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| Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch in dem aus dem Tenor des Urteils ersichtlichen Umfang begründet. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); denn er hat einen Anspruch darauf, dass seine hauptberufliche Tätigkeit bei der ...Bank ab dem 01.01.2001 bei der Berechnung des Beginns des Aufsteigens in Erfahrungsstufen berücksichtigt wird; für die davor liegende Tätigkeit als Bankmitarbeiter (ab dem 09.07.1999) ist dies nicht der Fall. |
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| In rechtlicher Hinsicht ist dabei von Folgendem auszugehen: |
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| Die Höhe des Grundgehalts in den Besoldungsgruppen der Landesbesoldungsordnung A wird nach Stufen bemessen. Das Aufsteigen in den Stufen bestimmt sich nach Zeiten mit dienstlicher Erfahrung (Erfahrungszeiten). Erfahrungszeiten sind Zeiten im Dienst eines öffentlichen Dienstherrn. Das Aufsteigen in den Stufen beginnt mit dem Anfangsgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe mit Wirkung vom ersten des Monats, in dem die erste Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn wirksam wird (§ 31 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 LBesGBW). |
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| Der Zeitpunkt des Beginns wird um die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden, nach § 32 Abs. 1 LBesBG berücksichtigungsfähigen Zeiten vorverlegt (§ 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW). Berücksichtigungsfähige Zeiten sind u.a. sonstige Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit, die nicht Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn sind oder diese Voraussetzung ersetzen, soweit diese für die Verwendung des Beamten förderlich sind, sofern die hauptberufliche Tätigkeit mindestens auf der Qualifikationsebene eines Ausbildungsberufs und sechs Monate ohne Unterbrechung ausgeübt wurde. Die Entscheidung über die Anerkennung von förderlichen Zeiten trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 Halbs. 1 LBesGBW) , hier das Regierungspräsidium Freiburg (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Beamtenrechtszuständigkeitsverordnung). Die Summe der Zeiten nach Absatz 1 wird auf volle Monate aufgerundet (§ 32 Abs. 3 LBesGBW). |
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| Für die Zeit ab dem 01.01.2001 ist die Tätigkeit des Klägers bei der ...Bank berücksichtigungsfähig. |
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| Der Kläger hat seit diesem Zeitpunkt eine hauptberufliche Tätigkeit auf der Qualifikationsebene eines Ausbildungsberufs ausgeübt. Dass er sich für diese Tätigkeit nicht durch den zugeordneten Ausbildungsberuf (Bankkaufmann) qualifiziert hatte, ist unerheblich. So heißt es auch in den Vorläufigen Hinweisen des Finanzministeriums in Nr. 32.1.11 zutreffend, dass die Voraussetzung gegeben sein kann, wenn der Betreffende zwar über keinen berufsqualifizierenden Abschluss in seinem ausgeübten Beruf verfügt, jedoch z.B. durch eine abgeschlossene Ausbildung in einem verwandten Beruf oder auch nur durch längere Berufserfahrung in der Lage ist, gleichwertige Tätigkeiten wie ein für den Beruf regulär Ausgebildeter auszuüben. Der Tätigkeitskatalog im Arbeitszeugnis des Klägers und auch das Anstellungsangebot der ... nebst weiteren Unterlagen sprechen dafür, dass der Kläger wie ein ausgebildeter Bankkaufmann eingesetzt worden ist. Dem entspricht seine tarifliche Einstufung durch den Arbeitgeber ab dem 01.01.2011 in Tarifgruppe 4, welche Tätigkeiten umfasst, die Kenntnisse und/oder Fertigkeiten erfordern, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch eine um entsprechende Berufserfahrung ergänzte Zweckausbildung oder längere Einarbeitung erworben werden, wie z.B. die Tätigkeit eines Arbeitnehmers in Kredit-, Wertpapier-, Auslands- und Stabsabteilungen. Demgegenüber wird für Tätigkeiten, die in die Tarifgruppe 3 eingeordnet werden, in der Regel keine Berufsausbildung vorausgesetzt. |
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| Für die davor liegende Zeit vom 09.07.1999 bis zum 31.12.2000 hat die Tätigkeit des Klägers bei der Bank nach Überzeugung der Kammer noch nicht der Qualifikationsebene eines Ausbildungsberufs entsprochen. Dabei geht die Kammer davon aus, dass der Kläger (nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung) nach einer allgemeinen zwei bis drei Wochen dauernden Orientierungsphase in den verschiedenen Abteilungen der Bank und nach einer etwa vierteljährlichen Einarbeitungsphase in seiner Abteilung (der Depotbank) die gleichen Tätigkeiten ausgeübt hat wie nach seiner Höhergruppierung in die Tarifgruppe T 4. Sie hält aber für ausschlaggebend, dass nach der Einschätzung des damaligen Arbeitgebers des Klägers selbst die Anforderungen an die Tätigkeit des Klägers (trotz seiner Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann) zunächst noch nicht so waren, dass sie eine Eingruppierung in die Tarifgruppe T 4 rechtfertigten; vielmehr dürfte es sich nach der damaligen Einschätzung des Arbeitgebers insoweit um eine längere Einlernzeit gehandelt haben, deren Absolvierung als Eingruppierungsmerkmal in der Tarifgruppe T 4 gleichberechtigt neben einer Ausbildung als Bankkaufmann genannt ist. Sofern man dies anders sehen wollte, wäre wohl jedenfalls - dazu gleich - die Förderlichkeit der Tätigkeit des Klägers für seine Verwendung als Lehrer an Berufsschulen insoweit auf den von der Kammer angenommen Zeitraum zu beschränken. |
