Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 26. Feb. 2016 - 26 K 6956/15
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Es wird festgestellt, dass es sich bei den Mittagspausenzeiten des Klägers, in welchen dieser sich für ein Ausrücken mit dem Löschzug einsatzbereit zu halten hat, ungeachtet der Frage der konkreten Bezeichnung dieser Zeiten durch die Beklagte im Sinne des § 7 Satz 1 Arbeitszeitverordnung NRW um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte zu 88 % und der Kläger zu 12 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
3Der 1968 geborene Kläger steht seit dem Jahre 1988 als Beamter im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten. Seit dem 1. Januar 2013 leistet er Tagesdienst im Rahmen einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden innerhalb einer Fünf-Tage-Woche (montags bis freitags) gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im Lande Nordrhein‑Westfalen (Arbeitszeitverordnung NRW – AZVO NRW). Der Dienst beginnt von Montag bis Donnerstag regulär um 7.15 Uhr, Dienstende ist um 16.15 Uhr. An Freitagen ist regulärer Dienstbeginn ebenfalls um 7.15 Uhr und Dienstende um 14.45 Uhr. In der Zeit von 12.30 bis 13.00 Uhr bzw. von 13.00 bis 13.30 Uhr ist täglich eine Mittagspause vorgesehen. Dabei bestand seit dem Eintritt des Klägers in den Tagesdienst eine – mindestens konkludente oder mündliche – Anordnung an alle Tagesdienstbeamten, sich ständig – auch während der Mittagspausenzeiten – ausrückbereit für mögliche Einsätze mit dem jeweiligen Löschzug auf der Feuerwache bereitzuhalten. Zu derartigen Einsätzen mit einer Alarmierung während der Mittagspausenzeiten kam es nach einer Auswertung der Beklagten im Falle des Klägers während der Jahre 2013 bis 2015 insgesamt 24 Mal.
4Zunächst – bis zum 31. Dezember 2013 – wurden pro Arbeitstag 15 Minuten der halbstündigen Mittagspause auf die Dienstzeit angerechnet, d.h. das tatsächliche tägliche Dienstende verschob sich gegenüber dem regulären Dienstende um 15 Minuten nach vorne.
5Mit Schreiben vom 24. Oktober 2013 beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten die Gutschrift der seit seinem Eintritt in den Tagesdienst in der Zeiterfassung täglich als Pause abgezogenen 15 Minuten.
6Ab dem 1. Januar 2014 bis zum 31. Juli 2014 wurde die Mittagspause vollständig auf die Dienstzeit angerechnet. Vom 1. August 2014 bis zum 16. September 2015 wurde – entsprechend dem ursprünglichen Vorgehen der Beklagten – wieder eine Pausenzeit von 15 Minuten auf die Dienstzeit angerechnet.
7Mit Bescheid vom 16. September 2015 lehnte der Bürgermeister der Beklagten den Antrag des Klägers auf Gutschrift der abgezogenen Pausenzeiten ab. Er führte aus, dass sich für die bisherige „50%‑Regelung“ keine gesetzliche Grundlage finde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts komme es für die Abgrenzung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft allein darauf an, ob sich der Beamte an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten habe, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen sei. Daher sei die im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während der Mittagspause entscheidend. Bei der Mittagspause des Klägers komme es nur zu einem unerheblichen und unregelmäßigen dienstlichen Einsatz, sodass es sich um Rufbereitschaft handele und nicht um Arbeitszeit. Zudem ordnete er mit an den Kläger gerichtetem Schreiben gleichen Datums für die Mittagspause Rufbereitschaft an und erklärte, die Pausenzeiten zukünftig zu 1/8 als Freizeitausgleich zu gewähren.
8Mit an alle Tagesdienstbeamten im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst, darunter den Kläger, gerichtetem Schreiben vom 22. September 2015 konkretisierte der Leiter der Feuerwehr der Beklagten die angeordnete Rufbereitschaft insofern, dass jeder Tagesdienstbeamte im Falle einer Alarmierung in der Regel innerhalb von 90 Sekunden im Löschzug einsatzbereit auszurücken habe und bat um entsprechend angepasstes Pausenverhalten.
9Am 15. Oktober 2015 hat der Kläger Klage erhoben. Mit dieser macht er geltend, er leiste während der Mittagspause Bereitschaftsdienst i.S.d. § 7 AZVO NRW, welcher als Arbeitszeit zu bewerten und auszugleichen sei, denn er habe sich während der Mittagspause außerhalb seines Privatbereichs innerhalb der Feuerwache aufzuhalten und sich jederzeit zum Einsatz bereitzuhalten. Die Häufigkeit der tatsächlichen Einsätze während der Mittagspause sei unerheblich. Relevant sei vielmehr, ob nach den üblichen Umständen mit solchen Einsätzen erfahrungsgemäß zu rechnen sei. Dies sei vorliegend der Fall.
10Der Kläger beantragt,
11festzustellen, dass es sich bei seinen Mittagspausenzeiten, in welchen er sich für ein Ausrücken mit dem Löschzug einsatzbereit zu halten hat, ungeachtet der Frage der konkreten Bezeichnung dieser Zeiten durch die Beklagte im Sinne des § 7 Abs. 1 Arbeitszeitverordnung NRW um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie führt ergänzend aus, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müsse für die Annahme von Bereitschaftsdienst die Einsatzalarmierung die Regel und nicht die Ausnahme darstellen. Dabei komme es auf eine typisierende Gesamtbetrachtung eines repräsentativen Zeitraumes an. Die Einsatzhäufigkeit des Klägers in den Jahren 2013 bis 2015 entspreche ausgehend von 138 Arbeitswochen im Dreijahreszeitraum einer durchschnittlichen Inanspruchnahme von lediglich einer Alarmierung in der Mittagspausenzeit innerhalb von sechs Wochen, weshalb von einer regelmäßigen Inanspruchnahme nicht die Rede sein könne.
15Soweit der Kläger über den nunmehr gestellten Klageantrag hinaus ursprünglich Ausgleichsansprüche für die seit seinem Eintritt in den Tagesdienst bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung geleistete und bislang nicht abgegoltene Arbeitszeit während der Mittagspausenzeiten in Höhe von 116,75 Stunden bzw. 2071,15 Euro geltend gemacht hatte, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit für erledigt erklärt, nachdem sich die Beklagte verpflichtet hatte, unter der Bedingung, dass rechtskräftig durch ein Urteil festgestellt wurde, dass es sich bei den Mittagspausenzeiten der Feuerwehrbeamten im Tagesdienst der Stadt W. , in welchen diese sich für ein Ausrücken mit dem Löschzug einsatzbereit zu halten haben, im Sinne des § 7 Satz 1 AZVO NRW um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt, dem Kläger einen Freizeitausgleich in Höhe von 71,75 Stunden für den Zeitraum 1. November 2013 bis 15. Oktober 2015 zu gewähren, welcher sich in einen nach den jeweils maßgeblichen Sätzen der Mehrarbeitsvergütung zu bemessenden Geldausgleich umwandelt, soweit die Gewährung von Freizeitausgleich binnen eines Jahres ab dem Datum dieser Erklärung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich sein sollte.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der Verfahren 26 K 6795/15, 26 K 6807/15, 26 K 6957/15, 26 K 8473/15, ferner auf den Inhalt des im vorliegenden Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie des im Verfahren 26 K 6957/15 beigezogenen Brandschutzbedarfsplans für die Feuerwehr der Stadt W. verwiesen.
17Entscheidungsgründe:
18Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
19Im Übrigen hat die Klage Erfolg. Sie ist als Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung. Denn wenn feststeht, dass es sich bei den im Klageantrag benannten Zeiten um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt, die als solche hätte angerechnet werden müssen, kann die Beklagte ihr bisheriges Dienstzeitmodell für die Tagesdienstbeamten – und damit auch den Kläger – nicht aufrechterhalten und zudem bleiben für die Zeit zwischen dem 16. Oktober 2015 und der dann vorzunehmenden Umstellung des Dienstplanmodells weitere Ausgleichsansprüche des Klägers möglich.
20Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil es sich im Ergebnis bei seinen Mittagspausenzeiten, in welchen er sich für ein Ausrücken mit dem Löschzug einsatzbereit zu halten hat, ungeachtet der Frage der konkreten Bezeichnung dieser Zeiten durch die Beklagte im Sinne des § 7 Satz 1 AZVO NRW um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt.
21Ausgangspunkt für die Einordnung der Mittagspausenzeiten als Bereitschaftsdienst und damit Arbeitszeit oder als Rufbereitschaft und damit Nicht-Arbeitszeit sind die §§ 6 und 7 der AZVO NRW, welche für den Kläger als nicht im Schichtdienst eingesetzten Feuerwehrbeamten gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Lande Nordrhein‑Westfalen (AZVOFeu NRW) anwendbar ist. Danach liegt Rufbereitschaft vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer der oder dem Dienstvorgesetzten anzuzeigenden Stelle aufhält, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (§ 6 Abs. 1 AZVO NRW). Bereitschaftsdienst leisten hingegen Beamtinnen und Beamte, die sich auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten an einer von der oder vom Dienstvorgesetzten bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (§ 7 Satz 1 AZVO NRW).
22Vorliegend sind die Voraussetzungen des Bereitschaftsdienstes nach § 7 Satz 1 AZVO NRW erfüllt. Unstreitig und auch für das Gericht nicht zweifelhaft bestand seit dem Eintritt des Klägers in den Tagesdienst eine – mindestens konkludente oder mündliche – Anordnung an alle Tagesdienstbeamten und damit auch an den Kläger, sich auch während der Mittagspausenzeiten ausrückbereit für einen möglichen Einsatz mit dem jeweiligen Löschzug auf der Feuerwache bereitzuhalten. Mit dieser Anordnung bestimmte die Beklagte eine Stelle, an der sich der Kläger während der Mittagspausenzeiten aufzuhalten hat, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, nämlich die Feuerwache. An diesem Ergebnis ändert auch das Schreiben des Bürgermeisters der Beklagten vom 16. September 2015 nichts, soweit durch dieses – konkretisiert durch das Schreiben des Leiters der Feuerwehr vom 22. September 2015 – gegenüber dem Kläger Rufbereitschaft für die Mittagspausenzeiten angeordnet wurde. Indem das Konkretisierungsschreiben die – mit der sog. Dispositionszeit im Brandschutzbedarfsplan korrespondierende – Vorgabe einer Ausrückbereitschaft im Löschzug binnen 90 Sekunden enthält, ist trotz fehlender ausdrücklicher Benennung der Feuerwache letztere weiterhin konkludent als Ort des Aufenthalts bestimmt, denn nur bei einem Aufenthalt innerhalb der Feuerwache bzw. des Feuerwachgeländes ist gewährleistet, auf einen Alarm reagieren zu können und daraufhin innerhalb von 90 Sekunden im Löschzug einsatzbereit zu sein. Die – im Ergebnis rechtlich unzutreffende – Bezeichnung des angeordneten Dienstes als „Rufbereitschaft“ im Schreiben vom 16. September 2015 vermag an der allein nach objektiven Kriterien vorzunehmenden rechtlichen Einordnung dieses Dienstes als Bereitschaftsdienst im Sinne von § 7 Satz 1 AZVO NRW nichts zu ändern.
23Auch die die §§ 6, 7 AZVO NRW zur Abgrenzung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft ergänzende ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Nach dieser kommt es für die Abgrenzung des Bereitschaftsdienstes insbesondere von der Rufbereitschaft allein darauf an, ob der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – juris, mit vielen weiteren Nachweisen.
25Damit formuliert das Bundesverwaltungsgericht zwei zusätzliche ungeschriebene Tatbestandsmerkmale des Bereitschaftsdienstes. Das Kriterium des Aufenthalts an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs ist vorliegend angesichts der Bestimmung der Feuerwache als Ort des Aufenthalts erfüllt. Auch das zweite Merkmal, demzufolge beim Bereitschaftsdienst erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen sein muss, ist vorliegend gegeben. Das erkennende Gericht sieht dieses Kriterium im Rahmen einer unionsrechtskonformen Auslegung jedenfalls immer dann als gegeben an, wenn – hier gegeben – die persönliche Anwesenheit in der Dienststelle angeordnet wurde.
26Unionsrechtlich sind nämlich sämtliche Zeiten, die vom Arbeitnehmer in Form persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle zu leisten sind, insgesamt als Arbeitszeit zu werten, ohne dass es auf die tatsächlich während des Dienstes erbrachte Arbeitsleistung ankäme.
27Vgl. EuGH in ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil vom 3. Oktober 2000 – C-303/98 (SIMAP) – juris; dem erst kürzlich noch folgend BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 26/14 – juris.
28Angesichts dieser unionsrechtlichen Vorgaben folgt auch aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 –, mit dem dieses ersichtlich nicht von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abweichen wollte,
29vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – juris, Rn. 16,
30nichts anderes.
31Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen dieses Urteils die zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während bestimmter Zeiten als für die Beantwortung der Frage entscheidend angesehen, ob dienstliche Einsätze während dieser Zeiten zur Wahrnehmung regelmäßig anfallender dienstlicher Aufgaben unabdingbar oder doch vom Dienstherrn eingeplant sind – danach entscheide sich, ob während dieser Zeiten typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen sei, die diesen das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz gäben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder eine Form der Rufbereitschaft darstellten, die allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen werde,
32vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – juris, Rn. 17.
33Dieses Abgrenzungskriterium hat das Bundesverwaltungsgericht aber gerade nicht auf einen Fall angeordneter persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle bezogen, sondern auf einen von ihm selbst als „Besonderheit“ gekennzeichneten Fall, der sich dadurch auszeichnete, dass trotz fehlender angeordneter persönlicher Anwesenheit die Beamten für eine jederzeitige dienstliche Inanspruchnahme zur Verfügung standen, weil sie den dienstlichen Bereich, im konkreten Fall ein Polizeischiff auf See, nicht verlassen und sich aus diesem Grund dem Zugriff des Dienstherrn nicht entziehen konnten.
34BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – juris, Rn. 17.
35In dieser Sondersituation sollte offenbar vermieden werden, dass die rein faktische, durch den Aufenthalt auf dem Schiff bedingte dienstliche Verfügbarkeit vom Dienstherrn ausgenutzt würde, indem zwar kein Bereitschaftsdienst angeordnet wird, im Bedarfsfall aber dennoch auf die verfügbaren Beamten zurückgegriffen wird. Das Abstellen auf die Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme diente der Beantwortung der Frage, ob im Falle fehlender Anordnung der Anwesenheit am Dienstort die Greifbarkeit der Beamten für unabdingbar gehalten wird oder zumindest eingeplant ist und die entsprechenden Zeiten daher als Bereitschaftsdienst zu bewerten sind.
36Auch aus dem Urteil des OVG NRW vom 24. August 2015 – 1 A 421/14 – folgt gegenüber den oben genannten unionsrechtlichen Vorgaben nichts anderes. Vielmehr bestätigt das OVG NRW in diesem Urteil unter Verweis auf den Europäischen Gerichtshof ausdrücklich, dass es rechtlich unerheblich ist, wie und in welchem zeitlichen Umfang in den Zeiten eines angeordneten Bereitschaftsdienstes tatsächlich Dienst verrichtet wurde.
37OVG NRW, Urteil vom 24. August 2015 – 1 A 421/14 – juris, Rn. 136.
38Soweit das OVG NRW in diesem Urteil ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – für die Abgrenzung zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft auf die Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme abgestellt hat, betraf auch dies – vergleichbar mit dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall – eine ausdrücklich als solche bezeichnete „Besonderheit“, nämlich eine ebenfalls ohne ausdrückliche Anordnung der Anwesenheit in der Dienstelle, im konkreten Fall einer Deutschen Botschaft im Ausland, dennoch bestehende dienstliche Verfügbarkeit aufgrund des gegenüber den Botschaftsbeschäftigten auf der Grundlage des § 25 Gesetz über den Auswärtigen Dienst (GAD) als Maßnahme der Krisenfürsorge durch das Auswärtige Amt verfügten Verbots, das Botschaftsgelände zu verlassen.
39OVG NRW, Urteil vom 24. August 2015 – 1 A 421/14 – juris, Rn. 76.
40Derartige Besonderheiten bestehen im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht, sondern hier handelt es sich um den „Normalfall“ eines Bereitschaftsdienstes, bei dem – wie ausgeführt – die Anwesenheit in der Dienststelle ausdrücklich angeordnet ist.
41Die als einheitliche Entscheidung zu treffende Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, die Kosten hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen, soweit sie sich durch die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung gegenüber dem Kläger bedingt verpflichtet hat, bestimmte Mittagspausenzeiten auszugleichen, weil es sich bei diesen Zeiten entsprechend der oben gemachten Ausführungen um Arbeitszeit handelte und am Vorliegen aller weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch keine Zweifel bestanden, und diese Kosten dem Kläger aufzuerlegen, soweit er ursprünglich einen über den Umfang dieser Erklärung hinausgehenden Ausgleichsanspruch geltend gemacht hatte, weil er von diesem durch seine Erledigungserklärung insoweit – einer Teilklagerücknahme gleichkommend – Abstand genommen hat.
42Beschluss:
43Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 6.000,00 Euro festgesetzt.
44Gründe:
45Die Festsetzung des Streitwertes ist nach §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG erfolgt.
46Der Streitwert im Hinblick auf die begehrte Feststellung bemisst sich nach dem sog. Teilstatus, also dem 2-fachen Jahreswert der durch die Feststellung erstrebten Verbesserung (Nr. 10.4 des Streitwertkataloges 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Diese Verbesserung besteht hier in der Anerkennung von Mittagspausenzeiten als Bereitschaftsdienst und damit als volle Arbeitszeit, deren Wert sich nach den Sätzen der Mehrarbeitsvergütungsverordnung bestimmt, während die Mittagspausenzeiten derzeit lediglich als Rufbereitschaftszeiten zu 1/8 als Freizeitausgleich abgegolten werden.
47Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berechnung der Zuvielarbeit ist auch die hier erstrebte Verbesserung pro Jahr pauschal unter Abzug des sechswöchigen Urlaubsanspruchs sowie einer weiteren Woche für die Wochenfeiertage zu errechnen.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 C 70/11 – juris.
