt, da es sich bei dem klägerischen Betrieb um eine Einrichtung im Sinne der Vorschrift handelt. Die klagende Partei ist Wettvermittler und damit Steuerschuldner im Sinne des § 2 Abs. 1 WStS, weil sie das Wettbüro betreibt.
154Fehler der konkreten Steuerfestsetzung sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht.
155Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
156Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Frage, ob für das Verfolgen der Wettergebnisse in einem Wettbüro eine Wettbürosteuer erhoben werden darf und der gewählte Flächenmaßstab in der Abstufung nach zwanzig Quadratmetern zulässig ist, ist bisher nicht obergerichtlich geklärt und bedarf einer grundsätzlichen Klärung.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 30. Juli 2015 - 2 K 1556/15
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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 30. Juli 2015 - 2 K 1556/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin … betreibt im Gebiet der Beklagten eine Spielhalle mit zwölf Geldspielgeräten. Bis April 2011 gab es dort eine von einem Konkurrenten betriebene zweite Spielhalle. Bis einschließlich 2009 erhob die Beklagte auf Geldspielgeräte eine Vergnügungssteuer nach dem Stückzahlmaßstab in Höhe von 150 Euro monatlich. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 Nr. 1 der am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Vergnügungssteuersatzung vom 23. Dezember 2009 (VS 2010) erhob die Beklagte die Steuer für Geldspielgeräte in Spielhallen in Höhe von 20 v.H. des Einspielergebnisses (elektronisch gezählte Kasse zuzüglich Röhrenentnahme, abzüglich Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld), seit dem 1. Januar 2010 nach der insoweit inhaltsgleichen Vorschrift der Vergnügungssteuersatzung vom 28. Dezember 2011 (VS 2012).
3Da die Klägerin entgegen § 11 Abs. 3 VS 2010 bzw. 2012 keine vierteljährliche Steueranmeldung abgab ‑ auch nicht nach Aufforderung mit Schreiben vom 26. Juli 2010 für das 2. Quartal 2010 und vom 26. Oktober 2010 für das 3. Quartal 2010 ‑, setzte die Beklagte die Quartalssteuern im Wege der Schätzung eines Einspielergebnisses unter Mitteilung des Schätzungsergebnisses durch Bescheide fest, und zwar (wird ausgeführt). In allen Fällen setzte die Beklagte wegen der Nichtabgabe einer Steueranmeldung einen Verspätungszuschlag fest.
4Mit der rechtzeitig erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 16. August 2010, die bezüglich der Folgebescheide rechtzeitig erweitert worden ist, hat die Klägerin die Bescheide angefochten und vorgetragen: Mit einem Steuersatz von 20 % auf das Einspielergebnis habe die Steuer in Verbindung mit der zusätzlich anfallenden Umsatzsteuer erdrosselnde Wirkung, was sich bereits in der Aufgabe des Betriebes des Konkurrenten ausgewirkt habe, der wegen der hohen Steuer den Betrieb aufgegeben habe, ohne einen Nachfolger zu finden. Auch sie, die Klägerin, könne mit dieser Steuer den Betrieb nicht aufrechterhalten, wie sich aus der zu den Akten gereichten betriebswirtschaftlichen Auswertung für die Jahre 2009 bis 2011 ergebe und die lediglich für das Jahr 2011 ein positives - für die Erwirtschaftung eines angemessenen Unternehmerlohns und einer angemessenen Kapitalverzinsung nicht ausreichendes - Betriebsergebnis vor Steuern, aber nach Abzug der Vergnügungssteuer von … Euro und nach Steuern von … Euro aufweise. Selbst dieser magere Gewinn sei nur auf den Wegfall des Konkurrenten und die Reduzierung von Abschreibungen mangels getätigter, gleichwohl für einen nachhaltigen Betrieb erforderlicher Investitionen zurückzuführen.
5Sie, die Klägerin, werde den Betrieb im Gebiet der Beklagten mittels Quersubventionierung und der gewährten Stundung bis zur Beendigung dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens weiterführen und ihn erst im Falle der Bestätigung des Steuersatzes schließen.
6Die in der betriebswirtschaftlichen Auswertung eingesetzten Kosten seien absolut notwendig und könnten nicht weiter gesenkt werden. Sie stelle auch besonders frequentierte Geräte auf. Den Spielpreis könne sie nicht über die von der Spielverordnung (SpielVO) gesetzten Grenzen hinaus erhöhen.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Vergnügungssteuerbescheide der Beklagten vom 16. August 2010, vom 16. November 2010, vom 21. Februar 2011, vom 20. Mai 2011, vom 18. August 2011, vom 15. November 2011, vom 17. Februar 2010, vom 18. Mai 2012, vom 15. August 2010 sowie vom 15. November 2012 aufzuheben,
9hilfsweise, das Verfahren vor dem Hintergrund des Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof ‑ Aktenzeichen C-440/12 ‑ bzw. des Beschlusses des Bundesfinanzhofes vom 9. Januar 2013 ‑ Aktenzeichen II R 27/11 ‑ auszusetzen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie hat vorgetragen: Der Steuersatz von 20 % auf das Einspielergebnis sei unbedenklich, da keine Tendenz zum Absterben der Spielgerätebranche erkennbar sei. Warum der Konkurrent der Klägerin seinen Betrieb geschlossen habe, sei nicht bekannt. Ob der Betrieb der Klägerin einem durchschnittlichen, wirtschaftlich geführten Betrieb entspreche, könne sie, die Beklagte, nicht beurteilen.
13Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Bescheide aufgehoben, soweit Verspätungszuschläge festgesetzt wurden, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Erwirtschaftung des positiven Betriebsergebnisses im Jahre 2011, das einen angemessenen Unternehmerlohn und eine angemessene Eigenkapitalverzinsung darstelle, beweise, dass auch bei dem bemängelten Steuersatz der Beruf des Spielautomatenbetreibers im Gebiet der Beklagten zur Grundlage der Lebensführung gemacht werden könne.
14Dagegen richtet sich die zugelassene und rechtzeitig begründete Berufung der Klägerin, mit der sie vorträgt: Die Bescheide seien mangels ausreichender Begründung der vorgenommenen Schätzung rechtswidrig. Die maßgeblichen Vergnügungssteuersatzungen seien nichtig, weil im Satzungserlassverfahren zur Vergnügungssteuersatzung der Rat keinerlei Erwägungen zur Angemessenheit der Höhe des Steuersatzes angestellt habe, was aber angesichts des Entwurfs der Satzung, die auf einen Steuersatz von 12 % lautete, notwendig gewesen wäre. Allein das Argument, Mehreinnahmen erzielen zu wollen, könne als Motiv festgestellt werden. In Wirklichkeit sei die Besteuerungshöhe aber lenkungspolitisch motiviert, wie sich aus dem Internetauftritt der Beklagten ergebe, nach der mit der Steuer Spielhallenbetriebe beschränkt werden sollten. Das zeige auch die Tatsache, dass der massive Einbruch bei den Vergnügungssteuereinnahmen nicht zum Anlass genommen worden sei, den Steuersatz zu senken. Bei einem Tarifsprung, wie er hier vorliege und mit dem der Bereich der herkömmlichen Vergnügungssteuer verlassen und ein ‑ auch von verschiedenen Gerichten so gesehener ‑ verfassungsrechtlicher Grenzbereich betreten werde, müsse der Ortsgesetzgeber bereits im Satzungserlassverfahren Untersuchungen anstellen und darlegen, dass die Steuerhöhe noch zumutbar im Sinne einer nicht erdrosselnden und abwälzbaren Steuer sei. Daran fehle es, so dass die Satzung willkürlich und damit nichtig sei. Jedenfalls führe die fehlende Darlegung der Zulässigkeit der Steuererhöhung durch die Beklagte zu einer Beweislastumkehr zu ihren, der Klägerin, Gunsten.
15Die Steuer sei erdrosselnd. Das ergebe sich bereits aus dem Indiz eines 50‑prozentigen Rückgangs der Spielhallenbetriebe im Gebiet der Beklagten seit der Steuererhöhung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stelle das im Jahre 2011 erwirtschaftete Betriebsergebnis keinen angemessenen Unternehmerlohn und keine angemessene Kapitalverzinsung dar. Die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung für die Angemessenheit des Unternehmerlohns mit dem ‑ nicht ausreichend belegten ‑ Arbeitslohn eines Arbeitnehmers sei auch der Sache nach nicht tragfähig, für eine angemessene Kapitalverzinsung werde eine Begründung überhaupt nicht gegeben. Im Übrigen müsse zwischen der erdrosselnden Wirkung einer Steuer und der fehlenden Möglichkeit der Abwälzung der Steuer auf den Spieler unterschieden werden, wobei die Grenze für letztere niedriger liege. Hier sei die Steuer nicht abwälzbar, so dass in Wirklichkeit eine unzulässige Unternehmenssteuer vorliege.
16Die vom Senat eingeführten mathematischen Überlegungen seien nicht geeignet, fehlende Erdrosselungswirkung und Abwälzbarkeit der Steuer zu begründen. Bereits die Annahme, sie, die Klägerin, könne höhere Preise fordern, sei unzutreffend. Dem stehe die Spielverordnung entgegen. Eingriffe in die Geräte zur Veränderung der Auszahlungsquote führten zum Verlust der Gerätezulassung, so dass die Geräte legal gar nicht mehr betrieben werden könnten. Die zugelassenen Geräte desselben Typs wiesen dieselbe Auszahlungsquote auf, die allgemein zwischen 75 und 100 % liege. Die Klägerin habe daher keine Alternativmöglichkeiten. Das führe zwingend dazu, dass jedwede Kostensteigerung zur Ertragsminderung führe.
17Allenfalls hätte über einen Austausch der Geräte eine Senkung der Auszahlungsquoten bewirkt werden können. Dieser Weg sei ihr aber ebenfalls verschlossen gewesen, da alle in P. aufgestellten Geldspielgeräte über Mietverträge gebunden gewesen seien, die weit über den hier streitgegenständlichen Besteuerungszeitraum reichten. Auch eine Verlagerung der Geräte zu anderen Aufstellorten sei nicht möglich gewesen, da die Klägerin in den von ihr betriebenen Spielhallen die höchstzulässige Geräteanzahl aufgestellt habe. Die einzige Möglichkeit habe darin bestanden, die Geräte außer Betrieb zu nehmen und bis zum Ende der Mietdauer einzulagern. Das sei aber unzumutbar, weil damit im Ergebnis die doppelten Betriebsmittel hätten angeschafft werden müssen, nur um die erhöhte Steuer abwälzen zu können.
18Die Spielverordnung regele keine Mindestauszahlquote, sondern begrenze den maximalen Spieleinsatz auf 132 Euro je Stunde und den langfristig verbleibenden Kasseninhalt auf maximal 33 Euro je Stunde. Unter Einhaltung der gleichverteilten Gewinnchancen des Spielers sei damit sogar eine Auszahlungsquote von 0 % kurzzeitig zulässig. Vorbehaltlich anderslautender Vorschriften, beispielsweise hinsichtlich der Herstellung und Konfiguration von Glücksspielgeräten, sei die Klägerin zwar nicht gehindert, durch Einsatz anderer Geräte, die wegen ihrer technischen Konfiguration einen höheren Einbehalt vom Einsatz und damit einen höheren Preis für das Spielen zu fordern in der Lage seien, die Vergnügungssteuerbelastung auf den Spieler überzuwälzen.
19Aber wirtschaftlich könne eine Senkung der Auszahlungsquote nicht durchgesetzt werden, da dann die Kundennachfrage einbreche. Die Senkung der Auszahlungsquote steigere nämlich nicht den Bruttoertrag, da dies die Spieler veranlasse, das Spiel bei der Klägerin einzustellen und gegebenenfalls bei einem Mitbewerber zu spielen. Die Auszahlungsquote sei daher betriebswirtschaftlich an den jeweiligen Marktgegebenheiten orientiert und entspreche weitgehend dem Branchendurchschnitt. So habe die Auszahlungsquote im streitgegenständlichen Besteuerungszeitraum bei den in P. eingesetzten Geräten bei durchschnittlich … % gelegen, in Nordrhein-Westfalen habe die Auszahlungsquote bei den Geldspielgeräten der Klägerin bei … % gelegen, bei den Spielhallen der Unternehmensgruppe bei … %. Die Stundenkasse habe in P. durchschnittlich … Euro betragen, bei allen in Nordrhein-Westfalen aufgestellten Geräten bei … Euro, im Bundesdurchschnitt bei … Euro. Damit wiesen die in P. aufgestellten Geräte eine höhere Stundenkasse und eine niedrigere Auszahlungsquote auf als der Durchschnitt aller von der Klägerin aufgestellten Geräte. Die Einspielergebnisse in P. seien daher Ausdruck der Aufstellung bereits optimaler Spielgeräte bzw. Spielsysteme. Die Aufstellung von Geräten mit noch niedrigerer Auszahlungsquote hätte zu einer Absenkung der Akzeptanz dieser Geräte durch die Kunden geführt. Wegen dieser Unmöglichkeit der Preiserhöhung fehle es an der erforderlichen Abwälzbarkeit der Steuer. Ihr komme im Gemeindegebiet der Beklagten erdrosselnde Wirkung zu.
20Im Übrigen widerspreche sich der Senat bei seinen Definitionen der ‑ nicht auseinanderfallenden ‑ Begriffe von Aufwand und Preis. Bei der Spieleinsatzsteuer halte er den getätigten Einsatz für den Preis, hier aber den Kasseninhalt. Beides gleichzeitig könne nicht richtig sein. Es sei grundsätzlich verfehlt, das Überwälzbarkeitsgebot aus Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG) an der unterrangigen Preisbindung der Spielverordnung zu messen. Vielmehr sei die Situation unterhalb der Preisgrenze der Spielverordnung nicht anders, als gäbe es keine Preisgrenze. Auf einem preisrechtlich nicht regulierten Markt dürfe die Gemeinde durch Erhebung örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern eine nach dem bundesrechtlichen Gewerberecht zulässige Tätigkeit aufgrund des Vorrangs des Bundesrechts und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung nicht unmöglich machen. Die Gemeinde dürfe Steuern daher nur insoweit erheben, als die bundesrechtlich erlaubte Tätigkeit unter den Bedingungen des jeweiligen örtlichen Marktes ausgeübt werden könne. Daher könnten Schwächen des örtlichen Marktes durchaus die rechtmäßige Höhe der Steuer begrenzen. Das ergebe sich aus der Ortsgebundenheit der Steuergesetzgebungskompetenz. Die Steuer müsse einen örtlichen Bezug haben und in ihrer unmittelbaren Wirkung auf das Gemeindegebiet beschränkt sein. Auch soweit mit der Steuer eine Lenkungsabsicht verfolgt werde, sei Maßstab die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung und nicht die Preisgrenze der Spielverordnung, so dass eine Lenkung durch Steuern, die eine bundesgesetzlich erlaubte Tätigkeit in einem örtlichen Markt unmöglich mache, unzulässig sei.
21Zu Unrecht nehme der Senat an, der Umsatz könne durch unternehmerische Maßnahmen um etwa …% gesteigert werden, so dass statt gegenwärtig … % … % des nach der Spielverordnung möglichen Einspielergebnisses erzielt würden. Das sei jedenfalls mit dem Ausführungsgesetz zum neuen Glücksspielstaatsvertrag ausgeschlossen. So verhindere die neue Mindestabstandsregelung die Verlagerung des Standortes an lukrativere Standorte. Werbung sei durch die Untersagung spielanreizschaffender Maßnahmen unmöglich geworden. Die Sperrzeitverlängerung verhindere die zeitliche Ausdehnung der Gerätenutzung. Darüber hinaus bewirkten die vorgesehenen ordnungsrechtlichen Maßnahmen wie Personalschulungen und Sozialkonzepte eine deutliche Kostensteigerung. Die Tatsache, dass das neue Recht erst im November 2012 in Kraft getreten sei, hindere nicht Wirkungen bereits im Vorgriff, da die beabsichtigten Maßnahmen schon vor dem Inkrafttreten auf die Gestaltungsfreiheit ausgestrahlt hätten.
22Aber auch unabhängig vom neuen Spielhallenrecht sei die vom Senat angedachte Umsatzsteigerung nicht möglich, da sie von der unrealistischen Annahme ausgehe, die Geräte einer Spielhalle seien bei einer täglichen Öffnungszeit vollständig ausgelastet. Nach ihren Erkenntnissen und weiteren, hierzu befragten gewerblichen Automatenaufstellern liege die durchschnittliche Auslastung eines Geldspielgerätes mit Gewinnmöglichkeit in einer Spielhalle bei 45 - 50 %. Seitdem in Nordrhein-Westfalen das Nichtraucherschutzgesetz in Kraft sei, also seit dem 1. Mai 2013, habe sich die Auslastung der Geräte auf bis zu 25 % reduziert. Eine Reduzierung der in der Spielhalle aufgestellten zwölf Geräte sei nicht möglich, da für nachfragestarke Zeiten mehr Geräte vorgehalten werden müssten.
23Die Klägerin beantragt,
24das angegriffene Urteil teilweise zu ändern und in vollem Umfang nach dem erstinstanzlichen Hauptantrag zu erkennen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Sie trägt vor: Es gebe keine Indizien für eine erdrosselnde Wirkung der Steuer, insbesondere könne diese nicht aus dem Steuersatz gefolgert werden. Aus der wirtschaftlichen Situation der Klägerin könne nichts abgeleitet werden, da bei nur einem Unternehmen im Gebiet der Beklagten kein Vergleich mit einem durchschnittlichen Unternehmen angestellt werden könne. Das schließe auch eine sachverständige Begutachtung zur Situation eines solch fiktiven durchschnittlichen Unternehmens aus, so dass eine Beweislastentscheidung zu treffen sei, die hier mangels Feststellbarkeit einer erdrosselnden Wirkung der Steuer zu Lasten der Kläger ausfalle.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Unterlagen Bezug genommen, insbesondere auf die von der Klägerin zusammengestellten Daten aus den Kontrolleinrichtungen der in der Spielhalle P. in den Jahren 2010 bis 2012 eingesetzten Geräte (Anlage C 3 des Schriftsatzes der Klägerin vom 7.3.2014, Bl. 281 der Gerichtsakte).
29Entscheidungsgründe:
30Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die zulässige Klage ist, soweit sie berufungsbefangen ist, unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat sie zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Steuerbescheide sind, soweit sie das Verwaltungsgericht nicht aufgehoben hat, rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑).
31Sie rechtfertigen sich für den Steuerzeitraum bis Ende 2011 aus § 3 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ KAG - i. V. m. der Vergnügungssteuersatzung 2010, für den Steuerzeitraum danach i. V. m. der Vergnügungssteuersatzung 2012. Nach § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 4 Nr. 1 VS 2010 und 2012 beträgt die Steuer für das Halten von Geldspielgeräten in Spielhallen 20 v.H. des ‑ in den Sätzen 2 und 3 der Vorschrift näher definierten ‑ Einspielergebnisses. Nach § 11 Abs. 3 Sätze 1 und 2 VS 2010 und 2012 sind bis zum 15. Tag nach Ablauf eines Kalendervierteljahres Steueranmeldungen abzugeben, deren unbeanstandeter Entgegennahme Satz 3 der Vorschrift die Qualität einer Steuerfestsetzung zumisst. Bei Nichtabgabe einer Steueranmeldung ist gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 VS 2010 und 2012 ein Steuerbescheid zu erteilen.
32§ 11 Abs. 3 Satz 3 VS 2010 und 2012 sind nichtig. Diese Regelung, die der unbeanstandeten Entgegennahme einer Steueranmeldung die Rechtsqualität einer vorbehaltlosen Steuerfestsetzung beimisst, widerspricht § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i. V. m. § 168 Satz 1 der Abgabenordnung ‑ AO ‑, wonach eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich steht. Die Nichtigkeit beschränkt sich allerdings auf diese Vorschrift, während der übrige Satzungsteil weiter gültig ist. Die auf die genannte Norm beschränkte Teilnichtigkeit führt dazu, dass diese nur entscheidungserheblich ist, wenn eine Steueranmeldung angefochten wird. Demgegenüber ist die Teilnichtigkeit entscheidungsunerheblich für erlassene Steuerbescheide, mit denen die Steuer ‑ wie hier ‑ festgesetzt wird, sei es nach erfolgter, sei es nach nicht erfolgter Steueranmeldung.
33Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2011 ‑ 14 A 652/11 ‑, NRWE Rn. 12 ff.; Urteil vom 21.6.2011 ‑ 14 A 2552/08 ‑, NRWE Rn. 61 ff., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 24.2.2012 ‑ 9 B 80.11 ‑, Rn. 10 f.
34Die Satzung leidet nicht unter dem Mangel, dass bei ihrem Erlass keine Ermittlungen und Darlegungen zur Zulässigkeit der Höhe der Steuer angestellt wurden. Gegen den in einer Vergnügungssteuersatzung für die Besteuerung der Geldspielgeräte gewählten Steuermaßstab und Steuersatz bestehen unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken. Die Wirksamkeit der gemeindlichen Vergnügungssteuersatzung hängt mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorgangs ab, sondern von der Vereinbarkeit der Satzungsregelung im Ergebnis mit höherrangigem Recht. Es gibt keine einfachgesetzliche oder verfassungsrechtliche Bestimmung, die es gebietet, Datenmaterial dazu zu sammeln und in einem Abwägungsprozess zu gewichten. Die Kontrolle satzungsrechtlicher Abgabenregelungen beschränkt sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG auf die Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht, umfasst aber nicht die Überprüfung nach der Art von ermessensgeleiteten Verwaltungsakten (vgl. § 114 VwGO) mit der Folge, dass jeder ‑ vermeintliche ‑ Kalkulationsirrtum als "Ermessensfehler" (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i. V. m. § 5 AO) angesehen werden kann.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.2013 ‑ 9 BN 1.13 ‑, juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -, NRWE Rn. 51 f.
36Die von der Klägerin angeführte Verfassungsrechtsprechung, die nicht die satzungsrechtliche Festlegung einer Steuer betrifft, gibt für eine gegenteilige Annahme nichts her. Allenfalls könnte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit dem der Halbteilungsgrundsatz aufgegeben wurde, für diese Auffassung ins Feld geführt werden.
37Beschluss vom 18.1.2006 ‑ 2 BvR 2194/99 ‑, BVerfGE 115, 97.
38Die Entscheidung prüft die Gesamtbelastung von Einkommen- und Gewerbesteuer an der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Sinne des Verbots übermäßiger Steuerlast. In diesem Zusammenhang heißt es: "Trotz mangelnder konkreter Verwaltungszwecke, die in ein Verhältnis zur Steuerbelastung gesetzt und bewertet werden könnten, bleibt die Möglichkeit, in Situationen zunehmender Steuerbelastung der Gesamtheit oder doch einer Mehrheit der Steuerpflichtigen, insbesondere etwa dann, wenn eine solche Belastung auch im internationalen Vergleich als bedrohliche Sonderentwicklung gekennzeichnet werden kann, vom Gesetzgeber die Darlegung besonderer rechtfertigender Gründe zu fordern, nach denen die Steuerlast trotz ungewöhnlicher Höhe noch als zumutbar gelten dürfe."
39BVerfG, Beschluss vom 18.1.2006 ‑ 2 BvR 2194/99 ‑, BVerfGE 115, 97 (116).
40Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, eine Steuernorm sei unter diesen Voraussetzungen allein deshalb nichtig, weil im Gesetzgebungsverfahren keine entsprechenden Darlegungen erfolgt sind. Vielmehr bedeutet dies lediglich, dass der Gesetzgeber selbst noch im verfassungsgerichtlichen Verfahren Erkenntnisse darlegen kann, aus denen sich die Zumutbarkeit der hohen Steuer ergibt. Daher ist das Normsetzungsverfahren hier nicht zu beanstanden.
41Die Höhe des Steuersatzes von 20 v.H. des Einspielergebnisses in § 7 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VS 2010 und 2012 ist wirksam. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt dieser Steuersatz weder gegen die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, weil die Steuer eine erdrosselnde Wirkung hätte oder in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 GG eine übermäßige Steuerbelastung darstellte, noch stellt der Steuersatz die Abwälzbarkeit der indirekten Steuer als örtlicher Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG auf den Steuerträger, den Spieler, in Frage.
42Ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit liegt vor, wenn die Steuer erdrosselnd wirkt. Das ist der Fall, wenn sie dazu führt, dass die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen.
43Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.7.1974 ‑ 1 BvR 51/69 u.a. ‑, BVerfGE 38, 61 (85 f.); Beschluss vom 1.4.1971 ‑ 1 BvL 22/67 ‑, BVerfGE 31, 8 (23); Beschluss vom 8.12.1970 ‑ 1 BvR 95/68 ‑, BVerfGE 29, 327 (331); Urteil vom 22.5.1963 ‑ 1 BvR 78/56 ‑, BVerfGE 16, 147 (161); 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 3.5.2001 ‑ 1 BvR 624.00 ‑, NVwZ 2001, 1264.
44Allerdings greift diese berufsrechtliche Schranke erst ein, wenn die berufliche Tätigkeit "in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen" unmöglich wird. Solange die Berufstätigkeit nur gedrosselt, nicht erdrosselt wird, greift diese äußerste Grenze nicht.
45Vgl. Mußgnug, Verfassungsrechtlicher und gesetzlicher Schutz vor konfiskatorischen Steuern, JZ 1991, 993 (997).
46Die Berufsfreiheit wird damit erst auf der strengsten Ebene der Berufswahl betroffen, weil die Steuer die berufliche Tätigkeit praktisch völlig abwürgt.
47Vgl. Ferdinand Kirchhof in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 64 und 67.
48Der Senat schließt nicht aus, dass durch eine Steuer in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit auch schon vorher unzulässig eingegriffen werden kann. So wird in der Literatur kritisiert, dass die Grenze der Erdrosselung zu spät einsetze, dass vielmehr das rechtsstaatliche Übermaßverbot bereits vorher einer Steuererhebung entgegenstehen könne.
49Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 3 Rn. 184
50So mag man ‑ bei aller Schwierigkeit der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Steuererhebung und dem privaten Interesse an einer möglichst grundrechtsschonenden Besteuerung ‑ aus dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne eine Grenze nicht mehr zumutbarer, übermäßiger Steuerbelastung ableiten können.
51Vgl. den bereits in anderem Zusammenhang erwähnten Beschluss des BVerfG vom 18.1.2006 ‑ 2 BvR 2194/99 ‑, BVerfGE 115, 97 (114 ff.).
52Von einer erdrosselnden Steuerbelastung ist regelmäßig auszugehen, wenn entsprechende wirtschaftliche Auswirkungen feststellbar sind. Die schwächsten Anbieter müssen aus dem Markt scheiden, ohne dass neue ihren Platz einnehmen. Es müsste eine Tendenz zum Absterben der Spielgeräteaufstellerbranche erkennbar werden.
53Vgl. im Einzelnen zur Bedeutung der Bestandsentwicklung für eine behauptete Erdrosselungswirkung BVerwG, Beschluss vom 26.10.2011 ‑ 9 B 16.11 ‑, NVwZ-RR 2012, 38; OVG NRW, Urteil vom 23.6.2010 - 14 A 597/09 -, NRWE Rn. 97 ff.
54Hier lässt die Bestandsentwicklung keinen Schluss auf eine Erdrosselungswirkung zu, denn der Bestand an Spielhallen ist nach Umstellung des Steuermaßstabs von der Stückzahl auf das Einspielergebnis und der damit verbundenen Steuererhöhung zwar um die Hälfte zurückgegangen, es ist aber nur eine von zwei Spielhallen geschlossen worden. Alleine dieser Rückgang belegt keine Erdrosselungswirkung, denn die Datenbasis mit zwei Spielhallen ist zu schmal, um daraus auf die Ursache des Rückgangs im Sinne einer erdrosselnden Wirkung der Steuer schließen und andere Ursachen ausschließen zu können. Das macht es erforderlich, weitere tatsächliche Umstände heranzuziehen, um die Frage der Erdrosselungswirkung zuverlässig zu beurteilen.
55Hier ergibt sich aus den von der Klägerin gemachten glaubhaften Angaben zu den in P. aufgestellten Geräten, dass eine erdrosselnde Wirkung der Steuer ausgeschlossen ist. Die Klägerin behauptet, wegen der Höhe der Steuer keinen auskömmlichen Gewinn im Sinne eines angemessenen Unternehmerlohns und einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung erwirtschaften zu können. Dafür geben allerdings die erstinstanzlich vorgelegten Zahlen und weiteren Angaben zum Betrieb der Klägerin (betriebswirtschaftliche Auswertungen, Beiakten 7 und 8) nichts her. Es handelt sich zwar um eine beeindruckende Kompilation von Zahlen. Aber ob namentlich die eingestellten Kosten nach Veranlassung und Höhe erforderlich sind, ist in keiner Weise klar. Insbesondere erschwert die Einbindung der Klägerin in die Konzernstruktur der T. gruppe die Feststellung der erforderlichen Kosten für die Spielhalle in P. . Vollends offen ist, ob die Verhältnisse des klägerischen Betriebs denen eines fiktiven durchschnittlichen Geldspielgeräteaufstellunternehmens entsprechen, was allein für die Erdrosselungswirkung von Bedeutung wäre.
56Vgl. zu den Bedenken des Senats an der Tauglichkeit einer solchen Methode der Feststellung der Erdrosselungswirkung einer Steuer OVG NRW, Urteil vom 23.6.2010 ‑ 14 A 597/09 ‑, NRWE Rn. 104 ff.
57Demgegenüber belegen die mit Schriftsatz vom 7.3.2014 vorgelegten Zahlen, insbesondere die Anlage C 3, dass die Klägerin von der nach Auffassung des Senats bestehenden Möglichkeit absieht, zur Verbesserung der angeblich ungenügenden Ertragslage der Spielhalle die von den Spielern zu entrichtenden Preise im Rahmen der Spielverordnung (SpielVO) zu erhöhen.
58Der für das Glücksspiel an Geldspielgeräten von den Aufstellunternehmern geforderte Preis ist streng reglementiert und kann nicht beliebig erhöht werden. So beträgt gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 SpielVO die Mindestspieldauer fünf Sekunden; dabei darf der Einsatz 0,20 Euro nicht übersteigen. Der so geregelte höchste zulässige Einsatz kann nicht ununterbrochen getätigt werden. Vielmehr regelt § 13 Abs. 1 Nr. 5 SpielVO, dass nach einer Stunde Spielbetrieb das Spielgerät eine Spielpause von mindestens fünf Minuten einlegen muss, in der keine Einsätze angenommen und Gewinne gewährt werden. Binnen einer Stunde kann ein Spieler somit maximal 132 Euro einsetzen (3.600 Sekunden in der Stunde abzüglich 300 Sekunden Zwangspause geteilt durch fünf Sekunden mal 0,2 Euro). Preisbestimmend ist, dass der Aufstellunternehmer maximal 33 Euro einbehalten darf (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a SpielVO), wobei es sich dabei um einen langfristigen Wert, nicht um eine jede Stunde einzuhaltende Bedingung handelt. Insoweit liegt die immer einzuhaltende Bedingung lediglich darin, dass die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) im Verlauf einer Stunde 80 Euro nicht übersteigen darf (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielVO).
59Der so definierte langfristige durchschnittliche Kasseninhalt pro Stunde, der sich konkret im Einspielergebnis niederschlägt, kann als der Preis des Glücksspiels verstanden werden. Ob, wie die Klägerin meint, dies dem Begriff des Preises in Konstellationen widerspricht, in denen Besteuerungsmaßstab nicht ‑ wie hier ‑ das Einspielergebnis, sondern der Einsatz ist, kann dahinstehen. Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide hängt nicht von der Semantik ab. Im Übrigen besteht ein solcher Widerspruch nicht: Preis des Glücksspiels ist kein Begriff der Spielverordnung. Beim Einsatzmaßstab kommt es auf die im Besteuerungszeitraum getätigten Einsätze im Sinne der §§ 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d, 13 Abs. 1 Nr. 1 SpielVO an. Der Einsatzmaßstab unterscheidet sich vom Einspielergebnismaßstab, weil erspielte Gewinne das Einspielergebnis mindern, nicht aber die Einsätze. Steuergut ist bei der hier in Rede stehenden örtlichen Aufwandsteuer jedoch immer der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand, der auch der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer wäre.
60Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 ‑ 1 BvL 8/05 ‑, BVerfGE 123, 1 (20); BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12.08 ‑, BVerwGE 135, 367 Rn. 22: individuell tatsächlich getätigter Vergnügungsaufwand.
61Dieser Aufwand wird weder durch das Einspielergebnis noch durch den Einsatz im Sinne der Spielverordnung genau abgebildet, weil bei ersterem die aufwandsteuerrechtlich irrelevanten Gewinne abgezogen sind, bei beiden Unschärfen im Falle sogenannter Punktespielgeräte hinsichtlich gewonnener, aber nicht zur Gewinnausschüttung, sondern zum Weiterspielen verwendeter Punkte und bei letzterem hinsichtlich getätigter, aber nicht zum Spielen verwendeter Einsätze bestehen.
62Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.6.2012 ‑ 9 B 15.12 ‑, Rn. 4 f.; OVG NRW, Beschluss vom 4.6.2013 ‑ 14 A 1118/13 ‑, NRWE Rn. 4 ff.
63Diese Unschärfen der jeweiligen Besteuerungsmaßstäbe gegenüber dem individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand sind jedoch unschädlich, weil der verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab nur einen hinreichenden, nämlich jedenfalls lockeren Bezug zum individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand aufweisen muss.
64Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 - 1 BvL 8/05 , BVerfGE 123, 1 (21); BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12.08 ‑, BVerwGE 135, 367 Rn. 22.
65Eine Erdrosselungswirkung kann hier ausgeschlossen werden, weil die Klägerin, wie sie eingeräumt hat, rechtlich nicht gehindert ist, durch Einsatz anderer Geräte, die wegen ihrer technischen Konfiguration einen höheren Einbehalt vom Einsatz und damit einen höheren Preis für das Spielen zu fordern in der Lage sind, die Vergnügungssteuerbelastung auf den Spieler überzuwälzen. Sie wird nicht an der Berufsausübung des Automatenaufstellens gehindert, weil die erhobene Steuer bei entsprechender Preisgestaltung ihren Ertrag gar nicht schmälert.
66Die Klägerin kann dagegen nicht mit Erfolg einwenden, es sei ihr nicht möglich, Geräte mit höherem durchschnittlichen Kasseninhalt aufzustellen. Richtig ist allerdings der Hinweis der Klägerin, dass es ihr untersagt sei, in das Programm der Geldspielgeräte im Sinne einer Erhöhung des durchschnittlichen Kasseninhalts einzugreifen. Gemäß § 7 Abs. 4 SpielVO hat der Aufsteller nämlich ‑ bußgeldbewehrt, § 19 Abs. 1 Nr. 6b SpielVO ‑ ein Geldspielgerät, das in seiner ordnungsgemäßen Funktion gestört ist, unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen. Das erfasst auch Geräte, in deren Programm zur Erhöhung des durchschnittlichen Kasseninhalts eingegriffen wird, ohne dass dies von der Bauartzulassung gedeckt wäre. Indes wird der Klägerin ein derartiger Eingriff nicht angesonnen, vielmehr ist sie im eigenen Interesse lediglich gehalten, zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens Geräte mit bauartzugelassenem höheren durchschnittlichen Kasseninhalt einzusetzen. Dass derartige Geräte nicht existierten, behauptet die Klägerin nicht. Es ist auch davon auszugehen, dass bei entsprechender Nachfrage derartige Spielautomaten angeboten werden.
67Vgl. BFH, Beschluss vom 19.2.2010 ‑ II B 122/09 ‑, juris Rn. 37.
68Im Übrigen wäre selbst der Umstand, dass solche Geräte auf dem Markt nicht angeboten würden, unerheblich. Die zulässige Höhe der Vergnügungssteuer hängt ebenso wenig davon ab, ob die Geräteindustrie sich bereit findet, Geräte anzubieten, die auf einen dieser Steuer Rechnung tragenden Kasseninhalt programmiert sind, wie die zulässige Höhe der Umsatz-, Tabak- oder Mineralölsteuer davon abhängt, ob die Industrie Kassen-, Zigarettenautomaten oder Benzinzapfanlagen anbietet, die die Einstellung eines der Umsatz-, Tabak- oder Mineralölsteuer entsprechenden Preises ermöglichen.
69Dass ein Austausch der Geräte sich möglicherweise nicht einfach gestaltet, etwa wegen der Mietzeiten von Geräten oder gar dem getätigten Ankauf solcher Geräte, steht der Möglichkeit eines Einsatzes höher profitabler Geräte nicht entgegen. Es ist Sache des Unternehmers, sich darauf vorzubereiten, solche Geräte kurzfristig einsetzen zu können, wenn von der Kostenseite ‑ die im Übrigen nur zum Teil durch die Steuer bestimmt wird ‑ eine Preiserhöhung erforderlich wird, oder sich ‑ falls dies etwa bei den dann höheren Gerätemieten als zu teuer angesehen wird ‑ durch vorsorgliche Bildung von Rücklagen auf Zeiten einer "Durststrecke" vorzubereiten.
70Schließlich begründet auch das Argument, eine Preiserhöhung sei ‑ jedenfalls im Gebiet der Beklagten ‑ am Markt nicht durchsetzbar, nicht, dass die Steuer erdrosselnd wäre.
71Die oben genannte Verfassungsrechtsprechung zum Verbot erdrosselnder Steuern beruht auf dem Gedanken, dass eine durch das Recht erlaubte berufliche Tätigkeit wie hier die des Automatenaufstellers nicht dadurch faktisch verboten werden darf, dass infolge einer extremen Besteuerung die Tätigkeit wirtschaftlich nicht mehr ausgeübt werden kann. Das heißt jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht, dass die Steuer keinerlei erschwerende wirtschaftliche Auswirkungen auf den Beruf entfalten dürfte. Das ist auch kaum denkbar, da jede mit einer beruflichen Tätigkeit verbundene Besteuerung zu einer Erhöhung der Kosten führt, die zur Erwirtschaftung eines Gewinns aufgefangen werden muss, sei es durch eine Preiserhöhung, sei es durch die Senkung anderer Kosten, sei es durch Ausweitung des Umsatzes. Dass die Erhebung von Aufwand- und Verbrauchsteuern gravierende Auswirkungen auf die Rentabilität davon betroffener Berufszweige haben kann und darf, liegt auf der Hand, wie etwa die Auswirkungen der Besteuerung von Tabakwaren (§ 1 Abs. 1 des Tabaksteuergesetzes) für die Berufstätigkeit der Tabakwarenhersteller und ‑händler zeigen oder die Besteuerung von Kraftstoffen (§ 1 des Energiesteuergesetzes) für die Berufstätigkeit der Mineralölhersteller und ‑händler. Vergleichbares gilt für die Besteuerung von Bier, Schaum- und Branntwein. Selbst die Erhöhung der Umsatzsteuer als unspezifischer allgemeiner Verbrauchsteuer kann zum Rückgang des allgemeinen Konsums und damit zur Erschwerung jedweder umsatzsteuerpflichtigen Berufstätigkeit führen. Erdrosselnd ist daher eine Besteuerung nicht schon dann, wenn durch sie die Nachfrage zurückgeht und dadurch die Zahl der überlebensfähigen Betriebe zurückgeht, sondern wenn die Berufsausübung in aller Regel unmöglich gemacht wird. Erst wenn eine Steuer so hoch wird, dass sie praktisch insgesamt den Beruf "abwürgt", ist die Erdrosselungsgrenze erreicht.
72Diese Grenze wird durch die hier in Rede stehende Vergnügungssteuer und eine durch sie möglicherweise erzwungene Preiserhöhung nicht erreicht. Eine Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts bei den von der Klägerin eingesetzten Geräten zur Erwirtschaftung der hier erhobenen Vergnügungssteuer führt nicht zu einem die Berufsausübung unmöglich machenden Einbruch der Nachfrage. Vielmehr ist ein solcher Preis grundsätzlich am Markt durchsetzbar. Das ergeben die von der Klägerin vorgelegten Zahlen und die dem Gericht vorliegenden, in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse.
73Es ist gerichtsbekannt und wird von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt, dass die Aufsteller sich regelmäßig mit einem geringeren als dem höchstzulässigen Kasseninhalt zufrieden geben. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, hat der Leiter des Fachbereichs metrologische Informationstechnik der über die Zulassung von Geldspielgeräten entscheidenden Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, Prof. Dr. S. , am 23. Juni 2010 in einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat (Az. 14 A 597/09 u.a.) erklärt, dass als Durchschnittskassenbestand häufig ein Betrag von 10 bis 20 Euro statt der erlaubten 33 Euro gewählt werde. Das deckt sich mit den Ergebnissen der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erörterten Fallstudie zur Kontrolle des gesetzlichen Rahmens der Spielverordnung bezüglich des durchschnittlichen Spieleraufwandes am Beispiel statistischer Auswertungen gemessener Geldbewegungen von Geldspielgeräten für das Jahr 2010 des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung vom 16.12.2010, die von der B. GmbH finanziert wurde und deren Daten u. a. im Auftrag der T. gruppe, der die Klägerin angehört, zur Verfügung gestellt wurden. Die Studie benutzt den Begriff des mittleren Gewinngradienten, der dem Kasseninhalt je Stunde bei langfristiger Betrachtung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a SpielVO entspricht. Danach ergab sich, "dass der mittlere Gewinngradient ... für alle untersuchten Baureihen unter 33 Euro pro Spielstunde liegt. ... Vergleicht man die Ergebnisse in den vier untersuchten Zeiträumen, so werden die folgenden Tendenzen deutlich:
74Der mittlere Gewinngradient ... sinkt. Er beträgt
75- im Zeitraum 1 (2007): 16,59 € / Spielstunde,
76- im Zeitraum 2 (2008): 13,95 € / Spielstunde,
77- im Zeitraum 3 (2009): 11,39 € / Spielstunde,
78- im Zeitraum 4 (2009-2010): 10,89 € / Spielstunde."
79S. 59 der vorbesagten Fallstudie.
