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| Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässige Klage (§ 11 LHGebG) ist unbegründet. |
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| Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Befreiung von der Studiengebührenpflicht (§ 113 Abs.5 S.2 VwGO). Vielmehr hat die Beklagte diesen Antrag zu Recht abgelehnt. |
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| Nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „sollen“ Studierende von der Studiengebühr befreit werden, bei denen sich ihre Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX „erheblich studienerschwerend auswirkt“. Das heißt bei Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals müssen sie regelmäßig befreit werden, sofern nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt. |
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| Dieses Tatbestandsmerkmal ist aber im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Zöliakie-erkrankung des Klägers stellt zwar nach der verbindlichen Feststellung des Versorgungsamtes eine Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX dar. Diese Behinderung wirkt sich jedoch nicht im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG „erheblich studienerschwerend“ aus. |
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| Nach § 2 Abs.1 S.1 SGB IX liegt eine Behinderung vor, wenn infolge einer dauernden Abweichung der körperlichen Funktionen, der geistigen Fähigkeiten oder der seelischen Gesundheit von dem für das Lebensalter typischen Zustand die Teilhabe des Betreffenden am „Leben in der Gesellschaft“ im generellen Durchschnittsalltag ganz allgemein „beeinträchtigt“ ist. Das Vorliegen einer solchen Behinderung alleine genügt aber für die Befreiungsregelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG noch nicht. Vielmehr setzt diese Vorschrift zusätzlich eine ganz konkrete Auswirkung dieser Behinderung auf das Studium, nämlich eine „Erschwernis“ dieses Studiums voraus. Dass es behinderte Studierende „ohnehin schon schwer haben“, genügt also nicht, da die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers zwar Art.3 Abs.3 S.2 GG Rechnung tragen soll (vgl. LT-Drs. 13/4858, S.22) und behinderten Studierenden durch die Studiengebührenbefreiung auf finanzieller Ebene einen Nachteilsausgleich gewähren, sie aber nicht pauschal für den mit jeder Behinderung einhergehenden Verlust an Lebensqualität „entschädigen“ will. |
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| 1. Ein Studium wird in diesem Sinne „erschwert“, wenn es wegen der Behinderung nicht so durchgeführt werden kann, wie dies einem durchschnittlich gesunden Studierenden möglich ist. Ausgehend von den Grundanforderungen eines jeden Studiums ist das dann der Fall, wenn den behinderten Studierenden etwa das Aufsuchen der verschiedenen Orte der Lehrveranstaltungen infolge einer eingeschränkten körperlichen Mobilität, oder aber das Aufnehmen des vermittelten Wissens infolge von Hör-, Lese- oder Konzentrationsmängeln oder auch das Wiedergeben und Darstellen des Wissens in schriftlicher oder mündlicher Form bei Diskussionen oder Prüfungen infolge von Schreib-, Sprach- oder Konzentrationsmängeln oder aber die Erbringung praktischer Studienleistungen (Versuchsaufbauten, Labortätigkeiten, handwerklich-technische Übungen) mehr Zeit kostet als den Gesunden. Ein Studienerschwernis liegt auch vor, wenn dem behinderten Studierenden insgesamt weniger Zeit zur Verfügung steht als einem gesunden Studenten, weil er einen Teil des Zeitbudgets, das durchschnittlich gesunden Studierenden dafür normalerweise zur Verfügung steht, für die zeitaufwendige Kompensation seiner behinderungsbedingten körperlichen, geistigen oder seelischen Mängel oder aber auch für deren zeitaufwendige Behandlung und Milderung aufwenden muss. Eine Erschwernis des Studiums kann dabei auch dann vorliegen, wenn der behinderte Studierende zwar keine Studienveranstaltungen versäumt, weil er - wie etwa im Fall eines Dialysepatienten - seine Studierfähigkeit durch außerhalb der Vorlesungszeiten vorgenommene zeitraubende Maßnahmen und Bemühungen herstellen kann, dadurch aber einen Verlust an Zeit erleidet, der ihm andernfalls für notwendige Erholungsphasen oder ein Eigenstudium zur Verfügung stünde. |