49Danach sind von 52 Wochen im Jahr sieben Wochen abzuziehen, sodass der Berechnung des Wertes der begehrten Verbesserung 45 Wochen zugrunde zu legen sind. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass an den fünf Arbeitstagen der Woche die jeweils 30‑minütige Mittagspause an Stelle des bisherigen Ausgleichs zu 1/8 vollständig als Arbeitszeit bewertet wird, und somit, dass je Woche rund 2,19 Stunden Arbeitszeit zusätzlich anerkannt werden. Damit sollen pro Jahr rund 98,44 Stunden Arbeitszeit anerkannt werden; für den 2-fachen Jahreswert ergeben sich rund 196,88 begehrte Stunden. Der Stundensatz der Mehrarbeitsvergütung gem. § 4 Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) beträgt für die hier maßgebliche Besoldungsgruppe A 9 des Klägers 19,29 Euro, sodass sich für den Feststellungsantrag insgesamt ein Streitwert von rund 3798,00 Euro ergibt.
50Hinsichtlich des in der Hauptsache erledigten Teils der Klage begehrte der Kläger ursprünglich einen Ausgleich für sämtliche seit seinem Eintritt in den Tagesdienst bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung abgezogenen Mittagspausenzeiten, insgesamt in Höhe von 116,75 Stunden bzw. 2071,15 Euro.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 26. Feb. 2016 - 26 K 6956/15
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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 26. Feb. 2016 - 26 K 6956/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen, kann die oberste Dienstbehörde Gleitzeit ermöglichen. Die zur Erfüllung der Aufgaben jeweils erforderliche dienstliche Anwesenheit der Beamtinnen und Beamten ist durch diese und ihre Vorgesetzten sicherzustellen.
(2) Die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit sowie der früheste Dienstbeginn und das späteste Dienstende sind festzulegen.
(3) Es sind Kernarbeitszeiten oder Funktionszeiten festzulegen. Soweit dienstliche Gründe es zulassen, kann auf eine solche Festlegung verzichtet werden. Über die Kernarbeitszeit oder Funktionszeit hinaus ist die dienstliche Anwesenheit der Beamtinnen und Beamten durch diese und ihre Vorgesetzten sicherzustellen, soweit die Erfüllung der Aufgaben dies erfordert. Die Kernarbeitszeit ist bei Teilzeitbeschäftigung individuell festzulegen.
(4) Unterschreitungen der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sind bis zu höchstens 40 Stunden zulässig. Ein Über- oder Unterschreiten der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist grundsätzlich innerhalb des Abrechnungszeitraums auszugleichen. Abrechnungszeitraum ist das Kalenderjahr oder ein anderer festgelegter Zeitraum von höchstens zwölf Monaten. In den nächsten Abrechnungszeitraum dürfen höchstens 40 Stunden übertragen werden.
(5) Bei automatisierter Zeiterfassung kommen bis zu zwölf Gleittage in Betracht. Wenn es dienstlichen Belangen förderlich oder nach den dienstlichen Verhältnissen zweckmäßig ist, können bis zu 24 Gleittage zugelassen werden. Es kann festgelegt werden, dass an bestimmten Tagen allgemein kein Dienst zu leisten und die ausfallende Zeit vor- oder nachzuarbeiten ist. Für Auslandsvertretungen können Ausnahmen von der Notwendigkeit der automatisierten Zeiterfassung zugelassen werden.
(6) Ist eine Kernarbeitszeit festgelegt, können auch halbe Gleittage zugelassen werden. Außerdem können unmittelbare Vorgesetzte eine im Einzelfall aus wichtigen persönlichen Gründen erforderliche Nichteinhaltung der Kernarbeitszeit genehmigen.
(7) Die dienstliche Anwesenheit der Beamtinnen und Beamten ist unter ihrer Mitwirkung automatisiert zu erfassen. Von der automatisierten Erfassung können in Einzelfällen Ausnahmen zugelassen werden. Die Daten sind mindestens drei Monate nach Ablauf des Kalendermonats, in dem sie erhoben wurden, aufzubewahren. Die oberste Dienstbehörde legt fest, ob die Daten entweder spätestens sechs Monate nach Ablauf des Abrechnungszeitraums oder spätestens 13 Monate nach Ablauf des Kalendermonats, in dem sie erhoben wurden, zu löschen sind.
(8) Verstöße gegen Gleitzeitregelungen dürfen den jeweils zuständigen Vorgesetzten mitgeteilt werden. Darüber hinaus sind den unmittelbaren Vorgesetzten ausschließlich für Zwecke des gezielten Personaleinsatzes die Gleitzeitsalden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzuteilen, sofern sich positive Salden von mehr als 20 Stunden oder negative Salden von mehr als zehn Stunden ergeben. Daten nach Satz 2 dürfen nicht für eine Kontrolle oder Bewertung der Leistung oder des Verhaltens der Beamtinnen und Beamten verwendet werden.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Tatbestand
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Der Kläger beansprucht finanziellen Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit.
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Der 1961 geborene Kläger stand bis zu seiner antragsgemäßen Entlassung mit Ablauf des 30. April 2009 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten. Von Anfang 2002 bis zu seiner Entlassung leistete er als Oberfeldarzt (BesGr A 15 BBesO) Dienst im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. Beruhten die im Rahmen des Dienstes angefallenen Überstunden des Klägers auf zusammenhängenden Einzeldiensten von mehr als zwölf Stunden, wurden sie teilweise aufgrund einer Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Verteidigung durch Freizeitausgleich abgegolten. War ein Freizeitausgleich nicht möglich, erhielt der Kläger für diese zusammenhängenden Einzeldienste aufgrund einer Rechtsverordnung eine finanzielle Vergütung.
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Anfang August 2009 beantragte der Kläger die Auszahlung einer Vergütung für insgesamt 2 360,26 von ihm geleistete Überstunden, für die kein Freizeitausgleich erfolgt sei. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Beschwerde blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers abgewiesen.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zugelassen, soweit dieser einen finanziellen Ausgleich für Mehrarbeit über eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus beansprucht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger für in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. April 2009 geleistete Zuvielarbeit von insgesamt 367,92 Stunden finanziellen Ausgleich nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die beamtenrechtliche Mehrarbeitsvergütung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
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Ausgleichsansprüche für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis Ende Dezember 2005, gleich ob unions- oder nationalrechtlichen Ursprungs, seien verjährt. Für den Zeitraum von Januar 2006 bis Ende April 2009 habe der Kläger unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen unionsrechtswidrig geleisteter Zuvielarbeit einen Anspruch auf Geldausgleich. Die Höhe des Ausgleichs bemesse sich nach den im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätzen der beamtenrechtlichen Mehrarbeitsvergütung. Die Überschreitung der Arbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum bestimme sich nicht nach der einzelnen Woche. Sachgerecht sei insoweit ein Bezugszeitraum von vier Monaten. Es sei nicht nur der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaub von vier Wochen, sondern der gesamte Urlaub mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen.
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Hiergegen wendet sich die bereits vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2012 in vollem Umfang zurückzuweisen
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und
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die Anschlussrevision zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision der Beklagten zurückzuweisen
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und
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das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für weitere 1 850,89 Stunden finanziellen Ausgleich zu gewähren sowie der Berechnung der Ausgleichszahlung insgesamt die im Zuvielarbeitszeitraum bezogene Besoldung nach BesGr A 15 BBesO (mindestens 24 €/Stunde) zugrunde zu legen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch setze keine zeitnahe Geltendmachung durch den Betroffenen voraus, verletzt revisibles Recht. Ob sich das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht entscheiden.
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In dem Zeitraum ab 2006, in dem die Ansprüche des Klägers nicht verjährt sind, sind die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben (1). Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG), der die Anwendung der Begrenzung der Höchstarbeitszeit durch Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ausschließt, ist nicht anwendbar (2). Der Dienstherr muss lediglich die rechtswidrige Zuvielarbeit ausgleichen, die der Berechtigte ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet hat (3). Der noch nicht verfallene Ausgleichsanspruch ist primär auf Ausgleich in Freizeit ausgerichtet. Da diese Form des Ausgleichs aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen ausscheidet, wandelt sich der Ausgleichsanspruch in einen solchen auf finanziellen Ausgleich um (4). Etwaige Ausgleichansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt (5). Ob der Kläger Zuvielarbeit geleistet hat, bestimmt sich mangels einer anderweitigen Regelung durch den nationalen Normgeber nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum (6). Der gesamte dem Kläger nach nationalem Recht zustehende Urlaub ist mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen (7). Zahlungen wegen zusammenhängender und nicht auszugleichender Dienste führen nicht zu einer Reduzierung der in den betreffenden Siebentageszeiträumen geleisteten Arbeitszeit (8). Für den Geldausgleich sind die Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte maßgeblich (9). Vergütungen, die der Kläger wegen zusammenhängender Dienste oder wegen Dienste zu ungünstigen Zeiten erhalten hat, sind nicht anzurechnen (10).
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1. Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs sind im Zeitraum ab dem Jahr 2006 gegeben. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (stRspr, EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 47 f.).
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Im Zeitraum von Anfang 2006 bis Ende April 2009 sind zugleich grundsätzlich die Voraussetzungen des dienstrechtlichen Ausgleichsanspruchs aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gegeben (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26). Die beiden Ansprüche sind hinsichtlich der Verjährung sowie der Rechtsfolgen gleichgerichtet (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 14, 26 und 30).
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a) Nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet. Diese Vorschrift verleiht dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der wortgleichen Vorgängerbestimmung des Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG in das Arbeitszeitrecht der Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 56 ff.).
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Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist es unerheblich, ob der Kläger gegenüber der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses gerügt hat, der Dienstplan verstoße gegen die unionsrechtlich zulässige Höchstarbeitszeit. Denn die aus der Richtlinie folgenden Rechte stehen dem Berechtigten unabhängig davon zu, ob er gegenüber dem umsetzungssäumigen Mitgliedstaat die Einhaltung dieser Vorschriften geltend gemacht hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78 m.w.N.).
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b) Der Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ist auch hinreichend qualifiziert, weil die Beklagte hinsichtlich des Arbeitszeitrechts von Soldaten die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verkannt hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Die Beklagte hat nicht die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebende Schlussfolgerung (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) berücksichtigt, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind.
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Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden einschließlich der Überstunden pro Siebentageszeitraum ist eindeutig. Die Vorgabe war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung bis zum 23. November 1996 auch für Berufssoldaten in nationales Recht umzusetzen. Art. 288 Abs. 3 AEUV erfordert zur Umsetzung einer Richtlinie eine Rechtsnorm; eine Verwaltungspraxis oder eine Verwaltungsvorschrift reicht hierfür nicht aus. Die der Umsetzung einer Richtlinie dienende innerstaatliche Vorschrift muss, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen, konkret, bestimmt sowie klar sein; ferner muss ihre Verbindlichkeit unbestreitbar sein. Eine Verwaltungspraxis, die nicht normativ begründet oder verfestigt ist, sodass die Verwaltung sie beliebig ändern kann, und die nur unzureichend bekannt ist, ist nicht als eine wirksame Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 288 Abs. 3 AEUV anzusehen (EuGH, Urteile vom 30. Mai 1991 - C-361/88 - Slg. 1991, I-2596 Rn. 20 ff. und vom 16. Dezember 1997 - C-316/96 - Slg. 1997, I-7231 Rn. 16).
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Im streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 ging die Beklagte noch davon aus, die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union erfassten Soldaten generell nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20). Erlasse, Befehle und Verwaltungsvorschriften reichen jedoch zur Umsetzung der auch für Soldaten geltenden Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie nicht aus. Erst durch § 30c SG (in der Fassung des insoweit am 23. Mai 2015 in Kraft getretenen Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetzes vom 13. Mai 2015, BGBl. I S. 706) ist die Arbeitszeit von Soldaten inzwischen normativ geregelt worden.
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Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 gilt die Richtlinie 2003/88/EG unbeschadet ihrer Art. 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. Nr. L 183 S. 1). Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 RL 89/391/EWG, wonach diese Richtlinie keine Anwendung findet, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z.B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen, ist eng auszulegen (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff. und vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 u.a., Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 Rn. 53 ff.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7111 Rn. 42). Ausgenommen sind nicht die Dienste als solche, sondern nur bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben, die wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften der Richtlinie rechtfertigen. Hierunter fallen lediglich Natur- oder Technologiekatastrophen, Attentate, schwere Unglücksfälle oder andere Ereignisse gleicher Art, deren Schwere und Ausmaß Maßnahmen erfordern, die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit des Gemeinwesens unerlässlich sind und deren ordnungsgemäße Durchführung in Frage gestellt wäre, wenn alle Vorschriften der Richtlinien beachtet werden müssten. Aus dieser Rechtsprechung folgt ohne Weiteres, dass Soldaten, insbesondere die in den Krankenhäusern der Bundeswehr als Ärzte eingesetzten, nicht vom Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen sind.
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Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 39 und 85 und vom 15. April 2008 - C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat die Beklagte nicht nur in ihrer Eigenschaft als zuständige Normgeberin durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Dienstherrin durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.
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c) Zwischen dem Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn diese Vorgabe eingehalten worden wäre, besteht auch ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.
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Unerheblich ist, dass zusätzliche Dienste eines Berufssoldaten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts darstellen. Maßgeblich ist insoweit allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 59, 61 und 63 sowie Tenor 1 und 4; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 24).
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2. Zur Begründung ihrer Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich, weil Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG nicht anwendbar sei und der Kläger damit tatsächlich nicht unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet habe, kann sich die Beklagte nicht auf Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG berufen.
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Nach Art. 22 RL 2003/88/EG ist es einem Mitgliedstaat freigestellt, Art. 6 RL 2003/88/EG nicht anzuwenden, wenn er die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, dass kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des Bezugszeitraums von vier Monaten mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentageszeitraums zu arbeiten, es sei denn der Arbeitnehmer hat sich dazu bereit erklärt.
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Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG eröffnet den Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit zur Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 RL 2003/88/EG, die der Mitgliedstaat durch den Erlass von zur Umsetzung ausreichenden Rechtsnormen ausnutzen muss. Hat jedoch der Mitgliedstaat, wie hier, von dieser Möglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht durch den Erlass einer Rechtsnorm Gebrauch gemacht, ist Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG für die Entscheidung mit der Folge unerheblich, dass grundsätzlich Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG heranzuziehen ist (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 35 ff. und 50 und vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 33).
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Im Übrigen merkt der Senat zur Argumentation der Beklagten zum Merkmal "verlangt" im Sinne von Art. 22 RL 2003/88/EG an, dass die Haltung der Beklagten in sich widersprüchlich ist. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, sie habe den Kläger nie angewiesen, mehr als 48 Stunden wöchentlich Dienst zu leisten, und dieser habe sie durch seine darüber hinausgehende Dienstleistung vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl der Chefarzt des Bundeswehrzentralkrankenhauses im März 2006 auf die Einhaltung der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden bezogen auf vier Monate gedrungen habe. Die Beklagte lässt dabei unberücksichtigt, dass der Kläger seinen Dienst allein aufgrund und entsprechend der von ihr vorgegebenen Dienstpläne verrichtet hat, die den unionsrechtlichen Vorgaben zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit widersprachen, denen aber der Kläger als Soldat Folge zu leisten hatte.
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3. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Zuvielarbeit setzt - wie der nationale dienstrechtliche Ausgleichsanspruch - voraus, dass der vom Beamten oder Soldaten zuvor geltend gemacht worden ist. Auszugleichen ist die rechtswidrige Zuvielarbeit, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet worden ist (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26).
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a) Besoldungsansprüche von Beamten und Soldaten ergeben sich unmittelbar aus Gesetz (§ 2 Abs. 1 BBesG), eines Antrages bedarf es daher nicht. Entsprechendes gilt für Versorgungsbezüge (§ 3 Abs. 1 BeamtVG, § 1a Abs. 1 SVG): Rechtsgrund der Alimentierung von Ruhestandsbeamten ist zwar der Versorgungsfestsetzungsbescheid, auch dieser ergeht indes von Amts wegen (§ 49 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 SVG) und bedarf daher weder eines Antrags noch einer Hinweispflicht (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 C 59.11 - BVerwGE 145, 14 Rn. 34).
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Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen dagegen einer vorherigen Geltendmachung (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81, 363 <384 f.>; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27). Denn hier ist eine vorgängige Entscheidung über Grund und Höhe der begehrten Zahlung erforderlich.
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Für Ansprüche wegen rechtswidriger Zuvielarbeit gilt dies in besonderer Weise. Diese sind nicht primär auf die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs gerichtet, sondern auf die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands. Durch den Hinweis des Beamten oder Soldaten ist daher zunächst eine Prüfung seines Dienstherrn veranlasst, ob eine Änderung der Arbeitszeitgestaltung erforderlich ist und ob eine rechtswidrige Zuvielarbeit - etwa durch Anpassung der maßgeblichen Dienstpläne - vermieden oder durch die Gewährung von Freizeitausgleich kompensiert werden kann. Ohne entsprechende Rüge muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung der aktuellen Arbeitszeitregelung beanstanden. Auch hinsichtlich der möglichen finanziellen Ausgleichspflicht hat der Dienstherr ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit unvorhersehbaren Zahlungsbegehren konfrontiert zu werden (BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 7.06 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 39 Rn. 15).
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Der Soldat oder Beamte wird durch das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs gegenüber seinem Dienstherrn auch nicht unzumutbar belastet. Denn an die Rüge des Berechtigten sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn sich aus der schriftlichen Äußerung ergibt, dass der Beamte oder Soldat die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Weder ist ein Antrag im rechtstechnischen Sinne erforderlich noch muss Freizeitausgleich, hilfsweise finanzieller Ausgleich, beantragt oder der finanzielle Ausgleich konkret berechnet werden (BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 15 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27).