80Auch die Unterrichtung des Bundesrates durch den Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums zur Evaluierung der Spielverordnung vom 6.12.2010 bestätigt dieses Phänomen: Während der durchschnittliche Verlust im Jahre 2005 noch bei 21 Euro je Stunde gelegen habe, sei er ab 2006 auf 14 Euro je Stunde gesunken, wobei jedoch die durchschnittlichen Monatsausgaben eines Spielers in Spielhallen infolge längerer Spielzeiten dennoch in etwa gleich geblieben seien.
81BR-Drs. 881/10, S. 49.
82Das ist ein überzeugendes Ergebnis, denn die Entwicklung auf dem Spielhallenmarkt war nach Einführung der neuen Spielverordnung im Jahre 2006 durch ein starkes Wachstum gekennzeichnet und damit auch durch eine verschärfte Konkurrenz der Spielhallen untereinander.
83Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, LT-Drs. 16/17, S. 43: Zunahme der Geldspielgeräte in Spielhallen im Zeitraum 2006 bis 2010 um 42,66 %.
84Dass sich diese Konkurrenz in sinkenden Preisen in Form geringerer durchschnittlicher Kasseninhalte niederschlug, liegt nahe.
85Der durchschnittliche Kasseninhalt pro Spielstunde in der Spielhalle P. betrug nach den Angaben der Klägerin zwischen … Euro im Jahre 2010 und … Euro im Jahre 2012, durchschnittlich in den drei Jahren … Euro. Aus den vorgelegten Zahlen errechnet sich zwar daraus in Verbindung mit der Spieldauer die Bilanz als Differenz von Einsätzen und Gewinnen, die etwas höher als der steuerrechtlich relevante Saldo 2 ist. Diese Differenz beruht, wie der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, vor allem auf dem unter "Röhren-/Hopperdiff." bezeichneten, auf Manipulationen der Spieler beruhenden Fehlbetrag. Diese auf der Basis des Saldo 2 eigentlich geringere Steuerschuld vernachlässigend, würde eine Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts von … Euro je Spielstunde auf … Euro je Spielstunde, also um … Euro je Stunde, bei der bisherigen Spieldauer im Dreijahreszeitraum 2010 bis 2012 von … Stunden zu einer Bilanz von … Euro im Dreijahreszeitraum führen. Dies als Steuerbasis nehmend, ergäbe sich eine Vergnügungssteuerbelastung von … Euro. Gegenüber der bisherigen Dreijahresbilanz von … Euro führt die Bilanzerhöhung zu einer Umsatzsteuermehrbelastung von … Euro. Die gesamte Vergnügungssteuerbelastung einschließlich des zusätzlichen Anfalls von Umsatzsteuer beträgt somit … Euro im Dreijahreszeitraum. Mithin stünde sich die Klägerin bei der Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts im Dreijahreszeitraum um … Euro bei gleichbleibender Spieldauer mit einer Bilanz von … Euro so, wie sie im Dreijahreszeitraum gestanden hätte, wenn sie überhaupt keine Vergnügungssteuer und lediglich die im Dreijahreszeitraum ohne die Preiserhöhung angefallene Umsatzsteuer zu bezahlen hätte. Ein langfristiger durchschnittlicher Kasseninhalt von … Euro je Stunde liegt aber immer noch erst bei … % des zum Schutze der Spieler begrenzten höchstzulässigen Kasseninhalts von 33 Euro je Stunde, ist also weniger als die Hälfte des zulässigen. Es ist auch ein Kasseninhalt, der bereits am Markt durchgesetzt wurde. 2007 betrug er nach der bereits zitierten Fraunhofer-Studie noch 16,59 Euro je Stunde, lag also um knapp … Euro höher als der hier zur vollständigen Abwälzung der Vergnügungssteuer zuzüglich der Umsatzsteuermehrbelastung erforderlichen Preiserhöhung. Legt man nach dem zitierten Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums den durchschnittlichen Verlust aus dem Jahre 2005 von 21 Euro je Stunde vor Inkrafttreten der novellierten Spielverordnung zu Grunde, lag dieser sogar um … Euro höher.
86Selbst wenn man nicht den Durchschnittszeitraum 2010 bis 2012 betrachtet, sondern das beste Geschäftsjahr 2012, in dem die Bilanz noch einmal deutlich gesteigert wurde, bedürfte es zur vollständigen Abwälzung der Vergnügungssteuer einschließlich der Umsatzsteuermehrbelastung lediglich eines durchschnittlichen Kasseninhalts pro Stunde von … Euro bei gleichbleibender Spieldauer, um bei einer Bilanz von dann … Euro nach Abzug der gesamten Vergnügungssteuer und des Umsatzsteuermehrbetrags von … Euro mit dann … Euro wie im Jahre 2012 zu stehen, aber ohne jedwede Vergnügungssteuer und nur mit der im Jahre 2012 angefallenen Umsatzsteuer.
87Dabei ist diese Berechnung der erforderlichen Preiserhöhung extrem konservativ, denn sie setzt die Klägerin auf ein Niveau ohne jedwede Vergnügungssteuerbelastung mit lediglich der ohne die Preiserhöhung angefallenen Umsatzsteuer. Bei realistischer Berechnung müsste die Umsatzsteuermehrbelastung unberücksichtigt bleiben, weil sie eine kraft bundesgesetzlicher Entscheidung geschaffene und von der Vergnügungssteuer unabhängige Steuer ist, und es müsste eine jedenfalls aus Sicht der Automatenwirtschaft wirtschaftlich noch tragbare Vergnügungssteuerbelastung angesetzt werden.
88Legt man den vor der hier in Rede stehenden Steuererhöhung geltenden Festbetrag nach Stückzahl als tragbaren Wert zugrunde, ergäbe sich bei einem Satz von 150 Euro pro Stück und Monat eine Steuer von 64.800 Euro im Dreijahreszeitraum für die 12 Spielgeräte der Klägerin. Tatsächlich sind … Euro im Dreijahreszeitraum bei einer Gesamtbilanz von … Euro angefallen. Um den Mehrbetrag von … Euro durch eine Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts aufzufangen, wäre eine Erhöhung auf … Euro je Spielstunde erforderlich. Dann wären bei gleicher Spieldauer im Dreijahreszeitraum … Euro eingespielt worden, was eine Vergnügungssteuer von … Euro nach sich gezogen hätte, so dass die Bilanz nach der Vergnügungssteuer im Dreijahreszeitraum bei …Euro gelegen hätte, also über dem Betrag, der im Dreijahreszeitraum ohne Vergnügungssteuererhöhung verblieben wäre.
89Nach dem von der Automatenwirtschaft in Auftrag gegebenen Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG kann ein durchschnittliches Automatenaufstellunternehmen eine Vergnügungssteuerbelastung von 8,82 % auf das Bruttoeinspielergebnis "bei Erhalt eines angemessenen Unternehmerlohns und einer angemessenen Verzinsung auf das eingesetzte Kapital" tragen, "ohne dass die über die normale Ertragsteuerbelastung hinausgehende Steuerbelastung durch die Vergnügungsteuer für das Unternehmen zur Folge hat, dass die Erzielung eines positiven Ergebnisses nicht mehr möglich ist."
90Vgl. Die deutsche Automatenwirtschaft, Erhebung zur Belastbarkeit der Automatenaufstellunternehmer mit Vergnügungsteuer, S. 21.
91Das wäre bei den im Dreijahreszeitraum angefallenen … Euro eine Vergnügungssteuer von … Euro. Auskömmlich wäre also ein Einspielergebnis nach der Vergnügungssteuer im Dreijahreszeitraum von … Euro. Tatsächlich sind … Euro Vergnügungssteuer angefallen. Um den Mehrbetrag von … Euro durch eine Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts aufzufangen, wäre eine Erhöhung auf nur … Euro je Spielstunde erforderlich. Dann wären bei gleicher Spieldauer im Dreijahreszeitraum … Euro eingespielt worden, was eine Vergnügungssteuer von … Euro nach sich gezogen hätte, so dass die Bilanz nach der Vergnügungssteuer im Dreijahreszeitraum bei … Euro gelegen hätte, also über dem als auskömmlich errechneten Betrag von … Euro.
92Zusammengefasst ist somit festzustellen, dass ‑ bei gleichbleibender Spieldauer ‑ eine Preiserhöhung auf allenfalls … Euro je Spielstunde erforderlich ist, um auf den Stand des besten Geschäftsjahres Jahres 2012 ohne Vergnügungssteuer und ohne Umsatzsteuermehrbelastung zu kommen bzw. auf … Euro je Spielstunde für den Dreijahreszeitraum. Bei realistischen Annahmen, die die Umsatzsteuermehrbelastung nicht beachten und eine geringe Vergnügungssteuer als Basis nehmen, bedarf es lediglich einer Preiserhöhung auf … Euro je Spielstunde (Basis bisherige Stückzahlsteuer) oder sogar nur … Euro je Spielstunde (Basis die von der Automatenwirtschaft für tragbar gehaltene Vergnügungssteuer von 8,82 % auf die Bruttokasse).
93Aus diesen Zahlen ergibt sich somit, dass die zur wirtschaftlichen Entlastung der Klägerin erforderliche Preiserhöhung den zulässigen Rahmen der Spielverordnung bei weitem nicht ausschöpfen würde. Dass sich selbst bei dem von der Spielverordnung festgelegten höchstzulässigen Preis bei realistischer Beurteilung noch Spieler fänden, ergibt sich aus Folgendem: Die von der Spielverordnung gezogenen Verlustgrenzen bezwecken den Spielerschutz.
94Vgl. Entwurf der Fünften Verordnung zur Änderung der Spielverordnung, BR-Drs. 655/05 vom 30.8.2005, S. 12 f., 22, 25.
95Der Normgeber hielt also die Maximalverlustgrenze von 80 Euro je Stunde in § 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielVO und die durchschnittliche Verlustgrenze von 33 Euro je Stunde in § 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a SpielVO für erforderlich, weil sich ansonsten eine relevante Zahl von Spielern fände, die unter Inkaufnahme höherer Verlust zu spielen bereit wären. Das erscheint realistisch. Das Spielanreizpotential moderner Geldspielgeräte liegt darin, durch rasche Abfolge von Spielen mit Einsätzen aus getätigten Einwürfen, aber auch mit ‑ rechtlich keine Einsätze darstellenden ‑ gewonnenen Punkten ein Punktekonto zu steigern. Welchen Verlust der Spieler tatsächlich macht, ist nicht aus der Betrachtung des Einzelspiels ersichtlich, selbst nicht aller Spiele einer Stunde und auch nicht eines Tages, da zufallsbedingt auch Gesamtgewinne in dem Zeitraum erzielt werden. Erst durch langfristige Betrachtung des Spiels an einem bestimmten Gerät kann der Spieler feststellen, welchen Verlust er langfristig pro Stunde an einem bestimmten Gerät macht. Diese Undurchsichtigkeit des realen Preises pro Stunde bewirkt, dass es auch genügend Spieler gibt, die sogar zu höheren Preisen als dem in der Spielverordnung gedeckelten Preis von langfristig durchschnittlich 33 Euro je Spielstunde zu spielen bereit wären. Der Gerätespielmarkt bräche ‑ wenn es die Preisgrenze der Spielverordnung nicht gäbe ‑ wohl erst dann im Sinne einer Erdrosselung zusammen, der Beruf des Automatenaufstellers würde abgewürgt, wenn durch die Steuer der Preis so hoch getrieben würde, dass ein Gesamtgewinn während der normalen Spieldauer eines Spielers am Tag eine Seltenheit wäre, weil praktisch alle Einsätze vom Aufsteller einbehalten werden.
96Unabhängig davon steht auf Grund des genannten Fraunhofer-Gutachtens, des zitierten Berichts des Bundeswirtschaftsministeriums und der Aussage von Prof. Dr. S. vor dem Senat in einem anderen Verfahren sogar empirisch fest, dass am Markt schon weitaus höhere Preise durchgesetzt werden konnten als der Preis, der nötig wäre, um die Klägerin von der gesamten Vergnügungssteuer und dem anfallenden Mehrbetrag der Umsatzsteuer zu befreien.
97Richtig ist der Einwand der Klägerin, dass dann, wenn infolge geringerer Spielbereitschaft die Spieldauer sinkt, das Einspielergebnis trotz geforderter und auch von den verbliebenen Spielern gezahlter höherer Preise sinken kann. Das ist jedoch für die hier in Rede stehende Erdrosselungsgrenze unerheblich. Wie ausgeführt, hat selbstverständlich die Höhe des ‑ auch steuerbewirkten ‑ Preises Auswirkungen auf den Markt. Um es am Beispiel des Tabakwarenhandels aufzuzeigen: Eine steuerbewirkte Verdoppelung des Zigarettenpreises würde wohl zu einem Rückgang des Zigarettenkonsums führen, so dass nicht mehr alle Tabakwarenhändler ein ausreichendes Einkommen aus dem Tabakwarenhandel erzielen können. Dennoch würde ‑ allerdings auf einem verkleinerten Markt ‑ der Beruf des Tabakwarenhändlers ausgeübt werden können. Das wäre erst dann nicht mehr der Fall, wenn der Preis so hoch getrieben würde, dass keine berufsrelevante Nachfrage mehr vorhanden wäre. Für die Automatenaufsteller heißt dies: Nicht alle jetzt vorhandenen Unternehmen mögen bei einer drastischen Preiserhöhung auf dem dann noch vorhandenen Spielmarkt einen ausreichenden Ertrag abwerfen, aber eine berufsgrundrechtlich ausreichende Zahl würde es. Weil sich dann die verbliebenen Spieler auf weniger Spielhallen verteilten, könnte die Spieldauer durchaus auf den oben unterstellten Höhen gehalten werden. Der Einwand der Klägerin, eine Preiserhöhung würde zur Absenkung der Spielbereitschaft und damit der Gesamtspieldauer führen, ist nur richtig, wenn eine gleichbleibend hohe Zahl von Anbietern angenommen wird. Das aber fordert das Verbot erdrosselnder Steuern nicht: Eine Senkung der Bestandszahlen von Spielhallen ist mit dem Erdrosselungsverbot vereinbar.
98Ob auch der Markt in P. eine drastische Preiserhöhung unterhalb der so beschriebenen Erdrosselungsgrenze hinzunehmen bereit wäre, ist unerheblich. Für die Frage, ob eine Steuer erdrosselnde Wirkung hat, kommt es auf die aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit abgeleitete Grenze des Bundesrechts an, das keine spezifische P. Erdrosselungsgrenze kennt, ausgerichtet danach, ob auf dem P. Geldspielmarkt eine Erwirtschaftung der Steuer möglich ist. Es gibt, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, vereinzelt Gemeinden, in denen mangels Nachfrage überhaupt keine Spielhalle betrieben werden kann. Einen Rechtssatz, der es der Gemeinde geböte, die Vergnügungssteuer so zu gestalten, dass eine Spielhalle immer, und zwar auch unterhalb der in der Spielverordnung gezogenen Preisgrenze, hier nämlich bei einem langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalt von unter … Euro je Stunde oder gar ‑ je nach Berechnung ‑ noch weniger, wirtschaftlich betrieben werden kann, gibt es nicht. Das würde bedeuten, dass eine Gemeinde überhaupt keine Vergnügungssteuer erheben darf, wenn der örtliche Markt so schwach ist, dass eine Spielhalle nur ohne Vergnügungssteuerbelastung wirtschaftlich betrieben werden kann. Ein solcher Rechtssatz ergäbe sich aus dem Bundesrecht nur, wenn die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder das Bundesgewerberecht die Forderung aufstellte, dass die steuerlichen Bedingungen in jeder Gemeinde so beschaffen sein müssen, dass in jeder Gemeinde mindestens eine Spielhalle wirtschaftlich betrieben werden kann, ungeachtet dessen, ob der Markt für diese Berufsausübung geeignet ist. Das ist nicht der Fall. Die verfassungsrechtliche Grenze verbotener Erdrosselung durch eine Steuer wird durch die generelle Unmöglichkeit gekennzeichnet, bei einer bestimmten Steuerhöhe den Beruf noch wirtschaftlich ausüben zu können. Es kommt also auf den Markt im Allgemeinen, nicht auf den jeweiligen lokalen Markt an. Deshalb liegt auch kein Verstoß gegen den Vorrang des Bundesrechts oder das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung vor, wenn die lokalen Marktbedingungen die Erwirtschaftung einer ‑ generell erwirtschaftbaren ‑ Steuer nicht erlauben. Denn die bundesrechtlichen Vorgaben sind beachtet.
99Dass der lokale Markt in P. zumindest für zwei Spielhallen nichts hergibt, zeigt der Umstand, dass nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung (Beiakten 7 und 8) für das Jahr 2009 für dieses Jahr eine Vergnügungssteuer nach dem Stückzahlmaßstab von 21.600 Euro Jahressteuer angesetzt wurde, was bei einem Einspielergebnis für die Geldspielgeräte in diesem Jahr von … Euro einem Steuersatz auf die Bruttokasse von … % entspricht. Trotz dieses extrem niedrigen Steuersatzes, der unter dem oben dargelegten, von der Automatenwirtschaft für tragbar gehaltenen Steuersatz von 8,82 % liegt, war die Klägerin im Jahre 2009 nicht in der Lage, einen Gewinn zu erwirtschaften, sondern schloss nach ihrer Auswertung mit einem negativen Betriebsergebnis nach Steuern von -… Euro ab.
100Zu Unrecht meint die Klägerin, eine solche Betrachtungsweise widerspreche der Ortsgebundenheit der Steuergesetzgebungskompetenz. Eine örtliche Steuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG ist begrifflich nichts anderes als eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a. F. Sie ist wie diese an die Voraussetzung der örtlichen Radizierung gebunden. Die örtliche Radizierung muss sich aus der normativen Gestaltung des Steuertatbestandes ergeben; sie kann nicht aus der natürlichen Beschaffenheit des Gegenstandes abgeleitet werden, dessen Behandlung der Steuer unterworfen wird. Örtliche Steuern sind nur solche Abgaben, die an örtliche Gegebenheiten, vor allem an die Belegenheit einer Sache oder an einen Vorgang im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde anknüpfen und wegen der Begrenzung ihrer unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen können.
101Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6.12.1983 ‑ 2 BvR 1275/79 ‑, BVerfGE 65, 325 (349).
102Dass die hier in Rede stehende Vergnügungssteuer, die an das Halten von Geldspielgeräten im Gemeindegebiet anknüpft, eine solche örtliche Aufwandsteuer ist, steht außer Frage. Die von der Klägerin aus diesem Charakter abgeleitete Folge, dass die grundrechtliche Grenze der Steuernormsetzung aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die gewerberechtliche sich nach den besonderen Umständen des lokalen Marktes bemäßen, findet in dem Begriff der örtlichen Aufwand- und Verbrauchsteuer in Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG keinen Anhalt, weil jenes Bundesrecht nicht vorschreibt, dass steuerlich gewährleistet sein muss, dass man in jeder Gemeinde eine Spielhalle wirtschaftlich betreiben kann.
103Ein solcher Zusammenhang lässt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgern. Danach liegt ein Verstoß gegen das Erdrosselungsverbot dann vor, wenn die Steuerbelastung es "für sich genommen" unmöglich macht, im Gebiet der Gemeinde den Beruf des Spielautomatenbetreibers ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen.
104BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12.08 ‑, BVerwGE 135, 367 Rn. 44.
105Eine Steuer, die zu einem grundsätzlich am Markt erwirtschaftbaren Preis führt, aber wegen der lokalen Marktbedingungen nicht erwirtschaftbar ist, erdrosselt nicht "für sich genommen" die Berufsausübung, vielmehr tut dies der schwache lokale Markt. Es ist Sache des Unternehmers, seinen Beruf auf geeigneten Märkten auszuüben, er hat keinen Anspruch gegen die Gemeinde, Steuerbedingungen gewährt zu bekommen, die ihm die Berufsausübung auch auf ungeeigneten Märkten gestatten.
106Selbst wenn man für eine verfassungsrechtliche Grenze zulässiger Steuerbelastung nicht erst auf den oben geprüften Maßstab der Erdrosselung im Sinne praktischen Abwürgens der beruflichen Tätigkeit abstellt, sondern aus rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgründen bereits vorher eine Grenze bei nicht mehr zumutbarer, übermäßiger Steuerbelastung zieht, ergibt sich nichts anderes. Denn die hier geforderte Steuer ist nicht unzumutbar in dem Sinne, dass sie einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübung eines Automatenaufstellers selbst für P. Verhältnisse darstellte.
107Der Senat ist überzeugt, dass auch der Markt in P. entgegen den Annahmen der Klägerin eine Preiserhöhung im erforderlichen Umfang hergibt, ohne dass es zu einem nennenswerten Einbruch in der Spieldauer kommt. Die von der Klägerin behauptete enge Korrelation von langfristigem durchschnittlichen Kasseninhalt und Spielbereitschaft besteht nämlich bei nur geringfügigen Preisschwankungen nicht. Das begründet sich aus den von der Klägerin vorgelegten Zahlen. Von 2010 bis 2012 ist der Kasseninhalt pro Spielstunde von … Euro auf … Euro gestiegen. Obwohl also der Preis im Dreijahreszeitraum um … Euro je Stunde erhöht worden ist, hat dies nicht zu einem Rückgang der Akzeptanz der Spielhalle geführt. Im Gegenteil wurde im selben Zeitraum die Spieldauer von … Stunden auf … Stunden erhöht, also um mehr als ein Viertel. Das spiegelt sich in einer entsprechenden Erhöhung der Einsätze von … Euro im Jahre 2010 auf … Euro im Jahre 2012 wider. Es sind keine vernünftigen Gründe ersichtlich, warum die Klägerin die Preise nicht weiter steigern könnte, um die Ertragslage zu verbessern, ohne dass es zu einem Einbruch in der Spieldauer kommt. Wie oben dargestellt, bedürfte es zur Herbeiführung des wirtschaftlichen Zustandes des Jahres 2012 ohne jedwede Vergnügungssteuerbelastung und ohne die Umsatzsteuermehrbelastung einer Bilanz von … Euro. Ausgehend von der tatsächlichen Bilanz von … Euro im Jahre 2012 bedürfte es einer Steigerung um …%. Von 2010 bis 2012 hat die Klägerin die Bilanz kontinuierlich um insgesamt … % (von … auf … Euro) gesteigert. Geht man gar von dem in der betriebswirtschaftlichen Auswertung für das Jahr 2009 angegebenen Einspielergebnis für Geldspielgeräte von … Euro aus, ist der Kasseninhalt von 2009 bis 2012 sogar um … % gesteigert worden. Es ist nicht erkennbar, warum diese Entwicklung nicht fortführbar sein sollte. Zwar führt die Klägerin die Steigerung auf den Wegfall des Konkurrenten zurück. Es mag in der Tat sein, dass auch ein solcher Effekt vorliegt, der sich in höherer Auslastung niedergeschlagen hat. Jedoch zeigt die Entwicklung, dass steigende Preise in Form höherer langfristiger durchschnittlicher Kasseninhalte und sinkende Spieldauer keineswegs korrelieren. Es ist bei den hier in Rede stehenden Preiserhöhungen vielmehr anzunehmen, dass die Stellung der Klägerin als nunmehriger Monopolistin in P. es ihr erlaubt, die Preise im hier nötigen Umfang weiter anzuheben, ohne dass die Spieldauer nennenswert leidet.
108Dabei muss berücksichtigt werden, dass der oben genannte tendenzielle Fall des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts von über 20 Euro je Spielstunde auf 10,89 Euro je Spielstunde im Zeitraum 2009/2010 selbst nur ein Durchschnittswert ist. 2009/2010 dürfte der langfristige durchschnittliche Kasseninhalt zwischen den einzelnen Spielhallen deutlich um den durchschnittlichen Wert von 10,89 Euro je Spielstunde pendeln, mit anderen Worten es wird deutlich teurere, aber auch deutlich günstigere Spielhallen gegeben haben. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass die in ein und demselben Zeitraum (7.12.2009 bis 22.4.2010) aufgestellten Spielgeräte ganz unterschiedliche langfristige durchschnittliche Kasseninhalte aufwiesen: Sie reichen von 9,06 Euro je Spielstunde (AGI Novoline 2 Stand) bis 13,89 Euro je Spielstunde (ADP Power Games I), differieren also um 4,83 Euro.
109Fraunhofer-Studie S. 32.
110Dabei ist es keineswegs so, dass die preisgünstigsten Geräte die von der Spielzeit am stärksten frequentierten sind: Das mit 1.646.627,1 Stunden am stärksten frequentierte Gerät AGI Magic Ballogator fordert einen langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalt von 10,81 Euro je Stunde, also 1,75 Euro je Spielstunde mehr als das aus Sicht der Spieler günstigste Gerät AGI Novoline 2 Stand, das mit 532.028,7 Spielstunden nur etwa ein Drittel so stark frequentiert wurde wie das Gerät AGI Magic Ballogator.
111Fraunhofer-Studie S. 32.
112Maßgebend für die Spielbereitschaft ist daher keineswegs, erst Recht nicht ausschließlich der langfristige durchschnittliche Kasseninhalt, sondern wohl eher die Interessantheit oder auch Neuheit eines Spielprogramms.
113Die Möglichkeit der Erzielung eines höheren langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts ohne Einbruch bei der Spieldauer gilt erst recht, wenn man die notwendige Preiserhöhung nicht nach der oben dargestellten konservativsten Methode mit dem Ziel eines Ergebnisses wie 2012 ohne jedwede Vergnügungssteuerbelastung und ohne die Umsatzsteuermehrbelastung berechnet. Hält man nur einen Kasseninhalt von … Euro je Stunde für erforderlich, läge er um lediglich … Euro über dem von der Klägerin zuletzt erzielten Kasseninhalt von … Euro je Stunde. Dabei hat die Klägerin allein im betrachteten Dreijahreszeitraum den Kasseninhalt bereits um … Euro gesteigert, nämlich von … Euro im Jahre 2010 auf … Euro im Jahre 2012. Es ist greifbar unglaubhaft, dass solch marginale Preiserhöhungen, die für den gewöhnlichen Spieler gar nicht, allenfalls bei längerfristiger, genauer Preisbeobachtung feststellbar sind, zu einem nennenswerten Einbruch in der Spieldauer führen. Es erweist sich also, dass unter Zugrundelegung eines von der Automatenwirtschaft selbst als tragbar angesehenen Steuersatzes die beim höheren Steuersatz der Beklagten erforderliche Preiserhöhung durchsetzbar ist. Dem Senat drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass die Klägerin bisher auf eine deutlichere Preiserhöhung verzichtet hat, weil sie im Hinblick auf das vorliegende Klageverfahren die Preisresistenz des P. Marktes nicht zu deutlich demonstrieren will.
114Auch die Überlegung, dass eine infolge höherer Vergnügungssteuer in P. als in den Nachbargemeinden erzwungene Preiserhöhung Spieler in die Spielhallen der Nachbargemeinden treiben könnte, so dass doch die Spieldauer in P. einbrechen könnte, führt nicht weiter. Es ist aus den oben genannten Gründen schon nicht glaubhaft, dass unterschiedliche langfristige Kasseninhalte von einigen Euro zu einer nennenswerten Verlagerung von Spielern in andere Gemeinden führt, um so mehr als hier nicht nur ein Wechsel zu einer anderen Spielhalle in demselben Ort, sondern ein Wechsel in die Spielhalle in eine andere Gemeinde in Rede steht. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob die Konkurrenz aus anderen Gemeinden mit günstigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie einem geringeren Steuersatz es hindert, einen hier aufgrund des höheren Steuersatzes erforderlichen Preis am Markt durchzusetzen. Art. 12 Abs. 1 GG schützt nicht vor Erdrosselung durch Konkurrenz, sondern vor erdrosselnden Steuern als solchen. Ob die Wettbewerbsverzerrung durch Steuern die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzen kann, kann dahinstehen. Jedenfalls geht der Schutz nicht über den Anwendungsbereich des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG hinaus.
115Vgl. BVerfG, Urteil vom 20.4.2004 ‑ 1 BvR 1748/99 u.a. ‑, BVerfGE 110, 274 (290 f.)
116Insoweit steht aber fest, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG jeden Träger öffentlicher Gewalt nur in dessen konkretem Zuständigkeitsbereich bindet.
117Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 ‑ 1 BvF 4/05 ‑, BVerfGE 122, 1 (25).
118Deshalb ist es nicht nur unbedenklich, dass das dem Landessteuerrecht zuzurechnende Vergnügungssteuerrecht (Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG) von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist. Da landesrechtlich die Erhebung einer Vergnügungssteuer den Gemeinden zugewiesen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KAG) ist es sogar unbedenklich, wenn unterschiedliches Vergnügungssteuerrecht zwischen den Kommunen des Landes besteht.
119Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.12.1966 ‑ 1 BvR 33/64 ‑, BVerfGE 21, 54 (68) zu unterschiedlichen Gewerbesteuerhebesätzen; OVG NRW, Beschluss vom 14.3.2012 ‑ 14 A 289/12 ‑, NRWE Rn. 16 ff.
120Eine Gemeinde ist daher aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, zum Schutze der Wirtschaft in ihrem Gebiet vor der Konkurrenz aus Nachbargemeinden ihre Steuersätze den niedrigeren der Nachbargemeinde anzupassen. Im Gegenteil liegt in der Zuweisung der Steuernormsetzungskompetenz an die Gemeinden auch die im Interesse der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährte Befugnis, niedrigere Steuern im interkommunalen Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen einzusetzen.
121Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.1.2010 ‑ 2 BvR 2185/04 u.a. ‑, BVerfGE 125, 141 (166); BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 ‑ 8 C 43.09 ‑, BVerwGE 138, 89 Rn. 16.
122Die erhobene Steuer ist auch abwälzbar. Eine indirekt erhobene Aufwandsteuer muss abwälzbar sein. Bei der Klägerin als Veranstalterin des Vergnügens wird die Steuer nur zur Vereinfachung erhoben. Im Ergebnis soll sie den Spieler, den Steuerträger, treffen. Die Steuer muss daher auf den Benutzer der Veranstaltung abwälzbar sein. Sie soll nicht an demjenigen "hängen bleiben", der das steuerpflichtige Vergnügen zum Zwecke der Gewinnerzielung anbietet, sondern aus denjenigen Aufwendungen gedeckt werden, die die Spieler für ihr Spielvergnügen aufbringen. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen ‑ Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten ‑ treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Diese Voraussetzung ist zumindest so lange gegeben, wie der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
123Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 - 1 BvL 8/05 , BVerfGE 123, 1 (22 f.); BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12.08 ‑, BVerwGE 135, 367 Rn. 28.
124Nach diesen Maßstäben bestehen an der Abwälzbarkeit der hier erhobenen Vergnügungssteuer keine Zweifel, weil einer Preiserhöhung zur Abwälzung der Steuer keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob der Markt in P. die Abwälzung ermöglicht, ist schon deshalb unerheblich, weil es für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuererhebung nicht darauf ankommt, ob die Steuer als Aufwandsteuer tatsächlich auf den Endverbraucher abgewälzt werden kann; vielmehr genügt es, dass die Steuer auf eine Überwälzung angelegt ist.
125Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.6.2013 ‑ 9 B 50.12 ‑, Rn. 5.
126Die Vergnügungssteuer ist auf Abwälzung angelegt, weil sie nach ihrer Konzeption wirtschaftlich letztlich vom Spieler aus seinen Einsätzen getragen werden soll. Im Übrigen ist der Senat ‑ wie oben ausgeführt ‑ sogar überzeugt, dass die Steuer auch in P. tatsächlich abgewälzt werden kann.
127Die auf der so wirksamen Satzungsgrundlage ergangenen Steuerbescheide leiden nicht unter formellen Mängeln. Sie sind hinreichend begründet worden (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i. V. m. § 121 Abs. 1 AO). Bei der ‑ hier vorliegenden ‑ Nichtabgabe der Steuererklärung und bei Fehlen eines besonderen Anlasses reicht die Mitteilung des Schätzungsergebnisses in Form der Wertangabe.
128Vgl. BFH, Beschluss vom 23.1.2003 - VIII B 161/02 -, juris Rn. 3; Urteil vom 11.2.1999 ‑ V R 40/98 ‑, BStBl. II S. 382 (383).
129Auch rechtliches Gehör im Sinne einer Anhörung (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 AO) ist ausreichend gewährt worden. Die Klägerin ist jedenfalls vor den ersten angefochtenen Bescheiden auf das Fehlen der Steueranmeldung hingewiesen und zu deren Abgabe aufgefordert worden. Unter diesen Voraussetzungen ist eine Anhörung zur beabsichtigten Schätzung nicht erforderlich und nach der wiederholten Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung ist auch eine weitere Aufforderung in den Folgesteuerzeiträumen entbehrlich.
130Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7.4.2011 ‑ 14 A 1596/09 ‑, NRWE Rn. 66 f.; Cöster in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 162 Rn. 114.
131Materiell verletzen die Bescheide jedenfalls nicht die Rechte der Klägerin, weil die auf Schätzungsbasis festgesetzte Steuer sogar niedriger ist als die eigentlich nach dem tatsächlichen Einspielergebnis angefallene. Insoweit erhebt die Klägerin auch keine Einwände.
132Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
133Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, weil die Frage, welche bundesrechtlichen Schranken für die Höhe einer Geldspielgerätesteuer bestehen, insbesondere ob und gegebenenfalls wo eine solche Schranke unterhalb der Erdrosselungsgrenze aus dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besteht, der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung verleiht.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt das Hotel E. und das Hotel D. im Stadtgebiet der Beklagten.
3In seiner Sitzung am 8. Juli 2010 beschloss der Rat der Beklagten die am 1. November 2010 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung einer Abgabe auf entgeltliche Beherbergungen im Gebiet der Stadt Dortmund (Beherbergungsabgabesatzung ‑ BAS ‑).
4Die Satzung trifft u.a. folgende Regelungen:
5"§ 1
6Abgabengläubiger
7Die Stadt Dortmund erhebt nach dieser Satzung eine Beherbergungsabgabe als örtliche Aufwandsteuer.
8§ 2
9Gegenstand der Abgabe
10Gegenstand der Beherbergungsabgabe ist der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb (Hotel, Gasthof, Pension, Privatzimmer, Jugendherberge, Ferienwohnung, Motel, Campingplatz, Schiff und ähnliche Einrichtung), der gegen Entgelt eine Beherbergungsmöglichkeit zur Verfügung stellt; dies gilt unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen wird.
11Der Übernachtung steht die Nutzung der Beherbergungsmöglichkeit, ohne dass eine Übernachtung erfolgt (z. B. Tageszimmer), gleich, sofern hierfür ein gesonderter Aufwand betrieben wird.
12Eine private Übernachtung liegt nicht vor, wenn der Beherbergungsgast dies eindeutig durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachweist. Die Bescheinigung ist der Stadt Dortmund mit der Abgabenerklärung (§ 7 der Satzung) einzureichen. Der Nachweis kann auch innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung nachgereicht werden. Eine durch den Beherbergungsbetrieb entrichtete Abgabe wird nach Prüfung des Nachweises an den Arbeitgeber des Beherbergungsgastes, bei einem selbständigen Beherbergungsgast an diesen, erstattet.
13§ 3
14Bemessungsgrundlage
15Bemessungsgrundlage ist der vom Gast für die Beherbergung aufgewendete Betrag (einschließlich Mehrwertsteuer).
16§ 4
17Abgabensatz
18Die Übernachtungsabgabe beträgt 5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage.(...)
19§ 5
20Abgabenschuldner
21Abgabenschuldner ist der Betreiber des Beherbergungsbetriebes.
22§ 6
23Entstehung des Abgabenanspruches
24Der Abgabenanspruch entsteht mit Beginn der entgeltpflichtigen Beherbergungsleistung."
25Die Beklagte stellte nach dem Inkrafttreten der Beherbergungsabgabesatzung einen "Handlungsrahmen Beherbergungsabgabe" auf, der hinsichtlich des Nachweises einer nicht privaten Beherbergung Vorgaben enthält.
26Die Klägerin meldete unter dem 6. Januar 2011 für die Monate November und Dezember 2010 Beherbergungsentgelte einschließlich Mehrwertsteuer von 68.636,20 Euro sowie unter dem 5. April 2011 für die Monate Januar bis März 2011 von 95.490,47 Euro an.
27Mit Bescheid vom 29. April 2011 setzte die Beklagte unter Vorbehalt der Nachprüfung die Beherbergungsabgabe für die Monate November 2010 bis März 2011 auf 8.206,33 Euro fest.
28Die Klägerin hat am 24. Mai 2011 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhoben.
29Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die Beherbergungsabgabesatzung verstoße gegen höherrangiges Recht. Die Regelung der Bemessungsgrundlage sei nicht mit § 7 Abs. 5 der Preisangabenverordnung - PAngV ‑ vereinbar. Der als Bemessungsgrundlage nach § 3 BAS vorgesehene Bruttobetrag habe zwingend bereits die Beherbergungsabgabe zu beinhalten, eine gesonderte Ausweisung sei nicht zulässig. Die Beherbergungsabgabe würde daher de facto auf sich selbst erhoben. § 11 Abs. 5 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ KAG ‑ stehe der Erhebung einer Beherbergungsabgabe entgegen, da mit dieser Regelung abschließend bestimmt sei, unter welchen Voraussetzungen Gemeinden Fremdenverkehrsabgaben erheben dürften. Die Beherbergungsabgabe habe nicht den Charakter einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes ‑ GG ‑. Die Beherbergungsabgabe sei überdies der Umsatzsteuer gleichartig und verstoße auch aus diesem Grunde gegen die aus der genannten Vorschrift folgende Kompetenzverteilung. § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS lasse beruflich bedingte Übernachtungen von Beamten und Selbständigen ohne sachliche Rechtfertigung außer Betracht, indem sie lediglich Arbeitgeberbescheinigungen als Nachweis zulasse. Überdies sei insoweit die Gefahr von Gefälligkeitsbescheinigungen evident.
30Wie das Bundesverwaltungsgericht klargestellt habe, müssten Satzungen zur Regelung einer Beherbergungsabgabe dezidierte und konkrete Kriterien zur Unterscheidung von privat und beruflich veranlassten Übernachtungen enthalten. Derartige Differenzierungskriterien enthalte die vorliegende Satzung nicht. Aus der Regelung des § 2 Abs. 3 BAS folge, dass der abgabenpflichtige Beherbergungsbetrieb verpflichtet sei, bezüglich sämtlicher entgeltlicher Übernachtungen die Beherbergungsabgabe einzupreisen und einzuziehen. Damit werde gleichsam vermutet, dass eine entgeltliche Übernachtung privat veranlasst sei. Die damit verbundene Beweislastverteilung sei vor dem Hintergrund nicht gerechtfertigt, dass eine Heranziehung zur Beherbergungsabgabe bei beruflicher Veranlassung der Übernachtung schon dem Grunde nach ausscheide. Aus den gleichen Gründen sei auch die Erstattungsregelung in § 2 Abs. 3 Satz 4 BAS zu beanstanden. Sie bewirke für den Pflichtigen eine nicht hinnehmbare Situation der Ungewissheit. Weise der Gast eine berufliche Veranlassung der Übernachtung gegenüber dem Beherbergungsbetreiber nicht nach, sei es diesem selbst nicht möglich, beruflich erforderliche Übernachtungen von privaten Übernachtungen zu unterscheiden. Diese Ungewissheit dürfe nicht zu Lasten des Pflichtigen bzw. des Hotelgastes gehen, vielmehr dürfe eine Steuer insoweit mangels Erfüllung des Steuertatbestands von vornherein nicht erhoben werden.
31Des Weiteren werde dem Beherbergungsbetrieb mit der Einreichung von Arbeitgeberbescheinigungen eine im Kommunalabgabengesetz NRW nicht normierte Meldepflicht abverlangt. Die Erhebung der Beherbergungsabgabe verstoße gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, da sie die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, den Mehrwertsteuersatz für Hotels zu reduzieren, konterkariere. Ferner verletze sie die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 GG, da der in der Erhebung liegende Eingriff nicht gerechtfertigt werden könne. Die Datenerhebungspraxis der Beklagten zur Differenzierung zwischen beruflicher und privater Veranlassung einer entgeltlichen Übernachtung begegne durchgreifenden datenschutzrechtlichen Bedenken.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Abgabenbescheid der Beklagten vom 29. April 2011 aufzuheben.
34Die Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Sie hat vorgetragen, ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 PAngV liege nicht vor. Mit dem in § 3 BAS genannten Betrag sei nicht der nach § 7 Abs. 5 PAngV anzugebende Endpreis gemeint. Bemessungsgrundlage solle vielmehr der Netto-Übernachtungspreis zuzüglich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer sein. Ferner verstoße die Erhebung der Abgabe auch nicht gegen § 11 Abs. 5 KAG. Im Gegensatz zu dem dort geregelten Fremdenverkehrsbeitrag knüpfe die Beherbergungsabgabe nicht an die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Unterhaltung von Einrichtungen und Anlagen, sondern an den wirtschaftlichen Aufwand an, den ein Hotelgast für seine Übernachtung betreibe. Ferner handele es sich um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG. Eine Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb stelle typischerweise einen Aufwand dar, der über die Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Wohnraum hinausgehe. Die Beherbergungsabgabe sei auch nicht der Umsatzsteuer gleichartig. Des Weiteren sei die Regelung zu beruflich bedingten Übernachtungen auch hinreichend inhaltlich bestimmt. Die Beschränkung der Abgabe auf private Übernachtungen in § 2 Abs. 1 BAS bedeute zugleich, dass beruflich veranlasste Übernachtungen ausnahmslos nicht der Beherbergungsabgabe unterliegen sollten.
37Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es sich auf den Standpunkt gestellt, die Beherbergungsabgabesatzung sei nichtig. Die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Forderung nach Vorhersehbarkeit der Abgabenlast für den Steuerpflichtigen werde nicht beachtet. § 2 Abs. 3 BAS verletze den rechtsstaatlichen Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, weil dem steuerpflichtigen Beherbergungsbetrieb die Feststellungslast auferlegt werde, dass eine Übernachtung nicht privat sei. Aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizites verstoße die Beherbergungsabgabesatzung gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Hinsichtlich der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
38Die Beklagte hat fristgerecht Berufung eingelegt und führt zur Begründung aus: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Abgabelast vorhersehbar. Dem Bestimmtheitsgrundsatz sei regelmäßig genügt, wenn der Steuergegenstand, die Bemessungsgrundlage, der Steuersatz sowie die Erhebung und Fälligkeit der Steuer geregelt seien. Diesen Anforderungen genüge die Beherbergungsabgabesatzung. Die Möglichkeit einer exakten Vorausberechnung sei gerade nicht erforderlich. Dem Verwaltungsgericht sei ebenfalls nicht zu folgen, soweit es von der Verletzung des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung ausgegangen sei. Sie, die Beklagte, habe sich von vornherein entschlossen, nur privat veranlasste Übernachtungen zu besteuern, nicht aber sämtliche Übernachtungen unterschiedslos der Besteuerung zu unterwerfen und sodann eine Steuerbefreiung bei beruflich bedingten Übernachtungen vorzunehmen. Eine Vermutung, dass der Steuertatbestand des § 2 Abs. 1 BAS vorliege, beinhalte die Beherbergungsabgabesatzung nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne auch nicht von einem Vollzugsdefizit ausgegangen werden. Bereits ein Großteil der beruflich bedingten Übernachtungen sei auf eine Buchung durch den Arbeitgeber zurückzuführen. Insoweit erscheine eine wie auch immer geartete Manipulation weitgehend ausgeschlossen. Eine lediglich abstrakt bestehende Möglichkeit einer gefälschten Arbeitgeberbescheinigung oder falscher Eigenerklärungen sei für die Annahme eines strukturellen Vollzugsdefizites nicht ausreichend. Das Bestehen einer ausreichenden Überprüfungsmöglichkeit resultiere zudem aus dem Umstand, dass das kommunale Steuerrecht angesichts der bestehenden Auskunftspflicht unabhängig von den satzungsrechtlichen Regelungen kraft Gesetzes eine Verifikation steuerlich erheblicher Tatbestände ermögliche.
39Die Beklagte beantragt,
40das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
41Die Klägerin beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Zur Begründung führt sie aus: Die im Hinblick auf die Rechtsprechung zwischen beruflich bedingten und privaten Übernachtungen differenzierende Beherbergungsabgabesatzung biete keine hinreichende Grundlage für eine zulässige Abgabenerhebung. Dass von einem unverhältnismäßigen Mitwirkungsbeitrag des steuerpflichtigen Beherbergungsbetriebes auszugehen sei, folge bereits daraus, dass bei einem Großteil der Gäste ein hohes Aufklärungs- und Nachfragebedürfnis bestehe. Entgegen der Auffassung der Beklagten belege die in § 2 Abs. 3 BAS normierte Nachweispflicht für eine beruflich bedingte Übernachtung, dass grundsätzlich undifferenziert jede Übernachtung besteuert werden solle. Die Beherbergungsabgabesatzung berge eine "Vermutung" der Steuerbarkeit sämtlicher Übernachtungen in sich, die nur durch einen entsprechenden Nachweis entkräftet werden könne. Die Nichtigkeit der Beherbergungsabgabesatzung folge daraus, dass es sich bei dem Beherbergungsgast als möglichem Erstattungsberechtigten (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 4 BAS) um einen am Steuerschuldverhältnis unbeteiligten Dritten handele, nicht aber um den eigentlichen Steuerschuldner. Unabhängig davon sei die Erstattungsregelung auch schon deshalb nichtig, weil die Beklagte in der Praxis nicht feststellen könne, ob die Abgabe auch voll umfänglich auf den Beherbergungsgast "überwälzt" worden sei und nicht etwa nur kalkulatorisch in das Beherbergungsentgelt eingeflossen sei. Die vorzunehmende Datenerhebung zur Differenzierung zwischen beruflich und privat veranlassten Übernachtungen begegne durchgreifenden datenschutzrechtlichen Bedenken. Die von der Beklagten praktizierte Besteuerung ausschließlich privat veranlasster Übernachtungen sei wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig. Zwar sei im Steuerrecht eine Typisierung zulässig. Die Beherbergungsabgabesatzung lasse jedoch nur in Ausnahmefällen überhaupt eine Besteuerung zu. Zudem stelle sich die Frage nach der Überwälzbarkeit der Abgaben.
44Die Gleichheit der Besteuerung werde durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens schon prinzipiell verfehlt. Der Beklagten stünde keine effektive Instrumentation zur Verfügung, die geforderten Erklärungen zum Aufenthaltszweck systematisch und umfassend auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.
45Die eine lediglich privat veranlasste Übernachtung besteuernde Satzungsregelung sei unwirksam, solange der Steuerschuldner seinerseits keine Möglichkeit habe, den die Abgabe begründeten Tatbestand selbst verbindlich festzustellen. Daher sei entscheidend allein das "Wie" der Besteuerung mit der Folge, dass es darum gehe, ob dem Beherbergungsbetrieb ein Auskunftsrecht gegenüber dem Gast zustehe und ob ihm dessen Verhalten zuzurechnen sei. Die Erhebung der Beherbergungsabgabe als indirekte Steuer führe zu nicht überwindbaren Problemen bei der Umsetzung in der täglichen Besteuerungspraxis. Auch ein Vergleich mit der Problematik der Umsatzsteuererhebung beim Verkauf von Speisen und Getränken betreffend die Höhe des Steuersatzes helfe nicht weiter. Dabei gehe es nicht um die hier entscheidende Frage des "Ob" der Besteuerung. Zudem sei auch insoweit der unverhältnismäßige Mitwirkungsbeitrag des Steuerschuldners zu beachten, der auf Seiten des Beherbergungsbetriebes erhebliche Aufklärungsbemühungen sowohl in zeitlicher als auch in personeller Hinsicht erfordere. Dies gelte unabhängig davon, ob ein direkter fernmündlicher oder schriftlicher Kontakt bei der Buchung bestehe oder die Buchung via Internet erfolge. Insbesondere in den Reservierungsportalen könne nur ein Preis je Zimmerkategorie angeboten werden. Nichts anderes gelte im Ergebnis im Hinblick auf Vergleiche mit Vergnügungs-, Hunde- oder Zweitwohnungssteuern. Bei der Nutzung von Spielgeräten stelle sich die Frage nach der Veranlassung des Aufwandes nicht. Bei Hunde- und Zweitwohnungssteuern handele es sich bereits um direkte Steuern.
46Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
47Entscheidungsgründe:
48Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid zu Recht aufgehoben, weil er rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑). Die Beherbergungsabgabesatzung ist nämlich nichtig und damit keine wirksame Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid.
49Unbedenklich ist allerdings, dass durch die Satzung eine Steuer als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG auf entgeltliche private Übernachtungen erhoben wird.
50Zur Steuerbarkeit dieses Steuergegenstands vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 CN 1/11 ‑, BVerwGE 143, 301 Rn. 12 ff.; Urteil des Senats vom 23.1.2013 ‑ 14 A 1860/11 ‑, NRWE Rn. 57 ff.; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 KN 1/12 ‑, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 85 ff.
51Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerin greifen nicht durch, insbesondere lässt sich aus den Regelungen des Datenschutzgesetzes Nordrhein Westfalen ‑ DSG NRW ‑ nichts zugunsten der Klägerin herleiten. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 DSG NRW gilt dieses Gesetz für öffentliche Stellen, namentlich für die Behörden, Einrichtungen und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie für die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen. Dazu zählt die Klägerin nicht.
52Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 KN 1/12 ‑, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 106 ff.; Beschluss vom 15.2.2012 ‑ 4 MR 1/12 -, NVwZ 2012, 771 (774).
53Auch die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes ‑ DSG ‑ stehen der Einholung und Weitergabe solcher Erklärungen nicht entgegen.
54Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.2.2012 ‑ 4 MR 1/12 -, NVwZ 2012, 771 (774).
55Als nicht öffentliche Stellen sind für die Klägerin gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes maßgeblich. Nach § 4 Abs. 1 BDSG dürfen auch nicht öffentliche Stellen Daten nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Andere Rechtsvorschriften sind u. a. das Landesrecht wie auch kommunales Recht. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 BAS ist der Beherbergungsunternehmer verpflichtet, die Bescheinigung mit der Abgabenerklärung (§ 7 BAS) einzureichen. Die Zulässigkeit der Weitergabe ergibt sich schließlich auch aus § 15 Abs. 1 BDSG.
56Die besonderen Regelungen über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags in § 11 Abs. 5 und 6 KAG stehen der Beherbergungsabgabe nicht entgegen. Dies würde unter dem Auslegungsgesichtspunkt des Vorrangs der speziellen Norm vor der allgemeinen Norm voraussetzen, dass die Beherbergungsabgabe den Regelungsgehalt eines Fremdenverkehrsbeitrags hätte. Das ist nicht der Fall. Die Beherbergungsabgabe wird als Steuer gegenleistungslos zur Einnahmebeschaffung erhoben, während der Fremdenverkehrsbeitrag als Vorzugslast der Deckung der in § 11 Abs. 5 Satz 1 KAG genannten vorteilhaften gemeindlichen Fremdenverkehrsaufwendungen dient. Diese Unterschiede in Ziel und Rechtfertigung der Abgaben schließen es aus, der Regelung des Fremdenverkehrsbeitrags eine die Erhebung einer Beherbergungsabgabe ausschließende Wirkung zuzumessen.
57Die Erhebung der Beherbergungsabgabe ist nicht deshalb unzulässig, weil sie der Umsatzsteuer (hier in Form der Mehrwertsteuer) gleichartig wäre. Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Der genaue Inhalt dieses Gleichartigkeitsverbots, das im Rahmen des Finanzreformgesetzes 1969 auf Druck des Bundesrates in das Grundgesetz aufgenommen wurde,
58vgl. Entwurf eines Finanzreformgesetzes, BT-Drs. V/2861, S. 7, Stellungnahme des Bundesrates dazu S. 86 f. und Gegenäußerung der Bundesregierung S. 94 f.; Beschluss des Vermittlungsausschusses, BT-Drs. V/3896, S. 4, und Beschluss des Vermittlungsausschusses BT-Drs. V/4105, S. 4,
59ist vom Bundesverfassungsgericht noch nicht präzisiert worden. Jedenfalls besteht die Funktion der Vorschrift darin, im Rahmen der Zuweisung der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz für örtliche Aufwand- und Verbrauchsteuern an die Länder zu verhindern, dass auf diesem Gesetzgebungsweg eine bundesrechtliche Aufwand- oder Verbrauchsteuer auf örtlicher Ebene erhoben wird.
60Vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 CN 1.11 ‑, BVerwGE 143, 301 Rn. 22 ff.; s. dazu, dass dem Gesetzgeber die Einführung einer Gemeindeumsatzsteuer als verschlossener Bereich vorschwebte, Berichterstatter Reischl im Bundestag, BT-PlenProt. der 222. Sitzung vom 20.3.1969, S. 12058 B, C, und Berichterstatter Dr. Heinsen im Bundesrat, BR-PlenProt. der 338. Sitzung vom 9.5.1969, S. 109 B, C.
61Es darf also nicht eine bereits existierende Bundessteuer im Gewand einer örtlichen Aufwand- oder Verbrauchsteuer erhoben werden. Deshalb bedarf es eines wertenden Gesamtvergleichs der zu vergleichenden Steuern.
62BVerwG, Urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 CN 1.11 ‑, BVerwGE 143, 301 Rn. 25; Vogel/Walter, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Loseblattsammlung (Stand: Juli 2013), Art. 105 Rn. 124b.
63In diesem Rahmen kann festgestellt werden, dass die hier in Rede stehende Abgabe in vielen Punkten der Umsatzsteuer nahesteht (Anknüpfung an einen entgeltlichen Leistungsaustausch, wegen intendierter Abwälzung wirtschaftlich tendenziell Preisanhebungswirkung, Orientierung proportional zum Entgelt, keine zeitliche oder zahlenmäßige Begrenzung der Besteuerungsfälle, Loslösung des Kreises der Steuerträger von persönlichen Eigenschaften mit Ausnahme des mit der Übernachtung verfolgten Zwecks, Annäherung in der Höhe zur hier siebenprozentigen Umsatzsteuer). Dennoch ist die Beherbergungsabgabe keine in das Gewand einer örtlichen Aufwandsteuer gekleidete Umsatzsteuer, weil ihr deren entscheidendes Kriterium fehlt. Diese ist nämlich prinzipiell auf die Besteuerung jedweden Leistungsaustauschs gerichtet. Erst die Losgelöstheit der Umsatzsteuer von der Art der Lieferung oder sonstigen Leistung macht ihr Wesen als allgemeine Verbrauchsteuer gegenüber den speziellen Aufwand- und Verbrauchsteuern aus.
64Zur Umsatzsteuer als allgemeiner indirekter Verbrauchsteuer s. Englisch in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 17 Rn. 10 ff.
65Im Gegensatz zur Umsatzsteuer erfasst die Beherbergungsabgabe ausschließlich die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung.
66Bei einer solchen Auslegung wird das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG, bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartige örtliche Aufwand- und Verbrauchsteuern zu schaffen, zwar für die Umsatzsteuer praktisch funktionslos, da die Schaffung einer jedweden örtlichen Aufwand- und Verbrauch erfassenden Gemeindeumsatzsteuer eher theoretischer Natur ist. Ihre volle Wirkung entfaltet das Gleichartigkeitsverbot aber für alle speziellen bundesrechtlich geregelten Aufwand- und Verbrauchsteuern. So kann etwa das Halten eines Kraftfahrzeugs im Gemeindegebiet wegen des Kraftfahrzeugsteuergesetzes nicht erneut besteuert werden. Gleiches gilt für die Besteuerung des Verbrauchs bestimmter Güter im Gemeindegebiet, die bereits bundesrechtlich speziell besteuert werden (Tabakwaren nach dem Tabaksteuergesetz, Strom nach dem Stromsteuergesetz, Energie nach dem Energiesteuergesetz, Schaumwein nach dem Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz, Branntwein nach dem Gesetz über das Branntweinmonopol, Bier nach dem Biersteuergesetz).
67Die Beherbergungsabgabe verstößt auch nicht gegen das europarechtliche Gleichartigkeitsverbot. Nach Art. 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) hindert diese Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist. Die Beherbergungsabgabe hat in diesem Sinne nicht den Charakter einer Umsatzsteuer.
68Nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union soll mit der Vorschrift verhindert werden, dass das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belastet. Als solche Maßnahmen sind Steuern, Abgaben und Gebühren anzusehen, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen Einzelheiten gleichen. Dabei handelt es sich um folgende Merkmale: Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte, sie ist, unabhängig von der Anzahl der getätigten Geschäfte, proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen, sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebes erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, d. h., die bei einem Geschäft fällige Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist.
69Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29.4.2004 C-308/01 ‑, Slg. 2004, I-4802, Rn. 33; Urteil vom 9.3.2000 C-437/97 -, Slg. 2000, I-1189, Rn. 22.
70Ebenso wie beim verfassungsrechtlichen Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG ist also auch europarechtlich die Allgemeinheit ein Wesensmerkmal der Umsatzsteuer. Das gilt selbst dann, wenn man in Übereinstimmung mit Kritik aus Rechtsprechung und Literatur,
71vgl. Nds. FG, Urteil vom 26.8.2011 ‑ 7 K 192/09 u. a. ‑, juris Rn. 60 ff. m. w. N.,
72nicht alle der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genannten Merkmale als konstituierend für die Umsatzsteuer ansieht. Das Merkmal allgemeiner, sich grundsätzlich auf alle Gegenstände und Dienstleistungen gleich welcher Art erstreckender Geltung ist jedenfalls ein konstituierendes und damit erforderliches Merkmal, um einer Steuer den Charakter einer Umsatzsteuer zu verleihen.
73Vgl. Schlussantrag der Generalanwältin vom 5.9.2013 in der Rechtssache C-385/12, Rn. 112, http://curia.europa.eu/.
74Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung bestehen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit der Abgabenlast für den Steuerpflichtigen. Richtig ist allerdings, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, dass für alle Abgaben der abgabenbegründende Tatbestand so bestimmt sein muss, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallenden Abgaben ‑ in gewissem Umfang ‑ vorausberechnen kann.
75Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.7.2003 ‑ 2 BvL 1/99 ‑, NVwZ 2003, 1241 (1247); BVerwG, Urteil vom 27.6.2012 ‑ 9 C 7/11 ‑, NVwZ 2012, 1413 (1415).
76Bei der Forderung der Vorhersehbarkeit der Abgabenlast geht es somit um die hinreichenden Bestimmtheit einer Abgabennorm, um ein Mindestmaß an Orientierungssicherheit, nicht aber um arithmetische Berechenbarkeit.
77Vgl. Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 3, Rn. 246,
78Unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit einer Norm,
79zu dem dazu anzulegenden Maßstab vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.11.2006 ‑ 2 BvR 578, 796/02 ‑, BVerfGE 117, 71 (111),
80gibt es gegen den Tatbestand des § 2 Abs. 1 erster Halbsatz BAS, wonach Gegenstand der Beherbergungsabgabe der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb ist, nichts zu erinnern. Insbesondere ist das Tatbestandsmerkmal "privat" bestimmt genug, um nicht steuerbare beruflich bedingte Übernachtungen aus dem Steuergegenstand auszuscheiden. Es handelt sich um ein steuerrechtlich gängiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Einkommensverwendung bei der privaten Lebensführung und Einkommensverwendung zur Einkommenserzielung nach dem Kriterium der Veranlassung,
81vgl. BFH, Beschluss vom 28.11.1977 ‑ GrS 2 und 3/77 ‑, BFHE 124, 43 (50); zum Problem gemischter Veranlassung s. Beschluss vom 21.9.2009 ‑ GrS 1/06 ‑, BStBl. 2010, 672,
82wie es etwa auch bei der einkommensteuerrechtlichen Ausscheidung von Betriebsausgaben und Werbungskosten aus den zu versteuernden Einkünften (§§ 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ‑ EStG ‑) maßgeblich ist, ohne dass dort eine unter Bestimmtheitsgesichtspunkten präzisere normative Abgrenzung erfolgt. Der vom Verwaltungsgericht als hier entscheidend angesehene Umstand, dass der Unternehmer keine Kenntnis davon hat, ob eine private oder eine beruflich veranlasste Übernachtung vorliegt, ist kein Problem der Bestimmtheit der Norm, sondern wirft die ‑ später zu erörternde ‑ Frage auf, ob er zum Steuerschuldner bestimmt werden darf.
83Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sieht der Senat auch keine Verletzung des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung durch die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS, der bestimmt, dass eine private Übernachtung nicht vorliegt, wenn der Beherbergungsgast dies eindeutig durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachweist.
84In der Tat wäre die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS rechtswidrig, wenn sie dem Steuerschuldner eine Beweisführungslast in der Form auferlegen würde, dass auch bei Kenntnis der Beklagten von der beruflichen Veranlassung der Übernachtung ohne den Nachweis die Steuer entstehen soll oder die Beklagte sich aufdrängende Aufklärungsmaßnahmen nicht zu ergreifen hätte.
85Zur Unzulässigkeit einer formellen Beweislastregelung unter Geltung des Untersuchungsgrundsatzes vgl. Wünsch in: Palke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 88 Rn. 27; Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 24 Rn. 54; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 24 Rn. 40.
86Denn nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. § 88 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Gemeinde den Sachverhalt grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln.
87Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS beinhaltet jedoch keine solche Beweisführungslast. Der Wortlaut besagt nicht, dass immer dann eine private Übernachtung vorliegt, wenn keine eindeutige Arbeitgeberbescheinigung vorliegt. Die Arbeitgeberbescheinigung ist lediglich ein satzungsrechtlich hervorgehobenes geeignetes Beweismittel zur Ermittlung des Sachverhalts. Die Vorschrift kann gesetzeskonform in Übereinstimmung mit dem Untersuchungsgrundsatz dahin verstanden werden, dass auch dann die Steuer (noch) nicht erhoben wird, wenn der berufliche Charakter der Übernachtung bekannt ist oder sich weitere Aufklärungsmaßnahmen für die Beklagte aufdrängen. Dem entspricht offensichtlich auch die Verwaltungspraxis der Beklagten. So sieht der von ihr aufgestellte "Handlungsrahmen Beherbergungsabgabe" andere Beweismittel als nur die Arbeitgeberbescheinigung vor, wie etwa die Rechnungsübernahme durch den Arbeitgeber.
88Aus der so verstandenen Auslegung der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS folgt gleichzeitig, dass sie keine Beweisführungslast begründet.
89Vgl. dazu, dass eine untergesetzliche Vorschrift, die dem Steuerpflichtigen sogar bestimmte Nachweise auferlegt, wegen des gesetzlichen Untersuchungsgrundsatzes nicht als formelle Beweislastregelung verstanden werden darf: BFH, Urteil vom 15.10.1976 - VI R 21/76 -, BFHE 120, 229 (232).
90Sie beinhaltet aber auch keine unzulässige materielle Beweislastregelung. Der Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS lässt sich allerdings die Auffassung des Satzungsgebers entnehmen, dass dann, wenn weder positive Kenntnis der Beklagten vom beruflich bedingten Charakter der Übernachtung vorliegt noch weitere Aufklärungsmaßnahmen sich aufdrängen, ohne einen Nachweis der beruflichen Veranlassung ein privater Charakter der Übernachtung und damit ihre Steuerbarkeit anzunehmen ist. Daher mag die Vorschrift eine materielle Beweislastregelung enthalten. Eine solche wäre jedoch zulässig.
91Die materielle Beweislast gehört nicht dem Verfahrens-, sondern dem materiellen Recht an,
92vgl. Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 24 Rn. 55; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 24 Rn. 41; Söhn in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO/FGO, Loseblattsammlung (Stand August 2013), § 88 AO, Rn. 360,
93hier also dem Aufwandsteuerrecht, zu dessen Regelung und damit auch zur Regelung der materiellen Beweislast die Beklagte befugt ist. Die verfassungsrechtliche Grenze der Regelungsbefugnis bildet insoweit der rechtsstaatliche Grundsatz eines fairen Verfahrens.
94Vgl. BVerfG, Urteil vom 13.2.2007 ‑ 1 BvR 421/05 ‑ BVerfGE 117, 202 (240); Beschluss vom 25.7.1979 ‑ 2 BvR 878/74 ‑, BVerfGE 52, 131 (144 f.); zum rechtsstaatlichen Grundsatz eines fairen Verwaltungsverfahrens vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.8.2000 ‑ 11 B 30.00 ‑, NVwZ 2001, 94 (95); Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 20 Rn. 31a.
95Gegen diesen Grundsatz verstößt § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS nicht, sollte in ihm eine materielle Beweislastregelung enthalten sein.
96Grundsätzlich trägt nach der Rosenbergschen Normbegünstigungstheorie der Steuergläubiger für steuerbegründende und -erhöhende Tatsachen und der Steuerschuldner für steuerentlastende oder -mindernde Tatsachen die Beweislast. Es kann aber durchaus sachgerecht sein, im Rahmen der sogenannten sphärenorientierten Beweisrisikoverteilung unter Berücksichtigung von Mitwirkungspflichten,
97vgl. Seer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 22 Rn. 190 f.,
98eine Verteilung unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Beweisführung vorzunehmen.
99Vgl. Heßhaus in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 24 Rn. 17.1; allgemein zu den verschiedenen Gesichtspunkten der Ergänzung des Normbegünstigungsprinzips Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG , 7. Aufl., § 24 Rn. 55.
100Hier regelt die Beherbergungsabgabensatzung allgemeine Mitwirkungs- und Auskunftsobliegenheiten des Beherbergungsgastes und mittelbar des Arbeitgebers (§12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. §§ 90 Abs. 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO) zur Ermittlung des steuerrechtlich relevanten Sachverhalts. Dies ist sachgerecht, da die Kenntnis vom beruflichen oder privaten Charakter der Übernachtung allein bei den genannten Personen liegt. Auch hier bezieht sich der vom Verwaltungsgericht herangezogene Umstand diesbezüglich fehlender Kenntnis des Beherbergungsunternehmers nicht auf die Zulässigkeit der materiellen Beweislastnorm, sondern auf die Frage richtiger Auswahl des Steuerschuldners.
101Schließlich ist die Beherbergungsabgabesatzung auch nicht aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits wegen der Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nichtig.
102Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre Komponenten zum einen die Gleichheit der normativen Steuerpflicht, aber andererseits ebenso die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz ‑ und damit auch die hier in Rede stehende Beherbergungsabgabesatzung ‑ in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet.
103Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (Leitsatz 1).
104Die steuerliche Lastengleichheit fordert mithin, dass das materielle Steuergesetz die Gewähr seiner regelmäßigen Durchsetzbarkeit soweit wie möglich in sich selbst trägt. Der Normgeber hat demgemäß die Besteuerungstatbestände und die ihnen entsprechenden Erhebungsregelungen aufeinander abzustimmen. Führen Erhebungsregelungen dazu, dass ein gleichmäßiger Belastungserfolg prinzipiell verfehlt wird, kann die materielle Steuernorm nicht mehr gewährleisten, dass die Steuerpflichtigen nach Maßgabe gleicher Lastenzuteilung belastet wären; sie wäre dann gerade umgekehrt Anknüpfungspunkt für eine gleichheitswidrige Lastenverteilung.
105Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (271 f.); BVerwG, Urteil vom 23.2.2011 - 6 C 22.10 -, BVerwGE 139, 42 Rn. 67.
106Regelungen, die die Durchsetzung des Steueranspruchs sichern und Steuerverkürzungen verhindern sollen, müssen auf die Eigenart des konkreten Lebensbereichs und des jeweiligen Steuertatbestands ausgerichtet werden. Wird eine Steuer nicht an der Quelle erhoben, hängt ihre Festsetzung vielmehr von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muss die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.
107Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (273).
108Verfassungsrechtlich verboten ist der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelung. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts.
109Vgl. BVerfG, Urteil vom 9.3.2004 ‑ 2 BvL 1702 ‑, BVerfGE 110, 94 (Leitsatz 2).
110Vorliegend hängt die Steuerbelastung des Steuerschuldners und damit infolge der Möglichkeit einer Abwälzung mittelbar auch des Steuerträgers allein von freiwillig offenbarten Informationen ab, da die Beklagte über den steuerbegründenden privaten Charakter der jeweiligen Übernachtung in aller Regel keine eigenen Erkenntnisse hat. Daraus folgt zwar, dass es eines normativen Umfelds bedarf, das die Gleichheit der Belastung hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges sichert. Das ist aber der Fall.
111Eine beachtliche Gewähr für den gleichheitsgerechten Erfolg bietet bereits der Umstand, dass hier nur das Handeln des Beherbergungsgastes durch Vorlage entsprechender Nachweise zur Steuerfreiheit für beruflich bedingte Übernachtungen führt. Damit unterscheidet sich die vorliegende Konstellation von Besteuerungsverfahren, in denen das Unterlassen einer Handlung die faktische Steuerfreiheit nach sich zieht.
112Vgl. zur Erklärung privater Zinserträge: BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (275); zur Offenbarung von Spekulationsgewinnen: BVerfG, Urteil vom 9.3.2004 ‑ 2 BvL 17/02 ‑, BVerfGE 110, 94 (119).
113Damit bleibt im Hinblick auf die Frage nach einem strukturellen Vollzugsdefizit vor allem, wie auch vom Verwaltungsgericht ausgeführt, die Gefahr wahrheitswidriger Erklärungen durch Gefälligkeitsbescheinigungen oder Eigenbescheinigungen Selbständiger.
114Diese durchaus nicht auszuschließende Gefahr führt jedoch nicht zu einem strukturellen Vollzugsdefizit. Für die Richtigkeit ausgestellter Bescheinigungen spricht schon die Strafbewehrtheit der Ausstellung einer unrichtigen oder unvollständigen Bescheinigung (§ 17 Abs. 1 KAG ‑ Abgabenhinterziehung ‑) und die Bußgeldbewehrtheit bloßer Abgabengefährdung (§ 20 Abs. 2 KAG) angesichts nur geringfügiger Ersparnis durch unberechtigte Steuerfreiheit.
115Denkbar ist auch eine Fehlannahme der beruflichen Veranlassung, wenn sie aus wenig sicheren Indizien gefolgert wird, etwa bei bloßer Angabe des Arbeitgebers in der Rechnungsanschrift, wenn die Rechnung aber vom Beherbergungsgast persönlich beglichen wird. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Beklagte über ausreichende Kenntnisse vom Wirtschaftsraum Dortmund verfügt, um in etwa das Verhältnis zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen bei einzelnen Kategorien von Beherbergungsunternehmen abschätzen zu können. Damit ist eine Fehleinschätzung in einem hier erheblichen Umfang unwahrscheinlich. Dass die vollständige Erfassung aller Steuerfälle verfehlt wird, kann unterstellt werden. Kritikwürdige Vollzugsdefizite gibt es viele, entscheidend ist jedoch, wann diese die Qualität eines strukturellen Vollzugsdefizits erreichen mit der Folge der Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden materiellen Norm.
116Vgl. Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 3 Rn. 115.
117Das ist erst der Fall, wenn die gleichmäßige Erfassung nicht mehr prinzipiell gewährleistet ist. Davon kann hier keine Rede sein, auch wenn Verbesserungen im Vollzug der Beherbergungsabgabe möglich sind.
118Dem Beherbergungsunternehmer wird auch kein unverhältnismäßiger Organisationsaufwand abverlangt, der ihn in seiner Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG in verfassungswidriger Weise verletzen würde.
119Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2013 - 4 KN 1/12 -, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 108.
120Die Unterscheidung zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen ist ohne unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge des Steuerpflichtigen durch die Beklagte geregelt. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS erfolgt der Nachweis der berufsbedingten Übernachtung regelmäßig durch die Vorlage der entsprechenden Arbeitgeberbescheinigung. Nach Nummer 1 des von der Beklagten aufgestellten "Handlungsrahmens Beherbergungsabgabe" bestehen weitere Möglichkeiten eines Nachweises. Die Einholung entsprechender Erklärungen der Übernachtungsgäste im Rahmen der Anmeldung oder während des Aufenthalts ist dem Beherbergungsunternehmer zuzumuten, der ohnehin wegen der Abwicklung des Beherbergungsvertrags und der mit ihm verbundenen melderechtlichen Verpflichtungen (vgl. § 26 des Meldegesetzes NRW ‑ MG NRW ‑) den Beherbergungsgast zu befragen hat. Der von Klägerseite problematisierte Beratungsaufwand hält sich bei möglicher schriftlicher Aufklärung der Gäste in Grenzen, zumal er sich reduzieren wird, wenn die Beherbergungsabgabe hinreichend verbreitet ist. Der durch die Verpflichtung zur Abgabenerklärung gemäß § 7 Abs. 1 BAS entstehende zusätzliche Organisationsaufwand, der lediglich einmal im Kalendervierteljahr anfällt, führt nicht zu einer Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Nach den überzeugenden Bekundungen der in der mündlichen Verhandlung informatorisch vernommenen Empfangschefin eines Hotels ist die Zusammenstellung des zu besteuernden Aufwands mittels elektronischer Datenverarbeitung kein Problem mehr, wenn erst die Erfassung der Übernachtung als privat oder beruflich veranlasst erfolgt ist.
121Die Satzung ist jedoch nichtig, weil sie in § 5 rechtswidrig den Betreiber des Beherbergungsbetriebs zum Steuerschuldner bestimmt. Allerdings schreibt § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG vor, dass die Satzung den Kreis der Abgabeschuldner angeben muss. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 43 Satz 1 AO bestimmt die Satzung, wer Steuerschuldner ist. Dem Satzungsgeber wird damit ein Spielraum eröffnet. Allerdings ist er begrenzt: Der Satzungsgeber ist an die Grundentscheidungen des Kommunalabgabengesetzes gebunden, insbesondere daran, dass es für das Entstehen der Abgabeschuld an einen Abgabetatbestand anknüpft.
122Vgl. Holtbrügge in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblattsammlung (Stand: September 2013), § 2 Rn. 52; Lenz in: Hamacher u. a., KAG NRW, Loseblattsammlung (Stand: März 2013), § 2 Rn. 50 f.
123Das gilt auch für die Steuer. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Daher muss die Satzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG den die Abgabe begründenden Tatbestand angeben. Diese Grundentscheidung des Kommunalabgabengesetzes, das Entstehen der Steuerschuld an die Verwirklichung eines Steuertatbestands zu knüpfen, begrenzt den Kreis der in der Satzung zu bestimmenden möglichen Steuerschuldner. Nur wem die Erfüllung des Steuertatbestands zugerechnet werden kann, darf zum Steuerschuldner bestimmt werden. Daher ist es zumindest erforderlich, dass der Steuerschuldner in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet.
124Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.4.2012 ‑ 14 B 1520/11 ‑, NRWE Rn. 32 f.; ähnlich schon Urteil vom 2.10.1957 ‑ III A 1779/56 ‑, KStZ 1957, 271 (272), zur Zulässigkeit der Haftung der verpachtenden Brauerei für die Schankerlaubnissteuerschuld des Gastwirts; dazu BVerwG, Urteil vom 14.8.1959 ‑ VII CB 231.57 ‑, KStZ 1959, 228 (229); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2011 ‑ 2 S 196/10 ‑, KStZ 2011, 231 (235); ähnlich bereits RVerwG, Entscheidung vom 24.2.1942 ‑ VIII C 18/41 ‑, RVBl. 1943, 74 (75).
125Steuergegenstand ist das Steuergut mit dem Inhalt und Umfang der Tatbestandsverwirklichung. Das ist hier gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BAS der Aufwand des Beherbergungsgastes, um die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung zu erlangen.
126Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.8.2012 ‑ 14 A 1532/12 ‑, NRWE Rn. 10 f.
127Zu diesem Steuergegenstand steht der Betreiber des Beherbergungsbetriebs nur zum Teil in einer besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung, nur zum Teil leistet er einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung dieses Tatbestands.
128Zugerechnet werden können ihm die Tatbestandselemente der Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung und der dafür vom Beherbergungsgast betriebene Konsumaufwand. Der Unternehmer bietet nämlich die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung gegen einen bestimmten, vom Beherbergungsgast aufzuwendenden Preis auf dem Markt an. Das ist jedoch nur ein Teil des steuerbegründenden Tatbestands. Zum weiteren Tatbestandsmerkmal des privaten Charakters der Übernachtung steht der Unternehmer in keinerlei Beziehung, zu der Verwirklichung dieses Elements leistet er keinerlei Beitrag.
129Derjenige, dem dieses steuerbegründende Merkmal zugerechnet werden kann, ist vielmehr der Beherbergungsgast, der über den Zweck der Beherbergung entscheidet. Der Unternehmer weiß im Regelfall noch nicht einmal, ob dieses Tatbestandselement vorliegt. Diese nur gelockerte Beziehung des Beherbergungsunternehmers zum Steuergegenstand schließt es aus, ihn zum Steuerschuldner zu bestimmen. Es hätte einerseits zur Folge, dass in der Person des Unternehmers eine Steuerschuld entsteht, wenn eine steuerfreie beruflich bedingte Übernachtung glaubhaft ist, jedoch in Wirklichkeit eine private Übernachtung vorliegt, und andererseits, dass der Unternehmer für ihn unvermeidlich zu einer Steuer herangezogen wird, obwohl keine Steuerschuld entstanden ist, wenn der Beherbergungsgast aus welchen Gründen auch immer die berufliche Veranlassung der Übernachtung nicht offenlegt.
130Dem Umstand, dass das steuerbegründende Merkmal des privaten Charakters der Übernachtung dem Unternehmer nicht zugerechnet werden kann, kann nicht entgegengehalten werden, dass er sich wirtschaftlich schadlos halten kann und nach der Konzeption auch soll, indem er die in seiner Person entstandene Steuer auf den Beherbergungsgast abwälzt.
131So aber wohl OVG S-H, Urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 KN 1/12 ‑, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 89.
132Das ist schon tatsächlich in der Konstellation nicht möglich, dass für den Unternehmer glaubhaft, jedoch fälschlich eine steuerfreie beruflich bedingte Übernachtung vorzuliegen scheint. Die These ist aber grundsätzlich verfehlt. Die Abwälzbarkeit ist ein begrifflich notwendiges Merkmal jedweder indirekten Aufwandsteuer, denn besteuertes Steuergut ist der Konsumaufwand, der in der Person des Steuerschuldners bei einer indirekten Steuer nicht anfällt. Die Abwälzbarkeit ist jedoch kein hinreichendes Merkmal dafür, jeden unabhängig von seiner Beziehung zum Steuertatbestand zum Steuerschuldner bestimmen zu dürfen, der die Steuer abwälzen kann. Die genannte Auffassung verkennt, dass das Kommunalabgabengesetz schon das Entstehen einer Steuerschuld in der Person des Steuerschuldners als rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Rechtssphäre des Steuerschuldners wertet, unabhängig von der Frage, wen die Steuer letztlich wirtschaftlich trifft. Diese Rechtfertigung liegt darin, dass dem Steuerschuldner die Verwirklichung des Steuertatbestands zugerechnet werden kann, nicht darin, dass er die wirtschaftlichen Folgen der Steuer abwälzen kann.
133Die oben dargelegte Nähe des Unternehmers zum Steuergegenstand jenseits des privaten Charakters der Übernachtung rechtfertigt es lediglich, ihn zum Steuerentrichtungspflichtigen zu bestimmen. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 43 Satz 2 AO bestimmt die Satzung auch, ob ein Dritter die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat. In diesem Fall entsteht die Steuer in der Person eines Dritten, nämlich des mit dem Steuerentrichtungspflichtigen nicht identischen Steuerschuldners. Der Steuergläubiger bedient sich des Steuerentrichtungspflichtigen allein dazu, die Steuer beim Steuerschuldner einzuziehen und an den Steuergläubiger abzuführen. Auch eine solche Steuerpflicht bedarf der Rechtfertigung. Diese kann in der Nähe des Steuerentrichtungspflichtigen zum Steuergegenstand und zum Steuerschuldner liegen. Die Beziehung des Steuerentrichtungspflichtigen zum Steuergegenstand und Steuerschuldner muss nicht eine die Steuerschuldnerschaft rechtfertigenden Dichte aufweisen, sondern lediglich die Zumutbarkeit der aus der Steuerentrichtungspflicht entspringenden Steuerpflichten begründen.
134Das Kommunalabgabengesetz selbst enthält vergleichbare Regelungen für eine besondere Abgabe, nämlich den Kurbeitrag.
135Ein bundesrechtliches Beispiel ist die Versicherungssteuer, deren Schuldner der Versicherungsnehmer ist, während der Versicherer die Steuer zu entrichten hat, vgl. § 7 Abs. 1 und 2 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG).
136Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 KAG ist abgabepflichtig derjenige, der in dem Kurort Unterkunft nimmt. Als Abgabeentrichtungspflichtiger kann der bestimmt werden, der Personen zu Heil- oder Kurzwecken beherbergt oder als Grundeigentümer Unterkunftsmöglichkeiten gewährt (§ 11 Abs. 3 KAG). Ihn trifft nur die Pflicht, die Abgabepflichtigen zu melden, die Abgabe einzuziehen und an den Abgabegläubiger abzuliefern.
137Bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Beherbergungsabgabe stellt sich die Frage der Abwälzbarkeit nicht, da es um eine direkte Aufwandsteuer geht. Im Falle unrichtiger Annahme einer steuerfreien beruflich bedingten Übernachtung entsteht die Steuer zu Recht in der Person des Beherbergungsgastes, nicht des steuerentrichtungspflichtigen Unternehmers, der nur für die korrekte Erfüllung seiner - in der Satzung, nicht in einem "Handlungsrahmen" präzise festzulegenden - zumutbaren Pflichten verantwortlich ist. Wird vom Beherbergungsgast zu Unrecht eine Steuer eingezogen, weil er den beruflich bedingten Charakter der Übernachtung nicht hinreichend offenbart, ist das unbedenklich, da dies auf der Verletzung seiner Mitwirkungs- und Auskunftspflichten beruht (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. § 90 Abs. 1, 93 AO). Erstattungsansprüche wegen einer zu Unrecht erhobenen Steuer stehen ihm zu (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO), nicht ‑ wie es in § 2 Abs. 3 Satz 4 BAS geregelt ist ‑ seinem Arbeitgeber.
138Vgl. zu einer ähnlichen Regelung bei Steuerschuldnerschaft des Unternehmers OVG NRW, Urteil vom 23.1.2013 - 14 A 1860/11 ‑, NRWE Rn. 100 ff.; dazu BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2013 - 9 B 16.13 ‑, juris Rn. 3.
139Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
140Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.
141Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen. Entscheidungstragend ist die Reichweite der landesrechtlichen Ermächtigung des Satzungsgebers, den Steuerschuldner zu bestimmen.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:
- 1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine); - 2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes); - 3.
die Bodenverteilung; - 4.
die Raumordnung; - 5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen); - 6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse; - 7.
die Grundsteuer.
(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetze ausdrücklich ermächtigt werden.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 59.133,65 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht vorliegen oder bereits nicht hinreichend dargelegt im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind.
3Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen aus den in der Antragsbegründung aufgeführten Gründen nicht. Kein tragender Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils ist mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden.
4Solche Zweifel bestehen nicht, weil ‑ wie die Klägerin meint ‑ die Steuererhebung bereits formell verfassungswidrig wäre, weil sie nicht durch die Steuerkompetenz des Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG) gedeckt wäre. Danach haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Die Befugnis ist hier durch § 3 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) an die Gemeinden weitergeleitet. Aufwandsteuern belasten die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit desjenigen, der die Steuer tragen soll. In dieser Absicht des Normgebers liegt das wesentliche Merkmal des Begriffs der Aufwandsteuer.
5Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 ‑ 1 BvL 8/05 ‑, BVerfGE 123, 1 (15).
6Die hier erhobene Spielgerätesteuer ist nach diesen Maßstäben den Aufwandsteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG zuzuordnen, da sie die Leistungsfähigkeit des Spielers erfassen soll, der sich an dem Gerät vergnügt. Das wird durch die mögliche Existenz auch eines Lenkungszwecks der Steuer zur Reduzierung der vorhandenen Spielhallen nicht in Frage gestellt. Eine steuerrechtliche Regelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, setzt keine zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretende Sachkompetenz voraus. Das Grundgesetz trennt die Steuer- und die Sachgesetzgebungskompetenz als jeweils eigenständige Regelungsbereiche und verweist auch die Lenkungsteuer wegen ihres verbleibenden Finanzierungszwecks und der ausschließlichen Verbindlichkeit ihrer Steuerrechtsfolgen in die Zuständigkeit des Steuergesetzgebers. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungsteuern zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein.
