Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 11. Feb. 2016 - 6 K 2574/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 11. Feb. 2016 - 6 K 2574/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:
- 1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine); - 2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes); - 3.
die Bodenverteilung; - 4.
die Raumordnung; - 5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen); - 6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse; - 7.
die Grundsteuer.
(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.
(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:
- 1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden; - 2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden; - 3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; - 4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden; - 5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen; - 6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.
(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.
(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:
- 1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine); - 2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes); - 3.
die Bodenverteilung; - 4.
die Raumordnung; - 5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen); - 6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse; - 7.
die Grundsteuer.
(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.
(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:
- 1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden; - 2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden; - 3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; - 4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden; - 5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen; - 6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.
(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.
(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:
- 1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine); - 2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes); - 3.
die Bodenverteilung; - 4.
die Raumordnung; - 5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen); - 6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse; - 7.
die Grundsteuer.
(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.
(1) Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze so zu schützen, dass
- 1.
die biologische Vielfalt, - 2.
die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie - 3.
die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft
(2) Zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt sind entsprechend dem jeweiligen Gefährdungsgrad insbesondere
- 1.
lebensfähige Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten zu erhalten und der Austausch zwischen den Populationen sowie Wanderungen und Wiederbesiedelungen zu ermöglichen, - 2.
Gefährdungen von natürlich vorkommenden Ökosystemen, Biotopen und Arten entgegenzuwirken, - 3.
Lebensgemeinschaften und Biotope mit ihren strukturellen und geografischen Eigenheiten in einer repräsentativen Verteilung zu erhalten; bestimmte Landschaftsteile sollen der natürlichen Dynamik überlassen bleiben.
(3) Zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sind insbesondere
- 1.
die räumlich abgrenzbaren Teile seines Wirkungsgefüges im Hinblick auf die prägenden biologischen Funktionen, Stoff- und Energieflüsse sowie landschaftlichen Strukturen zu schützen; Naturgüter, die sich nicht erneuern, sind sparsam und schonend zu nutzen; sich erneuernde Naturgüter dürfen nur so genutzt werden, dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen, - 2.
Böden so zu erhalten, dass sie ihre Funktion im Naturhaushalt erfüllen können; nicht mehr genutzte versiegelte Flächen sind zu renaturieren, oder, soweit eine Entsiegelung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, der natürlichen Entwicklung zu überlassen, - 3.
Meeres- und Binnengewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten; dies gilt insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen; Hochwasserschutz hat auch durch natürliche oder naturnahe Maßnahmen zu erfolgen; für den vorsorgenden Grundwasserschutz sowie für einen ausgeglichenen Niederschlags-Abflusshaushalt ist auch durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege Sorge zu tragen, - 4.
Luft und Klima auch durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu schützen; dies gilt insbesondere für Flächen mit günstiger lufthygienischer oder klimatischer Wirkung wie Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete, Luftaustauschbahnen oder Freiräume im besiedelten Bereich; dem Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung insbesondere durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien kommt eine besondere Bedeutung zu, - 5.
wild lebende Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hinblick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt, einschließlich ihrer Stoffumwandlungs- und Bestäubungsleistungen, zu erhalten, - 6.
der Entwicklung sich selbst regulierender Ökosysteme auf hierfür geeigneten Flächen Raum und Zeit zu geben.
(4) Zur dauerhaften Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswertes von Natur und Landschaft sind insbesondere
- 1.
Naturlandschaften und historisch gewachsene Kulturlandschaften, auch mit ihren Kultur-, Bau- und Bodendenkmälern, vor Verunstaltung, Zersiedelung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren, - 2.
Vorkommen von Tieren und Pflanzen sowie Ausprägungen von Biotopen und Gewässern auch im Hinblick auf ihre Bedeutung für das Natur- und Landschaftserlebnis zu bewahren und zu entwickeln, - 3.
zum Zweck der Erholung in der freien Landschaft nach ihrer Beschaffenheit und Lage geeignete Flächen vor allem im besiedelten und siedlungsnahen Bereich sowie großflächige Erholungsräume zu schützen und zugänglich zu machen.
(5) Großflächige, weitgehend unzerschnittene Landschaftsräume sind vor weiterer Zerschneidung zu bewahren. Die erneute Inanspruchnahme bereits bebauter Flächen sowie die Bebauung unbebauter Flächen im beplanten und unbeplanten Innenbereich, soweit sie nicht als Grünfläche oder als anderer Freiraum für die Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorgesehen oder erforderlich sind, hat Vorrang vor der Inanspruchnahme von Freiflächen im Außenbereich. Verkehrswege, Energieleitungen und ähnliche Vorhaben sollen landschaftsgerecht geführt, gestaltet und so gebündelt werden, dass die Zerschneidung und die Inanspruchnahme der Landschaft sowie Beeinträchtigungen des Naturhaushalts vermieden oder so gering wie möglich gehalten werden. Beim Aufsuchen und bei der Gewinnung von Bodenschätzen, bei Abgrabungen und Aufschüttungen sind dauernde Schäden des Naturhaushalts und Zerstörungen wertvoller Landschaftsteile zu vermeiden; unvermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind insbesondere durch Förderung natürlicher Sukzession, Renaturierung, naturnahe Gestaltung, Wiedernutzbarmachung oder Rekultivierung auszugleichen oder zu mindern.
(6) Freiräume im besiedelten und siedlungsnahen Bereich einschließlich ihrer Bestandteile, wie Grünzüge, Parkanlagen, Kleingartenanlagen und sonstige Grünflächen, Wälder, Waldränder und andere Gehölzstrukturen einschließlich Einzelbäume, Fluss- und Bachläufe mit ihren Uferzonen und Auenbereichen, stehende Gewässer und ihre Uferzonen, gartenbau- und landwirtschaftlich genutzte Flächen, Flächen für natürliche Entwicklungsprozesse, Naturerfahrungsräume sowie naturnahe Bereiche im Umfeld von Verkehrsflächen und anderen Nutzungen einschließlich wegebegleitender Säume, sind zu erhalten und dort, wo sie nicht in ausreichendem Maße und hinreichender Qualität vorhanden sind, neu zu schaffen oder zu entwickeln.
(7) Den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege können auch Maßnahmen dienen, die den Zustand von Biotopen und Arten durch Nutzung, Pflege oder das Ermöglichen ungelenkter Sukzession auf einer Fläche nur für einen begrenzten Zeitraum verbessern.
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.
(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:
- 1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden; - 2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden; - 3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; - 4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden; - 5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen; - 6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.
(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.
(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.
(1) Bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung wird die Vorsorgepflicht nach § 7 durch die gute fachliche Praxis erfüllt. Die nach Landesrecht zuständigen landwirtschaftlichen Beratungsstellen sollen bei ihrer Beratungstätigkeit die Grundsätze der guten fachlichen Praxis nach Absatz 2 vermitteln.
(2) Grundsätze der guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung sind die nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit und Leistungsfähigkeit des Bodens als natürlicher Ressource. Zu den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis gehört insbesondere, daß
- 1.
die Bodenbearbeitung unter Berücksichtigung der Witterung grundsätzlich standortangepaßt zu erfolgen hat, - 2.
die Bodenstruktur erhalten oder verbessert wird, - 3.
Bodenverdichtungen, insbesondere durch Berücksichtigung der Bodenart, Bodenfeuchtigkeit und des von den zur landwirtschaftlichen Bodennutzung eingesetzten Geräten verursachten Bodendrucks, so weit wie möglich vermieden werden, - 4.
Bodenabträge durch eine standortangepaßte Nutzung, insbesondere durch Berücksichtigung der Hangneigung, der Wasser- und Windverhältnisse sowie der Bodenbedeckung, möglichst vermieden werden, - 5.
die naturbetonten Strukturelemente der Feldflur, insbesondere Hecken, Feldgehölze, Feldraine und Ackerterrassen, die zum Schutz des Bodens notwendig sind, erhalten werden, - 6.
die biologische Aktivität des Bodens durch entsprechende Fruchtfolgegestaltung erhalten oder gefördert wird und - 7.
der standorttypische Humusgehalt des Bodens, insbesondere durch eine ausreichende Zufuhr an organischer Substanz oder durch Reduzierung der Bearbeitungsintensität erhalten wird.
(3) Die Pflichten nach § 4 werden durch die Einhaltung der in § 3 Abs. 1 genannten Vorschriften erfüllt; enthalten diese keine Anforderungen an die Gefahrenabwehr und ergeben sich solche auch nicht aus den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis nach Absatz 2, so gelten die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes.
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.
(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:
- 1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden; - 2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden; - 3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; - 4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden; - 5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen; - 6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.
(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.
(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Gründe
- 1
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über eine denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung nach rheinland-pfälzischem Landesrecht.
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I.
- 2
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Durch eine Rechtsverordnung aus dem Jahre 1984 wurde ein Gebiet in K... als Denkmalzone "N..." unter Denkmalschutz gestellt. Schutzzweck der Denkmalzone ist die Erhaltung und Pflege der N... zu G..., wobei die Denkmalschutzverordnung die N... mit der Schlosskapelle und den zugehörigen Parkanlagen als bauliche Gesamtanlage im Sinne von § 5 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Denkmalschutz- und -pflegegesetzes vom 23. März 1978 (GVBl S. 159 - DSchPflG) einordnet. In die Denkmalzone einbezogen war das (damalige) Grundstück Gemarkung G..., Flur ..., Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht.
- 3
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Die Geschwister des Beschwerdeführers sind seit Anfang der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Eigentümer des Areals der N... einschließlich des Kapellengrundstücks und nutzten es in Teilen gewerblich. Im Jahre 1993 ließen sie eine Zwischendecke mit Fußbodenheizung in die Kapelle einziehen. Die Denkmalschutzbehörde gab ihnen daraufhin auf, die Zwischendecke zu beseitigen und den alten Zustand der Kapelle wiederherzustellen. Widerspruch, verwaltungsgerichtliche Klage sowie anschließende Verfassungsbeschwerde hiergegen blieben erfolglos.
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Während dieses Rechtsstreits teilten die Geschwister des Beschwerdeführers im Jahre 2006 das Grundstück Nr. .... Das neue Grundstück Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht, ließen sie dem Beschwerdeführer auf. Er wurde im Sommer 2006 in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Im Herbst 2006 beantragte er die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 DSchPflG in der bis zum 9. Dezember 2008 gültigen Fassung erforderliche Genehmigung zum Abriss der Kapelle (zur teilweisen Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung vgl. BVerfGE 100, 226 sowie zu den Anforderungen an eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Oktober 2001 - 1 A 11012/01.OVG -, NVwZ-RR 2002, S. 267 <268>; Urteil vom 21. August 2003 - 1 A 11997/02.OVG -, juris Rn. 28; Urteil vom 26. Mai 2004 - 8 A 12009/03 -, juris Rn. 34).
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Die Denkmalschutzbehörde lehnte mit dem hier angegriffenen Bescheid den Antrag auf Erteilung der Abrissgenehmigung ab. Seine Klage hiergegen stützte der Beschwerdeführer vor allem darauf, dass ihm die Erhaltung des Denkmals nicht zumutbar sei. Als Eigentümer der Schlosskapelle könne er die Erhaltungspflicht aus den mit dem Denkmal möglicherweise erzielbaren Einnahmen nicht erfüllen. Die Schlosskapelle, auf die es hier allein ankomme, erfordere Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwendungen im Werte von ca. 195.000 €, denen ein Ertragswert des Grundstücks in Höhe von lediglich 50.000 € gegenüberstehe.
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Die Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist es der Auffassung, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals, wenn wie hier eine Denkmalzone in Rede stehe, auf den im Eigentum einer Person stehenden denkmalgeschützten Gesamtbestand abzustellen sei. Dabei müssten hier die nach Unterschutzstellung eingetretenen Änderungen in den Eigentumsverhältnissen berücksichtigt werden, wenn sie auf das Verhältnis zwischen Erhaltungsaufwand für das Denkmal und Ertrag Auswirkungen haben könnten. Ansonsten bestünde die Gefahr einer Aufsplitterung des Denkmalschutzes.
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Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG.
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Die Auslegung des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalts, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf die bauliche Gesamtanlage abzustellen sei, verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Zwar könnten Eigentümerbefugnisse durch Gesetz eingeschränkt werden. Dabei dürfe der Kernbereich der Eigentumsgarantie jedoch nicht ausgehöhlt werden. Zu dieser gehörten sowohl die Privatnützigkeit, also auch die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein solle, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Diese grundsätzliche Verfügungsbefugnis und die Privatnützigkeit des Eigentums würden durch die mit der Beschwerde angegriffenen Akte nicht mehr gewährleistet, wenn bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die gesamte unter Denkmalschutz gestellte Anlage und nicht die Kapelle als Einzelbauwerk als maßgebend angesehen werde und keinerlei andere Kompensation der nicht mehr zumutbaren Eigentumsbelastung vorgesehen sei.
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Die (nachträgliche) Aufteilung eines Grundstücks sei rechtlich nicht untersagt. Sie sei auch nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt, so dass der zivilrechtliche Auseinandersetzungsvertrag zwischen ihm und seinen Geschwistern wegen Verstoßes gegen § 134 BGB oder § 138 BGB nichtig wäre. Vielmehr sei damit eine Grundstückssituation entstanden, die für Denkmalensembles häufig anzutreffen sei, dass nämlich in einer Denkmalzone verschiedene Grundstückseigentümer lediglich "denkmalrechtlich" zu einem Ensemble zusammengefasst würden. Weshalb in diesen Konstellationen die verfassungsrechtlich gebotene Betrachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit anders durchzuführen sei als bei einer Situation, in der die Denkmalwirkung erst nachträglich über verschiedene Grundstückseigentümer durch eine Rechtsverordnung erzeugt werde, erschließe sich nicht.
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Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz, das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz und das Bundesverwaltungsgericht geäußert.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für eine Annahme sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Maßstäbe für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Abrissgenehmigung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG geklärt (vgl. BVerfGE 100, 226). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
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Die Versagung der Genehmigung zum Abriss der Schlosskapelle ist die Konkretisierung einer Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 100, 226 <240>). Sie schränkt die Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers zwar ein, belastet ihn aber nicht unverhältnismäßig.
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Die Denkmalschutzbehörde verfolgt mit der Versagung der Abrissgenehmigung einen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Zweck.
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Der Schutz von Kulturdenkmälern ist grundsätzlich ein legitimes Anliegen, Denkmalpflege eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG rechtfertigt (BVerfGE 100, 226<242>). Die Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (VOBl S. 209, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 2005
) verpflichtet zudem in Art. 40 Abs. 3 das Land, die Denkmäler der Kunst und der Geschichte in seine Obhut und Pflege zu nehmen.
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Die Denkmalschutzbehörde hat in dem angegriffenen Bescheid die besondere Bedeutung der Schlosskapelle für die N... nachvollziehbar geschildert. Auch der Beschwerdeführer stellt die Berechtigung der Unterschutzstellung der Schlosskapelle nicht in Frage.
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Die Versagung der Genehmigung ist geeignet und erforderlich, den Zweck der Rechtsverordnung über die Unterschutzstellung der Denkmalzone "N..." zu erfüllen. Ein Abriss hätte den unwiederbringlichen Verlust eines in dieser Rechtsverordnung ausdrücklich genannten Gebäudes zur Folge.
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Die Versagung der Genehmigung belastet den Beschwerdeführer auch nicht unverhältnismäßig.
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Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals kann nur durch Inpflichtnahme des Eigentümers des Grundstücks und Gebäudes Rechnung getragen werden, dessen Eigentum daher einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt. Sie ergibt sich aus der Situationsgebundenheit, hier der Lage und Beschaffenheit des Grundstücks (BVerfGE 100, 226 <242>).
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Durch das Beseitigungsverbot wird die bestehende Nutzung eines Baudenkmals nicht eingeschränkt (BVerfGE 100, 226 <242>). Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 91, 294 <310>; 100, 226 <242 f.>).
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Anders liegt es aber, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dazu kann es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge veränderter Verhältnisse hinfällig wird und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen lässt. Wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch nicht veräußern kann, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt. Nimmt man die gesetzliche Erhaltungspflicht hinzu, so wird aus dem Recht eine Last, die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen hat, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können. Die Rechtsposition des Betroffenen nähert sich damit einer Lage, in der sie den Namen "Eigentum" nicht mehr verdient. Die Versagung einer Beseitigungsgenehmigung ist dann nicht mehr zumutbar (BVerfGE 100, 226 <243>).
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Gemessen hieran erweist sich die Versagung der Abrissgenehmigung gegenüber dem Beschwerdeführer nicht als unzumutbar. Der Fall des Beschwerdeführers ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die seine Belastung als Eigentümer mit der Erhaltung der denkmalgeschützten Schlosskapelle als mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar erscheinen lassen.
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Allerdings wird sich die Zumutbarkeit der Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes im Hinblick auf die damit einhergehenden Belastungen grundsätzlich nur nach den sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten des denkmalgeschützten Gesamtbestands in der Hand eines Eigentümers beurteilen lassen. Nutzungs- und Ertragsmöglichkeiten anderer Eigentümer von Teilen einer denkmalgeschützten Gesamtanlage können grundsätzlich nicht in die wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung einbezogen werden, sofern kein rechtlich gesichertes Ausgleichsverhältnis zwischen den verschiedenen Grundstückseigentümern besteht. Hiervon geht im Grundsatz auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in dem angegriffenen Beschluss unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Februar 1994 - 8 A 11609/92.OVG -, AS 24, 294 <298>) aus.
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Der Fall des Beschwerdeführers weist hingegen die Besonderheit auf, dass er den neu zugeschnittenen Grundstücksteil mit der - nach seinem von den Fachgerichten als richtig unterstellten Vortrag - für sich genommen wirtschaftlich nicht tragfähigen Schlosskapelle zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Gesamtanlage bereits als Denkmalzone ausgewiesen war. Deren wirtschaftlich sinnvolle Nutzbarkeit insgesamt steht nicht in Streit. Das vom Beschwerdeführer in privatautonomer Entscheidung erworbene Grundstück mit der Schlosskapelle war also zum Zeitpunkt seines Eigentumserwerbs bereits denkmalschutzrechtlich vorbelastet. Dies musste ihm auch bewusst sein. Die vom Beschwerdeführer erlangte Eigentümerstellung war mithin, worauf auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Stellungnahme hinweist, von vornherein denkmalschutzrechtlich eingeschränkt. Dieser Umstand beeinflusste notwendig den Wert des von ihm erworbenen Grundstücks.
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Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen bereits in seiner Rechtsprechung zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers für eine Altlastensanierung aus Gründen der öffentlichen Gefahrenabwehr betont, dass die Beurteilung dessen, was dem Grundstückseigentümer im Interesse des Gemeinwohls zugemutet werden kann, maßgeblich auch davon beeinflusst wird, ob er die entsprechende Belastung gekannt oder zumindest das Risiko einer solchen Belastung beim Grundstückserwerb bewusst in Kauf genommen hat (vgl. BVerfGE 102, 1 <21 f.>).
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Die in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Privatnützigkeit des Eigentums gewährleistet mithin nicht, dass der Grundstücksertrag der Eigentümer einer denkmalgeschützten Gesamtanlage, deren Erhalt für sich genommen wirtschaftlich zumutbar ist, dadurch gesteigert wird, dass einzelne, wirtschaftlich unrentable Teile mit Denkmalbestand eigentumsrechtlich aus einem solchen Ensemble "herausgeschnitten" werden und dadurch der Erhalt dieser Denkmäler infrage gestellt oder dessen Kosten letztlich der Allgemeinheit auferlegt werden.
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Die angegriffenen Entscheidungen tragen diesen Grundsätzen Rechnung und sind daher mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer würde eine unter Denkmalschutz gestellte Gesamtanlage nicht zu dem Zweck, die Voraussetzungen einer (vermeintlichen) Unzumutbarkeit der Erhaltung eines Teils des Denkmals zu schaffen, oder jedenfalls unter Inkaufnahme dieser Folge eigentumsrechtlich aufspalten, und eine dem Denkmalschutz aufgeschlossene Person würde eine derartige Eigentumsposition nicht erwerben.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn
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dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder - 2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.
(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ...Straße ... in Kulmbach (FlNr. ... der Gemarkung ...), welches er im Jahr 1974/75 mit einem Einfamilienhaus bebaut hat. Auf dem Nachbargrundstück, FlNr. ... der Gemarkung ..., befindet sich in einem Abstand von ca. 3 m zur Grenze des klägerischen Grundstücks eine Eiche, welche durch Verordnung über die Naturdenkmäler im Gebiet des Landkreises Kulmbach in der Fassung vom 10.10.1997 als Naturdenkmal unter Schutz gestellt ist. Die erstmalige Unterschutzstellung der genannten Eiche erfolgte durch Bescheid vom 25.11.1983. Der Ast- und Kronenwuchs der Eiche reicht grenzüberschreitend auf das klägerische Grundstück herüber. Im 1. Obergeschoss mit vorgesetztem Balkon befinden sich herausragende Äste ca. einen Meter vom Gebäude bzw. Balkon des Klägers entfernt und überschreiten die Grundstücksgrenze um etwa 3 m. Zuletzt wurde die Baumkrone in den Jahren 2013 sowie 2015 zurückgeschnitten. Der Kläger stellte durch Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 11.09.2013 bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Befreiung /Genehmigung nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG - i. V. m. § 6 der o. g. Verordnung hinsichtlich der dort unter Schutz gestellten „Dill-Eiche“. Dieser wurde durch Bescheid des Landratsamtes Kulmbach vom 04.12.2013, dem Kläger am 16.12.2013 zugestellt, abgelehnt.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 14.01.2014, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth
Der Klägerbevollmächtigte beantragt:
1. Der Bescheid des Beklagten vom 04.12.2013 (Az. ...) wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet dem Kläger die gem. Ziff. 1 des vorbezeichneten Bescheides verweigerte Fällungsgenehmigung der als Naturdenkmal ausgewiesenen „Dill-Eiche“ zu erteilen, hilfsweise: dem Antrag auf Durchführung eines Rückschnittes von 30% der Baumkrone stattzugeben.
Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.
Für den Beklagten beantragt das Landratsamt Kulmbach mit Schriftsatz vom 20.02.2014,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass die vollumfängliche Ablehnung der Anträge des Klägers dessen Rechte nicht verletze. Eine atypische Situation sei nicht gegeben. Die Eiche sei trotz eines oberflächlichen Risses nach wie vor in einem guten Gesamtzustand und standsicher. Der Zustand des Baumes sei regelmäßig von der Unteren Naturschutzbehörde geprüft worden und werde auch künftig geprüft. Überdies sei die Krone im Jahr 2000 mit drei Seilverspannungen zusätzlich gesichert worden. Herabfallende Äste sowie möglicher Blitzeinschlag begründeten kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Beseitigung des Baumes. Derartige Gefahren seien bei keinem Baum ganz auszuschließen. Für eine über das allgemeine Risiko hinausgehende Gefahrenlage sei nichts dargetan. Die durch die Eiche bedingten Einschränkungen des Klägers in der Nutzung seines Grundstücks erreichten bei Weitem nicht die Schwelle der Unzumutbarkeit; sie seien vielmehr im Rahmen der Sozialbindung entschädigungslos hinzunehmen. Ein atypischer Ausnahmefall liege nicht vor. Hohe Bäume neben einer Bebauung im bauplanungsrechtlichen Innenbereich stellten noch keine außergewöhnliche Situation dar, sondern seien vielmehr üblich und städtebaulich erwünscht.
Darüber hinaus sei die Beschattung ab dem Mittag bzw. frühen Nachmittag durch einen einzelnen Baum hinnehmbar. Gleiches gelte für die Einschränkung der Nutzung der Freiflächen vor dem klägerischen Wohngebäude. Überdies könnten diese durchaus gärtnerisch genutzt werden, was der Kläger auch tue. Eine wesentliche Freizeitnutzung komme in diesem Bereich schon aus topografischen Gründen kaum in Betracht. Zudem betreffe die Beschattung von Freiflächen durch die streitgegenständliche Eiche nur einen kleinen Teil des insgesamt über 1.300 m² großen Grundstücks des Klägers. Auch begründeten das Laub und die Eicheln eines einzelnen Baumes keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung. Eine Verstopfung der Dachrinnen lasse sich unschwer durch die Anbringung entsprechender Gitter verhindern. Auf die Nutzung seiner Dachflächen mit einer Solaranlage habe der Kläger keinen Anspruch. Bestritten werde weiter, dass das Wurzelwerk der Eiche den klägerischen Abwasserkanal im Jahr 2009 beschädigt habe oder künftig beschädigen könne. Auch die auf dem Grundstück des Klägers unmittelbar über dem fraglichen Kanal vorhandenen Koniferen und Rhododendren könnten im Einzelfall mit ihren Wurzeln Tiefen erreichen, in denen der Kanal verlaufe. Da es sich bei der Eiche um einen Pfahlwurzler handele, erscheine es unwahrscheinlich, dass sich aus dem seit Jahrzehnten vorhandenen tiefreichenden Wurzelwerk Seitentriebe in Richtung des sechs Meter entfernten Kanals hätten entwickeln sollen. Der Kläger könne daher weder ein überwiegendes öffentliches Interesse bzw. überwiegende Gründe des allgemeinen Wohls noch eine unbeabsichtigte Härte bzw. eine unzumutbare Belastung geltend machen. Überdies sei die Eiche wegen ihrer besonderen Eigenart und Schönheit zu Recht unter Schutz gestellt worden. In der näheren Umgebung fänden sich gerade keine vergleichbaren Bäume; die Eiche präge das Straßenbild maßgeblich und sei wegen ihres Alters und ihres Wuchses ein besonderer und erhaltenswerter Baum. Auch ein Rückschnitt der Baumkrone um 30% komme nicht in Betracht. Bei Schutz- und Pflegemaßnahmen von Naturdenkmälern orientiere sich der Beklagte an den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege (ZTV-Baumpflege) der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL). Die ZTV-Baumpflege seien das maßgebliche Regelwerk für Baumpflegearbeiten und würden auch als anerkannte Regeln der Technik im Rahmen der VOB gelten. Nach Nr. 3.1.9.3 ZTV-Baumpflege solle der Umfang einer Kronenkürzung höchstens 20% betragen. Der letzte Kronenrückschnitt der „Dill-Eiche“ sei im Jahr 2010 erfolgt, dabei sei der Kronenumfang um 7% reduziert worden. Bei einer etwa 100 Jahre alten Eiche sei von einem jährlichen Zuwachs von etwa 1% auszugehen, so dass der letzte Kronenrückschnitt bislang noch nicht kompensiert worden sei. Im Dezember 2012 seien auf Drängen des Klägers zudem zwei größere Äste im unteren Bereich der Baumkrone entfernt bzw. abgeleitet worden. Die durchgeführten Rückschnitte und Pflegemaßnahmen hätten dem aus naturschutzfachlicher Sicht Notwendigem und im Interesse der Erhaltung des Naturdenkmals Möglichen entsprochen. Der vom Kläger geforderte Rückschnitt um 30% sei geeignet, das Naturdenkmal in seiner Existenz zu gefährden.