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b) Die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auch auf den nicht normativ geregelten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist mit Unionsrecht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20). Soweit der Senat zwischenzeitlich (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 141, 381 Rn. 25; ebenso Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 B 39.13 - Buchholz 237.8 § 80 RhPLBG Nr. 1 Rn. 6 f.), veranlasst durch eine aus heutiger Sicht möglicherweise fehlinterpretierte Aussage des Gerichtshofs der Europäischen Union in dessen Urteil vom 25. November 2010 (C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78, 84, 86 f., 90), Gegenteiliges vertreten hat, hält der Senat daran nicht mehr fest; nach den insoweit eindeutigen Aussagen des Gerichtshofs in dessen Urteil vom 19. Juni 2014 (C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 ff.) ist dies überholt. Voraussetzung für die Vereinbarkeit des genannten Grundsatzes mit Unionsrecht ist, dass den Anforderungen des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes Rechnung getragen ist (EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 bis 115 und Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13, Unland - ZBR 2015, 414 Rn. 72).
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Die den nationalen Gerichten obliegende Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen der beiden unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Gebot der zeitnahen Geltendmachung erfüllt sind. Dem Gebot, dass die Modalitäten zur Durchsetzung des unionsrechtlichen Anspruchs nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), ist Rechnung getragen. Der - neben dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bestehende, richterrechtlich entwickelte - Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ist nur gegeben, wenn der Berechtigte diesen gegenüber seinem Dienstherrn schriftlich geltend macht (BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.). Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Berechtigten und die Behörde schützt, mit diesen Vorgaben des Unionsrechts vereinbar (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-262/09, Meilicke - Slg. 2011, I-5669 Rn. 56 m.w.N.). Zudem sind, wie dargelegt, die Anforderungen an die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs gering. Denn der Berechtigte muss gegenüber dem Dienstherrn lediglich schriftlich zum Ausdruck bringen, er halte die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt.
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c) Ob der Kläger Ausgleichsansprüche in den Jahren 2002 bis 2005 jeweils entsprechend den genannten Anforderungen geltend gemacht hat, kann dahinstehen. Denn die etwaigen Ausgleichsansprüche sind verjährt (dazu nachfolgend 4.). Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch, den der Berechtigte rechtzeitig geltend gemacht hat, unterliegt der Verjährung (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19).
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Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat sich der Kläger im Oktober 2007, im Juli 2008 und im August 2009 an seinen Dienstherrn gewandt und die Festsetzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit beanstandet. Demgegenüber fehlen für das Jahr 2006 entsprechende Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht treffen darf. Im neuerlichen Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof deshalb zu prüfen, ob der Kläger auch im Jahr 2006 gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung oder der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses die Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit schriftlich geltend gemacht hat.
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4. Der primär auf Ausgleich in Zeit gerichtete Anspruch des Klägers ist in einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich umgewandelt, der weder verfallen noch aus anderen Gründen ausgeschlossen ist.
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a) Der Haftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit ist primär auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Zweck der Begrenzung der Höchstarbeitszeit pro Siebentageszeitraum, den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, ist nicht durch eine Geldzahlung, sondern durch die Freistellung von der Pflicht zur Dienstleistung zu erreichen.
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Scheidet aber die Gewährung von Freizeit zum Ausgleich der Zuvielarbeit aus vom Berechtigten nicht zu vertretenden Gründen aus, so gebietet es der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die entstandenen Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 34 ff.). Danach sind hier finanzielle Ausgleichsansprüche des Klägers nicht ausgeschlossen, weil die angespannte Personalsituation in der Abteilung des Bundeswehrzentralkrankenhauses, in der der Kläger in führender Funktion Dienst zu leisten hatte, der Gewährung von Freizeit zur Abgeltung der entstandenen Ansprüche entgegenstand.
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b) Der zum Ausgleich verpflichtete Dienstherr ist auch befugt, den Verfall des Ausgleichsanspruchs vorzusehen, um einem unbegrenzten Anhäufen von Ausgleichsstunden vorzubeugen.
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Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr vom 20. Oktober 1998 in der Fassung vom 1. Februar 2003 (Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen der Soldaten, BMVg Fü S I 1) sah hier (III.C.16) eine Frist zur Abgeltung von zwölf Monaten vor. Für den Bereich der Bundeswehrkrankenhäuser waren aber wegen der besonderen Anforderungen an das klinische Personal, die zu einem erheblichen Anstieg der Ausgleichsansprüche geführt hatten, Sonderregelungen erlassen worden (Weisungen des Sanitätsführungskommandos vom 23. März 2004 und vom 15. Juni 2007 sowie Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009). Diese sehen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Abgeltung der Ansprüche im Zeitraum bis Ende Dezember 2014 vor.
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c) Auch wenn der Beamte oder Soldat den Entschluss fasst, das Dienstverhältnis zu beenden, steht ihm kein Wahlrecht zwischen Freizeitausgleich und einem Ausgleich in Geld zu (kein "dulde und liquidiere"). Er ist gehalten, sich mit diesem Anliegen so rechtzeitig an seinen Dienstherrn zu wenden, dass diesem noch der Ausgleich der Zuvielarbeitsstunden durch die Gewährung von Freizeit möglich bleibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 2011 - 2 B 33.11 - juris Rn. 7 ff. zum Ausgleich der von Lehrern zu leistenden Vorgriffsstunden).
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Nach diesen Grundsätzen war hier die Umwandlung der Ansprüche auf Freizeitausgleich in solche auf finanziellen Ausgleich nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat die Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Berufssoldaten mehr als drei Monate vor seiner Entlassung beantragt. Dieser Zeitraum ist für die Durchführung des Ausgleichs durch Freistellung vom Dienst als ausreichend anzusehen. Aufgrund der Personalsituation in der Abteilung für Neurochirurgie war dem Bundeswehrkrankenhaus die Freistellung des Klägers vom Dienst bis Ende April 2009 nicht in ausreichendem Maße möglich.
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5. Etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt. Die Verjährungsfrist endete hinsichtlich des (letzten) Jahres 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2008.
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a) Fehlen, wie hier, unionsrechtliche Vorgaben zur Verjährung, gelten die Verjährungsregeln des nationalen Rechts. Regelt das einschlägige Fachrecht die Verjährung nicht, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (BVerwG, Urteile vom 15. Juni 2006 - 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 und vom 11. Dezember 2008 - 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8).
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Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegt der Anspruch den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB).
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Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt eine nationalrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren, die auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angewendet wird, den Vorgaben des Grundsatzes der Gleichwertigkeit und der Effektivität (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 - C-445/06, Danske Slagterier - Slg. 2009, I-2119 Rn. 31 f. m.w.N.).
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b) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die unionsrechtswidrige Zuvielarbeit begründet einen einheitlichen Ausgleichsanspruch des betroffenen Soldaten oder Beamten (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 48 zum Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen). Während des aktiven Dienstverhältnisses ist der Anspruch grundsätzlich auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Scheidet diese Form des Ausgleichs aus, so wandelt sich der Anspruch um in einen solchen auf finanzielle Abgeltung. Bei dem letztgenannten Anspruch handelt sich entgegen dem Vorbringen des Klägers aber nicht um einen neuen Anspruch, dessen Verjährung neu zu laufen beginnt. Vielmehr ändert sich lediglich die Form des wegen des Verstoßes gegen die wöchentliche Höchstarbeitszeit gebotenen Ausgleichs. Die Annahme eines einheitlichen Anspruchs, der zwar je nach tatsächlicher Sachlage unterschiedliche Rechtsfolgen hat, aber einheitlich verjährt, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Konstellationen (BGH, Urteil vom 28. April 1993 - VIII ZR 109/92 - NJW-RR 1993, 1227 <1228> zur Umwandlung eines Aufwendungsersatzanspruchs).
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Der Senat hält § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im öffentlichen Recht für anwendbar, wonach der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist auch voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 43, anders Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 50 m.w.N.). Es bedarf aber nicht des Verfahrens nach § 11 VwGO, weil hier auch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Folge erfüllt sind, dass etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers bis zum Jahr 2005 verjährt sind.
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§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt grundsätzlich voraus, dass der Berechtigte die Tatsachen kennt, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Grundsätzlich ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte aus dieser Erkenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041 <2042 f.> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547
), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Den Haftungsanspruch eines Berechtigten gegen einen Mitgliedstaat wegen der Verletzung der Pflichten aus dem Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits 1991 entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35). Der Umfang seiner tatsächlichen Dienstleistung - über 48 Stunden pro Siebentageszeitraum hinaus - war dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt. Auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 (C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) war im Sinne des Erfordernisses des hinreichend qualifizierten Verstoßes der Beklagten gegen das Unionsrecht bei der Festsetzung der Arbeitszeit von Ärzten der Bundeswehrkrankenhäuser auch eindeutig, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind. Seit der Verkündung dieses Urteils bestanden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine auf einen Staatshaftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit gestützte Rechtsverfolgung eines Soldaten erfolgversprechend sein könnte.
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Dem Vorbringen des Klägers zum Merkmal des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, er habe in den Jahren 2002 bis 2005 nicht wissen können, dass er als Ausgleich für die Zuvielarbeit wegen seiner antragsgemäßen Entlassung zum Ende April 2009 Dienstbefreiung nicht werde in Anspruch nehmen können, so dass "Kenntnis" erst seit dem Jahr 2009 gegeben sei, ist nicht zu folgen. Wie dargelegt, handelt es sich bei dem Anspruch auf Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit um einen einheitlichen Anspruch, so dass die Wandlung des Anspruchsinhalts - Geldzahlung anstelle der Freistellung vom Dienst - unerheblich ist.
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Auch auf das Urteil des OVG Koblenz vom 29. April 2014 (2 A 11163/13 - NVwZ-RR 2014, 726) kann sich der Kläger zur Begründung seiner Auffassung, er habe erst im Jahr 2009 infolge seiner Entlassung aus dem Dienstverhältnis von seinem Anspruch auf Geldausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis erlangt, nicht stützen. Denn das in diesem Fall maßgebliche Landesrecht regelt beide Ansprüche - Anspruch auf Freizeitausgleich und Anspruch auf Entschädigung wegen Mehrarbeit - gesondert und bestimmt, dass ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich wegen angeordneter Mehrarbeit erst dann angenommen werden kann, wenn feststeht, dass die Mehrarbeit aus zwingenden Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann.
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c) Aufgrund der das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Inhalt der Schreiben des Klägers an die Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom Oktober 2007 sowie vom Juli 2008 haben diese die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt. Sie beschränken sich auf Hinweise und Anregungen und überlassen die Konkretisierung der Ansprüche der Beklagten als Dienstherrin. Den Schreiben lässt sich nicht der Hinweis entnehmen, der Kläger sei bereits entschlossen, seinen Anspruch unmittelbar im Klagewege durchzusetzen.
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Ausgeschlossen ist auch die Annahme der Hemmung der Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB wegen schwebender Verhandlungen der Beteiligten. Denn die Beklagte hat auf die beiden genannten Schreiben des Klägers zur Entwicklung der Zahl der Überstunden nicht reagiert.
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d) Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung verletzt schließlich weder die Fürsorgepflicht der Beklagten als Dienstherrin noch ist sie ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig.
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Das Vorbringen des Klägers, in den von der Beklagten vorgegebenen Zeiterfassungsbögen sei nicht auf die Möglichkeit des Verfalls eines Ausgleichsanspruchs hingewiesen worden, sodass die Beklagte ihn von einer zeitnahen Geltendmachung abgehalten habe, ist unbegründet. Die allgemeine Fürsorgepflicht (§ 31 Abs. 1 SG) gebietet dem Dienstherrn nicht, Soldaten oder Beamte auf den Ablauf von Fristen hinzuweisen und sie zur Geltendmachung ihrer Ansprüche anzuhalten (BVerwG, Urteile vom 21. April 1982 - 6 C 34.79 - BVerwGE 65, 197 <203> und vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55 <57 f.>.).
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Aus Gründen der sparsamen Haushaltsführung ist der Dienstherr gehalten, gegenüber Ansprüchen von Soldaten oder Beamten die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Der Einwand, die Berufung auf die Einrede der Verjährung verstoße gegen Treu und Glauben und sei deshalb unzulässig, setzt ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn voraus. Das nicht notwendig schuldhafte Verhalten des Dienstherrn muss den Berechtigten veranlasst haben, verjährungshemmende Schritte zu unterlassen. Unerheblich ist, ob der Beamte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen hatte oder ob er von der rechtzeitigen Geltendmachung bewusst abgesehen hat, weil er nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, der Dienstherr werde sich nicht auf die Verjährung berufen (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 23).
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Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann ein solches qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Ausführungen im Protokoll der Abteilungsleiterbesprechung vom 8. Oktober 2007 haben dem Kläger keinen Anlass gegeben, seinerseits Schritte zur Hemmung der Verjährung der ihm zustehenden Ansprüche zu unterlassen. Im Protokoll werden lediglich die vom Kläger im Zeitraum von Anfang September 2005 bis Ende September 2007 geleisteten Überstunden zusammengefasst. Ferner wird ausgeführt, dass "kleine" und "große" Anrechnungsfälle - Ausgleich für zusammenhängende Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden - für den Zeitraum 2004 bis 2006 vollständig finanziell abgerechnet wurden.
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Auch auf den erst im Revisionsverfahren vorgelegten Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009, der an den Dienstzeitausgleichserlass des Bundesministeriums anknüpft und die Aufrechterhaltung von Ansprüchen auf Freizeitausgleich betrifft, kann sich der Kläger nicht stützen. Denn in diesem Erlass wird ausdrücklich auf den Aspekt der Verjährung von Ansprüchen aufgrund der Vorschrift des § 195 BGB hingewiesen.
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6. Ob der Kläger unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet hat, bestimmt sich nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum im Sinne von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG.
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a) Bei der Bestimmung des maßgeblichen Bezugszeitraums hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf die Regelung des Art. 16 Buchst. b) RL 2003/88/EG berufen und im Hinblick auf eine allerdings nicht normativ begründete Verwaltungspraxis der Beklagten einen Bezugszeitraum von vier Monaten für sachgerecht erachtet (ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Januar 2011 - 5 LC 178/09 - DVBl. 2011, 582). Dies verletzt revisibles Recht.
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Ebenso wie Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG wendet sich auch Art. 16 dieser Richtlinie ("Die Mitgliedstaaten können... vorsehen“) an den Mitgliedstaat. Dieser ist zu der von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG abweichenden Festlegung des Bezugszeitraums ("bis zu vier Monaten") berechtigt, aber nicht verpflichtet. Ob und inwieweit der Mitgliedstaat diese Ermächtigung zu der für den Arbeitnehmer ungünstigen Ausdehnung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monaten ausnutzt, ist Sache der gesetzgebenden Organe des Mitgliedstaates, weil nur sie die zur Umsetzung einer Richtlinie erforderlichen Rechtsnomen erlassen können. Die Ausübung der Ermächtigung ist jedenfalls nicht den das Recht anwendenden nationalen Gerichten in dem Sinne überantwortet, dass diese den Bezugszeitraum nach dem Aspekt der "Sachgerechtigkeit" festlegen können. Um die ihm eingeräumte Befugnis in Anspruch zu nehmen, muss der Mitgliedstaat auch die Entscheidung treffen, sich auf diese Ermächtigung zu berufen. Im Interesse der Rechtssicherheit muss diese Entscheidung des Mitgliedstaates aber bestimmt und klar sein (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - C-227/09, Accardo - Slg. 2010, I-10273 Rn. 50 f. m.w.N. und Rn. 55).
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Im Zeitraum bis Ende April 2009 hatte die Beklagte noch nicht von der Möglichkeit zur Erstreckung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monate durch Erlass einer entsprechenden Rechtsnorm Gebrauch gemacht. Die schriftliche Anordnung des Chefarztes des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom März 2006, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dürfe, bezogen auf vier Monate, 48 Stunden nicht überschreiten, erfüllt nicht die formellen Anforderungen an die Ausnutzung der dem Mitgliedstaat eröffneten Befugnis zur Ausdehnung des Bezugszeitraums.
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b) Auch die sonstigen Bestimmungen der RL 2003/88/EG, die zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums führen können - nach Art. 19 Abs. 2 RL 2003/88/EG bis zu zwölf Monate bei Festlegungen in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen Sozialpartnern -, greifen nicht zu Gunsten der Beklagten ein. Art. 17 Abs. 3 Buchst. c) i) und Art. 18 RL 2003/88/EG setzen jeweils voraus, dass der Mitgliedstaat Regelungen im Sinne von Art. 16 RL 2003/88/EG erlassen hat, die den Anforderungen an die Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht im Sinne von Art. 288 Abs. 3 AEUV genügen. Daran fehlt es aber ebenso wie an der Ausnutzung der genannten Befugnisse ("sind...zulässig" und "kann abgewichen werden") durch den Erlass einer für die Umsetzung erforderlichen Rechtsnorm des innerstaatlichen Normgebers. Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr reichte hierfür als bloße Verwaltungsvorschrift nicht aus.
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7. Art. 16 Buchst. b Satz 2 RL 2003/88/EG schreibt vor, dass die nach Art. 7 RL 2003/88/EG gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt bleiben oder neutral sind. Diese Vorgabe des Unionsrechts verlangt, dass ungeachtet der Frage der Umsetzung in innerstaatliches Recht durch eine Rechtsnorm die betreffenden Tage bei der Berechnung mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen sind.
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Obwohl die Richtlinie lediglich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen nach Art. 7 RL 2003/88/EG Bezug nimmt, ist auch der darüber hinausgehende, im nationalen Recht begründete Mehrurlaub mit der Soll-Arbeitszeit anzusetzen. Art. 15 RL 2003/88/EG lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Dies umfasst auch die Einräumung eines über den unionsrechtlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs. Da der Kläger am Urlaubstag von der Pflicht zur Dienstleistung befreit ist und auch der Mehrurlaub der Erholung des Klägers dient, können diese Tage nicht als Ausgleich für eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum herangezogen werden.
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Auch Feiertage, die auf Wochentage fallen, sind mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit einzubeziehen und damit zu neutralisieren. Da der Kläger an diesen Tagen nicht zur Dienstleistung verpflichtet war, können sie nicht zum Ausgleich einer etwaigen Überschreitung der Höchstarbeitszeit herangezogen werden. Demgegenüber sind Zeiten, in denen dem Kläger auf Grundlage des Dienstzeitausgleichserlasses ein zeitlicher Ausgleich gewährt wurde, keine Arbeitszeit im Sinne von Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG.