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| Auf eine solche zeitliche Erschwernis des Studiums infolge einer „Behinderung“ des Studierens durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes stellt auch die im systematischen Kontext zu § 6 I 1 Nr.3 LHGebG stehende Befreiungsregelung des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG ab, die nach dem Willen des Gesetzgebers (LT-Drs. 13/4858 S.22) ihren Grund darin findet, dass Studierende, wenn sie sich wegen der Kindererziehung nicht beurlauben lassen, in dieser Zeit in der Regel nur „eingeschränkt weiterstudieren“. Auf diesen Aspekt der besonders intensiven zeitlichen Belastung durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes hat deshalb auch die Kammer in ihrem Urteil zur Vereinbarkeit des § 6 I 1 Nr.1 LHGebG mit Art.3 und Art.6 GG abgestellt (Urt. v. 20.06.2007 - 1 K 2324/06 - , VBlBW 2007, 426 = juris, dort Rdnr.103 -110). |
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| Dass sich die Behinderung tatsächlich in Form einer echten Studienzeitverlängerung niederschlägt, ist dabei für die Erfüllung des Begriffs der „studienerschwerenden Auswirkungen“ zwar hinreichend, aber nicht zwingend notwendig. Das Gesetz knüpft nämlich in § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Studiengebührenbefreiung nicht an das Tatbestandsmerkmal einer „Studienzeitverlängerung“, sondern gewährt sie gegebenenfalls bereits im und ab dem ersten Studiensemester, in dem solche Erschwernisse auftreten. Diese Regelung unterscheidet sich damit von der Vorgängerregelung des § 7 Abs.2 S.2 LHGebG a.F., der von Langzeitstudiengebühren, die ohnehin nur bei einem verzögerten Studium fällig wurden, dann befreite, wenn eine unbillige Härte vorlag und insofern ausdrücklich ausführte, das sei in der Regel der Fall, wenn sich eine Behinderung oder chronische Erkrankung „studienzeitverlängernd“ auswirke. § 6 I 1 Nr.3 LHGebG verzichtet damit auf einen konkreten Nachweis einer echten, die Gesamtstudienzeit als solche wirklich messbar verzögernden Auswirkung. Die Befreiung ist daher im Grundsatz auch dann möglich, wenn der Studierende es trotz seiner Behinderung und der damit verbundenen Studienerschwernisse doch noch schafft, sein Studium studienplangemäß durchzuführen, weil er diese Nachteile durch einen weit übermäßigen Arbeitseinsatz und unter Anspannung aller seiner Kräfte gerade noch kompensieren kann. |
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| Eine finanzielle Mehrbelastung infolge der Behinderung genügt hingegen nicht für die Annahme einer studienerschwerenden Auswirkung der Behinderung im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG. Eine behinderungsbedingte finanzielle Mehrbelastung kann daher allenfalls dann ausnahmsweise eine Studienerschwernis im Sinne des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG darstellen, wenn sie sich direkt und unausweichlich in einem studienerschwerenden Zeitnachteil niederschlägt, weil im konkreten Einzelfall ein weder durch Sozialleistungen noch sonst von Seiten Dritter oder durch Unterhaltsansprüche kompensierter behinderungsbedingter finanzieller Mehrbedarf den behinderten Studierenden zwingt, diesen Zusatzbedarf durch eine Erwerbstätigkeit neben seinem Studium zu decken und dadurch weniger Zeit für das Studium zur Verfügung zu haben. |