Das Gericht hat am 22.09.2014 die örtlichen Verhältnisse durch die beauftragte Richterin in Augenschein genommen. Hinsichtlich der getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 verständigen sich die Beteiligten dahingehend, den nächsten Rückschnitt der „Dill-Eiche“ im Juni 2015 abwarten zu wollen und beantragten übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens. Dabei sicherten die Vertreter des Beklagten zu, dass der allgemeine Rückschnitt ca. 10% des Kronenvolumens erfassen und dass hinsichtlich der zum Kläger weisenden Äste ein verstärkter Rückschnitt erfolgen soll. Mit Beschluss vom 25.09.2014 wurde sodann das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Am 20.07.2015 wurde das Verfahren auf Antrag des Klägerbevollmächtigten vom 16.07.2015 unter neuem Aktenzeichen wieder aufgenommen. Zur Begründung wird vorgetragen, dass sich der von Beklagtenseite durchgeführte Kronenrückschnitt im Wesentlichen darauf beschränkt habe, dass im unteren Bereich der Eiche ein stärkerer Ast (Durchmesser ca. 15 cm) direkt am Stamm entfernt sowie zwei weitere Äste (Durchmesser der Schnittstelle ca. 5 cm) Richtung des klägerischen Grundstück beseitigt worden seien. Der vereinbarte Kronenrückschnitt sei nicht durchgeführt worden. Auch seien die auf das Nachbargrundstück gerichteten Äste nur in geringem Maße entfernt worden. Daher bestünden die verfahrensgegenständlichen Beeinträchtigungen in nahezu unverändertem Umfang fort. Das klägerische Grundstück werde während des gesamten Kalenderjahres durch vom Baum abfallende Teile erheblich beeinträchtigt. Dies betreffe Wege, Treppen sowie den Balkon des Klägers.
Mit Beschluss der Kammer vom 17.08.2015 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten B 2 K 14.50 sowie B 2 K 15.493 mit der Niederschrift über den Augenschein vom 22.09.2014 und den Sitzungsniederschriften vom 25.09.2014 und vom 16.09.2015 sowie den Inhalt der vorgelegten Behördenakten, § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Fällung der streitgegenständlichen Eiche bzw. auf Durchführung eines Kronenrückschnitts oder Neuverbescheidung hierüber (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Der zur Fällung beantragte Baum unterfällt der Verordnung über die Naturdenkmäler im Gebiet des Landkreises Kulmbach vom 10. Oktober 1997 (Naturdenkmalverordnung). Die sogenannte „Dill-Eiche“ ist in der Anlage zu § 1 Abs. 1 der vorgenannten Verordnung unter der laufenden Nummer 7/7 aufgeführt. Nach § 4 Abs. 1 der Naturdenkmalverordnung ist es verboten, ohne Genehmigung des Landratsamtes Kulmbach - untere Naturschutzbehörde - die Naturdenkmäler (§ 1) zu entfernen, zu zerstören oder zu verändern. Eine (Ausnahme-)Genehmigung kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung im Einzelfall erteilt werden, wenn der Vollzug der Bestimmung zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen im Sinne des Bayerischen Naturschutzgesetzes - BayNatSchG - vereinbar ist.
Die Naturdenkmalverordnung ist zunächst nicht aufgrund der Neuregelungen des Naturschutzrechtes im Bund und im Freistaat Bayern außer Kraft getreten. Denn nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen verlieren untergesetzliche Rechtsnormen (Rechtsverordnungen, Satzungen) durch nachträgliche Änderungen oder das Erlöschen der Ermächtigungsgrundlage nicht automatisch ihre Gültigkeit (vgl. BVerfG v. 03.12.1958, Az. 1 BvR 488/52; v. 16.05.1961, Az. 2 BvF 1/60; v. 25.07.1962
Vorliegend ergibt sich kein Anspruch auf eine Fällgenehmigung oder einen Kronenrückschnitt bzw. Neuverbescheidung hierüber aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 4 der Naturdenkmalverordnung. Demnach kann eine entsprechende Genehmigung nur erteilt werden, wenn der Verbleib des Baumes im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde. Auch § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG vermittelt dem Kläger nicht die geltend gemachten Rechtsansprüche. Die vorgenannte Vorschrift fordert für eine Befreiung von den Geboten und Verboten nach dem Naturschutzrecht der Länder, dass die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Eine unzumutbare Beeinträchtigung in diesem Sinne kann nur dann angenommen werden, wenn die von dem geschützten Baum ausgehenden Immissionen oder sonstigen Auswirkungen nach Art und Intensität die Nutzung bzw. Nutzbarkeit des Grundstücks erheblich beeinträchtigen. Die Beeinträchtigungen müssen deutlich über das Maß bloßer Belästigungen hinausgehen. Beachtlich sind weiterhin nur solche Beeinträchtigungen, deren potentiell die Wesentlichkeitsschwelle überschreitenden Folgewirkungen nicht mit Schutzmaßnahmen begegnet werden kann. Darüber hinaus erfordert § 67 BNatSchG für die Erteilung einer Befreiung das Vorliegen einer atypischen Sondersituation. Denn die Funktion der Befreiung besteht darin, rechtlichen Unausgewogenheiten abzuhelfen, die sich bei Anwendung einer Norm aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls ergeben. Diesem Zweck entsprechend setzt die Möglichkeit der Befreiung stets einen im Zeitpunkt des Normerlasses vom Normgeber so nicht vorausgesehenen und deshalb atypischen Sonderfall voraus (vgl. BVerwG LKV 1999, 26; Landmann/Rohmer, UmweltR-Gellermann, § 67 BNatSchG, Rn. 10). Nach Umfang und Häufigkeit dürfen Befreiungen daher nicht dazu führen, „die Norm sozusagen in kleiner Münze aufzuheben“ (vgl. Schumacher/Fischer-Hüftle, § 67 BNatSchG, Rn. 5). Die sich typischerweise mit einem solchen Verbot verbindenden Belastungen sind dem Norm-adressaten daher zumutbar und von ihm hinzunehmen. Von einer unzumutbaren Belastung im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG kann somit nur gesprochen werden, wenn der Eintritt der Verbotsfolge in Ansehung der Gegebenheiten des Einzelfalles und der ihn prägenden besonderen Umstände als nicht gerechtfertigt, unbillig oder unangemessen erscheint (vgl. OVG Münster NuR 1989, 230 [231]; BayVGH NuR 1990, 175 [277], OVG Saarlouis RdL 1981, 323 [326]). Die gleichen Anforderungen stellt § 6 Abs. 1 Nr. 2 Naturdenkmalverordnung auf, der insoweit von einer „im Einzelfall offenbar nicht beabsichtigten Härte“ spricht.
Die von Seiten des Klägers geltend gemachten Beeinträchtigungen erreichen kein im vorgenannten Sinne unzumutbares Maß. Eine im Einzelfall offenbar nicht beabsichtigte Härte kann im Hinblick auf die Auswirkungen der „Dill-Eiche“ auf das klägerische Anwesen nicht angenommen werden.
Dass bei Westwind ein beträchtlicher Teil des Laubes und der Eicheln auf das klägerische Grundstück fallen und es infolgedessen zu Verstopfungen der Dachrinne kommen kann, muss vom Kläger hingenommen werden. Gleiches gilt für den infolge des Habitus der Eiche beschränkten Ausblick. Diese Umstände begründen keinen Härtefall im Sinne der o. g. Vorschriften, da es sich insoweit um übliche Begleiterscheinungen eines Baumes handelt, die bereits seitens des Verordnungsgebers vorhergesehen und gebilligt wurden. Diese „natürlichen Lebensäußerungen“ eines Baumes mögen zwar vom jeweils Betroffenen als belästigend empfunden werden, sie sind aber als regelmäßige Folge der Unterstutzstellung hinzunehmen. Im Übrigen lässt sich eine Verstopfung der Dachrinne durch zumutbare Kompensationsmaßnahmen (Anbringung entsprechender Gitter) vermeiden. Auch der Einwand des Klägers, er könne infolge der Auswirkungen der Eiche seinen Lebensabend im eigenen Heim und Garten nicht ohne Einschränkungen genießen, begründet keinen Härtefäll. Denn diesbezüglich handelt es sich um eine rein personenbezogene Härte. Eine offenbar nicht beabsichtigte Härte im Sinne der Naturdenkmalverordnung ist jedoch bodenbezogen und nicht personenbezogen zu ermitteln (vgl. BayVGH
Eine unzumutbare Beeinträchtigung folgt darüber hinaus auch nicht aus dem behaupteten Wurzeleinwuchs der Eiche in die klägerischen Versorgungsleitungen.
Zum einen ist bereits fraglich, ob eindringende Wurzeln in Fällen der vorliegenden Art überhaupt einen Härtefall darstellen können. Denn Kanalsysteme, die sich nur wenige Meter vom Stamm eines Baumes entfernt befinden, sind im städtischen Bereich nichts Außergewöhn-liches, so dass in derartigen Fällen die Annahme einer vom Normgeber nicht beabsichtigten Härte zweifelhaft erscheint. Zum anderen besteht auch insoweit mit der Einbringung eines glasfaserverstärkten Kunststoffschlauchs als sog. Inliner in das klägerische Kanalsystem eine zumutbare Kompensationsmöglichkeit. Diese hat der Kläger entsprechend seiner Angaben im Augenscheintermin auch im Nachgang zu einer Kanalbefahrung im Jahr 2009 bereits ergriffen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärte er zudem, dass es seit 2009 keine Schwierigkeiten mehr mit den Versorgungsleitungen gegeben habe.
Im Übrigen erscheint auch fraglich, ob der im Jahr 2009 festgestellte Wurzeleinwuchs tatsächlich von der als Naturdenkmal ausgewiesenen „Dill-Eiche“ herrührt.
Ferner kann keine unzumutbare Beeinträchtigung infolge der vom Baum ausgehenden Verschattung angenommen werden.
Die Rechtsprechung stellt grundsätzlich hohe Anforderungen an die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung durch den Schattenwurf geschützter Bäume (vgl. VGH BW
Darüber hinaus geht mit dem Schattenwurf der Eiche keine unzumutbare Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung für den Kläger einher. Zur zumutbaren Grundstücksnutzung zählt sowohl eine angemessene Freizeitnutzung als auch eine entsprechende gärtnerische Nutzung. Diese implizieren sowohl eine Besonnung mindestens von Teilbereichen des Grundstücks, die über wenige Minuten hinausgeht, als auch das Bestehen hinreichender Bepflanzungsmöglichkeiten. Jedoch sind zugunsten der mit der Naturdenkmalverordnung verfolgten Ziele Einschränkungen der Besonnung und Belichtung hinzunehmen. Der Rahmen des Zumutbaren wäre demzufolge allenfalls dann überschritten, wenn die Einschränkungen auf dem Grundstück einer Waldsituation nahekommen. Von einem derartigen Ausmaß ist die Situation auf dem klägerischen Grundstück weit entfernt. Dem Kläger ist es trotz Vorhandensein des geschützten Baumes möglich seine vor dem Haus befindlichen Freiflächen ziergärtnerisch zu nutzen. Zwar findet eine Freizeitnutzung insoweit offenbar nicht statt, allerdings dürfte dies eher den topographischen Gegebenheiten (Hanglage) geschuldet sein als einer von der Eiche ausgehenden Verschattung. Dass der Kläger seinen Ziergarten wegen des dichten Habitus des Baumes, der kaum Regenwasser durchdringen lasse, vermeintlich häufiger händisch bewässern muss, ist als typische Begleiterscheinung des Baumes, die bereits bei Verordnungserlass vorhergesehen und gebilligt wurde, hinzunehmen. Infolge des Schattenwurfs der Eiche werden dem Kläger somit keine Nutzungseinschränkungen auferlegt, die durch die Ziele der Naturdenkmalverordnung nicht mehr zu rechtfertigen sind.
Insoweit führt auch der Umstand, dass eine Nutzung des Daches des klägerischen Wohnhauses zum Betrieb einer Solaranlage infolge der eingeschränkten Besonnung wirtschaftlich nicht rentabel erscheint, nicht zur Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung bzw. eines nicht beabsichtigten Härtefalls. Art. 14 Abs. 1 GG gewährt bereits keinen - auch nicht über das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - Schutz vor Veränderungen und situationsbedingten Erwerbschancen und -vorteilen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.06.1977, Az. 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75
Überdies liegen im Hinblick auf die von Klägerseite geltend gemachte Gefährdung des Straßen- und Fußgängerverkehrs keine überwiegenden Gründe des allgemeinen Wohls vor, welche die Erteilung einer Genehmigung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Naturdenkmalverordnung bzw. einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG vorliegend rechtfertigen würden. Denn die streitgegenständliche Eiche ist nach den Feststellungen des Beklagten, denen der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten ist, nicht in ihrer Stand- und Bruchfestigkeit gefährdet, sondern in gutem Zustand, gesund und standfest. Zwar weist der Baum einen Riss auf, gleichwohl wurde die Krone der Eiche bereits im Jahr 2000 mit drei Seilverspannungen zusätzlich gesichert. Im Übrigen hat der Kläger nichts dafür vorgetragen, dass eine Abweichung vom Normalzustand - wie etwa eine übermäßige Schräglage, dürre Äste oder eine schüttere Baumkrone - vorliege, die auf einen Vitalitätsverlust hinweisen würde. Derartiges ist auch sonst nicht erkennbar. Zugegebenermaßen dürfen die Anforderungen an das Vorliegen einer konkreten Gefahr nicht überspannt werden. Daher reicht es grundsätzlich aus, dass ein Sachverhalt vorgetragen wird, der nach allgemeiner Lebenserfahrung auf den künftigen Eintritt eines Schadens hinweist. Eine Gefahr für Verkehrsteilnehmer ist aber nicht schon deswegen anzunehmen, weil generell die Möglichkeit besteht, dass Bäume, auch wenn sie gesund sind, den Belastungen durch starke Stürme oder sonst extreme Witterungseinflüsse nicht standhalten und umstürzen oder abbrechen. Derartige Unglücksfälle sind dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen. Die von Klägerseite geschilderten Szenarien ließen sich allenfalls dadurch vermeiden, dass in besiedelten Bereichen sämtliche größeren Bäume beseitigt werden. Eine solche abstrakt bestehende Gefahr stellt jedoch keine Gefahr dar, die eine Ausnahmegenehmigung oder Befreiung rechtfertigen würde. Ansonsten würde die gesetzlich ermöglichte Entscheidung des Verordnungsgebers für den Schutz von Naturdenkmälern unterlaufen (vgl. insoweit VG Ansbach
Letztlich vermögen die von Klägerseite vorgetragenen Beeinträchtigungen auch in ihrer Gesamtschau vor dem Hintergrund der konkreten Schutzwürdigkeit der streitgegenständlichen Eiche die Annahme eines Härtefalles im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Naturdenkmalverordnung bzw. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG nicht zu rechtfertigen. Wie bereits dargestellt handelt es sich jeweils um Umstände, die bereits der Verordnungs- bzw. Gesetzgeber vorhergesehen und als typische Begleiterscheinungen geschützter Bäume gebilligt hat. Der Auffassung des Klägerbevollmächtigten dass die hier gegebenen Beeinträchtigungen in Anbetracht der geringen Schutzwürdigkeit der „Dill-Eiche“ ausnahmsweise den Rahmen des Zumutbaren überschreiten würden, kann nicht gefolgt werden. Bereits anlässlich der erstmaligen Unterschutzstellung der „Dill-Eiche“ durch Bescheid des Landratsamtes Kulmbach vom 25.11.1983 wurde ausgeführt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Baum um eine „Einzelschöpfung der Natur“ handele. In der Begründung des vorgenannten Bescheids wird weiter ausgeführt: „Der Baum steht erhöht, geradezu herausgehoben und erhaben im Straßenbild und es gibt in der Nähe keinen vergleichbaren Konkurrenten, insbesondere bezüglich der Außenform und Schönheit des Baumes. Die Erhaltung dieser Eiche liegt wegen ihrer hervorragenden Schönheit im öffentlichen Interesse.“ Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen sowie der Feststellungen im Augenscheintermin vermag das Gericht der streitgegenständlichen Eiche ihre besondere Schutzwürdigkeit nicht abzusprechen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Eiche in einem bereits vor ihrer Unterschutzstellung festgesetzten Wohngebiet befindet. Denn das Vorhandensein von Bäumen erweist sich im städtischen Bereich als üblich und ist darüber hinaus städtebaulich wünschenswert. Da folglich bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 der Naturdenkmalverordnung bzw. des § 67 Abs. 1 BNatSchG wegen Nichtvorliegens eines Härtefalls nicht gegeben sind, besteht weder ein Anspruch auf Fällung noch auf Durchführung eines Kronenrückschnitts oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber. Somit kommt es auf die Frage, ob unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Fällung oder lediglich eines Auslichtung des geschützten Baumes in Betracht kommt, bereits nicht mehr an. Denn wie oben festgestellt führen die Auswirkungen der „Dill-Eiche“ auch unter Berücksichtigung ihrer konkreten Schutzwürdigkeit nicht zu unzumutbaren Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks.
Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung - ZPO -.
(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn
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dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder - 2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.
(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung. Der Kläger und seine Ehefrau sind Eigentümer eines Grundstücks in x, Flurstück 3/6, Flur 1 der Gemarkung y. Der nordwestliche Bereich des Flurstücks liegt im Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung x, der östliche und südliche Bereich liegen im Geltungsbereich der Naturschutzgebietsverordnung „--“ (NSG-VO). Naturschutzgebiet und Landschaftsschutzgebiet grenzen direkt aneinander.
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Auf dem Grundstück befindet sich ein verpachteter Reitstall mit einer Reitschule. Zur Ergänzung der Reitschule wollte der Kläger eine ca. 450 m2 große Reithalle errichten lassen. Mit der Planung der Reithalle wurde ein Architekt beauftragt. Der Kläger beantragte unter dem 22.06.2009 zusammen mit seiner Ehefrau die Erteilung eines Bauvorbescheids. Dem Antrag war ein Lageplan mit dem Standort der Reithalle beigefügt (Bl. 4 und 5 der Verwaltungsakte). Der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung wurde unter dem 20.07.2009 bzw. 01.08.2008 gestellt.
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Während des Verwaltungsverfahrens erhielt der Kläger am 01.09.2009 von einer Bediensteten des Beklagten eine E-Mail mit einem Ausschnitt eines Luftbildes bzw. einer topographischen Karte für das betroffene Flurstück. In der E-Mail wurde dem Kläger mitgeteilt, dass nach einem Abgleich mit der aktuellen topographischen Karte und der durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein (MLUR) zwischenzeitlich digitalisierten Abgrenzung des Naturschutzgebietes zur Hoflage des Klägers etwas mehr Spiel bezüglich der Errichtung der Reithalle bestehe. Die Grenze des Naturschutzgebietes liege 47 Meter östlich der westlichen Gebäudekante des vorhandenen Stallgebäudes. Es wurde ferner mitgeteilt, dass mit der in der Anlage dargestellten Grenze nunmehr davon ausgegangen werden könne, dass das Vorhaben des Klägers vollständig außerhalb der Grenze des Naturschutzgebietes realisiert werden könne und bat den Kläger, dies bei seinen weiteren Planungen zu berücksichtigen (vgl. Bl. 8 d.A.).
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Am 02.09.2009 reichte der Kläger einen neuen Lageplan ein, auf dem der Standort der geplanten Reithalle eingezeichnet war (Bl. 24 und 25 der Verwaltungsakte). Unter dem 05.10.2009 erteilte der Beklagte den beantragten Vorbescheid. Der Vorbescheid enthielt die Aussage, dass von der unteren Naturschutzbehörde bei Einhaltung bestimmter Rahmenbedingungen eine naturschutzrechtliche Genehmigung im Landschaftsschutzgebiet in Aussicht gestellt werde. Eine dieser Rahmenbedingungen lautete, dass die Errichtung baulicher Anlagen einschließlich notwendiger Ausläufe (Paddocks) außerhalb des Naturschutzgebietes „--“ zu erfolgen habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich das geplante Bauvorhaben im Landschaftsschutzgebiet „x“ unmittelbar an der Grenze zum Naturschutzgebiet „--“ befinde und einen naturschutzrechtlichen Eingriff nach § 10 LNatSchG darstelle. Dem Vorbescheid waren ein Übersichtsplan und Lageplan beigefügt, in denen die geplante Reithalle eingezeichnet war.
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Der Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 02.12.2009 eine Ausnahme von den Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes gem. § 72 Abs. 1 Nr. 1 LNatSchG a.F. in Verbindung mit der Landschaftsschutzgebietsverordnung x zur Errichtung der Reithalle. Als Nebenbestimmung enthielt der Bescheid die Anordnung, dass die Errichtung der Reithalle außerhalb des Naturschutzgebietes „--“ zu erfolgen habe. Dem Bescheid war ein Lageplan beigefügt, auf dem sowohl die Reithalle als auch die Grenze des Naturschutzgebietes eingezeichnet waren (Bl. 56 der Verwaltungsakte). Unter dem 14.12.2009 erteilte der Beklagte die Baugenehmigung für die Reithalle. Der Baugenehmigung war ein identischer Lageplan beigefügt.
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Der Kläger ließ die Reithalle an einem anderen Standort errichten. Anlässlich einer Ortsbesichtigung durch Bedienstete des Beklagten am 08.09.2010 wurde festgestellt, dass der Standort der Reithalle um vier bis fünf Meter nach Osten und acht Meter nach Süden verschoben worden war (Bl. 172 VA). Die Bauaufsichtsbehörde untersagte daraufhin die Fortführung der Baumaßnahmen und die Nutzung der Reithalle.
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Mit Schreiben vom 24.12.2010 beantragte der Kläger die Erteilung einer (nachträglichen) Baugenehmigung für den geänderten Standort der Reithalle. Der überarbeitete Lageplan wurde von dem Entwurfsverfasser des Klägers am 04.02.2011 nachgereicht. Der Standort der Halle wurde um rund 8 Meter nach Süden und 4 Meter nach Osten verschoben (Bl. 67 f. der Verwaltungsakte).
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Mit Schreiben vom 08.02.2011 bat der Beklagte das MLUR um Prüfung, ob sich der geänderte Standort der Reithalle im Geltungsbereich der NSG-VO befinde. Es bestehe Unklarheit über den Verlauf der Grenze des Naturschutzgebietes. Hierauf antwortete das Ministerium mit Schreiben vom 15.02.2011. Es führte aus, dass für die Feststellung der Abgrenzung des Naturschutzgebietes grundsätzlich die analoge Originalkarte (Maßstab 1:5000) heranzuziehen sei. Dies gelte auch in Zweifelsfällen, also auch bei Abweichungen zwischen der analogen Karte und der digitalen Darstellung (shape) des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR). Abweichungen ließen sich gegebenenfalls mit Digitalisierungsfehlern erklären. Die digitale Abgrenzung sei überprüft worden. Es seien keine Abweichungen von der analogen Karte festgestellt worden. Die beantragte Reithalle liege nach den vorliegenden Unterlagen zum Teil im Naturschutzgebiet. Nach Einreichung eines weiteren Lageplans wiederholte der Beklagte seine Anfrage an das MLUR. Mit E-Mail vom 07.04.2011 teilte dieses dem Beklagten mit, dass die nunmehr errichtete Reithalle teilweise mit circa 7 Meter Breite (der östliche Teil der Halle) im Naturschutzgebiet liege.
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Mit Bescheid vom 04.04.2011 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Befreiung von den Verbotsvorschriften der NSG-VO für die Errichtung der Reithalle in der nachträglich beantragten Form ab. Der geänderte Standort der Reithalle befinde sich teilweise im Landschaftsschutzgebiet x und teilweise im Naturschutzgebiet „--“. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 der NSG-VO sei insbesondere die Errichtung baulicher Anlagen verboten. Unter dieses Verbot falle auch die errichtete Reithalle. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Verbot gem. § 6 Abs. 3 NSG-VO i.V.m. § 54 Abs. 2 LNatSchG a.F. bzw. § 67 Abs. 1 BNatSchG würden nicht vorliegen. Das Vorhaben diene weder dem öffentlichen Interesse noch würde die Durchführung der Verbotsvorschrift zu einer unzumutbaren Belastung führen. Es liege bereits eine rechtskräftige Baugenehmigung mit naturschutzrechtlichem Ausnahmebescheid für eine naturschonendere und zumutbare Errichtung der Reithalle vor.
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Mit Bescheid vom 11.04.2011 wurde der Bauantrag des Klägers vom 24.12.2010 abgelehnt. Die Ablehnung wurde mit der versagten naturschutzrechtlichen Befreiung begründet. Damit stünden dem Vorhaben öffentliche Belange entgegen im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegen, was zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit führe.
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Unter dem 20.04.2011 legte der Kläger gegen den naturschutzrechtlichen Versagungsbescheid Widerspruch ein. Die Reithalle sei aufgrund erheblicher Fehlleistungen des beauftragten Architekten nicht an dem zuvor genehmigten Standort errichtet worden, stehe jedoch nicht zum Teil in einem Naturschutzgebiet. Dies ergebe sich daraus, dass entsprechend der E-Mail vom 01.09.2009 die Naturschutzgebietsgrenze 47 Meter östlich der westlichen Gebäudekante des vorhandenen Stallgebäudes verlaufen würde. Aus den zum nachträglichen Genehmigungsantrag nachgereichten Lageplänen sei deutlich zu erkennen, dass die eingeräumten 47 Meter um genau 2,18 Meter unterschritten würden. Ein Bediensteter des Kreisbauamts habe zwischenzeitlich die Reithalle vermessen und mündlich mitgeteilt, dass diese nach dem Lageplan richtig stehe. Im Übrigen gehörten gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 der NSG-VO die entlang der Straße gelegenen Siedlungsbereiche nicht zum Naturschutzgebiet. Die Reithalle stehe hingegen auf befestigtem Boden im Siedlungsbereich.
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Auch aus einem Vergleich zwischen einer automatisierten Liegenschaftskarte (ALK) im Maßstab 1:2.500, in der das Naturschutzgebiet grün schraffiert dargestellt werde und dem Liegenschaftskataster, in der die streitgegenständliche Halle eingetragen ist, ergebe sich eindeutig, dass die Halle zwar genau an der Grenze zum Naturschutzgebiet errichtet worden sei, das Naturschutzgebiet aber nicht überbaut sei. Der Kläger hat ferner die ALK mit dem grün schraffierten Naturschutzgebiet auf den gleichen Maßstab vergrößert, in dem auch der Katasterauszug erstellt wurde (Maßstab 1:1.000) und die beiden Karten übereinandergelegt (Bl. 115 ff. der Verwaltungsakte). Der Vergleich zwischen den Karten zeige deutlich, dass die Naturschutzgebietsgrenze parallel zur Reithalle verlaufe.
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Auch anhand der Abgrenzungskarte zur NSG-VO im Maßstab 1:5.000 lasse sich nicht erkennen, dass der östliche Teil der Reithalle vom Geltungsbereich der NSG-VO erfasst werde. Der Grenzverlauf sei derart dick eingezeichnet, so dass eine genaue Bestimmung des Grenzverlaufes nicht möglich sei. Der Grenzverlauf sei mit einer Breite von einem Millimeter eingezeichnet, was tatsächlich fünf Metern entspreche. Bei Kartenunterlagen sei im Zweifel zu Gunsten eines Bauvorhabens zu entscheiden. Die Abgrenzungskarte sei auch ungenauer als die vorgelegte ALK.