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8. Zur Arbeitszeit zählen unionsrechtlich sämtliche Zeiten, die vom betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle abgeleistet worden sind, unabhängig davon, welche Arbeitsleistung er während dieses Dienstes tatsächlich erbracht hat (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7997 Rn. 52). Auch die genaue Bestimmung der Zahl der auszugleichenden Stunden ist Aufgabe des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens.
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In denjenigen Siebentageszeiträumen, in denen der Kläger wegen zusammenhängender Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden aufgrund der Verordnung über die Vergütung für Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung vom 2. Juni 1989 (- SzBelVergV -, BGBl. I S. 1075) Zahlungen erhalten hat, ist die Arbeitszeit entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht um vier oder acht Stunden zu reduzieren. Denn die finanziellen Vergütungen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SzBelVergV nur in Betracht kommen, wenn zum Ausgleich des zusammenhängenden Dienstes Freistellung vom Dienst nicht gewährt werden kann, reduzieren die Zahl der Stunden der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit nicht. Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz muss jedoch grundsätzlich jede Stunde, die der Kläger innerhalb eines Siebentageszeitraumes über 48 Stunden hinaus gearbeitet hat, ausgeglichen werden.
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9. Der Geldausgleich hat sich an den jeweils geltenden Stundensätzen der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (- MVergV -, BGBl. I S. 3494) zu orientieren. Zwar unterscheiden sich rechtmäßige Mehrarbeit und unionsrechtswidrige Zuvielarbeit. Dennoch geht es in beiden Fällen um den Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Soldaten zum Dienst (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 35).
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Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 39). Denn diese ist kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte mit vollem persönlichen Einsatz der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15. Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.
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Die in § 2 SzBelVergV bestimmten Sätze für zusammenhängende Dienste können nicht herangezogen werden. Denn es handelt sich um Pauschalsätze, die ungeachtet der genauen zeitlichen Inanspruchnahme des Soldaten zu zahlen sind. Der Grundsatz der größtmöglichen Wirksamkeit des Unionsrechts verlangt jedoch, dass für jede nicht anderweitig ausgeglichene Stunde Zuvielarbeit ein finanzieller Ausgleich geleistet wird. Zwar sieht die Verordnung über die Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft von Sanitätsoffizieren in Bundeswehrkrankenhäusern vom 27. April 2012 (- SanOffzVerGVEV -, BGBl. I S. 1000) in § 5 Stundensätze vor, die sich nur wenig von denen des § 4 MVergV unterscheiden. Allerdings ist jene Verordnung erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten und galt deshalb im hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 noch nicht.
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10. Die Vergütungen, die dem Kläger aufgrund von §§ 1 und 2 SzBelVergV im Hinblick auf von ihm geleistete zusammenhängende Dienste gezahlt worden sind, sind nicht auf den finanziellen Ausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit anzurechnen. Die beiden Zahlungen betreffen verschiedene Fallkonstellationen und knüpfen an unterschiedliche Belastungen des Soldaten an.
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Das Entsprechende gilt für die Zahlungen, die der Kläger für Dienste zu ungünstigen Zeiten nach §§ 3 und 4 EZulV erhalten hat. Bei diesen geht es nicht um den Ausgleich für den Verstoß gegen die unionsrechtliche Vorgabe für die höchstzulässige Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum. Vielmehr soll die Erschwerniszulage zumindest finanziell die Nachteile ausgleichen, die einem Besoldungsempfänger durch Dienstleistungen zu Zeiten entstehen, an denen gemeinhin nicht gearbeitet wird.
Tenor
Die Berufungen werden zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens in vollem Umfang.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde; im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger steht als Polizeivollzugsbeamter im Amt eines Polizeihauptkommissars bei der Bundespolizei in den Diensten der Beklagten. Das Bundespolizeipräsidium war mit seinem Referat 44 – SIK („Sicherheitsaufgaben in Krisengebieten“) zuständig für den Schutz des deutschen Botschafters und weiterer Schutzpersonen in Krisengebieten. Im Rahmen solcher Schutzaufgaben wurde der Kläger mehrfach zeitlich befristet zum Auswärtigen Amt abgeordnet, um als Personenschutzbeamter bei den Deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad eingesetzt zu werden. Während dieser Abordnungen erhielt der Kläger Auslandsdienstbezüge (Auslandszuschlag, Zuschlag zur Abgeltung außergewöhnlicher immaterieller Belastungen und eine Aufwandsentschädigung ).
3Im Rahmen dieser Abordnungen fiel regelmäßig Mehrarbeit an. Diese glich der Kläger in Deutschland durch Freizeit aus. Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten bis Juni 2010 wurden die Abordnungen für die Zeiten des Freizeitausgleichs aufrechterhalten und währenddessen Auslandsdienstbezüge weitergewährt.
4Da die Mehrarbeit der Personenschutzbeamten ein großes Ausmaß annahm, sollte sie beschränkt werden. Das Bundespolizeipräsidium nahm dazu mit Schreiben vom 15. Februar 2010 gegenüber dem Bundesministerium des Innern u. a. wie folgt Stellung: Aufgrund der besonderen Umstände an den Botschaften Kabul und Bagdad sei eine 7-Tage-Woche die Regel. Dies führe in erheblichem Umfang zu unvermeidbarer Mehrarbeit, welche die Bundespolizisten aus dienstlichen Gründen nicht am Ort durch Freizeitausgleich abgelten könnten. Die Personenschützer bei den Botschaften Bagdad und Kabul verrichteten Dienst nach einem Dienstplan, der wegen der extremen, mit keinem anderen Dienstposten des Auswärtigen Amtes vergleichbaren Bedrohungslage die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen nicht immer in vollem Umfang zulasse. Der jeweilige Botschafter ordne im Rahmen seiner Aufgabenwahrnehmung in erheblichem Umfang Mehrarbeit an. Am 14. Dezember 2009 sei im Benehmen mit dem Bundesministerium des Innern und dem Auswärtigen Amt die Abrechnungsmodalität „Flatrate 500“ vereinbart worden. Danach werde die generelle Anordnung von Tagesdienst ersatzlos gestrichen und ein festes Stundenkontingent auf Basis eines Musterdienstplans angesetzt. Diesem liege folgende Annahme zugrunde: Ein Arbeitstag bestehe aus 8,5 h Volldienst + 4,5 h Bereitschaftsdienst mit 50% + 11 h Rufbereitschaft mit 12,5% = 12,125 h Volldienst. Ein Freitag bestehe aus 6 h Volldienst + 7 h Bereitschaftsdienst mit 50% + 11 h Rufbereitschaft mit 12,5% = 10,875 h Volldienst. Ein Wochenende bestehe aus 0 h Volldienst + 10 h Bereitschaftsdienst mit 50% + 14 h Bereitschaft mit 12,5% = 6,75 h Volldienst. Bei einer Verwendungsdauer von 3 Monaten ergäben sich gerundet 500 Stunden.
5In einer E-Mail vom 24. Februar 2010 schrieb Polizeidirektor Q. , damals Leiter des Referates 44 beim Bundespolizeipräsidium betreffend Sicherheitsaufgaben in Krisengebieten sowie Gewährleistung des Personenschutzes der Botschafter an ausgewählten Botschaften, an eine Mailadresse des Hausordnungs- und Objektschutzdienstes (HOD) der Botschaft Bagdad sowie nachrichtlich an zwei Mailadressen der Botschaft Kabul, an das allgemeine Funktionspostfach des Geschäftszimmers der Arbeitseinheit SIK, an Ersten Polizeihauptkommissar L. , damals Leiter des Bereichs „Aus- und Fortbildung der Arbeitseinheit SIK“, und an das Referat 44 u. a. Folgendes: Wegen der Vielzahl an Stunden des letzten Teams in Kabul dürfe keine Mehrarbeit mehr anfallen und er untersage ausdrücklich die Anwendung eines Verfahrens, das dieser Weisung zuwiderlaufe. Er könne noch nicht sagen, wie zukünftig jeweils abgerechnet werde, aber er habe den Auftrag, den weiteren Aufbau von Mehrarbeit zu unterbinden. Dies sei bindend und eine unmissverständliche Weisung des Bundesministeriums des Innern. Im Zeitnachweis bitte er für jede Einzelperson an jedem Tag darzulegen, welche Tätigkeiten im Einzelnen erfolgt seien und warum in dieser Zeit keine Gelegenheit gewesen sei, nicht Dienst zu machen. Bei der Entwicklung eines funktionsorientierten Schichtplans für den Personenschutz sei u. a. davon auszugehen, dass wegen des Selbstverständnisses der Personenschützer eine ständige Einsatzbereitschaft nicht gesondert angeordnet werden müsse. Die eigene Einsatzbereitschaft sei jederzeit zu gewährleisten. Eine Vergütung werde nicht gewährt. Das Mitführen der persönlichen Schutzausrüstung, Bewaffnung und die unmittelbare Erreichbarkeit über Funk seien aus Gründen der Eigensicherung ständig zu gewährleisten. Bereitschaftsstunden für den Personenschutz seien gestrichen.
6Durch Erlass des Auswärtigen Amtes zur Änderung des Abgeltungsverfahrens betreffend die Mehrarbeit der HOD‑/Personenschutzbeamten der Bundespolizei (SIK) vom 3. Juni 2010 wurde die Verwaltungspraxis zur Abgeltung von Mehrarbeit geändert. Danach fand ein Freizeitausgleich ohne Verlängerung der Abordnungen und ohne Weiterzahlung der Auslandsdienstbezüge statt. In dem Erlass heißt es außerdem, zusätzliche lagebedingte Bereitschaftsdienste seien auf ein unter Anlegung eines strengen Maßstabes, auch hinsichtlich der Zahl der betroffenen Beamten, unvermeidbares Maß zu begrenzen. Durch diese Dienste anfallende Überstunden seien vor Ort soweit möglich durch Freizeitausgleich auszugleichen. Eine finanzielle Kompensation von Überstunden, die während der Abordnung anfielen, sei nicht möglich.
7Diese Änderung der Abgeltungspraxis wurde nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten den betroffenen Personenschützern jeweils vor deren Ausreise bekannt.
8Mit Erlass vom 20. April 2012 teilte das Auswärtige Amt u. a. den Botschaften in Bagdad und Kabul die künftig geltenden Regelungen zur Mehrarbeit der Personenschutzkräfte mit. Danach wurde die Höchstzahl der Mehrarbeit und des Ausgleichs für angeordnete Rufbereitschaft auf 81 Stunden monatlich beschränkt. Rufbereitschaft sollte nur noch anlassbezogen angeordnet werden, um konkreten, über die allgemeine Bedrohungslage hinausgehenden Gefahren für die Auslandsvertretungen zu begegnen. Eine anlassunabhängige, pauschale Rufbereitschaft wurde als nicht erforderlich angesehen, weil „die Erreichbarkeit der Kräfte in unvorhergesehenen Notfällen ohnehin gewährleistet“ sei. Mehrarbeit werde in den letzten Wochen der Abordnung zum Auswärtigen Amt durch Freizeitausgleich im Inland abgegolten. Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat werden während des Freizeitausgleichs im Inland für die genannten 81 Stunden Auslandsdienstbezüge gewährt.
9Mit Verfügung vom 11. August 2010 ordnete das Bundespolizeipräsidium den Kläger mit Wirkung vom 15. September 2010 zum Auswärtigen Amt ab und teilte ihn der Deutschen Botschaft in Bagdad für die Dauer von voraussichtlich drei Monaten als Personenschützer zu.
10Der Kläger unterzeichnete nach eigenen Angaben vor seiner Ausreise nach Bagdad eine vorformulierte „Erklärung“ zu den Einzelheiten seiner Beschäftigung bei der Deutschen Botschaft Kabul und betreffend auch alle weiteren Auslandsverwendungen. In diesem auch bei späteren Abordnungen verwendeten Vordruck strich er Ziffer 10 betreffend Mehrarbeit durch. Danach galt Folgendes: Mehrarbeit, die der Kläger während seiner Zuteilung zu einer Auslandsvertretung aufgrund besonderer Umstände oder wegen besonderer Sicherheitserfordernisse auf Anordnung eines Fachvorgesetzten leisten müsse, werde während des Auslandseinsatzes (Dauer der Zuteilung zu einer Auslandsvertretung) durch entsprechenden Freizeitausgleich am Dienstort, der von der Auslandsvertretung gewährt werde, abgegolten; eine finanzielle Abgeltung (Mehrarbeitsvergütung) könne nicht neben Auslandsdienstbezügen, die der Kläger während seiner Auslandsverwendung erhalte, gewährt werden; eine Verlängerung der Zuteilung zu einer Auslandsvertretung nur zum Zwecke einer Abgeltung von Mehrarbeit sei ausgeschlossen.
11Unter dem 29. Juli 2010 , dem Kläger bekanntgegeben am 15. September 2010 , berief das Auswärtige Amt ihn für die Dauer von voraussichtlich 3 Monaten zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt ein und teilte ihn zur personellen Verstärkung der Deutschen Botschaft Bagdad als Bundespolizei-Personenschutzbeamten zu. Der Kläger sollte während der Dauer der Auslandstätigkeit der Dienst- und Fachaufsicht des Leiters der Vertretung unterstehen.
12Unter dem 28. Oktober 2010 hob das Auswärtige Amt die Abordnung des Klägers zum Auswärtigen Amt im Einvernehmen mit dem Bundespolizeipräsidium mit Ablauf des 13. Dezember 2010 auf. Das Bundespolizeipräsidium erließ eine inhaltsgleiche Aufhebungsverfügung unter dem 8. November 2010 .
13Die Deutsche Botschaft in Bagdad bescheinigte dem Kläger, in der Zeit seiner Verwendung dort insgesamt 498,2 Stunden Mehrarbeit geleistet zu haben. Davon entfielen insgesamt 341,4 Stunden auf Überstunden und 156,8 Stunden auf Rufbereitschaftsdienst. Für letzteren wurden dem Kläger insgesamt 1.294 Stunden bescheinigt. Davon zog man monatlich 10 Stunden ab (im Abordnungszeitraum insgesamt 40 Stunden). Von den danach verbliebenen 1.254 Stunden Rufbereitschaftsdienst wurde ein Achtel (156,8 Stunden) als Mehrarbeit anerkannt. Der Kläger unterschrieb diese Stundenauflistungen.
14Die Bundespolizei gewährte dem Kläger für die Zuteilung in Bagdad einen Freizeitausgleich von 458,9 Stunden. Weitere 39,3 Stunden wurden dem Kläger auf dessen Zeitkonto gutgeschrieben.
15Mit Verfügung vom 18. Mai 2011 ordnete das Bundespolizeipräsidium den Kläger mit Wirkung vom 30. Mai 2011 zum Auswärtigen Amt ab und teilte ihn der Deutschen Botschaft in Kabul für die Dauer von voraussichtlich drei Monaten als Personenschützer – stellvertretender Kommandoführer – zu.
16Unter dem 10. Mai 2011 , dem Kläger bekanntgegeben am 30. Mai 2011 , berief das Auswärtige Amt ihn für die Dauer von voraussichtlich 3 Monaten zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt ein und teilte ihn zur personellen Verstärkung der Deutschen Botschaft Kabul als Bundespolizei-Personenschutzbeamten – stellvertretender Kommandoführer – zu. Der Kläger sollte während der Dauer der Auslandstätigkeit der Dienst- und Fachaufsicht des Leiters der Vertretung unterstehen.
17Am 30. Mai 2011 unterschrieb der Kläger eine vorformulierte Erklärung zu den Einzelheiten seiner Beschäftigung bei der Deutschen Botschaft Kabul. Er strich Ziffer 10 der Erklärung zur Mehrarbeit durch.
18Unter dem 21. Juli 2011 hob das Auswärtige Amt die Abordnung zum Auswärtigen Amt im Einvernehmen mit dem Bundespolizeipräsidium mit Ablauf des 26. August 2011 auf. Das Bundespolizeipräsidium erließ eine inhaltsgleiche Aufhebungsverfügung unter dem 17. August 2011.
19Die Deutsche Botschaft in Kabul bescheinigte dem Kläger, in der Zeit seiner Verwendung dort insgesamt 500 Stunden Mehrarbeit geleistet zu haben. Davon entfielen insgesamt 324 Stunden auf Überstunden und 177,5 Stunden auf Bereitschaftsdienst. Letztere sind die Hälfte der insgesamt angegebenen 355 Stunden im Bereitschaftsdienst. Der Kläger unterschrieb die Stundenauflistungen jeweils mit dem Zusatz „unter Vorbehalt“.
20Für seine Tätigkeit in Kabul wurden dem Kläger 500 Stunden zum späteren Freizeitausgleich gutgeschrieben.
21Mit Verfügung vom 9. Januar 2012 ordnete das Bundespolizeipräsidium den Kläger mit Wirkung vom 1. Februar 2012 an das Auswärtige Amt ab und teilte ihn der Deutschen Botschaft in Bagdad für die Dauer von voraussichtlich drei Monaten als Personenschützer – stellvertretender Kommandoführer – zu.
22Unter dem 28. Dezember 2011 , dem Kläger bekanntgegeben am 1. Februar 2012 , berief das Auswärtige Amt ihn für die Dauer von voraussichtlich 3 Monaten zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt ein und teilte ihn zur personellen Verstärkung der Deutschen Botschaft Bagdad als Bundespolizei-Personenschutzbeamten – stellvertretender Kommandoführer – zu. Der Kläger sollte während der Dauer der Auslandstätigkeit der Dienst- und Fachaufsicht des Leiters der Vertretung unterstehen.
23Am 23. Januar 2012 ordnete der stellvertretende Botschafter der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bagdad unter dem Betreff „Mehrarbeit während des Abordnungszeitraums, hier: 23.01.2012 bis 28.04.2012“ für das SIK-Team 10 Bagdad im Zusammenhang mit den erforderlichen Sicherheitsarbeiten an der Botschaft Bagdad Mehrarbeit im erforderlichen Rahmen an. Die bisherige Regelung der Rufbereitschaft mit der entsprechenden Zeiterfassung sollte beibehalten werden. Er bat darum, eine Aufstellung der Mehrarbeit für jeden einzelnen Sicherheitsbeamten dem Kanzler der Vertretung bzw. dessen Vertreter wöchentlich zur Paraphierung vorzulegen.