7Vgl. BVerfG, Urteil vom 7.5.1998 ‑ 2 BvR 1991, 2004/95 ‑, BVerfGE 98, 106 (118).
8Ob die Beklagte sich mit dem Erlass der Steuersatzung im Rahmen der Kompetenzgrundlage aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG hält, hängt allein vom Charakter der geschaffenen Steuer ab. Dieser wird zwar auch durch den vom Normgeber gewählten Steuermaßstab mitbestimmt. Von Einfluss auf die kompetenzielle Einordnung einer Steuer ist der Besteuerungsmaßstab indessen nur, soweit er deren Typus prägt, nicht hingegen im Hinblick auf seine sonstige Eignung, den Besteuerungsgegenstand in jeder Hinsicht leistungsgerecht zu erfassen. Will der Normgeber eine Steuer als Aufwandsteuer ausgestalten, die ihren Merkmalen nach einer solchen entsprechen kann, verliert der Normgeber die Kompetenz zu ihrem Erlass nicht dadurch, dass sich einzelne Regelungselemente als verfassungswidrig erweisen. Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihrer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind ohne Einfluss auf die Beurteilung der Normgebungskompetenz, denn die Kompetenznormen des Grundgesetzes enthalten grundsätzlich keine Aussage zu diesen materiellen Fragen. Die Kompetenz der Beklagten aus Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG i.V.m. 3 Abs. 1 Satz 1 KAG zum Erlass der Steuersatzung bleibt auch unberührt von der Frage nach der Abwälzbarkeit der Steuer auf die Spieler. Die Abwälzbarkeit der indirekt beim Halter der Automaten erhobenen Steuer auf die Nutzer der Spielgeräte ist zwar Bedingung ihrer materiellen Verfassungsmäßigkeit, aber kein den Charakter dieser Aufwandsteuer prägendes Wesensmerkmal.
9Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 ‑ 1 BvL 8/05 ‑, BVerfGE 123, 1 (17 f.).
10Gegen den in der Vergnügungssteuersatzung für die Besteuerung der Geldspielgeräte gewählten Steuersatz bestehen nicht deshalb Bedenken, weil der Rat diese ohne Untersuchungen willkürlich bestimmt hätte. Die Wirksamkeit der gemeindlichen Vergnügungssteuersatzung hängt mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorgangs ab, sondern von der Vereinbarkeit der Satzungsregelung im Ergebnis mit höherrangigem Recht. Es gibt keine einfachgesetzliche oder verfassungsrechtliche Bestimmung, die es gebietet, Datenmaterial dazu zu sammeln und in einem Abwägungsprozess zu gewichten. Die Kontrolle satzungsrechtlicher Abgabenregelungen beschränkt sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG auf die Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht, umfasst aber nicht die Überprüfung nach der Art von ermessensgeleiteten Verwaltungsakten (vgl. § 114 VwGO) mit der Folge, dass jeder ‑ vermeintliche ‑ Kalkulationsirrtum als "Ermessensfehler" (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i. V. m. § 5 der Abgabenordnung - AO -) angesehen werden kann.
11Vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Beschluss vom 19.8.2013 ‑ 9 BN 1.13 ‑, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 56 Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -, NRWE Rn. 51 f.
12Warum diese Grundsätze nicht gelten sollen, wenn die Finanzfunktion durch den Lenkungszweck "überlagert" wird, was die Klägerin hier annimmt, legt sie nicht dar.
13Die Kompetenz der Beklagten zum Erlass der Vergnügungssteuersatzung kann auch nicht damit in Frage gestellt werden, dass dem die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung entgegenstehe. Der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verlangt, dass bei der Ausübung einer Normsetzungskompetenz konzeptionelle Entscheidungen eines anderen Normgebers, die er im Rahmen seiner Kompetenz getroffen hat, nicht verfälscht werden, namentlich dürfen den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen.
14Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 ‑ 1 BvR 2306/96 u. a. ‑, BVerfGE 98, 265 (301).
15Aufgrund einer Steuerkompetenz darf nur insoweit lenkend und damit mittelbar gestaltend in den Kompetenzbereich eines Sachgesetzgebers übergegriffen werden, als die Lenkung weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen zuwiderläuft.
16Vgl. BVerfG, Urteil vom 7.5.1998 ‑ 2 BvR 1991, 2004/95 ‑, BVerfGE 98, 106 (119).
17Es ist schon nicht dargelegt, welcher konzeptionellen Entscheidung oder welcher Einzelregelung eines anderen Normgebers die hier in Rede stehende Steuererhebung zuwiderlaufen soll. Weder dem Gewerberecht noch der Spielverordnung noch den glücksspielrechtlichen Regelungen kann entnommen werden, dass eine Vergnügungssteuererhebung, selbst wenn sie mit dem Ziel der Verminderung des Bestands von Spielhallen zu Lenkungszwecken erfolgt, unzulässig sein soll.
18Soweit die Klägerin die Steuersatzung materiell für verfassungswidrig hält, weil die Steuererhebung zur Erreichung des verfolgten Lenkungszwecks weder geeignet noch erforderlich sei, kann dies die Steuerregelung schon vom Ansatz her nicht in Frage stellen, da sie sich ‑ unbeschadet eines Lenkungszwecks ‑ allein schon aus der Absicht rechtfertigt, Einnahmen zu erzielen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i.V.m § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung ‑ AO ‑). Dabei kommt es nicht darauf an, ob isoliert die letzte Steuererhöhung von einer Einnahmeerzielungsabsicht getragen wurde. Die vorgenannten Vorschriften verlangen alleine, dass die Steuer zur Erzielung von Einnahmen auferlegt wird, nicht dass auch jegliche Erhöhung der Steuer diesem Zweck unterfällt. Es ist daher mit den genannten Vorschriften vereinbar, wenn eine sehr starke Erhöhung etwa einer besonderen Verbrauchsteuer zu einem Rückgang des Verbrauchs führen soll und in dessen Folge das Steueraufkommen sinkt, wenn nur durch die Steuer insgesamt noch Einnahmen erzielt werden sollen.
19Vgl. Wernsmann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Loseblattsammlung (Stand: Juli 2014), § 3 AO Rn. 99; zur Zulässigkeit der ausschließlich lenkungspolitisch motivierten Steuererhöhung durch einen Konjunkturzuschlag vgl. Gersch in: Klein, AO, 12. Aufl., § 3 Rn. 9
20Auch ist die Steuererhebung nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, und zwar auch nicht in ihrer Kumulation mit den glücksspielrechtlichen Regelungen. Dass die Steuererhebung den wirtschaftlichen Betrieb einer Spielhalle nahezu unmöglich macht, behauptet die Klägerin zwar, legt dies aber nicht in einer ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils weckenden Weise dar. Im Übrigen liegt auch bei einer Berücksichtigung der Regelungen des neuen Glücksspielrechts in dem zusätzlichen Eingriff durch Steuererhebung keine rechtswidrige, insbesondere unverhältnismäßige Belastung, selbst wenn mit der Steuer ein Lenkungszweck im Sinne der Verminderung des Bestands von Geldspielgeräten verbunden sei sollte. Die glücksspielrechtlichen Beschränkungen und die Steuererhebung verstärken sich nämlich nicht. Die Regelungen des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag, insbesondere das Verbot der Mehrfachkonzessionen und der Mindestabstand zu anderen Spielhallen, Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in § 16 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes, bewirken eine Ausdünnung des Spielhallenbestands und damit eine Verknappung des Angebots. Für die verbleibenden Spielhallen erhöht dies deren Auslastung und verbessert die Möglichkeit zu Preiserhöhungen im Rahmen der Spielverordnung und Umsatzsteigerungen. Von einer zur Unzumutbarkeit führenden "quantitativen Berufszulassungsbeschränkung" durch die Steuererhebung in Verbindung mit den glücksspielrechtlichen Regelungen kann daher keine Rede sein.
21Vgl. zur Bedeutung der Kumulation der Belastungen OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2013 ‑ 14 A 2401/13 ‑, NRWE Rn. 16 ff.
22Die indirekt erhobene Aufwandsteuer ist auch auf den eigentlichen Steuerträger, den Spieler, abwälzbar. Insoweit genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn eine Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Bei der Kalkulation seiner Selbstkosten sind dem Automatenaufsteller zwar durch die Vorgaben in der Spielverordnung Grenzen gesetzt. Dies bedeutet aber nicht, dass ihm keine anderen Maßnahmen bleiben, um die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens aufrecht zu erhalten. Für eine kalkulatorische Überwälzung ist dabei nicht die absolute Höhe der Steuer ausschlaggebend, sondern die Möglichkeit, die Steuer in die Kosten einzubeziehen. Es handelt sich hierbei um einen wirtschaftlichen Vorgang, wobei das Gesetz es dem Steuerschuldner überlässt, die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens auch unter Berücksichtigung des Steuerbetrages zu wahren.
23Vgl. im Einzelnen zur Abwälzbarkeit der Steuer OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -, NRWE Rn. 126 ff.
24Die Klägerin behauptet zwar, das Zusammenwirken der landesrechtlichen glücksspielrechtlichen Regelungen mit der Vergnügungssteuersatzung unterbinde die Möglichkeit der Umsatzsteigerung, ohne gleichzeitig Preiserhöhungen oder eine Senkung der Gewinnquoten zuzulassen. Es ist aber schon nicht dargelegt, welche rechtliche Regelungen es der Klägerin verböten, durch Einsatz von Geräten mit höherem durchschnittlichen Kasseninhalt die höhere Vergnügungssteuer tatsächlich auf die Spieler abzuwälzen.
25Vgl. zur Bedeutung der Möglichkeit, höher profitablere Geräte einzusetzen, OVG NRW, Urteil vom 24.7.2014 ‑ 14 A 692/13 ‑, NRWE Rn. 57 ff.
26Es ist unbedenklich, dass im Gegensatz zu Spielgeräteaufstellern Spielbanken keine Vergnügungssteuer entrichten müssen. Die Fallgruppen des Benutzens von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit einerseits außerhalb von und andererseits in Spielbanken sind nicht wesentlich gleich, so dass sie wegen des darin liegenden sachlichen Grundes vergnügungssteuerrechtlich unterschiedlich behandelt werden dürfen. Der Bundesgesetzgeber hat einen Unterschied gesehen zwischen den Spielapparaten, die in einer Spielbank (§ 33h Nr. 1 der Gewerbeordnung ‑ GewO ‑) und solchen, die an anderen Plätzen aufgestellt sind. Die in Spielhallen und anderen Plätzen besteuerten Spielgeräte unterliegen für ihre technische Zulassung bestimmten Einschränkungen, die die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit ausschließen sollen (§ 33e Abs. 1 Satz 1 GewO). Das gewerbsmäßige Aufstellen solcher Spielgeräte ist zwar erlaubnispflichtig (§ 33c Abs. 1 Satz 1 GewO), bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht jedoch auf die Erteilung der Erlaubnis ein Rechtsanspruch. Die Spielgeräte in einer Spielbank sind demgegenüber uneingeschränkt zum Glücksspiel geeignet. Für sie gelten die Einschränkungen der Gewerbeordnung nicht (§ 33h Nr. 1 GewO). Das Glücksspiel ist aber nur aufgrund eigens erteilter staatlicher Konzession erlaubt (§ 4 Abs. 1 des Spielbankgesetzes NRW ‑ SpielbG NRW ‑); schon diese Unterschiede rechtfertigen eine unterschiedliche vergnügungssteuerliche Behandlung.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.6.2013 ‑ 9 B 50.12 ‑, juris Rn. 6 m. w. N.
28Dem Umstand, dass möglicherweise in Spielbanken Geldspielgeräte aufgestellt sind, die mit denen in Spielhallen oder an sonstigen Orten aufgestellten Geräten identisch sind, kommt keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Maßgeblich ist, dass das Angebot zum Spielgerätegewinnspiel jeweils wesentlich unterschiedlichen Regimetypen zuzuordnen ist, die zur wesentlichen Ungleichheit dieser Fallgruppen führen.
29Das gilt auch mit Blick auf das neue Recht des Glücksspielwesens, wie es durch das Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 13.11.2012 (GV. NRW. S. 523, Glücksspielstaatsvertrag ‑ GlüStV ‑ und Gesetz zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages ‑ AG GlüStV NRW ‑) geregelt wurde. Der Umstand, dass danach Spielbanken und Spielhallen in bestimmten Feldern (vgl. § 2 Abs. 2 und 3 GlüStV) gleichbehandelt werden, führt nicht zu einer Einebnung der Unterschiede des Spiels in Spielbanken einerseits und in Spielhallen andererseits dergestalt, dass nunmehr eine gleiche vergnügungssteuerliche Behandlung geboten wäre. Denn es verbleibt bei der unterschiedlichen Regelung der Regimetypen, wie es oben dargestellt wurde. Das gilt auch im Hinblick auf die einzuholende Erlaubnis für den Betrieb von Spielbanken einerseits und den von Spielhallen andererseits. Zwar mögen zwingende Versagungsgründe gleich sein (vgl. §§ 2 Abs. 2, 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV für Spielbanken, §§ 2 Abs. 3, 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV für Spielhallen). Entscheidend ist aber, dass nach wie vor kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Spielbank besteht (§§ 2 Abs. 2, 4 Abs. 2 Satz 3 GlÜStV; gleiches gilt für die Spielbankerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 2 SpielbG NRW). Demgegenüber gilt der Ausschluss des Erlaubnisanspruchs nicht für Spielhallen (§§ 2 Abs. 3, 4 Abs. 3, 24 GlüStV). Allenfalls lässt sich bei Spielhallen nach § 4 Abs. 1 Satz 4, 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW für Spielhallen an einen durch eine Sollvorschrift verdichteten Ermessensanspruch denken.
30Nach der amtlichen Begründung zu § 4 Abs. 1 Satz 4 AG GlüStV NRW soll es sich um einen "gebundenen Ermessensanspruch" handeln, vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 16/17, S. 35.
31Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union eine Gleichbehandlung von Spielhallen und Spielbanken bei der Erhebung der Umsatzsteuer fordert, kann daraus kein Gleichheitsverstoß abgeleitet werden. Die Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich nämlich aus dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Für die gewerberechtlich mit Rücksicht auf die von den jeweiligen Vergnügen ausgehenden Gefahren unterschiedlichen Regimetypen zugeordneten Spielgeräte innerhalb und außerhalb von Spielbanken gibt es keinen Grundsatz vergnügungssteuerlicher Neutralität.
32Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -, NRWE Rn. 57 ff.
33Das unionsrechtliche Kohärenzgebot gibt für die Beurteilung der Vergnügungssteuer nichts her, da es Beschränkungen der Spieltätigkeiten, nicht aber die Besteuerung des Spieleraufwands betrifft.
34Vgl. EuGH, Urteil vom 8.9.2010 ‑ C-46/08 ‑, Rn. 55.
35Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht zu. Die insoweit aufgeworfenen Fragen,
36Hält die Veranlagung von erhöhten Vergnügungssteuern in Kenntnis des im Land Nordrhein-Westfalen mit Wirkung zum 01.12.2012 kumulativ hinzutretenden Rechtsrahmens ‑ Glücksspielstaatsvertrag, AG GlüStV (NRW) ‑ einer verfassungsrechtlichen Prüfung am Maßstab des Art. 105 Abs. 2a GG stand?
37Ist unerlässliche Voraussetzung der Gesetzgebungskompetenz, dass der Gesetzgeber subjektiv eine Aufwandsteuer erlassen wollte, die den Merkmalen selbiger entspricht, mithin von seinem Willen die Überwälzbarkeit der Steuer auf den Nutzer der Gerate umfasst war?
38Verstößt die Vergnügungssteuererhebung in ihrer jetzigen Ausprägung, mit welcher die Absicht verfolgt wird, die Zahl der Aufstellorte und ‑geräte zu verringern, seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages i.V.m. den Ausführungsgesetzen der Länder gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung und gegen die Verpflichtung des Landes ‑ mithin auch des materiellen Gesetzgebers ‑, sich im Rahmen von Lenkungssteuern nicht zu den Entscheidungen des Bundesgesetzgebers in Widerspruch setzen?
39Führt die Erhebung der Vergnügungssteuer nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags i. V. m. dem AG GlüStV (NRW) zu einem kumulativen Grundrechtseingriff dergestalt, dass die damit einhergehende Berufsausübungsregelung in eine Berufszulassungsregelung umschlägt?
40Sind mit der Vergnügungssteuererhebung einhergehende Verkürzungen des grundrechtlich geschützten Bereichs der Berufsfreiheit nach Inkrafttreten des neuen Rechtsrahmens ‑ gewichtige, den Eingriff rechtfertigende, hinreichend mit der Steuererhebung verfolgte Interessen der Allgemeinheit unterstellt ‑ noch verhältnismäßig?
41Führt das kumulative, sich überlagernde und verstärkende Regelungssystem (GlüStV, AG GlüStV (NRW) VS 2013) zu einer Einschränkung betriebswirtschaftlicher Spielräume dergestalt, dass kalkulatorische Abwälzbarkeit der Steuer ‑ aus Rechtsgründen ‑ nicht mehr möglich ist?
42Ist es nach Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen zur Regulierung von Spielhallen und Spielbanken für die Frage der Vergleichbarkeit nunmehr entscheidungserheblich, ob das zu erfassende Steuergut, der Aufwand des Spielers an Geldgewinnspielgeraten in Spielhallen und der Aufwand des Spielers an Glücksspielgeräten in Spielbanken, wesentlich gleich ist oder gerade nicht?
43Stellen die verbliebenen bauartbedingten Unterschiede zwischen den Geldgewinnspielgeräten in Spielhallen und den in Spielbanken aufgestellten Glücksspielgeräten noch einen sachlich einleuchtenden und ausreichenden Grund für die steuerliche Ungleichbehandlung ‑ mit und ohne Vergnügungssteuer ‑ dar?
44Lässt sich die steuerliche Ungleichbehandlung in NRW betriebener Geldgewinnspielgeräte in Spielhallen und Glücksspielautomaten in Spielbanken vor dem Hintergrund des am 01.12.2012 in Kraft getretenen neuen Rechtsrahmens noch mit Spielerschutzerwägungen rechtfertigen?
45sind nicht klärungsbedürftig, da sie entsprechend den zum Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel gemachten Ausführungen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens ohne Weiteres im für den Zulassungsantrag negativen Sinne beantwortet werden können.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.
47Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin … betreibt im Gebiet der Beklagten eine Spielhalle mit zwölf Geldspielgeräten. Bis April 2011 gab es dort eine von einem Konkurrenten betriebene zweite Spielhalle. Bis einschließlich 2009 erhob die Beklagte auf Geldspielgeräte eine Vergnügungssteuer nach dem Stückzahlmaßstab in Höhe von 150 Euro monatlich. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 Nr. 1 der am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Vergnügungssteuersatzung vom 23. Dezember 2009 (VS 2010) erhob die Beklagte die Steuer für Geldspielgeräte in Spielhallen in Höhe von 20 v.H. des Einspielergebnisses (elektronisch gezählte Kasse zuzüglich Röhrenentnahme, abzüglich Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld), seit dem 1. Januar 2010 nach der insoweit inhaltsgleichen Vorschrift der Vergnügungssteuersatzung vom 28. Dezember 2011 (VS 2012).
3Da die Klägerin entgegen § 11 Abs. 3 VS 2010 bzw. 2012 keine vierteljährliche Steueranmeldung abgab ‑ auch nicht nach Aufforderung mit Schreiben vom 26. Juli 2010 für das 2. Quartal 2010 und vom 26. Oktober 2010 für das 3. Quartal 2010 ‑, setzte die Beklagte die Quartalssteuern im Wege der Schätzung eines Einspielergebnisses unter Mitteilung des Schätzungsergebnisses durch Bescheide fest, und zwar (wird ausgeführt). In allen Fällen setzte die Beklagte wegen der Nichtabgabe einer Steueranmeldung einen Verspätungszuschlag fest.
4Mit der rechtzeitig erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 16. August 2010, die bezüglich der Folgebescheide rechtzeitig erweitert worden ist, hat die Klägerin die Bescheide angefochten und vorgetragen: Mit einem Steuersatz von 20 % auf das Einspielergebnis habe die Steuer in Verbindung mit der zusätzlich anfallenden Umsatzsteuer erdrosselnde Wirkung, was sich bereits in der Aufgabe des Betriebes des Konkurrenten ausgewirkt habe, der wegen der hohen Steuer den Betrieb aufgegeben habe, ohne einen Nachfolger zu finden. Auch sie, die Klägerin, könne mit dieser Steuer den Betrieb nicht aufrechterhalten, wie sich aus der zu den Akten gereichten betriebswirtschaftlichen Auswertung für die Jahre 2009 bis 2011 ergebe und die lediglich für das Jahr 2011 ein positives - für die Erwirtschaftung eines angemessenen Unternehmerlohns und einer angemessenen Kapitalverzinsung nicht ausreichendes - Betriebsergebnis vor Steuern, aber nach Abzug der Vergnügungssteuer von … Euro und nach Steuern von … Euro aufweise. Selbst dieser magere Gewinn sei nur auf den Wegfall des Konkurrenten und die Reduzierung von Abschreibungen mangels getätigter, gleichwohl für einen nachhaltigen Betrieb erforderlicher Investitionen zurückzuführen.
5Sie, die Klägerin, werde den Betrieb im Gebiet der Beklagten mittels Quersubventionierung und der gewährten Stundung bis zur Beendigung dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens weiterführen und ihn erst im Falle der Bestätigung des Steuersatzes schließen.
6Die in der betriebswirtschaftlichen Auswertung eingesetzten Kosten seien absolut notwendig und könnten nicht weiter gesenkt werden. Sie stelle auch besonders frequentierte Geräte auf. Den Spielpreis könne sie nicht über die von der Spielverordnung (SpielVO) gesetzten Grenzen hinaus erhöhen.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Vergnügungssteuerbescheide der Beklagten vom 16. August 2010, vom 16. November 2010, vom 21. Februar 2011, vom 20. Mai 2011, vom 18. August 2011, vom 15. November 2011, vom 17. Februar 2010, vom 18. Mai 2012, vom 15. August 2010 sowie vom 15. November 2012 aufzuheben,
9hilfsweise, das Verfahren vor dem Hintergrund des Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof ‑ Aktenzeichen C-440/12 ‑ bzw. des Beschlusses des Bundesfinanzhofes vom 9. Januar 2013 ‑ Aktenzeichen II R 27/11 ‑ auszusetzen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie hat vorgetragen: Der Steuersatz von 20 % auf das Einspielergebnis sei unbedenklich, da keine Tendenz zum Absterben der Spielgerätebranche erkennbar sei. Warum der Konkurrent der Klägerin seinen Betrieb geschlossen habe, sei nicht bekannt. Ob der Betrieb der Klägerin einem durchschnittlichen, wirtschaftlich geführten Betrieb entspreche, könne sie, die Beklagte, nicht beurteilen.
13Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Bescheide aufgehoben, soweit Verspätungszuschläge festgesetzt wurden, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Erwirtschaftung des positiven Betriebsergebnisses im Jahre 2011, das einen angemessenen Unternehmerlohn und eine angemessene Eigenkapitalverzinsung darstelle, beweise, dass auch bei dem bemängelten Steuersatz der Beruf des Spielautomatenbetreibers im Gebiet der Beklagten zur Grundlage der Lebensführung gemacht werden könne.
14Dagegen richtet sich die zugelassene und rechtzeitig begründete Berufung der Klägerin, mit der sie vorträgt: Die Bescheide seien mangels ausreichender Begründung der vorgenommenen Schätzung rechtswidrig. Die maßgeblichen Vergnügungssteuersatzungen seien nichtig, weil im Satzungserlassverfahren zur Vergnügungssteuersatzung der Rat keinerlei Erwägungen zur Angemessenheit der Höhe des Steuersatzes angestellt habe, was aber angesichts des Entwurfs der Satzung, die auf einen Steuersatz von 12 % lautete, notwendig gewesen wäre. Allein das Argument, Mehreinnahmen erzielen zu wollen, könne als Motiv festgestellt werden. In Wirklichkeit sei die Besteuerungshöhe aber lenkungspolitisch motiviert, wie sich aus dem Internetauftritt der Beklagten ergebe, nach der mit der Steuer Spielhallenbetriebe beschränkt werden sollten. Das zeige auch die Tatsache, dass der massive Einbruch bei den Vergnügungssteuereinnahmen nicht zum Anlass genommen worden sei, den Steuersatz zu senken. Bei einem Tarifsprung, wie er hier vorliege und mit dem der Bereich der herkömmlichen Vergnügungssteuer verlassen und ein ‑ auch von verschiedenen Gerichten so gesehener ‑ verfassungsrechtlicher Grenzbereich betreten werde, müsse der Ortsgesetzgeber bereits im Satzungserlassverfahren Untersuchungen anstellen und darlegen, dass die Steuerhöhe noch zumutbar im Sinne einer nicht erdrosselnden und abwälzbaren Steuer sei. Daran fehle es, so dass die Satzung willkürlich und damit nichtig sei. Jedenfalls führe die fehlende Darlegung der Zulässigkeit der Steuererhöhung durch die Beklagte zu einer Beweislastumkehr zu ihren, der Klägerin, Gunsten.
15Die Steuer sei erdrosselnd. Das ergebe sich bereits aus dem Indiz eines 50‑prozentigen Rückgangs der Spielhallenbetriebe im Gebiet der Beklagten seit der Steuererhöhung. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stelle das im Jahre 2011 erwirtschaftete Betriebsergebnis keinen angemessenen Unternehmerlohn und keine angemessene Kapitalverzinsung dar. Die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung für die Angemessenheit des Unternehmerlohns mit dem ‑ nicht ausreichend belegten ‑ Arbeitslohn eines Arbeitnehmers sei auch der Sache nach nicht tragfähig, für eine angemessene Kapitalverzinsung werde eine Begründung überhaupt nicht gegeben. Im Übrigen müsse zwischen der erdrosselnden Wirkung einer Steuer und der fehlenden Möglichkeit der Abwälzung der Steuer auf den Spieler unterschieden werden, wobei die Grenze für letztere niedriger liege. Hier sei die Steuer nicht abwälzbar, so dass in Wirklichkeit eine unzulässige Unternehmenssteuer vorliege.
16Die vom Senat eingeführten mathematischen Überlegungen seien nicht geeignet, fehlende Erdrosselungswirkung und Abwälzbarkeit der Steuer zu begründen. Bereits die Annahme, sie, die Klägerin, könne höhere Preise fordern, sei unzutreffend. Dem stehe die Spielverordnung entgegen. Eingriffe in die Geräte zur Veränderung der Auszahlungsquote führten zum Verlust der Gerätezulassung, so dass die Geräte legal gar nicht mehr betrieben werden könnten. Die zugelassenen Geräte desselben Typs wiesen dieselbe Auszahlungsquote auf, die allgemein zwischen 75 und 100 % liege. Die Klägerin habe daher keine Alternativmöglichkeiten. Das führe zwingend dazu, dass jedwede Kostensteigerung zur Ertragsminderung führe.
17Allenfalls hätte über einen Austausch der Geräte eine Senkung der Auszahlungsquoten bewirkt werden können. Dieser Weg sei ihr aber ebenfalls verschlossen gewesen, da alle in P. aufgestellten Geldspielgeräte über Mietverträge gebunden gewesen seien, die weit über den hier streitgegenständlichen Besteuerungszeitraum reichten. Auch eine Verlagerung der Geräte zu anderen Aufstellorten sei nicht möglich gewesen, da die Klägerin in den von ihr betriebenen Spielhallen die höchstzulässige Geräteanzahl aufgestellt habe. Die einzige Möglichkeit habe darin bestanden, die Geräte außer Betrieb zu nehmen und bis zum Ende der Mietdauer einzulagern. Das sei aber unzumutbar, weil damit im Ergebnis die doppelten Betriebsmittel hätten angeschafft werden müssen, nur um die erhöhte Steuer abwälzen zu können.
18Die Spielverordnung regele keine Mindestauszahlquote, sondern begrenze den maximalen Spieleinsatz auf 132 Euro je Stunde und den langfristig verbleibenden Kasseninhalt auf maximal 33 Euro je Stunde. Unter Einhaltung der gleichverteilten Gewinnchancen des Spielers sei damit sogar eine Auszahlungsquote von 0 % kurzzeitig zulässig. Vorbehaltlich anderslautender Vorschriften, beispielsweise hinsichtlich der Herstellung und Konfiguration von Glücksspielgeräten, sei die Klägerin zwar nicht gehindert, durch Einsatz anderer Geräte, die wegen ihrer technischen Konfiguration einen höheren Einbehalt vom Einsatz und damit einen höheren Preis für das Spielen zu fordern in der Lage seien, die Vergnügungssteuerbelastung auf den Spieler überzuwälzen.
19Aber wirtschaftlich könne eine Senkung der Auszahlungsquote nicht durchgesetzt werden, da dann die Kundennachfrage einbreche. Die Senkung der Auszahlungsquote steigere nämlich nicht den Bruttoertrag, da dies die Spieler veranlasse, das Spiel bei der Klägerin einzustellen und gegebenenfalls bei einem Mitbewerber zu spielen. Die Auszahlungsquote sei daher betriebswirtschaftlich an den jeweiligen Marktgegebenheiten orientiert und entspreche weitgehend dem Branchendurchschnitt. So habe die Auszahlungsquote im streitgegenständlichen Besteuerungszeitraum bei den in P. eingesetzten Geräten bei durchschnittlich … % gelegen, in Nordrhein-Westfalen habe die Auszahlungsquote bei den Geldspielgeräten der Klägerin bei … % gelegen, bei den Spielhallen der Unternehmensgruppe bei … %. Die Stundenkasse habe in P. durchschnittlich … Euro betragen, bei allen in Nordrhein-Westfalen aufgestellten Geräten bei … Euro, im Bundesdurchschnitt bei … Euro. Damit wiesen die in P. aufgestellten Geräte eine höhere Stundenkasse und eine niedrigere Auszahlungsquote auf als der Durchschnitt aller von der Klägerin aufgestellten Geräte. Die Einspielergebnisse in P. seien daher Ausdruck der Aufstellung bereits optimaler Spielgeräte bzw. Spielsysteme. Die Aufstellung von Geräten mit noch niedrigerer Auszahlungsquote hätte zu einer Absenkung der Akzeptanz dieser Geräte durch die Kunden geführt. Wegen dieser Unmöglichkeit der Preiserhöhung fehle es an der erforderlichen Abwälzbarkeit der Steuer. Ihr komme im Gemeindegebiet der Beklagten erdrosselnde Wirkung zu.
20Im Übrigen widerspreche sich der Senat bei seinen Definitionen der ‑ nicht auseinanderfallenden ‑ Begriffe von Aufwand und Preis. Bei der Spieleinsatzsteuer halte er den getätigten Einsatz für den Preis, hier aber den Kasseninhalt. Beides gleichzeitig könne nicht richtig sein. Es sei grundsätzlich verfehlt, das Überwälzbarkeitsgebot aus Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG) an der unterrangigen Preisbindung der Spielverordnung zu messen. Vielmehr sei die Situation unterhalb der Preisgrenze der Spielverordnung nicht anders, als gäbe es keine Preisgrenze. Auf einem preisrechtlich nicht regulierten Markt dürfe die Gemeinde durch Erhebung örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern eine nach dem bundesrechtlichen Gewerberecht zulässige Tätigkeit aufgrund des Vorrangs des Bundesrechts und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung nicht unmöglich machen. Die Gemeinde dürfe Steuern daher nur insoweit erheben, als die bundesrechtlich erlaubte Tätigkeit unter den Bedingungen des jeweiligen örtlichen Marktes ausgeübt werden könne. Daher könnten Schwächen des örtlichen Marktes durchaus die rechtmäßige Höhe der Steuer begrenzen. Das ergebe sich aus der Ortsgebundenheit der Steuergesetzgebungskompetenz. Die Steuer müsse einen örtlichen Bezug haben und in ihrer unmittelbaren Wirkung auf das Gemeindegebiet beschränkt sein. Auch soweit mit der Steuer eine Lenkungsabsicht verfolgt werde, sei Maßstab die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung und nicht die Preisgrenze der Spielverordnung, so dass eine Lenkung durch Steuern, die eine bundesgesetzlich erlaubte Tätigkeit in einem örtlichen Markt unmöglich mache, unzulässig sei.
21Zu Unrecht nehme der Senat an, der Umsatz könne durch unternehmerische Maßnahmen um etwa …% gesteigert werden, so dass statt gegenwärtig … % … % des nach der Spielverordnung möglichen Einspielergebnisses erzielt würden. Das sei jedenfalls mit dem Ausführungsgesetz zum neuen Glücksspielstaatsvertrag ausgeschlossen. So verhindere die neue Mindestabstandsregelung die Verlagerung des Standortes an lukrativere Standorte. Werbung sei durch die Untersagung spielanreizschaffender Maßnahmen unmöglich geworden. Die Sperrzeitverlängerung verhindere die zeitliche Ausdehnung der Gerätenutzung. Darüber hinaus bewirkten die vorgesehenen ordnungsrechtlichen Maßnahmen wie Personalschulungen und Sozialkonzepte eine deutliche Kostensteigerung. Die Tatsache, dass das neue Recht erst im November 2012 in Kraft getreten sei, hindere nicht Wirkungen bereits im Vorgriff, da die beabsichtigten Maßnahmen schon vor dem Inkrafttreten auf die Gestaltungsfreiheit ausgestrahlt hätten.
22Aber auch unabhängig vom neuen Spielhallenrecht sei die vom Senat angedachte Umsatzsteigerung nicht möglich, da sie von der unrealistischen Annahme ausgehe, die Geräte einer Spielhalle seien bei einer täglichen Öffnungszeit vollständig ausgelastet. Nach ihren Erkenntnissen und weiteren, hierzu befragten gewerblichen Automatenaufstellern liege die durchschnittliche Auslastung eines Geldspielgerätes mit Gewinnmöglichkeit in einer Spielhalle bei 45 - 50 %. Seitdem in Nordrhein-Westfalen das Nichtraucherschutzgesetz in Kraft sei, also seit dem 1. Mai 2013, habe sich die Auslastung der Geräte auf bis zu 25 % reduziert. Eine Reduzierung der in der Spielhalle aufgestellten zwölf Geräte sei nicht möglich, da für nachfragestarke Zeiten mehr Geräte vorgehalten werden müssten.
23Die Klägerin beantragt,
24das angegriffene Urteil teilweise zu ändern und in vollem Umfang nach dem erstinstanzlichen Hauptantrag zu erkennen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Sie trägt vor: Es gebe keine Indizien für eine erdrosselnde Wirkung der Steuer, insbesondere könne diese nicht aus dem Steuersatz gefolgert werden. Aus der wirtschaftlichen Situation der Klägerin könne nichts abgeleitet werden, da bei nur einem Unternehmen im Gebiet der Beklagten kein Vergleich mit einem durchschnittlichen Unternehmen angestellt werden könne. Das schließe auch eine sachverständige Begutachtung zur Situation eines solch fiktiven durchschnittlichen Unternehmens aus, so dass eine Beweislastentscheidung zu treffen sei, die hier mangels Feststellbarkeit einer erdrosselnden Wirkung der Steuer zu Lasten der Kläger ausfalle.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Unterlagen Bezug genommen, insbesondere auf die von der Klägerin zusammengestellten Daten aus den Kontrolleinrichtungen der in der Spielhalle P. in den Jahren 2010 bis 2012 eingesetzten Geräte (Anlage C 3 des Schriftsatzes der Klägerin vom 7.3.2014, Bl. 281 der Gerichtsakte).
29Entscheidungsgründe:
30Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die zulässige Klage ist, soweit sie berufungsbefangen ist, unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat sie zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Steuerbescheide sind, soweit sie das Verwaltungsgericht nicht aufgehoben hat, rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑).
31Sie rechtfertigen sich für den Steuerzeitraum bis Ende 2011 aus § 3 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ KAG - i. V. m. der Vergnügungssteuersatzung 2010, für den Steuerzeitraum danach i. V. m. der Vergnügungssteuersatzung 2012. Nach § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 4 Nr. 1 VS 2010 und 2012 beträgt die Steuer für das Halten von Geldspielgeräten in Spielhallen 20 v.H. des ‑ in den Sätzen 2 und 3 der Vorschrift näher definierten ‑ Einspielergebnisses. Nach § 11 Abs. 3 Sätze 1 und 2 VS 2010 und 2012 sind bis zum 15. Tag nach Ablauf eines Kalendervierteljahres Steueranmeldungen abzugeben, deren unbeanstandeter Entgegennahme Satz 3 der Vorschrift die Qualität einer Steuerfestsetzung zumisst. Bei Nichtabgabe einer Steueranmeldung ist gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 VS 2010 und 2012 ein Steuerbescheid zu erteilen.
32§ 11 Abs. 3 Satz 3 VS 2010 und 2012 sind nichtig. Diese Regelung, die der unbeanstandeten Entgegennahme einer Steueranmeldung die Rechtsqualität einer vorbehaltlosen Steuerfestsetzung beimisst, widerspricht § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i. V. m. § 168 Satz 1 der Abgabenordnung ‑ AO ‑, wonach eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich steht. Die Nichtigkeit beschränkt sich allerdings auf diese Vorschrift, während der übrige Satzungsteil weiter gültig ist. Die auf die genannte Norm beschränkte Teilnichtigkeit führt dazu, dass diese nur entscheidungserheblich ist, wenn eine Steueranmeldung angefochten wird. Demgegenüber ist die Teilnichtigkeit entscheidungsunerheblich für erlassene Steuerbescheide, mit denen die Steuer ‑ wie hier ‑ festgesetzt wird, sei es nach erfolgter, sei es nach nicht erfolgter Steueranmeldung.
33Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2011 ‑ 14 A 652/11 ‑, NRWE Rn. 12 ff.; Urteil vom 21.6.2011 ‑ 14 A 2552/08 ‑, NRWE Rn. 61 ff., bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 24.2.2012 ‑ 9 B 80.11 ‑, Rn. 10 f.
34Die Satzung leidet nicht unter dem Mangel, dass bei ihrem Erlass keine Ermittlungen und Darlegungen zur Zulässigkeit der Höhe der Steuer angestellt wurden. Gegen den in einer Vergnügungssteuersatzung für die Besteuerung der Geldspielgeräte gewählten Steuermaßstab und Steuersatz bestehen unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken. Die Wirksamkeit der gemeindlichen Vergnügungssteuersatzung hängt mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorgangs ab, sondern von der Vereinbarkeit der Satzungsregelung im Ergebnis mit höherrangigem Recht. Es gibt keine einfachgesetzliche oder verfassungsrechtliche Bestimmung, die es gebietet, Datenmaterial dazu zu sammeln und in einem Abwägungsprozess zu gewichten. Die Kontrolle satzungsrechtlicher Abgabenregelungen beschränkt sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG auf die Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht, umfasst aber nicht die Überprüfung nach der Art von ermessensgeleiteten Verwaltungsakten (vgl. § 114 VwGO) mit der Folge, dass jeder ‑ vermeintliche ‑ Kalkulationsirrtum als "Ermessensfehler" (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i. V. m. § 5 AO) angesehen werden kann.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.2013 ‑ 9 BN 1.13 ‑, juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -, NRWE Rn. 51 f.
36Die von der Klägerin angeführte Verfassungsrechtsprechung, die nicht die satzungsrechtliche Festlegung einer Steuer betrifft, gibt für eine gegenteilige Annahme nichts her. Allenfalls könnte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit dem der Halbteilungsgrundsatz aufgegeben wurde, für diese Auffassung ins Feld geführt werden.
37Beschluss vom 18.1.2006 ‑ 2 BvR 2194/99 ‑, BVerfGE 115, 97.
38Die Entscheidung prüft die Gesamtbelastung von Einkommen- und Gewerbesteuer an der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Sinne des Verbots übermäßiger Steuerlast. In diesem Zusammenhang heißt es: "Trotz mangelnder konkreter Verwaltungszwecke, die in ein Verhältnis zur Steuerbelastung gesetzt und bewertet werden könnten, bleibt die Möglichkeit, in Situationen zunehmender Steuerbelastung der Gesamtheit oder doch einer Mehrheit der Steuerpflichtigen, insbesondere etwa dann, wenn eine solche Belastung auch im internationalen Vergleich als bedrohliche Sonderentwicklung gekennzeichnet werden kann, vom Gesetzgeber die Darlegung besonderer rechtfertigender Gründe zu fordern, nach denen die Steuerlast trotz ungewöhnlicher Höhe noch als zumutbar gelten dürfe."
39BVerfG, Beschluss vom 18.1.2006 ‑ 2 BvR 2194/99 ‑, BVerfGE 115, 97 (116).
40Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, eine Steuernorm sei unter diesen Voraussetzungen allein deshalb nichtig, weil im Gesetzgebungsverfahren keine entsprechenden Darlegungen erfolgt sind. Vielmehr bedeutet dies lediglich, dass der Gesetzgeber selbst noch im verfassungsgerichtlichen Verfahren Erkenntnisse darlegen kann, aus denen sich die Zumutbarkeit der hohen Steuer ergibt. Daher ist das Normsetzungsverfahren hier nicht zu beanstanden.
41Die Höhe des Steuersatzes von 20 v.H. des Einspielergebnisses in § 7 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VS 2010 und 2012 ist wirksam. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt dieser Steuersatz weder gegen die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, weil die Steuer eine erdrosselnde Wirkung hätte oder in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 GG eine übermäßige Steuerbelastung darstellte, noch stellt der Steuersatz die Abwälzbarkeit der indirekten Steuer als örtlicher Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG auf den Steuerträger, den Spieler, in Frage.
42Ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit liegt vor, wenn die Steuer erdrosselnd wirkt. Das ist der Fall, wenn sie dazu führt, dass die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen.
43Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.7.1974 ‑ 1 BvR 51/69 u.a. ‑, BVerfGE 38, 61 (85 f.); Beschluss vom 1.4.1971 ‑ 1 BvL 22/67 ‑, BVerfGE 31, 8 (23); Beschluss vom 8.12.1970 ‑ 1 BvR 95/68 ‑, BVerfGE 29, 327 (331); Urteil vom 22.5.1963 ‑ 1 BvR 78/56 ‑, BVerfGE 16, 147 (161); 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 3.5.2001 ‑ 1 BvR 624.00 ‑, NVwZ 2001, 1264.
44Allerdings greift diese berufsrechtliche Schranke erst ein, wenn die berufliche Tätigkeit "in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen" unmöglich wird. Solange die Berufstätigkeit nur gedrosselt, nicht erdrosselt wird, greift diese äußerste Grenze nicht.
45Vgl. Mußgnug, Verfassungsrechtlicher und gesetzlicher Schutz vor konfiskatorischen Steuern, JZ 1991, 993 (997).
46Die Berufsfreiheit wird damit erst auf der strengsten Ebene der Berufswahl betroffen, weil die Steuer die berufliche Tätigkeit praktisch völlig abwürgt.
47Vgl. Ferdinand Kirchhof in: Merten/Papier, Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 64 und 67.
48Der Senat schließt nicht aus, dass durch eine Steuer in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit auch schon vorher unzulässig eingegriffen werden kann. So wird in der Literatur kritisiert, dass die Grenze der Erdrosselung zu spät einsetze, dass vielmehr das rechtsstaatliche Übermaßverbot bereits vorher einer Steuererhebung entgegenstehen könne.
49Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 3 Rn. 184
50So mag man ‑ bei aller Schwierigkeit der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Steuererhebung und dem privaten Interesse an einer möglichst grundrechtsschonenden Besteuerung ‑ aus dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne eine Grenze nicht mehr zumutbarer, übermäßiger Steuerbelastung ableiten können.
51Vgl. den bereits in anderem Zusammenhang erwähnten Beschluss des BVerfG vom 18.1.2006 ‑ 2 BvR 2194/99 ‑, BVerfGE 115, 97 (114 ff.).
52Von einer erdrosselnden Steuerbelastung ist regelmäßig auszugehen, wenn entsprechende wirtschaftliche Auswirkungen feststellbar sind. Die schwächsten Anbieter müssen aus dem Markt scheiden, ohne dass neue ihren Platz einnehmen. Es müsste eine Tendenz zum Absterben der Spielgeräteaufstellerbranche erkennbar werden.
53Vgl. im Einzelnen zur Bedeutung der Bestandsentwicklung für eine behauptete Erdrosselungswirkung BVerwG, Beschluss vom 26.10.2011 ‑ 9 B 16.11 ‑, NVwZ-RR 2012, 38; OVG NRW, Urteil vom 23.6.2010 - 14 A 597/09 -, NRWE Rn. 97 ff.
54Hier lässt die Bestandsentwicklung keinen Schluss auf eine Erdrosselungswirkung zu, denn der Bestand an Spielhallen ist nach Umstellung des Steuermaßstabs von der Stückzahl auf das Einspielergebnis und der damit verbundenen Steuererhöhung zwar um die Hälfte zurückgegangen, es ist aber nur eine von zwei Spielhallen geschlossen worden. Alleine dieser Rückgang belegt keine Erdrosselungswirkung, denn die Datenbasis mit zwei Spielhallen ist zu schmal, um daraus auf die Ursache des Rückgangs im Sinne einer erdrosselnden Wirkung der Steuer schließen und andere Ursachen ausschließen zu können. Das macht es erforderlich, weitere tatsächliche Umstände heranzuziehen, um die Frage der Erdrosselungswirkung zuverlässig zu beurteilen.
55Hier ergibt sich aus den von der Klägerin gemachten glaubhaften Angaben zu den in P. aufgestellten Geräten, dass eine erdrosselnde Wirkung der Steuer ausgeschlossen ist. Die Klägerin behauptet, wegen der Höhe der Steuer keinen auskömmlichen Gewinn im Sinne eines angemessenen Unternehmerlohns und einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung erwirtschaften zu können. Dafür geben allerdings die erstinstanzlich vorgelegten Zahlen und weiteren Angaben zum Betrieb der Klägerin (betriebswirtschaftliche Auswertungen, Beiakten 7 und 8) nichts her. Es handelt sich zwar um eine beeindruckende Kompilation von Zahlen. Aber ob namentlich die eingestellten Kosten nach Veranlassung und Höhe erforderlich sind, ist in keiner Weise klar. Insbesondere erschwert die Einbindung der Klägerin in die Konzernstruktur der T. gruppe die Feststellung der erforderlichen Kosten für die Spielhalle in P. . Vollends offen ist, ob die Verhältnisse des klägerischen Betriebs denen eines fiktiven durchschnittlichen Geldspielgeräteaufstellunternehmens entsprechen, was allein für die Erdrosselungswirkung von Bedeutung wäre.
56Vgl. zu den Bedenken des Senats an der Tauglichkeit einer solchen Methode der Feststellung der Erdrosselungswirkung einer Steuer OVG NRW, Urteil vom 23.6.2010 ‑ 14 A 597/09 ‑, NRWE Rn. 104 ff.
57Demgegenüber belegen die mit Schriftsatz vom 7.3.2014 vorgelegten Zahlen, insbesondere die Anlage C 3, dass die Klägerin von der nach Auffassung des Senats bestehenden Möglichkeit absieht, zur Verbesserung der angeblich ungenügenden Ertragslage der Spielhalle die von den Spielern zu entrichtenden Preise im Rahmen der Spielverordnung (SpielVO) zu erhöhen.
58Der für das Glücksspiel an Geldspielgeräten von den Aufstellunternehmern geforderte Preis ist streng reglementiert und kann nicht beliebig erhöht werden. So beträgt gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 SpielVO die Mindestspieldauer fünf Sekunden; dabei darf der Einsatz 0,20 Euro nicht übersteigen. Der so geregelte höchste zulässige Einsatz kann nicht ununterbrochen getätigt werden. Vielmehr regelt § 13 Abs. 1 Nr. 5 SpielVO, dass nach einer Stunde Spielbetrieb das Spielgerät eine Spielpause von mindestens fünf Minuten einlegen muss, in der keine Einsätze angenommen und Gewinne gewährt werden. Binnen einer Stunde kann ein Spieler somit maximal 132 Euro einsetzen (3.600 Sekunden in der Stunde abzüglich 300 Sekunden Zwangspause geteilt durch fünf Sekunden mal 0,2 Euro). Preisbestimmend ist, dass der Aufstellunternehmer maximal 33 Euro einbehalten darf (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a SpielVO), wobei es sich dabei um einen langfristigen Wert, nicht um eine jede Stunde einzuhaltende Bedingung handelt. Insoweit liegt die immer einzuhaltende Bedingung lediglich darin, dass die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) im Verlauf einer Stunde 80 Euro nicht übersteigen darf (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielVO).
59Der so definierte langfristige durchschnittliche Kasseninhalt pro Stunde, der sich konkret im Einspielergebnis niederschlägt, kann als der Preis des Glücksspiels verstanden werden. Ob, wie die Klägerin meint, dies dem Begriff des Preises in Konstellationen widerspricht, in denen Besteuerungsmaßstab nicht ‑ wie hier ‑ das Einspielergebnis, sondern der Einsatz ist, kann dahinstehen. Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide hängt nicht von der Semantik ab. Im Übrigen besteht ein solcher Widerspruch nicht: Preis des Glücksspiels ist kein Begriff der Spielverordnung. Beim Einsatzmaßstab kommt es auf die im Besteuerungszeitraum getätigten Einsätze im Sinne der §§ 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d, 13 Abs. 1 Nr. 1 SpielVO an. Der Einsatzmaßstab unterscheidet sich vom Einspielergebnismaßstab, weil erspielte Gewinne das Einspielergebnis mindern, nicht aber die Einsätze. Steuergut ist bei der hier in Rede stehenden örtlichen Aufwandsteuer jedoch immer der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand, der auch der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer wäre.
60Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 ‑ 1 BvL 8/05 ‑, BVerfGE 123, 1 (20); BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12.08 ‑, BVerwGE 135, 367 Rn. 22: individuell tatsächlich getätigter Vergnügungsaufwand.
61Dieser Aufwand wird weder durch das Einspielergebnis noch durch den Einsatz im Sinne der Spielverordnung genau abgebildet, weil bei ersterem die aufwandsteuerrechtlich irrelevanten Gewinne abgezogen sind, bei beiden Unschärfen im Falle sogenannter Punktespielgeräte hinsichtlich gewonnener, aber nicht zur Gewinnausschüttung, sondern zum Weiterspielen verwendeter Punkte und bei letzterem hinsichtlich getätigter, aber nicht zum Spielen verwendeter Einsätze bestehen.
62Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.6.2012 ‑ 9 B 15.12 ‑, Rn. 4 f.; OVG NRW, Beschluss vom 4.6.2013 ‑ 14 A 1118/13 ‑, NRWE Rn. 4 ff.
63Diese Unschärfen der jeweiligen Besteuerungsmaßstäbe gegenüber dem individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand sind jedoch unschädlich, weil der verwendete Wahrscheinlichkeitsmaßstab nur einen hinreichenden, nämlich jedenfalls lockeren Bezug zum individuellen, wirklichen Vergnügungsaufwand aufweisen muss.
64Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 - 1 BvL 8/05 , BVerfGE 123, 1 (21); BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12.08 ‑, BVerwGE 135, 367 Rn. 22.
65Eine Erdrosselungswirkung kann hier ausgeschlossen werden, weil die Klägerin, wie sie eingeräumt hat, rechtlich nicht gehindert ist, durch Einsatz anderer Geräte, die wegen ihrer technischen Konfiguration einen höheren Einbehalt vom Einsatz und damit einen höheren Preis für das Spielen zu fordern in der Lage sind, die Vergnügungssteuerbelastung auf den Spieler überzuwälzen. Sie wird nicht an der Berufsausübung des Automatenaufstellens gehindert, weil die erhobene Steuer bei entsprechender Preisgestaltung ihren Ertrag gar nicht schmälert.
66Die Klägerin kann dagegen nicht mit Erfolg einwenden, es sei ihr nicht möglich, Geräte mit höherem durchschnittlichen Kasseninhalt aufzustellen. Richtig ist allerdings der Hinweis der Klägerin, dass es ihr untersagt sei, in das Programm der Geldspielgeräte im Sinne einer Erhöhung des durchschnittlichen Kasseninhalts einzugreifen. Gemäß § 7 Abs. 4 SpielVO hat der Aufsteller nämlich ‑ bußgeldbewehrt, § 19 Abs. 1 Nr. 6b SpielVO ‑ ein Geldspielgerät, das in seiner ordnungsgemäßen Funktion gestört ist, unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen. Das erfasst auch Geräte, in deren Programm zur Erhöhung des durchschnittlichen Kasseninhalts eingegriffen wird, ohne dass dies von der Bauartzulassung gedeckt wäre. Indes wird der Klägerin ein derartiger Eingriff nicht angesonnen, vielmehr ist sie im eigenen Interesse lediglich gehalten, zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens Geräte mit bauartzugelassenem höheren durchschnittlichen Kasseninhalt einzusetzen. Dass derartige Geräte nicht existierten, behauptet die Klägerin nicht. Es ist auch davon auszugehen, dass bei entsprechender Nachfrage derartige Spielautomaten angeboten werden.
67Vgl. BFH, Beschluss vom 19.2.2010 ‑ II B 122/09 ‑, juris Rn. 37.
68Im Übrigen wäre selbst der Umstand, dass solche Geräte auf dem Markt nicht angeboten würden, unerheblich. Die zulässige Höhe der Vergnügungssteuer hängt ebenso wenig davon ab, ob die Geräteindustrie sich bereit findet, Geräte anzubieten, die auf einen dieser Steuer Rechnung tragenden Kasseninhalt programmiert sind, wie die zulässige Höhe der Umsatz-, Tabak- oder Mineralölsteuer davon abhängt, ob die Industrie Kassen-, Zigarettenautomaten oder Benzinzapfanlagen anbietet, die die Einstellung eines der Umsatz-, Tabak- oder Mineralölsteuer entsprechenden Preises ermöglichen.
69Dass ein Austausch der Geräte sich möglicherweise nicht einfach gestaltet, etwa wegen der Mietzeiten von Geräten oder gar dem getätigten Ankauf solcher Geräte, steht der Möglichkeit eines Einsatzes höher profitabler Geräte nicht entgegen. Es ist Sache des Unternehmers, sich darauf vorzubereiten, solche Geräte kurzfristig einsetzen zu können, wenn von der Kostenseite ‑ die im Übrigen nur zum Teil durch die Steuer bestimmt wird ‑ eine Preiserhöhung erforderlich wird, oder sich ‑ falls dies etwa bei den dann höheren Gerätemieten als zu teuer angesehen wird ‑ durch vorsorgliche Bildung von Rücklagen auf Zeiten einer "Durststrecke" vorzubereiten.
70Schließlich begründet auch das Argument, eine Preiserhöhung sei ‑ jedenfalls im Gebiet der Beklagten ‑ am Markt nicht durchsetzbar, nicht, dass die Steuer erdrosselnd wäre.
71Die oben genannte Verfassungsrechtsprechung zum Verbot erdrosselnder Steuern beruht auf dem Gedanken, dass eine durch das Recht erlaubte berufliche Tätigkeit wie hier die des Automatenaufstellers nicht dadurch faktisch verboten werden darf, dass infolge einer extremen Besteuerung die Tätigkeit wirtschaftlich nicht mehr ausgeübt werden kann. Das heißt jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht, dass die Steuer keinerlei erschwerende wirtschaftliche Auswirkungen auf den Beruf entfalten dürfte. Das ist auch kaum denkbar, da jede mit einer beruflichen Tätigkeit verbundene Besteuerung zu einer Erhöhung der Kosten führt, die zur Erwirtschaftung eines Gewinns aufgefangen werden muss, sei es durch eine Preiserhöhung, sei es durch die Senkung anderer Kosten, sei es durch Ausweitung des Umsatzes. Dass die Erhebung von Aufwand- und Verbrauchsteuern gravierende Auswirkungen auf die Rentabilität davon betroffener Berufszweige haben kann und darf, liegt auf der Hand, wie etwa die Auswirkungen der Besteuerung von Tabakwaren (§ 1 Abs. 1 des Tabaksteuergesetzes) für die Berufstätigkeit der Tabakwarenhersteller und ‑händler zeigen oder die Besteuerung von Kraftstoffen (§ 1 des Energiesteuergesetzes) für die Berufstätigkeit der Mineralölhersteller und ‑händler. Vergleichbares gilt für die Besteuerung von Bier, Schaum- und Branntwein. Selbst die Erhöhung der Umsatzsteuer als unspezifischer allgemeiner Verbrauchsteuer kann zum Rückgang des allgemeinen Konsums und damit zur Erschwerung jedweder umsatzsteuerpflichtigen Berufstätigkeit führen. Erdrosselnd ist daher eine Besteuerung nicht schon dann, wenn durch sie die Nachfrage zurückgeht und dadurch die Zahl der überlebensfähigen Betriebe zurückgeht, sondern wenn die Berufsausübung in aller Regel unmöglich gemacht wird. Erst wenn eine Steuer so hoch wird, dass sie praktisch insgesamt den Beruf "abwürgt", ist die Erdrosselungsgrenze erreicht.
72Diese Grenze wird durch die hier in Rede stehende Vergnügungssteuer und eine durch sie möglicherweise erzwungene Preiserhöhung nicht erreicht. Eine Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts bei den von der Klägerin eingesetzten Geräten zur Erwirtschaftung der hier erhobenen Vergnügungssteuer führt nicht zu einem die Berufsausübung unmöglich machenden Einbruch der Nachfrage. Vielmehr ist ein solcher Preis grundsätzlich am Markt durchsetzbar. Das ergeben die von der Klägerin vorgelegten Zahlen und die dem Gericht vorliegenden, in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse.
73Es ist gerichtsbekannt und wird von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt, dass die Aufsteller sich regelmäßig mit einem geringeren als dem höchstzulässigen Kasseninhalt zufrieden geben. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, hat der Leiter des Fachbereichs metrologische Informationstechnik der über die Zulassung von Geldspielgeräten entscheidenden Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, Prof. Dr. S. , am 23. Juni 2010 in einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat (Az. 14 A 597/09 u.a.) erklärt, dass als Durchschnittskassenbestand häufig ein Betrag von 10 bis 20 Euro statt der erlaubten 33 Euro gewählt werde. Das deckt sich mit den Ergebnissen der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erörterten Fallstudie zur Kontrolle des gesetzlichen Rahmens der Spielverordnung bezüglich des durchschnittlichen Spieleraufwandes am Beispiel statistischer Auswertungen gemessener Geldbewegungen von Geldspielgeräten für das Jahr 2010 des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung vom 16.12.2010, die von der B. GmbH finanziert wurde und deren Daten u. a. im Auftrag der T. gruppe, der die Klägerin angehört, zur Verfügung gestellt wurden. Die Studie benutzt den Begriff des mittleren Gewinngradienten, der dem Kasseninhalt je Stunde bei langfristiger Betrachtung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a SpielVO entspricht. Danach ergab sich, "dass der mittlere Gewinngradient ... für alle untersuchten Baureihen unter 33 Euro pro Spielstunde liegt. ... Vergleicht man die Ergebnisse in den vier untersuchten Zeiträumen, so werden die folgenden Tendenzen deutlich:
74Der mittlere Gewinngradient ... sinkt. Er beträgt
75- im Zeitraum 1 (2007): 16,59 € / Spielstunde,
76- im Zeitraum 2 (2008): 13,95 € / Spielstunde,
77- im Zeitraum 3 (2009): 11,39 € / Spielstunde,
78- im Zeitraum 4 (2009-2010): 10,89 € / Spielstunde."
79S. 59 der vorbesagten Fallstudie.
80Auch die Unterrichtung des Bundesrates durch den Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums zur Evaluierung der Spielverordnung vom 6.12.2010 bestätigt dieses Phänomen: Während der durchschnittliche Verlust im Jahre 2005 noch bei 21 Euro je Stunde gelegen habe, sei er ab 2006 auf 14 Euro je Stunde gesunken, wobei jedoch die durchschnittlichen Monatsausgaben eines Spielers in Spielhallen infolge längerer Spielzeiten dennoch in etwa gleich geblieben seien.
81BR-Drs. 881/10, S. 49.
82Das ist ein überzeugendes Ergebnis, denn die Entwicklung auf dem Spielhallenmarkt war nach Einführung der neuen Spielverordnung im Jahre 2006 durch ein starkes Wachstum gekennzeichnet und damit auch durch eine verschärfte Konkurrenz der Spielhallen untereinander.
83Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, LT-Drs. 16/17, S. 43: Zunahme der Geldspielgeräte in Spielhallen im Zeitraum 2006 bis 2010 um 42,66 %.
84Dass sich diese Konkurrenz in sinkenden Preisen in Form geringerer durchschnittlicher Kasseninhalte niederschlug, liegt nahe.
85Der durchschnittliche Kasseninhalt pro Spielstunde in der Spielhalle P. betrug nach den Angaben der Klägerin zwischen … Euro im Jahre 2010 und … Euro im Jahre 2012, durchschnittlich in den drei Jahren … Euro. Aus den vorgelegten Zahlen errechnet sich zwar daraus in Verbindung mit der Spieldauer die Bilanz als Differenz von Einsätzen und Gewinnen, die etwas höher als der steuerrechtlich relevante Saldo 2 ist. Diese Differenz beruht, wie der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, vor allem auf dem unter "Röhren-/Hopperdiff." bezeichneten, auf Manipulationen der Spieler beruhenden Fehlbetrag. Diese auf der Basis des Saldo 2 eigentlich geringere Steuerschuld vernachlässigend, würde eine Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts von … Euro je Spielstunde auf … Euro je Spielstunde, also um … Euro je Stunde, bei der bisherigen Spieldauer im Dreijahreszeitraum 2010 bis 2012 von … Stunden zu einer Bilanz von … Euro im Dreijahreszeitraum führen. Dies als Steuerbasis nehmend, ergäbe sich eine Vergnügungssteuerbelastung von … Euro. Gegenüber der bisherigen Dreijahresbilanz von … Euro führt die Bilanzerhöhung zu einer Umsatzsteuermehrbelastung von … Euro. Die gesamte Vergnügungssteuerbelastung einschließlich des zusätzlichen Anfalls von Umsatzsteuer beträgt somit … Euro im Dreijahreszeitraum. Mithin stünde sich die Klägerin bei der Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts im Dreijahreszeitraum um … Euro bei gleichbleibender Spieldauer mit einer Bilanz von … Euro so, wie sie im Dreijahreszeitraum gestanden hätte, wenn sie überhaupt keine Vergnügungssteuer und lediglich die im Dreijahreszeitraum ohne die Preiserhöhung angefallene Umsatzsteuer zu bezahlen hätte. Ein langfristiger durchschnittlicher Kasseninhalt von … Euro je Stunde liegt aber immer noch erst bei … % des zum Schutze der Spieler begrenzten höchstzulässigen Kasseninhalts von 33 Euro je Stunde, ist also weniger als die Hälfte des zulässigen. Es ist auch ein Kasseninhalt, der bereits am Markt durchgesetzt wurde. 2007 betrug er nach der bereits zitierten Fraunhofer-Studie noch 16,59 Euro je Stunde, lag also um knapp … Euro höher als der hier zur vollständigen Abwälzung der Vergnügungssteuer zuzüglich der Umsatzsteuermehrbelastung erforderlichen Preiserhöhung. Legt man nach dem zitierten Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums den durchschnittlichen Verlust aus dem Jahre 2005 von 21 Euro je Stunde vor Inkrafttreten der novellierten Spielverordnung zu Grunde, lag dieser sogar um … Euro höher.
86Selbst wenn man nicht den Durchschnittszeitraum 2010 bis 2012 betrachtet, sondern das beste Geschäftsjahr 2012, in dem die Bilanz noch einmal deutlich gesteigert wurde, bedürfte es zur vollständigen Abwälzung der Vergnügungssteuer einschließlich der Umsatzsteuermehrbelastung lediglich eines durchschnittlichen Kasseninhalts pro Stunde von … Euro bei gleichbleibender Spieldauer, um bei einer Bilanz von dann … Euro nach Abzug der gesamten Vergnügungssteuer und des Umsatzsteuermehrbetrags von … Euro mit dann … Euro wie im Jahre 2012 zu stehen, aber ohne jedwede Vergnügungssteuer und nur mit der im Jahre 2012 angefallenen Umsatzsteuer.
87Dabei ist diese Berechnung der erforderlichen Preiserhöhung extrem konservativ, denn sie setzt die Klägerin auf ein Niveau ohne jedwede Vergnügungssteuerbelastung mit lediglich der ohne die Preiserhöhung angefallenen Umsatzsteuer. Bei realistischer Berechnung müsste die Umsatzsteuermehrbelastung unberücksichtigt bleiben, weil sie eine kraft bundesgesetzlicher Entscheidung geschaffene und von der Vergnügungssteuer unabhängige Steuer ist, und es müsste eine jedenfalls aus Sicht der Automatenwirtschaft wirtschaftlich noch tragbare Vergnügungssteuerbelastung angesetzt werden.
88Legt man den vor der hier in Rede stehenden Steuererhöhung geltenden Festbetrag nach Stückzahl als tragbaren Wert zugrunde, ergäbe sich bei einem Satz von 150 Euro pro Stück und Monat eine Steuer von 64.800 Euro im Dreijahreszeitraum für die 12 Spielgeräte der Klägerin. Tatsächlich sind … Euro im Dreijahreszeitraum bei einer Gesamtbilanz von … Euro angefallen. Um den Mehrbetrag von … Euro durch eine Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts aufzufangen, wäre eine Erhöhung auf … Euro je Spielstunde erforderlich. Dann wären bei gleicher Spieldauer im Dreijahreszeitraum … Euro eingespielt worden, was eine Vergnügungssteuer von … Euro nach sich gezogen hätte, so dass die Bilanz nach der Vergnügungssteuer im Dreijahreszeitraum bei …Euro gelegen hätte, also über dem Betrag, der im Dreijahreszeitraum ohne Vergnügungssteuererhöhung verblieben wäre.
89Nach dem von der Automatenwirtschaft in Auftrag gegebenen Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG kann ein durchschnittliches Automatenaufstellunternehmen eine Vergnügungssteuerbelastung von 8,82 % auf das Bruttoeinspielergebnis "bei Erhalt eines angemessenen Unternehmerlohns und einer angemessenen Verzinsung auf das eingesetzte Kapital" tragen, "ohne dass die über die normale Ertragsteuerbelastung hinausgehende Steuerbelastung durch die Vergnügungsteuer für das Unternehmen zur Folge hat, dass die Erzielung eines positiven Ergebnisses nicht mehr möglich ist."
90Vgl. Die deutsche Automatenwirtschaft, Erhebung zur Belastbarkeit der Automatenaufstellunternehmer mit Vergnügungsteuer, S. 21.
91Das wäre bei den im Dreijahreszeitraum angefallenen … Euro eine Vergnügungssteuer von … Euro. Auskömmlich wäre also ein Einspielergebnis nach der Vergnügungssteuer im Dreijahreszeitraum von … Euro. Tatsächlich sind … Euro Vergnügungssteuer angefallen. Um den Mehrbetrag von … Euro durch eine Erhöhung des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts aufzufangen, wäre eine Erhöhung auf nur … Euro je Spielstunde erforderlich. Dann wären bei gleicher Spieldauer im Dreijahreszeitraum … Euro eingespielt worden, was eine Vergnügungssteuer von … Euro nach sich gezogen hätte, so dass die Bilanz nach der Vergnügungssteuer im Dreijahreszeitraum bei … Euro gelegen hätte, also über dem als auskömmlich errechneten Betrag von … Euro.
92Zusammengefasst ist somit festzustellen, dass ‑ bei gleichbleibender Spieldauer ‑ eine Preiserhöhung auf allenfalls … Euro je Spielstunde erforderlich ist, um auf den Stand des besten Geschäftsjahres Jahres 2012 ohne Vergnügungssteuer und ohne Umsatzsteuermehrbelastung zu kommen bzw. auf … Euro je Spielstunde für den Dreijahreszeitraum. Bei realistischen Annahmen, die die Umsatzsteuermehrbelastung nicht beachten und eine geringe Vergnügungssteuer als Basis nehmen, bedarf es lediglich einer Preiserhöhung auf … Euro je Spielstunde (Basis bisherige Stückzahlsteuer) oder sogar nur … Euro je Spielstunde (Basis die von der Automatenwirtschaft für tragbar gehaltene Vergnügungssteuer von 8,82 % auf die Bruttokasse).
93Aus diesen Zahlen ergibt sich somit, dass die zur wirtschaftlichen Entlastung der Klägerin erforderliche Preiserhöhung den zulässigen Rahmen der Spielverordnung bei weitem nicht ausschöpfen würde. Dass sich selbst bei dem von der Spielverordnung festgelegten höchstzulässigen Preis bei realistischer Beurteilung noch Spieler fänden, ergibt sich aus Folgendem: Die von der Spielverordnung gezogenen Verlustgrenzen bezwecken den Spielerschutz.
94Vgl. Entwurf der Fünften Verordnung zur Änderung der Spielverordnung, BR-Drs. 655/05 vom 30.8.2005, S. 12 f., 22, 25.
95Der Normgeber hielt also die Maximalverlustgrenze von 80 Euro je Stunde in § 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielVO und die durchschnittliche Verlustgrenze von 33 Euro je Stunde in § 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a SpielVO für erforderlich, weil sich ansonsten eine relevante Zahl von Spielern fände, die unter Inkaufnahme höherer Verlust zu spielen bereit wären. Das erscheint realistisch. Das Spielanreizpotential moderner Geldspielgeräte liegt darin, durch rasche Abfolge von Spielen mit Einsätzen aus getätigten Einwürfen, aber auch mit ‑ rechtlich keine Einsätze darstellenden ‑ gewonnenen Punkten ein Punktekonto zu steigern. Welchen Verlust der Spieler tatsächlich macht, ist nicht aus der Betrachtung des Einzelspiels ersichtlich, selbst nicht aller Spiele einer Stunde und auch nicht eines Tages, da zufallsbedingt auch Gesamtgewinne in dem Zeitraum erzielt werden. Erst durch langfristige Betrachtung des Spiels an einem bestimmten Gerät kann der Spieler feststellen, welchen Verlust er langfristig pro Stunde an einem bestimmten Gerät macht. Diese Undurchsichtigkeit des realen Preises pro Stunde bewirkt, dass es auch genügend Spieler gibt, die sogar zu höheren Preisen als dem in der Spielverordnung gedeckelten Preis von langfristig durchschnittlich 33 Euro je Spielstunde zu spielen bereit wären. Der Gerätespielmarkt bräche ‑ wenn es die Preisgrenze der Spielverordnung nicht gäbe ‑ wohl erst dann im Sinne einer Erdrosselung zusammen, der Beruf des Automatenaufstellers würde abgewürgt, wenn durch die Steuer der Preis so hoch getrieben würde, dass ein Gesamtgewinn während der normalen Spieldauer eines Spielers am Tag eine Seltenheit wäre, weil praktisch alle Einsätze vom Aufsteller einbehalten werden.
96Unabhängig davon steht auf Grund des genannten Fraunhofer-Gutachtens, des zitierten Berichts des Bundeswirtschaftsministeriums und der Aussage von Prof. Dr. S. vor dem Senat in einem anderen Verfahren sogar empirisch fest, dass am Markt schon weitaus höhere Preise durchgesetzt werden konnten als der Preis, der nötig wäre, um die Klägerin von der gesamten Vergnügungssteuer und dem anfallenden Mehrbetrag der Umsatzsteuer zu befreien.
97Richtig ist der Einwand der Klägerin, dass dann, wenn infolge geringerer Spielbereitschaft die Spieldauer sinkt, das Einspielergebnis trotz geforderter und auch von den verbliebenen Spielern gezahlter höherer Preise sinken kann. Das ist jedoch für die hier in Rede stehende Erdrosselungsgrenze unerheblich. Wie ausgeführt, hat selbstverständlich die Höhe des ‑ auch steuerbewirkten ‑ Preises Auswirkungen auf den Markt. Um es am Beispiel des Tabakwarenhandels aufzuzeigen: Eine steuerbewirkte Verdoppelung des Zigarettenpreises würde wohl zu einem Rückgang des Zigarettenkonsums führen, so dass nicht mehr alle Tabakwarenhändler ein ausreichendes Einkommen aus dem Tabakwarenhandel erzielen können. Dennoch würde ‑ allerdings auf einem verkleinerten Markt ‑ der Beruf des Tabakwarenhändlers ausgeübt werden können. Das wäre erst dann nicht mehr der Fall, wenn der Preis so hoch getrieben würde, dass keine berufsrelevante Nachfrage mehr vorhanden wäre. Für die Automatenaufsteller heißt dies: Nicht alle jetzt vorhandenen Unternehmen mögen bei einer drastischen Preiserhöhung auf dem dann noch vorhandenen Spielmarkt einen ausreichenden Ertrag abwerfen, aber eine berufsgrundrechtlich ausreichende Zahl würde es. Weil sich dann die verbliebenen Spieler auf weniger Spielhallen verteilten, könnte die Spieldauer durchaus auf den oben unterstellten Höhen gehalten werden. Der Einwand der Klägerin, eine Preiserhöhung würde zur Absenkung der Spielbereitschaft und damit der Gesamtspieldauer führen, ist nur richtig, wenn eine gleichbleibend hohe Zahl von Anbietern angenommen wird. Das aber fordert das Verbot erdrosselnder Steuern nicht: Eine Senkung der Bestandszahlen von Spielhallen ist mit dem Erdrosselungsverbot vereinbar.
98Ob auch der Markt in P. eine drastische Preiserhöhung unterhalb der so beschriebenen Erdrosselungsgrenze hinzunehmen bereit wäre, ist unerheblich. Für die Frage, ob eine Steuer erdrosselnde Wirkung hat, kommt es auf die aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit abgeleitete Grenze des Bundesrechts an, das keine spezifische P. Erdrosselungsgrenze kennt, ausgerichtet danach, ob auf dem P. Geldspielmarkt eine Erwirtschaftung der Steuer möglich ist. Es gibt, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, vereinzelt Gemeinden, in denen mangels Nachfrage überhaupt keine Spielhalle betrieben werden kann. Einen Rechtssatz, der es der Gemeinde geböte, die Vergnügungssteuer so zu gestalten, dass eine Spielhalle immer, und zwar auch unterhalb der in der Spielverordnung gezogenen Preisgrenze, hier nämlich bei einem langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalt von unter … Euro je Stunde oder gar ‑ je nach Berechnung ‑ noch weniger, wirtschaftlich betrieben werden kann, gibt es nicht. Das würde bedeuten, dass eine Gemeinde überhaupt keine Vergnügungssteuer erheben darf, wenn der örtliche Markt so schwach ist, dass eine Spielhalle nur ohne Vergnügungssteuerbelastung wirtschaftlich betrieben werden kann. Ein solcher Rechtssatz ergäbe sich aus dem Bundesrecht nur, wenn die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder das Bundesgewerberecht die Forderung aufstellte, dass die steuerlichen Bedingungen in jeder Gemeinde so beschaffen sein müssen, dass in jeder Gemeinde mindestens eine Spielhalle wirtschaftlich betrieben werden kann, ungeachtet dessen, ob der Markt für diese Berufsausübung geeignet ist. Das ist nicht der Fall. Die verfassungsrechtliche Grenze verbotener Erdrosselung durch eine Steuer wird durch die generelle Unmöglichkeit gekennzeichnet, bei einer bestimmten Steuerhöhe den Beruf noch wirtschaftlich ausüben zu können. Es kommt also auf den Markt im Allgemeinen, nicht auf den jeweiligen lokalen Markt an. Deshalb liegt auch kein Verstoß gegen den Vorrang des Bundesrechts oder das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung vor, wenn die lokalen Marktbedingungen die Erwirtschaftung einer ‑ generell erwirtschaftbaren ‑ Steuer nicht erlauben. Denn die bundesrechtlichen Vorgaben sind beachtet.
99Dass der lokale Markt in P. zumindest für zwei Spielhallen nichts hergibt, zeigt der Umstand, dass nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung (Beiakten 7 und 8) für das Jahr 2009 für dieses Jahr eine Vergnügungssteuer nach dem Stückzahlmaßstab von 21.600 Euro Jahressteuer angesetzt wurde, was bei einem Einspielergebnis für die Geldspielgeräte in diesem Jahr von … Euro einem Steuersatz auf die Bruttokasse von … % entspricht. Trotz dieses extrem niedrigen Steuersatzes, der unter dem oben dargelegten, von der Automatenwirtschaft für tragbar gehaltenen Steuersatz von 8,82 % liegt, war die Klägerin im Jahre 2009 nicht in der Lage, einen Gewinn zu erwirtschaften, sondern schloss nach ihrer Auswertung mit einem negativen Betriebsergebnis nach Steuern von -… Euro ab.
100Zu Unrecht meint die Klägerin, eine solche Betrachtungsweise widerspreche der Ortsgebundenheit der Steuergesetzgebungskompetenz. Eine örtliche Steuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG ist begrifflich nichts anderes als eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a. F. Sie ist wie diese an die Voraussetzung der örtlichen Radizierung gebunden. Die örtliche Radizierung muss sich aus der normativen Gestaltung des Steuertatbestandes ergeben; sie kann nicht aus der natürlichen Beschaffenheit des Gegenstandes abgeleitet werden, dessen Behandlung der Steuer unterworfen wird. Örtliche Steuern sind nur solche Abgaben, die an örtliche Gegebenheiten, vor allem an die Belegenheit einer Sache oder an einen Vorgang im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde anknüpfen und wegen der Begrenzung ihrer unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen können.
101Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6.12.1983 ‑ 2 BvR 1275/79 ‑, BVerfGE 65, 325 (349).
102Dass die hier in Rede stehende Vergnügungssteuer, die an das Halten von Geldspielgeräten im Gemeindegebiet anknüpft, eine solche örtliche Aufwandsteuer ist, steht außer Frage. Die von der Klägerin aus diesem Charakter abgeleitete Folge, dass die grundrechtliche Grenze der Steuernormsetzung aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die gewerberechtliche sich nach den besonderen Umständen des lokalen Marktes bemäßen, findet in dem Begriff der örtlichen Aufwand- und Verbrauchsteuer in Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG keinen Anhalt, weil jenes Bundesrecht nicht vorschreibt, dass steuerlich gewährleistet sein muss, dass man in jeder Gemeinde eine Spielhalle wirtschaftlich betreiben kann.
103Ein solcher Zusammenhang lässt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgern. Danach liegt ein Verstoß gegen das Erdrosselungsverbot dann vor, wenn die Steuerbelastung es "für sich genommen" unmöglich macht, im Gebiet der Gemeinde den Beruf des Spielautomatenbetreibers ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen.
104BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12.08 ‑, BVerwGE 135, 367 Rn. 44.
105Eine Steuer, die zu einem grundsätzlich am Markt erwirtschaftbaren Preis führt, aber wegen der lokalen Marktbedingungen nicht erwirtschaftbar ist, erdrosselt nicht "für sich genommen" die Berufsausübung, vielmehr tut dies der schwache lokale Markt. Es ist Sache des Unternehmers, seinen Beruf auf geeigneten Märkten auszuüben, er hat keinen Anspruch gegen die Gemeinde, Steuerbedingungen gewährt zu bekommen, die ihm die Berufsausübung auch auf ungeeigneten Märkten gestatten.
106Selbst wenn man für eine verfassungsrechtliche Grenze zulässiger Steuerbelastung nicht erst auf den oben geprüften Maßstab der Erdrosselung im Sinne praktischen Abwürgens der beruflichen Tätigkeit abstellt, sondern aus rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgründen bereits vorher eine Grenze bei nicht mehr zumutbarer, übermäßiger Steuerbelastung zieht, ergibt sich nichts anderes. Denn die hier geforderte Steuer ist nicht unzumutbar in dem Sinne, dass sie einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübung eines Automatenaufstellers selbst für P. Verhältnisse darstellte.
107Der Senat ist überzeugt, dass auch der Markt in P. entgegen den Annahmen der Klägerin eine Preiserhöhung im erforderlichen Umfang hergibt, ohne dass es zu einem nennenswerten Einbruch in der Spieldauer kommt. Die von der Klägerin behauptete enge Korrelation von langfristigem durchschnittlichen Kasseninhalt und Spielbereitschaft besteht nämlich bei nur geringfügigen Preisschwankungen nicht. Das begründet sich aus den von der Klägerin vorgelegten Zahlen. Von 2010 bis 2012 ist der Kasseninhalt pro Spielstunde von … Euro auf … Euro gestiegen. Obwohl also der Preis im Dreijahreszeitraum um … Euro je Stunde erhöht worden ist, hat dies nicht zu einem Rückgang der Akzeptanz der Spielhalle geführt. Im Gegenteil wurde im selben Zeitraum die Spieldauer von … Stunden auf … Stunden erhöht, also um mehr als ein Viertel. Das spiegelt sich in einer entsprechenden Erhöhung der Einsätze von … Euro im Jahre 2010 auf … Euro im Jahre 2012 wider. Es sind keine vernünftigen Gründe ersichtlich, warum die Klägerin die Preise nicht weiter steigern könnte, um die Ertragslage zu verbessern, ohne dass es zu einem Einbruch in der Spieldauer kommt. Wie oben dargestellt, bedürfte es zur Herbeiführung des wirtschaftlichen Zustandes des Jahres 2012 ohne jedwede Vergnügungssteuerbelastung und ohne die Umsatzsteuermehrbelastung einer Bilanz von … Euro. Ausgehend von der tatsächlichen Bilanz von … Euro im Jahre 2012 bedürfte es einer Steigerung um …%. Von 2010 bis 2012 hat die Klägerin die Bilanz kontinuierlich um insgesamt … % (von … auf … Euro) gesteigert. Geht man gar von dem in der betriebswirtschaftlichen Auswertung für das Jahr 2009 angegebenen Einspielergebnis für Geldspielgeräte von … Euro aus, ist der Kasseninhalt von 2009 bis 2012 sogar um … % gesteigert worden. Es ist nicht erkennbar, warum diese Entwicklung nicht fortführbar sein sollte. Zwar führt die Klägerin die Steigerung auf den Wegfall des Konkurrenten zurück. Es mag in der Tat sein, dass auch ein solcher Effekt vorliegt, der sich in höherer Auslastung niedergeschlagen hat. Jedoch zeigt die Entwicklung, dass steigende Preise in Form höherer langfristiger durchschnittlicher Kasseninhalte und sinkende Spieldauer keineswegs korrelieren. Es ist bei den hier in Rede stehenden Preiserhöhungen vielmehr anzunehmen, dass die Stellung der Klägerin als nunmehriger Monopolistin in P. es ihr erlaubt, die Preise im hier nötigen Umfang weiter anzuheben, ohne dass die Spieldauer nennenswert leidet.
108Dabei muss berücksichtigt werden, dass der oben genannte tendenzielle Fall des langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts von über 20 Euro je Spielstunde auf 10,89 Euro je Spielstunde im Zeitraum 2009/2010 selbst nur ein Durchschnittswert ist. 2009/2010 dürfte der langfristige durchschnittliche Kasseninhalt zwischen den einzelnen Spielhallen deutlich um den durchschnittlichen Wert von 10,89 Euro je Spielstunde pendeln, mit anderen Worten es wird deutlich teurere, aber auch deutlich günstigere Spielhallen gegeben haben. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass die in ein und demselben Zeitraum (7.12.2009 bis 22.4.2010) aufgestellten Spielgeräte ganz unterschiedliche langfristige durchschnittliche Kasseninhalte aufwiesen: Sie reichen von 9,06 Euro je Spielstunde (AGI Novoline 2 Stand) bis 13,89 Euro je Spielstunde (ADP Power Games I), differieren also um 4,83 Euro.
109Fraunhofer-Studie S. 32.
110Dabei ist es keineswegs so, dass die preisgünstigsten Geräte die von der Spielzeit am stärksten frequentierten sind: Das mit 1.646.627,1 Stunden am stärksten frequentierte Gerät AGI Magic Ballogator fordert einen langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalt von 10,81 Euro je Stunde, also 1,75 Euro je Spielstunde mehr als das aus Sicht der Spieler günstigste Gerät AGI Novoline 2 Stand, das mit 532.028,7 Spielstunden nur etwa ein Drittel so stark frequentiert wurde wie das Gerät AGI Magic Ballogator.