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Hilfsweise würden auch die Voraussetzungen einer Befreiung von dem naturschutzrechtlichen Verbot vorliegen. Die Abweichung wäre mit den Belangen von Naturschutz- und Landschaftspflege vereinbar, da nur eine geringfügige Überbauung vorliege. Der Schutzzweck des Naturschutzgebietes wäre in keiner Weise beeinträchtigt. Eine gravierende Überformung der Landschaft ergebe sich durch den Bau der Reithalle nicht, Umweltverschmutzungen oder naturfremde Lärmbelastungen seien nicht zu erwarten. Die Reithalle werde zum Betrieb einer Reitschule genutzt und komme daher auch der Öffentlichkeit zugute. Die Versagung der Befreiung würde auch eine unzumutbare Härte bedeuten. Eine etwaige Verpflichtung zum Rückbau der Halle würde zu einer erheblichen finanziellen und tatsächlichen Belastung des Klägers führen. Mit der Mitteilung vom 01.09.2009 über den tatsächlichen Verlauf der Naturschutzgebietsgrenze sei ein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Klägers geschaffen worden. Ein etwaiger Irrtum bei der Mitteilung und eine tatsächlich andere Grenze des Naturschutzgebietes dürften nicht zu seinen Lasten gehen. Es sei ein Rechtsschein hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der Reithalle gesetzt worden.
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Der Kläger hat mit Schreiben vom 30.06.2011 das MLUR um eine Einschätzung gebeten, ob sich die Reithalle im Naturschutzgebiet befinde. Das MLUR teilte dem Kläger daraufhin mit, dass nach den vorliegenden Unterlagen, der Abgrenzungskarte für das Naturschutzgebiet „--“ im Maßstab 1:5.000 sowie der Flurkarte im Maßstab 1:1.000 eine Überschneidung vorliege. Der östliche Teil der Halle liege mit circa sieben Metern im Naturschutzgebiet. Das MLUR wies ferner darauf hin, dass für die Feststellung der Abgrenzung eines Naturschutzgebietes die analoge Originalkarte im Maßstab 1:5000 maßgeblich sei. Die gelte auch in Zweifelsfällen bei Abweichungen zwischen der analogen Originalkarte und digitalen Darstellungen.
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Mit Schreiben vom 20.07.2011 und 10.08.2011 ergänzte der Kläger sein Widerspruchvorbringen. Das von der Beklagten zuvor übersandte Kartenmaterial sei überprüft und auf den Maßstab 1:1.000 gebracht worden. Danach stelle sich die Grenze des Naturschutzgebietes anders dar als in der bisher vorliegenden ALK. Nach der Abgrenzungskarte zum Naturschutzgebiet liege die errichtete Reithalle tatsächlich teilweise in dem Naturschutzgebiet. Die Abgrenzungskarte sei jedoch nicht korrekt. Aus einem auf den Maßstab 1:1000 vergrößerten Auszug der Karte ergebe sich, dass sie die tatsächlichen Örtlichkeiten nicht richtig darstelle. Dies gelte unter anderem für die Gebäude als auch den Verlauf der Straße „..“. Die Fehler führten dazu, dass der Bestimmtheitsgrundsatz nicht eingehalten werde und die NSG-VO unter Abwägungsmängeln leide, da die tatsächlichen Örtlichkeiten bei der Planung nicht berücksichtigt wurden.
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Ferner stimme die Abgrenzungskarte nicht mit dem Textteil der NSG-VO überein. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 gehörten die entlang der Straßen gelegenen Siedlungsbereiche nicht zum Naturschutzgebiet. Bei einem Vergleich der Abgrenzungskarte mit der Flurkarte zeige sich eindeutig, dass der Siedlungsbereich zum Teil überplant wurde. Es bestehe eine Divergenz zwischen dem Textteil der Verordnung und der Abgrenzungskarte. Eine genaue Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze an dem streitgegenständlichen Standort sei daher nicht möglich. Es liege ein Verstoß gegen den aus Art. 20 GG abzuleitenden Bestimmtheitsgrundsatz vor. Eine Verordnung sei nicht bestimmt, wenn ihre Anordnungen unklar, unvollständig oder in sich widersprüchlich formuliert seien. Dazu gehöre bei einer Verordnung, die in einem bestimmten Gebiet Schutzpflichten begründen wolle, dass die Grenzen des Gebietes zweifelsfrei zu bestimmen seien. Es müsse für jedermann möglich sein, den räumlichen Geltungsbereich hinreichend sicher festzustellen. Eine Verordnung, die über ihren Geltungsbereich Zweifel aufkommen lasse, sei deshalb wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rechtssicherheit nichtig (mit Verweis auf OVG Schleswig, Die Gemeinde 1994, 164 ff.).
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Vorliegend müsse auch berücksichtigt werden, dass die ALK die Naturschutzgebietsgrenze an anderer Stelle ausweise und bei dem Beklagten als Arbeitsgrundlage diene. Die Unmöglichkeit zur genauen Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze folge auch aus der E-Mail vom 01.09.2009 mit der Angabe des Grenzverlaufs. Sofern selbst die Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde eine genaue Bestimmung des Grenzverlaufs nicht vornehmen könnten, führe dies zur Nichtigkeit der Verordnung. Jedenfalls werde die ALK, nach der sich die Reithalle nicht in dem Naturschutzgebiet befinde, den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz der NSG-VO gerecht. Denn die an der Straße gelegenen Siedlungsbereiche würden dort nicht vom Naturschutzgebiet erfasst. Da der Beklagte auch bei anderen Entscheidungen von diesem Grenzverlauf ausgegangen sei, bestehe zudem eine Selbstbindung der Verwaltung, die wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung auch im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen sei.
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Das Bestimmtheitsgebot werde auch nicht durch Bezugnahme auf § 19 Abs. 7 Nr. 2 LNatSchG gewahrt. Die Formulierung im Verordnungstext zur Erfassung der Siedlungsbereiche entlang der Straße sei keine grobe Beschreibung, die zeichnerisch näher dargestellt sei. Die Beschreibung sei vielmehr eindeutig und der Kartenteil viel zu ungenau.
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Unter dem 24.08.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass für die Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze allein die Abgrenzungskarte zur NSG-VO im Maßstab 1:5.000 maßgeblich sei. Mit dieser sei selbst aus der Sicht eines nicht sachkundigen objektiven Dritten eindeutig erkennbar dass sich die Reithalle teilweise innerhalb des Naturschutzgebietes befinde. Dies habe der Kläger in seinem Schreiben vom 20.07.2011 auch bestätigt. Die Grenze des Naturschutzgebietes verlaufe nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung auf der dem Gebiet der zugewandten Seite der roten Linie. Die Linienstärke sei daher nicht relevant.
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Unstimmigkeiten zwischen der Abgrenzungskarte und dem Textteil der Verordnung seien nicht feststellbar. Die Abgrenzung des Naturschutzgebietes werde in der Verordnung grob beschrieben und in der Abgrenzungskarte zeichnerisch dargestellt. Der Farbausdruck der ALK im Maßstab 1:1.000 stamme aus einem behördeninternen EDV-Programm und diene lediglich als grobe Übersicht für interne Zwecke, aber nicht als verbindliche Arbeitsgrundlage zur Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze. Es bestehe keine Selbstbindung dahingehend, die ALK anzuwenden. Die Karte sei auch mit dem ausdrücklichen Hinweis ausgehändigt worden, dass sie für die Beurteilung der Gebietsgrenze nicht maßgeblich sei. Daher sei auch kein Rechtsschein für deren Verbindlichkeit gesetzt worden.
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Auch die E-Mail vom 01.09.2009 könne nicht dafür verantwortlich sein, dass der Kläger mit dem Bau der Reithalle vor Erteilung einer entsprechenden Genehmigung begonnen habe. Die E-Mail sei im Zusammenhang mit dem Antrag des Klägers auf Erteilung eines baurechtlichen Vorbescheides versandt worden, damit dieser den Standort der Reithalle planen könne. Eine Aussage während des Bauvorbescheidverfahrens berechtige nicht zum vorzeitigen Baubeginn. Mit der E-Mail sei dem Kläger nicht garantiert worden, dass die Reithalle an dieser Stelle auch tatsächlich genehmigungsfähig sei. Sie habe lediglich dem weiteren Bearbeitungsverfahren und Anpassen der Antragsunterlagen gedient. Daraufhin habe der Kläger am 02.09.2009 einen geänderten Lageplan eingereicht, welcher von der unteren Naturschutzbehörde geprüfte wurde. Dem geänderten Standort sei zugestimmt worden. Der geänderte Lageplan sei Bestandteil des Bauvorbescheides vom 05.10.2009 geworden. Die Lage der errichteten Reithalle entspreche aber nicht dem Lageplan zum Bauvorbescheid. Ferner sei die Aussage der E-Mail mit dem bestandskräftigen Ausnahmebescheid der unteren Naturschutzbehörde vom 05.12.2009, welcher der Baugenehmigung vom 14.12.2009 als Anlage beigefügt war, berichtigt worden. In diesem Bescheid sei der Kläger ausdrücklich auf das unmittelbar angrenzende Naturschutzgebiet aufmerksam gemacht und die an die Reithalle angrenzende Schutzgebietsgrenze im Lageplan deutlich dargestellt worden.
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Die errichtete Reithalle stelle eine bauliche Anlage dar. Ihre Errichtung verstoße daher gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 der NSG-VO. Die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 6 Abs. 1, Abs. 3 NSG-VO i.V.m. § 54 Abs. 2 LNatSchG a.F. (§ 67 BNatSchG n.F.) seien nicht erfüllt. Eine Befreiung aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.d. § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei nicht notwendig. Sofern überhaupt davon ausgegangen werden könne, dass die Reithalle dem öffentlichen Interesse diene, könne diesem auch ohne Befreiung Rechnung getragen werden. Die Errichtung der Reithalle sei schließlich außerhalb des Naturschutzgebietes auf dem betreffenden Flurstück und damit naturschonender möglich. Entsprechende Genehmigungen seien bereits erteilt worden. Die Durchführung der Verbotsvorschrift führe auch nicht zu einer unzumutbaren Belastung gem. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Eine solche liege bei unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen vor. Vorliegend sei die Grenze der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht überschritten. Dem Kläger sei bereits eine naturschutzrechtliche Zulassung für die Errichtung der Reithalle erteilt worden. Eine Prüfung der Vereinbarkeit mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege sei daher nicht mehr notwendig.
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Der Kläger hat am 19.09.2011 Klage erhoben. Er behauptet, dass er seinen Architekten nach der Auskunft in der E-Mail vom 01.09.2009 mit der Überarbeitung der Pläne beauftragt habe. Dieser sollte die Pläne bei dem Beklagten einreichen und den Baugenehmigungsantrag ändern. Der Architekt habe die Pläne angefertigt, jedoch nur dem Kläger zukommen lassen. Sowohl der Antrag bei dem Beklagten als auch die Anzeige der geänderten Planungen seien nicht erfolgt. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Aussage in der E-Mail habe der Kläger noch vor Erteilung der Baugenehmigung mit dem Ausheben der Fundamente begonnen. Er sei davon ausgegangen, dass sich die am 14.12.2009 erteilte Baugenehmigung und die am 02.12.2009 erteilte naturschutzrechtliche Genehmigung auf die geänderten Pläne beziehen würden. Der Architekt habe es unterlassen, den Kläger über den „Falschbau“ zu unterrichten.
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Unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren führt der Kläger aus, dass ihm ein Anspruch auf Befreiung gem. § 61 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 LNatSchG zustehe. Eine Ausnahmegenehmigung sei nicht erforderlich, müsste gegebenenfalls aber erteilt werden.
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Der geänderte Standort der Reithalle liege nicht im Naturschutzgebiet. Es würden die gleichen Gegebenheiten wie bei dem ursprünglichen Standort vorliegen. Legte man allein die Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 zu Grunde, verliefe die Naturschutzgebietsgrenze tatsächlich durch die Reithalle. Die Karte sei jedoch fehlerhaft, ungenau, widersprüchlich und genüge nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Zunächst sei der Abgrenzungsmaßstab von 1:5.000 zu hoch angesetzt, um eine genaue Abgrenzung der streitgegenständlichen Grenze vorzunehmen. Wenn die Abgrenzungskarte der Konkretisierung der Satzung dienen solle, müsse sie genauer sein als die grobe Beschreibung in der Satzung. Weiter zeige der Vergleich zwischen der Abgrenzungskarte mit der Flurkarte (Anlage K 7), dass der in der Flurkarte gestrichelt dargestellte Siedlungsbereich zum Teil mit dem Naturschutzgebiet überplant worden sei. Damit bestehe eine Divergenz zwischen dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO und der Abgrenzungskarte, auf die § 2 Abs. 2 Satz 1 NSG-VO verweise. Auch hieraus ergebe sich ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da eine zweifelsfreie Bestimmung der Grenze nicht möglich sei. Die Verordnung sei daher unwirksam. Die Reithalle liege auch im Siedlungsbereich gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO.
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Ferner sei für die Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze die ALK maßgeblich, wonach die Reithalle nicht im Naturschutzgebiet belegen sei. Sie diene als Arbeitsgrundlage des Beklagten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum diese Karte im Vergleich zu ungenaueren und veralteten Abgrenzungskarte nicht als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden könne. Die Liegenschaftskarte entspreche dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO, da dort das Siedlungsgebiet nicht vom dem Naturschutzgebiet umfasst werde. Auch aus weiteren Karten (amtliche Karte nach der VermKatV S-H, Flurkarte im Maßstab 1:1000) und deren Vergleich miteinander ergebe sich, dass die Reithalle genau an der Grenze zum Naturschutzgebiet erbaut worden sei.
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Selbst wenn die Verordnung noch dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen sollte, gelte die Zweifelsregelung in § 19 Abs. 7 Satz 2, 2. Hs. LNatSchG, wonach Flächen im Zweifel als nicht betroffen gelten. Aufgrund der aufgezeigten Zweifel in der Abgrenzungskarte, insbesondere unter Beachtung des Maßstabes von 1:5.000 habe der Standort der Reithalle als vom Naturschutzgebiet nicht betroffen zu gelten.
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Hilfsweise seien die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 BNatSchG erfüllt. Die Belange des Klägers würden die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege überwiegen. Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses seien auch Interessen wirtschaftlicher und sozialer Art zu berücksichtigen. Die Reithalle führe zu einer Steigerung der Attraktivität der Gegend. Ferner würden auch Interessen sozialer Art befriedigt, indem reitsportinteressierten Bewohnern die Teilnahme am Reitsport auch bei schlechtem Wetter ermöglicht werde. Die Reithalle habe zudem einen starken Bezug zur Natur. Die unzumutbare Härte i.S.d. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ergebe sich im Falle eines Rückbaus der Reithalle mit den damit verbundenen Kosten, obwohl nur eine marginale Beeinträchtigung des Naturschutzes vorliege. Ferner müssten im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die genannten Aspekte des durch die E-Mail erzeugten Rechtsscheins und der mangelnden Bestimmtheit der Naturschutzgebietsgrenze berücksichtigt werden.
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Der Kläger beantragt wörtlich,
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unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 04.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrats des Kreises vom 24.08.2011 den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die für die beantragte Baugenehmigung nötige naturschutzrechtliche Befreiung von den Vorschriften des LNatSchG zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Grundlage für die Aussage in der E-Mail vom 01.09.2009 sei nicht eine ALK, sondern eine auf den Maßstab 1:3.000 vergrößerte amtliche topographische Karte (ursprünglicher Maßstab 1:5.000) mit der dort enthaltenen Darstellung der Naturschutzgebietsgrenze gewesen.
- 35
Der Architekt des Klägers habe es während des Genehmigungsverfahrens unterlassen, geänderte Planungsunterlagen einzureichen oder geänderte Planungsbedingungen anzuzeigen. Der Beklagte müsse die zuletzt eingereichten Unterlagen zur Genehmigung heranziehen. Ein neuer Bauantrag hätte vom Kläger unterschrieben werden müssen. Es könne nicht nachvollzogen werden, warum der Kläger davon ausgegangen sei, dass es sich um die Baugenehmigung auf der Grundlage der vom Architekten geänderten Pläne gehandelt habe.
- 36
Dem Kläger sei auf seinen ausdrücklichen Wunsch das Luftbild mit eingeblendeter - vom LLUR digitalisierter - Naturschutzgebietsgrenze im Maßstab 1:1000 ausgehändigt worden (Anlage K 5). Er sei dabei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass dieser Ausdruck nicht für die Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze maßgeblich sei. Aufgrund dieses Hinweises habe der Kläger nicht darauf vertrauen können, dass das Naturschutzgebiet durch die errichtete Reithalle nicht überbaut würde.
- 37
Unstimmigkeiten zwischen der Abgrenzungskarte und dem Textteil der NSG-VO - insbesondere im Hinblick auf die Lage der Siedlungsbereiche - seien nicht feststellbar. Der Maßstab 1:5.000 sei bei der Ausweisung von Naturschutzgebieten üblich.
- 38
Die Durchführung der Verbotsvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NSG-VO führe auch nicht zu einer unzumutbaren Belastung i.S.d. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dies gelte auch in Anbetracht von Kosten in Höhe von mehreren zehntausend Euro für einen etwaigen Rückbau. Vorliegend sei kein von der Lage anderer Eigentümer im Naturschutzgebiet verschiedenes Sonderinteresse des Klägers ersichtlich. Die Lage des Klägers sei eine typische Folge des Bauverbots aus der NSG-VO und daher kein Sonderopfer. Zudem fehle es am alleinigen Ursachenzusammenhang zwischen dem Verbot der NSG-VO und der behaupteten Sondersituation. Der Schaden durch die tatsächliche und finanzielle Belastung resultiere nicht allein aus der Versagung der Befreiung, sondern vielmehr aus der ungenehmigten Errichtung der Reithalle durch den Kläger. Die Erteilung einer Befreiung könnte zudem zu einer negativen Vorbildfunktion für andere Bauherren führen.
- 39
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung seinen Vortrag weiter ergänzt. Er wiederholt und vertieft seine Ansicht, dass die Grenzen des Siedlungsbereiches im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO unstreitig in der als Anlage K 7 eingereichten Karte dargestellt seien. Es sei nicht bestritten worden, wo ansonsten die Grenze des Siedlungsbereiches verlaufen würde und was ansonsten mit der gestrichelten Linie auf der Karte bezeichnet sein solle. Es treffe im Übrigen nicht zu, dass die Abgrenzungskarte das Naturschutzgebiet genau bezeichne und innerhalb der dort dargestellten Grenzen der Siedlungsbereich daher nicht liegen könne. Es liege vielmehr ein offensichtlicher Widerspruch zwischen dem Textteil der Satzung und der in Bezug genommenen Abgrenzungskarte vor, welcher zur Unwirksamkeit der Planung führe. Es treffe auch nicht zu, dass der Begriff „Siedlungsbereich“ lediglich unbestimmt sei und nicht mehr als eine vage Andeutung beinhalte. Bei einer solchen Auslegung wäre der Satz „Nicht zum Naturschutzgebiet gehören die entlang der Straße gelegenen Siedlungsbereiche.“ ohne jegliche Bedeutung. Der Satzungsgeber habe mit dieser Formulierung das Ziel verfolgt, ein konkretes Gebiet, welches in Karten eindeutig erfasst sei, vom Naturschutzgebiet auszunehmen. Der Begriff „Siedlungsbereich“ werde durch die bei dem Erlass der NSG-VO bereits vorhandenen kartographischen Abgrenzungen konkretisiert. Die Siedlungsbereich würde sich jedoch nicht aus der Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5000 ergeben. Nach der Formulierung der Satzung würden in der Abgrenzungskarte gem. § 2 Abs. 2 ausschließlich die Grenzen des Naturschutzgebietes festgelegt, nicht jedoch bestehende Grenzen des Siedlungsbereiches geändert. Sofern bei der Satzungsplanung von vornherein überhaupt nicht klar gewesen wäre, wo die Siedlungsbereichsgrenzen verliefen, wäre die Satzung von vornherein hinsichtlich der planerischen Zielsetzung zu unbestimmt und daher unwirksam. Die genannte Satzungsformulierung lege es ferner nahe, dass die Siedlungsgebiete gegebenenfalls auch trotz einer entgegenstehenden Abgrenzungskarte nicht zum Naturschutzgebiet gehören sollten. Während in der Formulierung zuvor lediglich die Grenzverläufe des Naturschutzgebietes textlich dargestellt worden seien, seien die Siedlungsgebiete ausdrücklich vom Geltungsbereich des Naturschutzgebietes herausgenommen worden, in welchem sie dann durchaus zum Teil oder auch ganz liegen könnten. Die Siedlungsbereiche würden eindeutig in der ALK dargestellt. Sie seien auch zum Zeitpunkt der Satzungserstellung eindeutig in Karten entsprechend der heutigen Darstellung in der Anlage K 7 oder der ALK erfasst gewesen (Beweis: Beziehung der Planungsakten zur Naturschutzgebietssatzung „--“). Die Abgrenzungskarte weise daher Teile der Siedlungsbereiche fehlerhaft als Naturschutzgebiet aus. Ausgerechnet an der vorliegend streitigen Stelle sei der Siedlungsbereich durch die Abgrenzungskarte um wenige Meter überschnitten worden. Es sei ferner offensichtlich, dass die Ersteller der ALK den Widerspruch der Satzung erkannt hätten. Sie hätten wegen des Verstoßes der Abgrenzungskarte gegen den Textteil die Grenze des Naturschutzgebietes in der ALK entsprechend angepasst, so dass sie nicht durch den dargestellten Siedlungsbereich verlaufe.
- 40
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 41
I. Die Entscheidung ergeht aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gem. § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch den Berichterstatter.
- 42
II. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 04.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2011 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung der beantragten Reithalle an dem streitgegenständlichen Standort.
- 43
Die Reithalle liegt teilweise im Geltungsbereich des Naturschutzgebietes „--“ und unterliegt dem Errichtungsverbot gem. § 4 Abs. 2 Nr. 5 NSG-VO (1.). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung von dem Errichtungsverbot (2.).
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1. Die streitgegenständliche Reithalle befindet sich teilweise im Geltungsbereich des Naturschutzgebietes „--“. Der Geltungsbereich des Naturschutzgebietes ist in § 2 der Verordnung (Landesverordnung über das Naturschutzgebiet „--“ v. 01.11.1999, GVOBl. S-H 1999, S. 401) wie folgt definiert:
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„(1) Das Naturschutzgebiet ist rund 70 ha groß und umfasst den durch den Anstau der H entstandenen nördlichen Teil des Teiches mit den ihn umgebenden und nördlich anschließenden landwirtschaftlich genutzten und ungenutzten Flächen. Das Gebiet wird im Wesentlichen begrenzt durch die Straßen P-Straße im Westen, H-Straße im Norden, Binnenkamp und R Straße im Osten sowie den Wanderweg F-Straße im Süden. Nicht zum Naturschutzgebiet gehören die entlang den Straßen gelegenen Siedlungsbereiche. In der dieser Verordnung als Anlage beigefügten Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000 ist die Grenze des Naturschutzgebietes schwarz punktiert dargestellt.
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(2) Die Grenze der Karte des Naturschutzgebietes ist in der Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 rot eingetragen. Sie verläuft auf der dem Gebiet zugewandten Seite der roten Linie. [...]. Die Karte ist Bestandteil dieser Verordnung. [...].“
- 47
Die Festlegung des Geltungsbereiches des Naturschutzgebietes beziehungsweise die Definition seiner Grenze unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Festlegungen genügen dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Bestimmtheitsgebot und sind nicht in sich widersprüchlich.
- 48
Enthält eine Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebietsverordnung grundstücksbezogene, repressive und präventive Verbote ist es aufgrund rechtsstaatlicher Grundsätze notwendig, dass von möglicherweise betroffenen Grundstückseigentümern anhand der verkündeten Abgrenzungskarte präzise ermittelt werden kann, ob und inwieweit ein bestimmtes Grundstück vom räumlichen Geltungsbereich der Verordnung erfasst wird. Es gilt das rechtsstaatliche Gebot unbedingter Klarheit und Nachprüfbarkeit des räumlichen Geltungsbereichs eines Schutzgebietes (vgl. Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, 108. EL 2012, § 22 Rn 35 m.w.N.; VGH Hessen, Urt. v. 07.10.2004 - 4 N 3101/00, zitiert nach juris; Urt. v. 26.09.1996 - 6 UE 68/92 - zitiert nach juris;). Verfassungsrechtlich geboten ist aber nicht eine „Bestimmtheit um jeden Preis“, sondern eine auch unter Berücksichtigung der praktischen Handhabung (vgl. BVerfGE 49, 89, 137) in der Weise ausreichende Bestimmtheit, die eine willkürliche Behandlung durch Behörden oder Gerichte ausschließt (BVerwG, Urt. v. 16.06.1994 - 4 C 2/94 -, zitiert nach juris; vgl. VGH München, Urt. v. 18.05.1999 - 9 N 97/2491 -, zitiert nach juris).
- 49
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen Schutzgebietsverordnungen die Abgrenzung des Schutzgebiets entweder a) wenn es sich mit Worten eindeutig erfassen lässt, in ihrem Wortlaut umreißen, oder b) durch eine als Anlage im Verkündungsblatt beigegebene Landkarte genau ersichtlich machen, oder c) bei bloß grober Umschreibung im Wortlaut durch Verweisung auf eine an der zu benennenden Amtsstelle niedergelegte und dort in den Dienststunden für jedermann einsehbare Landkarte, deren archivmäßige Verwahrung zu sichern ist, angeben (BVerwG, Urt. v. 27.01.1967 - IV C 105/65 - NJW 1967, 1244; BVerwG, Beschl. v. 20.04.1995 - 4 NB 37/94 - Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 8; BVerwG, Urt. v. 31.01.2001 - 6 CN 2/00 -, zitiert nach juris; Meßerschmidt, Kommentar zum BNatSchG, 108. EL 2012, § 22 Rn 35 m.w.N.). Dieser Rechtsprechung hat sich auch das OVG Schleswig angeschlossen (Beschl. v. 20.09.2000 - 2 K 12/99 - nicht veröffentlicht).
- 50
Entsprechend den Vorgaben der vorgenannten Rechtsprechung bestimmte § 53 Abs. 7 Satz 1 LNatSchG a.F. in der zum Zeitpunkt des Erlasses der NSG-VO „--“ gültigen Fassung, dass die Abgrenzung eines Schutzgebietes in der Verordnung 1.) im Einzelnen zu beschreiben oder 2.) grob zu beschreiben und zeichnerisch in Karten darzustellen, die a) als Bestandteil der Verordnung im jeweiligen Verkündungsblatt abgedruckt werden oder b) als Ausfertigungen bei den zu benennenden Naturschutzbehörden, den Ämtern und amtsfreien Gemeinden eingesehen werden können. Satz 2 bestimmte zudem, dass die Karten nach Nummer 2 in hinreichender Klarheit erkennen lassen müssen, welche Grundstücke zum Schutzgebiet gehören; bei Zweifeln gelten die Flächen als nicht betroffen. Die Regelung in § 53 Abs. 7 LNatSchG a.F. entspricht der Rechtslage in § 19 Abs. 7 LNatSchG v. 24.02.2010 (GVOBl. S-H. S. 301).