24Am 1. Februar 2012 unterschrieb der Kläger erneut eine vorformulierte Erklärung zu den Einzelheiten seiner Beschäftigung bei der Deutschen Botschaft Bagdad. Er fügte hinzu, er nehme den Inhalt der Erklärung vorbehaltlich einer rechtlichen Prüfung der strittigen Punkte (u. a. Punkt 10 zur Mehrarbeit) zur Kenntnis.
25Unter dem 19. März 2012 hob das Auswärtige Amt im Einvernehmen mit dem Bundespolizeipräsidium die Abordnung mit Ablauf des 28. April 2012 auf. Das Bundespolizeipräsidium erließ eine inhaltsgleiche Aufhebungsverfügung unter dem 28. März 2012 .
26Die Deutsche Botschaft in Bagdad bescheinigte dem Kläger, in der Zeit seiner Verwendung dort insgesamt 450,9 Stunden Mehrarbeit geleistet zu haben. Davon entfielen insgesamt 288,6 Stunden auf Überstunden und 162,3 Stunden auf Rufbereitschaftsdienst. Letzteres stellt ein Achtel der insgesamt angegebenen 1.298 Stunden im Rufbereitschaftsdienst dar. Der Kläger unterschrieb die Stundenauflistungen jeweils mit dem Zusatz „unter Vorbehalt“.
27Für diese Mehrarbeit erhielt der Kläger nach seinen Angaben durch die Bundespolizei Freizeitausgleich in einem Umfang von 200 Stunden. Nach den Angaben der Beklagten wies das Überstundenkonto des Klägers Ende Dezember 2012 noch 112,7 Stunden auf, woraus sie folgerte, dass auch das Guthaben aus dem letzten Abrechnungszeitraum weitgehend abgebaut sei.
28Mit Schreiben vom 20. November 2010 legte der Kläger gegen die Aufhebungsverfügung des Auswärtigen Amtes vom 28. Oktober 2010 Widerspruch ein. Er wies darauf hin, dass seit seinem Dienstantritt in Bagdad Mehrarbeitsstunden angefallen seien. In der Vergangenheit seien die Abordnungen zum Abbau der Mehrarbeitsstunden verlängert worden. Da ihm eine etwaige Neuregelung nicht in einem nachvollziehbaren Maße bekanntgegeben worden sei, bitte er um Klärung der Rechtslage.
29Mit Schreiben vom 20. August 2011 legte der Kläger auch gegen die Aufhebungsverfügung des Auswärtigen Amtes vom 21. Juli 2011 Widerspruch ein. Er wies erneut darauf hin, dass die Rechtslage betreffend den Ausgleich der Mehrarbeit einschließlich der Abgeltung von Bereitschaften unklar sei. Für die Zeit in Kabul sei die Hälfte der angeordneten Bereitschaftszeit als Mehrarbeit vergütet worden, für die Zeit in Bagdad dagegen nur ein Achtel. Dies sei nicht nachvollziehbar.
30Zur Begründung seiner Widersprüche trug der Kläger weiter vor: Nach § 88 Satz 2 BBG sei für die Mehrarbeit „entsprechende Dienstbefreiung“ zu gewähren, also unter denselben Voraussetzungen wie die Mehrarbeit. Diese schließe die Auslandsbesoldung ein. In dieser Weise sei bei früheren Auslandseinsätzen der Polizeibeamten in Kabul und Bagdad verfahren worden. Nur eine solche Verfahrensweise entspreche auch der Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 25. November 2010 – C-429/09 – zur Überschreitung von Höchstarbeitszeiten. Es bestehe daher Vertrauensschutz. In Erlassen des Auswärtigen Amtes sei geregelt, dass Ansprüche auf Freizeitausgleich zur Abgeltung von Mehrarbeit grundsätzlich vor der Versetzung abzuwickeln seien. Dies gelte nach § 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG entsprechend bei Abordnungen von mehr als drei Monaten ins Ausland. Um den Schutzauftrag nicht zu beeinträchtigen, sei jedoch ein Freizeitausgleich während des Auslandsaufenthaltes nicht möglich gewesen. Zur Kompensation seien früher die Abordnungen verlängert worden. Daher seien die Aufhebungen der Abordnungen rechtswidrig. Der geleistete Bereitschaftsdienst sei in vollem Umfang wie Mehrarbeit zu behandeln. In Kabul sei der Bereitschaftsdienst ausdrücklich von der Botschaft für einzelne Tage oder einen zusammenhängenden Zeitraum angeordnet worden. Der Kläger habe sich währenddessen auf Anordnung ununterbrochen mit Ausrüstung in der Botschaft aufgehalten und sei permanent einsatzbereit gewesen. Dasselbe gelte für die Rufbereitschaft in Bagdad. In Bagdad hätten sich die Gemeinschaftsunterkünfte auf dem Botschaftsgelände befunden. Der Kläger habe daher jederzeit für eine dienstliche Inanspruchnahme zur Verfügung gestanden, weil er den dienstlichen Bereich nicht habe verlassen dürfen. Außerdem sei er ständig für einen Einsatz gekleidet und ausgerüstet gewesen. Mit tatsächlichen Einsätzen sei erfahrungsgemäß zu rechnen gewesen. Hilfsweise beantragte der Kläger Schadensersatz für die noch nicht in vollem Umfang abgegoltene und mit Auslandsbesoldung vergütete Mehrarbeit.
31Mit Schreiben vom 30. November 2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Verfügungen des Bundespolizeipräsidiums, mit denen die Abordnungen des Klägers zum Auswärtigen Amt mit Ablauf des 15. Dezember 2010 bzw. des 26. August 2011 aufgehoben wurden.
32Mit Schreiben vom 29. August 2012 legte der Kläger Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid des Auswärtigen Amtes vom 19. März 2012 ein. Zur Begründung berief er sich im Wesentlichen auf sein Vorbringen in den anderen Widerspruchsverfahren. Mit Schreiben vom selben Tag erhob er außerdem Widerspruch gegen die Verfügung des Bundespolizeipräsidiums, mit der die Abordnung des Klägers zum Auswärtigen Amt mit Ablauf des 28. April 2012 aufgehoben wurde.
33Am 27. Januar 2012 hat der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin erhoben. Das Verwaltungsgericht Berlin hat sich mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen.
34Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen im Vorverfahren wiederholt und vertieft.
35In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat die Beklagte die vom Auswärtigen Amt verfügten Aufhebungen der Abordnungen vom 28. Oktober 2011, 21. Juli 2011 und 19. März 2012 aufgehoben. In diesem Umfang haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.
36Der Kläger hat beantragt,
371.1 die Beklagte zu verurteilen, ihm für die in der Zeit vom 15. September 2010 bis zum 13. Dezember 2010 geleistete Mehrarbeit Freizeitausgleich in einem Umfang von weiteren 1.137,2 Stunden zu gewähren;
381.2 die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides des Bundespolizeipräsidiums vom 8. November 2010 seine Abordnung zum Auswärtigen Amt und seine Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Bagdad für denjenigen Zeitraum weiterzuführen, der der Dienstbefreiung zur Abgeltung der im Rahmen seiner Abordnung zum Auswärtigen Amt und Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Bagdad in der Zeit vom 15. September 2010 bis zum 13. Dezember 2010 geleisteten Mehrarbeit von 1.662,4 Stunden entspricht;
391.3 die Beklagte zu verurteilen, ihm während der Dienstbefreiung zur Abgeltung der im Rahmen seiner Abordnung zum Auswärtigen Amt und Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Bagdad in der Zeit vom 15. September 2010 bis zum 13. Dezember 2010 geleisteten Mehrarbeit von 1.662,4 Stunden die während dieses Zeitraums bezogene Auslandsbesoldung (Auslandszuschlag gemäß § 53 BBesG nach Grundgehaltsspanne 5, Zonenstufe 20 der Tabelle in Anlage VI.1 zu § 53 Abs. 2 Satz 1 BBesG, wegen der Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer Gemeinschaftsunterkunft gemäß § 53 Abs. 2 Satz 4 BBesG auf 85 vom Hundert gemindert, in Höhe von 2.463,78 Euro brutto monatlich, Zuschlag zur Abgeltung außergewöhnlicher immaterieller Belastungen nach § 53 Abs. 1 Satz 5 BBesG in Verbindung mit § 2 AuslZuschlV in Höhe von 700,00 Euro brutto monatlich, Aufwandsentschädigung in Höhe von 92,00 Euro brutto monatlich) zu zahlen;
402.1 die Beklagte zu verurteilen, ihm für die in der Zeit vom 30. Mai 2011 bis zum 26. August 2011 geleistete Mehrarbeit Freizeitausgleich in einem Umfang von weiteren 1.063 Stunden zu gewähren;
412.2 die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides des Bundespolizeipräsidiums vom 17. August 2011 seine Abordnung zum Auswärtigen Amt und seine Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Kabul für denjenigen Zeitraum weiterzuführen, der der Dienstbefreiung zur Abgeltung der im Rahmen seiner Abordnung zum Auswärtigen Amt und Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Kabul in der Zeit vom 30. Mai 2011 bis zum 26. August 2011 geleisteten Mehrarbeit von 1.564 Stunden entspricht;
422.3 die Beklagte zu verurteilen, ihm während der Dienstbefreiung zur Abgeltung der im Rahmen seiner Abordnung zum Auswärtigen Amt und Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Kabul in der Zeit vom 30. Mai 2011 bis zum 26. August 2011 geleisteten Mehrarbeit von 1.564 Stunden die während dieses Zeitraums bezogene Auslandsbesoldung (Auslandszuschlag gemäß § 53 BBesG nach Grundgehaltsspanne 5, Zonenstufe 20 der Tabelle in Anlage VI.1 zu § 53 Abs. 2 Satz 1 BBesG, wegen der Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer Gemeinschaftsunterkunft gemäß § 53 Abs. 2 Satz 4 BBesG auf 85 vom Hundert gemindert, in Höhe von 2.475,60 Euro brutto monatlich [dies betrifft 1.120 Stunden], ab dem 1. August 2011 in Höhe von 2.481,54 Euro brutto [dies betrifft 444 Stunden], Zuschlag zur Abgeltung außergewöhnlicher immaterieller Belastungen nach § 53 Abs. 1 Satz 5 BBesG in Verbindung mit § 2 AuslZuschlV in Höhe von 700,00 Euro brutto monatlich, Aufwandsentschädigung in Höhe von 92,00 Euro brutto monatlich) zu zahlen;
433.1 die Beklagte zu verurteilen, ihm für die in der Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 28. April 2012 geleistete Mehrarbeit Freizeitausgleich in einem Umfang von weiteren 1.135,7 Stunden zu gewähren;
443.2 die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides des Bundespolizeipräsidiums vom 28. März 2012 seine Abordnung zum Auswärtigen Amt und seine Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Bagdad für denjenigen Zeitraum weiterzuführen, der der Dienstbefreiung zur Abgeltung der im Rahmen seiner Abordnung zum Auswärtigen Amt und Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Bagdad in der Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 28. April 2012 geleisteten Mehrarbeit von weiteren 1.586,6 Stunden entspricht;
453.3 die Beklagte zu verurteilen, ihm während der Dienstbefreiung zur Abgeltung der im Rahmen seiner Abordnung zum Auswärtigen Amt und Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Bagdad in der Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 28. April 2012 geleistete Mehrarbeit von 1.586,6 Stunden die während dieses Zeitraums bezogene Auslandsbesoldung (Auslandszuschlag gemäß § 53 BBesG nach Grundgehaltsspanne 6, Zonenstufe 20 der Tabelle in Anlage VI.1 zu § 53 Abs. 2 Satz 1 BBesG, wegen der Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer Gemeinschaftsunterkunft gemäß § 53 Abs. 2 Satz 4 BBesG auf 85 vom Hundert gemindert, in Höhe von 2.481,54 Euro brutto monatlich [dies betrifft 500,4 Stunden], ab dem 1. März 2012 in Höhe von 2.547,05 Euro [dies betrifft 1.068,2 Stunden], Zuschlag zur Abgeltung außergewöhnlicher immaterieller Belastungen nach § 53 Abs. 1 Satz 5 BBesG in Verbindung mit § 2 AuslZuschlV in Höhe von 700,00 Euro brutto monatlich, Aufwandsentschädigung in Höhe von 92,00 Euro brutto monatlich) zu zahlen.
46Die Beklagte hat beantragt,
47die Klage abzuweisen.
48Sie hat geltend gemacht, die Personenschützer an den Botschaften hätten in der Vergangenheit in erheblichem Maße Überstunden angesammelt. Letztere hätten nicht mehr in der Weise ausgeglichen werden können, während des Freizeitausgleichs im Inland die Auslandsvergütung weiter zu gewähren. Hierauf seien die Beamten rechtzeitig hingewiesen worden. Die Anweisung, das Botschaftsgelände nicht zu verlassen, habe auf der besonderen Gefährdungslage und der damit einhergehenden erhöhten Fürsorgepflicht des Dienstherrn beruht und alle Botschaftsangehörigen betroffen. Dies habe jedoch nichts mit der Anordnung eines Bereitschaftsdienstes zu tun. In Kabul hätten sich die Personenschützer außerhalb der Dienstzeiten meist in ihren privaten Unterkünften aufgehalten und sich auf dem Botschaftsgelände frei bewegen können. Zwar habe grundsätzlich eine Gefahrenlage bestanden, allerdings sei mit einer tatsächlichen Inanspruchnahme kaum zu rechnen gewesen. Alarm sei nur in ganz seltenen Einzelfällen ausgelöst worden. In Kabul könnten nur der Botschafter oder sein Abwesenheitsvertreter Personenschutzaufträge erteilen. Außerhalb der Zeiten, die zur Abarbeitung der Schutzaufträge bzw. zu deren Vor‑ und Nachbearbeitung angefallen seien, und der vermeintlichen Bereitschaft habe es keine Dienstzeiten gegeben. Der Rest sei frei gewesen und in der Mehrarbeitsaufstellung nicht in Ansatz gebracht worden. In Bagdad seien die nicht ausdrücklich als Mehrarbeit anerkannten Zeiträume mitunter als Rufbereitschaft gewertet worden. Der Umstand, dass die Unterkunft sich auf dem Dienstgelände befunden habe, indiziere nicht die Anordnung von Bereitschaftsdienst für die Personenschützer. Diese hätten vielmehr ihre Freizeit in abgetrennten privaten Bereichen verbringen können. Nach den üblichen Umständen sei auch nicht erfahrungsgemäß mit einem Einsatz zu rechnen gewesen. Insbesondere habe die Beklagte keine Anweisung erteilt, zwei spezielle Funkgeräte, das „G 36“ sowie die Dienstpistole und schwere Schutzausrüstung in greifbarer Nähe vorzuhalten. Die Personenschützer hätten vielmehr von sich aus entschieden, mit Ausnahme des Sports Dienstkleidung zu tragen, um nicht von einem Anschlag überrascht zu werden. Entgegen dem Wortlaut der von der Botschaft Kabul ausgestellten Bescheinigungen über die geleistete Mehrarbeit habe es sich bei den als „Bereitschaftsdienst“ ausgewiesenen Zeiten nicht um einen solchen gehandelt.
49Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten es in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Es hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger weiteren Freizeitausgleich in Höhe von insgesamt 177,5 Stunden für die streitbefangenen Abordnungszeiträume zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Soweit der Kläger in Kabul Bereitschaftsdienst geleistet habe, habe er einen Anspruch darauf, dass die gesamten Stunden, also nicht nur die Hälfte, für die Gewährung eines Freizeitausgleichs berücksichtigt würden. Die Bescheinigung der Botschaft belege, dass es sich um Bereitschaftsdienst im Sinne des § 88 BBG gehandelt habe. Die Anordnung von Bereitschaftsdienst sei nicht dadurch obsolet geworden, dass im Nachhinein festgestellt werde, dass der Dienst nicht die Qualität eines Bereitschaftsdienstes, sondern nur die einer Rufbereitschaft erlangt habe. Die übrigen streitgegenständlichen Zeiten in Kabul und Bagdad seien dagegen nicht als Bereitschaftsdienst anzusehen. Der Botschafter habe einen solchen Dienst – Aufenthalt auf dem Botschaftsgelände zum Zwecke der Gewährung einer sofortigen Einsatzbereitschaft – nicht angeordnet. Die Anordnung, das Botschaftsgelände nicht zu verlassen, habe wegen der erhöhten Gefährdungslage vielmehr für sämtliche Botschaftsmitarbeiter gegolten. Die Personenschützer hätten sich außerdem in einem privaten Bereich aufhalten können. Dieser sei deutlich vom Dienstbereich getrennt gewesen. Aus der E-Mail vom 24. Februar 2010 folge keine Anordnung eines Bereitschaftsdienstes. Das Bundespolizeipräsidium sei für eine solche Anordnung gegenüber abgeordneten Beamten sachlich nicht zuständig gewesen, sondern nur das Auswärtige Amt. In den dienstfreien Zeiten sei nicht typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen gewesen. Daher handele es sich nicht um Bereitschaftsdienst. Die Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen, die Personenschützer hätten die HOD‑Kräfte nur sporadisch unterstützt. Der Kläger habe weder vorgetragen noch sei sonst ersichtlich, dass er aus seiner Freizeit heraus aufgrund konkreter Vorfälle eingesetzt worden sei. Die dienstfreien Zeiten seien auch nicht als Rufbereitschaftsdienst zu werten. Der Kläger habe einen klar abgetrennten privaten Bereich zur Verfügung gehabt. Ihm stehe kein Anspruch auf Weiterführung der Abordnungen zum Zwecke des Freizeitausgleichs zu. Soweit die Klage abgewiesen worden sei, habe er schon keine Mehrarbeit geleistet. Aber auch für die zugesprochenen 177,5 Stunden bestehe kein solcher Anspruch. Nach § 88 BBG seien Besoldungsbestandteile, die nur für besondere Umstände während des tatsächlichen Auslandseinsatzes gezahlt würden, nicht auch während eines Freizeitausgleichs im Inland weiterzuzahlen. Da die Beklagte ihre Verwaltungspraxis vor den Abordnungen des Klägers geändert und ihm dies bekanntgegeben habe, bestehe auch kein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit der früheren Verwaltungspraxis.
50Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die Beklagte jeweils die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, soweit sie erstinstanzlich unterlegen sind.
51Zur Begründung vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trägt im Wesentlichen vor: Die Zeiten ohne Einsatz- und Bereitschaftsdienst an der Botschaft Kabul und der Rufbereitschaftsdienst in der Botschaft Bagdad seien aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse und Umstände sowie der Anordnungen gemäß dem Arbeitszeitrecht als Bereitschaftsdienst und nicht nur als Rufbereitschaft oder gar Freizeit anzusehen. Nach § 88 Satz 2 BBG sei bei Mehrarbeit eine entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren, also unter denselben besoldungsrechtlichen Voraussetzungen wie die regelmäßige Arbeit. § 52 BBesG stehe dem nicht entgegen. Im Übrigen weist er darauf hin, dass die Beklagte von den ihm bescheinigten 450,9 Mehrarbeitsstunden für seinen Einsatz in Bagdad im Jahre 2012 bisher nur 200 Stunden anerkannt und durch Freizeit ausgeglichen habe.
52Der Kläger beantragt,
53das angefochtene Urteil zu ändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und nach seinen Schlussanträgen I. Instanz zu erkennen sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
54Die Beklagte beantragt,
55unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
56Sie macht im Wesentlichen geltend: Die streitgegenständlichen Stunden seien Rufbereitschaftszeiten gewesen und nur versehentlich zur Hälfte ausgeglichen worden. Ein dauerhafter Bereitschaftsdienst sei weder angeordnet gewesen, noch hätte aufgrund der Sicherheitsbedingungen vor Ort dazu Anlass bestanden. Die Zeit des „Bereithaltens“ sei in privaten Bereichen verbracht worden, wenn auch in einer Dienstwohnung auf dem Botschaftsgelände. Währenddessen hätten die Beamten nicht erwarten müssen, häufig dienstlich in Anspruch genommen zu werden. Trotz der durchgehend abstrakten Gefährdungslage sei die Auslandsvertretung nur in seltenen Fällen konkret bedroht worden. Alarmfälle seien nur in höchst seltenen Fällen ausgelöst worden, höchstens fünfmal jährlich . Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts habe die gemeinschaftsrechtliche Einbeziehung des Bereitschaftsdienstes in die Arbeitszeit nur arbeitszeitrechtliche, nicht aber besoldungsrechtliche Folgen. Im Übrigen habe der Kläger nach § 143 Abs. 1 Nr. 4 BBG ohne besondere Vergütung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus im Rahmen des dienstlichen Ermessens dienstlich in Anspruch genommen werden dürfen.
57Der Senat hat Beweis erhoben zur Frage, welchen konkreten Inhalt Anordnungen von Bereitschaft an die Personenschutzbeamten an der Botschaft in Kabul und Bagdad im Zeitraum von Sommer 2010 bis Frühjahr 2012 hatten, durch Vernehmung der Zeugen X. und N. sowie S. . Der Senat hat weiter Beweis erhoben zur Frage, wie die in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen und überwiegend von einem Mitarbeiter der Deutschen Botschaft in Kabul unterschriebenen Stundennachweise zustande gekommen sind, durch Vernehmung der Zeugen X. und N. . Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2015 verwiesen.
58Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Gerichtsakten und Verwaltungsvorgänge in den Verfahren 1 A 1643/13, 1 A 2545/13, 1 A 418/14, 1 A 419/14, 1 A 420/14 und 1 A 422/14 Bezug genommen.
59E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
60I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung eines Freizeitausgleichs in dem von ihm beantragten Umfang (dazu 1.). Er kann auch nicht verlangen, für diejenigen Zeiträume, die der Summe des von ihm eingeklagten Freizeitausgleichs und des ihm bereits zuerkannten Freizeitausgleichs (vgl. die in den erstinstanzlichen Anträgen angeführten Stundenzahlen) entsprechen, an das Auswärtige Amt abgeordnet und der Deutschen Botschaft in Bagdad bzw. Kabul zugeteilt zu werden (dazu 2.). Weiter hat er keinen Anspruch darauf, während der Dienstbefreiung zur Abgeltung der geleisteten Mehrarbeit Auslandsbesoldung zu erhalten (dazu 3.).
611. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung weiteren Freizeitausgleichs nicht zu. Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in einem Verfahren mit entsprechendem Streitgegenstand (Abordnung eines Bundespolizeibeamten an das Auswärtige Amt für den Zeitraum vom 25. Mai bis 13. August 2011 als Personenschützer bei der Deutschen Botschaft in Bagdad) (dazu a). Der vorliegende Fall rechtfertigt keine andere Beurteilung (dazu b).
62a) Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 17. Juni 2014 – 4 S 169/13 –, juris, Rn. 24 bis 47, Folgendes entschieden:
63„1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung weiteren Freizeitausgleichs weder nach nationalem (dazu a. und b.) noch nach Unionsrecht (dazu c.) zu.
64a) Ein Anspruch auf Dienstbefreiung im Umfang von weiteren 1.031,7 Stunden ergibt sich nicht unmittelbar aus § 88 Satz 2 BBG, da die über die festgesetzte Mehrarbeit von 491,6 Stunden hinausgehenden Anwesenheitszeiten des Klägers auf dem Gelände der Deutschen Botschaft in Bagdad mangels Anordnung oder Genehmigung des Dienstherrn keine Mehrarbeit waren.
65Nach § 88 Satz 2 BBG ist innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren, wenn der Beamte durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht worden ist. Anordnung und Genehmigung von Mehrarbeit sind Ermessensentscheidungen, die der Dienstherr unter Abwägung der im konkreten Zeitpunkt maßgebenden Umstände zu treffen hat. Der Dienstherr hat dabei zu prüfen, ob nach den dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt eine Mehrarbeit erforderlich ist und welchen Beamten sie übertragen werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2003 - 2 C 28.02 -, Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38). Eine derartige Entscheidung hat die Beklagte hinsichtlich der über die reguläre Arbeitszeit und die - entsprechend der Anordnung des Botschafters vom 25.05.2011 vom Kanzler der Botschaft beziehungsweise dessen Vertreter - festgesetzte Mehrarbeit von 491,6 Stunden hinausgehenden Anwesenheitszeiten des Klägers auf dem Botschaftsgelände nicht getroffen. Auch eine nachträgliche Genehmigung dieser Zeiten als Mehrarbeit ist nicht erfolgt; ihr stünde im Übrigen entgegen, dass Mehrarbeit nach § 88 Satz 1 BBG nur angesetzt werden darf, wenn zwingende dienstliche Gründe dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2003, a.a.O.).
66b) Mangels rechtzeitiger Geltendmachung besteht unabhängig davon, ob der Kläger rechtswidrig zuviel gearbeitet hat, auch kein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben in Verbindung mit den Regeln über einen Ausgleich von Mehrarbeit.
67Zieht der Dienstherr einen Beamten auf der Grundlage einer rechtswidrig zu hoch festgesetzten Arbeitszeit zum Dienst heran oder nimmt ihn über die rechtmäßig festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus in Anspruch, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig (Zuvielarbeit). Soweit das jeweils maßgebliche Bundes- oder Landesbeamtenrecht keine Regelung dazu enthält, ob und in welchem Umfang eine solche Inanspruchnahme auszugleichen ist, bedeutet dies jedoch nicht, dass derartige Zuvielarbeit folgenlos bleibt. Vielmehr ist die im Einzelfall einschlägige Vorschrift - im vorliegenden Fall § 88 Satz 2 BBG - nach Treu und Glauben in einer Weise zu ergänzen, die die Interessen des Beamten und des Dienstherrn auch bei einer rechtswidrigen Inanspruchnahme des Beamten zu einem billigen Ausgleich bringt und dabei dem Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung gerecht wird. Beamte, die von Zuvielarbeit betroffen sind, haben deshalb einen Anspruch auf angemessene Dienstbefreiung (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.05.2003, a.a.O., vom 29.09.2011 - 2 C 32.10 -, NVwZ 2012, 643, und vom 26.07.2012 - 2 C 24.11 -, Schütz BeamtR ES/C I 1.5 Nr. 13).
68Der Billigkeitsanspruch kommt indes nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde. […]
69Danach steht dem Kläger ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben in Verbindung mit § 88 Satz 2 BBG nicht zu. Denn er hat erstmals mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2011, also nach Beendigung der vermeintlichen Zuvielarbeit, Ausgleichsansprüche geltend gemacht. […]
70Der Kläger hat seiner Rügeobliegenheit auch nicht dadurch genügt, dass er Nummer 10 der von ihm vor der Dienstaufnahme unterzeichneten „Erklärung“ gestrichen hat. Diese bezog sich allein auf die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der ausdrücklich angeordneten Mehrarbeit, nicht hingegen auf die darüber hinausgehenden Präsenzzeiten auf dem Botschaftsgelände und deren (angestrebte) rechtliche Bewertung nicht als Rufbereitschaft, sondern als Bereitschaftsdienst.
71c) Dem Kläger steht auch kein von einer vorherigen Rüge unabhängiger unionsrechtlicher Ausgleichsanspruch wegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG, ABl EG Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9, Arbeitszeitrichtlinie) zu (vgl. dazu ausführlich BVerwG, Urteil vom 26.07.2012, a.a.O.). Zwar ist die Richtlinie 2003/88/EG auf ihn anwendbar. Die über die reguläre Arbeitszeit und die festgesetzte Mehrarbeit hinausgehenden Zeiten seiner Anwesenheit auf dem Gelände der Deutschen Botschaft in Bagdad sind jedoch nicht als der Arbeitszeit im Sinn von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/88/EG zuzurechnende Zeiten eines Bereitschaftsdienstes anzusehen.
72aa) Die Richtlinie 2003/88/EG ist auf den Dienst bei der Bundespolizei, auch soweit er die Erfüllung von Personen- und Objektschutzaufgaben für das Auswärtige Amt in deutschen Auslandsvertretungen betrifft, grundsätzlich anwendbar. Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 gilt die Richtlinie 2003/88/EG unbeschadet ihrer Art. 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl EG Nr. L 183 S. 1). Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG, wonach diese Richtlinie keine Anwendung findet, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, zum Beispiel bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen, ist eng auszulegen (EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01 u.a., Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835, Rn. 53 ff.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7111, Rn. 42). Ausgenommen sind nicht die Dienste als solche, sondern nur bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben, die wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften der Richtlinie rechtfertigen. Hierunter fallen lediglich Natur- oder Technologiekatastrophen, Attentate, schwere Unglücksfälle oder andere Ereignisse gleicher Art, deren Schwere und Ausmaß Maßnahmen erfordern, die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit des Gemeinwesens unerlässlich sind und deren ordnungsgemäße Durchführung in Frage gestellt wäre, wenn alle Vorschriften der Richtlinien beachtet werden müssten (BVerwG, Urteil vom 15.12.2011 - 2 C 41.10 -, NVwZ 2012, 641).
73Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass eine Anwendung der Richtlinie 2003/88/EG wegen Besonderheiten der vom Kläger konkret ausgeübten Tätigkeit ausgeschlossen wäre. Das Vorbringen der Beteiligten zu den von ihm - regelmäßig im Personenschutzdienst auf der Grundlage eines lagebezogen aktualisierten Dienstplans, einzelfallabhängig bei der Unterstützung des HOD - wahrgenommenen Aufgaben lässt nicht erkennen, dass diese wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften der Richtlinie rechtfertigen könnten. Im Übrigen geht auch der Beklagte von einer Anwendbarkeit der Richtlinie 2003/88/EG auf den Kläger aus, wie der Verweis auf die - die Vorgaben der Richtlinie 2003/88/EG rezipierende - Arbeitszeitverordnung in der von den an das Auswärtige Amt abgeordneten Polizeibeamten vor Aufnahme des Dienstes bei der Auslandsvertretung zu unterzeichnenden „Erklärung“ zeigt.
74bb) Arbeitszeit im Sinn der Richtlinie 2003/88/EG ist nach deren Art. 2 Nr. 1 jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeiten ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Unter Ruhezeit ist demgegenüber jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit zu verstehen (Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie). Beide - autonom auszulegenden - Begriffe schließen einander aus (EuGH, Urteil vom 03.10.2000 - C-303/98 -, SIMAP, Slg. 2000, I-7963, RdNr. 47; Urteil vom 09.09.2003 - C-151/02 -, Jaeger, Slg. 2003, I-8389, RdNr. 48). Der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zufolge fallen dabei Zeiten, die von Bediensteten im Rahmen von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit am Arbeitsort abgeleistet werden, unabhängig davon unter den Begriff der Arbeitszeit im Sinn der Richtlinie, welche Arbeitsleistungen während dieses Dienstes tatsächlich erbracht werden (Urteile vom 03.10.2000, a.a.O., RdNr. 48 und vom 09.09.2003, a.a.O., RdNr. 49; Urteil vom 01.12.2005 - C-14/04 -, Dellas, Slg. 2005, I-10279, RdNr. 46; Beschluss vom 11.01.2007 - C-437/05 -, Vorel, Slg. 2007, I-333, RdNr. 27; Urteil vom 25.11.2010, a.a.O., RdNr. 55); entscheidend für diese Annahme sei der Umstand, dass der Arbeitnehmer verpflichtet sei, sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten und sich zu dessen Verfügung zu halten, um gegebenenfalls sofort seine Leistungen erbringen zu können. Die Abgrenzung der beiden Begrifflichkeiten ist unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs und des Zwecks der Richtlinie vorzunehmen, der darin besteht, Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung der Arbeitnehmer aufzustellen (vgl. zum Ganzen bereits Senatsurteil vom 26.06.2013 - 4 S 94/12 -, Juris).
75Der Bundesgesetzgeber hat die unionsrechtlichen Vorgaben in der Arbeitszeitverordnung umgesetzt und konkretisiert. Danach ist der voll zur Arbeitszeit zählende Bereitschaftsdienst (§ 13 AZV) von nicht als Arbeitszeit anzusehenden Zeiten der Rufbereitschaft (§ 12 AZV) abzugrenzen. Der Bereitschaftdienst wird definiert als die Pflicht, sich, ohne ständig zur Dienstleistung verpflichtet zu sein, an einer vom Dienstherrn bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall den Dienst aufzunehmen, wenn dabei Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen (§ 2 Nr. 12 AZV). Rufbereitschaft ist demgegenüber die Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können (§ 2 Nr. 11 AZV). Arbeitsplatz ist dabei grundsätzlich die Dienststelle oder ein von dem Dienstvorgesetzten bestimmter Ort, an dem Dienst zu leisten ist (§ 2 Nr. 4 AZV).
76Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgehend vom allgemeinen und vom Normgeber rezipierten arbeitszeitrechtlichen Verständnis des Begriffs des Bereitschaftsdienstes im Beamtenrecht für die Abgrenzung insbesondere zur Rufbereitschaft für (allein) maßgeblich erachtet, ob der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (Urteil vom 22.01.2009 - 2 C 90.07 -, Buchholz 240.1 BBesO Nr. 31 m.w.N.; Urteil vom 29.09.2011, a.a.O.).
77cc) Hieran gemessen sind die über die reguläre Arbeitszeit und die festgesetzte Mehrarbeit hinausgehenden Anwesenheitszeiten des Klägers auf dem Gelände der Deutschen Botschaft in Bagdad nicht als der Arbeitszeit zuzurechnende Zeiten des Bereitschaftsdienstes anzusehen. Der Kläger hatte während dieser Zeiten nicht typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen, die ihnen das für die Einordnung als Bereitschaftsdienst maßgebliche Gepräge eines Bereithaltens für eine jederzeit mögliche dienstliche Inanspruchnahme hätten geben können. Diese Zeiten stellen sich bei wertender Betrachtung vielmehr als Form der Rufbereitschaft dar, für die die Bundespolizei auf Grundlage der von der Botschaft getroffenen Feststellungen rechtsfehlerfrei nach § 12 Satz 2 AZV 148,6 Stunden Freizeitausgleich gewährt hat.
78Allerdings besteht vorliegend die Besonderheit, dass während des Abordnungszeitraums des Klägers allen aus Deutschland an die Deutsche Botschaft in Bagdad entsandten Beschäftigten grundsätzlich untersagt war, das Botschaftsgelände zu verlassen. Es handelt sich hierbei um eine rechtlich nicht zu beanstandende Maßnahme der Krisenfürsorge nach § 25 GAD (vgl. zur Einschätzungsprärogative des Dienstherrn hinsichtlich der Beurteilung der Sicherheitslage BVerwG, Urteil vom 28.02.2008 - 2 A 1.07 -, NVwZ-RR 2008, 547), die nach § 13 Abs. 1 GAD auch für die an das Auswärtige Amt abgeordneten Angehörigen der Bundespolizei gilt, mithin auch für Personenschutzbeamte wie den Kläger. Diese Beamten stehen deshalb prinzipiell für eine jederzeitige dienstliche Inanspruchnahme zur Verfügung, weil sie den dienstlichen Bereich nicht verlassen und sich aus diesem Grund dem Zugriff des Dienstherrn nicht entziehen können. Dass der Bereich, in dem sich die Beamten während der über die reguläre Arbeitszeit und die festgesetzte Mehrarbeit hinausgehenden Anwesenheitszeiten aufzuhalten haben („Compound“), von der eigentlichen Dienststelle räumlich getrennt liegt und deshalb keinen Arbeitsplatz im Sinn des § 2 Nr. 4 AZV darstellt, ändert hieran nichts.
79Dieser Umstand führt indes für sich genommen noch nicht dazu, dass sämtliche Anwesenheitszeiten des Klägers auf dem Botschaftsgelände als Bereitschaftsdienst anzusehen wären. Zur Möglichkeit der jederzeitigen dienstlichen Inanspruchnahme hinzukommen muss, dass dienstliche Einsätze der Beamten während dieser Zeiten zur Wahrnehmung regelmäßig anfallender dienstlicher Aufgaben unabdingbar oder doch vom Dienstherrn eingeplant sind. Dies beurteilt sich nach der Art der Aufgaben und der organisatorischen Gestaltung des Dienstbetriebs. Es kommt deshalb maßgeblich auf die im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme der Personenschutzbeamten während der über die reguläre Arbeitszeit und die festgesetzte Mehrarbeit hinausgehenden Anwesenheitszeiten an. Danach entscheidet sich, ob während dieser Zeiten typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen ist, die ihnen das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz geben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder eine Form der Rufbereitschaft darstellen, die allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2009, a.a.O.).