111Fraunhofer-Studie S. 32.
112Maßgebend für die Spielbereitschaft ist daher keineswegs, erst Recht nicht ausschließlich der langfristige durchschnittliche Kasseninhalt, sondern wohl eher die Interessantheit oder auch Neuheit eines Spielprogramms.
113Die Möglichkeit der Erzielung eines höheren langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts ohne Einbruch bei der Spieldauer gilt erst recht, wenn man die notwendige Preiserhöhung nicht nach der oben dargestellten konservativsten Methode mit dem Ziel eines Ergebnisses wie 2012 ohne jedwede Vergnügungssteuerbelastung und ohne die Umsatzsteuermehrbelastung berechnet. Hält man nur einen Kasseninhalt von … Euro je Stunde für erforderlich, läge er um lediglich … Euro über dem von der Klägerin zuletzt erzielten Kasseninhalt von … Euro je Stunde. Dabei hat die Klägerin allein im betrachteten Dreijahreszeitraum den Kasseninhalt bereits um … Euro gesteigert, nämlich von … Euro im Jahre 2010 auf … Euro im Jahre 2012. Es ist greifbar unglaubhaft, dass solch marginale Preiserhöhungen, die für den gewöhnlichen Spieler gar nicht, allenfalls bei längerfristiger, genauer Preisbeobachtung feststellbar sind, zu einem nennenswerten Einbruch in der Spieldauer führen. Es erweist sich also, dass unter Zugrundelegung eines von der Automatenwirtschaft selbst als tragbar angesehenen Steuersatzes die beim höheren Steuersatz der Beklagten erforderliche Preiserhöhung durchsetzbar ist. Dem Senat drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass die Klägerin bisher auf eine deutlichere Preiserhöhung verzichtet hat, weil sie im Hinblick auf das vorliegende Klageverfahren die Preisresistenz des P. Marktes nicht zu deutlich demonstrieren will.
114Auch die Überlegung, dass eine infolge höherer Vergnügungssteuer in P. als in den Nachbargemeinden erzwungene Preiserhöhung Spieler in die Spielhallen der Nachbargemeinden treiben könnte, so dass doch die Spieldauer in P. einbrechen könnte, führt nicht weiter. Es ist aus den oben genannten Gründen schon nicht glaubhaft, dass unterschiedliche langfristige Kasseninhalte von einigen Euro zu einer nennenswerten Verlagerung von Spielern in andere Gemeinden führt, um so mehr als hier nicht nur ein Wechsel zu einer anderen Spielhalle in demselben Ort, sondern ein Wechsel in die Spielhalle in eine andere Gemeinde in Rede steht. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob die Konkurrenz aus anderen Gemeinden mit günstigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie einem geringeren Steuersatz es hindert, einen hier aufgrund des höheren Steuersatzes erforderlichen Preis am Markt durchzusetzen. Art. 12 Abs. 1 GG schützt nicht vor Erdrosselung durch Konkurrenz, sondern vor erdrosselnden Steuern als solchen. Ob die Wettbewerbsverzerrung durch Steuern die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzen kann, kann dahinstehen. Jedenfalls geht der Schutz nicht über den Anwendungsbereich des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG hinaus.
115Vgl. BVerfG, Urteil vom 20.4.2004 ‑ 1 BvR 1748/99 u.a. ‑, BVerfGE 110, 274 (290 f.)
116Insoweit steht aber fest, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG jeden Träger öffentlicher Gewalt nur in dessen konkretem Zuständigkeitsbereich bindet.
117Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 ‑ 1 BvF 4/05 ‑, BVerfGE 122, 1 (25).
118Deshalb ist es nicht nur unbedenklich, dass das dem Landessteuerrecht zuzurechnende Vergnügungssteuerrecht (Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG) von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist. Da landesrechtlich die Erhebung einer Vergnügungssteuer den Gemeinden zugewiesen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 KAG) ist es sogar unbedenklich, wenn unterschiedliches Vergnügungssteuerrecht zwischen den Kommunen des Landes besteht.
119Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.12.1966 ‑ 1 BvR 33/64 ‑, BVerfGE 21, 54 (68) zu unterschiedlichen Gewerbesteuerhebesätzen; OVG NRW, Beschluss vom 14.3.2012 ‑ 14 A 289/12 ‑, NRWE Rn. 16 ff.
120Eine Gemeinde ist daher aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, zum Schutze der Wirtschaft in ihrem Gebiet vor der Konkurrenz aus Nachbargemeinden ihre Steuersätze den niedrigeren der Nachbargemeinde anzupassen. Im Gegenteil liegt in der Zuweisung der Steuernormsetzungskompetenz an die Gemeinden auch die im Interesse der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährte Befugnis, niedrigere Steuern im interkommunalen Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen einzusetzen.
121Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.1.2010 ‑ 2 BvR 2185/04 u.a. ‑, BVerfGE 125, 141 (166); BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 ‑ 8 C 43.09 ‑, BVerwGE 138, 89 Rn. 16.
122Die erhobene Steuer ist auch abwälzbar. Eine indirekt erhobene Aufwandsteuer muss abwälzbar sein. Bei der Klägerin als Veranstalterin des Vergnügens wird die Steuer nur zur Vereinfachung erhoben. Im Ergebnis soll sie den Spieler, den Steuerträger, treffen. Die Steuer muss daher auf den Benutzer der Veranstaltung abwälzbar sein. Sie soll nicht an demjenigen "hängen bleiben", der das steuerpflichtige Vergnügen zum Zwecke der Gewinnerzielung anbietet, sondern aus denjenigen Aufwendungen gedeckt werden, die die Spieler für ihr Spielvergnügen aufbringen. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen ‑ Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten ‑ treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Diese Voraussetzung ist zumindest so lange gegeben, wie der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft.
123Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 - 1 BvL 8/05 , BVerfGE 123, 1 (22 f.); BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 ‑ 9 C 12.08 ‑, BVerwGE 135, 367 Rn. 28.
124Nach diesen Maßstäben bestehen an der Abwälzbarkeit der hier erhobenen Vergnügungssteuer keine Zweifel, weil einer Preiserhöhung zur Abwälzung der Steuer keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Ob der Markt in P. die Abwälzung ermöglicht, ist schon deshalb unerheblich, weil es für die Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuererhebung nicht darauf ankommt, ob die Steuer als Aufwandsteuer tatsächlich auf den Endverbraucher abgewälzt werden kann; vielmehr genügt es, dass die Steuer auf eine Überwälzung angelegt ist.
125Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.6.2013 ‑ 9 B 50.12 ‑, Rn. 5.
126Die Vergnügungssteuer ist auf Abwälzung angelegt, weil sie nach ihrer Konzeption wirtschaftlich letztlich vom Spieler aus seinen Einsätzen getragen werden soll. Im Übrigen ist der Senat ‑ wie oben ausgeführt ‑ sogar überzeugt, dass die Steuer auch in P. tatsächlich abgewälzt werden kann.
127Die auf der so wirksamen Satzungsgrundlage ergangenen Steuerbescheide leiden nicht unter formellen Mängeln. Sie sind hinreichend begründet worden (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i. V. m. § 121 Abs. 1 AO). Bei der ‑ hier vorliegenden ‑ Nichtabgabe der Steuererklärung und bei Fehlen eines besonderen Anlasses reicht die Mitteilung des Schätzungsergebnisses in Form der Wertangabe.
128Vgl. BFH, Beschluss vom 23.1.2003 - VIII B 161/02 -, juris Rn. 3; Urteil vom 11.2.1999 ‑ V R 40/98 ‑, BStBl. II S. 382 (383).
129Auch rechtliches Gehör im Sinne einer Anhörung (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 AO) ist ausreichend gewährt worden. Die Klägerin ist jedenfalls vor den ersten angefochtenen Bescheiden auf das Fehlen der Steueranmeldung hingewiesen und zu deren Abgabe aufgefordert worden. Unter diesen Voraussetzungen ist eine Anhörung zur beabsichtigten Schätzung nicht erforderlich und nach der wiederholten Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung ist auch eine weitere Aufforderung in den Folgesteuerzeiträumen entbehrlich.
130Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7.4.2011 ‑ 14 A 1596/09 ‑, NRWE Rn. 66 f.; Cöster in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 162 Rn. 114.
131Materiell verletzen die Bescheide jedenfalls nicht die Rechte der Klägerin, weil die auf Schätzungsbasis festgesetzte Steuer sogar niedriger ist als die eigentlich nach dem tatsächlichen Einspielergebnis angefallene. Insoweit erhebt die Klägerin auch keine Einwände.
132Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
133Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, weil die Frage, welche bundesrechtlichen Schranken für die Höhe einer Geldspielgerätesteuer bestehen, insbesondere ob und gegebenenfalls wo eine solche Schranke unterhalb der Erdrosselungsgrenze aus dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besteht, der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung verleiht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin geht der gewerblichen Prostitution nach. Sie bietet ihre Dienstleistungen in dem Klub „G. C. “, L.------weg , in E. an. Die Beklagte erhebt auf der Grundlage der Satzung der Stadt E. für die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen und das Angebot sexueller Handlungen u.a. für das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt eine Vergnügungssteuer von 6,00 Euro für jede Prostituierte oder Prostituierten pro Veranstaltungstag.
3Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 3. Januar 2013 reichte die Klägerin eine von ihr nicht selbst unterschriebene „Steuererklärung für den Monat Dezember 2012“ bei der Beklagten ein, in welcher sie ausgehend von 15 Veranstaltungstagen eine Vergnügungssteuer von 90 Euro für diesen Monat errechnete. Im Namen der Klägerin versicherte ihr Prozessbevollmächtigter, dass die Angaben wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden seien. Mit Schreiben vom 13. Februar 2013 beanstandete die Beklagte die Steuererklärung wegen der fehlenden Unterschrift der Klägerin. Unter dem 15. März 2013 wies der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beanstandung zurück. Mit Aktenverfügung vom 6. Dezember 2013 stellte die Beklagte klar, dass sie ungeachtet der fehlenden Unterschrift von einer wirksamen Steuererklärung ausgehe.
4Bereits am 8. Januar 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
5Sie trägt vor, dass in formeller Hinsicht eine ordnungsgemäße Erklärung vorliege. In materieller Hinsicht sei die Heranziehung zu einer Vergnügungssteuer rechtswidrig, weil die Vergnügungssteuersatzung mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Steuer erweise sich als verkappte Berufssteuer und sei mit Art. 12 GG unvereinbar. Sie - die Klägerin - müsse mit anderen Dienstleistern gleichgestellt werden. § 4 der Vergnügungssteuersatzung sei nicht wirksam. Denn nach dieser Vorschrift falle auch dann eine Vergnügungssteuer an, wenn es nicht zu einer Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen komme, also kein besteuerbarer Aufwand entstehe. Zudem fehle bei einer Pauschale von 6,00 Euro pro Veranstaltungstag ein lockerer Bezug zum Vergnügungsaufwand. Ferner habe sie - die Klägerin - nicht die Möglichkeit, ihre Belastung mit der Sexsteuer an ihre Kunden weiter zu geben.
6Die Klägerin beantragt,
7die Vergnügungssteuerfestsetzung für den Monat Dezember 2012 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie trägt vor, auch sie gehe nunmehr davon aus, dass aufgrund der eingereichten Steuererklärung das Besteuerungsverfahren habe in Gang gesetzt werden können. Die Vergnügungssteuersatzung sei rechtmäßig, und Fehler in der Steuerveranlagung lägen nicht vor.
11Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
13Die als Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Klage ist unbegründet. Die Vergnügungssteuerfestsetzung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
14Rechtsgrundlage der Vergnügungssteuerfestsetzung ist die Vergnügungssteuersatzung der Stadt E. für die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen und das Angebot sexueller Handlungen vom 2. September 2010 in der Form der Satzung zur Änderung der Vergnügungssteuersatzung vom 21. November 2012 (Vergnügungssteuersatzung - VStS -). Nach § 1 Nr. 2 VStS unterliegt das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt in den in Nr. 1 genannten Einrichtungen (Bordelle, Bars, Sauna-, G. - und Swingerclubs sowie ähnliche Einrichtungen) sowie in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen oder an sonstigen Orten der Besteuerung. Die Steuer beträgt nach § 4 VStS unabhängig von der tatsächlichen zeitlichen Inanspruchnahme und der Anzahl der sexuellen Handlungen für jede/n Prostituierte/n 6,00 Euro pro Veranstaltungstag; Steuerschuldner ist nach § 2 Abs. 1 VStS der/die Prostituierte als Unternehmer der Veranstaltung (Veranstalter).
15Diese Satzungsbestimmungen sind wirksam. Bedenken ergeben sich nicht daraus, dass die Vergnügungssteuersatzung vom 2. September 2010 im Wege einer Dringlichkeitsentscheidung durch den Oberbürgermeister und ein Ratsmitglied nach § 60 Abs. 1 Satz 2 GO NRW erlassen worden ist. Ob die engen Voraussetzungen für diese Dringlichkeitsentscheidung vorlagen, kann offen bleiben. Denn der Rat der Beklagten hat in seiner Sitzung vom 30. September 2010 die Satzung genehmigt. In einem solchen Fall erfolgt keine Prüfung der Voraussetzungen des § 60 S. 1 und 2 GO NRW mehr.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2011 - 15 A 1643/10 - Rn. 38 m.w.N., juris.
17Die Bestimmungen der Satzung verstoßen weder gegen Verfassungsrecht noch gegen sonstiges höherrangiges Recht.
18I. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich nicht. Die Satzungsbestimmungen sind mit dem Gleichartigkeitsverbot aus Art. 105 Abs. 2 a GG, dem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem Rechtsstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar.
191. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer verstößt nicht gegen das in Art. 105 Abs. 2a GG verankerte Gleichartigkeitsverbot. Nach dieser Verfassungsvorschrift haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Befugnis hat das Land Nordrhein-Westfalen gem. § 3 KAG NRW auf die Kommunen übertragen. Die von der Beklagten normierte Steuererhebung ist nach ihrer Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich begrenztem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist. Das Verbot der Gleichartigkeit der Steuern wird seit jeher dahin ausgelegt, dass es sich nicht auf die herkömmlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern erstreckt, zu denen auch die Vergnügungssteuer zählt.
20BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juni 1975 – 2 BvL 16/73- , BVerfGE 40, 52 (55); vom 26. Februar 1985 – 2 BvL 14/84 -, BVerfGE 69, 174 (183); und vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 -, Rn. 45 f., juris.
21Die Vergnügungssteuer beruht auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Sie ist eine Aufwandsteuer, die den finanziellen Aufwand, den ein Vergnügungssuchender tätigt, besteuert. Gegenstand der Vergnügungssteuer können dabei Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Dazu gehören auch sexuelle Vergnügungen, solange sie nicht unentgeltlich erfolgen.
22VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2011 - 2 S 196/10 - Rn. 51 f., juris.
23Das ist hier der Fall. § 1 Nr. 2 VS erfasst nämlich nur das Angebot sexueller Handlungen „gegen Entgelt“.
24Es verstößt ferner nicht gegen Art. 105 Abs. 2 a GG, dass die Steuer nicht unmittelbar von den Vergnügungssuchenden, also den Kunden oder Freiern, erhoben wird, sondern vom Veranstalter, also der oder dem Prostituierten. Wird eine Steuer nicht bei dem Vergnügungssuchenden erhoben, den sie eigentlich treffen soll, sondern indirekt bei einem Dritten, muss sie grundsätzlich von diesem Steuerentrichtungspflichtigen auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Grundsätzen genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung, d.h. der Steuerpflichtige kann den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen. Dabei ist es unschädlich, wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt.
25BVerfG, Urteil vom 10. Mai 1962 – 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, S. 76 ff.; Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 -, Rn. 93, juris.
26Die Abwälzbarkeit setzt nicht voraus, dass der Unternehmer die Steuer im Voraus exakt berechnen kann. Entscheidend ist vielmehr, dass er die abzuführende Steuer einigermaßen verlässlich kalkulieren kann. Dies ist hier möglich, weil die Prostituierten die Steuer, die sogar im Voraus pro Veranstaltungstag exakt berechnet werden kann, in den für ihre Dienstleistung verlangten Preis einkalkulieren können. Sie können die Steuer etwa durch eine Preiserhöhung auf den Steuerträger, den Kunden, abwälzen, oder, wenn die Preise stabil gehalten werden sollen, individuelle kostensenkende Maßnahmen ergreifen.
27Einer kalkulatorischen Abwälzbarkeit steht nicht entgegen, dass an einem einzelnen Veranstaltungstag die Höhe der Vergnügungssteuer die Einnahmen der Prostituierten übersteigen kann, etwa wenn die Prostituierte keinen einzigen Kunden gewinnt. Dies macht die Steuererhebung nicht rechtswidrig, weil die Abwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingen, sondern nur grundsätzlich möglich sein muss. Eine solche grundsätzliche Möglichkeit ist bei der Betrachtung eines längeren Zeitraums als ein Tag gegeben, weil etwaige Verluste ausgeglichen werden können. Im Übrigen ist es dem Vergnügungssteuerrecht nicht fremd, dass die Erhebung einer Vergnügungssteuer bei der Betrachtung eines bestimmten Zeitraums im Einzelfall zu einem finanziellen Verlust für den Veranstalter führen kann. So werden Geldspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit, welche kein manipulationssicheres Zählwerk aufweisen, regelmäßig nach dem Stückzahlmaßstab besteuert, ohne dass es darauf ankommt, ob die Einnahmen aus einem solchen Gerät in einem einzelnen Monat die zu entrichtende Vergnügungssteuer übersteigen. Eine faktische Unmöglichkeit der kalkulatorischen Abwälzbarkeit ist erst dann anzunehmen, wenn die Vergnügungssteuer erdrosselnd wirkt.
28OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - NRWE, Rn. 122 ff.
292. Für eine derartige mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbare erdrosselnde Wirkung des Steuersatzes ist nichts ersichtlich. Eine solche Wirkung wird angenommen, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, den gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen. Dabei ist nicht das im konkreten Einzelfall betroffene Unternehmen, sondern ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet zum Maßstab zu nehmen, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet.
30BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 -, juris, und vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 – 14 A 597/09 - a.a.O.
31Konkrete und substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass das hier zu beurteilende Gewerbe bei dem angesetzten Steuersatz generell nicht mehr wirtschaftlich im Stadtgebiet der Beklagten betrieben werden kann, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Insbesondere behauptet sie nicht, dass das Prostitutionsgewerbe aufgrund der zu zahlenden Vergnügungssteuer generell keinen Gewinn mehr abwerfen könne. Ein solcher Gedanke ist bei einer Vergnügungssteuer von nur 6,00 Euro pro Veranstaltungstag auch fernliegend. Unter Berücksichtigung des im Satzungsgebiet florierenden Prostitutionsgewerbes ist nicht zu erkennen, dass dieses Gewerbe durch die Steuererhebung soweit erschwert wird, dass eine durchschnittliche Prostituierte nicht mehr gewinnbringend tätig sein kann.
32Es verstößt auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, dass mit der hier in Rede stehenden Steuer eine „verkappte Berufssteuer“ eingeführt würde. Ansatzpunkt für die Vergnügungssteuer ist der Aufwand des sich Vergnügenden, an den die Steuer im Ergebnis weitergegeben werden kann. Dass Berufstätige, die ein vergnügungssteuerpflichtiges Gewerbe ausüben (neben den Prostituierten sind dies etwa auch Spielhallenbetreiben, Veranstalter von Tanzveranstaltungen etc.), Steuerschuldner sind, ändert nichts daran, dass die Steuer auf eine Abwälzung angelegt ist. Im Übrigen treffen auch sonstige Steuern (etwa die Tabaksteuer, die Brannt- und Schaumweinsteuer oder die Mineralölsteuer) nur einzelne Berufe.
333. Es liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG dadurch vor, dass andere Berufe nicht mit einer Vergnügungssteuer belegt werden. Andere Berufe unterscheiden sich so wesentlich von den im Bereich des menschlichen Vergnügens angesiedelten Dienstleistungsberufen, dass schon nicht von wesentlich Gleichem gesprochen werden kann. Jedenfalls ist eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von unterschiedlichen Dienstleistungen gerechtfertigt. Es ist anerkannt, dass eine Vergnügungssteuer im Hinblick auf einzelne, im Bereich des menschlichen Vergnügens angesiedelte Gewerbe erhoben werden darf. Dahinter steht der Gedanke, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann.
34BVerfG, Beschlüsse vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 -, juris, und vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1.
354. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu einer Vergnügungssteuer ergeben sich nicht daraus, dass die Vergnügungssteuersatzung Rückwirkung entfaltet. Die Satzung vom 2. September 2010 und die Änderungssatzung vom 21. November 2012 traten zum 1. August 2010 in Kraft. Für den streitgegenständlichen Erhebungszeitraum (Dezember 2012) kommt ein Verstoß gegen das aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende rechtsstaatliche Vertrauensschutzgebot schon deshalb nicht in Betracht, weil die Satzung für diesen Zeitraum keine rückwirkende Geltung beansprucht. Im Übrigen konnte kein schützenswertes Vertrauen gebildet werden, weil die Betroffenen mit der Regelung rechnen mussten. Es ist nämlich durch Erlass der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 15. Juli 2010 mit Wirkung zum 1. August 2010 ein entsprechender Regelungsversuch des Normgebers vorausgegangen.
36II. Die hier einschlägigen Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung sind ferner mit einfachem Recht vereinbar. Sie verstoßen insbesondere nicht gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen.
371. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW können Gemeinden Steuern erheben. Dies muss aufgrund einer Satzung geschehen, § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW. Das ist hier der Fall. Die Satzung der Beklagten verstößt auch nicht gegen § 2 Abs. 2 KAG NRW, weil die hiernach erforderliche Genehmigung vorliegt. Nach dieser Vorschrift bedarf eine Satzung, mit der eine im Land bisher nicht erhobene Steuer erstmalig oder erneut eingeführt werden soll, zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Innen- und des Finanzministeriums. Eine solche Steuer für sexuelle Vergnügungen wurde durch die vom Innenministerium und vom Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen am 10. Mai 2010 genehmigten Satzung über die Vergnügungssteuer in der Stadt Dorsten vom 18. Mai 2010 im Land Nordrhein-Westfalen eingeführt.
38Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 12. April 2012 - 14 B 1520/11 -, juris; Urteil vom 18. Juni 2009 - 14 A 1577/07 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2011 - 25 K 6960/10 -, juris.
392. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW sind ebenfalls erfüllt, denn die Satzung normiert den Kreis der Abgabeschuldner, den Zeitpunkt der Fälligkeit, den die Abgabe begründenden Tatbestand sowie den Maßstab und den Satz der Abgabe.
40a) Der Kreis der Abgabenschuldner wird in § 2 Abs. 1 VStS bestimmt, wonach der Unternehmer der Veranstaltung Steuerschulder ist. Der Zeitpunkt der Fälligkeit ergibt sich aus § 6 Abs. 2 und 3 VStS.
41b) Der Steuertatbestand ist in § 1 Nr. 2 VStS geregelt. Danach unterliegt das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt der Besteuerung. § 1 Nr. 2 VStS schafft damit einen personenbezogenen Steuergegenstand. Die Norm erfasst den Aufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen auf einem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt beruht. Demgegenüber schafft § 1 Nr. 1 VStS einen einrichtungsbezogenen Steuergegenstand. Diese Norm erfasst den Aufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen in dafür bestimmten Einrichtungen stattfindet. Diese Steuertatbestände schließen sich nicht aus; § 1 Satz 2 VStS regelt ausdrücklich, dass eine Besteuerung auch stattfindet, wenn die sexuelle Handlung entgeltlich „in den in Nr. 1 genannten Einrichtungen“ angeboten wird. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn eine Prostituierte ihre Dienstleistung nicht isoliert anbietet (etwa auf der Straße, in einem Wohnwagen, in Kraftfahrzeugen, in Privatwohnungen, in einem „klassischen“ Beherbergungsbetrieb etc.), sondern für die Ausübung ihres Gewerbes Infrastrukturleistungen eines auf die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen spezialisierten Betriebes (etwa eines Bordells, eines Sauna- oder G. -Clubs etc.) nutzt.
42Es ist nicht zu beanstanden, dass in Fällen dieser Art eine Besteuerung sowohl nach § 1 Nr. 1 VStS als auch nach § 1 Nr. 2 VStS erfolgt. Insbesondere handelt es sich nicht um eine unzulässige „Doppelbesteuerung“. Besteuert wird der Vergnügungsaufwand des sich Vergnügenden. Dieser Aufwand ist höher, wenn bezogen auf die sexuelle Vergnügung mehr Leistungen in Anspruch genommen werden. Dass damit in der Gesamtbetrachtung bezogen auf den einzelnen Vergnügungssuchenden eine höhere Vergnügungssteuer anfällt, liegt in der Natur der Sache. Ein sich in einer Einrichtung im Sinne der Nr. 1 sexuell Vergnügender nimmt nicht nur das Angebot entgeltlicher sexueller Dienstleistungen in Anspruch, sondern nutzt darüber hinaus auch die sonstigen, vom Betreiber der Einrichtung bereitgestellten Annehmlichkeiten und Leistungen. Aufgrund dieses höheren Vergnügungsaufwandes rechtfertigt dies eine Besteuerung sowohl nach § 1 Nr. 1 VStS (im Hinblick auf die sexuellen Infrastrukturleistungen) als auch nach § 1 Abs. 2 VStS (im Hinblick auf das Angebot entgeltlicher sexueller Handlungen).
43c) Der Abgabemaßstab ist in § 4 VStS geregelt. Danach beträgt die Steuer für das Angebot sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt pauschal 6,00 Euro pro Veranstaltungstag unabhängig davon, ob und wie viele Kunden der oder die Prostituierte an einem Veranstaltungstag hatte. Diese Regelung ist nicht zu beanstanden. Bei der Ausgestaltung des Abgabemaßstabs ist vom eigentlichen Steuergut, dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Kunden, auszugehen. Bei der Entscheidung, wie und mit welchem Steuermaßstab dieser Vergnügungsaufwand am besten erfasst wird, hat der gemeindliche Satzungsgeber einen weitreichenden Spielraum zur Ausgestaltung, Veränderung oder auch Fortentwicklung der Steuer.
44BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 – 1 BvR 624/00 –, Rn. 10, juris.
45Der Satzungsgeber ist nicht auf einen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt, der den tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwand genau erfasst; zulässig ist auch ein Ersatz- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Art. 3 Abs. 1 GG setzt erst dort eine Grenze, wo ein sachlicher Grund für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Im Falle einer gerichtlichen Überprüfung hat das Gericht nur die Einhaltung der äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.
46BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 – 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8 (25 f).
47Der Gestaltungsspielraum entbindet aber nicht von der Notwendigkeit, dass der Steuermaßstab grundsätzlich geeignet sein muss, den zu besteuernden Vergnügungsaufwand zumindest entfernt abzubilden. Der Maßstab muss zumindest einen lockeren Bezug zum eigentlich Steuergut, dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers, aufweisen.
48BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 – 10 C 8.04 -, Rn. 13, juris; BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 -, Rn. 59, juris.
49In Anwendung dieser Grundsätze bestehen keine Bedenken gegen die Ausgestaltung des Steuermaßstabs im Einzelnen. Der in § 4 VStS gewählte Maßstab weist den erforderlichen lockeren Bezug auf. Diese Vorschrift bestimmt unabhängig vom wirklichen Aufwand der Freier zur Erlangung sexueller Handlungen eine einheitliche Steuer pro Veranstaltungstag und Prostituierter. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands (etwa auf der Basis der Zahl der Kunden pro Veranstaltungstag unter Berücksichtigung der jeweils erhaltenen Dienstleistungen oder anhand des ggf. individuell ausgehandelten Entgelts) ist praktisch nicht möglich und könnte gar zu einem Vollzugsdefizit führen, weil die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt. Andere Kontrollmöglichkeiten stehen nicht zur Verfügung. In solchen Fällen ist es nicht zu beanstanden, die Steuer bei dem Veranstalter des Vergnügens pauschal zu erheben.
50OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 14 A 1948/13 -, juris.
51Im Übrigen ist der Normgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.
52OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2012 - 14 B 835/12 -, juris.
53Auch aus diesem Grund ist es unbedenklich, das in Rede stehende Steuergut, nämlich den Aufwand der sich vergnügenden Kunden, pauschal zu besteuern. Wenn der wirkliche Vergnügungsaufwand auch je nach den näheren Umständen differieren dürfte, wird durch die steuerliche Betrachtung jedes einzelnen Veranstaltungstages genügend differenziert, um unterschiedliche Vergnügungsaufwände auch steuerlich unterschiedlich zu behandeln, weil davon auszugehen ist, dass bei vielen Veranstaltungstagen mehr Vergnügungsaufwand anfällt als bei wenigen.
54Der Steuermaßstab erweist sich auch nicht in dem Fall als rechtswidrig, wenn an einem einzelnen Veranstaltungstag die Prostituierte keinen Kunden gewinnt und daher die Vergnügungssteuer in Höhe von 6,00 Euro für diesen Veranstaltungstag die Einnahmen der Prostituierten übersteigt. Dies gehört zu den oben erwähnten, mit Pauschalierungen unvermeidlich verbundenen Härten. Es gleicht sich dadurch aus, dass an anderen Veranstaltungstagen möglicherweise mehr Kunden als üblich bedient werden können. Dass dieser Umstand auch der Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung nicht entgegensteht, wurde bereits oben ausgeführt.
553. Die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer ist nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich ohne weiteres aus der Multiplikation der angemeldeten Veranstaltungstage mit dem Steuersatz von 6,00 Euro.
564. Die Heranziehung im Übrigen ist ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Dass die Steuererklärung nicht unterschrieben ist, steht der Wirksamkeit der Anmeldung nicht entgegen. Nach § 150 Abs. 2 Satz 2 AO ist, wenn der Vordruck dies vorsieht, schriftlich zu versichern, dass die Angaben in der Steuererklärung wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen gemacht wurden. Nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO ist, wenn die Steuergesetze eine eigenhändige Unterschrift anordnen, die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige an der Unterschrift gehindert ist. Hier ordnet die Satzung keine eigenhändige Unterschrift an, so dass die Unterschrift des Bevollmächtigten ausreichend ist. Eine solche geschah zwar nicht unter der Steuererklärung selbst, aber in dem zugehörigen Begleitschreiben des Prozessbevollmächtigten unter Versicherung der Richtigkeit der gemachten Angaben. Dies reicht aus, um hinreichend sicher die Urheberschaft der Steuererklärung feststellen zu können. Davon gehen auch die Beteiligten nunmehr aus.
57Bei dem vom Beklagten in § 6 Abs. 2 VStS gewählten Modell handelt es sich um ein Anmeldungsmodell im Sinne des § 167 AO mit der Folge, dass es zur Heranziehung keines gesonderten Steuerbescheides bedarf. Der Steuerschuldner hat nach dieser Satzungsvorschrift seine Steuer für den Vormonat binnen 10 Tagen anzumelden und die errechnete Steuer zu entrichten. Dass in der Satzung nicht der Begriff „Anmeldung“, sondern der Begriff „Steuererklärung“ erwähnt ist, ist unschädlich. Es handelt sich noch nicht einmal eine Falschbezeichnung, weil eine Steueranmeldung nur ein Sonderfall einer Steuererklärung ist, wie sich aus § 150 Abs. 1 Satz 3 AO ergibt. Dass die Steuer nicht noch mit einem gesonderten Steuerbescheid festgesetzt werden soll, ergibt sich aus dem Normzusammenhang, wonach die steuerpflichtige Person selbständig die Steuer zu errechnen und an die Stadtkasse abzuführen hat. Dies entspricht dem typischen Vorgehen bei einem Steueranmeldeverfahren. Der Ausnahmefall, dass ein gesonderter Steuerbescheid ergeht (etwa wenn eine Nachprüfung eine von der Anmeldung abweichende Steuerhöhe ergibt), ist in Absatz 3 der Norm gesondert geregelt und hier nicht einschlägig.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin geht der gewerblichen Prostitution nach. Sie bietet ihre Dienstleistungen in dem Klub „G. C. “, L.------weg , in E. an. Die Beklagte erhebt auf der Grundlage der Satzung der Stadt E. für die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen und das Angebot sexueller Handlungen u.a. für das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt eine Vergnügungssteuer von 6,00 Euro für jede Prostituierte oder Prostituierten pro Veranstaltungstag.
3Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 3. Januar 2013 reichte die Klägerin eine von ihr nicht selbst unterschriebene „Steuererklärung für den Monat Dezember 2012“ bei der Beklagten ein, in welcher sie ausgehend von 15 Veranstaltungstagen eine Vergnügungssteuer von 90 Euro für diesen Monat errechnete. Im Namen der Klägerin versicherte ihr Prozessbevollmächtigter, dass die Angaben wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden seien. Mit Schreiben vom 13. Februar 2013 beanstandete die Beklagte die Steuererklärung wegen der fehlenden Unterschrift der Klägerin. Unter dem 15. März 2013 wies der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beanstandung zurück. Mit Aktenverfügung vom 6. Dezember 2013 stellte die Beklagte klar, dass sie ungeachtet der fehlenden Unterschrift von einer wirksamen Steuererklärung ausgehe.
4Bereits am 8. Januar 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
5Sie trägt vor, dass in formeller Hinsicht eine ordnungsgemäße Erklärung vorliege. In materieller Hinsicht sei die Heranziehung zu einer Vergnügungssteuer rechtswidrig, weil die Vergnügungssteuersatzung mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Steuer erweise sich als verkappte Berufssteuer und sei mit Art. 12 GG unvereinbar. Sie - die Klägerin - müsse mit anderen Dienstleistern gleichgestellt werden. § 4 der Vergnügungssteuersatzung sei nicht wirksam. Denn nach dieser Vorschrift falle auch dann eine Vergnügungssteuer an, wenn es nicht zu einer Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen komme, also kein besteuerbarer Aufwand entstehe. Zudem fehle bei einer Pauschale von 6,00 Euro pro Veranstaltungstag ein lockerer Bezug zum Vergnügungsaufwand. Ferner habe sie - die Klägerin - nicht die Möglichkeit, ihre Belastung mit der Sexsteuer an ihre Kunden weiter zu geben.
6Die Klägerin beantragt,
7die Vergnügungssteuerfestsetzung für den Monat Dezember 2012 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie trägt vor, auch sie gehe nunmehr davon aus, dass aufgrund der eingereichten Steuererklärung das Besteuerungsverfahren habe in Gang gesetzt werden können. Die Vergnügungssteuersatzung sei rechtmäßig, und Fehler in der Steuerveranlagung lägen nicht vor.
11Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
13Die als Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Klage ist unbegründet. Die Vergnügungssteuerfestsetzung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
14Rechtsgrundlage der Vergnügungssteuerfestsetzung ist die Vergnügungssteuersatzung der Stadt E. für die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen und das Angebot sexueller Handlungen vom 2. September 2010 in der Form der Satzung zur Änderung der Vergnügungssteuersatzung vom 21. November 2012 (Vergnügungssteuersatzung - VStS -). Nach § 1 Nr. 2 VStS unterliegt das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt in den in Nr. 1 genannten Einrichtungen (Bordelle, Bars, Sauna-, G. - und Swingerclubs sowie ähnliche Einrichtungen) sowie in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen oder an sonstigen Orten der Besteuerung. Die Steuer beträgt nach § 4 VStS unabhängig von der tatsächlichen zeitlichen Inanspruchnahme und der Anzahl der sexuellen Handlungen für jede/n Prostituierte/n 6,00 Euro pro Veranstaltungstag; Steuerschuldner ist nach § 2 Abs. 1 VStS der/die Prostituierte als Unternehmer der Veranstaltung (Veranstalter).
15Diese Satzungsbestimmungen sind wirksam. Bedenken ergeben sich nicht daraus, dass die Vergnügungssteuersatzung vom 2. September 2010 im Wege einer Dringlichkeitsentscheidung durch den Oberbürgermeister und ein Ratsmitglied nach § 60 Abs. 1 Satz 2 GO NRW erlassen worden ist. Ob die engen Voraussetzungen für diese Dringlichkeitsentscheidung vorlagen, kann offen bleiben. Denn der Rat der Beklagten hat in seiner Sitzung vom 30. September 2010 die Satzung genehmigt. In einem solchen Fall erfolgt keine Prüfung der Voraussetzungen des § 60 S. 1 und 2 GO NRW mehr.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2011 - 15 A 1643/10 - Rn. 38 m.w.N., juris.
17Die Bestimmungen der Satzung verstoßen weder gegen Verfassungsrecht noch gegen sonstiges höherrangiges Recht.
18I. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich nicht. Die Satzungsbestimmungen sind mit dem Gleichartigkeitsverbot aus Art. 105 Abs. 2 a GG, dem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem Rechtsstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar.
191. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer verstößt nicht gegen das in Art. 105 Abs. 2a GG verankerte Gleichartigkeitsverbot. Nach dieser Verfassungsvorschrift haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Befugnis hat das Land Nordrhein-Westfalen gem. § 3 KAG NRW auf die Kommunen übertragen. Die von der Beklagten normierte Steuererhebung ist nach ihrer Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich begrenztem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist. Das Verbot der Gleichartigkeit der Steuern wird seit jeher dahin ausgelegt, dass es sich nicht auf die herkömmlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern erstreckt, zu denen auch die Vergnügungssteuer zählt.
20BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juni 1975 – 2 BvL 16/73- , BVerfGE 40, 52 (55); vom 26. Februar 1985 – 2 BvL 14/84 -, BVerfGE 69, 174 (183); und vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 -, Rn. 45 f., juris.
21Die Vergnügungssteuer beruht auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Sie ist eine Aufwandsteuer, die den finanziellen Aufwand, den ein Vergnügungssuchender tätigt, besteuert. Gegenstand der Vergnügungssteuer können dabei Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Dazu gehören auch sexuelle Vergnügungen, solange sie nicht unentgeltlich erfolgen.
22VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2011 - 2 S 196/10 - Rn. 51 f., juris.
23Das ist hier der Fall. § 1 Nr. 2 VS erfasst nämlich nur das Angebot sexueller Handlungen „gegen Entgelt“.
24Es verstößt ferner nicht gegen Art. 105 Abs. 2 a GG, dass die Steuer nicht unmittelbar von den Vergnügungssuchenden, also den Kunden oder Freiern, erhoben wird, sondern vom Veranstalter, also der oder dem Prostituierten. Wird eine Steuer nicht bei dem Vergnügungssuchenden erhoben, den sie eigentlich treffen soll, sondern indirekt bei einem Dritten, muss sie grundsätzlich von diesem Steuerentrichtungspflichtigen auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Grundsätzen genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung, d.h. der Steuerpflichtige kann den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen. Dabei ist es unschädlich, wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt.
25BVerfG, Urteil vom 10. Mai 1962 – 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, S. 76 ff.; Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 -, Rn. 93, juris.
26Die Abwälzbarkeit setzt nicht voraus, dass der Unternehmer die Steuer im Voraus exakt berechnen kann. Entscheidend ist vielmehr, dass er die abzuführende Steuer einigermaßen verlässlich kalkulieren kann. Dies ist hier möglich, weil die Prostituierten die Steuer, die sogar im Voraus pro Veranstaltungstag exakt berechnet werden kann, in den für ihre Dienstleistung verlangten Preis einkalkulieren können. Sie können die Steuer etwa durch eine Preiserhöhung auf den Steuerträger, den Kunden, abwälzen, oder, wenn die Preise stabil gehalten werden sollen, individuelle kostensenkende Maßnahmen ergreifen.
27Einer kalkulatorischen Abwälzbarkeit steht nicht entgegen, dass an einem einzelnen Veranstaltungstag die Höhe der Vergnügungssteuer die Einnahmen der Prostituierten übersteigen kann, etwa wenn die Prostituierte keinen einzigen Kunden gewinnt. Dies macht die Steuererhebung nicht rechtswidrig, weil die Abwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingen, sondern nur grundsätzlich möglich sein muss. Eine solche grundsätzliche Möglichkeit ist bei der Betrachtung eines längeren Zeitraums als ein Tag gegeben, weil etwaige Verluste ausgeglichen werden können. Im Übrigen ist es dem Vergnügungssteuerrecht nicht fremd, dass die Erhebung einer Vergnügungssteuer bei der Betrachtung eines bestimmten Zeitraums im Einzelfall zu einem finanziellen Verlust für den Veranstalter führen kann. So werden Geldspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit, welche kein manipulationssicheres Zählwerk aufweisen, regelmäßig nach dem Stückzahlmaßstab besteuert, ohne dass es darauf ankommt, ob die Einnahmen aus einem solchen Gerät in einem einzelnen Monat die zu entrichtende Vergnügungssteuer übersteigen. Eine faktische Unmöglichkeit der kalkulatorischen Abwälzbarkeit ist erst dann anzunehmen, wenn die Vergnügungssteuer erdrosselnd wirkt.
28OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - NRWE, Rn. 122 ff.
292. Für eine derartige mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbare erdrosselnde Wirkung des Steuersatzes ist nichts ersichtlich. Eine solche Wirkung wird angenommen, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, den gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen. Dabei ist nicht das im konkreten Einzelfall betroffene Unternehmen, sondern ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet zum Maßstab zu nehmen, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet.
30BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 -, juris, und vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 – 14 A 597/09 - a.a.O.
31Konkrete und substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass das hier zu beurteilende Gewerbe bei dem angesetzten Steuersatz generell nicht mehr wirtschaftlich im Stadtgebiet der Beklagten betrieben werden kann, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Insbesondere behauptet sie nicht, dass das Prostitutionsgewerbe aufgrund der zu zahlenden Vergnügungssteuer generell keinen Gewinn mehr abwerfen könne. Ein solcher Gedanke ist bei einer Vergnügungssteuer von nur 6,00 Euro pro Veranstaltungstag auch fernliegend. Unter Berücksichtigung des im Satzungsgebiet florierenden Prostitutionsgewerbes ist nicht zu erkennen, dass dieses Gewerbe durch die Steuererhebung soweit erschwert wird, dass eine durchschnittliche Prostituierte nicht mehr gewinnbringend tätig sein kann.