- 51
Sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als auch nach der Rechtsprechung des OVG Schleswig genügt eine Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 in Verbindung mit einer groben textlichen Umschreibung den rechtsstaatlichen Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot für die Bestimmung der Grenze eines Landschaftsschutz- bzw. Naturschutzgebietes (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2001 - 6 CN 2/00 -, zitiert nach juris; OVG Schleswig, Urt. v. 31.10.1995 - 1 K 5/95 -, zitiert nach juris; Urt. v. 31.01.1997 - 1 K 7/95 - Rn 158 f., zitiert nach juris; so auch: VGH Hessen, Beschl. v. 08.05.2003 - 3 N 2454/93 - Rn 26, zitiert nach juris; VGH München Urt. v. 18.05.1999 - 9 N 87/2491 -, zitiert nach juris). Die streitgegenständliche Abgrenzungskarte genügt mit ihrem gewählten Maßstab von 1.5000 diesen Anforderungen.
- 52
Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers zitierten Entscheidung des OVG Schleswig vom 08.05.2003 (1 KN 9/02). In der genannten Entscheidung wurde die Anwendung der Zweifelsregel gem. § 53 Abs. 7 Satz 2 LNatSchG a.F. wegen der Stärke der Abgrenzungslinie bei einer Schutzgebietsausweisung durch eine Abgrenzungskarte im Maßstab 1:25.000 bestätigt. Die Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall in diesem Punkt daher nicht anwendbar.
- 53
Für die Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze sind entgegen der klägerischen Auffassung allein die Karten maßgeblich, die Bestandteil der Verordnung geworden sind. Dies ist im Wesentlichen und vorliegend auch in entscheidendem Maße die Abgrenzungskarte im Maßstab 1.5.000, welche gem. § 2 Abs. 2 Satz 4 NSG-VO Bestandteil der Verordnung ist. Die Heranziehung anderer Karten, wie zum Beispiel einer Karte aus dem automatisiertem Liegenschaftskataster, würde nicht nur den Vorgaben des § 2 NSG-VO widersprechen, sondern auch einen Verstoß gegen § 19 Abs. 7 Satz 1 LNatSchG 2010 bzw. § 53 Abs. 7 Satz 1 LNatSchG a.F. bedeuten. Danach müssen die Karten, welche die Grenze eines Naturschutzgebietes darstellen, entweder als Bestandteil der Verordnung im jeweiligen Verkündungsblatt abgedruckt werden oder als Ausfertigungen bei den zu benennenden Naturschutzbehörden etc. eingesehen werden können. Entscheidend für die Beurteilung der Schutzgebietsgrenze ist die Verkündung der Schutzerklärung (so auch Meßerschmidt, a.a.O., § 22 Rn 34). Keine der von dem Kläger vorgelegten Karten, die zum Teil eine andere Naturschutzgebietsgrenze ausweisen, genügt diesen Anforderungen.
- 54
Aus dem systematischen Zusammenhang der Beschreibung des Geltungsbereiches in § 2 NSG-VO und dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 NSG-VO folgt zudem, dass für die Bestimmung der Grenze des Naturschutzgebietes allein und abschließend die Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 heranzuziehen ist. Die in § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 NSG-VO vorgenommene textliche Umschreibung dient lediglich der Umsetzung der Vorgabe zur groben Beschreibung des Grenzverlaufs aus § 53 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 lit. a) LNatSchG a.F.
- 55
Auch die Formulierung in Satz 3, wonach die entlang der Straßen gelegenen Siedlungsbereiche nicht zum Naturschutzgebiet gehören, ist eine grobe Beschreibung in diesem Sinne. Der Begriff „Siedlungsbereich“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff aus dem Raum-planungsrecht und beschreibt einen aus einem oder mehreren Gemeindeteilen bestehenden Bereich, in dem sich die Siedlungstätigkeit über die Eigenentwicklung der Gemeinde hinaus (überörtliche Ansiedlung) oder zur örtlichen Konzentration der Eigenentwicklung vorrangig vollziehen soll. Ein Siedlungsbereich setzt dem Wortsinne nach das Vorhandensein von baulichen oder sonstigen Anlagen bzw. Flächen voraus, die der Unterkunft oder der menschlichen Betätigung im weitesten Sinne dienen. Der Begriff findet sich beispielweise in § 6 Abs. 4 Satz 3 Landesentwicklungsgrundsätzegesetz, das im Übrigen den Begriff Siedlungsfläche verwendet, wie auch § 7a Abs. 4 Landesplanungsgesetz.
- 56
Entgegen der klägerischen Auffassung bestimmt die in der Abgrenzungskarte dargestellte Grenze auch die äußere Grenze des Siedlungsbereichs auf dem streitgegenständlichen Flurstück. Unabhängig von der Frage, ob die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vertretene Auffassung zutrifft, dass die auf der amtlichen Flurkarte im Maßstab 1:1.000 (Anlage K 7) eingezeichnete gestrichelte Linie die Abgrenzungen eines Siedlungsbereiches darstellt, kann aus dem bereits genannten Grund auf diese Karte zur Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze und damit auch zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs insgesamt nicht zurückgegriffen werden.
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Unabhängig von der einzelnen Formulierung bei der groben Beschreibung des Geltungsbereichs des Naturschutzgebiets in § 2 Abs. 1 NSG-VO, also der Verwendung der Begriffe der wesentlichen Begrenzung in § 2 Abs. 1 Satz 2 oder der Ausnahme in § 2 Abs. 1 Satz 3, dient § 2 NSG-VO aufgrund seiner amtlichen Überschrift „Geltungsbereich“ insgesamt der Festlegung der Grenzen des Naturschutzgebiets. Für die Bestimmung der Grenzen eines Schutzgebietes kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Grenzen wörtlich als solche beschrieben sind und damit positiv definiert werden oder ob einzelne Bereich bzw. Gebiete hiervon ausgenommen werden. Durch die Herausnahme eines Bereiches bzw. Gebietes wird die Grenze lediglich negativ definiert.
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Die abschließende Festlegung der Naturschutzgebietsgrenze und damit auch die Konkretisierung der groben - positiven und negativen - wörtlichen Beschreibung gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 NSG-VO erfolgt durch die Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NSG-VO. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zu folgern, dass die genaue Begrenzung bei einer Naturschutz- und Landschaftsschutzverordnung durch formale Darstellungen, namentlich genaue Beschreibung des Grenzverlaufs, katastermäßige Bezeichnungen oder der Grenzlinie in einer Karte vorzunehmen ist. Die ausschließliche Beschreibung der Grenze bzw. des Geltungsbereiches durch unbestimmte Rechtsbegriffe genügt insoweit nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1994 - 4 C 2/94 - Rn 14 zitiert nach juris; Meßerschmidt, a.a.O., § 22 BNatSchG Rn 41).
- 59
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des OVG Schleswig, wonach die Regelung einer Landschaftsschutzverordnung, die aus ihrem Geltungsbereich die „im Zusammenhang bebauten Ortsteile“ ausnimmt, dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit genügt (Urt. v. 10.11.2009 - 1 LA 41/09 - zitiert nach juris; vgl. Meßerschmidt. a.a.O. mit Verweis auf andere obergerichtliche Entscheidungen, wonach Landschaftsschutzverordnungen, welche im Zusammenhang bebaute Ortsteile und bebauungsrechtlich überplante Bereich pauschal von ihrem Geltungsbereich ausnehmen, für zu unbestimmt gehalten wurden). Den Urteilsgründen lässt nicht entnehmen, dass die Grenzen der in Rede stehenden Landschaftsschutzverordnung von 1965 neben einer textlichen Umschreibung auch durch eine Abgrenzungskarte festgelegt waren. Die Entscheidung enthält daher keine Aussage dazu, dass eine grobe wörtliche Beschreibung gegenüber einer zeichnerischen Darstellung Vorrang genießt. Darüber hinaus wohnt dem Begriff „Siedlungsbereich“ ein wesentlich höheres Maß an Unbestimmtheit als dem aus § 34 BauGB entlehnten Begriff des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils“ inne, welcher durch die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hinreichend konkretisiert wurde.
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Unter Zugrundelegung der aufgeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können der Geltungsbereich eines Naturschutzgebiets und damit auch sein Grenzverlauf nicht allein durch die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „Siedlungsbereich“ bestimmt werden. Die Verwendung einer Abgrenzungskarte war im vorliegenden Fall zwingend erforderlich. Deren Grenzziehung ist maßgeblich.
- 61
Ein rechtstaatlicher Mangel an Bestimmtheit läge vielmehr nur dann vor, wenn sich die grobe wörtliche Beschreibung und die zeichnerische Festsetzung der Gebietsgrenze widersprechen würden. Bei einem Widerspruch zwischen verbaler und zeichnerischer Darstellung gilt die für den Normadressaten günstigere Auslegung bzw. ist die Verordnung (teil)nichtig (vgl. Meßerschmidt, a.a.O., § 22 BNatSchG Rn 42 und 46 jeweils m.w.N.; Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, 2. Auflage 2003, § 22 BNatSchG Rn 10 m.w.N.).
- 62
Ein solcher Widerspruch ist vorliegend weder offensichtlich noch ergibt sich unter genauer Betrachtung der textlichen und zeichnerischen Darstellungen zur Bestimmung des Geltungsbereichs des Naturschutzgebietes. Die Naturschutzgebietsgrenze verläuft im streitgegenständlichen Gebiet östlich entlang der in der Karte dargestellten Gebäude. Auch die nördlich des klägerischen Grundstücks belegenen baulichen Anlagen sind deutlich vom Geltungsbereich der Naturschutzgebietsgrenze ausgenommen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Verordnungserlasses unzutreffend wiedergegeben wurden. Eine vergleichbare Darstellung wie bei dem streitgegenständlichen Flurstück findet sich im Übrigen bei dem Grenzverlauf des Schutzgebietes im nördlichen Bereich entlang der Nachtkoppel und im westlichen Bereich entlang der Straße B. Auch hier verläuft die zeichnerisch dargestellte Naturschutzgebietsgrenze in der Nähe von baulichen Anlagen und Siedlungsbereichen und konkretisiert zugleich die Ausnahme nach § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO. Ein die Nichtigkeit der Verordnung begründender Widerspruch läge nur dann vor, wenn die zeichnerische Grenze das Vorhandensein eines Siedlungsbereiches grundsätzlich in Frage stellen würde. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Schutzgebietsgrenze die dargestellten baulichen Anlagen überlagern würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Ziel des Verordnungsgebers, die im Zeitpunkt des Verordnungserlasses entlang der Straßen gelegenen Siedlungsbereiche vom Geltungsbereich der Verordnung auszunehmen, wird durch die zeichnerische Darstellung erreicht.
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Die abschließende Heranziehung der Abgrenzungskarte gerade im Zusammenhang mit der Bestimmung eines Siedlungsbereichs entlang der Naturschutzgebietsgrenze verhindert vielmehr die willkürliche Handhabung der Naturschutzgebietsverordnung durch die Behörden und Gerichte (vgl. zu dem Aspekt der willkürlichen Handhabung BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, a.a.O. und OVG Schleswig, Beschl. v. 10.11.2009 - 1 LA 41/09). Wäre nicht die Karte, sondern allein die begriffliche Darstellung „Siedlungsbereich“ für die Bestimmung des Geltungsbereiches maßgeblich, führte dies zu einem Maß an Unbestimmtheit hinsichtlich der Schutzgebietsgrenze, welches mit den Zielen der Schutzgebietsausweisung nicht zu vereinbaren wäre. Der Begriff „Siedlungsbereich“ ist in erheblichem Umfang der Auslegung und tatsächlichen Veränderung zugänglich. Die Grenzen eines Naturschutzgebietes sind jedoch der dynamischen Veränderung infolge tatsächlicher Veränderungen nicht zugänglich. Die Änderung der Schutzgebietsgrenzen kann nur durch den Verordnungsgeber erfolgen. Die Abgrenzungskarte bestimmt daher nicht nur die Grenze des Naturschutzgebietes, sondern auch die Begrenzung des Siedlungsbereiches i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO. Es würde dem rechtstaatlichen Bestimmtheitsgebot vielmehr widersprechen und eine willkürliche Handhabung der NSG-VO ermöglichen, wenn Teile des Siedlungsbereichs innerhalb der zeichnerischen Darstellung des Naturschutzgebietes liegen würden, aber nicht von dessen Geltungsbereich erfasst wären.
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Auch wenn es nach den vorstehenden Ausführungen nicht entscheidungserheblich ist, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber bei der Bestimmung in § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO die in anderen Karten vermeintlich dargestellten Siedlungsbereiche heranziehen wollte. Der Verordnungsgeber hätte diese Karten oder eine diesen Karten entsprechende Darstellung im Übrigen zum Inhalt der Verordnung machen müssen. Eine entsprechende Heranziehung würde aus den bereits genannten Gründen den Regelungen der NSG-VO und des LNatSchG widersprechen.
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Darüber hinaus kann nicht davon ausgegangen werden, dass die gestrichelten Linien in den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers wiederholt herangezogenen Karten (Flurkarte, automatisierte Liegenschaftskarte etc.) die Grenze eines rechtlich definierten Siedlungsbereiches darstellen sollen. In den dem Automatisierten Liegenschaftskataster zugrunde liegenden rechtlichen Vorgaben findet sich keine amtliche zeichnerische Festsetzung für den Begriff „Siedlungsbereich“. Eine solche Festsetzung findet sich weder in den Anlagen zur Technischen Anweisung für die technischen Arbeiten im Liegenschaftskataster des Landes Schleswig-Holstein, den Anlagen zu den Anweisungen für die verwaltungsmäßigen Arbeiten bei der Führung, Fortführung und Erneuerung des Liegenschaftskatasters des Landes Schleswig-Holstein, noch in der Planzeichenverordnung, der Zeichenerklärung für die Deutsche Grundkarte, in den Übersichtskarten zum Landesentwicklungsplan für das Land Schleswig-Holstein von 2010, in der Übersichtskarte zum Regionalplan Planungsraum I (südliches Schleswig-Holstein, u.a. mit dem Kreis) von 1998 und vor allem nicht in der ALKIS-Legende (ALKIS = Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem) der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder und der Bundesrepublik Deutschland.
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Im Übrigen handelt es sich bei der Bestimmung der Grenzen des Siedlungsbereichs im vorliegend relevanten Zusammenhang mit der Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze gem. § 2 NSG-VO um eine im Wege der Auslegung zu klärende Rechtsfrage. Die Annahme, der Siedlungsbereich werde in den diversen vorgelegten Karten für die Anwendung von § 2 NSG-VO verbindlich festgelegt, ist keine Tatsachenfrage und kann somit auch nicht mangels Bestreitens durch den Beklagten „unstreitig“ werden.
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Unter Zugrundlegung der Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 und den zum geänderten Standort eingereichten Lageplänen befindet sich die Reithalle mit circa sieben Metern Breite (östlicher Teil der Reithalle) im Naturschutzgebiet. Dies ergibt sich auch aus dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten, sowie den Auskünften des MLUR. Aufgrund des Überschreitens der Naturschutzgebietsgrenze unter Beachtung der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 NSG-VO und der hinreichenden Bestimmtheit der zeichnerisch festgelegten Naturschutzgebietsgrenze ist für die Anwendung der Zweifelsregel in § 19 Abs. 7 Satz 2, 2. Hs. LNatSchG 2010 (§ 53 Abs. 7 Satz 2, 2. Hs. LNatSchG a.F.) kein Raum.
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Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung i.V.m. Art 3 Abs. 1 GG auf Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze aus den von ihm vorgelegten Karten, wonach sich die Reithalle nicht im Naturschutzgebiet befinden soll. Unabhängig von der Frage, ob der Beklagte die vorlegten Karten tatsächlich zur Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze heranzieht und damit eine entsprechende Verwaltungspraxis begründet, verstieße eine solche Praxis gegen § 2 NSG-VO und § 19 Abs. 7 LNatSchG 2010 (§ 53 Abs. 7 LNatSchG) und wäre ohne vorherige Änderung der NSG-VO rechtswidrig. Die Berücksichtigung einer Verwaltungspraxis über den Gleichbehandlungsgrundsatz setzt voraus, dass die Verwaltungspraxis ihrerseits rechtmäßig ist, da Art. 3 Abs. 1 GG kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht gewährt (Vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.06.1993 - 1 BvR 390/89 -, NVwZ 1994, 475 f.; Ruffert, in: Knack/Hennecke, VwVfG, 9. Auflage 2010, § 40 Rn 66 m.w.N.).
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2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung von dem Verbot des § 4 Abs. 1 NSGO-VO. Danach sind in dem Naturschutzgebiet alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer erheblichen oder nachhaltigen Störung führen können. Nach Nr. 5 ist es insbesondere verboten, bauliche Anlagen, auch wenn sie keiner Genehmigung nach der Landesbauordnung bedürfen, zu errichten oder wesentlich zu ändern. Die Reithalle ist eine genehmigungspflichtige Anlage nach der Landesbauordnung Schleswig-Holstein und unterfällt dem genannten Verbotstatbestand.
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a) Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gem. § 6 Abs. 1 NSG-VO i.V.m. § 51 LNatSchG 2010 (§ 54 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG a.F.) liegen nicht vor. Danach kann die untere Naturschutzbehörde Ausnahmen zulassen für 1.) Bohrungen und Messungen im Rahmen der amtlichen geowissenschaftlichen Landeaufnahme und von geophysikalischen Messungen; 2.) die Inanspruchnahme von Flächen für die Ablagerung von Bodenbestandteilen im Rahmen der Gewässerunterhaltung nach § 38 des Landeswassergesetzes; 3.) die Entnahme von Pflanzen oder Pflanzenbestandteilen wildlebender, nicht besonders geschützter Arten oder von sonstigen Bestandteilen eines Naturschutzgebietes; 4.) das Nachstellen wildlebender, nicht dem Jagdrecht unterliegender und nicht besonders geschützter Tierarten sowie das Fangen und Töten dieser Tierarten.
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b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme gem. § 61 Abs. 2 LNatSchG 2010. Danach kann eine Ausnahme von dem Errichtungsverbot für bauliche Anlagen in einem Landschaftsschaftschutzgebiet unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden. Die NSG-VO wurde nach 1993 erlassen. Der Anwendungsbereich von § 61 Abs. 1 LNatSchG 2010 ist daher unabhängig von der Frage, ob auch Naturschutzgebietsverordnungen von der Regelung erfasst werden, nicht eröffnet.
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c) Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG (entspricht § 54 Abs. 2 LNatSchG a.F. i.V.m. § 6 Abs. 3 NSG-VO) liegen nicht vor. Danach kann von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn 1.) dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder 2.) die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
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Eine Befreiung ist vorliegend weder aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig (aa.), noch wegen unzumutbaren Belastung im Einzelfall zu erteilen (bb.).
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aa) Im Rahmen des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG muss ein besonderes, ursprünglich nicht abschätzbares Gemeininteresse eine Randkorrektur der Regelung erfordern. Es gilt insofern der Bilanzierungsgedanke; die Gründe des verfolgten öffentlichen Interesses müssen im Einzelfall so gewichtig sein, dass sie sich gegenüber den mit der Verordnung verfolgten Belangen durchsetzen (Sauthoff, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2012, § 67 Rn 14, 17 m.w.N.). Der Kläger verfolgt mit der Errichtung der Reithalle in erster Linie private Interessen, nämlich die Unterhaltung eines Gewerbebetriebs. Zwar kann die Tätigkeit Privater auch im öffentlichen Interesse liegen, wie zum Beispiel bei der Rohstoffgewinnung, der Energieversorgung oder dem Wohnungsbau. Rein private Interessen scheiden jedoch im Rahmen des § 67 Abs. 1 BNatSchG in der Regel aus (vgl. Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Auflage. Auflage 2011, § 67 Rn 9). Auch wenn die angestrebte Tätigkeit des Klägers mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Ermöglichung naturnaher sportlicher Aktivitäten auch für das Gemeinwohl nützliche Zwecke verfolgt, erreichen sie nach Auffassung des Gerichts nicht das Ausmaß eines überwiegenden öffentlichen Interesses. Es ist mithin nicht ausreichend, dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.02.2004 - 4 B 110/03, zitiert nach juris).
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Darüber hinaus erfordern die vom Kläger verfolgten Interessen die Befreiung nicht. Eine Befreiung ist zur Erreichung der klägerischen Ziele nicht notwendig. Eine Befreiung muss zwar nicht das einzig denkbare Mittel für die Verwirklichung des jeweiligen öffentlichen Zwecks sein; sie setzt aber voraus, dass es zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Sind alternative und zumutbare Lösungen erkennbar, ist eine Befreiung regelmäßig nicht erforderlich (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.10.2005 - 3 S 2521/04 -, zitiert nach juris; Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Auflage 2011, § 67 Rn 10). Für die Errichtung der Reithalle besteht eine zumutbare Alternative. Der Kläger verfügt bereits über eine bestandskräftige Baugenehmigung und eine bestandskräftige naturschutzrechtliche Gestattung, welche ihm die Errichtung der Reithalle auf dem Grundstück, aber außerhalb des Naturschutzgebiets ermöglicht.
- 76
Bei der Frage der Zumutbarkeit sind die etwaigen Rückbaukosten für die inzwischen (teilweise) errichtete Reithalle nicht berücksichtigungsfähig. Der Aspekt der Zumutbarkeit ist grundstücksbezogen zu betrachten. Personenbezogene Umstände wie etwa persönliche und finanzielle Bedingungen können keine Härte begründen, weil die naturschutzrechtlichen Regelungen auf objektive Gesichtspunkte bei der Nutzung des Eigentums abstellen, nicht aber auf die wirtschaftliche Situation gerade des jeweiligen Eigentümers (vgl. BayVGH, Beschl. v. 19.01.2005 - 15 ZB 04/853 - Rn 13, zitiert nach juris; Beschl. v. 25.04.2012 - 14 B 10/1750 - Rn 50, zitiert nach juris m.w.N.; Fischer/Hüftle, a.a.O., § 67 Rn 16 m.w.N.).
- 77
Das Vorliegen einer Unzumutbarkeit ist zudem vorausschauend, d.h. vor Erlass einer etwaigen naturschutzrechtlichen Genehmigung und der Errichtung einer baulichen Anlage zu beurteilen. Im Rahmen dieser vorausschauenden Bewertung ist zu prüfen, ob die Versagung der Befreiung für die Errichtung einer baulichen Anlage an dem beantragten Standort für den Betroffenen unzumutbar wäre. Dies ist vorliegend angesichts der Genehmigungsfähigkeit der Reithalle an einer anderen Stelle auf dem Grundstück des Klägers zu verneinen. Die Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks wird hier durch die Versagung der Befreiung nicht in einer die Sozialpflichtigkeit des Eigentums übersteigenden Weise beeinträchtigt. Eine Unzumutbarkeit i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG kann nicht durch die Folgen genehmigungswidrigen Handels durch den Betroffenen selbst herbeigeführt werden. Dem Kläger sind die Folgen der genehmigungswidrigen Errichtung der Reithalle als Bauherr und Grundstückseigentümer zuzurechnen. Das Anfallen etwaiger Rückbaukosten kann keine unzumutbare Härte begründen.
- 78
bb) § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG erfordert das Vorliegen eines atypischen Falles. Es muss ein von der Lage anderer Eigentümer, die der Norm unterworfen sind, verschiedenes Sonderinteresse des Betroffenen geben. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Beeinträchtigungen des Eigentums ein Ausmaß erreichen, mit dem bei Erlass der Norm nicht zu rechnen war und die unzumutbar sind (vgl. Sauthoff, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2012, § 67 Rn 15 und 20 ff. m.w.N.).
- 79
Der Kläger macht insbesondere geltend, dass für ihn infolge des Bauverbotes nach der NSG-VO und den zu erwartenden Rückbaukosten eine unzumutbare Härte besteht. Eine solche unzumutbare Härte i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG liegt nicht vor. Voraussetzungen hierfür ist, dass der Normgeber den in Frage stehenden Sachverhalt in seinen Konsequenzen für den Betroffenen nicht erkannt hat oder nicht erkennen konnte und dieser durch das naturschutzrechtliche Verbot ungewollt hart getroffen wird.
- 80
Das VG Aachen (Urt. v. 07.05.2012 - 6 K 1140/10 - Rn 65, zitiert nach juris m.w.N.) hat insoweit Folgendes ausgeführt:
- 81
„Bei einem Bauverbot liegt in der Regel keine unbeabsichtigte Härte vor, denn die Untersagung der Errichtung baulicher Anlagen im Schutzgebiet ist vom Normgeber regelmäßig gerade gewollt.“
- 82
Dem schließt sich das Gericht für den Annahme einer unzumutbaren Belastung i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG an (vgl. insoweit bereits VG Schleswig, Urt. v. 24.08.2012 - 1 A 117/09 - nicht veröffentlicht). Es entspricht gerade dem Ziel der Naturschutzgebietsverordnung, das Schutzgebiet von baulichen Anlagen freizuhalten. Die mit dem angeordneten Bauverbot verbundene Einschränkung des Grundstückseigentümers wurde vom Verordnungsgeber erkannt und zumindest in Kauf genommen. Im Übrigen gelten auch an dieser Stelle die obigen Ausführungen zur vorausschauenden Beurteilung des Vorliegens einer unzumutbaren Härte bei der Errichtung von baulichen Anlagen.
- 83
Darüber hinaus liegt auch nicht aufgrund einer Gesamtbetrachtung der weiteren Umstände des Sachverhaltes eine unzumutbare Härte vor. Unabhängig von der Frage, ob dieser Aspekt berücksichtigungsfähig ist, bedingt die Aussage zur Naturschutzgebietsgrenze in der E-Mail vom 01.09.2009 keine Unzumutbarkeit für den Kläger. Es bedarf zwar keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die E-Mail einen amtshaftungsrelevanten Rechtsschein hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der Reithalle gesetzt hat. Ferner ist dem erkennenden Gericht wegen Art. 34 Satz 3 GG jegliche Aussage zum Bestehen eines Amtshaftungsanspruches verwehrt.
- 84
Dem Kläger wurden nach dem Erhalt der E-Mail eine naturschutzrechtliche Genehmigung und eine Baugenehmigung für den eingereichten Standort der Reithalle erteilt. Bestandteil der naturschutzrechtlichen Genehmigung war unter anderem ein Lageplan, auf dem sowohl die Reithalle als auch die Grenze des Naturschutzgebietes eingezeichnet gewesen sind. Die Aussage in der E-Mail zur Genehmigungsfähigkeit des Standorts dürfte spätestens mit der Bestandskraft der genannten Genehmigung aufgehoben worden sein. Die E-Mail konnte ferner mangels Verwaltungsaktsqualität keine Genehmigungsfiktion begründen. Der Kläger war in jedem Fall verpflichtet, die insoweit maßgeblichen Vorgaben aus der naturschutzrechtlichen Genehmigung und der Baugenehmigung einzuhalten. Ein etwaiges Verschulden des Architekten durch das Abweichen von dem genehmigten Standort ist im Rahmen des Naturschutzrechts nicht berücksichtigungsfähig.
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Mangels Vorliegens einer unzumutbaren Härte kommt es nicht darauf, ob und in welchem Ausmaß die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege durch die Errichtung der Reithalle beeinträchtigt werden.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 711 ZPO.
- 87
IV. Der Streitwert wird aufgrund des übereinstimmenden Vortrags der Beteiligten hinsichtlich der Bemessung des wirtschaftlichen Interesses an der Erteilung der naturschutzrechtlichen Genehmigung gem. §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 1 GKG auf 10.000 €.
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V. Die Berufung wird nicht zugelassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), noch liegt eine Abweichung von der obergerichtlichen Rechtsprechung vor (§ 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.