80Ausgehend hiervon vermag der Senat die von der Beklagten in der Bescheinigung über die geleistete Mehrarbeit vom 12.08.2011 als „Rufbereitschaft“ bezeichneten Anwesenheitszeiten des Klägers auf dem Botschaftsgelände nicht als Bereitschaftsdienst anzusehen. Denn nach der Art der von den Personenschutzbeamten wahrgenommenen Aufgaben und der organisatorischen Gestaltung des Dienstbetriebs waren dienstliche Einsätze des Klägers während dieser Zeiten weder unabdingbar noch von der Botschaftsleitung eingeplant.
81Dies wird, soweit es das „Kerngeschäft“ der Personenschutzbeamten - den Schutz des Botschafters, bei dessen Abwesenheit seines Vertreters im Amt oder einer sonstigen Schutzperson - betrifft, vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Wenngleich der Personenschutz grundsätzlich alle Maßnahmen umfasst, die zur Verhinderung oder Abwehr von Angriffen gegen eine gefährdete Person getroffen werden, beschränkte sich der Auftrag des grundsätzlich aus zehn Beamten bestehenden Personenschutzteams bei der Botschaft in Bagdad im maßgeblichen Zeitraum regelmäßig darauf, für die Sicherheit der Schutzperson bei Außenterminen zu sorgen. Sobald sich die Schutzperson auf dem Botschaftsgelände befand, waren hingegen die HOD-Kräfte für die Sicherheit zuständig. Fahrtbewegungen der Schutzperson anlässlich eines Außentermins mussten grundsätzlich einen Tag vorher angemeldet werden und fanden zur Nachtzeit nicht statt. Zu den Aufgaben der Personenschützer gehörten insoweit neben der eigentlichen, in der Regel von fünf bis sieben Beamten wahrgenommenen Fahrtbegleitung etwaige vorherige Erkundigungsfahrten, die Besetzung der Einsatzzentrale mit in der Regel zwei Beamten - und je nach Lage das Bereithalten zusätzlicher Kräfte - während der Ausfahrten sowie Nachbereitungsarbeiten und Materialpflege. Zudem hatte das anwesende Personenschutzteam ein neu ankommendes Personenschutzteam in die Aufgaben einzuweisen. Die Personenschutzbeamten leisteten angesichts der prinzipiellen Planbarkeit dieser Aufgaben ihren Dienst nach Maßgabe eines Dienstplans, den der Leiter des jeweiligen Personenschutzteams (Kommandoführer) anhand des Terminkalenders des Botschafters oder seines Vertreters im Amt erstellte und der im Hinblick auf kurzfristig wahrzunehmende Termine der Schutzperson fortlaufend aktualisiert wurde; einen Schichtdienst gab es nicht. Wenn und soweit bei der Erfüllung dieser Aufgaben Tätigkeiten über die tägliche Regelarbeitszeit hinausgingen oder außerhalb der Regelarbeitszeit oder am Wochenende anfielen, wurden sie als Mehrarbeit qualifiziert, die vom Botschafter unter dem 25.05.2011 generell angeordnet worden war. Eines Rückgriffs auf die nach dem Dienstplan nicht eingeteilten, sich in „Rufbereitschaft“ befindlichen Personenschutzbeamten bedurfte es im Regelfall nicht, weshalb diese auch nicht typischerweise damit rechnen mussten, zur Erfüllung dieser Aufgaben herangezogen zu werden. Soweit der Kläger vorträgt, dass der Botschafter in die Schutzmaßnahme 1 („permanenter Personenschutz, mit einem Anschlag ist zu rechnen“) eingestuft gewesen sei, folgt hieraus ebenfalls nicht seine notwendige ständige Einsatzbereitschaft, da für die Sicherheit des Botschafters vorrangig zwei als „Bodyguards“ eingesetzte Personenschutzbeamte zuständig waren.
82Aber auch, soweit es die grundsätzlich von den HOD-Kräften wahrzunehmenden Aufgaben betrifft, war im maßgeblichen Zeitraum eine regelmäßige Inanspruchnahme des Klägers während der „Rufbereitschaft“ weder unabdingbar noch von der Botschaftsleitung eingeplant. Dem HOD obliegt die Abwehr von Gefahren, denen das Botschaftsgelände und das darauf befindliche Personal ausgesetzt sind. Zu den wesentlichen Aufgaben des HOD gehören neben dem Schutz des Botschafters, seines Vertreters im Amt oder sonstiger Schutzpersonen, wenn sich diese auf dem Botschaftsgelände befinden, die Überwachung der Sicherheitskontrollen und die Koordinierung der Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei. Weiterhin ist er zuständig für den sicherheitstechnischen Ablauf bei Veranstaltungen in der Botschaft, das heißt eine kontrollierte An- und Abreise der Gäste und ihres Personals sowie einen störungsfreien Ablauf der Veranstaltung. Nach dem - vom Kläger bestätigten - Vorbringen der Beklagten waren zur Erfüllung dieser Aufgaben im Zeitraum vom 25.05.2011 bis 13.08.2011 stets zwei, zeitweise auch drei HOD-Kräfte an die Botschaft in Bagdad entsandt worden, wurden zum Schutz des Botschaftsgeländes zusätzlich etwa 100 Ortssicherheitskräfte eingesetzt und waren hierfür nach Art. 22 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18.04.1961 (BGBl. II 1964 S. 957) in der Regel 16 irakische Polizeikräfte abgestellt. Angesichts dieses Bestandes an originären HOD-Kräften wurden die von diesen wahrzunehmenden Aufgaben jedenfalls im hier maßgeblichen Zeitraum nicht (mehr) regelmäßig auch noch von Personenschutzbeamten wahrgenommen. Diese wurden lediglich in Einzelfällen, etwa bei Großveranstaltungen in der Botschaft, zu Unterstützungsleistungen herangezogen. Hingegen sind Bereitschaftsdienste ausschließlich zur Unterstützung und Verstärkung des HOD nicht angeordnet worden. Der Kläger selbst hat dem entsprechend in der Zeit vom 25.05.2011 bis 13.08.2011 insgesamt lediglich 16 Stunden „Haus-Ordnungsdienst/Interne Veranstaltungen/Pförtnerdienst“, verteilt auf sechs Einsatztage im Rahmen seines Regeldienstes, für den HOD erbracht, die regulär als Volldienst anerkannt und angerechnet wurden. Er musste nach alledem während der Zeiten der „Rufbereitschaft“ nach den insoweit maßgeblichen üblichen Umständen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2009, a.a.O.) nicht, jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang mit seiner Inanspruchnahme zur Erfüllung der von den HOD-Kräften wahrzunehmenden Aufgaben rechnen. Bei wertender Betrachtung handelte es sich allenfalls um sporadische Einsätze, wie dies für die Annahme von Rufbereitschaft im Rechtssinn typisch ist.
83Entgegen der Auffassung des Klägers gebietet auch die Gewährleistung des Schutz- und Sicherheitskonzepts der Botschaft vor dem Hintergrund der allgemeinen Sicherheitslage während seines Abordnungszeitraums nicht, seine über die reguläre Arbeitszeit und die festgesetzte Mehrarbeit hinausgehenden Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände als Bereitschaftsdienst zu qualifizieren, da er während dieser Zeiten nicht in nennenswertem Umfang mit einer Alarmierung und sofortigen Einsatzübernahme rechnen musste.
84Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die vom Kläger vorgetragene Einbindung der Personenschutzbeamten in das Schutz- und Sicherheitskonzept der Botschaft, Einbeziehung in „Alarmpläne zur Bewältigung von Sofortlagen“ und Einbindung in den HOD im Alarmfall als solche für die Annahme, die Personenschutzbeamten hätten in den Zeiten der „Rufbereitschaft“ typischerweise mit nennenswerten Einsätzen rechnen müssen, nichts hergeben. Es genügt insoweit nicht, dass - wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat - bei einem Alarmfall ein Automatismus ausgelöst worden wäre und sich die Personenschutzbeamten in Vorbereitung hierauf gleichsam in einer permanenten „Hab-Acht-Stellung“ befunden hätten. Maßgeblich ist vielmehr, wie oft es in einem überschaubaren, repräsentativen Zeitraum (BVerwG, Urteil vom 22.01.2009, a.a.O.) tatsächlich zu derartigen Einsätzen gekommen ist, weil nur dies einen Rückschluss darauf zulässt, ob die in „Rufbereitschaft“ befindlichen Personenschutzbeamten in prognostisch verlässlicher Regelmäßigkeit mit einer Alarmierung und einer sofortigen Einsatzübernahme haben rechnen müssen (vgl. bereits Senatsurteil vom 26.06.2013, a.a.O.). […]
85Tatsächliche Alarmfälle sind indes nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten während des Abordnungszeitraums des Klägers überhaupt nicht, außerhalb dieses Zeitraums allenfalls vereinzelt aufgetreten. Die Beklagte hat zwar eingeräumt, dass sich im Zeitraum von Mai bis August 2011 in Bagdad im Botschaftsviertel Mansur 52 sicherheitsrelevante Vorfälle in einem 2,5-km-Umkreis der Deutschen Botschaft ereigneten. Allerdings war keiner dieser Vorfälle unmittelbar gegen die Botschaft gerichtet und fanden auch im unmittelbaren Nahbereich der Botschaft keine Anschläge statt. Nach dem - unbestrittenen - Vorbringen der Beklagten hat es deshalb im hier maßgeblichen Zeitraum keinen meldepflichtigen Sachverhalt gegeben, der eine Alarmierung der Personen- oder HOD-Schutzkräfte ausgelöst hätte. Auch außerhalb dieses Zeitraums ereignete sich der Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle nicht in unmittelbarer Nähe zur Botschaft, weshalb diese hiervon in der Regel erst nachträglich von dritter Seite Kenntnis erlangte. Lediglich einmal, am 04.04.2010, ist die Botschaft unmittelbar Ziel eines Anschlags gewesen. Der Kläger hat dementsprechend auch weder behauptet noch unter Beweis gestellt, dass er oder andere Personenschutzbeamte aufgrund konkreter Vorfälle aus der „Rufbereitschaft“ heraus zu Personenschutzeinsätzen oder zur Unterstützung des HOD herangezogen worden wären. Er selbst hat hierzu bei seiner Befragung im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, in den Zeiten seiner „Rufbereitschaft“ nicht zu einem Einsatz herangezogen worden zu sein (UA S. 6). Die Beklagte hat zudem - anlässlich vergleichbarer Rechtsstreitigkeiten protokollierte - Äußerungen von zwei anderen, vom 01.06.2011 bis 06.11.2011 beziehungsweise 19.04.2012 bis 16.07.2012 an die Botschaft in Bagdad entsandten Personenschutzbeamten vorgelegt, wonach während dieser Zeiträume „kein kurzfristiger Personenschutzeinsatz aus der Rufbereitschaft heraus durchgeführt“ worden sei (Sitzungsniederschrift des VG Köln vom 23.05.2013 - 15 K 5/13 -, S. 6) beziehungsweise es „keine Anschläge unmittelbar auf die Botschaft … gegeben“ habe (Sitzungsniederschrift des VG Köln vom 26.09.2013 - 15 K 7111/12 -, S. 2). Damit aber fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für die Annahme, dass die in „Rufbereitschaft“ befindlichen Personenschutzbeamten in prognostisch verlässlicher Regelmäßigkeit mit einer Alarmierung und einer sofortigen Einsatzübernahme hätten rechnen müssen. […]
86Schließlich rechtfertigt auch der vom Kläger angeführte Umstand, dass alle Personenschutzbeamten während ihres Aufenthalts an der Deutschen Botschaft in Bagdad jederzeit ihre Ausrüstung griffbereit gehalten hätten und über Funk erreichbar gewesen wären, keine andere Betrachtungsweise. Dabei kann dahinstehen, ob - wie der Kläger vorträgt - von Seiten des Bundespolizeipräsidiums (Referat 44) entsprechende Vorgaben gemacht worden sind, etwa mit der im Ausdruck vorgelegten Email vom 24.02.2010. Maßgeblich ist, dass es eine derartige dienstliche Anordnung des Auswärtigen Amtes oder der Botschaft nicht gab. Durch die Abordnung sind die Vorgesetztenbefugnisse zur Zuweisung des konkret-funktionellen Amtes (Dienstposten) und zur Erteilung von Weisungen bei dessen Wahrnehmung auf die Abordnungsdienststelle übergegangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.05.1972 - II C 13.71 -, BVerwGE 40, 104), weshalb es für die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die streitgegenständlichen Zeiten der „Rufbereitschaft“ durch eine dienstliche Weisung das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz hätten erhalten können, allein auf diese ankommt.“
87Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie sich zu eigen.
88b) Sie gelten entsprechend für die hier streitgegenständlichen Zeiträume und lassen sich (vorbehaltlich etwaiger Besonderheiten, auf die erforderlichenfalls nachfolgend eingegangen wird) der Sache nach auch auf die im Wesentlichen vergleichbare Tätigkeit der Personenschutzbeamten an der Botschaft in Kabul beziehen. Ergänzend führt der Senat noch aus:
89aa) Soweit der Kläger vorträgt, für die ihm bescheinigten 450,9 Mehrarbeitsstunden bei seinem Einsatz in Bagdad Anfang 2012 seien bisher nur 200 Stunden durch Freizeit ausgeglichen worden, weist der Senat darauf hin, dass sich die diesen 450,9 Mehrarbeitsstunden zugrunde liegenden Stundenauflistungen nach Art und Umfang nicht wesentlich von anderen Stundenauflistungen unterscheiden, die Gegenstand der weiteren sechs vor dem Senat anhängig gewesenen Parallelverfahren waren. Die Beklagte hat nach Aktenlage die anderen Stundenauflistungen für Einsätze in Bagdad zumindest insoweit anerkannt, als Mehrarbeitsstunden von der Botschaft berechnet und bescheinigt worden waren (Überstunden in vollem Umfang, Rufbereitschaft nur zu einem Teil). Im Übrigen hat die Beklagte vorgetragen, das Überstundenkonto des Klägers habe Ende Dezember 2012 noch 112,7 Stunden aufgewiesen, und daraus gefolgert, dass auch das Guthaben aus dem letzten Abrechnungszeitraum weitgehend abgebaut sei. Da die Beklagte keine konkreten Gründe benannt hat, aus denen die nach den eben genannten Grundsätzen berechneten 450,9 Mehrarbeitsstunden des Klägers entgegen den von ihr angewandten Regelungen nur teilweise anzuerkennen sein könnten, geht der Senat davon aus, dass auch die weiteren 250,9 Stunden Mehrarbeit durch Freizeit ausgeglichen werden, soweit dies noch nicht erfolgt sein sollte.
90bb) Hinsichtlich der über die reguläre Arbeitszeit sowie die von den Botschaften bescheinigten Mehrarbeitszeiten hinausgehenden Anwesenheitszeiten des Klägers auf dem jeweiligen Botschaftsgelände ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte für diesen Mehrarbeit angeordnet hat. Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, denen er sich anschließt. Auch im Berufungsverfahren hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen, die auf eine entsprechende dienstliche Anordnung zur Mehrarbeit schließen lassen könnten. Die tatsächlichen Umstände, aus denen der Kläger die Anordnung von Mehrarbeit folgert, hat das Verwaltungsgericht zutreffend berücksichtigt. Es hat sie, insbesondere die E-Mail des Referates 44 des Bundespolizeipräsidiums vom 24. Februar 2010, allerdings rechtlich anders bewertet als der Kläger.
91Zu dieser E-Mail merkt der Senat ergänzend an, dass mit ihr unabhängig von der fehlenden Zuständigkeit des Bundespolizeipräsidiums für dienstliche Anordnungen gegenüber abgeordneten Beamten auch inhaltlich keine Mehrarbeit angeordnet worden ist. Die darin enthaltene, vom Kläger insoweit bemühte Passage, nach der die eigene Einsatzbereitschaft jederzeit zu gewährleisten sei, gibt für die Annahme einer solchen Anordnung nichts her. Denn diese (fachliche) Weisung zielt bei Berücksichtigung des gesamten Inhalts der E-Mail erkennbar nicht auf eine generelle Anordnung von Mehrarbeit ab, sondern hebt nur das Selbstverständnis der Personenschützer hervor, stets die Eigensicherung und damit die eigene Handlungsfähigkeit bzw. Einsatzbereitschaft sicherzustellen. Das belegen schon die Ausführungen in der E-Mail, nach denen sich „nicht zuletzt aus Gründen der Eigensicherung (…) sich das Selbstverständnis“ ergibt, „jederzeit die eigene Einsatzbereitschaft zu gewährleisten“, ohne dass hierfür eine Vergütung gewährt wird, und nach denen „das Mitführen der persönlichen Schutzausstattung, Bewaffnung und die unmittelbare Erreichbarkeit über Funk (…) aus Gründen der Eigensicherung ständig zu gewährleisten“ sein sollen. Insbesondere die Wendung, nach welcher für die Gewährleistung der ständigen Einsatzbereitschaft gerade keine Vergütung gewährt wird, verdeutlicht dem Weisungsempfänger ohne Weiteres, dass die in Rede stehende Weisung, die eigene Einsatzbereitschaft stets sicherzustellen, keinesfalls eine generelle Anordnung von Mehrarbeit für bisher als Freizeit behandelte Zeiten darstellen kann. Denn eine angeordnete Mehrarbeit ist, wie Beamte wissen, bei Vorliegen der normativen Voraussetzungen stets auszugleichen bzw. zu vergüten. Bekräftigt wird dieses Verständnis der E-Mail und namentlich auch der vom Kläger ins Feld geführten Passage dadurch, dass die gesamte E-Mail erkennbar darauf abzielt, die abzurechnende Mehrarbeit (auf Null) zu reduzieren. So heißt es etwa im vierten bzw. fünften Absatz der E-Mail, dass keine Mehrarbeit mehr anfallen dürfe, bzw. dass die unmissverständliche ministerielle Weisung bestehe, „den weiteren Aufbau von Mehrarbeit zu unterbinden“. Vor dem Hintergrund dieser klar dargelegten Zielsetzung ergäbe die Annahme, in der E-Mail sei ein zusätzlicher, die bisherige Freizeit erfassender Bereitschaftsdienst neu angeordnet worden, erkennbar keinen Sinn.