32Es verstößt auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, dass mit der hier in Rede stehenden Steuer eine „verkappte Berufssteuer“ eingeführt würde. Ansatzpunkt für die Vergnügungssteuer ist der Aufwand des sich Vergnügenden, an den die Steuer im Ergebnis weitergegeben werden kann. Dass Berufstätige, die ein vergnügungssteuerpflichtiges Gewerbe ausüben (neben den Prostituierten sind dies etwa auch Spielhallenbetreiben, Veranstalter von Tanzveranstaltungen etc.), Steuerschuldner sind, ändert nichts daran, dass die Steuer auf eine Abwälzung angelegt ist. Im Übrigen treffen auch sonstige Steuern (etwa die Tabaksteuer, die Brannt- und Schaumweinsteuer oder die Mineralölsteuer) nur einzelne Berufe.
333. Es liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG dadurch vor, dass andere Berufe nicht mit einer Vergnügungssteuer belegt werden. Andere Berufe unterscheiden sich so wesentlich von den im Bereich des menschlichen Vergnügens angesiedelten Dienstleistungsberufen, dass schon nicht von wesentlich Gleichem gesprochen werden kann. Jedenfalls ist eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von unterschiedlichen Dienstleistungen gerechtfertigt. Es ist anerkannt, dass eine Vergnügungssteuer im Hinblick auf einzelne, im Bereich des menschlichen Vergnügens angesiedelte Gewerbe erhoben werden darf. Dahinter steht der Gedanke, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann.
34BVerfG, Beschlüsse vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 -, juris, und vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1.
354. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu einer Vergnügungssteuer ergeben sich nicht daraus, dass die Vergnügungssteuersatzung Rückwirkung entfaltet. Die Satzung vom 2. September 2010 und die Änderungssatzung vom 21. November 2012 traten zum 1. August 2010 in Kraft. Für den streitgegenständlichen Erhebungszeitraum (Dezember 2012) kommt ein Verstoß gegen das aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende rechtsstaatliche Vertrauensschutzgebot schon deshalb nicht in Betracht, weil die Satzung für diesen Zeitraum keine rückwirkende Geltung beansprucht. Im Übrigen konnte kein schützenswertes Vertrauen gebildet werden, weil die Betroffenen mit der Regelung rechnen mussten. Es ist nämlich durch Erlass der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 15. Juli 2010 mit Wirkung zum 1. August 2010 ein entsprechender Regelungsversuch des Normgebers vorausgegangen.
36II. Die hier einschlägigen Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung sind ferner mit einfachem Recht vereinbar. Sie verstoßen insbesondere nicht gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen.
371. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW können Gemeinden Steuern erheben. Dies muss aufgrund einer Satzung geschehen, § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW. Das ist hier der Fall. Die Satzung der Beklagten verstößt auch nicht gegen § 2 Abs. 2 KAG NRW, weil die hiernach erforderliche Genehmigung vorliegt. Nach dieser Vorschrift bedarf eine Satzung, mit der eine im Land bisher nicht erhobene Steuer erstmalig oder erneut eingeführt werden soll, zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Innen- und des Finanzministeriums. Eine solche Steuer für sexuelle Vergnügungen wurde durch die vom Innenministerium und vom Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen am 10. Mai 2010 genehmigten Satzung über die Vergnügungssteuer in der Stadt Dorsten vom 18. Mai 2010 im Land Nordrhein-Westfalen eingeführt.
38Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 12. April 2012 - 14 B 1520/11 -, juris; Urteil vom 18. Juni 2009 - 14 A 1577/07 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2011 - 25 K 6960/10 -, juris.
392. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW sind ebenfalls erfüllt, denn die Satzung normiert den Kreis der Abgabeschuldner, den Zeitpunkt der Fälligkeit, den die Abgabe begründenden Tatbestand sowie den Maßstab und den Satz der Abgabe.
40a) Der Kreis der Abgabenschuldner wird in § 2 Abs. 1 VStS bestimmt, wonach der Unternehmer der Veranstaltung Steuerschulder ist. Der Zeitpunkt der Fälligkeit ergibt sich aus § 6 Abs. 2 und 3 VStS.
41b) Der Steuertatbestand ist in § 1 Nr. 2 VStS geregelt. Danach unterliegt das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt der Besteuerung. § 1 Nr. 2 VStS schafft damit einen personenbezogenen Steuergegenstand. Die Norm erfasst den Aufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen auf einem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt beruht. Demgegenüber schafft § 1 Nr. 1 VStS einen einrichtungsbezogenen Steuergegenstand. Diese Norm erfasst den Aufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen in dafür bestimmten Einrichtungen stattfindet. Diese Steuertatbestände schließen sich nicht aus; § 1 Satz 2 VStS regelt ausdrücklich, dass eine Besteuerung auch stattfindet, wenn die sexuelle Handlung entgeltlich „in den in Nr. 1 genannten Einrichtungen“ angeboten wird. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn eine Prostituierte ihre Dienstleistung nicht isoliert anbietet (etwa auf der Straße, in einem Wohnwagen, in Kraftfahrzeugen, in Privatwohnungen, in einem „klassischen“ Beherbergungsbetrieb etc.), sondern für die Ausübung ihres Gewerbes Infrastrukturleistungen eines auf die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen spezialisierten Betriebes (etwa eines Bordells, eines Sauna- oder G. -Clubs etc.) nutzt.
42Es ist nicht zu beanstanden, dass in Fällen dieser Art eine Besteuerung sowohl nach § 1 Nr. 1 VStS als auch nach § 1 Nr. 2 VStS erfolgt. Insbesondere handelt es sich nicht um eine unzulässige „Doppelbesteuerung“. Besteuert wird der Vergnügungsaufwand des sich Vergnügenden. Dieser Aufwand ist höher, wenn bezogen auf die sexuelle Vergnügung mehr Leistungen in Anspruch genommen werden. Dass damit in der Gesamtbetrachtung bezogen auf den einzelnen Vergnügungssuchenden eine höhere Vergnügungssteuer anfällt, liegt in der Natur der Sache. Ein sich in einer Einrichtung im Sinne der Nr. 1 sexuell Vergnügender nimmt nicht nur das Angebot entgeltlicher sexueller Dienstleistungen in Anspruch, sondern nutzt darüber hinaus auch die sonstigen, vom Betreiber der Einrichtung bereitgestellten Annehmlichkeiten und Leistungen. Aufgrund dieses höheren Vergnügungsaufwandes rechtfertigt dies eine Besteuerung sowohl nach § 1 Nr. 1 VStS (im Hinblick auf die sexuellen Infrastrukturleistungen) als auch nach § 1 Abs. 2 VStS (im Hinblick auf das Angebot entgeltlicher sexueller Handlungen).
43c) Der Abgabemaßstab ist in § 4 VStS geregelt. Danach beträgt die Steuer für das Angebot sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt pauschal 6,00 Euro pro Veranstaltungstag unabhängig davon, ob und wie viele Kunden der oder die Prostituierte an einem Veranstaltungstag hatte. Diese Regelung ist nicht zu beanstanden. Bei der Ausgestaltung des Abgabemaßstabs ist vom eigentlichen Steuergut, dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Kunden, auszugehen. Bei der Entscheidung, wie und mit welchem Steuermaßstab dieser Vergnügungsaufwand am besten erfasst wird, hat der gemeindliche Satzungsgeber einen weitreichenden Spielraum zur Ausgestaltung, Veränderung oder auch Fortentwicklung der Steuer.
44BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 – 1 BvR 624/00 –, Rn. 10, juris.
45Der Satzungsgeber ist nicht auf einen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt, der den tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwand genau erfasst; zulässig ist auch ein Ersatz- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Art. 3 Abs. 1 GG setzt erst dort eine Grenze, wo ein sachlicher Grund für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Im Falle einer gerichtlichen Überprüfung hat das Gericht nur die Einhaltung der äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.
46BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 – 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8 (25 f).
47Der Gestaltungsspielraum entbindet aber nicht von der Notwendigkeit, dass der Steuermaßstab grundsätzlich geeignet sein muss, den zu besteuernden Vergnügungsaufwand zumindest entfernt abzubilden. Der Maßstab muss zumindest einen lockeren Bezug zum eigentlich Steuergut, dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers, aufweisen.
48BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 – 10 C 8.04 -, Rn. 13, juris; BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 -, Rn. 59, juris.
49In Anwendung dieser Grundsätze bestehen keine Bedenken gegen die Ausgestaltung des Steuermaßstabs im Einzelnen. Der in § 4 VStS gewählte Maßstab weist den erforderlichen lockeren Bezug auf. Diese Vorschrift bestimmt unabhängig vom wirklichen Aufwand der Freier zur Erlangung sexueller Handlungen eine einheitliche Steuer pro Veranstaltungstag und Prostituierter. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands (etwa auf der Basis der Zahl der Kunden pro Veranstaltungstag unter Berücksichtigung der jeweils erhaltenen Dienstleistungen oder anhand des ggf. individuell ausgehandelten Entgelts) ist praktisch nicht möglich und könnte gar zu einem Vollzugsdefizit führen, weil die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt. Andere Kontrollmöglichkeiten stehen nicht zur Verfügung. In solchen Fällen ist es nicht zu beanstanden, die Steuer bei dem Veranstalter des Vergnügens pauschal zu erheben.
50OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 14 A 1948/13 -, juris.
51Im Übrigen ist der Normgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.
52OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2012 - 14 B 835/12 -, juris.
53Auch aus diesem Grund ist es unbedenklich, das in Rede stehende Steuergut, nämlich den Aufwand der sich vergnügenden Kunden, pauschal zu besteuern. Wenn der wirkliche Vergnügungsaufwand auch je nach den näheren Umständen differieren dürfte, wird durch die steuerliche Betrachtung jedes einzelnen Veranstaltungstages genügend differenziert, um unterschiedliche Vergnügungsaufwände auch steuerlich unterschiedlich zu behandeln, weil davon auszugehen ist, dass bei vielen Veranstaltungstagen mehr Vergnügungsaufwand anfällt als bei wenigen.
54Der Steuermaßstab erweist sich auch nicht in dem Fall als rechtswidrig, wenn an einem einzelnen Veranstaltungstag die Prostituierte keinen Kunden gewinnt und daher die Vergnügungssteuer in Höhe von 6,00 Euro für diesen Veranstaltungstag die Einnahmen der Prostituierten übersteigt. Dies gehört zu den oben erwähnten, mit Pauschalierungen unvermeidlich verbundenen Härten. Es gleicht sich dadurch aus, dass an anderen Veranstaltungstagen möglicherweise mehr Kunden als üblich bedient werden können. Dass dieser Umstand auch der Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung nicht entgegensteht, wurde bereits oben ausgeführt.
553. Die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer ist nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich ohne weiteres aus der Multiplikation der angemeldeten Veranstaltungstage mit dem Steuersatz von 6,00 Euro.
564. Die Heranziehung im Übrigen ist ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Dass die Steuererklärung nicht unterschrieben ist, steht der Wirksamkeit der Anmeldung nicht entgegen. Nach § 150 Abs. 2 Satz 2 AO ist, wenn der Vordruck dies vorsieht, schriftlich zu versichern, dass die Angaben in der Steuererklärung wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen gemacht wurden. Nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO ist, wenn die Steuergesetze eine eigenhändige Unterschrift anordnen, die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige an der Unterschrift gehindert ist. Hier ordnet die Satzung keine eigenhändige Unterschrift an, so dass die Unterschrift des Bevollmächtigten ausreichend ist. Eine solche geschah zwar nicht unter der Steuererklärung selbst, aber in dem zugehörigen Begleitschreiben des Prozessbevollmächtigten unter Versicherung der Richtigkeit der gemachten Angaben. Dies reicht aus, um hinreichend sicher die Urheberschaft der Steuererklärung feststellen zu können. Davon gehen auch die Beteiligten nunmehr aus.
57Bei dem vom Beklagten in § 6 Abs. 2 VStS gewählten Modell handelt es sich um ein Anmeldungsmodell im Sinne des § 167 AO mit der Folge, dass es zur Heranziehung keines gesonderten Steuerbescheides bedarf. Der Steuerschuldner hat nach dieser Satzungsvorschrift seine Steuer für den Vormonat binnen 10 Tagen anzumelden und die errechnete Steuer zu entrichten. Dass in der Satzung nicht der Begriff „Anmeldung“, sondern der Begriff „Steuererklärung“ erwähnt ist, ist unschädlich. Es handelt sich noch nicht einmal eine Falschbezeichnung, weil eine Steueranmeldung nur ein Sonderfall einer Steuererklärung ist, wie sich aus § 150 Abs. 1 Satz 3 AO ergibt. Dass die Steuer nicht noch mit einem gesonderten Steuerbescheid festgesetzt werden soll, ergibt sich aus dem Normzusammenhang, wonach die steuerpflichtige Person selbständig die Steuer zu errechnen und an die Stadtkasse abzuführen hat. Dies entspricht dem typischen Vorgehen bei einem Steueranmeldeverfahren. Der Ausnahmefall, dass ein gesonderter Steuerbescheid ergeht (etwa wenn eine Nachprüfung eine von der Anmeldung abweichende Steuerhöhe ergibt), ist in Absatz 3 der Norm gesondert geregelt und hier nicht einschlägig.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der 1951 geborene Kläger stand als Lokomotivbetriebsinspektor im Dienst des Beklagten und war zuletzt bei der E. S. NRW GmbH beschäftigt.
3Mit Bescheid vom 14. März 2006 gewährte der Beklagte dem Kläger antragsgemäß Altersteilzeit für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis zum 30. April 2016 nach § 72 b BBG a. F. in Höhe der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit. Die E. S. NRW GmbH teilte dem Kläger mit Schreiben vom 21. März 2006 mit, wunschgemäß werde die Altersteilzeit in Form der Blockbildung durchgeführt. Dabei erstrecke sich die Arbeitsphase vom 1. Mai 2006 bis zum 30. April 2011 und die Freistellungsphase anschließend bis zum 30. April 2016.
4Nach dem Beginn der Altersteilzeit war der Kläger vom 23. bis zum 31. Oktober 2006 (9 Tage), vom 12. August bis zum 2. September 2007 (22 Tage), vom 10. bis zum 12. November 2008 (3 Tage) und seit dem 30. Juli 2009 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt.
5Mit Bescheid vom 21. September 2010 versetzte der Beklagte den Kläger mit Ablauf des 30. September 2010 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.
6Durch Bescheid vom 3. November 2010 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger einen Ausgleichsbetrag nach § 2 a der Verordnung über die Gewährung eines Zuschlags bei Altersteilzeit (Altersteilzeitzuschlagsverordnung – ATZV) in Höhe von 12.668 Euro fest. Der Beklagte fügte seinem Bescheid mehrere Blätter tabellarischer Berechnungen für die Jahre 2006 bis 2010 als Anlagen bei. Darin waren für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis zum 30. September 2010 einerseits die tatsächlich gezahlten Bezüge einschließlich der Alterszeitzuschläge und andererseits die fiktiven Bezüge aufgelistet, die der Kläger ohne die Bewilligung von Altersteilzeit für eine Vollzeittätigkeit für den Zeitraum bis zum 180. Krankentag am 22. Dezember 2010 erhalten hätte.
7Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2012 (zugestellt am 5. Mai 2012) zurück.
8Am 5. Juni 2012 hat der Kläger Klage erhoben.
9Der Kläger hat beantragt,
10den Beklagten unter entsprechender teilweiser Abänderung seines Bescheides vom 3. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2012 zu verpflichten, ihm einen weiteren Ausgleich nach § 2 a ATZV in Höhe von 21.390,85 Euro zu gewähren, und den Beklagten zu verurteilen, ihm auf diesen Betrag 5 v. H. Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. Januar 2013 abgewiesen und die Berechnungsweise der Beklagten bestätigt.
14Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung bezieht sich derKläger auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2002 – 2 A 2.01 –. Er macht im Wesentlichen geltend, bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags seien zwei identische Zeiträume miteinander zu vergleichen. Gemäß § 2 a ATZV sei nach Ablauf des 6‑Monats-Zeitraums die Differenz zwischen dem vollen Gehalt und dem gekürzten Altersteilzeitgehalt nicht weiter auszugleichen. Die Berechnungsweise der Beklagten verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Kläger werde im Vergleich zu Beamten, die ohne eine Altersteilzeitregelung vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit zur Ruhe gesetzt werden, benachteiligt. Denn diese erhielten bis zur Zurruhesetzung die vollen Bezüge. § 2 a ATZV solle den Beamten im Störfall so stellen, als sei das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht begründet worden.
15Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
16das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten unter Abänderung seines Bescheids vom 3. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2012 zu verpflichten, dem Kläger einen weiteren Ausgleich nach § 2 a ATZV in Höhe von 21.390,85 Euro zu gewähren, und den Beklagten zu verurteilen, ihm auf diesen Betrag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Der Beklagte beantragt schriftsätzlich ,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil und führt aus, seine Berechnung entspreche § 2 a ATZV. Wenn der Beamte tatsächlich keinen Dienst geleistet habe, seien auch keine ausgleichsfähigen Vorteile entstanden. Das Alimentationsprinzip sei nicht verletzt, weil der Kläger auch nach dem 180. Krankheitstag und bis zur Zurruhesetzung weiter Altersteilzeitbezüge (83 v. H. der vor der Altersteilzeitbeschäftigung erhaltenen Nettobesoldung) erhalten habe. Der Ausgleichsanspruch bezwecke nicht, dem betroffenen Beamten über die Besoldung hinaus die Altersteilzeitzuschläge zu erhalten, mit denen der Dienstherr die Teilzeitbesoldung während der Altersteilzeitphase aufstocke. An die Stelle des Anspruchs auf Freizeitausgleich trete hier der Anspruch auf Besoldung, auf den der bereits erhaltene Altersteilzeitzuschlag anzurechnen sei.
20Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie weiteren Gerichtsakten (insgesamt 4 Hefte) Bezug genommen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihm weitere 21.390,85 Euro als Ausgleichsbetrag nach § 2 a ATZV gewährt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 3. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2012 ist vielmehr rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Berechnungsweise des Beklagten entspricht § 2 a ATZV (dazu 1.). Die vom Kläger gegen die hier vertretene Berechnungsweise vorgebrachten Argumente greifen nicht durch (dazu 2.).
251. Der Beklagte hat den Ausgleichsbetrag nach § 2 a ATZV richtig berechnet. Zutreffend hat er dabei die fiktiven Bezüge für den (kürzeren) Zeitraum der tatsächlichen bzw. fiktiven Vollzeitbeschäftigung des Klägers (1. Mai 2006 bis einschließlich 22. Dezember 2009), die sog. „Hätte-Bezüge“, in Ansatz gebracht und von diesen die insgesamt, d. h. bis zur Zurruhesetzung gezahlten Altersteilzeitbezüge (1. Mai 2006 bis einschließlich 30. September 2010) abgezogen.
26Nach § 2 a ATZV ist dann, wenn die Altersteilzeit mit ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit (Blockmodell) vorzeitig endet und dieinsgesamt gezahlten Altersteilzeitbezüge geringer sind als die Besoldung, die nach der tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte, ein Ausgleich in Höhe des Unterschiedsbetrages zu gewähren (Satz 1; Hervorhebungen durch den Senat). Dabei bleiben nach Satz 2 der Vorschrift Zeiten ohne Dienstleistung in der Arbeitsphase unberücksichtigt, soweit sie insgesamt 6 Monate überschreiten.
27Die Richtigkeit der vom Beklagten angewandten Berechnungsweise folgt aus der Auslegung des § 2 a ATZV nach Wortlaut (dazu a)), Systematik (dazu b)) sowie Sinn und Zweck (dazu c)) und wird durch die Entstehungsgründe der Norm bestätigt (dazu d)).Sie ist auch mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (dazu e)).
28a) Der Wortlaut des Satzes 1 der Vorschrift gibt zwingend vor, dass für die Ermittlung des Unterschiedsbetrages und damit der Höhe des zu gewährenden Ausgleichs solche Rechengrößen einander gegenüber zu stellen sind, welche sich nicht notwendig auf einen gleich langen Zeitraum beziehen müssen. Zum einen kommt es als Vergleichsgröße auf die „insgesamt gezahlten“ Bezüge an, die während der bewilligten Altersteilzeit bis zum Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand tatsächlich gewährt worden sind. Zum anderen sind die fiktiven Bezüge maßgeblich, die dem Betroffenen nur für die Zeiten seiner tatsächlichen Beschäftigung (ggf. zuzüglich von insgesamt 6 Monaten nach § 2 a Satz 2 ATZV) zugestanden hätten, wenn ihm keine Altersteilzeit bewilligt worden wäre. Ist der betroffene Beamte im Blockmodell wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden, so ist der Zeitraum seiner tatsächlichen Beschäftigung auch unter Berücksichtigung des erwähnten Sechsmonatszeitraums immer dann kürzer als der Zeitraum bis zur Zurruhesetzung, wenn die Zurruhesetzung erst nach Ablauf des vorgenannten Zeitraums erfolgt.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2012 ‑ 1 A 1654/11 ‑, juris, Rn. 4; ebenso OVG Bremen, Beschluss vom 2. März 2012 ‑ 2 A 208/09 ‑, juris, Rn. 26 ff., OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. April 2004 ‑ 10 A 10058/04 ‑, DÖD 2005, 15 = NVwZ-RR 2005, 50 = juris, Rn. 3 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2014 ‑ 13 K 4659/13 ‑, juris, Rn. 25 ff., 64; VG Regensburg, Urteil vom 30. Oktober 2002 ‑ RO 1 K 01.2031 ‑, NVwZ-RR 2003, 883 = juris, Rn. 15 f.; Kathke, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: Febr. 2015, § 6 BBesG, AII/1, Rn. 86, 89; ebenso Ziffer 4.2 Buchstabe a des Rundschreibens des Bundesministerium des Innern zur Altersteilzeit für Beamtinnen und Beamte in der Bundesverwaltung vom 27. Februar 2009 – D 1 – 210 172/20.
30Teilte man – wie vom Kläger vertreten – den Zeitraum der tatsächlich gezahlten Altersteilzeitbezüge auf und verkürzte ihn auf den Zeitraum der tatsächlichen Beschäftigung (zuzüglich von insgesamt sechs Monaten), ignorierte man der Sache nach den Begriff „insgesamt“ in § 2 a Satz 1 ATZV.
31Darüber hinaus trifft § 2 a Satz 1 ATZV eine Regelung für den Fall, dass die gezahlten Altersteilzeitbezüge geringer sind als die Besoldung, die dem Beamten nach der tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte. Die Vorschrift setzt damit gedanklich die Möglichkeit voraus, dass genau dies auch nicht der Fall sein kann, dass also die gezahlten Altersteilzeitbezüge die sog. „Hätte-Besoldung“ übersteigen. Das kann aber immer nur der Fall sein, wenn unterschiedliche Zeiträume miteinander verglichen werden, da die monatlichen Altersteilzeitbezüge immer geringer sind als die für den gleichen Zeitraum zu zahlende „Hätte-Besoldung“. Der eben genannte Fall kann z. B. eintreten, wenn das Zurruhesetzungsverfahren während der Arbeitsphase deutlich länger als 6 Monate dauert.
32b) Das Verständnis des Klägers von § 2 a ATZV liefe auch der systematischen Auslegung der Norm zuwider. Diese verwendet in Satz 2 ebenfalls den Begriff „insgesamt“. Für letzteren sind ggf. alle einzelnen Zeiten ohne Dienstleistung in der Arbeitsphase zusammenzurechnen, weil es auf sie „insgesamt“ ankommt.
33Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2012 ‑ 1 A 1654/11 ‑, juris, Rn. 12; ebenso VG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2014 ‑ 13 K 4659/13 ‑, juris, Rn. 28, 64
34Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, den Begriff „insgesamt“ in den Sätzen 1 und 2 des § 2 a ATZV unterschiedlich zu verstehen.
35c) Die oben genannte Auslegung entspricht zugleich dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Der Ausgleich nach § 2 a Satz 1 ATZV hat Fälle im Blick, in denen bei der Abwicklung der Altersteilzeit mit ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit (Blockmodell) das Verhältnis zwischen der grundsätzlich einander angepassten Dauer der Arbeitsphase und der Freistellungsphase gestört wird. Zu einer solchen Störung kann es (wie hier) insbesondere dann kommen, wenn die bewilligte Altersteilzeit durch vorzeitige Zurruhesetzung während der Arbeitsphase zu einem früheren Zeitpunkt als zunächst beabsichtigt beendet wird. In derartigen Fällen hat der Beamte in der Arbeitsphase voll gearbeitet, dafür aber lediglich die Altersteilzeitbezüge in Höhe von insgesamt 83 v. H. seiner bisherigen Nettobezüge erhalten. § 2 a ATZV soll verhindern, dass ein solcher Beamter dadurch benachteiligt wird, dass seine tatsächlich erbrachte Dienstleistung nicht mehr durch Freizeit ausgeglichen werden kann. Es geht jedoch nicht darum, ihn so zu stellen, als wäre Altersteilzeit nie bewilligt worden. Denn wem antragsgemäß Altersteilzeit gewährt wird, der weiß, dass seine Besoldung bis zum Ruhestand niedriger ist als die eines in Vollzeit tätigen Beamten. Er darf billigerweise nicht erwarten, dass die Bewilligung von Altersteilzeit rückabgewickelt wird, wenn sich nach Beginn der Altersteilzeitphase herausstellt, dass diese sich nicht wie geplant bis zum Ende durchführen lässt. Denn das Fehlschlagen der mit der Bewilligung von Altersteilzeit verbundenen Erwartungen (Freizeitausgleich und Altersteilzeitzuschläge) gehört grundsätzlich zum allgemeinen Lebensrisiko. § 2 a ATZV nimmt dem Beamten dieses Risiko teilweise, nicht jedoch vollständig ab: Aus Billigkeitsgesichtspunkten und aus dem Gedanken des Vorteilsausgleichs sieht § 2 a Satz 1 ATZV vor, dass der Beamte für die geleistete Vollarbeitszeit, für die ein Freizeitausgleich nicht mehr möglich ist, einen finanziellen Ausgleich erhält, sofern und soweit er für die tatsächlich erbrachte Dienstleistung mehr Besoldung erhalten hätte, als er an Altersteilzeitbezügen erhalten hat. Der Dienstherr soll ungeachtet des Status des Beamten als Teilzeitbeschäftigter nicht dessen Mehrarbeit als Vollzeitbeschäftigter ohne Weiteres „behalten dürfen“. Sie wird vielmehr dem Beamten erstattet, indem in die Vergleichsberechnung „die Besoldung, die nach der tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte“, eingestellt wird.
36Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2002 ‑ 2 A 2.01 ‑, DÖD 2003, 89 = ZBR 2003, 248 = juris, Rn. 12 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Juli 2012 ‑ 1 A 1654/11 ‑, juris, Rn. 5 f., und vom 15. September 2010 ‑ 1 A 2284/08 ‑, juris, Rn. 12 ff.; OVG Bremen, Beschluss vom 2. März 2012 ‑ 2 A 208/09 ‑, juris, Rn. 28 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. April 2004 ‑ 10 A 10058/04 ‑, DÖD 2005, 15 = NVwZ-RR 2005, 50 = juris, Rn. 6 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2014 ‑ 13 K 4659/13 ‑, juris, Rn. 62; Kathke, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: Febr. 2015, § 6 BBesG, AII/1, Rn. 86.
37Dem Zeitraum der tatsächlichen Beschäftigung sind nach § 2 a Satz 2 ATZV insgesamt 6 Monate hinzuzurechnen, wenn es während der Arbeitsphase in diesem Umfang Zeiten ohne Dienstleistung gab. Auf diese Weise wird die tatsächlich erbrachte Vollarbeitszeit fiktiv um bis zu 6 Monate verlängert. Insoweit trägt der Dienstherr das volle Risiko dafür, dass die Altersteilzeit nicht planmäßig abläuft und die Vorleistung nicht durch Freistellung vom Dienst ausgeglichen werden kann.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2002 ‑ 2 A 2.01 ‑, DÖD 2003, 89 = ZBR 2003, 248 = juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2012 ‑ 1 A 1654/11 ‑, juris, Rn. 12; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. April 2004 ‑ 10 A 10058/04 ‑, DÖD 2005, 15 = NVwZ-RR 2005, 50 = juris, Rn. 4; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2014 ‑ 13 K 4659/13 ‑, juris, Rn. 30.
39Ab dem 7. Monat von Fehlzeiten einer Erkrankung trägt der Beamte das eben genannte Risiko. Diese Risikoverteilung erscheint bei grundsätzlich zulässiger typisierender und pauschalierender Betrachtungsweise nicht unsachgemäß, zumal der Ausgleich nach § 2 a ATZV nicht bezweckt, dem Beamten die Altersteilzeitzuschläge zusätzlich zur normalen Besoldung zu erhalten.
40Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 2. März 2012 ‑ 2 A 208/09 ‑, juris, Rn. 28; OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2010 ‑ 1 A 2284/08 ‑ juris, Rn. 17; zum Verlust der Altersteilzeitzuschläge beim Störfall im Blockmodell siehe VG Regensburg, Urteil vom 30. Oktober 2002 ‑ RO 1 K 01.2031 ‑, NVwZ-RR 2003, 883 = juris, Rn. 16 am Ende.
41Um einen Beamten nicht deswegen zu benachteiligen, dass er für seine Vorleistung in der Arbeitsphase keinen finanziellen Ausgleich oder Freizeitausgleich erhalten hat, genügt es, dass nach § 2 a Satz 1 ATZV der zu gewährende Ausgleich davon abhängt, ob der Beamte für die im Rahmen der Altersteilzeit tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung ohne die bewilligte Altersteilzeit mehr erhalten hätte, als er an Altersteilzeitbezügen insgesamt erhalten hat. Dass dabei allein in dem letztgenannten Zusammenhang der Gesamtzeitraum der Altersteilzeit bis zur Zurruhesetzung als rechtlich maßgeblicher Bezugszeitraum gewählt worden ist, erweist sich nicht als systemwidrig, sondern als konsequent. Denn dies beruht darauf, dass die Besoldung des Beamten auch bei der Altersteilzeit im Blockmodell (von der Aufstockung durch den Altersteilzeitzuschlag abgesehen) an den Umfang der tatsächlich erbrachten Dienstleistung anknüpft. Die Zahlung des darauf entfallenden Gesamtbetrags wird dabei lediglich – unter Einbeziehung auch der Freistellungsphase – zeitlich „gestreckt“.
42Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2012 ‑ 1 A 1654/11 ‑, juris, Rn. 7.
43Die vom Kläger favorisierte Berechnungsweise würde dazu führen, dass das Risiko einer Störung der Altersteilzeitphase ausschließlich der Dienstherr trüge. Ein Beamter, dem Altersteilzeit im Blockmodell bewilligt wurde, der während der Arbeitsphase dienstunfähig erkrankt und nicht bereits während der insgesamt ersten 180 Krankheitstage vorzeitig zur Ruhe gesetzt wird, würde dabei finanziell sogar besser gestellt als ein gesunder Beamter, dessen Altersteilzeit im Blockmodell wie geplant verläuft. Denn bei dieser Berechnungsweise erhielte ein Beamter in der Lage des Klägers wegen seiner Erkrankung insgesamt höhere Bezüge während der Altersteilzeitphase (100 v. H. während der Arbeitsphase und 83 v. H. während der Zeit der Erkrankung) als ohne Erkrankung (durchgehend 83 v. H.). Für ein solches Ergebnis ist im Hinblick auf die oben angeführte Interessenlage von Beamten und Dienstherrn kein sachlicher Grund ersichtlich.
44d) Die hier vertretene Auslegung entspricht auch der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2000. Danach sollte § 2 a ATZV den Ausgleich bei vorzeitiger Beendigung der Altersteilzeit unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze des Vorteilsausgleichs und des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs regeln und den im Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 6. Mai 1998 getroffenen Festlegungen (§ 9 Abs. 3 TV ATZ) entsprechen.
45Vgl. BT-Drs 14/5198, S. 12.
46Nach § 9 Abs. 3 TV ATZ sind für die Berechnung des Ausgleichsbetrages ebenfalls die während der Altersteilzeit erhaltenen Bezüge und Leistungen den Bezügen für den Zeitraum der tatsächlichen Beschäftigung gegenüberzustellen, die der Beschäftigte ohne den Eintritt in die Altersteilzeit erhalten hätte. Bei einer Störung der Altersteilzeit wegen längerer Erkrankung sind dies ebenfalls verschieden lange Zeiträume.
47Vgl. BAG, Urteile vom 18. November 2003 ‑ 9 AZR 270/03 ‑, BAGE 108, 345 = DB 2004, 1322 = juris, Rn. 22, und vom 14. Oktober 2003 ‑ 9 AZR 146/03 ‑, BAGE 108, 94 = DB 2004, 1320 = juris, Rn. 21 f.
48e) Das oben dargelegte Verständnis des § 2 a ATZV ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
49Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Gesetzgeber die Grenzen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit mit der Folge einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG überschritten, wenn die Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt. Um den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG zu genügen, kommt es allerdings nicht darauf an, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.
50Vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2003 ‑ 2 C 36.02 ‑, BVerwGE 118, 277 = NJW 2004, 308 = juris, Rn. 21.
51Diesen Anforderungen wird die hier vertretene Auslegung des § 2 a ATZV gerecht. Soweit ein Beamter im Blockmodell der Altersteilzeit, der wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzt wird, teilweise anders behandelt wird als ein in Vollzeit arbeitender Beamter in entsprechender Lage (dazu aa)) oder als ein Beamter, der während der Altersteilzeitphase durchgehend in Teilzeit arbeitet (dazu bb)), liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil es sich nicht um vergleichbare Sachverhalte handelt.
52aa) Der wesentliche Unterschied zwischen einem Beamten, der während der Arbeitsphase der Altersteilzeit dienstunfähig erkrankt und vorzeitig aus dem Dienst ausscheidet, und einem Beamten in derselben Lage ohne Altersteilzeit liegt in der Gewährung von Altersteilzeit und den damit verbundenen rechtlich schützenswerten Erwartungen. Wem Altersteilzeit im Blockmodell gewährt wird, der weiß, dass seine Bezüge niedriger sind als die eines in Vollzeit tätigen Beamten. Gleichzeitig hat er die Möglichkeit, für insgesamt weniger Dienstleistung (reduzierte Arbeitszeit) deutlich mehr Bezüge zu erhalten, als er sonst bei Teilzeitbeschäftigung erhielte. Dieser Chance steht das Risiko gegenüber, vorgeleistet zu haben, ohne später den Ausgleich in vollem Umfang beanspruchen zu können und zusätzlich die Altersteilzeitzuschläge behalten zu dürfen. Im Vergleich zu einem in Vollzeit tätigen und deshalb auch voll alimentierten Beamten, der wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzt wird, erhält ein Beamter in der aktiven Phase der Altersteilzeit im Blockmodell zwar für dieselbe Arbeit eine niedrigere Besoldung. Ein solcher Beamter durfte allerdings nicht erwarten, in voller Höhe besoldet zu werden. Die in § 2 a ATZV vorgesehene Verteilung des allgemeinen Lebensrisikos, dienstunfähig zu erkranken mit den oben beschriebenen Folgen, berücksichtigt die eben angeführten Umstände und verteilt das Risiko für insgesamt 6 Monate auf den Dienstherrn und im Übrigen auf den Beamten.
53bb) Die hier vertretene Berechnung des Ausgleichsbetrags nach § 2 a ATZV führt im Ergebnis auch zu einer Ungleichbehandlung zwischen Beamten in Altersteilzeit im Blockmodell und solchen, die durchgehend in Altersteilzeit beschäftigt sind und für die § 2 a ATZV nicht gilt. Bei letzteren ist das Verhältnis von Arbeit und Besoldung jederzeit ausgeglichen, so dass bei einer vorzeitigen Beendigung kein weiterer Ausgleich zu gewähren ist. Dies führt der Sache nach dazu, dass solche Beamten die erhaltenen Altersteilzeitzuschläge zusätzlich zu ihrer anteilmäßigen Besoldung behalten dürfen, auch wenn sie vorzeitig zur Ruhe gesetzt werden. Sie werden damit letztlich durchgehend höher besoldet, als es ihrem Teilzeitanteil entspricht.
54Auch dies verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der entscheidende Unterschied zu einem Altersteilzeitverhältnis im Blockmodell liegt darin, dass bei durchgehender Altersteilzeitbeschäftigung nicht vorgeleistet wird und daher für niemanden ein Risiko besteht, dass eine Vorleistung nicht planmäßig ausgeglichen werden kann. Beim Blockmodell dagegen besteht dieses Risiko und muss in angemessener Weise verteilt werden.
55Vgl. zu Unterschieden zwischen Block- und Teilzeitmodell während der Altersteilzeit auch VG Regensburg, Urteil vom 30. Oktober 2002 ‑ RO 1 K 01.2031 ‑, NVwZ-RR 2003, 883 = juris, Rn. 17 f.
562. Die vom Kläger gegen die hier vertretene Berechnungsweise vorgebrachten Argumente greifen nicht durch:
57a) Er rügt zunächst, der Beklagte habe die Regelung des § 2 a ATZV in dem Sinne verstanden, dass ihm für die Zeit nach Ablauf des 6‑Monats-Zeitraums keine Gehaltsansprüche mehr zuständen; diese Auffassung sei absurd. Auf diese Weise stünde der Beamte nach Ablauf des 6‑Monats-Zeitraums völlig ohne Bezüge da und werde somit quasi rückwirkend zum Sozialhilfefall.
58Dieses Vorbringen trifft nicht zu. Der Beklagte hat bei seiner Berechnung des Ausgleichsbetrags keine Aussage dazu getroffen, ob dem Kläger auch nach Ablauf des 6‑Monats-Zeitraums noch Gehaltsansprüche zustehen. Dass der Kläger als Beamter auch dann Ansprüche auf Besoldung hat, wenn er länger erkrankt ist, ergibt sich schon aus § 3 Abs. 1 Satz 1 BBesG. Dementsprechend hat der Kläger während seiner Erkrankung auch nach Ablauf des 6-Monats-Zeitraums tatsächlich Bezüge erhalten, und zwar die Altersteilzeitbezüge. Dieser Anspruch wird durch die Berechnung des Beklagten nicht in Frage gestellt. In den jeweiligen unteren Hälften der Tabellen des angefochtenen Bescheides ist vielmehr nur die fiktive Besoldung aufgelistet, die dem Kläger nach seiner tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte, die also seiner tatsächlichen Vorleistung entspricht. Diese Vorleistung (einschließlich der 6 Monate nach § 2 a Satz 2 ATZV) ist durch die fiktive volle Besoldung auszugleichen. Während der Zeiten seiner Erkrankung gibt es keine ausgleichsfähige Vorleistung für den Dienstherrn. Deswegen wird der Kläger in diesem Zeitraum nur für die Ermittlung der fiktiven „Hätte-Bezüge“ im Rahmen der Berechnung des Ausgleichsbetrages nach § 2 a ATZV so behandelt, als stünden ihm insoweit keine Besoldungsansprüche zu.
59b) Der Kläger meint weiter, die Berechnungsweise der Beklagten sei schon deswegen falsch, weil der Dienstherr bei einem solchen Verständnis der Norm die Höhe des Ausgleichsanspruchs dadurch weiter reduzieren könne, dass er die Zurruhesetzung hinauszögere.
60Diese Möglichkeit besteht zwar. Gleichwohl ist ein Gesetz nicht deswegen entgegen Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck auszulegen, weil es missbraucht werden könnte. Im Übrigen wird eine Missbrauchsgefahr dadurch teilweise aufgefangen, dass § 2 a Satz 2 ATZV zugunsten des Beamten weitere 6 Monate Arbeitszeit fingiert. Bei der Festlegung dieses Zeitraums mag der Gesetzgeber in grundsätzlich zulässiger pauschalierender und typisierender Betrachtungsweise davon ausgegangen sein, dass dieser Zeitraum im Regelfall genügt, um eine Dienstunfähigkeit festzustellen. Wird ein betroffener Beamter noch während dieses Zeitraums oder unmittelbar anschließend zur Ruhe gesetzt, wird der Ausgleichsbetrag nach § 2 a ATZV jedenfalls nicht wegen Zeitablaufs reduziert.
61Abgesehen davon ist der Dienstherr an Recht und Gesetz gebunden und ist für den Regelfall nicht zu erwarten, dass er Zurruhesetzungen von Beamten in Altersteilzeit bewusst verzögert, um Ausgleichsbeträge nach § 2 a ATZV niedrig zu halten. Sollte dies dennoch im Einzelfall geschehen, stünden dem Beamten ggf. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Fürsorgepflicht zu.
62Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. April 2004 ‑ 10 A 10058/04 ‑, DÖD 2005, 15 = NVwZ-RR 2005, 50 = juris, Rn. 10.
63Die Befürchtung des Klägers, dass er bei verzögerter Zurruhesetzung „irgendwann … auch noch hätte draufzahlen müssen“, ist völlig unbegründet. Denn § 2 a ATZV sieht nur Ansprüche des Beamten gegen den Dienstherrn vor, nicht umgekehrt.
64c) Der Kläger macht außerdem geltend, der in der Arbeitsphase der Altersteilzeit erkrankte Beamte solle bis zum 180. Krankheitstag einem nicht in Altersteilzeit befindlichen Beamten gleichgestellt werden und somit bis dahin volle Bezüge erhalten. Nach Ablauf dieser Frist erhalte er bis zu seiner Pensionierung lediglich die wegen Altersteilzeit gekürzten Bezüge.