(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:
- 1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden; - 2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden; - 3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; - 4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden; - 5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen; - 6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.
(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.
(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.
(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.
(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:
- 1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine); - 2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes); - 3.
die Bodenverteilung; - 4.
die Raumordnung; - 5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen); - 6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse; - 7.
die Grundsteuer.
(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.
(1) Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze so zu schützen, dass
- 1.
die biologische Vielfalt, - 2.
die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie - 3.
die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft
(2) Zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt sind entsprechend dem jeweiligen Gefährdungsgrad insbesondere
- 1.
lebensfähige Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten zu erhalten und der Austausch zwischen den Populationen sowie Wanderungen und Wiederbesiedelungen zu ermöglichen, - 2.
Gefährdungen von natürlich vorkommenden Ökosystemen, Biotopen und Arten entgegenzuwirken, - 3.
Lebensgemeinschaften und Biotope mit ihren strukturellen und geografischen Eigenheiten in einer repräsentativen Verteilung zu erhalten; bestimmte Landschaftsteile sollen der natürlichen Dynamik überlassen bleiben.
(3) Zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sind insbesondere
- 1.
die räumlich abgrenzbaren Teile seines Wirkungsgefüges im Hinblick auf die prägenden biologischen Funktionen, Stoff- und Energieflüsse sowie landschaftlichen Strukturen zu schützen; Naturgüter, die sich nicht erneuern, sind sparsam und schonend zu nutzen; sich erneuernde Naturgüter dürfen nur so genutzt werden, dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen, - 2.
Böden so zu erhalten, dass sie ihre Funktion im Naturhaushalt erfüllen können; nicht mehr genutzte versiegelte Flächen sind zu renaturieren, oder, soweit eine Entsiegelung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, der natürlichen Entwicklung zu überlassen, - 3.
Meeres- und Binnengewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten; dies gilt insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen; Hochwasserschutz hat auch durch natürliche oder naturnahe Maßnahmen zu erfolgen; für den vorsorgenden Grundwasserschutz sowie für einen ausgeglichenen Niederschlags-Abflusshaushalt ist auch durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege Sorge zu tragen, - 4.
Luft und Klima auch durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu schützen; dies gilt insbesondere für Flächen mit günstiger lufthygienischer oder klimatischer Wirkung wie Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete, Luftaustauschbahnen oder Freiräume im besiedelten Bereich; dem Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung insbesondere durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien kommt eine besondere Bedeutung zu, - 5.
wild lebende Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hinblick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt, einschließlich ihrer Stoffumwandlungs- und Bestäubungsleistungen, zu erhalten, - 6.
der Entwicklung sich selbst regulierender Ökosysteme auf hierfür geeigneten Flächen Raum und Zeit zu geben.
(4) Zur dauerhaften Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswertes von Natur und Landschaft sind insbesondere
- 1.
Naturlandschaften und historisch gewachsene Kulturlandschaften, auch mit ihren Kultur-, Bau- und Bodendenkmälern, vor Verunstaltung, Zersiedelung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren, - 2.
Vorkommen von Tieren und Pflanzen sowie Ausprägungen von Biotopen und Gewässern auch im Hinblick auf ihre Bedeutung für das Natur- und Landschaftserlebnis zu bewahren und zu entwickeln, - 3.
zum Zweck der Erholung in der freien Landschaft nach ihrer Beschaffenheit und Lage geeignete Flächen vor allem im besiedelten und siedlungsnahen Bereich sowie großflächige Erholungsräume zu schützen und zugänglich zu machen.
(5) Großflächige, weitgehend unzerschnittene Landschaftsräume sind vor weiterer Zerschneidung zu bewahren. Die erneute Inanspruchnahme bereits bebauter Flächen sowie die Bebauung unbebauter Flächen im beplanten und unbeplanten Innenbereich, soweit sie nicht als Grünfläche oder als anderer Freiraum für die Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorgesehen oder erforderlich sind, hat Vorrang vor der Inanspruchnahme von Freiflächen im Außenbereich. Verkehrswege, Energieleitungen und ähnliche Vorhaben sollen landschaftsgerecht geführt, gestaltet und so gebündelt werden, dass die Zerschneidung und die Inanspruchnahme der Landschaft sowie Beeinträchtigungen des Naturhaushalts vermieden oder so gering wie möglich gehalten werden. Beim Aufsuchen und bei der Gewinnung von Bodenschätzen, bei Abgrabungen und Aufschüttungen sind dauernde Schäden des Naturhaushalts und Zerstörungen wertvoller Landschaftsteile zu vermeiden; unvermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind insbesondere durch Förderung natürlicher Sukzession, Renaturierung, naturnahe Gestaltung, Wiedernutzbarmachung oder Rekultivierung auszugleichen oder zu mindern.
(6) Freiräume im besiedelten und siedlungsnahen Bereich einschließlich ihrer Bestandteile, wie Grünzüge, Parkanlagen, Kleingartenanlagen und sonstige Grünflächen, Wälder, Waldränder und andere Gehölzstrukturen einschließlich Einzelbäume, Fluss- und Bachläufe mit ihren Uferzonen und Auenbereichen, stehende Gewässer und ihre Uferzonen, gartenbau- und landwirtschaftlich genutzte Flächen, Flächen für natürliche Entwicklungsprozesse, Naturerfahrungsräume sowie naturnahe Bereiche im Umfeld von Verkehrsflächen und anderen Nutzungen einschließlich wegebegleitender Säume, sind zu erhalten und dort, wo sie nicht in ausreichendem Maße und hinreichender Qualität vorhanden sind, neu zu schaffen oder zu entwickeln.
(7) Den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege können auch Maßnahmen dienen, die den Zustand von Biotopen und Arten durch Nutzung, Pflege oder das Ermöglichen ungelenkter Sukzession auf einer Fläche nur für einen begrenzten Zeitraum verbessern.
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.
(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:
- 1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden; - 2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden; - 3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; - 4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden; - 5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen; - 6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.
(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.
(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.
(1) Bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung wird die Vorsorgepflicht nach § 7 durch die gute fachliche Praxis erfüllt. Die nach Landesrecht zuständigen landwirtschaftlichen Beratungsstellen sollen bei ihrer Beratungstätigkeit die Grundsätze der guten fachlichen Praxis nach Absatz 2 vermitteln.
(2) Grundsätze der guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung sind die nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit und Leistungsfähigkeit des Bodens als natürlicher Ressource. Zu den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis gehört insbesondere, daß
- 1.
die Bodenbearbeitung unter Berücksichtigung der Witterung grundsätzlich standortangepaßt zu erfolgen hat, - 2.
die Bodenstruktur erhalten oder verbessert wird, - 3.
Bodenverdichtungen, insbesondere durch Berücksichtigung der Bodenart, Bodenfeuchtigkeit und des von den zur landwirtschaftlichen Bodennutzung eingesetzten Geräten verursachten Bodendrucks, so weit wie möglich vermieden werden, - 4.
Bodenabträge durch eine standortangepaßte Nutzung, insbesondere durch Berücksichtigung der Hangneigung, der Wasser- und Windverhältnisse sowie der Bodenbedeckung, möglichst vermieden werden, - 5.
die naturbetonten Strukturelemente der Feldflur, insbesondere Hecken, Feldgehölze, Feldraine und Ackerterrassen, die zum Schutz des Bodens notwendig sind, erhalten werden, - 6.
die biologische Aktivität des Bodens durch entsprechende Fruchtfolgegestaltung erhalten oder gefördert wird und - 7.
der standorttypische Humusgehalt des Bodens, insbesondere durch eine ausreichende Zufuhr an organischer Substanz oder durch Reduzierung der Bearbeitungsintensität erhalten wird.
(3) Die Pflichten nach § 4 werden durch die Einhaltung der in § 3 Abs. 1 genannten Vorschriften erfüllt; enthalten diese keine Anforderungen an die Gefahrenabwehr und ergeben sich solche auch nicht aus den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis nach Absatz 2, so gelten die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes.
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.
(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:
- 1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden; - 2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden; - 3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; - 4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden; - 5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen; - 6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.
(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.
(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Gründe
- 1
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Streitigkeit über eine denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung nach rheinland-pfälzischem Landesrecht.
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I.
- 2
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Durch eine Rechtsverordnung aus dem Jahre 1984 wurde ein Gebiet in K... als Denkmalzone "N..." unter Denkmalschutz gestellt. Schutzzweck der Denkmalzone ist die Erhaltung und Pflege der N... zu G..., wobei die Denkmalschutzverordnung die N... mit der Schlosskapelle und den zugehörigen Parkanlagen als bauliche Gesamtanlage im Sinne von § 5 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Denkmalschutz- und -pflegegesetzes vom 23. März 1978 (GVBl S. 159 - DSchPflG) einordnet. In die Denkmalzone einbezogen war das (damalige) Grundstück Gemarkung G..., Flur ..., Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht.
- 3
-
Die Geschwister des Beschwerdeführers sind seit Anfang der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Eigentümer des Areals der N... einschließlich des Kapellengrundstücks und nutzten es in Teilen gewerblich. Im Jahre 1993 ließen sie eine Zwischendecke mit Fußbodenheizung in die Kapelle einziehen. Die Denkmalschutzbehörde gab ihnen daraufhin auf, die Zwischendecke zu beseitigen und den alten Zustand der Kapelle wiederherzustellen. Widerspruch, verwaltungsgerichtliche Klage sowie anschließende Verfassungsbeschwerde hiergegen blieben erfolglos.
- 4
-
Während dieses Rechtsstreits teilten die Geschwister des Beschwerdeführers im Jahre 2006 das Grundstück Nr. .... Das neue Grundstück Parzelle Nr. ..., auf dem die Schlosskapelle steht, ließen sie dem Beschwerdeführer auf. Er wurde im Sommer 2006 in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Im Herbst 2006 beantragte er die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 DSchPflG in der bis zum 9. Dezember 2008 gültigen Fassung erforderliche Genehmigung zum Abriss der Kapelle (zur teilweisen Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung vgl. BVerfGE 100, 226 sowie zu den Anforderungen an eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Oktober 2001 - 1 A 11012/01.OVG -, NVwZ-RR 2002, S. 267 <268>; Urteil vom 21. August 2003 - 1 A 11997/02.OVG -, juris Rn. 28; Urteil vom 26. Mai 2004 - 8 A 12009/03 -, juris Rn. 34).
- 5
-
Die Denkmalschutzbehörde lehnte mit dem hier angegriffenen Bescheid den Antrag auf Erteilung der Abrissgenehmigung ab. Seine Klage hiergegen stützte der Beschwerdeführer vor allem darauf, dass ihm die Erhaltung des Denkmals nicht zumutbar sei. Als Eigentümer der Schlosskapelle könne er die Erhaltungspflicht aus den mit dem Denkmal möglicherweise erzielbaren Einnahmen nicht erfüllen. Die Schlosskapelle, auf die es hier allein ankomme, erfordere Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwendungen im Werte von ca. 195.000 €, denen ein Ertragswert des Grundstücks in Höhe von lediglich 50.000 € gegenüberstehe.
- 6
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Die Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist es der Auffassung, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals, wenn wie hier eine Denkmalzone in Rede stehe, auf den im Eigentum einer Person stehenden denkmalgeschützten Gesamtbestand abzustellen sei. Dabei müssten hier die nach Unterschutzstellung eingetretenen Änderungen in den Eigentumsverhältnissen berücksichtigt werden, wenn sie auf das Verhältnis zwischen Erhaltungsaufwand für das Denkmal und Ertrag Auswirkungen haben könnten. Ansonsten bestünde die Gefahr einer Aufsplitterung des Denkmalschutzes.
- 7
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Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG.
- 8
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Die Auslegung des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalts, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf die bauliche Gesamtanlage abzustellen sei, verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Zwar könnten Eigentümerbefugnisse durch Gesetz eingeschränkt werden. Dabei dürfe der Kernbereich der Eigentumsgarantie jedoch nicht ausgehöhlt werden. Zu dieser gehörten sowohl die Privatnützigkeit, also auch die Zuordnung des Eigentumsobjekts zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein solle, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Diese grundsätzliche Verfügungsbefugnis und die Privatnützigkeit des Eigentums würden durch die mit der Beschwerde angegriffenen Akte nicht mehr gewährleistet, wenn bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die gesamte unter Denkmalschutz gestellte Anlage und nicht die Kapelle als Einzelbauwerk als maßgebend angesehen werde und keinerlei andere Kompensation der nicht mehr zumutbaren Eigentumsbelastung vorgesehen sei.
- 9
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Die (nachträgliche) Aufteilung eines Grundstücks sei rechtlich nicht untersagt. Sie sei auch nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt, so dass der zivilrechtliche Auseinandersetzungsvertrag zwischen ihm und seinen Geschwistern wegen Verstoßes gegen § 134 BGB oder § 138 BGB nichtig wäre. Vielmehr sei damit eine Grundstückssituation entstanden, die für Denkmalensembles häufig anzutreffen sei, dass nämlich in einer Denkmalzone verschiedene Grundstückseigentümer lediglich "denkmalrechtlich" zu einem Ensemble zusammengefasst würden. Weshalb in diesen Konstellationen die verfassungsrechtlich gebotene Betrachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit anders durchzuführen sei als bei einer Situation, in der die Denkmalwirkung erst nachträglich über verschiedene Grundstückseigentümer durch eine Rechtsverordnung erzeugt werde, erschließe sich nicht.
- 10
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Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz, das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz und das Bundesverwaltungsgericht geäußert.
-
II.
- 11
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG für eine Annahme sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Maßstäbe für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Abrissgenehmigung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG geklärt (vgl. BVerfGE 100, 226). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
- 12
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Die Versagung der Genehmigung zum Abriss der Schlosskapelle ist die Konkretisierung einer Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 100, 226 <240>). Sie schränkt die Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers zwar ein, belastet ihn aber nicht unverhältnismäßig.
- 13
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Die Denkmalschutzbehörde verfolgt mit der Versagung der Abrissgenehmigung einen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Zweck.
- 14
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Der Schutz von Kulturdenkmälern ist grundsätzlich ein legitimes Anliegen, Denkmalpflege eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG rechtfertigt (BVerfGE 100, 226<242>). Die Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (VOBl S. 209, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 2005
) verpflichtet zudem in Art. 40 Abs. 3 das Land, die Denkmäler der Kunst und der Geschichte in seine Obhut und Pflege zu nehmen.
- 15
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Die Denkmalschutzbehörde hat in dem angegriffenen Bescheid die besondere Bedeutung der Schlosskapelle für die N... nachvollziehbar geschildert. Auch der Beschwerdeführer stellt die Berechtigung der Unterschutzstellung der Schlosskapelle nicht in Frage.
- 16
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Die Versagung der Genehmigung ist geeignet und erforderlich, den Zweck der Rechtsverordnung über die Unterschutzstellung der Denkmalzone "N..." zu erfüllen. Ein Abriss hätte den unwiederbringlichen Verlust eines in dieser Rechtsverordnung ausdrücklich genannten Gebäudes zur Folge.
- 17
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Die Versagung der Genehmigung belastet den Beschwerdeführer auch nicht unverhältnismäßig.
- 18
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Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals kann nur durch Inpflichtnahme des Eigentümers des Grundstücks und Gebäudes Rechnung getragen werden, dessen Eigentum daher einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt. Sie ergibt sich aus der Situationsgebundenheit, hier der Lage und Beschaffenheit des Grundstücks (BVerfGE 100, 226 <242>).
- 19
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Durch das Beseitigungsverbot wird die bestehende Nutzung eines Baudenkmals nicht eingeschränkt (BVerfGE 100, 226 <242>). Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 91, 294 <310>; 100, 226 <242 f.>).
- 20
-
Anders liegt es aber, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dazu kann es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge veränderter Verhältnisse hinfällig wird und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen lässt. Wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch nicht veräußern kann, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt. Nimmt man die gesetzliche Erhaltungspflicht hinzu, so wird aus dem Recht eine Last, die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen hat, ohne dafür die Vorteile einer privaten Nutzung genießen zu können. Die Rechtsposition des Betroffenen nähert sich damit einer Lage, in der sie den Namen "Eigentum" nicht mehr verdient. Die Versagung einer Beseitigungsgenehmigung ist dann nicht mehr zumutbar (BVerfGE 100, 226 <243>).
- 21
-
Gemessen hieran erweist sich die Versagung der Abrissgenehmigung gegenüber dem Beschwerdeführer nicht als unzumutbar. Der Fall des Beschwerdeführers ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die seine Belastung als Eigentümer mit der Erhaltung der denkmalgeschützten Schlosskapelle als mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar erscheinen lassen.
- 22
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Allerdings wird sich die Zumutbarkeit der Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes im Hinblick auf die damit einhergehenden Belastungen grundsätzlich nur nach den sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten des denkmalgeschützten Gesamtbestands in der Hand eines Eigentümers beurteilen lassen. Nutzungs- und Ertragsmöglichkeiten anderer Eigentümer von Teilen einer denkmalgeschützten Gesamtanlage können grundsätzlich nicht in die wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung einbezogen werden, sofern kein rechtlich gesichertes Ausgleichsverhältnis zwischen den verschiedenen Grundstückseigentümern besteht. Hiervon geht im Grundsatz auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in dem angegriffenen Beschluss unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Februar 1994 - 8 A 11609/92.OVG -, AS 24, 294 <298>) aus.
- 23
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Der Fall des Beschwerdeführers weist hingegen die Besonderheit auf, dass er den neu zugeschnittenen Grundstücksteil mit der - nach seinem von den Fachgerichten als richtig unterstellten Vortrag - für sich genommen wirtschaftlich nicht tragfähigen Schlosskapelle zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Gesamtanlage bereits als Denkmalzone ausgewiesen war. Deren wirtschaftlich sinnvolle Nutzbarkeit insgesamt steht nicht in Streit. Das vom Beschwerdeführer in privatautonomer Entscheidung erworbene Grundstück mit der Schlosskapelle war also zum Zeitpunkt seines Eigentumserwerbs bereits denkmalschutzrechtlich vorbelastet. Dies musste ihm auch bewusst sein. Die vom Beschwerdeführer erlangte Eigentümerstellung war mithin, worauf auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Stellungnahme hinweist, von vornherein denkmalschutzrechtlich eingeschränkt. Dieser Umstand beeinflusste notwendig den Wert des von ihm erworbenen Grundstücks.
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Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen bereits in seiner Rechtsprechung zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers für eine Altlastensanierung aus Gründen der öffentlichen Gefahrenabwehr betont, dass die Beurteilung dessen, was dem Grundstückseigentümer im Interesse des Gemeinwohls zugemutet werden kann, maßgeblich auch davon beeinflusst wird, ob er die entsprechende Belastung gekannt oder zumindest das Risiko einer solchen Belastung beim Grundstückserwerb bewusst in Kauf genommen hat (vgl. BVerfGE 102, 1 <21 f.>).
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Die in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Privatnützigkeit des Eigentums gewährleistet mithin nicht, dass der Grundstücksertrag der Eigentümer einer denkmalgeschützten Gesamtanlage, deren Erhalt für sich genommen wirtschaftlich zumutbar ist, dadurch gesteigert wird, dass einzelne, wirtschaftlich unrentable Teile mit Denkmalbestand eigentumsrechtlich aus einem solchen Ensemble "herausgeschnitten" werden und dadurch der Erhalt dieser Denkmäler infrage gestellt oder dessen Kosten letztlich der Allgemeinheit auferlegt werden.
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Die angegriffenen Entscheidungen tragen diesen Grundsätzen Rechnung und sind daher mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer würde eine unter Denkmalschutz gestellte Gesamtanlage nicht zu dem Zweck, die Voraussetzungen einer (vermeintlichen) Unzumutbarkeit der Erhaltung eines Teils des Denkmals zu schaffen, oder jedenfalls unter Inkaufnahme dieser Folge eigentumsrechtlich aufspalten, und eine dem Denkmalschutz aufgeschlossene Person würde eine derartige Eigentumsposition nicht erwerben.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn
- 1.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder - 2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.
(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ...Straße ... in Kulmbach (FlNr. ... der Gemarkung ...), welches er im Jahr 1974/75 mit einem Einfamilienhaus bebaut hat. Auf dem Nachbargrundstück, FlNr. ... der Gemarkung ..., befindet sich in einem Abstand von ca. 3 m zur Grenze des klägerischen Grundstücks eine Eiche, welche durch Verordnung über die Naturdenkmäler im Gebiet des Landkreises Kulmbach in der Fassung vom 10.10.1997 als Naturdenkmal unter Schutz gestellt ist. Die erstmalige Unterschutzstellung der genannten Eiche erfolgte durch Bescheid vom 25.11.1983. Der Ast- und Kronenwuchs der Eiche reicht grenzüberschreitend auf das klägerische Grundstück herüber. Im 1. Obergeschoss mit vorgesetztem Balkon befinden sich herausragende Äste ca. einen Meter vom Gebäude bzw. Balkon des Klägers entfernt und überschreiten die Grundstücksgrenze um etwa 3 m. Zuletzt wurde die Baumkrone in den Jahren 2013 sowie 2015 zurückgeschnitten. Der Kläger stellte durch Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 11.09.2013 bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Befreiung /Genehmigung nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG - i. V. m. § 6 der o. g. Verordnung hinsichtlich der dort unter Schutz gestellten „Dill-Eiche“. Dieser wurde durch Bescheid des Landratsamtes Kulmbach vom 04.12.2013, dem Kläger am 16.12.2013 zugestellt, abgelehnt.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 14.01.2014, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth
Der Klägerbevollmächtigte beantragt:
1. Der Bescheid des Beklagten vom 04.12.2013 (Az. ...) wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet dem Kläger die gem. Ziff. 1 des vorbezeichneten Bescheides verweigerte Fällungsgenehmigung der als Naturdenkmal ausgewiesenen „Dill-Eiche“ zu erteilen, hilfsweise: dem Antrag auf Durchführung eines Rückschnittes von 30% der Baumkrone stattzugeben.
Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.
Für den Beklagten beantragt das Landratsamt Kulmbach mit Schriftsatz vom 20.02.2014,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass die vollumfängliche Ablehnung der Anträge des Klägers dessen Rechte nicht verletze. Eine atypische Situation sei nicht gegeben. Die Eiche sei trotz eines oberflächlichen Risses nach wie vor in einem guten Gesamtzustand und standsicher. Der Zustand des Baumes sei regelmäßig von der Unteren Naturschutzbehörde geprüft worden und werde auch künftig geprüft. Überdies sei die Krone im Jahr 2000 mit drei Seilverspannungen zusätzlich gesichert worden. Herabfallende Äste sowie möglicher Blitzeinschlag begründeten kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Beseitigung des Baumes. Derartige Gefahren seien bei keinem Baum ganz auszuschließen. Für eine über das allgemeine Risiko hinausgehende Gefahrenlage sei nichts dargetan. Die durch die Eiche bedingten Einschränkungen des Klägers in der Nutzung seines Grundstücks erreichten bei Weitem nicht die Schwelle der Unzumutbarkeit; sie seien vielmehr im Rahmen der Sozialbindung entschädigungslos hinzunehmen. Ein atypischer Ausnahmefall liege nicht vor. Hohe Bäume neben einer Bebauung im bauplanungsrechtlichen Innenbereich stellten noch keine außergewöhnliche Situation dar, sondern seien vielmehr üblich und städtebaulich erwünscht.
Darüber hinaus sei die Beschattung ab dem Mittag bzw. frühen Nachmittag durch einen einzelnen Baum hinnehmbar. Gleiches gelte für die Einschränkung der Nutzung der Freiflächen vor dem klägerischen Wohngebäude. Überdies könnten diese durchaus gärtnerisch genutzt werden, was der Kläger auch tue. Eine wesentliche Freizeitnutzung komme in diesem Bereich schon aus topografischen Gründen kaum in Betracht. Zudem betreffe die Beschattung von Freiflächen durch die streitgegenständliche Eiche nur einen kleinen Teil des insgesamt über 1.300 m² großen Grundstücks des Klägers. Auch begründeten das Laub und die Eicheln eines einzelnen Baumes keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung. Eine Verstopfung der Dachrinnen lasse sich unschwer durch die Anbringung entsprechender Gitter verhindern. Auf die Nutzung seiner Dachflächen mit einer Solaranlage habe der Kläger keinen Anspruch. Bestritten werde weiter, dass das Wurzelwerk der Eiche den klägerischen Abwasserkanal im Jahr 2009 beschädigt habe oder künftig beschädigen könne. Auch die auf dem Grundstück des Klägers unmittelbar über dem fraglichen Kanal vorhandenen Koniferen und Rhododendren könnten im Einzelfall mit ihren Wurzeln Tiefen erreichen, in denen der Kanal verlaufe. Da es sich bei der Eiche um einen Pfahlwurzler handele, erscheine es unwahrscheinlich, dass sich aus dem seit Jahrzehnten vorhandenen tiefreichenden Wurzelwerk Seitentriebe in Richtung des sechs Meter entfernten Kanals hätten entwickeln sollen. Der Kläger könne daher weder ein überwiegendes öffentliches Interesse bzw. überwiegende Gründe des allgemeinen Wohls noch eine unbeabsichtigte Härte bzw. eine unzumutbare Belastung geltend machen. Überdies sei die Eiche wegen ihrer besonderen Eigenart und Schönheit zu Recht unter Schutz gestellt worden. In der näheren Umgebung fänden sich gerade keine vergleichbaren Bäume; die Eiche präge das Straßenbild maßgeblich und sei wegen ihres Alters und ihres Wuchses ein besonderer und erhaltenswerter Baum. Auch ein Rückschnitt der Baumkrone um 30% komme nicht in Betracht. Bei Schutz- und Pflegemaßnahmen von Naturdenkmälern orientiere sich der Beklagte an den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege (ZTV-Baumpflege) der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL). Die ZTV-Baumpflege seien das maßgebliche Regelwerk für Baumpflegearbeiten und würden auch als anerkannte Regeln der Technik im Rahmen der VOB gelten. Nach Nr. 3.1.9.3 ZTV-Baumpflege solle der Umfang einer Kronenkürzung höchstens 20% betragen. Der letzte Kronenrückschnitt der „Dill-Eiche“ sei im Jahr 2010 erfolgt, dabei sei der Kronenumfang um 7% reduziert worden. Bei einer etwa 100 Jahre alten Eiche sei von einem jährlichen Zuwachs von etwa 1% auszugehen, so dass der letzte Kronenrückschnitt bislang noch nicht kompensiert worden sei. Im Dezember 2012 seien auf Drängen des Klägers zudem zwei größere Äste im unteren Bereich der Baumkrone entfernt bzw. abgeleitet worden. Die durchgeführten Rückschnitte und Pflegemaßnahmen hätten dem aus naturschutzfachlicher Sicht Notwendigem und im Interesse der Erhaltung des Naturdenkmals Möglichen entsprochen. Der vom Kläger geforderte Rückschnitt um 30% sei geeignet, das Naturdenkmal in seiner Existenz zu gefährden.