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| 2. Dass eine Behinderung sich im dargelegten Sinne nach § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG studienerschwerend auswirkt, genügt jedoch für eine Befreiung noch nicht. Vielmehr muss sie sich außerdem auch „ erheblich “ studienerschwerend auswirken. |
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| Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung insoweit ausgeführt, der Verweis auf die Definition der Behinderung in § 2 SGB IX trage gegenüber der bisherigen Regelung ( § 7 Abs.2 LHGebG a.F.: „Behinderung oder chronische Erkrankung“) zur Erleichterung und Einheitlichkeit der Auslegung bei. Eine „weitere Verwaltungsvereinfachung“ werde sich dadurch ergeben, dass die nach SGB IX zuständigen Behörden eine Behinderung mit einem Grad von „wenigstens 30“ feststellen. Bei einem Grad der Behinderung von wenigstens 50, der durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen werde, könne „in der Regel“ angenommen werden, dass sich die Behinderung „erheblich“ studienerschwerend auswirke (LT-Drs.13/4858 S.23). |
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| Eine Schwerbehinderung, wie sie nach der Definition in § 2 Abs.2 SGB IX im Falle eines Grades der Behinderung von 50 oder mehr vorliegt, genügt also regelmäßig für die Schlussfolgerung, sie werde sich auch „erheblich“ studienerschwerend auswirken, es kann aber ausnahmsweise im atypischen Einzelfall selbst bei einem solchen Behinderungsgrad an einer solchen Auswirkung fehlen. Umgekehrt geht der Gesetzgeber lediglich davon aus, dass es der „Verwaltungsvereinfachung“ dient, für die Annahme einer „erheblichen“ studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung mindestens einen Grad von 30 zu verlangen. Insofern hatte er wohl die Regelung des § 2 Abs.3 SGB IX im Blick, die Behinderte mit einem Behinderungsgrad von 30 Schwerbehinderten gleichstellt, wenn infolge dieser Behinderung ein Arbeitsplatz nicht erlangt oder beibehalten werden kann. Im Text des Befreiungstatbestandes des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG hat der Gesetzgeber hingegen konkrete Zahlen des Grades der Behinderung gerade nicht genannt, sondern statt dessen nur den offenen Begriff der „erheblichen“ Studienerschwernis verwendet. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG die Frage der Erheblichkeit der behinderungsbedingten Studienerschwernis nicht notwendig von einem bestimmten Grad der Behinderung abhängig machen wollte, sondern dass im Einzelfall eine erhebliche Studienerschwernis auch bei einer Behinderung mit einem unter 30 liegenden Schweregrad möglich sein kann. |
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| Für eine „erhebliche“ Studienerschwernis mindestens erforderlich ist allerdings ein Behinderungsgrad von 20. Dass folgt daraus, dass dieser Behinderungsgrad das Minimum an einer sozialrechtlich beachtlichen Behinderung darstellt, denn eine Feststellung des Grades der Behinderung durch die zuständige Sozialbehörde ist nach § 69 Abs.1 S.1 und S.6 SGB IX überhaupt erst ab diesem Behinderungsgrad zu treffen. Das bedeutet allerdings nicht, dass allein aus der Feststellung eines Behinderungsgrades von 20 dann auch ohne weiteres deren „erheblich“ studienerschwerende Auswirkung folgt. Vielmehr muss sich diese im konkreten Einzelfall aus der individuellen Behinderung und den damit verbundenen zeitlichen Einschränkungen und Nachteilen im Studium ergeben. |