65Diese Überlegung trifft nur teilweise zu. Erkrankt ein Beamter im Blockmodell der Altersteilzeit dauerhaft und wird er vor Ablauf von insgesamt 6 Monaten krankheitsbedingter Fehlzeiten zur Ruhe gesetzt, wird der Beamte nach § 2 a Satz 2 ATZV finanziell so gestellt, als habe er bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand voll gearbeitet. Insgesamt erhält er dann eine Besoldung in der Höhe, wie sie auch ein in Vollzeit tätiger Beamter ohne die Bewilligung von Altersteilzeit erhalten hätte. Diese vollständige Gleichstellung endet, sobald ein solcher Beamter zur Ruhe gesetzt wird, nachdem er insgesamt länger als 6 Monate krankheitsbedingt dem Dienst ferngeblieben ist. Die Anrechnung der über diesen Zeitraum hinaus erhaltenen Altersteilzeitbesoldung führt in diesem Fall dazu, dass die Besoldung, die dem Beamten nach der tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte, teilweise oder sogar vollständig aufgezehrt wird. Dies liegt daran, dass das Risiko einer Störung der Altersteilzeitphase nach § 2 a ATZV aus den unter 1. genannten Gründen teilweise vom Beamten und teilweise vom Dienstherrn getragen werden soll.
66d) Der Kläger ist weiter der Ansicht, bei der hier angewandten Berechnungsweise komme der Dienstherr in den Genuss der vollen Arbeitskraft des Beamten, ohne hierfür eine entsprechende Gegenleistung zu erbringen, sei es in Form von Freizeit (Freistellungsphase) oder Geld (Nachzahlung der Differenz zwischen den vollen Bezügen und den Altersteilzeitbezügen).
67Dieses Vorbringen kann – abhängig von der zeitlichen Gestaltung im Einzelfall – durchaus zutreffen, wenn man die im Gesamtzeitraum bis zur Zurruhesetzung geleistete Vollzeitarbeit betrachtet und von § 3 Abs. 1 Satz 1 BBesG ausgeht, wonach auch dem erkrankten Beamten sein bisheriger Besoldungsanspruch weiter zusteht. Denn die tatsächlich geleistete Vollzeitarbeit wird zwar nach § 2 a ATZV bis zu ihrem krankheitsbedingten Ende rechnerisch vollständig honoriert (Anspruch auf die Differenz zwischen den „Hätte-Bezügen“ und den „Ist-Bezügen“). Der insoweit ermittelte und nachfolgend unter Einbeziehung des Sechsmonatszeitraums noch erhöhte Ausgleichsbetrag wird aber nach Ablauf dieses Zeitraums bis zur Zurruhesetzung stetig reduziert. Er kann schließlich, wenn das Zurruhesetzungsverfahren lange dauert, auf „Null“ lauten, so dass die geleistete Vollzeitarbeit nur noch mit den Altersteilzeitbezügen und zugleich nicht durch Freizeit entgolten wird. Dies ist aber Folge der vom Gesetzgeber angeordneten Risikoverteilung und deshalb hinzunehmen.
68e) Der Kläger wendet sich auch gegen den Vergleich des Beklagten mit dem Fall, dass ein Beamter kurz vor Erreichen der Altersgrenze stirbt und nicht mehr in den Genuss der erarbeiteten Versorgungsbezüge kommt. Ein solcher Beamter sei nämlich während seiner Diensttätigkeit vollständig entlohnt worden.
69Der Unterschied in beiden Fällen besteht in der Gewährung von Altersteilzeit. Die dabei rechtlich schützenswerten Erwartungen sind andere als die eines dauerhaft in Vollzeit tätigen Beamten (siehe dazu oben 1. e)).
70f) Weiter weist der Kläger auf § 9 Abs. 3 TV ATZ als Vorbild für § 2 a ATZV hin. Unter Berufung auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. November 2003 ‑ 9 AZR 270/03 ‑, BAGE 108, 345 = DB 2004, 1322 = juris, Rn. 27, führt er aus, § 9 TV ATZ solle den Arbeitnehmer im Störfall möglichst so stellen, als sei das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nie begründet worden. Dasselbe müsse für § 2 a ATZV gelten.
71Dieser Hinweis führt im vorliegenden Fall nicht zu der vom Kläger gewünschten Berechnungsmethode. Zum einen geht auch das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass die tarifvertragliche Regelung nur eine Annäherung an ein Arbeitsverhältnis ohne Altersteilzeit beinhaltet („möglichst“). Zum anderen steht die Aussage des Bundesarbeitsarbeitsgerichts im Zusammenhang mit der Frage, ob der Altersteilzeitarbeitnehmer im Störfall auch die Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung zu tragen habe; die Aussage gibt also für die hier entscheidende Frage, welche Zeiträume einander gegenüberzustellen sind, nichts her. Im Übrigen hat auch das Bundesarbeitsgericht in seinem zitierten Urteil die Bezüge, die der Arbeitnehmer ohne die Altersteilzeit für seine tatsächliche Beschäftigung erhalten hätte, mit den gesamten Bezügen und Aufstockungsleistungen aus dem Altersteilzeitverhältnis verglichen (juris, Rn. 22).
72Abgesehen davon hat das Bundesarbeitsgericht in einem anderen Fall, in dem die während der Altersteilzeit schon vorgeleistete Arbeit vor Rentenbeginn nicht vollständig durch Freistellung ausgeglichen war, ausdrücklich entschieden, dass bei der Vergleichsberechnung nach § 9 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ zwei verschieden lange Zeiträume zu berücksichtigen sind: Zeitraum der tatsächlichen Beschäftigung und Gesamtzeitraum der Altersteilzeit.
73BAG, Urteil vom 14. Oktober 2003 ‑ 9 AZR 146/03 ‑, BAGE 108, 94 = DB 2004, 1320 = juris, Rn. 22 f.
743. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte den dem Kläger zustehenden Ausgleichsbetrag ausgehend von der oben dargelegten Berechnungsweise falsch berechnet hätte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
75Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
76Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil die Entscheidung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2002 – 2 A 2.01 – abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Der Senat versteht dieses Urteil so, dass das Bundesverwaltungsgericht darin den Zeitraum der Altersteilzeit aufgeteilt hat in einen Zeitraum von 6 Monaten nach § 2 a ATZV, für den die „Hätte-Bezuge“ und die Altersteilzeitbezüge einander gegenüberzustellen sind, und in einen Zeitraum der restlichen Monate. Die hier vertretene Berechnungsmethode weicht von diesem Ansatz ab.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin geht der gewerblichen Prostitution nach. Sie bietet ihre Dienstleistungen in dem Klub „G. C. “, L.------weg , in E. an. Die Beklagte erhebt auf der Grundlage der Satzung der Stadt E. für die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen und das Angebot sexueller Handlungen u.a. für das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt eine Vergnügungssteuer von 6,00 Euro für jede Prostituierte oder Prostituierten pro Veranstaltungstag.
3Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 3. Januar 2013 reichte die Klägerin eine von ihr nicht selbst unterschriebene „Steuererklärung für den Monat Dezember 2012“ bei der Beklagten ein, in welcher sie ausgehend von 15 Veranstaltungstagen eine Vergnügungssteuer von 90 Euro für diesen Monat errechnete. Im Namen der Klägerin versicherte ihr Prozessbevollmächtigter, dass die Angaben wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden seien. Mit Schreiben vom 13. Februar 2013 beanstandete die Beklagte die Steuererklärung wegen der fehlenden Unterschrift der Klägerin. Unter dem 15. März 2013 wies der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beanstandung zurück. Mit Aktenverfügung vom 6. Dezember 2013 stellte die Beklagte klar, dass sie ungeachtet der fehlenden Unterschrift von einer wirksamen Steuererklärung ausgehe.
4Bereits am 8. Januar 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
5Sie trägt vor, dass in formeller Hinsicht eine ordnungsgemäße Erklärung vorliege. In materieller Hinsicht sei die Heranziehung zu einer Vergnügungssteuer rechtswidrig, weil die Vergnügungssteuersatzung mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Steuer erweise sich als verkappte Berufssteuer und sei mit Art. 12 GG unvereinbar. Sie - die Klägerin - müsse mit anderen Dienstleistern gleichgestellt werden. § 4 der Vergnügungssteuersatzung sei nicht wirksam. Denn nach dieser Vorschrift falle auch dann eine Vergnügungssteuer an, wenn es nicht zu einer Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen komme, also kein besteuerbarer Aufwand entstehe. Zudem fehle bei einer Pauschale von 6,00 Euro pro Veranstaltungstag ein lockerer Bezug zum Vergnügungsaufwand. Ferner habe sie - die Klägerin - nicht die Möglichkeit, ihre Belastung mit der Sexsteuer an ihre Kunden weiter zu geben.
6Die Klägerin beantragt,
7die Vergnügungssteuerfestsetzung für den Monat Dezember 2012 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie trägt vor, auch sie gehe nunmehr davon aus, dass aufgrund der eingereichten Steuererklärung das Besteuerungsverfahren habe in Gang gesetzt werden können. Die Vergnügungssteuersatzung sei rechtmäßig, und Fehler in der Steuerveranlagung lägen nicht vor.
11Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
13Die als Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Klage ist unbegründet. Die Vergnügungssteuerfestsetzung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
14Rechtsgrundlage der Vergnügungssteuerfestsetzung ist die Vergnügungssteuersatzung der Stadt E. für die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen und das Angebot sexueller Handlungen vom 2. September 2010 in der Form der Satzung zur Änderung der Vergnügungssteuersatzung vom 21. November 2012 (Vergnügungssteuersatzung - VStS -). Nach § 1 Nr. 2 VStS unterliegt das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt in den in Nr. 1 genannten Einrichtungen (Bordelle, Bars, Sauna-, G. - und Swingerclubs sowie ähnliche Einrichtungen) sowie in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen oder an sonstigen Orten der Besteuerung. Die Steuer beträgt nach § 4 VStS unabhängig von der tatsächlichen zeitlichen Inanspruchnahme und der Anzahl der sexuellen Handlungen für jede/n Prostituierte/n 6,00 Euro pro Veranstaltungstag; Steuerschuldner ist nach § 2 Abs. 1 VStS der/die Prostituierte als Unternehmer der Veranstaltung (Veranstalter).
15Diese Satzungsbestimmungen sind wirksam. Bedenken ergeben sich nicht daraus, dass die Vergnügungssteuersatzung vom 2. September 2010 im Wege einer Dringlichkeitsentscheidung durch den Oberbürgermeister und ein Ratsmitglied nach § 60 Abs. 1 Satz 2 GO NRW erlassen worden ist. Ob die engen Voraussetzungen für diese Dringlichkeitsentscheidung vorlagen, kann offen bleiben. Denn der Rat der Beklagten hat in seiner Sitzung vom 30. September 2010 die Satzung genehmigt. In einem solchen Fall erfolgt keine Prüfung der Voraussetzungen des § 60 S. 1 und 2 GO NRW mehr.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2011 - 15 A 1643/10 - Rn. 38 m.w.N., juris.
17Die Bestimmungen der Satzung verstoßen weder gegen Verfassungsrecht noch gegen sonstiges höherrangiges Recht.
18I. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich nicht. Die Satzungsbestimmungen sind mit dem Gleichartigkeitsverbot aus Art. 105 Abs. 2 a GG, dem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem Rechtsstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar.
191. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer verstößt nicht gegen das in Art. 105 Abs. 2a GG verankerte Gleichartigkeitsverbot. Nach dieser Verfassungsvorschrift haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Befugnis hat das Land Nordrhein-Westfalen gem. § 3 KAG NRW auf die Kommunen übertragen. Die von der Beklagten normierte Steuererhebung ist nach ihrer Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich begrenztem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist. Das Verbot der Gleichartigkeit der Steuern wird seit jeher dahin ausgelegt, dass es sich nicht auf die herkömmlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern erstreckt, zu denen auch die Vergnügungssteuer zählt.
20BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juni 1975 – 2 BvL 16/73- , BVerfGE 40, 52 (55); vom 26. Februar 1985 – 2 BvL 14/84 -, BVerfGE 69, 174 (183); und vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 -, Rn. 45 f., juris.
21Die Vergnügungssteuer beruht auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Sie ist eine Aufwandsteuer, die den finanziellen Aufwand, den ein Vergnügungssuchender tätigt, besteuert. Gegenstand der Vergnügungssteuer können dabei Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Dazu gehören auch sexuelle Vergnügungen, solange sie nicht unentgeltlich erfolgen.
22VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2011 - 2 S 196/10 - Rn. 51 f., juris.
23Das ist hier der Fall. § 1 Nr. 2 VS erfasst nämlich nur das Angebot sexueller Handlungen „gegen Entgelt“.
24Es verstößt ferner nicht gegen Art. 105 Abs. 2 a GG, dass die Steuer nicht unmittelbar von den Vergnügungssuchenden, also den Kunden oder Freiern, erhoben wird, sondern vom Veranstalter, also der oder dem Prostituierten. Wird eine Steuer nicht bei dem Vergnügungssuchenden erhoben, den sie eigentlich treffen soll, sondern indirekt bei einem Dritten, muss sie grundsätzlich von diesem Steuerentrichtungspflichtigen auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Grundsätzen genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung, d.h. der Steuerpflichtige kann den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen. Dabei ist es unschädlich, wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt.
25BVerfG, Urteil vom 10. Mai 1962 – 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, S. 76 ff.; Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 -, Rn. 93, juris.
26Die Abwälzbarkeit setzt nicht voraus, dass der Unternehmer die Steuer im Voraus exakt berechnen kann. Entscheidend ist vielmehr, dass er die abzuführende Steuer einigermaßen verlässlich kalkulieren kann. Dies ist hier möglich, weil die Prostituierten die Steuer, die sogar im Voraus pro Veranstaltungstag exakt berechnet werden kann, in den für ihre Dienstleistung verlangten Preis einkalkulieren können. Sie können die Steuer etwa durch eine Preiserhöhung auf den Steuerträger, den Kunden, abwälzen, oder, wenn die Preise stabil gehalten werden sollen, individuelle kostensenkende Maßnahmen ergreifen.
27Einer kalkulatorischen Abwälzbarkeit steht nicht entgegen, dass an einem einzelnen Veranstaltungstag die Höhe der Vergnügungssteuer die Einnahmen der Prostituierten übersteigen kann, etwa wenn die Prostituierte keinen einzigen Kunden gewinnt. Dies macht die Steuererhebung nicht rechtswidrig, weil die Abwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingen, sondern nur grundsätzlich möglich sein muss. Eine solche grundsätzliche Möglichkeit ist bei der Betrachtung eines längeren Zeitraums als ein Tag gegeben, weil etwaige Verluste ausgeglichen werden können. Im Übrigen ist es dem Vergnügungssteuerrecht nicht fremd, dass die Erhebung einer Vergnügungssteuer bei der Betrachtung eines bestimmten Zeitraums im Einzelfall zu einem finanziellen Verlust für den Veranstalter führen kann. So werden Geldspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit, welche kein manipulationssicheres Zählwerk aufweisen, regelmäßig nach dem Stückzahlmaßstab besteuert, ohne dass es darauf ankommt, ob die Einnahmen aus einem solchen Gerät in einem einzelnen Monat die zu entrichtende Vergnügungssteuer übersteigen. Eine faktische Unmöglichkeit der kalkulatorischen Abwälzbarkeit ist erst dann anzunehmen, wenn die Vergnügungssteuer erdrosselnd wirkt.
28OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - NRWE, Rn. 122 ff.
292. Für eine derartige mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbare erdrosselnde Wirkung des Steuersatzes ist nichts ersichtlich. Eine solche Wirkung wird angenommen, wenn eine steuergesetzliche Regelung derart in die freie wirtschaftliche Betätigung eingreift, dass es den Betroffenen unmöglich gemacht wird, den gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen. Dabei ist nicht das im konkreten Einzelfall betroffene Unternehmen, sondern ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet zum Maßstab zu nehmen, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet.
30BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 -, juris, und vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218; OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 – 14 A 597/09 - a.a.O.
31Konkrete und substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass das hier zu beurteilende Gewerbe bei dem angesetzten Steuersatz generell nicht mehr wirtschaftlich im Stadtgebiet der Beklagten betrieben werden kann, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Insbesondere behauptet sie nicht, dass das Prostitutionsgewerbe aufgrund der zu zahlenden Vergnügungssteuer generell keinen Gewinn mehr abwerfen könne. Ein solcher Gedanke ist bei einer Vergnügungssteuer von nur 6,00 Euro pro Veranstaltungstag auch fernliegend. Unter Berücksichtigung des im Satzungsgebiet florierenden Prostitutionsgewerbes ist nicht zu erkennen, dass dieses Gewerbe durch die Steuererhebung soweit erschwert wird, dass eine durchschnittliche Prostituierte nicht mehr gewinnbringend tätig sein kann.
32Es verstößt auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, dass mit der hier in Rede stehenden Steuer eine „verkappte Berufssteuer“ eingeführt würde. Ansatzpunkt für die Vergnügungssteuer ist der Aufwand des sich Vergnügenden, an den die Steuer im Ergebnis weitergegeben werden kann. Dass Berufstätige, die ein vergnügungssteuerpflichtiges Gewerbe ausüben (neben den Prostituierten sind dies etwa auch Spielhallenbetreiben, Veranstalter von Tanzveranstaltungen etc.), Steuerschuldner sind, ändert nichts daran, dass die Steuer auf eine Abwälzung angelegt ist. Im Übrigen treffen auch sonstige Steuern (etwa die Tabaksteuer, die Brannt- und Schaumweinsteuer oder die Mineralölsteuer) nur einzelne Berufe.
333. Es liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG dadurch vor, dass andere Berufe nicht mit einer Vergnügungssteuer belegt werden. Andere Berufe unterscheiden sich so wesentlich von den im Bereich des menschlichen Vergnügens angesiedelten Dienstleistungsberufen, dass schon nicht von wesentlich Gleichem gesprochen werden kann. Jedenfalls ist eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von unterschiedlichen Dienstleistungen gerechtfertigt. Es ist anerkannt, dass eine Vergnügungssteuer im Hinblick auf einzelne, im Bereich des menschlichen Vergnügens angesiedelte Gewerbe erhoben werden darf. Dahinter steht der Gedanke, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann.
34BVerfG, Beschlüsse vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 -, juris, und vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1.
354. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu einer Vergnügungssteuer ergeben sich nicht daraus, dass die Vergnügungssteuersatzung Rückwirkung entfaltet. Die Satzung vom 2. September 2010 und die Änderungssatzung vom 21. November 2012 traten zum 1. August 2010 in Kraft. Für den streitgegenständlichen Erhebungszeitraum (Dezember 2012) kommt ein Verstoß gegen das aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende rechtsstaatliche Vertrauensschutzgebot schon deshalb nicht in Betracht, weil die Satzung für diesen Zeitraum keine rückwirkende Geltung beansprucht. Im Übrigen konnte kein schützenswertes Vertrauen gebildet werden, weil die Betroffenen mit der Regelung rechnen mussten. Es ist nämlich durch Erlass der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 15. Juli 2010 mit Wirkung zum 1. August 2010 ein entsprechender Regelungsversuch des Normgebers vorausgegangen.
36II. Die hier einschlägigen Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung sind ferner mit einfachem Recht vereinbar. Sie verstoßen insbesondere nicht gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen.
371. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW können Gemeinden Steuern erheben. Dies muss aufgrund einer Satzung geschehen, § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW. Das ist hier der Fall. Die Satzung der Beklagten verstößt auch nicht gegen § 2 Abs. 2 KAG NRW, weil die hiernach erforderliche Genehmigung vorliegt. Nach dieser Vorschrift bedarf eine Satzung, mit der eine im Land bisher nicht erhobene Steuer erstmalig oder erneut eingeführt werden soll, zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Innen- und des Finanzministeriums. Eine solche Steuer für sexuelle Vergnügungen wurde durch die vom Innenministerium und vom Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen am 10. Mai 2010 genehmigten Satzung über die Vergnügungssteuer in der Stadt Dorsten vom 18. Mai 2010 im Land Nordrhein-Westfalen eingeführt.
38Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 12. April 2012 - 14 B 1520/11 -, juris; Urteil vom 18. Juni 2009 - 14 A 1577/07 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2011 - 25 K 6960/10 -, juris.
392. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW sind ebenfalls erfüllt, denn die Satzung normiert den Kreis der Abgabeschuldner, den Zeitpunkt der Fälligkeit, den die Abgabe begründenden Tatbestand sowie den Maßstab und den Satz der Abgabe.
40a) Der Kreis der Abgabenschuldner wird in § 2 Abs. 1 VStS bestimmt, wonach der Unternehmer der Veranstaltung Steuerschulder ist. Der Zeitpunkt der Fälligkeit ergibt sich aus § 6 Abs. 2 und 3 VStS.
41b) Der Steuertatbestand ist in § 1 Nr. 2 VStS geregelt. Danach unterliegt das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt der Besteuerung. § 1 Nr. 2 VStS schafft damit einen personenbezogenen Steuergegenstand. Die Norm erfasst den Aufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen auf einem Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt beruht. Demgegenüber schafft § 1 Nr. 1 VStS einen einrichtungsbezogenen Steuergegenstand. Diese Norm erfasst den Aufwand des sich sexuell Vergnügenden, soweit das sexuelle Vergnügen in dafür bestimmten Einrichtungen stattfindet. Diese Steuertatbestände schließen sich nicht aus; § 1 Satz 2 VStS regelt ausdrücklich, dass eine Besteuerung auch stattfindet, wenn die sexuelle Handlung entgeltlich „in den in Nr. 1 genannten Einrichtungen“ angeboten wird. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn eine Prostituierte ihre Dienstleistung nicht isoliert anbietet (etwa auf der Straße, in einem Wohnwagen, in Kraftfahrzeugen, in Privatwohnungen, in einem „klassischen“ Beherbergungsbetrieb etc.), sondern für die Ausübung ihres Gewerbes Infrastrukturleistungen eines auf die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen spezialisierten Betriebes (etwa eines Bordells, eines Sauna- oder G. -Clubs etc.) nutzt.
42Es ist nicht zu beanstanden, dass in Fällen dieser Art eine Besteuerung sowohl nach § 1 Nr. 1 VStS als auch nach § 1 Nr. 2 VStS erfolgt. Insbesondere handelt es sich nicht um eine unzulässige „Doppelbesteuerung“. Besteuert wird der Vergnügungsaufwand des sich Vergnügenden. Dieser Aufwand ist höher, wenn bezogen auf die sexuelle Vergnügung mehr Leistungen in Anspruch genommen werden. Dass damit in der Gesamtbetrachtung bezogen auf den einzelnen Vergnügungssuchenden eine höhere Vergnügungssteuer anfällt, liegt in der Natur der Sache. Ein sich in einer Einrichtung im Sinne der Nr. 1 sexuell Vergnügender nimmt nicht nur das Angebot entgeltlicher sexueller Dienstleistungen in Anspruch, sondern nutzt darüber hinaus auch die sonstigen, vom Betreiber der Einrichtung bereitgestellten Annehmlichkeiten und Leistungen. Aufgrund dieses höheren Vergnügungsaufwandes rechtfertigt dies eine Besteuerung sowohl nach § 1 Nr. 1 VStS (im Hinblick auf die sexuellen Infrastrukturleistungen) als auch nach § 1 Abs. 2 VStS (im Hinblick auf das Angebot entgeltlicher sexueller Handlungen).
43c) Der Abgabemaßstab ist in § 4 VStS geregelt. Danach beträgt die Steuer für das Angebot sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt pauschal 6,00 Euro pro Veranstaltungstag unabhängig davon, ob und wie viele Kunden der oder die Prostituierte an einem Veranstaltungstag hatte. Diese Regelung ist nicht zu beanstanden. Bei der Ausgestaltung des Abgabemaßstabs ist vom eigentlichen Steuergut, dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Kunden, auszugehen. Bei der Entscheidung, wie und mit welchem Steuermaßstab dieser Vergnügungsaufwand am besten erfasst wird, hat der gemeindliche Satzungsgeber einen weitreichenden Spielraum zur Ausgestaltung, Veränderung oder auch Fortentwicklung der Steuer.
44BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 – 1 BvR 624/00 –, Rn. 10, juris.
45Der Satzungsgeber ist nicht auf einen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt, der den tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwand genau erfasst; zulässig ist auch ein Ersatz- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Art. 3 Abs. 1 GG setzt erst dort eine Grenze, wo ein sachlicher Grund für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre. Im Falle einer gerichtlichen Überprüfung hat das Gericht nur die Einhaltung der äußersten Grenzen nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.
46BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 – 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8 (25 f).
47Der Gestaltungsspielraum entbindet aber nicht von der Notwendigkeit, dass der Steuermaßstab grundsätzlich geeignet sein muss, den zu besteuernden Vergnügungsaufwand zumindest entfernt abzubilden. Der Maßstab muss zumindest einen lockeren Bezug zum eigentlich Steuergut, dem Vergnügungsaufwand des einzelnen Besuchers, aufweisen.
48BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 – 10 C 8.04 -, Rn. 13, juris; BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 -, Rn. 59, juris.
49In Anwendung dieser Grundsätze bestehen keine Bedenken gegen die Ausgestaltung des Steuermaßstabs im Einzelnen. Der in § 4 VStS gewählte Maßstab weist den erforderlichen lockeren Bezug auf. Diese Vorschrift bestimmt unabhängig vom wirklichen Aufwand der Freier zur Erlangung sexueller Handlungen eine einheitliche Steuer pro Veranstaltungstag und Prostituierter. Eine Besteuerung des tatsächlichen individuellen Vergnügungsaufwands (etwa auf der Basis der Zahl der Kunden pro Veranstaltungstag unter Berücksichtigung der jeweils erhaltenen Dienstleistungen oder anhand des ggf. individuell ausgehandelten Entgelts) ist praktisch nicht möglich und könnte gar zu einem Vollzugsdefizit führen, weil die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen auch unter den heutigen sozialen Gegebenheiten häufig auf Heimlichkeit angelegt. Andere Kontrollmöglichkeiten stehen nicht zur Verfügung. In solchen Fällen ist es nicht zu beanstanden, die Steuer bei dem Veranstalter des Vergnügens pauschal zu erheben.
50OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 14 A 1948/13 -, juris.
51Im Übrigen ist der Normgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.
52OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2012 - 14 B 835/12 -, juris.
53Auch aus diesem Grund ist es unbedenklich, das in Rede stehende Steuergut, nämlich den Aufwand der sich vergnügenden Kunden, pauschal zu besteuern. Wenn der wirkliche Vergnügungsaufwand auch je nach den näheren Umständen differieren dürfte, wird durch die steuerliche Betrachtung jedes einzelnen Veranstaltungstages genügend differenziert, um unterschiedliche Vergnügungsaufwände auch steuerlich unterschiedlich zu behandeln, weil davon auszugehen ist, dass bei vielen Veranstaltungstagen mehr Vergnügungsaufwand anfällt als bei wenigen.
54Der Steuermaßstab erweist sich auch nicht in dem Fall als rechtswidrig, wenn an einem einzelnen Veranstaltungstag die Prostituierte keinen Kunden gewinnt und daher die Vergnügungssteuer in Höhe von 6,00 Euro für diesen Veranstaltungstag die Einnahmen der Prostituierten übersteigt. Dies gehört zu den oben erwähnten, mit Pauschalierungen unvermeidlich verbundenen Härten. Es gleicht sich dadurch aus, dass an anderen Veranstaltungstagen möglicherweise mehr Kunden als üblich bedient werden können. Dass dieser Umstand auch der Möglichkeit einer kalkulatorischen Abwälzung nicht entgegensteht, wurde bereits oben ausgeführt.
553. Die Höhe der festgesetzten Vergnügungssteuer ist nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich ohne weiteres aus der Multiplikation der angemeldeten Veranstaltungstage mit dem Steuersatz von 6,00 Euro.
564. Die Heranziehung im Übrigen ist ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Dass die Steuererklärung nicht unterschrieben ist, steht der Wirksamkeit der Anmeldung nicht entgegen. Nach § 150 Abs. 2 Satz 2 AO ist, wenn der Vordruck dies vorsieht, schriftlich zu versichern, dass die Angaben in der Steuererklärung wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen gemacht wurden. Nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO ist, wenn die Steuergesetze eine eigenhändige Unterschrift anordnen, die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige an der Unterschrift gehindert ist. Hier ordnet die Satzung keine eigenhändige Unterschrift an, so dass die Unterschrift des Bevollmächtigten ausreichend ist. Eine solche geschah zwar nicht unter der Steuererklärung selbst, aber in dem zugehörigen Begleitschreiben des Prozessbevollmächtigten unter Versicherung der Richtigkeit der gemachten Angaben. Dies reicht aus, um hinreichend sicher die Urheberschaft der Steuererklärung feststellen zu können. Davon gehen auch die Beteiligten nunmehr aus.
57Bei dem vom Beklagten in § 6 Abs. 2 VStS gewählten Modell handelt es sich um ein Anmeldungsmodell im Sinne des § 167 AO mit der Folge, dass es zur Heranziehung keines gesonderten Steuerbescheides bedarf. Der Steuerschuldner hat nach dieser Satzungsvorschrift seine Steuer für den Vormonat binnen 10 Tagen anzumelden und die errechnete Steuer zu entrichten. Dass in der Satzung nicht der Begriff „Anmeldung“, sondern der Begriff „Steuererklärung“ erwähnt ist, ist unschädlich. Es handelt sich noch nicht einmal eine Falschbezeichnung, weil eine Steueranmeldung nur ein Sonderfall einer Steuererklärung ist, wie sich aus § 150 Abs. 1 Satz 3 AO ergibt. Dass die Steuer nicht noch mit einem gesonderten Steuerbescheid festgesetzt werden soll, ergibt sich aus dem Normzusammenhang, wonach die steuerpflichtige Person selbständig die Steuer zu errechnen und an die Stadtkasse abzuführen hat. Dies entspricht dem typischen Vorgehen bei einem Steueranmeldeverfahren. Der Ausnahmefall, dass ein gesonderter Steuerbescheid ergeht (etwa wenn eine Nachprüfung eine von der Anmeldung abweichende Steuerhöhe ergibt), ist in Absatz 3 der Norm gesondert geregelt und hier nicht einschlägig.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 21.642,22 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht vorliegen oder bereits nicht hinreichend dargelegt im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind.
3Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen aus den in der Antragsbegründung aufgeführten Gründen nicht. Kein tragender Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils ist mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden.
4Weder der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung noch ein etwaig mit der Steuer verfolgter Lenkungszweck stehen der Steuererhebung hier entgegen. Der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verlangt, dass bei der Ausübung einer Normsetzungskompetenz konzeptionelle Entscheidungen eines anderen Normgebers, die er im Rahmen seiner Kompetenz getroffen hat, nicht verfälscht werden, namentlich dürfen den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen.
5Vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Oktober 1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. -, BVerfGE 98, 265 (301).
6Bei der Ausübung der Steuernormsetzungskompetenz zur Lenkung in einem anderweitig geregelten Sachbereich dürfen keine Regelungen herbeigeführt werden, die den vom zuständigen Sachgesetzgeber getroffenen Regelungen widersprechen.
7Vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 -, BVerfGE 98, 106 (118).
8Der Steuergesetzgeber ist nicht gehindert, außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgen. Er darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünschten Verhaltens oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden.
9Vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 2008 - 2 BvL 1/07 u. a. -, BVerfGE 122, 210 (231 f.).
10Nur wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird, bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage
11Vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 -, BVerfGE 98, 106 (118).
12Die Vergnügungssteuer führt hier nicht zu einem faktischen Verbot der Automatenaufstellung, so dass keine Verbotsnorm im bloß formellen Kleid einer Steuernorm vorliegt. Namentlich ergibt sich aus den Vorgaben der Spielverordnung dafür nichts. Abgesehen davon, dass nicht dargelegt ist, dass die Klägerin und andere Unternehmer diese Vorgaben im Hinblick auf den Preis und die Gewinnquote vollständig ausgereizt haben, ist nicht erkennbar, warum die Regelungen des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags sowie die des zum Glücksspielstaatsvertrag ergangenen Ausführungsgesetzes (vgl. Art. 1 und 2 des Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, GV.NRW. 2012 S. 523) der Erhebung der Vergnügungssteuer entgegenstehen sollten. Die Regelungen schränken im Interesse der Bekämpfung der Spielsucht die Errichtung und den Betrieb von Spielhallen ein.
13Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 16/17, S. 43 f.
14Da der gesetzgebungskompetenzrechtlich seit der Föderalismusreform 2006 für das Spielhallenrecht zuständige Landesgesetzgeber mit dem genannten Ausführungsgesetz den Betrieb von Spielhallen nicht verboten hat, muss der kommunale Satzungsgeber im Rahmen des Vergnügungssteuerrechts berufsgrundrechtlich beachten, dass das Betreiben von Spielhallen nach geltendem Recht eine zulässige Berufsausübung ist. Er darf daher keine Steuerregelung mit der Wirkung treffen, dass die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage wären, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen. Dass diese Wirkung hier nicht eintritt, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt. Dagegen werden zulassungsrechtlich keine substanziierten Einwände erhoben.
15Ein etwaig mit der Steuer verfolgter Lenkungszweck zur Eindämmung des Bestands an Geldspielgeräten stünde hier gerade im Einklang mit der Zielrichtung des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag. Auch kann dem Gesetz nicht entnommen werden, dass eine Unterstützung der Ziele des Gesetzes durch die - im Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes bereits existierende ‑ Steuer ausgeschlossen sein sollte.
16Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Gesamtwirkung der Regelungen des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag und der zur Vergnügungssteuererhebung sei als sog. kumulativer oder additiver Grundrechtseingriff unzulässig.
17Vgl. zu dieser Rechtsfigur BVerfG, Beschluss vom 27.3.2012 ‑ 2 BvR 2258/09 ‑, BVerfGE 130, 372 (392) m. w. N.
18Diese Rechtsfigur erlaubt keineswegs, alle für sich betrachtet zulässigen Grundrechtseingriffe gegen einen Grundrechtsträger in einer Gesamtbetrachtung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten als unzulässigen kumulativen Grundrechtseingriff zu qualifizieren. Zumindest ist für eine kumulative Gesamtbetrachtung erforderlich, dass es sich um Eingriffe mit gleichem Regelungsziel in den gleichen Lebensbereich handelt.
19Vgl. Hillgruber in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 9, 3. Aufl., § 200 Rn. 97; Lücke: Der additive Grundrechtseingriff sowie das Verbot der übermäßigen Gesamtbelastung des Bürgers, DVBl. 2001, 1469 (1470).
20Daran fehlt es. Die gewerberechtlichen Beschränkungen für den Betrieb von Spielhallen in §§ 16 f. des genannten Ausführungsgesetzes einerseits und die Erhebung einer Vergnügungssteuer auf den Spieleraufwand zur Erlangung des Spielvergnügens mit Geldspielgeräten andererseits verfolgen nicht das gleiche Regelungsziel. Die gewerberechtlichen Regelungen schränken ‑ wie oben ausgeführt ‑ im Interesse der Bekämpfung der Spielsucht die Errichtung und den Betrieb von Spielhallen ein. Mit der Vergnügungssteuererhebung wird beabsichtigt, Einnahmen zu erzielen (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen i. V. m. § 3 Abs. 1 1. Halbs. der Abgabenordnung). Ob etwas anderes gilt, wenn die Einnahmeerzielung bloßer Nebenzweck gegenüber einem Hauptzweck der Lenkung wäre,
21so Lücke: Der additive Grundrechtseingriff sowie das Verbot der übermäßigen Gesamtbelastung des Bürgers, DVBl. 2001, 1469 ( 1475),
22kann dahinstehen, da dafür nichts ersichtlich ist.
23Im Übrigen liegt auch bei einer Berücksichtigung der Regelungen des Ausführungsgesetzes in dem zusätzlichen Eingriff durch Steuererhebung keine rechtswidrige, insbesondere unverhältnismäßige Belastung, selbst wenn mit der Steuer ein Lenkungszweck im Sinne der Verminderung des Bestands von Geldspielgeräten verbunden sei sollte. Die gewerberechtlichen Beschränkungen und die Steuererhebung verstärken sich nämlich nicht. Die Regelungen des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag, insbesondere das Verbot der Mehrfachkonzessionen und der Mindestabstand zu anderen Spielhallen, Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in § 16 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes, bewirken eine Ausdünnung des Spielhallenbestands und damit eine Verknappung des Angebots. Für die verbleibenden Spielhallen erhöht dies deren Auslastung und verbessert die Möglichkeit zu Preiserhöhungen im Rahmen der Spielverordnung und Umsatzsteigerungen.
24Ob die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags und des dazu ergangenen Ausführungsgesetzes verfassungsgemäß sind, namentlich unter Berücksichtigung des nach Auffassung der Klägerin höheren Suchtgefährdungspotentials von Online-Glücksspielen und Spielbanken, ist für die hier in Rede stehende Steuererhebung unerheblich.
25Die hier erhobene Steuer ist auch, was auf Grund der Eigenschaft der Steuer, örtliche Aufwandsteuer zu sein, erforderlich ist, auf den eigentlichen Steuerträger, den Spieler, abwälzbar. Insoweit genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn eine Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Bei der Kalkulation seiner Selbstkosten sind dem Automatenaufsteller zwar durch die Vorgaben in der Spielverordnung Grenzen gesetzt. Dies bedeutet aber nicht, dass ihm keine anderen Maßnahmen bleiben, um die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens aufrecht zu erhalten. Für eine kalkulatorische Überwälzung ist dabei nicht die absolute Höhe der Steuer ausschlaggebend, sondern die Möglichkeit, die Steuer in die Kosten einzubeziehen. Es handelt sich hierbei um einen wirtschaftlichen Vorgang, wobei das Gesetz es dem Steuerschuldner überlässt, die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens auch unter Berücksichtigung des Steuerbetrages zu wahren.
26Dass eine solche wirtschaftliche Möglichkeit nicht gegeben wäre, kann aus dem Vortrag zu Kostensteigerungen und Beschränkungen aufgrund des Glücksspielstaatsvertrags und zu den Vorgaben der Spielverordnung nicht geschlossen werden.
27Vgl. im Einzelnen zur Abwälzbarkeit der Steuer OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -, NRWE Rn. 126 ff.
28Angesichts dessen ergeben auch die von der Klägerin ins Feld geführten Grundrechte nichts für eine verfassungsrechtliche Unzulässigkeit der Steuererhebung.
29Unverständlich ist die Kritik der Klägerin an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass die Erreichbarkeit eines Nebenzwecks unerheblich sei, da sich Steuern schon wegen der bloßen Einnahmeerzielung rechtfertigten. Das trifft zu. Mehr als Einnahmeerzielung muss mit einer Steuer nicht bezweckt werden. Die Klägerin benennt auch keinen Rechtsgrund, warum etwas anderes gelten sollte.
30Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht zu. Die insoweit aufgeworfene Frage
31"Hält die Veranlagung von Vergnügungssteuer unter Berücksichtigung des im Land Nordrhein-Westfalen mit Wirkung zum 01.12.2013 kumulativ hinzugetretenen Rechtsrahmens ‑ Glücksspielstaatsvertrag, AG GlüStV (NRW) einer verfassungsrechtlichen Prüfung am Maßstab des Art, 105 Abs. 2a GO stand?"
32ist nicht klärungsbedürftig, da sie auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens ohne Weiteres im für den Zulassungsantrag negativen Sinne beantwortet werden kann. Es ist unter keinem Gesichtspunkt ersichtlich, warum die hier erhobene Steuer ihren Charakter als örtliche Aufwandsteuer verloren haben könnte, weil der Glücksspielstaatsvertrag Regelungen über Spielhallen enthält.
33Die Frage
34"Wirkt es sich auf den Typus der verfahrensgegenständlichen Vergnügungssteuer als einer örtlichen Aufwandssteuer aus, dürfte selbige ‑ wie bundesgesetzlich geregelte ‑ ausschließlich aus fiskalischen Erwägungen erhoben und erhöht werden?"
35ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig. Eine örtliche Aufwandsteuer kann ‑ wie jede Steuer ‑ ausschließlich aus fiskalischen Erwägungen erhoben und erhöht werden.
36Die Frage
37"Verstößt die Vergnügungssteuererhebung in ihrer jetzigen Ausprägung, mit welcher die Absicht verfolgt wird, die Zahl der Aufstellorte und -geräte zu verringern, seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages i. V. m. den Ausführungsgesetzen der Länder gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung und gegen die Verpflichtung des Landes ‑ mithin auch des materiellen Gesetzgebers, sich im Rahmen von Lenkungssteuern nicht zu den Entscheidungen des Bundesgesetzgebers in Widerspruch setzen."
38ist nicht klärungsfähig, da sie sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen würde. Es ist nicht dargelegt oder sonst ersichtlich, zu welcher Entscheidung des Bundesgesetzgebers sich die Vergnügungssteuererhebung in Widerspruch setzten sollte. Der Glücksspielstaatsvertrag und das Ausführungsgesetz sind jedenfalls keine Entscheidungen des Bundesgesetzgebers.
39Die Fragen
40"Führt die Erhebung der Vergnügungssteuer nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags i. V. m. dem AG GlüStV (NRW) zu einem kumulativen Grundrechtseingriff dergestalt, dass die damit einhergehende Berufsausübungsregelung in eine Berufszulassungsregelung umschlägt?"
41und
42"Sind mit der Vergnügungssteuererhebung einhergehende Verkürzungen des grundrechtlich geschützten Bereichs der Berufsfreiheit nach Inkrafttreten des neuen Rechtsrahmens ‑ gewichtige, den Eingriff rechtfertigende, hinreichend mit der Steuererhebung verfolgte Interessen der Allgemeinheit unterstellt ‑ noch verhältnismäßig?"
43sind nach den oben gemachten Ausführungen zum kumulativen Grundrechtseingriff nicht klärungsbedürftig, da sie auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens ohne Weiteres im für den Zulassungsantrag negativen Sinne beantwortet werden können.
44Die Frage
45"Führt das kumulative, sich überlagernde und verstärkende Regelungssystem (GlüStV, AG GlüStV (VRW) VS) zu einer Einschränkung betriebswirtschaftlicher Spielräume dergestalt, dass kalkulatorische Abwälzbarkeit der Steuer ‑ aus Rechtsgründen ‑ nicht mehr möglich ist?"
46ist nicht klärungsfähig, da sie sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen würde. Es ist nicht ersichtlich, warum die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags und der Ausführungsvorschriften dazu die Abwälzung der Steuer auf den Spieler durch Preiserhöhung im Rahmen der Spielverordnung, durch Umsatzsteigerung oder Kostensenkung hindern sollten, wie oben bereits ausgeführt wurde.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.
48Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.