Das Gericht hat am 22.09.2014 die örtlichen Verhältnisse durch die beauftragte Richterin in Augenschein genommen. Hinsichtlich der getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 verständigen sich die Beteiligten dahingehend, den nächsten Rückschnitt der „Dill-Eiche“ im Juni 2015 abwarten zu wollen und beantragten übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens. Dabei sicherten die Vertreter des Beklagten zu, dass der allgemeine Rückschnitt ca. 10% des Kronenvolumens erfassen und dass hinsichtlich der zum Kläger weisenden Äste ein verstärkter Rückschnitt erfolgen soll. Mit Beschluss vom 25.09.2014 wurde sodann das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Am 20.07.2015 wurde das Verfahren auf Antrag des Klägerbevollmächtigten vom 16.07.2015 unter neuem Aktenzeichen wieder aufgenommen. Zur Begründung wird vorgetragen, dass sich der von Beklagtenseite durchgeführte Kronenrückschnitt im Wesentlichen darauf beschränkt habe, dass im unteren Bereich der Eiche ein stärkerer Ast (Durchmesser ca. 15 cm) direkt am Stamm entfernt sowie zwei weitere Äste (Durchmesser der Schnittstelle ca. 5 cm) Richtung des klägerischen Grundstück beseitigt worden seien. Der vereinbarte Kronenrückschnitt sei nicht durchgeführt worden. Auch seien die auf das Nachbargrundstück gerichteten Äste nur in geringem Maße entfernt worden. Daher bestünden die verfahrensgegenständlichen Beeinträchtigungen in nahezu unverändertem Umfang fort. Das klägerische Grundstück werde während des gesamten Kalenderjahres durch vom Baum abfallende Teile erheblich beeinträchtigt. Dies betreffe Wege, Treppen sowie den Balkon des Klägers.
Mit Beschluss der Kammer vom 17.08.2015 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten B 2 K 14.50 sowie B 2 K 15.493 mit der Niederschrift über den Augenschein vom 22.09.2014 und den Sitzungsniederschriften vom 25.09.2014 und vom 16.09.2015 sowie den Inhalt der vorgelegten Behördenakten, § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Fällung der streitgegenständlichen Eiche bzw. auf Durchführung eines Kronenrückschnitts oder Neuverbescheidung hierüber (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Der zur Fällung beantragte Baum unterfällt der Verordnung über die Naturdenkmäler im Gebiet des Landkreises Kulmbach vom 10. Oktober 1997 (Naturdenkmalverordnung). Die sogenannte „Dill-Eiche“ ist in der Anlage zu § 1 Abs. 1 der vorgenannten Verordnung unter der laufenden Nummer 7/7 aufgeführt. Nach § 4 Abs. 1 der Naturdenkmalverordnung ist es verboten, ohne Genehmigung des Landratsamtes Kulmbach - untere Naturschutzbehörde - die Naturdenkmäler (§ 1) zu entfernen, zu zerstören oder zu verändern. Eine (Ausnahme-)Genehmigung kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung im Einzelfall erteilt werden, wenn der Vollzug der Bestimmung zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen im Sinne des Bayerischen Naturschutzgesetzes - BayNatSchG - vereinbar ist.
Die Naturdenkmalverordnung ist zunächst nicht aufgrund der Neuregelungen des Naturschutzrechtes im Bund und im Freistaat Bayern außer Kraft getreten. Denn nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen verlieren untergesetzliche Rechtsnormen (Rechtsverordnungen, Satzungen) durch nachträgliche Änderungen oder das Erlöschen der Ermächtigungsgrundlage nicht automatisch ihre Gültigkeit (vgl. BVerfG v. 03.12.1958, Az. 1 BvR 488/52; v. 16.05.1961, Az. 2 BvF 1/60; v. 25.07.1962
Vorliegend ergibt sich kein Anspruch auf eine Fällgenehmigung oder einen Kronenrückschnitt bzw. Neuverbescheidung hierüber aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 4 der Naturdenkmalverordnung. Demnach kann eine entsprechende Genehmigung nur erteilt werden, wenn der Verbleib des Baumes im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde. Auch § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG vermittelt dem Kläger nicht die geltend gemachten Rechtsansprüche. Die vorgenannte Vorschrift fordert für eine Befreiung von den Geboten und Verboten nach dem Naturschutzrecht der Länder, dass die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Eine unzumutbare Beeinträchtigung in diesem Sinne kann nur dann angenommen werden, wenn die von dem geschützten Baum ausgehenden Immissionen oder sonstigen Auswirkungen nach Art und Intensität die Nutzung bzw. Nutzbarkeit des Grundstücks erheblich beeinträchtigen. Die Beeinträchtigungen müssen deutlich über das Maß bloßer Belästigungen hinausgehen. Beachtlich sind weiterhin nur solche Beeinträchtigungen, deren potentiell die Wesentlichkeitsschwelle überschreitenden Folgewirkungen nicht mit Schutzmaßnahmen begegnet werden kann. Darüber hinaus erfordert § 67 BNatSchG für die Erteilung einer Befreiung das Vorliegen einer atypischen Sondersituation. Denn die Funktion der Befreiung besteht darin, rechtlichen Unausgewogenheiten abzuhelfen, die sich bei Anwendung einer Norm aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls ergeben. Diesem Zweck entsprechend setzt die Möglichkeit der Befreiung stets einen im Zeitpunkt des Normerlasses vom Normgeber so nicht vorausgesehenen und deshalb atypischen Sonderfall voraus (vgl. BVerwG LKV 1999, 26; Landmann/Rohmer, UmweltR-Gellermann, § 67 BNatSchG, Rn. 10). Nach Umfang und Häufigkeit dürfen Befreiungen daher nicht dazu führen, „die Norm sozusagen in kleiner Münze aufzuheben“ (vgl. Schumacher/Fischer-Hüftle, § 67 BNatSchG, Rn. 5). Die sich typischerweise mit einem solchen Verbot verbindenden Belastungen sind dem Norm-adressaten daher zumutbar und von ihm hinzunehmen. Von einer unzumutbaren Belastung im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG kann somit nur gesprochen werden, wenn der Eintritt der Verbotsfolge in Ansehung der Gegebenheiten des Einzelfalles und der ihn prägenden besonderen Umstände als nicht gerechtfertigt, unbillig oder unangemessen erscheint (vgl. OVG Münster NuR 1989, 230 [231]; BayVGH NuR 1990, 175 [277], OVG Saarlouis RdL 1981, 323 [326]). Die gleichen Anforderungen stellt § 6 Abs. 1 Nr. 2 Naturdenkmalverordnung auf, der insoweit von einer „im Einzelfall offenbar nicht beabsichtigten Härte“ spricht.
Die von Seiten des Klägers geltend gemachten Beeinträchtigungen erreichen kein im vorgenannten Sinne unzumutbares Maß. Eine im Einzelfall offenbar nicht beabsichtigte Härte kann im Hinblick auf die Auswirkungen der „Dill-Eiche“ auf das klägerische Anwesen nicht angenommen werden.
Dass bei Westwind ein beträchtlicher Teil des Laubes und der Eicheln auf das klägerische Grundstück fallen und es infolgedessen zu Verstopfungen der Dachrinne kommen kann, muss vom Kläger hingenommen werden. Gleiches gilt für den infolge des Habitus der Eiche beschränkten Ausblick. Diese Umstände begründen keinen Härtefall im Sinne der o. g. Vorschriften, da es sich insoweit um übliche Begleiterscheinungen eines Baumes handelt, die bereits seitens des Verordnungsgebers vorhergesehen und gebilligt wurden. Diese „natürlichen Lebensäußerungen“ eines Baumes mögen zwar vom jeweils Betroffenen als belästigend empfunden werden, sie sind aber als regelmäßige Folge der Unterstutzstellung hinzunehmen. Im Übrigen lässt sich eine Verstopfung der Dachrinne durch zumutbare Kompensationsmaßnahmen (Anbringung entsprechender Gitter) vermeiden. Auch der Einwand des Klägers, er könne infolge der Auswirkungen der Eiche seinen Lebensabend im eigenen Heim und Garten nicht ohne Einschränkungen genießen, begründet keinen Härtefäll. Denn diesbezüglich handelt es sich um eine rein personenbezogene Härte. Eine offenbar nicht beabsichtigte Härte im Sinne der Naturdenkmalverordnung ist jedoch bodenbezogen und nicht personenbezogen zu ermitteln (vgl. BayVGH
Eine unzumutbare Beeinträchtigung folgt darüber hinaus auch nicht aus dem behaupteten Wurzeleinwuchs der Eiche in die klägerischen Versorgungsleitungen.
Zum einen ist bereits fraglich, ob eindringende Wurzeln in Fällen der vorliegenden Art überhaupt einen Härtefall darstellen können. Denn Kanalsysteme, die sich nur wenige Meter vom Stamm eines Baumes entfernt befinden, sind im städtischen Bereich nichts Außergewöhn-liches, so dass in derartigen Fällen die Annahme einer vom Normgeber nicht beabsichtigten Härte zweifelhaft erscheint. Zum anderen besteht auch insoweit mit der Einbringung eines glasfaserverstärkten Kunststoffschlauchs als sog. Inliner in das klägerische Kanalsystem eine zumutbare Kompensationsmöglichkeit. Diese hat der Kläger entsprechend seiner Angaben im Augenscheintermin auch im Nachgang zu einer Kanalbefahrung im Jahr 2009 bereits ergriffen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärte er zudem, dass es seit 2009 keine Schwierigkeiten mehr mit den Versorgungsleitungen gegeben habe.
Im Übrigen erscheint auch fraglich, ob der im Jahr 2009 festgestellte Wurzeleinwuchs tatsächlich von der als Naturdenkmal ausgewiesenen „Dill-Eiche“ herrührt.
Ferner kann keine unzumutbare Beeinträchtigung infolge der vom Baum ausgehenden Verschattung angenommen werden.
Die Rechtsprechung stellt grundsätzlich hohe Anforderungen an die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung durch den Schattenwurf geschützter Bäume (vgl. VGH BW
Darüber hinaus geht mit dem Schattenwurf der Eiche keine unzumutbare Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung für den Kläger einher. Zur zumutbaren Grundstücksnutzung zählt sowohl eine angemessene Freizeitnutzung als auch eine entsprechende gärtnerische Nutzung. Diese implizieren sowohl eine Besonnung mindestens von Teilbereichen des Grundstücks, die über wenige Minuten hinausgeht, als auch das Bestehen hinreichender Bepflanzungsmöglichkeiten. Jedoch sind zugunsten der mit der Naturdenkmalverordnung verfolgten Ziele Einschränkungen der Besonnung und Belichtung hinzunehmen. Der Rahmen des Zumutbaren wäre demzufolge allenfalls dann überschritten, wenn die Einschränkungen auf dem Grundstück einer Waldsituation nahekommen. Von einem derartigen Ausmaß ist die Situation auf dem klägerischen Grundstück weit entfernt. Dem Kläger ist es trotz Vorhandensein des geschützten Baumes möglich seine vor dem Haus befindlichen Freiflächen ziergärtnerisch zu nutzen. Zwar findet eine Freizeitnutzung insoweit offenbar nicht statt, allerdings dürfte dies eher den topographischen Gegebenheiten (Hanglage) geschuldet sein als einer von der Eiche ausgehenden Verschattung. Dass der Kläger seinen Ziergarten wegen des dichten Habitus des Baumes, der kaum Regenwasser durchdringen lasse, vermeintlich häufiger händisch bewässern muss, ist als typische Begleiterscheinung des Baumes, die bereits bei Verordnungserlass vorhergesehen und gebilligt wurde, hinzunehmen. Infolge des Schattenwurfs der Eiche werden dem Kläger somit keine Nutzungseinschränkungen auferlegt, die durch die Ziele der Naturdenkmalverordnung nicht mehr zu rechtfertigen sind.
Insoweit führt auch der Umstand, dass eine Nutzung des Daches des klägerischen Wohnhauses zum Betrieb einer Solaranlage infolge der eingeschränkten Besonnung wirtschaftlich nicht rentabel erscheint, nicht zur Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung bzw. eines nicht beabsichtigten Härtefalls. Art. 14 Abs. 1 GG gewährt bereits keinen - auch nicht über das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - Schutz vor Veränderungen und situationsbedingten Erwerbschancen und -vorteilen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.06.1977, Az. 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75
Überdies liegen im Hinblick auf die von Klägerseite geltend gemachte Gefährdung des Straßen- und Fußgängerverkehrs keine überwiegenden Gründe des allgemeinen Wohls vor, welche die Erteilung einer Genehmigung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Naturdenkmalverordnung bzw. einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG vorliegend rechtfertigen würden. Denn die streitgegenständliche Eiche ist nach den Feststellungen des Beklagten, denen der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten ist, nicht in ihrer Stand- und Bruchfestigkeit gefährdet, sondern in gutem Zustand, gesund und standfest. Zwar weist der Baum einen Riss auf, gleichwohl wurde die Krone der Eiche bereits im Jahr 2000 mit drei Seilverspannungen zusätzlich gesichert. Im Übrigen hat der Kläger nichts dafür vorgetragen, dass eine Abweichung vom Normalzustand - wie etwa eine übermäßige Schräglage, dürre Äste oder eine schüttere Baumkrone - vorliege, die auf einen Vitalitätsverlust hinweisen würde. Derartiges ist auch sonst nicht erkennbar. Zugegebenermaßen dürfen die Anforderungen an das Vorliegen einer konkreten Gefahr nicht überspannt werden. Daher reicht es grundsätzlich aus, dass ein Sachverhalt vorgetragen wird, der nach allgemeiner Lebenserfahrung auf den künftigen Eintritt eines Schadens hinweist. Eine Gefahr für Verkehrsteilnehmer ist aber nicht schon deswegen anzunehmen, weil generell die Möglichkeit besteht, dass Bäume, auch wenn sie gesund sind, den Belastungen durch starke Stürme oder sonst extreme Witterungseinflüsse nicht standhalten und umstürzen oder abbrechen. Derartige Unglücksfälle sind dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen. Die von Klägerseite geschilderten Szenarien ließen sich allenfalls dadurch vermeiden, dass in besiedelten Bereichen sämtliche größeren Bäume beseitigt werden. Eine solche abstrakt bestehende Gefahr stellt jedoch keine Gefahr dar, die eine Ausnahmegenehmigung oder Befreiung rechtfertigen würde. Ansonsten würde die gesetzlich ermöglichte Entscheidung des Verordnungsgebers für den Schutz von Naturdenkmälern unterlaufen (vgl. insoweit VG Ansbach
Letztlich vermögen die von Klägerseite vorgetragenen Beeinträchtigungen auch in ihrer Gesamtschau vor dem Hintergrund der konkreten Schutzwürdigkeit der streitgegenständlichen Eiche die Annahme eines Härtefalles im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Naturdenkmalverordnung bzw. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG nicht zu rechtfertigen. Wie bereits dargestellt handelt es sich jeweils um Umstände, die bereits der Verordnungs- bzw. Gesetzgeber vorhergesehen und als typische Begleiterscheinungen geschützter Bäume gebilligt hat. Der Auffassung des Klägerbevollmächtigten dass die hier gegebenen Beeinträchtigungen in Anbetracht der geringen Schutzwürdigkeit der „Dill-Eiche“ ausnahmsweise den Rahmen des Zumutbaren überschreiten würden, kann nicht gefolgt werden. Bereits anlässlich der erstmaligen Unterschutzstellung der „Dill-Eiche“ durch Bescheid des Landratsamtes Kulmbach vom 25.11.1983 wurde ausgeführt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Baum um eine „Einzelschöpfung der Natur“ handele. In der Begründung des vorgenannten Bescheids wird weiter ausgeführt: „Der Baum steht erhöht, geradezu herausgehoben und erhaben im Straßenbild und es gibt in der Nähe keinen vergleichbaren Konkurrenten, insbesondere bezüglich der Außenform und Schönheit des Baumes. Die Erhaltung dieser Eiche liegt wegen ihrer hervorragenden Schönheit im öffentlichen Interesse.“ Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen sowie der Feststellungen im Augenscheintermin vermag das Gericht der streitgegenständlichen Eiche ihre besondere Schutzwürdigkeit nicht abzusprechen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Eiche in einem bereits vor ihrer Unterschutzstellung festgesetzten Wohngebiet befindet. Denn das Vorhandensein von Bäumen erweist sich im städtischen Bereich als üblich und ist darüber hinaus städtebaulich wünschenswert. Da folglich bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 der Naturdenkmalverordnung bzw. des § 67 Abs. 1 BNatSchG wegen Nichtvorliegens eines Härtefalls nicht gegeben sind, besteht weder ein Anspruch auf Fällung noch auf Durchführung eines Kronenrückschnitts oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber. Somit kommt es auf die Frage, ob unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Fällung oder lediglich eines Auslichtung des geschützten Baumes in Betracht kommt, bereits nicht mehr an. Denn wie oben festgestellt führen die Auswirkungen der „Dill-Eiche“ auch unter Berücksichtigung ihrer konkreten Schutzwürdigkeit nicht zu unzumutbaren Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks.
Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung - ZPO -.
(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn
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dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder - 2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.
(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung. Der Kläger und seine Ehefrau sind Eigentümer eines Grundstücks in x, Flurstück 3/6, Flur 1 der Gemarkung y. Der nordwestliche Bereich des Flurstücks liegt im Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung x, der östliche und südliche Bereich liegen im Geltungsbereich der Naturschutzgebietsverordnung „--“ (NSG-VO). Naturschutzgebiet und Landschaftsschutzgebiet grenzen direkt aneinander.
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Auf dem Grundstück befindet sich ein verpachteter Reitstall mit einer Reitschule. Zur Ergänzung der Reitschule wollte der Kläger eine ca. 450 m2 große Reithalle errichten lassen. Mit der Planung der Reithalle wurde ein Architekt beauftragt. Der Kläger beantragte unter dem 22.06.2009 zusammen mit seiner Ehefrau die Erteilung eines Bauvorbescheids. Dem Antrag war ein Lageplan mit dem Standort der Reithalle beigefügt (Bl. 4 und 5 der Verwaltungsakte). Der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung wurde unter dem 20.07.2009 bzw. 01.08.2008 gestellt.
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Während des Verwaltungsverfahrens erhielt der Kläger am 01.09.2009 von einer Bediensteten des Beklagten eine E-Mail mit einem Ausschnitt eines Luftbildes bzw. einer topographischen Karte für das betroffene Flurstück. In der E-Mail wurde dem Kläger mitgeteilt, dass nach einem Abgleich mit der aktuellen topographischen Karte und der durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein (MLUR) zwischenzeitlich digitalisierten Abgrenzung des Naturschutzgebietes zur Hoflage des Klägers etwas mehr Spiel bezüglich der Errichtung der Reithalle bestehe. Die Grenze des Naturschutzgebietes liege 47 Meter östlich der westlichen Gebäudekante des vorhandenen Stallgebäudes. Es wurde ferner mitgeteilt, dass mit der in der Anlage dargestellten Grenze nunmehr davon ausgegangen werden könne, dass das Vorhaben des Klägers vollständig außerhalb der Grenze des Naturschutzgebietes realisiert werden könne und bat den Kläger, dies bei seinen weiteren Planungen zu berücksichtigen (vgl. Bl. 8 d.A.).
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Am 02.09.2009 reichte der Kläger einen neuen Lageplan ein, auf dem der Standort der geplanten Reithalle eingezeichnet war (Bl. 24 und 25 der Verwaltungsakte). Unter dem 05.10.2009 erteilte der Beklagte den beantragten Vorbescheid. Der Vorbescheid enthielt die Aussage, dass von der unteren Naturschutzbehörde bei Einhaltung bestimmter Rahmenbedingungen eine naturschutzrechtliche Genehmigung im Landschaftsschutzgebiet in Aussicht gestellt werde. Eine dieser Rahmenbedingungen lautete, dass die Errichtung baulicher Anlagen einschließlich notwendiger Ausläufe (Paddocks) außerhalb des Naturschutzgebietes „--“ zu erfolgen habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich das geplante Bauvorhaben im Landschaftsschutzgebiet „x“ unmittelbar an der Grenze zum Naturschutzgebiet „--“ befinde und einen naturschutzrechtlichen Eingriff nach § 10 LNatSchG darstelle. Dem Vorbescheid waren ein Übersichtsplan und Lageplan beigefügt, in denen die geplante Reithalle eingezeichnet war.
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Der Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 02.12.2009 eine Ausnahme von den Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes gem. § 72 Abs. 1 Nr. 1 LNatSchG a.F. in Verbindung mit der Landschaftsschutzgebietsverordnung x zur Errichtung der Reithalle. Als Nebenbestimmung enthielt der Bescheid die Anordnung, dass die Errichtung der Reithalle außerhalb des Naturschutzgebietes „--“ zu erfolgen habe. Dem Bescheid war ein Lageplan beigefügt, auf dem sowohl die Reithalle als auch die Grenze des Naturschutzgebietes eingezeichnet waren (Bl. 56 der Verwaltungsakte). Unter dem 14.12.2009 erteilte der Beklagte die Baugenehmigung für die Reithalle. Der Baugenehmigung war ein identischer Lageplan beigefügt.
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Der Kläger ließ die Reithalle an einem anderen Standort errichten. Anlässlich einer Ortsbesichtigung durch Bedienstete des Beklagten am 08.09.2010 wurde festgestellt, dass der Standort der Reithalle um vier bis fünf Meter nach Osten und acht Meter nach Süden verschoben worden war (Bl. 172 VA). Die Bauaufsichtsbehörde untersagte daraufhin die Fortführung der Baumaßnahmen und die Nutzung der Reithalle.
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Mit Schreiben vom 24.12.2010 beantragte der Kläger die Erteilung einer (nachträglichen) Baugenehmigung für den geänderten Standort der Reithalle. Der überarbeitete Lageplan wurde von dem Entwurfsverfasser des Klägers am 04.02.2011 nachgereicht. Der Standort der Halle wurde um rund 8 Meter nach Süden und 4 Meter nach Osten verschoben (Bl. 67 f. der Verwaltungsakte).
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Mit Schreiben vom 08.02.2011 bat der Beklagte das MLUR um Prüfung, ob sich der geänderte Standort der Reithalle im Geltungsbereich der NSG-VO befinde. Es bestehe Unklarheit über den Verlauf der Grenze des Naturschutzgebietes. Hierauf antwortete das Ministerium mit Schreiben vom 15.02.2011. Es führte aus, dass für die Feststellung der Abgrenzung des Naturschutzgebietes grundsätzlich die analoge Originalkarte (Maßstab 1:5000) heranzuziehen sei. Dies gelte auch in Zweifelsfällen, also auch bei Abweichungen zwischen der analogen Karte und der digitalen Darstellung (shape) des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR). Abweichungen ließen sich gegebenenfalls mit Digitalisierungsfehlern erklären. Die digitale Abgrenzung sei überprüft worden. Es seien keine Abweichungen von der analogen Karte festgestellt worden. Die beantragte Reithalle liege nach den vorliegenden Unterlagen zum Teil im Naturschutzgebiet. Nach Einreichung eines weiteren Lageplans wiederholte der Beklagte seine Anfrage an das MLUR. Mit E-Mail vom 07.04.2011 teilte dieses dem Beklagten mit, dass die nunmehr errichtete Reithalle teilweise mit circa 7 Meter Breite (der östliche Teil der Halle) im Naturschutzgebiet liege.
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Mit Bescheid vom 04.04.2011 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Befreiung von den Verbotsvorschriften der NSG-VO für die Errichtung der Reithalle in der nachträglich beantragten Form ab. Der geänderte Standort der Reithalle befinde sich teilweise im Landschaftsschutzgebiet x und teilweise im Naturschutzgebiet „--“. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 der NSG-VO sei insbesondere die Errichtung baulicher Anlagen verboten. Unter dieses Verbot falle auch die errichtete Reithalle. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Verbot gem. § 6 Abs. 3 NSG-VO i.V.m. § 54 Abs. 2 LNatSchG a.F. bzw. § 67 Abs. 1 BNatSchG würden nicht vorliegen. Das Vorhaben diene weder dem öffentlichen Interesse noch würde die Durchführung der Verbotsvorschrift zu einer unzumutbaren Belastung führen. Es liege bereits eine rechtskräftige Baugenehmigung mit naturschutzrechtlichem Ausnahmebescheid für eine naturschonendere und zumutbare Errichtung der Reithalle vor.
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Mit Bescheid vom 11.04.2011 wurde der Bauantrag des Klägers vom 24.12.2010 abgelehnt. Die Ablehnung wurde mit der versagten naturschutzrechtlichen Befreiung begründet. Damit stünden dem Vorhaben öffentliche Belange entgegen im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegen, was zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit führe.
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Unter dem 20.04.2011 legte der Kläger gegen den naturschutzrechtlichen Versagungsbescheid Widerspruch ein. Die Reithalle sei aufgrund erheblicher Fehlleistungen des beauftragten Architekten nicht an dem zuvor genehmigten Standort errichtet worden, stehe jedoch nicht zum Teil in einem Naturschutzgebiet. Dies ergebe sich daraus, dass entsprechend der E-Mail vom 01.09.2009 die Naturschutzgebietsgrenze 47 Meter östlich der westlichen Gebäudekante des vorhandenen Stallgebäudes verlaufen würde. Aus den zum nachträglichen Genehmigungsantrag nachgereichten Lageplänen sei deutlich zu erkennen, dass die eingeräumten 47 Meter um genau 2,18 Meter unterschritten würden. Ein Bediensteter des Kreisbauamts habe zwischenzeitlich die Reithalle vermessen und mündlich mitgeteilt, dass diese nach dem Lageplan richtig stehe. Im Übrigen gehörten gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 der NSG-VO die entlang der Straße gelegenen Siedlungsbereiche nicht zum Naturschutzgebiet. Die Reithalle stehe hingegen auf befestigtem Boden im Siedlungsbereich.
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Auch aus einem Vergleich zwischen einer automatisierten Liegenschaftskarte (ALK) im Maßstab 1:2.500, in der das Naturschutzgebiet grün schraffiert dargestellt werde und dem Liegenschaftskataster, in der die streitgegenständliche Halle eingetragen ist, ergebe sich eindeutig, dass die Halle zwar genau an der Grenze zum Naturschutzgebiet errichtet worden sei, das Naturschutzgebiet aber nicht überbaut sei. Der Kläger hat ferner die ALK mit dem grün schraffierten Naturschutzgebiet auf den gleichen Maßstab vergrößert, in dem auch der Katasterauszug erstellt wurde (Maßstab 1:1.000) und die beiden Karten übereinandergelegt (Bl. 115 ff. der Verwaltungsakte). Der Vergleich zwischen den Karten zeige deutlich, dass die Naturschutzgebietsgrenze parallel zur Reithalle verlaufe.
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Auch anhand der Abgrenzungskarte zur NSG-VO im Maßstab 1:5.000 lasse sich nicht erkennen, dass der östliche Teil der Reithalle vom Geltungsbereich der NSG-VO erfasst werde. Der Grenzverlauf sei derart dick eingezeichnet, so dass eine genaue Bestimmung des Grenzverlaufes nicht möglich sei. Der Grenzverlauf sei mit einer Breite von einem Millimeter eingezeichnet, was tatsächlich fünf Metern entspreche. Bei Kartenunterlagen sei im Zweifel zu Gunsten eines Bauvorhabens zu entscheiden. Die Abgrenzungskarte sei auch ungenauer als die vorgelegte ALK.