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| Aus dem systematischen Kontext mit dem Befreiungstatbestand des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 LHGebG ergibt sich unter Berücksichtigung der Geltung des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots aus Art.3 Abs.1 GG zudem, dass das Gewicht der erheblichen Studienerschwernis mit dem Gewicht dieses Befreiungstatbestandes vergleichbar sein muss. Die behinderungsbedingte Studienerschwernis muss daher, um als „erheblich“ angesehen zu werden, in etwa einen vergleichbaren zeitlichen Nachteil umfassen, wie er Studierenden durch die Erziehung und Pflege eines bis zu 8 Jahre alten Kindes neben ihrem Studium regelmäßig erwächst, weil sie sich in der Zeit, in der sie sich um das Kind kümmern, nicht voll und uneingeschränkt ihrem Studium widmen können. Dabei dürfte es sich nach der praktischen Lebenserfahrung, selbst wenn man eine teilweise Delegation der Betreuungsleistung an Dritte berücksichtigt, um täglich mehrere Stunden handeln. |
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| Schließlich ist bei der Bestimmung des Gewichts der „erheblichen“ Studienerschwernis zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in Anknüpfung daran den behinderten Studierenden nicht nur teilweise (wie etwa nach den Befreiungsregelungen einiger anderer Bundesländer - siehe www.studentenwerke. de/services/printdocu.asp?nr=6204), sondern ohne weitere graduelle Abstufungen in vollem Umfang von der Studiengebührenpflicht in Höhe von 500,-- EUR je Semester befreit, was wiederum zeigt, dass es hier für einen Nachteilsausgleich in solchem Umfang doch eines ganz beachtlichen Gewichts der Studienerschwernis bedarf. |
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| Nach diesen Maßstäben und Grundsätzen wirkt sich die unstreitig beim Kläger mit einem Grad von 20 vorhandene Behinderung durch seine chronische Zöliakie-Erkrankung zwar zweifelsohne studienerschwerend, aber nicht „erheblich“ studienerschwerend aus. |
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| Schon der Grad seiner Behinderung liegt mit 20 nach dem oben Gesagten an der untersten Grenze, ab der eine erheblich studienerschwerende Auswirkung überhaupt in Betracht kommt. Die Einstufung mit 20 , die das Versorgungsamt vorgenommen hat, entspricht den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“, 2008, Ziff.26.10, S.80 (www.bmas.de/coremedia/generator/10588/ anhaltspunkte__fuer __die__aerztliche__gutachtertaetigkeit.html). Danach ist ein Grad von 20 angemessen für eine „Zöliakie ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie“. Eine Festsetzung höherer Werte ist hingegen nach diesen Anhaltspunkten nur angemessen „bei andauerndem, ungenügendem Ansprechen auf glutenfreie Kost (selten) - je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes“. Ein solcher Fall liegt jedoch beim Kläger nicht vor. |
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| Dass die Zöliakieerkrankung sich trotz ihrer Berücksichtigung mit einem Grad von nur 20 im Alltag des Klägers auswirkt und Folgen für ihn hat, kann zwar nicht in Abrede gestellt werden. Die zeitlichen Nachteile, die der Kläger infolge seiner Zöliakieerkrankung gegenüber einem gesunden Studierenden hat, liegen aber nicht in dem oben genannten erforderlichen erheblichen, nämlich mit dem Zeitaufwand für die Erziehung und Betreuung eines bis zu 8 Jahre alten Kindes vergleichbaren Umfang von durchschnittlich mehreren Stunden pro Tag vor. |
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| Es mag zwar sein, dass der Kläger, nachdem seine Zöliakieerkrankung im Jahre 2005 diagnostiziert wurde, in der Anfangszeit bis zur vollständigen Umstellung auf eine glutenfreie Diät einen ganz beträchtlichen, großen Zeitaufwand beim Einkaufen dadurch hatte, dass er zunächst bei jedem einzelnen Lebensmittel die Verpackungsaufdrucke und Zutatenangaben lesen und auf Glutenfreiheit überprüfen musste. In dem hier maßgeblichen Sommersemester 2007 jedoch hatte er bereits eine zweijährige Erfahrung damit. Außerdem gibt die DZG selbst Listen von geprüften glutenfreien Produkten heraus, an denen er sich ohne weiteres rasch orientieren kann. Von