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| Die so zeitlich eingegrenzte hauptberufliche Tätigkeit des Klägers ist auch für seine Verwendung als Lehrer an Berufsschulen u.a. im Fach Betriebswirtschaftslehre förderlich. |
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| Insoweit besteht weder ein Ermessens- noch ein Beurteilungsspielraum des beklagten Landes. |
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| Ermessen ist dem Land insoweit nicht eingeräumt (anders aber Nr. 32.1.9 und 32.1.14 der Vorläufigen Hinweise des Finanzministeriums zu den §§ 31, 32 und 36 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg vom 14.12.2010). Der Wortlaut von § 32 Abs. 1 LBesGBW ist insoweit eindeutig. Danach „sind“ alle dort genannten Zeiten berücksichtigungsfähig im Sinn von § 31 Abs. 3 Satz 2 LBesGBW, der bestimmt, dass der Zeitpunkt des Beginns des Aufsteigens in Stufen nach den gemäß § 32 Abs. 1 berücksichtigungsfähigen Zeiten vorverlegt „wird“. Diese Regelung unterscheidet sich insoweit grundsätzlich etwa von § 28 Abs. 1 Satz 3 BBesG, wonach weitere hauptberufliche Zeiten … ganz oder teilweise anerkannt werden „können“, soweit diese für die Verwendung förderlich sind (dazu VG Wiesbaden, Urt. v. 01.10.2012 - 3 K 692/11.WI - juris; Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, § 28 BBesG Rdnr. 40), oder auch von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L, wonach der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen „kann“, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Nur wegen der darin beschriebenen besonderen Zielsetzung der Vorschrift und wegen des Begriffs „kann“ gehen die Arbeitsgerichte insoweit von einem „freien Ermessen“ zur Berücksichtigung förderlicher Zeiten aus (LAG Bad.-Württ., Urt. v. 16.01.2009 - 7 Sa 75/08 - juris, Rdnr. 30 ff. m.w.N. und hierzu, evtl. einschränkend, BAG, Urt. v. 23.09.2010 - 6 AZR 174/09 - juris, Rdnr. 14, 17). Der von der Kammer vertretenen Auslegung steht auch nicht entgegen, dass es in § 32 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 LBesGBW heißt, es „können“ insgesamt bis zu zehn Jahre berücksichtigt werden. Denn damit wird nach Überzeugung der Kammer nur die Ermächtigung zur Berücksichtigung von Zeiten gemäß den Fallgruppen des Satzes 1 beschränkt. Die Materialien des Landesbesoldungsgesetzes sind insoweit für die Auslegung unergiebig. |
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| Auch ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Auslegung und Anwendung des Begriffs „förderlich“ steht dem beklagten Land nicht zu (vgl. allgemein zu den Voraussetzungen für einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff: BVerfG, Beschl. v. 31.05.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129,1). Insbesondere ist hier nicht umfassend die (persönliche und fachliche) Eignung des Beamten für seine Verwendung oder aber ein früheres dienstliches Verhalten (aus einer Vielzahl von Eindrücken) zu beurteilen. Dementsprechend ist in den (wenigen) oben angeführten einschlägigen gerichtlichen Entscheidungen zu § 28 BBesG (neu) und § 16 TV-L ein Beurteilungsspielraum auch nie angenommen worden. |
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| Gleiches gilt, soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BeamtVG 1994 die Förderlichkeit einer Tätigkeit für die Laufbahn eines Beamten zu bestimmen ist. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine Tätigkeit förderlich ist, wenn sie für die Dienstausübung des Beamten nützlich ist, also wenn diese entweder erst aufgrund der früher gewonnenen Fähigkeiten und Erfahrungen ermöglicht oder wenn sie jedenfalls erleichtert und verbessert wird; die Förderlichkeit im Sinne dieser Vorschrift ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 14.03.2002 - 2 C 4.01 - NVwZ-RR 2002, 667 = juris, Rdnrn. 13, 14). |