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Hilfsweise würden auch die Voraussetzungen einer Befreiung von dem naturschutzrechtlichen Verbot vorliegen. Die Abweichung wäre mit den Belangen von Naturschutz- und Landschaftspflege vereinbar, da nur eine geringfügige Überbauung vorliege. Der Schutzzweck des Naturschutzgebietes wäre in keiner Weise beeinträchtigt. Eine gravierende Überformung der Landschaft ergebe sich durch den Bau der Reithalle nicht, Umweltverschmutzungen oder naturfremde Lärmbelastungen seien nicht zu erwarten. Die Reithalle werde zum Betrieb einer Reitschule genutzt und komme daher auch der Öffentlichkeit zugute. Die Versagung der Befreiung würde auch eine unzumutbare Härte bedeuten. Eine etwaige Verpflichtung zum Rückbau der Halle würde zu einer erheblichen finanziellen und tatsächlichen Belastung des Klägers führen. Mit der Mitteilung vom 01.09.2009 über den tatsächlichen Verlauf der Naturschutzgebietsgrenze sei ein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Klägers geschaffen worden. Ein etwaiger Irrtum bei der Mitteilung und eine tatsächlich andere Grenze des Naturschutzgebietes dürften nicht zu seinen Lasten gehen. Es sei ein Rechtsschein hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der Reithalle gesetzt worden.
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Der Kläger hat mit Schreiben vom 30.06.2011 das MLUR um eine Einschätzung gebeten, ob sich die Reithalle im Naturschutzgebiet befinde. Das MLUR teilte dem Kläger daraufhin mit, dass nach den vorliegenden Unterlagen, der Abgrenzungskarte für das Naturschutzgebiet „--“ im Maßstab 1:5.000 sowie der Flurkarte im Maßstab 1:1.000 eine Überschneidung vorliege. Der östliche Teil der Halle liege mit circa sieben Metern im Naturschutzgebiet. Das MLUR wies ferner darauf hin, dass für die Feststellung der Abgrenzung eines Naturschutzgebietes die analoge Originalkarte im Maßstab 1:5000 maßgeblich sei. Die gelte auch in Zweifelsfällen bei Abweichungen zwischen der analogen Originalkarte und digitalen Darstellungen.
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Mit Schreiben vom 20.07.2011 und 10.08.2011 ergänzte der Kläger sein Widerspruchvorbringen. Das von der Beklagten zuvor übersandte Kartenmaterial sei überprüft und auf den Maßstab 1:1.000 gebracht worden. Danach stelle sich die Grenze des Naturschutzgebietes anders dar als in der bisher vorliegenden ALK. Nach der Abgrenzungskarte zum Naturschutzgebiet liege die errichtete Reithalle tatsächlich teilweise in dem Naturschutzgebiet. Die Abgrenzungskarte sei jedoch nicht korrekt. Aus einem auf den Maßstab 1:1000 vergrößerten Auszug der Karte ergebe sich, dass sie die tatsächlichen Örtlichkeiten nicht richtig darstelle. Dies gelte unter anderem für die Gebäude als auch den Verlauf der Straße „..“. Die Fehler führten dazu, dass der Bestimmtheitsgrundsatz nicht eingehalten werde und die NSG-VO unter Abwägungsmängeln leide, da die tatsächlichen Örtlichkeiten bei der Planung nicht berücksichtigt wurden.
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Ferner stimme die Abgrenzungskarte nicht mit dem Textteil der NSG-VO überein. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 gehörten die entlang der Straßen gelegenen Siedlungsbereiche nicht zum Naturschutzgebiet. Bei einem Vergleich der Abgrenzungskarte mit der Flurkarte zeige sich eindeutig, dass der Siedlungsbereich zum Teil überplant wurde. Es bestehe eine Divergenz zwischen dem Textteil der Verordnung und der Abgrenzungskarte. Eine genaue Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze an dem streitgegenständlichen Standort sei daher nicht möglich. Es liege ein Verstoß gegen den aus Art. 20 GG abzuleitenden Bestimmtheitsgrundsatz vor. Eine Verordnung sei nicht bestimmt, wenn ihre Anordnungen unklar, unvollständig oder in sich widersprüchlich formuliert seien. Dazu gehöre bei einer Verordnung, die in einem bestimmten Gebiet Schutzpflichten begründen wolle, dass die Grenzen des Gebietes zweifelsfrei zu bestimmen seien. Es müsse für jedermann möglich sein, den räumlichen Geltungsbereich hinreichend sicher festzustellen. Eine Verordnung, die über ihren Geltungsbereich Zweifel aufkommen lasse, sei deshalb wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rechtssicherheit nichtig (mit Verweis auf OVG Schleswig, Die Gemeinde 1994, 164 ff.).
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Vorliegend müsse auch berücksichtigt werden, dass die ALK die Naturschutzgebietsgrenze an anderer Stelle ausweise und bei dem Beklagten als Arbeitsgrundlage diene. Die Unmöglichkeit zur genauen Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze folge auch aus der E-Mail vom 01.09.2009 mit der Angabe des Grenzverlaufs. Sofern selbst die Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde eine genaue Bestimmung des Grenzverlaufs nicht vornehmen könnten, führe dies zur Nichtigkeit der Verordnung. Jedenfalls werde die ALK, nach der sich die Reithalle nicht in dem Naturschutzgebiet befinde, den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz der NSG-VO gerecht. Denn die an der Straße gelegenen Siedlungsbereiche würden dort nicht vom Naturschutzgebiet erfasst. Da der Beklagte auch bei anderen Entscheidungen von diesem Grenzverlauf ausgegangen sei, bestehe zudem eine Selbstbindung der Verwaltung, die wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung auch im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen sei.
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Das Bestimmtheitsgebot werde auch nicht durch Bezugnahme auf § 19 Abs. 7 Nr. 2 LNatSchG gewahrt. Die Formulierung im Verordnungstext zur Erfassung der Siedlungsbereiche entlang der Straße sei keine grobe Beschreibung, die zeichnerisch näher dargestellt sei. Die Beschreibung sei vielmehr eindeutig und der Kartenteil viel zu ungenau.
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Unter dem 24.08.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass für die Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze allein die Abgrenzungskarte zur NSG-VO im Maßstab 1:5.000 maßgeblich sei. Mit dieser sei selbst aus der Sicht eines nicht sachkundigen objektiven Dritten eindeutig erkennbar dass sich die Reithalle teilweise innerhalb des Naturschutzgebietes befinde. Dies habe der Kläger in seinem Schreiben vom 20.07.2011 auch bestätigt. Die Grenze des Naturschutzgebietes verlaufe nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung auf der dem Gebiet der zugewandten Seite der roten Linie. Die Linienstärke sei daher nicht relevant.
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Unstimmigkeiten zwischen der Abgrenzungskarte und dem Textteil der Verordnung seien nicht feststellbar. Die Abgrenzung des Naturschutzgebietes werde in der Verordnung grob beschrieben und in der Abgrenzungskarte zeichnerisch dargestellt. Der Farbausdruck der ALK im Maßstab 1:1.000 stamme aus einem behördeninternen EDV-Programm und diene lediglich als grobe Übersicht für interne Zwecke, aber nicht als verbindliche Arbeitsgrundlage zur Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze. Es bestehe keine Selbstbindung dahingehend, die ALK anzuwenden. Die Karte sei auch mit dem ausdrücklichen Hinweis ausgehändigt worden, dass sie für die Beurteilung der Gebietsgrenze nicht maßgeblich sei. Daher sei auch kein Rechtsschein für deren Verbindlichkeit gesetzt worden.
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Auch die E-Mail vom 01.09.2009 könne nicht dafür verantwortlich sein, dass der Kläger mit dem Bau der Reithalle vor Erteilung einer entsprechenden Genehmigung begonnen habe. Die E-Mail sei im Zusammenhang mit dem Antrag des Klägers auf Erteilung eines baurechtlichen Vorbescheides versandt worden, damit dieser den Standort der Reithalle planen könne. Eine Aussage während des Bauvorbescheidverfahrens berechtige nicht zum vorzeitigen Baubeginn. Mit der E-Mail sei dem Kläger nicht garantiert worden, dass die Reithalle an dieser Stelle auch tatsächlich genehmigungsfähig sei. Sie habe lediglich dem weiteren Bearbeitungsverfahren und Anpassen der Antragsunterlagen gedient. Daraufhin habe der Kläger am 02.09.2009 einen geänderten Lageplan eingereicht, welcher von der unteren Naturschutzbehörde geprüfte wurde. Dem geänderten Standort sei zugestimmt worden. Der geänderte Lageplan sei Bestandteil des Bauvorbescheides vom 05.10.2009 geworden. Die Lage der errichteten Reithalle entspreche aber nicht dem Lageplan zum Bauvorbescheid. Ferner sei die Aussage der E-Mail mit dem bestandskräftigen Ausnahmebescheid der unteren Naturschutzbehörde vom 05.12.2009, welcher der Baugenehmigung vom 14.12.2009 als Anlage beigefügt war, berichtigt worden. In diesem Bescheid sei der Kläger ausdrücklich auf das unmittelbar angrenzende Naturschutzgebiet aufmerksam gemacht und die an die Reithalle angrenzende Schutzgebietsgrenze im Lageplan deutlich dargestellt worden.
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Die errichtete Reithalle stelle eine bauliche Anlage dar. Ihre Errichtung verstoße daher gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 der NSG-VO. Die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 6 Abs. 1, Abs. 3 NSG-VO i.V.m. § 54 Abs. 2 LNatSchG a.F. (§ 67 BNatSchG n.F.) seien nicht erfüllt. Eine Befreiung aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.d. § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei nicht notwendig. Sofern überhaupt davon ausgegangen werden könne, dass die Reithalle dem öffentlichen Interesse diene, könne diesem auch ohne Befreiung Rechnung getragen werden. Die Errichtung der Reithalle sei schließlich außerhalb des Naturschutzgebietes auf dem betreffenden Flurstück und damit naturschonender möglich. Entsprechende Genehmigungen seien bereits erteilt worden. Die Durchführung der Verbotsvorschrift führe auch nicht zu einer unzumutbaren Belastung gem. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Eine solche liege bei unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen vor. Vorliegend sei die Grenze der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht überschritten. Dem Kläger sei bereits eine naturschutzrechtliche Zulassung für die Errichtung der Reithalle erteilt worden. Eine Prüfung der Vereinbarkeit mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege sei daher nicht mehr notwendig.
- 24
Der Kläger hat am 19.09.2011 Klage erhoben. Er behauptet, dass er seinen Architekten nach der Auskunft in der E-Mail vom 01.09.2009 mit der Überarbeitung der Pläne beauftragt habe. Dieser sollte die Pläne bei dem Beklagten einreichen und den Baugenehmigungsantrag ändern. Der Architekt habe die Pläne angefertigt, jedoch nur dem Kläger zukommen lassen. Sowohl der Antrag bei dem Beklagten als auch die Anzeige der geänderten Planungen seien nicht erfolgt. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Aussage in der E-Mail habe der Kläger noch vor Erteilung der Baugenehmigung mit dem Ausheben der Fundamente begonnen. Er sei davon ausgegangen, dass sich die am 14.12.2009 erteilte Baugenehmigung und die am 02.12.2009 erteilte naturschutzrechtliche Genehmigung auf die geänderten Pläne beziehen würden. Der Architekt habe es unterlassen, den Kläger über den „Falschbau“ zu unterrichten.
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Unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren führt der Kläger aus, dass ihm ein Anspruch auf Befreiung gem. § 61 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 LNatSchG zustehe. Eine Ausnahmegenehmigung sei nicht erforderlich, müsste gegebenenfalls aber erteilt werden.
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Der geänderte Standort der Reithalle liege nicht im Naturschutzgebiet. Es würden die gleichen Gegebenheiten wie bei dem ursprünglichen Standort vorliegen. Legte man allein die Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 zu Grunde, verliefe die Naturschutzgebietsgrenze tatsächlich durch die Reithalle. Die Karte sei jedoch fehlerhaft, ungenau, widersprüchlich und genüge nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Zunächst sei der Abgrenzungsmaßstab von 1:5.000 zu hoch angesetzt, um eine genaue Abgrenzung der streitgegenständlichen Grenze vorzunehmen. Wenn die Abgrenzungskarte der Konkretisierung der Satzung dienen solle, müsse sie genauer sein als die grobe Beschreibung in der Satzung. Weiter zeige der Vergleich zwischen der Abgrenzungskarte mit der Flurkarte (Anlage K 7), dass der in der Flurkarte gestrichelt dargestellte Siedlungsbereich zum Teil mit dem Naturschutzgebiet überplant worden sei. Damit bestehe eine Divergenz zwischen dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO und der Abgrenzungskarte, auf die § 2 Abs. 2 Satz 1 NSG-VO verweise. Auch hieraus ergebe sich ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da eine zweifelsfreie Bestimmung der Grenze nicht möglich sei. Die Verordnung sei daher unwirksam. Die Reithalle liege auch im Siedlungsbereich gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO.
- 27
Ferner sei für die Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze die ALK maßgeblich, wonach die Reithalle nicht im Naturschutzgebiet belegen sei. Sie diene als Arbeitsgrundlage des Beklagten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum diese Karte im Vergleich zu ungenaueren und veralteten Abgrenzungskarte nicht als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden könne. Die Liegenschaftskarte entspreche dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO, da dort das Siedlungsgebiet nicht vom dem Naturschutzgebiet umfasst werde. Auch aus weiteren Karten (amtliche Karte nach der VermKatV S-H, Flurkarte im Maßstab 1:1000) und deren Vergleich miteinander ergebe sich, dass die Reithalle genau an der Grenze zum Naturschutzgebiet erbaut worden sei.
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Selbst wenn die Verordnung noch dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen sollte, gelte die Zweifelsregelung in § 19 Abs. 7 Satz 2, 2. Hs. LNatSchG, wonach Flächen im Zweifel als nicht betroffen gelten. Aufgrund der aufgezeigten Zweifel in der Abgrenzungskarte, insbesondere unter Beachtung des Maßstabes von 1:5.000 habe der Standort der Reithalle als vom Naturschutzgebiet nicht betroffen zu gelten.
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Hilfsweise seien die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 BNatSchG erfüllt. Die Belange des Klägers würden die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege überwiegen. Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses seien auch Interessen wirtschaftlicher und sozialer Art zu berücksichtigen. Die Reithalle führe zu einer Steigerung der Attraktivität der Gegend. Ferner würden auch Interessen sozialer Art befriedigt, indem reitsportinteressierten Bewohnern die Teilnahme am Reitsport auch bei schlechtem Wetter ermöglicht werde. Die Reithalle habe zudem einen starken Bezug zur Natur. Die unzumutbare Härte i.S.d. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ergebe sich im Falle eines Rückbaus der Reithalle mit den damit verbundenen Kosten, obwohl nur eine marginale Beeinträchtigung des Naturschutzes vorliege. Ferner müssten im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die genannten Aspekte des durch die E-Mail erzeugten Rechtsscheins und der mangelnden Bestimmtheit der Naturschutzgebietsgrenze berücksichtigt werden.
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Der Kläger beantragt wörtlich,
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unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 04.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landrats des Kreises vom 24.08.2011 den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die für die beantragte Baugenehmigung nötige naturschutzrechtliche Befreiung von den Vorschriften des LNatSchG zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Grundlage für die Aussage in der E-Mail vom 01.09.2009 sei nicht eine ALK, sondern eine auf den Maßstab 1:3.000 vergrößerte amtliche topographische Karte (ursprünglicher Maßstab 1:5.000) mit der dort enthaltenen Darstellung der Naturschutzgebietsgrenze gewesen.
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Der Architekt des Klägers habe es während des Genehmigungsverfahrens unterlassen, geänderte Planungsunterlagen einzureichen oder geänderte Planungsbedingungen anzuzeigen. Der Beklagte müsse die zuletzt eingereichten Unterlagen zur Genehmigung heranziehen. Ein neuer Bauantrag hätte vom Kläger unterschrieben werden müssen. Es könne nicht nachvollzogen werden, warum der Kläger davon ausgegangen sei, dass es sich um die Baugenehmigung auf der Grundlage der vom Architekten geänderten Pläne gehandelt habe.
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Dem Kläger sei auf seinen ausdrücklichen Wunsch das Luftbild mit eingeblendeter - vom LLUR digitalisierter - Naturschutzgebietsgrenze im Maßstab 1:1000 ausgehändigt worden (Anlage K 5). Er sei dabei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass dieser Ausdruck nicht für die Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze maßgeblich sei. Aufgrund dieses Hinweises habe der Kläger nicht darauf vertrauen können, dass das Naturschutzgebiet durch die errichtete Reithalle nicht überbaut würde.
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Unstimmigkeiten zwischen der Abgrenzungskarte und dem Textteil der NSG-VO - insbesondere im Hinblick auf die Lage der Siedlungsbereiche - seien nicht feststellbar. Der Maßstab 1:5.000 sei bei der Ausweisung von Naturschutzgebieten üblich.
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Die Durchführung der Verbotsvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NSG-VO führe auch nicht zu einer unzumutbaren Belastung i.S.d. § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Dies gelte auch in Anbetracht von Kosten in Höhe von mehreren zehntausend Euro für einen etwaigen Rückbau. Vorliegend sei kein von der Lage anderer Eigentümer im Naturschutzgebiet verschiedenes Sonderinteresse des Klägers ersichtlich. Die Lage des Klägers sei eine typische Folge des Bauverbots aus der NSG-VO und daher kein Sonderopfer. Zudem fehle es am alleinigen Ursachenzusammenhang zwischen dem Verbot der NSG-VO und der behaupteten Sondersituation. Der Schaden durch die tatsächliche und finanzielle Belastung resultiere nicht allein aus der Versagung der Befreiung, sondern vielmehr aus der ungenehmigten Errichtung der Reithalle durch den Kläger. Die Erteilung einer Befreiung könnte zudem zu einer negativen Vorbildfunktion für andere Bauherren führen.
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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung seinen Vortrag weiter ergänzt. Er wiederholt und vertieft seine Ansicht, dass die Grenzen des Siedlungsbereiches im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO unstreitig in der als Anlage K 7 eingereichten Karte dargestellt seien. Es sei nicht bestritten worden, wo ansonsten die Grenze des Siedlungsbereiches verlaufen würde und was ansonsten mit der gestrichelten Linie auf der Karte bezeichnet sein solle. Es treffe im Übrigen nicht zu, dass die Abgrenzungskarte das Naturschutzgebiet genau bezeichne und innerhalb der dort dargestellten Grenzen der Siedlungsbereich daher nicht liegen könne. Es liege vielmehr ein offensichtlicher Widerspruch zwischen dem Textteil der Satzung und der in Bezug genommenen Abgrenzungskarte vor, welcher zur Unwirksamkeit der Planung führe. Es treffe auch nicht zu, dass der Begriff „Siedlungsbereich“ lediglich unbestimmt sei und nicht mehr als eine vage Andeutung beinhalte. Bei einer solchen Auslegung wäre der Satz „Nicht zum Naturschutzgebiet gehören die entlang der Straße gelegenen Siedlungsbereiche.“ ohne jegliche Bedeutung. Der Satzungsgeber habe mit dieser Formulierung das Ziel verfolgt, ein konkretes Gebiet, welches in Karten eindeutig erfasst sei, vom Naturschutzgebiet auszunehmen. Der Begriff „Siedlungsbereich“ werde durch die bei dem Erlass der NSG-VO bereits vorhandenen kartographischen Abgrenzungen konkretisiert. Die Siedlungsbereich würde sich jedoch nicht aus der Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5000 ergeben. Nach der Formulierung der Satzung würden in der Abgrenzungskarte gem. § 2 Abs. 2 ausschließlich die Grenzen des Naturschutzgebietes festgelegt, nicht jedoch bestehende Grenzen des Siedlungsbereiches geändert. Sofern bei der Satzungsplanung von vornherein überhaupt nicht klar gewesen wäre, wo die Siedlungsbereichsgrenzen verliefen, wäre die Satzung von vornherein hinsichtlich der planerischen Zielsetzung zu unbestimmt und daher unwirksam. Die genannte Satzungsformulierung lege es ferner nahe, dass die Siedlungsgebiete gegebenenfalls auch trotz einer entgegenstehenden Abgrenzungskarte nicht zum Naturschutzgebiet gehören sollten. Während in der Formulierung zuvor lediglich die Grenzverläufe des Naturschutzgebietes textlich dargestellt worden seien, seien die Siedlungsgebiete ausdrücklich vom Geltungsbereich des Naturschutzgebietes herausgenommen worden, in welchem sie dann durchaus zum Teil oder auch ganz liegen könnten. Die Siedlungsbereiche würden eindeutig in der ALK dargestellt. Sie seien auch zum Zeitpunkt der Satzungserstellung eindeutig in Karten entsprechend der heutigen Darstellung in der Anlage K 7 oder der ALK erfasst gewesen (Beweis: Beziehung der Planungsakten zur Naturschutzgebietssatzung „--“). Die Abgrenzungskarte weise daher Teile der Siedlungsbereiche fehlerhaft als Naturschutzgebiet aus. Ausgerechnet an der vorliegend streitigen Stelle sei der Siedlungsbereich durch die Abgrenzungskarte um wenige Meter überschnitten worden. Es sei ferner offensichtlich, dass die Ersteller der ALK den Widerspruch der Satzung erkannt hätten. Sie hätten wegen des Verstoßes der Abgrenzungskarte gegen den Textteil die Grenze des Naturschutzgebietes in der ALK entsprechend angepasst, so dass sie nicht durch den dargestellten Siedlungsbereich verlaufe.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die Entscheidung ergeht aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gem. § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch den Berichterstatter.
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II. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 04.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2011 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung der beantragten Reithalle an dem streitgegenständlichen Standort.
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Die Reithalle liegt teilweise im Geltungsbereich des Naturschutzgebietes „--“ und unterliegt dem Errichtungsverbot gem. § 4 Abs. 2 Nr. 5 NSG-VO (1.). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung von dem Errichtungsverbot (2.).
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1. Die streitgegenständliche Reithalle befindet sich teilweise im Geltungsbereich des Naturschutzgebietes „--“. Der Geltungsbereich des Naturschutzgebietes ist in § 2 der Verordnung (Landesverordnung über das Naturschutzgebiet „--“ v. 01.11.1999, GVOBl. S-H 1999, S. 401) wie folgt definiert:
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„(1) Das Naturschutzgebiet ist rund 70 ha groß und umfasst den durch den Anstau der H entstandenen nördlichen Teil des Teiches mit den ihn umgebenden und nördlich anschließenden landwirtschaftlich genutzten und ungenutzten Flächen. Das Gebiet wird im Wesentlichen begrenzt durch die Straßen P-Straße im Westen, H-Straße im Norden, Binnenkamp und R Straße im Osten sowie den Wanderweg F-Straße im Süden. Nicht zum Naturschutzgebiet gehören die entlang den Straßen gelegenen Siedlungsbereiche. In der dieser Verordnung als Anlage beigefügten Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000 ist die Grenze des Naturschutzgebietes schwarz punktiert dargestellt.
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(2) Die Grenze der Karte des Naturschutzgebietes ist in der Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 rot eingetragen. Sie verläuft auf der dem Gebiet zugewandten Seite der roten Linie. [...]. Die Karte ist Bestandteil dieser Verordnung. [...].“
- 47
Die Festlegung des Geltungsbereiches des Naturschutzgebietes beziehungsweise die Definition seiner Grenze unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Festlegungen genügen dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Bestimmtheitsgebot und sind nicht in sich widersprüchlich.
- 48
Enthält eine Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebietsverordnung grundstücksbezogene, repressive und präventive Verbote ist es aufgrund rechtsstaatlicher Grundsätze notwendig, dass von möglicherweise betroffenen Grundstückseigentümern anhand der verkündeten Abgrenzungskarte präzise ermittelt werden kann, ob und inwieweit ein bestimmtes Grundstück vom räumlichen Geltungsbereich der Verordnung erfasst wird. Es gilt das rechtsstaatliche Gebot unbedingter Klarheit und Nachprüfbarkeit des räumlichen Geltungsbereichs eines Schutzgebietes (vgl. Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, 108. EL 2012, § 22 Rn 35 m.w.N.; VGH Hessen, Urt. v. 07.10.2004 - 4 N 3101/00, zitiert nach juris; Urt. v. 26.09.1996 - 6 UE 68/92 - zitiert nach juris;). Verfassungsrechtlich geboten ist aber nicht eine „Bestimmtheit um jeden Preis“, sondern eine auch unter Berücksichtigung der praktischen Handhabung (vgl. BVerfGE 49, 89, 137) in der Weise ausreichende Bestimmtheit, die eine willkürliche Behandlung durch Behörden oder Gerichte ausschließt (BVerwG, Urt. v. 16.06.1994 - 4 C 2/94 -, zitiert nach juris; vgl. VGH München, Urt. v. 18.05.1999 - 9 N 97/2491 -, zitiert nach juris).
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen Schutzgebietsverordnungen die Abgrenzung des Schutzgebiets entweder a) wenn es sich mit Worten eindeutig erfassen lässt, in ihrem Wortlaut umreißen, oder b) durch eine als Anlage im Verkündungsblatt beigegebene Landkarte genau ersichtlich machen, oder c) bei bloß grober Umschreibung im Wortlaut durch Verweisung auf eine an der zu benennenden Amtsstelle niedergelegte und dort in den Dienststunden für jedermann einsehbare Landkarte, deren archivmäßige Verwahrung zu sichern ist, angeben (BVerwG, Urt. v. 27.01.1967 - IV C 105/65 - NJW 1967, 1244; BVerwG, Beschl. v. 20.04.1995 - 4 NB 37/94 - Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 8; BVerwG, Urt. v. 31.01.2001 - 6 CN 2/00 -, zitiert nach juris; Meßerschmidt, Kommentar zum BNatSchG, 108. EL 2012, § 22 Rn 35 m.w.N.). Dieser Rechtsprechung hat sich auch das OVG Schleswig angeschlossen (Beschl. v. 20.09.2000 - 2 K 12/99 - nicht veröffentlicht).
- 50
Entsprechend den Vorgaben der vorgenannten Rechtsprechung bestimmte § 53 Abs. 7 Satz 1 LNatSchG a.F. in der zum Zeitpunkt des Erlasses der NSG-VO „--“ gültigen Fassung, dass die Abgrenzung eines Schutzgebietes in der Verordnung 1.) im Einzelnen zu beschreiben oder 2.) grob zu beschreiben und zeichnerisch in Karten darzustellen, die a) als Bestandteil der Verordnung im jeweiligen Verkündungsblatt abgedruckt werden oder b) als Ausfertigungen bei den zu benennenden Naturschutzbehörden, den Ämtern und amtsfreien Gemeinden eingesehen werden können. Satz 2 bestimmte zudem, dass die Karten nach Nummer 2 in hinreichender Klarheit erkennen lassen müssen, welche Grundstücke zum Schutzgebiet gehören; bei Zweifeln gelten die Flächen als nicht betroffen. Die Regelung in § 53 Abs. 7 LNatSchG a.F. entspricht der Rechtslage in § 19 Abs. 7 LNatSchG v. 24.02.2010 (GVOBl. S-H. S. 301).