einem wirklich signifikanten zeitlichen Mehraufwand beim Einkaufen kann also keine Rede sein, auch wenn der Kläger hier und da auch heute noch vor Erwerb eines neuartigen Produkts gezwungen sein mag, die Packungsaufdrucke zu lesen oder sich sonst mündlich durch Nachfragen beim Verkäufer etwa auf dem Markt zu informieren. Zudem beziffert selbst die DZG in ihrer Stellungnahme den mit der Produktprüfung und -auswahl verbundenen zeitlichen Mehraufwand aufgrund einer Mitgliederbefragung auf allenfalls vier Stunden pro Woche, was angesichts der durchschnittlichen Zahl von Einkäufen für eine Einzelperson ohnehin recht hoch erscheint. |
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| Es mag auch sein, dass der Kläger nicht in jedem Lebensmittelgeschäft alle seine Nahrungsmittel zugleich erwerben kann, sondern zum Teil seine Einkäufe in verschiedenen Geschäften tätigen muss, um alle Grundnahrungsmittel zu erwerben, und dadurch einen gewissen zeitlichen Mehraufwand hat. Andererseits ergibt sich aus der Stellungnahme der DZG selbst, dass anders als etwa wohl noch 2005 mittlerweile die glutenfreien Produkte eine zunehmende Verbreitung in Supermärkten und Drogerien gefunden haben, so dass sich das Problem der beschränkten Zahl von Einkaufsmöglichkeiten dadurch zumindest reduziert hat. |
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| Soweit sich der Kläger darauf beruft, er müsse täglich seine warme Mahlzeit abends nach der Rückkehr aus der Universität zu Hause zubereiten und dazu täglich frische Zutaten, wie etwa Gemüse oder Fleisch/Fisch einkaufen, stellt dies zwar einen gewissen Zeitaufwand dar, den ein gesunder Student, der sich auf Fertigprodukte oder ein täglich fertig zubereitetes Essen in der Mensa beschränken kann, in diesem Umfang so nicht hat. Andererseits ist nicht ersichtlich, dass der Kläger, der im Besitz eines kleinen Kühlschranks ist, den Zeitaufwand nicht auch durch Einkauf auf Vorrat für mehrere Tage reduzieren könnte. Relevant kann letztlich auch nur der zeitliche Mehraufwand sein, den er gegenüber einem gesunden Studierenden hat, der sich abends wenngleich keine warme Mahlzeit, so doch auch eine kalte Mahlzeit zubereitet, dafür einkaufen muss und anschließend Geschirr, wenngleich nicht notwendig Kochgeschirr und -utensilien reinigen muss. Damit verglichen fällt aber der tägliche Mehraufwand des Klägers von vielleicht einer halben Stunde nicht wirklich im oben genannten Sinne erheblich ins Gewicht. |
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| Für einen an Zöliakie erkrankten Menschen wie den Kläger ist es zudem nur entscheidend, „was“ er isst, hingegen nicht „wann“ er isst - wie dies etwa bei Diabetikern der Fall ist. Beim Kläger liegt also kein Zeitnachteil dadurch vor, dass nur zu bestimmten Zeiten überhaupt eine Nahrungsaufnahme möglich bzw. erforderlich ist, was dann etwa zu unfreiwilligen Unterbrechungen der Vorlesungsteilnahme oder zu einer nur reduzierten Inanspruchnahme der gebotenen Vorlesungs- und Bildungsangebote der Beklagten zwingen würde. Soweit der Kläger sich darauf beruft, jeder Tag bedürfe eines „erhöhten Zeitaufwandes an Planung und Organisation“, da er genau planen müsse, wo und wie er im Tagesablauf glutenfreie Nahrungsmittel erlangen, erwerben und verzehren könne, hat er nicht dargelegt, in welchem zeitlichen Umfang sich eine solche Planungstätigkeit überhaupt niederschlagen soll. Dass die tatsächliche Notwendigkeit einer tagtäglichen Befassung mit der Einhaltung einer glutenfreien Diät bei ausnahmslos jedem Akt der Nahrungsaufnahme, der Zubereitung von Speisen und dem Erwerb der notwendigen Lebensmittel die Lebensfreude und Zwanglosigkeit des Alltagslebens beeinträchtigt und zweifelsohne eine massive Einbuße an Lebensqualität darstellt, erfüllt jedoch nach dem oben unter I.1.c. Gesagten nicht den