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| Von dieser Begriffsbestimmung kann auch bei der Auslegung und Anwendung der Förderlichkeit einer Tätigkeit im Sinne von § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBesGBW ausgegangen werden. Die Vorläufigen Hinweise des Finanzministeriums in Nr. 32.1.8 greifen diese Formulierungen auf und ergänzen sie dahin, dass Anknüpfungspunkt für die Entscheidung über die Förderlichkeit der hauptberuflichen Zeiten daher die künftig ausgeübten Tätigkeiten des Beamten seien und dass als förderliche Zeiten insbesondere Tätigkeiten in Betracht kommen, die zu den Anforderungsprofilen möglicher Tätigkeiten der betreffenden Laufbahngruppe in sachlichem Zusammenhang stehen oder durch Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erworben wurden, die für die auszuübenden Tätigkeiten von Nutzen oder Interesse sind. In den Hinweisen des Kultusministeriums über die Anerkennung berücksichtigungsfähiger Zeiten für beamtete Lehrkräfte nach § 32 LBesGBW heißt es dazu näher unter Nr. 3.2., dass für die Anerkennung förderlicher Zeiten bei Lehrkräften dies die fachlichen und die pädagogischen Fähigkeiten seien. Es werden als Fallgruppen angeführt: „Berufspraktische Erfahrung wird im Unterricht weitergegeben“, „Vertiefung fachwissenschaftlicher Kenntnisse“ sowie „Erfahrung in einem pädagogischen Beruf“. |
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| Grundsätzlich sollten bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs der Förderlichkeit nach Überzeugung der Kammer keine zu engen Maßstäbe angelegt werden. Dies ergibt sich aus dem Begriff der Förderlichkeit an sich, wie ihn das Bundesverwaltungsgericht (siehe oben) auslegt, aber auch aus dem Umstand, dass das vor der Neuordnung der Beamtenbesoldung geltende Recht Zeiten vor einer Einstellung in den öffentlichen Dienst pauschalierend (teilweise) bei der Bemessung des Grundgehalts berücksichtigt hat (z.B. § 28 BBesG 1991). Anhaltspunkte dafür, dass die Neuordnung des Landesbesoldungsgesetz insoweit eine wesentliche Verschlechterung für erst spät eingestellte Beamte mit sich bringen sollte, hat die Kammer nicht. |
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| Dies geschähe aber etwa, wenn Zeiten einer hauptberuflichen und hinreichend qualifizierten Tätigkeit vor einer Lehrerausbildung grundsätzlich nicht berücksichtigt würden, weil insoweit bei der beruflichen Tätigkeit keine Vertiefung fachwissenschaftlicher Kenntnisse erfolgt sei. Die Kammer hält es nicht für einleuchtend, dass nach einem Beispiel unter Nr. 3.2 der Hinweise des Kultusministeriums die Tätigkeit einer Buchhändlerin nach dem zweiten Staatsexamen (teilweise) bei einer späteren Lehrerin u.a. für Deutsch zu berücksichtigen sei, eine entsprechende Tätigkeit davor aber nach der vom Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nicht. |
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| Erforderlich ist nach Überzeugung der Kammer auch nicht, dass die berufliche Tätigkeit die ganze oder jedenfalls eine erhebliche Bandbreite der späteren Verwendung umfasst hat. Davon gehen im Übrigen auch die Hinweise des Kultusministeriums aus, welche im Fall eines studierten Physikers, der in einem Unternehmen, das sich mit Lasertechnik befasst und der dort Systemkonzepte für optische Systeme erstellt hat, (wohl) eine volle Berücksichtigung vorschlagen. Wie dieses Beispiel (zutreffend) zeigt, geht es nicht um die unmittelbare Verwendung der beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen im Unterricht, sondern darum, dass die im Beruf erworbene zusätzliche fachliche Kompetenz, wenn auch nur in einem unter Umständen engen Ausschnitt eines Fachs, grundsätzlich (und auch unabhängig von der Güte der beruflich geleisteten Arbeit) geeignet ist, den Unterricht zu verbessern. Im Falle des Klägers bedeutet dies beispielsweise, dass davon ausgegangen werden kann, er werde anhand seiner Tätigkeit in einer Depotbank nicht nur besser in der Lage sein, die Preisbildung bei Wertpapieren zu erläutern, sondern die Preisbildung bei Waren überhaupt. |
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| Nach diesen Grundsätzen hält die Kammer die Zeit der Beschäftigung des Klägers bei der ...Bank ab dem 01.01.2001 als förderlich für seine Verwendung als Lehrer an Berufsschulen im Fach Betriebswirtschaftslehre. Darauf, dass seine berufliche Tätigkeit bei der Bank nicht nur auf die eines Bankkaufmanns beschränkt, sondern darüber hinaus auf seinen Einsatz bei einer Depotbank beschränkt war, kommt es nicht an. |
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| Fernliegend erscheint es der Kammer dagegen, die entfernte und mittelbare Betroffenheit des Klägers durch die Anschläge vom 11.09.2001 und seine anschließenden Beobachtungen der Bemühungen der Staaten, das Finanzsystem stabil zu halten, als förderlich für seinen Unterricht in Gemeinschaftskunde und auch Betriebswirtschaftslehre zu bewerten. Ohnehin stammen seine Beobachtungen und Erfahrungen insoweit nicht aus dem Zeitraum, für den die Kammer eine Berücksichtigungsfähigkeit seiner beruflichen Tätigkeit verneint (07.09.1999 bis 31.12.2000). |
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