- 51
Sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als auch nach der Rechtsprechung des OVG Schleswig genügt eine Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 in Verbindung mit einer groben textlichen Umschreibung den rechtsstaatlichen Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot für die Bestimmung der Grenze eines Landschaftsschutz- bzw. Naturschutzgebietes (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2001 - 6 CN 2/00 -, zitiert nach juris; OVG Schleswig, Urt. v. 31.10.1995 - 1 K 5/95 -, zitiert nach juris; Urt. v. 31.01.1997 - 1 K 7/95 - Rn 158 f., zitiert nach juris; so auch: VGH Hessen, Beschl. v. 08.05.2003 - 3 N 2454/93 - Rn 26, zitiert nach juris; VGH München Urt. v. 18.05.1999 - 9 N 87/2491 -, zitiert nach juris). Die streitgegenständliche Abgrenzungskarte genügt mit ihrem gewählten Maßstab von 1.5000 diesen Anforderungen.
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Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers zitierten Entscheidung des OVG Schleswig vom 08.05.2003 (1 KN 9/02). In der genannten Entscheidung wurde die Anwendung der Zweifelsregel gem. § 53 Abs. 7 Satz 2 LNatSchG a.F. wegen der Stärke der Abgrenzungslinie bei einer Schutzgebietsausweisung durch eine Abgrenzungskarte im Maßstab 1:25.000 bestätigt. Die Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall in diesem Punkt daher nicht anwendbar.
- 53
Für die Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze sind entgegen der klägerischen Auffassung allein die Karten maßgeblich, die Bestandteil der Verordnung geworden sind. Dies ist im Wesentlichen und vorliegend auch in entscheidendem Maße die Abgrenzungskarte im Maßstab 1.5.000, welche gem. § 2 Abs. 2 Satz 4 NSG-VO Bestandteil der Verordnung ist. Die Heranziehung anderer Karten, wie zum Beispiel einer Karte aus dem automatisiertem Liegenschaftskataster, würde nicht nur den Vorgaben des § 2 NSG-VO widersprechen, sondern auch einen Verstoß gegen § 19 Abs. 7 Satz 1 LNatSchG 2010 bzw. § 53 Abs. 7 Satz 1 LNatSchG a.F. bedeuten. Danach müssen die Karten, welche die Grenze eines Naturschutzgebietes darstellen, entweder als Bestandteil der Verordnung im jeweiligen Verkündungsblatt abgedruckt werden oder als Ausfertigungen bei den zu benennenden Naturschutzbehörden etc. eingesehen werden können. Entscheidend für die Beurteilung der Schutzgebietsgrenze ist die Verkündung der Schutzerklärung (so auch Meßerschmidt, a.a.O., § 22 Rn 34). Keine der von dem Kläger vorgelegten Karten, die zum Teil eine andere Naturschutzgebietsgrenze ausweisen, genügt diesen Anforderungen.
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Aus dem systematischen Zusammenhang der Beschreibung des Geltungsbereiches in § 2 NSG-VO und dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 NSG-VO folgt zudem, dass für die Bestimmung der Grenze des Naturschutzgebietes allein und abschließend die Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 heranzuziehen ist. Die in § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 NSG-VO vorgenommene textliche Umschreibung dient lediglich der Umsetzung der Vorgabe zur groben Beschreibung des Grenzverlaufs aus § 53 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 lit. a) LNatSchG a.F.
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Auch die Formulierung in Satz 3, wonach die entlang der Straßen gelegenen Siedlungsbereiche nicht zum Naturschutzgebiet gehören, ist eine grobe Beschreibung in diesem Sinne. Der Begriff „Siedlungsbereich“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff aus dem Raum-planungsrecht und beschreibt einen aus einem oder mehreren Gemeindeteilen bestehenden Bereich, in dem sich die Siedlungstätigkeit über die Eigenentwicklung der Gemeinde hinaus (überörtliche Ansiedlung) oder zur örtlichen Konzentration der Eigenentwicklung vorrangig vollziehen soll. Ein Siedlungsbereich setzt dem Wortsinne nach das Vorhandensein von baulichen oder sonstigen Anlagen bzw. Flächen voraus, die der Unterkunft oder der menschlichen Betätigung im weitesten Sinne dienen. Der Begriff findet sich beispielweise in § 6 Abs. 4 Satz 3 Landesentwicklungsgrundsätzegesetz, das im Übrigen den Begriff Siedlungsfläche verwendet, wie auch § 7a Abs. 4 Landesplanungsgesetz.
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Entgegen der klägerischen Auffassung bestimmt die in der Abgrenzungskarte dargestellte Grenze auch die äußere Grenze des Siedlungsbereichs auf dem streitgegenständlichen Flurstück. Unabhängig von der Frage, ob die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vertretene Auffassung zutrifft, dass die auf der amtlichen Flurkarte im Maßstab 1:1.000 (Anlage K 7) eingezeichnete gestrichelte Linie die Abgrenzungen eines Siedlungsbereiches darstellt, kann aus dem bereits genannten Grund auf diese Karte zur Bestimmung der Naturschutzgebietsgrenze und damit auch zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs insgesamt nicht zurückgegriffen werden.
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Unabhängig von der einzelnen Formulierung bei der groben Beschreibung des Geltungsbereichs des Naturschutzgebiets in § 2 Abs. 1 NSG-VO, also der Verwendung der Begriffe der wesentlichen Begrenzung in § 2 Abs. 1 Satz 2 oder der Ausnahme in § 2 Abs. 1 Satz 3, dient § 2 NSG-VO aufgrund seiner amtlichen Überschrift „Geltungsbereich“ insgesamt der Festlegung der Grenzen des Naturschutzgebiets. Für die Bestimmung der Grenzen eines Schutzgebietes kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Grenzen wörtlich als solche beschrieben sind und damit positiv definiert werden oder ob einzelne Bereich bzw. Gebiete hiervon ausgenommen werden. Durch die Herausnahme eines Bereiches bzw. Gebietes wird die Grenze lediglich negativ definiert.
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Die abschließende Festlegung der Naturschutzgebietsgrenze und damit auch die Konkretisierung der groben - positiven und negativen - wörtlichen Beschreibung gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 NSG-VO erfolgt durch die Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NSG-VO. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zu folgern, dass die genaue Begrenzung bei einer Naturschutz- und Landschaftsschutzverordnung durch formale Darstellungen, namentlich genaue Beschreibung des Grenzverlaufs, katastermäßige Bezeichnungen oder der Grenzlinie in einer Karte vorzunehmen ist. Die ausschließliche Beschreibung der Grenze bzw. des Geltungsbereiches durch unbestimmte Rechtsbegriffe genügt insoweit nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1994 - 4 C 2/94 - Rn 14 zitiert nach juris; Meßerschmidt, a.a.O., § 22 BNatSchG Rn 41).
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Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des OVG Schleswig, wonach die Regelung einer Landschaftsschutzverordnung, die aus ihrem Geltungsbereich die „im Zusammenhang bebauten Ortsteile“ ausnimmt, dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit genügt (Urt. v. 10.11.2009 - 1 LA 41/09 - zitiert nach juris; vgl. Meßerschmidt. a.a.O. mit Verweis auf andere obergerichtliche Entscheidungen, wonach Landschaftsschutzverordnungen, welche im Zusammenhang bebaute Ortsteile und bebauungsrechtlich überplante Bereich pauschal von ihrem Geltungsbereich ausnehmen, für zu unbestimmt gehalten wurden). Den Urteilsgründen lässt nicht entnehmen, dass die Grenzen der in Rede stehenden Landschaftsschutzverordnung von 1965 neben einer textlichen Umschreibung auch durch eine Abgrenzungskarte festgelegt waren. Die Entscheidung enthält daher keine Aussage dazu, dass eine grobe wörtliche Beschreibung gegenüber einer zeichnerischen Darstellung Vorrang genießt. Darüber hinaus wohnt dem Begriff „Siedlungsbereich“ ein wesentlich höheres Maß an Unbestimmtheit als dem aus § 34 BauGB entlehnten Begriff des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils“ inne, welcher durch die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hinreichend konkretisiert wurde.
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Unter Zugrundelegung der aufgeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können der Geltungsbereich eines Naturschutzgebiets und damit auch sein Grenzverlauf nicht allein durch die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „Siedlungsbereich“ bestimmt werden. Die Verwendung einer Abgrenzungskarte war im vorliegenden Fall zwingend erforderlich. Deren Grenzziehung ist maßgeblich.
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Ein rechtstaatlicher Mangel an Bestimmtheit läge vielmehr nur dann vor, wenn sich die grobe wörtliche Beschreibung und die zeichnerische Festsetzung der Gebietsgrenze widersprechen würden. Bei einem Widerspruch zwischen verbaler und zeichnerischer Darstellung gilt die für den Normadressaten günstigere Auslegung bzw. ist die Verordnung (teil)nichtig (vgl. Meßerschmidt, a.a.O., § 22 BNatSchG Rn 42 und 46 jeweils m.w.N.; Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, 2. Auflage 2003, § 22 BNatSchG Rn 10 m.w.N.).
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Ein solcher Widerspruch ist vorliegend weder offensichtlich noch ergibt sich unter genauer Betrachtung der textlichen und zeichnerischen Darstellungen zur Bestimmung des Geltungsbereichs des Naturschutzgebietes. Die Naturschutzgebietsgrenze verläuft im streitgegenständlichen Gebiet östlich entlang der in der Karte dargestellten Gebäude. Auch die nördlich des klägerischen Grundstücks belegenen baulichen Anlagen sind deutlich vom Geltungsbereich der Naturschutzgebietsgrenze ausgenommen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Verordnungserlasses unzutreffend wiedergegeben wurden. Eine vergleichbare Darstellung wie bei dem streitgegenständlichen Flurstück findet sich im Übrigen bei dem Grenzverlauf des Schutzgebietes im nördlichen Bereich entlang der Nachtkoppel und im westlichen Bereich entlang der Straße B. Auch hier verläuft die zeichnerisch dargestellte Naturschutzgebietsgrenze in der Nähe von baulichen Anlagen und Siedlungsbereichen und konkretisiert zugleich die Ausnahme nach § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO. Ein die Nichtigkeit der Verordnung begründender Widerspruch läge nur dann vor, wenn die zeichnerische Grenze das Vorhandensein eines Siedlungsbereiches grundsätzlich in Frage stellen würde. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Schutzgebietsgrenze die dargestellten baulichen Anlagen überlagern würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Ziel des Verordnungsgebers, die im Zeitpunkt des Verordnungserlasses entlang der Straßen gelegenen Siedlungsbereiche vom Geltungsbereich der Verordnung auszunehmen, wird durch die zeichnerische Darstellung erreicht.
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Die abschließende Heranziehung der Abgrenzungskarte gerade im Zusammenhang mit der Bestimmung eines Siedlungsbereichs entlang der Naturschutzgebietsgrenze verhindert vielmehr die willkürliche Handhabung der Naturschutzgebietsverordnung durch die Behörden und Gerichte (vgl. zu dem Aspekt der willkürlichen Handhabung BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, a.a.O. und OVG Schleswig, Beschl. v. 10.11.2009 - 1 LA 41/09). Wäre nicht die Karte, sondern allein die begriffliche Darstellung „Siedlungsbereich“ für die Bestimmung des Geltungsbereiches maßgeblich, führte dies zu einem Maß an Unbestimmtheit hinsichtlich der Schutzgebietsgrenze, welches mit den Zielen der Schutzgebietsausweisung nicht zu vereinbaren wäre. Der Begriff „Siedlungsbereich“ ist in erheblichem Umfang der Auslegung und tatsächlichen Veränderung zugänglich. Die Grenzen eines Naturschutzgebietes sind jedoch der dynamischen Veränderung infolge tatsächlicher Veränderungen nicht zugänglich. Die Änderung der Schutzgebietsgrenzen kann nur durch den Verordnungsgeber erfolgen. Die Abgrenzungskarte bestimmt daher nicht nur die Grenze des Naturschutzgebietes, sondern auch die Begrenzung des Siedlungsbereiches i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO. Es würde dem rechtstaatlichen Bestimmtheitsgebot vielmehr widersprechen und eine willkürliche Handhabung der NSG-VO ermöglichen, wenn Teile des Siedlungsbereichs innerhalb der zeichnerischen Darstellung des Naturschutzgebietes liegen würden, aber nicht von dessen Geltungsbereich erfasst wären.
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Auch wenn es nach den vorstehenden Ausführungen nicht entscheidungserheblich ist, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber bei der Bestimmung in § 2 Abs. 1 Satz 3 NSG-VO die in anderen Karten vermeintlich dargestellten Siedlungsbereiche heranziehen wollte. Der Verordnungsgeber hätte diese Karten oder eine diesen Karten entsprechende Darstellung im Übrigen zum Inhalt der Verordnung machen müssen. Eine entsprechende Heranziehung würde aus den bereits genannten Gründen den Regelungen der NSG-VO und des LNatSchG widersprechen.
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Darüber hinaus kann nicht davon ausgegangen werden, dass die gestrichelten Linien in den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers wiederholt herangezogenen Karten (Flurkarte, automatisierte Liegenschaftskarte etc.) die Grenze eines rechtlich definierten Siedlungsbereiches darstellen sollen. In den dem Automatisierten Liegenschaftskataster zugrunde liegenden rechtlichen Vorgaben findet sich keine amtliche zeichnerische Festsetzung für den Begriff „Siedlungsbereich“. Eine solche Festsetzung findet sich weder in den Anlagen zur Technischen Anweisung für die technischen Arbeiten im Liegenschaftskataster des Landes Schleswig-Holstein, den Anlagen zu den Anweisungen für die verwaltungsmäßigen Arbeiten bei der Führung, Fortführung und Erneuerung des Liegenschaftskatasters des Landes Schleswig-Holstein, noch in der Planzeichenverordnung, der Zeichenerklärung für die Deutsche Grundkarte, in den Übersichtskarten zum Landesentwicklungsplan für das Land Schleswig-Holstein von 2010, in der Übersichtskarte zum Regionalplan Planungsraum I (südliches Schleswig-Holstein, u.a. mit dem Kreis) von 1998 und vor allem nicht in der ALKIS-Legende (ALKIS = Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem) der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder und der Bundesrepublik Deutschland.
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Im Übrigen handelt es sich bei der Bestimmung der Grenzen des Siedlungsbereichs im vorliegend relevanten Zusammenhang mit der Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze gem. § 2 NSG-VO um eine im Wege der Auslegung zu klärende Rechtsfrage. Die Annahme, der Siedlungsbereich werde in den diversen vorgelegten Karten für die Anwendung von § 2 NSG-VO verbindlich festgelegt, ist keine Tatsachenfrage und kann somit auch nicht mangels Bestreitens durch den Beklagten „unstreitig“ werden.
- 67
Unter Zugrundlegung der Abgrenzungskarte im Maßstab 1:5.000 und den zum geänderten Standort eingereichten Lageplänen befindet sich die Reithalle mit circa sieben Metern Breite (östlicher Teil der Reithalle) im Naturschutzgebiet. Dies ergibt sich auch aus dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten, sowie den Auskünften des MLUR. Aufgrund des Überschreitens der Naturschutzgebietsgrenze unter Beachtung der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 NSG-VO und der hinreichenden Bestimmtheit der zeichnerisch festgelegten Naturschutzgebietsgrenze ist für die Anwendung der Zweifelsregel in § 19 Abs. 7 Satz 2, 2. Hs. LNatSchG 2010 (§ 53 Abs. 7 Satz 2, 2. Hs. LNatSchG a.F.) kein Raum.
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Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung i.V.m. Art 3 Abs. 1 GG auf Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze aus den von ihm vorgelegten Karten, wonach sich die Reithalle nicht im Naturschutzgebiet befinden soll. Unabhängig von der Frage, ob der Beklagte die vorlegten Karten tatsächlich zur Beurteilung der Naturschutzgebietsgrenze heranzieht und damit eine entsprechende Verwaltungspraxis begründet, verstieße eine solche Praxis gegen § 2 NSG-VO und § 19 Abs. 7 LNatSchG 2010 (§ 53 Abs. 7 LNatSchG) und wäre ohne vorherige Änderung der NSG-VO rechtswidrig. Die Berücksichtigung einer Verwaltungspraxis über den Gleichbehandlungsgrundsatz setzt voraus, dass die Verwaltungspraxis ihrerseits rechtmäßig ist, da Art. 3 Abs. 1 GG kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht gewährt (Vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.06.1993 - 1 BvR 390/89 -, NVwZ 1994, 475 f.; Ruffert, in: Knack/Hennecke, VwVfG, 9. Auflage 2010, § 40 Rn 66 m.w.N.).
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2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung von dem Verbot des § 4 Abs. 1 NSGO-VO. Danach sind in dem Naturschutzgebiet alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer erheblichen oder nachhaltigen Störung führen können. Nach Nr. 5 ist es insbesondere verboten, bauliche Anlagen, auch wenn sie keiner Genehmigung nach der Landesbauordnung bedürfen, zu errichten oder wesentlich zu ändern. Die Reithalle ist eine genehmigungspflichtige Anlage nach der Landesbauordnung Schleswig-Holstein und unterfällt dem genannten Verbotstatbestand.
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a) Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme gem. § 6 Abs. 1 NSG-VO i.V.m. § 51 LNatSchG 2010 (§ 54 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG a.F.) liegen nicht vor. Danach kann die untere Naturschutzbehörde Ausnahmen zulassen für 1.) Bohrungen und Messungen im Rahmen der amtlichen geowissenschaftlichen Landeaufnahme und von geophysikalischen Messungen; 2.) die Inanspruchnahme von Flächen für die Ablagerung von Bodenbestandteilen im Rahmen der Gewässerunterhaltung nach § 38 des Landeswassergesetzes; 3.) die Entnahme von Pflanzen oder Pflanzenbestandteilen wildlebender, nicht besonders geschützter Arten oder von sonstigen Bestandteilen eines Naturschutzgebietes; 4.) das Nachstellen wildlebender, nicht dem Jagdrecht unterliegender und nicht besonders geschützter Tierarten sowie das Fangen und Töten dieser Tierarten.
- 71
b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme gem. § 61 Abs. 2 LNatSchG 2010. Danach kann eine Ausnahme von dem Errichtungsverbot für bauliche Anlagen in einem Landschaftsschaftschutzgebiet unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden. Die NSG-VO wurde nach 1993 erlassen. Der Anwendungsbereich von § 61 Abs. 1 LNatSchG 2010 ist daher unabhängig von der Frage, ob auch Naturschutzgebietsverordnungen von der Regelung erfasst werden, nicht eröffnet.
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c) Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG (entspricht § 54 Abs. 2 LNatSchG a.F. i.V.m. § 6 Abs. 3 NSG-VO) liegen nicht vor. Danach kann von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn 1.) dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder 2.) die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
- 73
Eine Befreiung ist vorliegend weder aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig (aa.), noch wegen unzumutbaren Belastung im Einzelfall zu erteilen (bb.).
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aa) Im Rahmen des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG muss ein besonderes, ursprünglich nicht abschätzbares Gemeininteresse eine Randkorrektur der Regelung erfordern. Es gilt insofern der Bilanzierungsgedanke; die Gründe des verfolgten öffentlichen Interesses müssen im Einzelfall so gewichtig sein, dass sie sich gegenüber den mit der Verordnung verfolgten Belangen durchsetzen (Sauthoff, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2012, § 67 Rn 14, 17 m.w.N.). Der Kläger verfolgt mit der Errichtung der Reithalle in erster Linie private Interessen, nämlich die Unterhaltung eines Gewerbebetriebs. Zwar kann die Tätigkeit Privater auch im öffentlichen Interesse liegen, wie zum Beispiel bei der Rohstoffgewinnung, der Energieversorgung oder dem Wohnungsbau. Rein private Interessen scheiden jedoch im Rahmen des § 67 Abs. 1 BNatSchG in der Regel aus (vgl. Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Auflage. Auflage 2011, § 67 Rn 9). Auch wenn die angestrebte Tätigkeit des Klägers mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Ermöglichung naturnaher sportlicher Aktivitäten auch für das Gemeinwohl nützliche Zwecke verfolgt, erreichen sie nach Auffassung des Gerichts nicht das Ausmaß eines überwiegenden öffentlichen Interesses. Es ist mithin nicht ausreichend, dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.02.2004 - 4 B 110/03, zitiert nach juris).
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Darüber hinaus erfordern die vom Kläger verfolgten Interessen die Befreiung nicht. Eine Befreiung ist zur Erreichung der klägerischen Ziele nicht notwendig. Eine Befreiung muss zwar nicht das einzig denkbare Mittel für die Verwirklichung des jeweiligen öffentlichen Zwecks sein; sie setzt aber voraus, dass es zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Sind alternative und zumutbare Lösungen erkennbar, ist eine Befreiung regelmäßig nicht erforderlich (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.10.2005 - 3 S 2521/04 -, zitiert nach juris; Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Auflage 2011, § 67 Rn 10). Für die Errichtung der Reithalle besteht eine zumutbare Alternative. Der Kläger verfügt bereits über eine bestandskräftige Baugenehmigung und eine bestandskräftige naturschutzrechtliche Gestattung, welche ihm die Errichtung der Reithalle auf dem Grundstück, aber außerhalb des Naturschutzgebiets ermöglicht.
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Bei der Frage der Zumutbarkeit sind die etwaigen Rückbaukosten für die inzwischen (teilweise) errichtete Reithalle nicht berücksichtigungsfähig. Der Aspekt der Zumutbarkeit ist grundstücksbezogen zu betrachten. Personenbezogene Umstände wie etwa persönliche und finanzielle Bedingungen können keine Härte begründen, weil die naturschutzrechtlichen Regelungen auf objektive Gesichtspunkte bei der Nutzung des Eigentums abstellen, nicht aber auf die wirtschaftliche Situation gerade des jeweiligen Eigentümers (vgl. BayVGH, Beschl. v. 19.01.2005 - 15 ZB 04/853 - Rn 13, zitiert nach juris; Beschl. v. 25.04.2012 - 14 B 10/1750 - Rn 50, zitiert nach juris m.w.N.; Fischer/Hüftle, a.a.O., § 67 Rn 16 m.w.N.).
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Das Vorliegen einer Unzumutbarkeit ist zudem vorausschauend, d.h. vor Erlass einer etwaigen naturschutzrechtlichen Genehmigung und der Errichtung einer baulichen Anlage zu beurteilen. Im Rahmen dieser vorausschauenden Bewertung ist zu prüfen, ob die Versagung der Befreiung für die Errichtung einer baulichen Anlage an dem beantragten Standort für den Betroffenen unzumutbar wäre. Dies ist vorliegend angesichts der Genehmigungsfähigkeit der Reithalle an einer anderen Stelle auf dem Grundstück des Klägers zu verneinen. Die Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks wird hier durch die Versagung der Befreiung nicht in einer die Sozialpflichtigkeit des Eigentums übersteigenden Weise beeinträchtigt. Eine Unzumutbarkeit i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG kann nicht durch die Folgen genehmigungswidrigen Handels durch den Betroffenen selbst herbeigeführt werden. Dem Kläger sind die Folgen der genehmigungswidrigen Errichtung der Reithalle als Bauherr und Grundstückseigentümer zuzurechnen. Das Anfallen etwaiger Rückbaukosten kann keine unzumutbare Härte begründen.
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bb) § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG erfordert das Vorliegen eines atypischen Falles. Es muss ein von der Lage anderer Eigentümer, die der Norm unterworfen sind, verschiedenes Sonderinteresse des Betroffenen geben. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Beeinträchtigungen des Eigentums ein Ausmaß erreichen, mit dem bei Erlass der Norm nicht zu rechnen war und die unzumutbar sind (vgl. Sauthoff, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2012, § 67 Rn 15 und 20 ff. m.w.N.).
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Der Kläger macht insbesondere geltend, dass für ihn infolge des Bauverbotes nach der NSG-VO und den zu erwartenden Rückbaukosten eine unzumutbare Härte besteht. Eine solche unzumutbare Härte i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG liegt nicht vor. Voraussetzungen hierfür ist, dass der Normgeber den in Frage stehenden Sachverhalt in seinen Konsequenzen für den Betroffenen nicht erkannt hat oder nicht erkennen konnte und dieser durch das naturschutzrechtliche Verbot ungewollt hart getroffen wird.
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Das VG Aachen (Urt. v. 07.05.2012 - 6 K 1140/10 - Rn 65, zitiert nach juris m.w.N.) hat insoweit Folgendes ausgeführt:
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„Bei einem Bauverbot liegt in der Regel keine unbeabsichtigte Härte vor, denn die Untersagung der Errichtung baulicher Anlagen im Schutzgebiet ist vom Normgeber regelmäßig gerade gewollt.“
- 82
Dem schließt sich das Gericht für den Annahme einer unzumutbaren Belastung i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG an (vgl. insoweit bereits VG Schleswig, Urt. v. 24.08.2012 - 1 A 117/09 - nicht veröffentlicht). Es entspricht gerade dem Ziel der Naturschutzgebietsverordnung, das Schutzgebiet von baulichen Anlagen freizuhalten. Die mit dem angeordneten Bauverbot verbundene Einschränkung des Grundstückseigentümers wurde vom Verordnungsgeber erkannt und zumindest in Kauf genommen. Im Übrigen gelten auch an dieser Stelle die obigen Ausführungen zur vorausschauenden Beurteilung des Vorliegens einer unzumutbaren Härte bei der Errichtung von baulichen Anlagen.
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Darüber hinaus liegt auch nicht aufgrund einer Gesamtbetrachtung der weiteren Umstände des Sachverhaltes eine unzumutbare Härte vor. Unabhängig von der Frage, ob dieser Aspekt berücksichtigungsfähig ist, bedingt die Aussage zur Naturschutzgebietsgrenze in der E-Mail vom 01.09.2009 keine Unzumutbarkeit für den Kläger. Es bedarf zwar keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die E-Mail einen amtshaftungsrelevanten Rechtsschein hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der Reithalle gesetzt hat. Ferner ist dem erkennenden Gericht wegen Art. 34 Satz 3 GG jegliche Aussage zum Bestehen eines Amtshaftungsanspruches verwehrt.
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Dem Kläger wurden nach dem Erhalt der E-Mail eine naturschutzrechtliche Genehmigung und eine Baugenehmigung für den eingereichten Standort der Reithalle erteilt. Bestandteil der naturschutzrechtlichen Genehmigung war unter anderem ein Lageplan, auf dem sowohl die Reithalle als auch die Grenze des Naturschutzgebietes eingezeichnet gewesen sind. Die Aussage in der E-Mail zur Genehmigungsfähigkeit des Standorts dürfte spätestens mit der Bestandskraft der genannten Genehmigung aufgehoben worden sein. Die E-Mail konnte ferner mangels Verwaltungsaktsqualität keine Genehmigungsfiktion begründen. Der Kläger war in jedem Fall verpflichtet, die insoweit maßgeblichen Vorgaben aus der naturschutzrechtlichen Genehmigung und der Baugenehmigung einzuhalten. Ein etwaiges Verschulden des Architekten durch das Abweichen von dem genehmigten Standort ist im Rahmen des Naturschutzrechts nicht berücksichtigungsfähig.
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Mangels Vorliegens einer unzumutbaren Härte kommt es nicht darauf, ob und in welchem Ausmaß die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege durch die Errichtung der Reithalle beeinträchtigt werden.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 711 ZPO.
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IV. Der Streitwert wird aufgrund des übereinstimmenden Vortrags der Beteiligten hinsichtlich der Bemessung des wirtschaftlichen Interesses an der Erteilung der naturschutzrechtlichen Genehmigung gem. §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 1 GKG auf 10.000 €.
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V. Die Berufung wird nicht zugelassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), noch liegt eine Abweichung von der obergerichtlichen Rechtsprechung vor (§ 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.