Befreiungstatbestand, wenn sich daraus keine zeitlich erhebliche Studienerschwernis ergibt. Was den Tagesablauf des Klägers im Studienalltag angeht, liegt es vor dem Hintergrund, dass er wohl regelmäßig zu Hause morgens sein Frühstück bzw. abends seine warme Mahlzeit zu sich nimmt, auf der Hand, dass er sich im Verlauf des Tages aus mit sich geführten Nahrungs- und/oder auch Getränkevorräten (bis hin zu lactosefreiem Kaffee aus der Thermoskanne) wird versorgen müssen, falls er nicht die Möglichkeit wahrnimmt, einen Salat oder Pommes Frites in der Mensa oder bei einer bestimmten Schnellrestaurantkette zu essen. |
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| Soweit der Kläger darüber hinaus auch geltend macht, er erleide des Öfteren infolge unverschuldeter und unvermeidlicher Diätfehler Ausfälle, weil es ihm selbst bei Aufnahme von nur geringen Spuren von Gluten körperlich sehr schlecht gehe, hat er die Häufigkeit solcher Vorkommnisse in der mündlichen Verhandlung zeitlich auf etwa einmal pro Monat eingegrenzt. Dass es sich dabei jedes Mal um gleich mehrtägige Ausfälle handelt, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen und vor dem Hintergrund auch nicht ersichtlich, dass der Kläger zu der noch vor der Diagnose seiner Erkrankung liegende Anfangszeit seines Studiums, in der er noch keine glutenfreie Diät einhielt, keine solchen Ausfälle schilderte, sondern nur berichtete, extrem dünn und hungrig gewesen zu sein und an lauten Bauchgeräuschen gelitten zu haben. |
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| Dass die Zöliakieerkrankung des Klägers, die als solche nicht therapierbar ist, den Kläger regelmäßig zu zeitaufwendigen Arztbesuchen zum Zwecke von Behandlungen und Untersuchungen zwingt und ihn dadurch vom Studium in nennenswertem zeitlichem Umfang häufig oder gar wöchentlich abhält, hat er ebenfalls nicht vorgetragen. In der Zeit seit der erstmaligen Diagnose seiner Erkrankung im Jahre 2005 bis heute hat er sich nach seinen Angaben insgesamt vier Magenspiegelungen unterziehen müssen. |
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| Was die vom Kläger geltend gemachte zweifelsohne gegebene finanzielle Mehrbelastung infolge des Erwerbs teurer glutenfreier Spezialnahrungsmittel angeht, ergibt sich aus dem oben unter I.1.b. Gesagten, dass die Befreiungsregelung nicht an diesen finanziellen Mehraufwand anknüpft. Offenbleiben kann, ob er diesen Mehraufwand tatsächlich mangels eines Ausgleichs durch Sozialleistungen oder Unterhaltsansprüche gezwungenermaßen durch eine neben dem Studium aufgenommene Erwerbstätigkeit bestreiten muss. Denn dass er dadurch einen „erheblichen“ Zeitnachteil erleidet, ist seinem Vorbringen jedenfalls nicht zu entnehmen. In der mündlichen Verhandlung hat er den Mehraufwand zunächst mit etwa 150,-- EUR monatlich beziffert, jedoch dies dahin eingeschränkt, dass er diese Berechnung in den Anfangszeiten der Umstellung seiner Diät auf glutenfreie Nahrung im Jahre 2005 angestellt hat und seinerzeit die glutenfreien Lebensmittel noch teurer gewesen seien als heute. Im Sozialrecht wird für Zöliakieerkrankte jedenfalls nur ein Mehrbedarf von 66, 47,-- EUR monatlich für die Mehrkosten einer glutenfreien Ernährung anerkannt (vgl. § 21 Abs.5 SGB II i.V.m § 30 Abs.5 SGB XII: „behinderungsbedingter Zwang zu einer bestimmten kostenaufwändigen Ernährung“; siehe dazu die Broschüre des Deutschen Studentenwerks: „Studium und Behinderung“ - Kapitel 09 - Ziff.2.4a, -www.studentewerke.de/main/default. asp?id=06103 und die Mehrbedarfstabelle www.tacheles-sozialhilfe.de/info/ mehrbedarf_ernaehrung.asp; siehe auch die Österreichische Hochschüler Innenschaft, die einen Bedarf von 70,-- EUR monatlich angibt, - www.oeh.ac.at/ studieren/barrierefrei_studieren/#c1117). In diesem Umfang könnte der Kläger von den Sozialbehörden seinen finanziellen Mehrbedarf im Wege der Sozialleistung einer Hilfe zum Lebensunterhalt in besonderen Lebenslagen zwar im Grundsatz gedeckt bekommen. Allerdings verlangt der Nachrang der Sozialleistung die Prüfung, ob der Betreffende seinen Mehrbedarf nicht ganz oder teilweise durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft insbesondere in den Semesterferien decken kann, wofür grundsätzlich alle von Studierenden üblicherweise ausgeübten Gelegenheitsarbeiten zu berücksichtigen sind und nur abzusehen ist, wenn eine Arbeit neben dem Studium nicht möglich bzw. zumutbar ist (siehe Broschüre des Studentenwerks, a.a.O. Kapitel 09, Ziff.2.3.b). Wie der Kläger aber in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat, geht er einer Nebentätigkeit im Umfang von etwa 9 Stunden pro Woche gegen Bezahlung von brutto 11,20 EUR/Stunde nach, unter anderem auch, um sein sonstiges Studentenleben zu finanzieren. Auch wenn er einen Teil seines dabei erzielten Verdienstes zur Finanzierung der finanziellen Mehrkosten seiner glutenfreien Ernährung aufwendet, ergibt sich daraus selbst bei Annahme von Mehrkosten in Höhe von 100,-- EUR monatlich bei diesem Stundenlohn mittelbar nur ein studienerschwerender zeitlicher Nachteil im Umfang von weniger als 10 Stunden pro Monat, also von vielleicht zwei bis höchstens drei Stunden pro Woche. Das wiederum reicht nach dem oben Gesagten nicht für die Überschreitung der Erheblichkeitsgrenze aus. |
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| Eine erhebliche studienerschwerende Auswirkung haben schließlich auch nicht das allergische Asthma Bronchiale und die saisonale polleninduzierte Rhinitis, an denen der Kläger neben seiner Zöliakieerkrankung zusätzlich leidet. Zum einen handelt es sich zumindest bei der Rhinitis um eine nur saisonale Beschwer. Zum anderen sind diese Erkrankungen mit einer Immuntherapie therapierbar bzw. in ihren akuten Symptomäußerungen durch Atemwegsprays zu kompensieren. Diese Zusatzerkrankung bringt zwar eine weitere zeitliche Erschwernis durch die notwendigen Arztbesuche und die - allerdings wohl in den Semesterferien durchgeführten bisher zweimaligen- Kuraufenthalte mit sich. Dass sich daraus aber im wöchentlichen Studienalltag signifikante zeitliche Mehrbelastungen von mehreren Stunden täglich ergeben, ist dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Eine vom Kläger unter Hinweis auf diese Zusatzerkrankung beantragte Feststellung der Erhöhung des Grades der Behinderung hat zudem das Versorgungsamt offenbar bestandskräftig abgelehnt. |
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| Alles in allem verkennt die Kammer nicht, dass der Kläger durch seine Zöliakieerkrankung aber auch durch sein Asthma im Alltagsleben eindeutig massiv in seiner Lebensqualität eingeschränkt ist. Seiner Ansicht, diese Erkrankungen wirkten sich auch „erheblich“ studienerschwerend aus, vermag die Kammer hingegen nicht zu folgen, da die sich daraus für den Kläger zweifellos ergebenden gewissen zeitlichen Benachteiligungen auch in ihrer Summierung eindeutig nicht den für die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle erforderlichen Umfang erreichen. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Die Kammer hat keinen Anlass, das Urteil wegen der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). |
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| Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage der „Erheblichkeit“ einer studienerschwerenden Auswirkung einer Behinderung im Sinne von § 6 Abs.1 S.1 Nr.3 LHGebG grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs.1 S.1 VwGO i.V.m. § 124 Abs.2 Nr.3 VwGO), nämlich für eine Vielzahl behinderter Studierender bedeutsam, aber bislang nicht obergerichtlich geklärt ist. |
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