92cc) Ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben in Verbindung mit den Regeln über einen Ausgleich von Mehrarbeit besteht hier unabhängig von der Frage der Rechtzeitigkeit der Rüge schon deswegen nicht, weil die von der Beklagten über die von ihr als Arbeitszeit anerkannten Zeiten hinausgehenden Anwesenheitszeiten des Klägers auf dem jeweiligen Botschaftsgelände in Bagdad bzw. Kabul keine Arbeitszeit im Sinne einer vom Dienstherrn rechtswidrig abverlangten Zuvielarbeit waren. Denn es handelte sich bei diesen Zeiten nicht um Bereitschaftsdienst, also Arbeitszeit, sondern um Rufbereitschaft, also um Ruhezeit, bzw. (im Übrigen) um Freizeit. Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die zugehörigen zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, die er sich zu eigen macht. Diese Ausführungen werden bestärkt durch die Angaben der Beklagten, in den Jahren 2010 bis einschließlich 2012 sei höchstens fünfmal jährlich tatsächlich Alarm in den Deutschen Botschaften in Bagdad bzw. Kabul ausgelöst worden. Für die Botschaft Kabul hat dies in der Berufungsverhandlung der Zeuge X. bestätigt, der von August 2010 bis Juli 2012 Kanzler dieser Botschaft war (jährlich etwa zwischen drei und fünf Alarmen für die gesamte Botschaft). Im Kern damit übereinstimmend hat der Zeuge N. vor dem Senat angegeben, in den zwei Jahren, während derer er an der Botschaft Kabul tätig gewesen sei (24. Juni 2011 bis 4. Juli 2013), habe es etwa 10 Alarmierungen für alle gegeben und etwa 15 bis 20 Anlässe, bei denen das Sicherheitspersonal in Bereitschaft gesetzt worden sei. Der vom Senat zu den Verhältnissen an der Deutschen Botschaft in Bagdad befragte Zeuge S. konnte sich für die Zeit seiner Anwesenheit in Bagdad (Juli 2010 bis Juli 2011) an einen „realen Alarm“ nicht erinnern; es habe aber eine Alarmübung gegeben. Anhaltspunkte, an der Richtigkeit dieser Angaben der Zeugen zu zweifeln, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, zumal der Kläger die Angaben zur Häufigkeit von Alarmen nicht substantiiert bestritten hat. Er hat im Übrigen weder substantiiert vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass er während seiner Abordnungszeiten außerhalb der Dienstzeiten typischerweise jederzeit und regelmäßig mit nennenswerten Einsätzen rechnen musste.
93dd) Da die im Berufungsverfahren des Klägers streitgegenständlichen Zeiten nicht als Arbeitszeit anzusehen sind, steht diesem auch kein unionsrechtlicher Ausgleichsanspruch wegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG zu.
942. Der Kläger kann nicht verlangen, für diejenigen Zeiträume, die der Summe des von ihm eingeklagten Freizeitausgleichs und des ihm bereits zuerkannten Freizeitausgleichs (vgl. die in den erstinstanzlichen Anträgen angeführten Stundenzahlen) entsprechen, an das Auswärtige Amt abgeordnet und der Deutschen Botschaft in Bagdad bzw. Kabul zugeteilt zu werden.
95Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seinem oben zitierten Urteil vom 17. Juni 2014 – 4 S 169/13 –, juris, Rn. 49 bis 51, Folgendes ausgeführt:
96„Die Abordnung nach § 27 Abs. 1 BBG und die (anschließende) Zuweisung eines konkreten Dienstpostens stehen im Ermessen des Dienstherrn. Der Ausübung dieses Ermessens sind sehr weite Grenzen gesetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.1991 - 2 C 41.89 -, BVerwGE 89, 199; OVG Hamburg, Beschluss vom 22.05.1996 - Bs I 13/96 -, Juris). Grundsätzlich hat jeder Beamte unter den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen, insbesondere beim Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses, mit der Möglichkeit seiner Abordnung oder Versetzung zu rechnen und die sich daraus ergebenden Härten und Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen (Senatsbeschluss vom 21.09.2007 - 4 S 2131/07 -, Juris, m.w.N.). Ebenso kann die Abordnung wieder aufgehoben werden, wenn das dienstliche Bedürfnis weggefallen ist; ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Einschätzung des Dienstherrn (BVerwG, Beschluss vom 31.05.2010 - 2 B 30.10 -, Juris). Auch eine Änderung des dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen hat der Beamte nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne grundsätzlich hinzunehmen. Der Dienstherr kann aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich des Beamten verändern, solange diesem ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt (BVerwG, Urteil vom 28.11.1991, a.a.O.). Ein Anspruch des Beamten auf eine Abordnung oder auf Zuweisung eines bestimmten Dienstpostens kommt vor diesem Hintergrund grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 07.07.2010 - 2 B 59/10 -, Juris).
97Ausgehend hiervon steht dem Kläger ein Anspruch auf Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Bagdad für denjenigen Zeitraum, der dem von ihm eingeforderten Freizeitausgleich entspricht, nicht zu. Ein dienstliches Bedürfnis für seine erneute Verwendung an der Botschaft ist von ihm weder dargetan worden noch sonst ersichtlich. Auch das Vorbringen, die Weiterführung von Abordnung und Zuteilung sei zur ordnungsgemäßen Abgeltung des ihm (noch) zu gewährenden Freizeitausgleichs erforderlich, führt nicht auf den eingeklagten Rechtsanspruch. Im Umfang der von ihm geltend gemachten Zuvielarbeit (1.031,7 Stunden) steht dem bereits entgegen, dass er aus den unter 1. dargelegten Gründen hierfür keinen Freizeitausgleich verlangen kann. Aber auch, soweit es den wegen geleisteter Mehrarbeit zu gewährenden Freizeitausgleich (474,6 Stunden) betrifft, ist ein rechtlich geschütztes Interesse des Klägers an der begehrten Abordnung und Zuteilung nicht erkennbar. Nach dem Vorbringen der Beteiligten konnte - im Umfang von 386,55 Stunden - und kann - im Umfang weiterer 88,05 Stunden - der Freizeitausgleich von der Stammdienststelle des Klägers gewährt werden, weshalb es hierfür der Abordnung an das Auswärtige Amt und - ohnehin nur „fiktiv“ gewollten - Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Bagdad nicht bedarf. Dem Umstand, dass dem Kläger während seiner Verwendung an der Botschaft Auslandsdienstbezüge bezahlt worden sind, für deren weiteren Erhalt auch für den Zeitraum des Freizeitausgleichs mit der begehrten Abordnung und (fiktiven) Zuteilung die „Grundlage“ geschaffen werden soll, kommt keine das Ermessen der Beklagten zu seinen Gunsten einschränkende Wirkung zu (vgl. auch BVerwG Urteil vom 28.11.1991, a.a.O.).
98Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Bundespolizeipräsidium in der Vergangenheit in ständiger Verwaltungspraxis zum Ausgleich des nicht im Rahmen des für die Entsendung an die Deutsche Botschaft in Bagdad vorgesehenen Zeitraums abbaubaren Freizeitausgleichs Abordnungen nach Ende des Personenschutzauftrags grundsätzlich um die Zeit der im Ausland angefallenen Mehrarbeitsstunden verlängert beziehungsweise aufrechterhalten hat („Abgeltungsverfahren“). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass sowohl eine durch Verwaltungsvorschriften vorgenommene Ermessensbindung als auch eine rein tatsächliche Verwaltungsübung aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden können, auch wenn die betroffenen Beamten gegenüber der bisherigen Praxis benachteiligt werden (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 07.04.2000 - 2 B 21.00 -, Juris, m.w.N.). Das Bundesministerium des Innern hat hier im Juni 2010 seine Verwaltungspraxis nach behördeninterner Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt dahin geändert, dass für zukünftig der Auslandsvertretung in Bagdad zugeteilte Personenschutzbeamte eine Verlängerung der Abordnung zum Ausgleich von Mehrarbeit nicht mehr gewährt wird, und sich dabei auf die nicht zu beanstandende Erwägung gestützt, dass auf Grundlage des „Abgeltungsverfahrens“ eine Häufung von Überstunden entstanden sei, die im jeweiligen Einzelfall ein dienstrechtlich unzulässiges und fürsorgerisch bedenkliches Ausmaß erreicht habe. Das Auswärtige Amt hat mit Schreiben vom 03.06.2010 die Deutsche Botschaft in Bagdad über diese „Änderung des Abgeltungsverfahrens“ unterrichtet. Der Kläger selbst ist hierüber durch Nummer 10 der von ihm unterzeichneten „Erklärung“ in Kenntnis gesetzt worden. Die von ihm reklamierte Verwaltungspraxis ist daher für seinen Abordnungszeitraum nicht (mehr) maßgebend. Hieran ändert auch die neuerliche Änderung der Verwaltungspraxis mit Wirkung zum 20.04.2012 nichts. Denn hiervon sind ausweislich des im Klageverfahren vorgelegten Schreibens des Auswärtigen Amts vom 20.04.2012 die „derzeit aus Bagdad … ausreisenden Teams“ ausdrücklich ausgenommen; deren Mehrarbeit soll - wie im Fall des Klägers - durch die Bundespolizei ausgeglichen werden.“
99Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie sich zu eigen. Sie gelten entsprechend für das vorliegende Klagebegehren. Ein Anspruch des Klägers auf Verlängerung der Abordnung zum Auswärtigen Amt ergibt sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. einer etwaigen Verwaltungspraxis der Beklagten entsprechend dem Entwurf der Ressortvereinbarung des Bundesministeriums des Innern und des Auswärtigen Amtes zum Einsatz von Bundespolizeivollzugsbeamtinnen/Bundespolizeivollzugsbeamten im Rahmen der Unterstützung des Auswärtigen Amtes gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 BPolG vom 2. April 2009. § 16 Abs. 5 dieser Ressortvereinbarung sah zwar vor, die Abordnung zum Auswärtigen Amt im Einzelfall entsprechend der Mehrarbeitszeit zu verlängern, sofern die im Ausland geleistete Mehrarbeit im begründeten Einzelfall nicht während des Abordnungszeitraums habe abgebaut werden können. Eine sich daraus möglicherweise ergebende (nach dem Wortlaut im Übrigen nur auf Einzelfälle bezogene) Selbstbindung der Verwaltung ist allerdings für die hier interessierende Zeit spätestens durch den Erlass des Auswärtigen Amtes vom 3. Juni 2010 beendet worden. Dort heißt es ausdrücklich, die Abordnungen zum Ausgleich von Mehrarbeit könnten für die zukünftig zugeteilten HOD‑/Personenschutzbeamten nicht mehr verlängert werden. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend bekundet, die Personenschützer seien vor den streitgegenständlichen Abordnungen jeweils darüber informiert worden, dass Mehrarbeit künftig anders als zuvor abgegolten werden sollte.
100Aus dem gleichen Grund ergibt sich auch kein Anspruch auf Verlängerung der Abordnung aus der Verwaltungspraxis, nach der – wie im Verfahren 1 A 418/14 vorgetragen und von der Beklagten bestätigt – die von den Personenschützern unterschriebene Formularerklärung mit der darin enthaltenen Ziffer 10 betreffend die Abgeltung von Mehrarbeit während des Auslandseinsatzes auch bereits vor dem Jahre 2010 verwendet, Ziffer 10 für die Abgeltung der Mehrarbeit zu jener Zeit tatsächlich aber nicht beachtet wurde.
1013. Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch darauf, während der Dienstbefreiung zur Abgeltung der von der Beklagten anerkannten sowie der vom Kläger weiter geltend gemachten Mehrarbeit Auslandsdienstbezüge zu erhalten.
102Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seinem bereits genannten Urteil vom 17. Juni 2014 – 4 S 169/13 –, juris, Rn. 53 bis 57, Folgendes ausgeführt:
103„a) Die hier in Betracht zu ziehenden Vorschriften über die Zahlung auslandsbezogener Besoldungsbestandteile nach den §§ 52 ff. BBesG, der Anlage VI zum Bundesbesoldungsgesetz und nach § 53 Abs. 1 Satz 5 BBesG in Verbindung mit der dazu ergangenen Auslandszuschlagsverordnung (AuslZuschlV) vom 17.08.2010 (BGBl. I S. 1177) bestimmen - unabhängig von weiteren Voraussetzungen - sämtlich, dass die darin geregelten Zulagen und Zuschläge dem Beamten nur zustehen, solange er sich dienstlich im Ausland aufhält (§ 52 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BBesG; § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslZuschlV). Dahinter steht die Erwägung, dass Auslandsdienstbezüge dem Beamten ausschließlich für den Zeitraum gewährt werden sollen, in welchem die besonderen Bedingungen des jeweiligen Auslandsdienstorts auch tatsächlich vorliegen (Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, § 52 BBesG RdNr. 22). Mit der Abordnungsbeendigung am 13.08.2011 entfiel die Anwendbarkeit dieser besoldungsrechtlichen Vorschriften für den Kläger. Ihre ausdehnende Anwendung ist wegen der strikten Gesetzesbindung im Besoldungsrecht (§ 2 Abs. 1 BBesG) nicht möglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.02.2008, a.a.O.). Die Vorschriften bieten deshalb keine Handhabe, den Kläger finanziell so zu stellen, als sei seine Abordnung an das Auswärtige Amt und insbesondere Entsendung an die Auslandsvertretung in Bagdad erst nach Inanspruchnahme des Freizeitausgleichs beendet worden.
104Aus der vom Kläger angeführten Regelung in § 88 Satz 2 BBG ergibt sich nichts anderes. Danach ist Beamten innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren, wenn sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden. Diese Regelung betrifft also lediglich den Anspruch des Beamten auf Dienstbefreiung zum Ausgleich geleisteter Mehrarbeit, der - im Rahmen der Arbeitszeitregelungen und nicht des Besoldungs- und Versorgungsrecht entwickelt - nicht zur „Alimentation“ des Beamten gehört, sondern als ein besonderes Recht des Beamten daneben steht und vom Alimentationsgrundsatz mithin nicht erfasst wird (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 72 Abs. 2 Satz 2 BBG a.F. BVerwG, Urteil vom 10.12.1970 - II C 45.68 -, BVerwGE 37, 21). Besoldungsrechtliche Ansprüche lassen sich deshalb aus § 88 Satz 2 BBG auch nicht mit der Erwägung herleiten, die zu gewährende „entsprechende Dienstbefreiung“ habe „kompensatorischen“ Charakter und erfasse daher auch die besoldungsrechtlichen Elemente der auszugleichenden Mehrarbeit.
105Auch das Unionsrecht gebietet nicht, dass der Kläger während der Inanspruchnahme des Freizeitausgleichs so gestellt wird, als seien die Voraussetzungen für die Zahlung der auslandsbezogenen Besoldungsbestandteile erfüllt. Zwar ist nach der der Richtlinie 2003/88/EG Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zu qualifizieren (vgl. oben 2. b) bb)). Das Unionsrecht regelt indes nicht die Entlohnung für als Mehrarbeit erbrachten Bereitschaftsdienst, weshalb die arbeitszeitrechtlichen Schutzvorschriften der Richtlinie 2003/88/EG keine besoldungsrechtlichen Ansprüche vermitteln (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.04.2004 - 2 C 9.03 -, NVwZ 2004, 1255, und vom 22.01.2009, a.a.O.; EuGH, Beschluss vom 11.01.2007, a.a.O., RdNr. 32 ff.).
106b) Sonstige verschuldensunabhängige Anspruchsgrundlagen, die das Zahlungsbegehren des Klägers zu tragen vermögen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere scheidet ein Anspruch auf Mehr-arbeitsvergütung nach § 88 Satz 4 BBG in Verbindung mit der dazu ergangenen Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung (BMVergV) in der Fassung vom 04.11.2009 (BGBl. I S. 3701) aus, weil - wie der Kläger selbst einräumt - nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BMVergV neben Auslandsdienstbezügen oder Auslandsverwendungszuschlag nach Abschnitt 5 des Bundesbesoldungsgesetzes Mehrarbeitsvergütung nicht gewährt wird.
107c) Schließlich bestehen auch keine - auch nicht weiter aufgezeigten - Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte. Sie setzen nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 1 und 3 BGB neben einem bezifferbaren Schaden voraus, dass sich der Dienstherr gegenüber dem Beamten rechtswidrig und schuldhaft verhalten hat, dass dieses Verhalten den Schaden adäquat kausal herbeigeführt hat und dass der Beamte seiner Schadensabwendungspflicht nachgekommen ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.02.2008, a.a.O., m.w.N.). Ansprüche des Klägers, die darauf gestützt werden, sie seien ausgleichspflichtige Folgen einer rechtswidrig unterlassenen Weiterführung seiner Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuteilung an die Deutsche Botschaft in Bagdad, scheiden danach schon deshalb aus, weil dem Kläger - wie unter 2. dargelegt - ein dahingehender Anspruch für denjenigen Zeitraum, der dem von ihm eingeforderten Freizeitausgleich entspricht, nicht zusteht. Im Übrigen fehlt es an einem zu ersetzenden Schaden, da zusätzlicher Dienst eines Beamten kein Schaden im Sinne des - insoweit auch für beamtenrechtliche Schadensersatzansprüche maßgeblichen - allgemeinen Schadensersatzrechts ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2003, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.03.2013 - 3 A 2225/09 -, Juris, m.w.N.).“
108Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie sich zu eigen. Sie gelten entsprechend im vorliegenden Verfahren.
109Ergänzend betont der Senat Folgendes: Das besoldungsrechtliche Begehren des Klägers knüpft an die von der Beklagten bis Juni 2010 (unter der internen Bezeichnung „Flatrate 500“) und (im Umfang von nur noch 81 Stunden) seit April 2012 wieder geübte Praxis der Beklagten an, den Personenschutzbeamten während des im Inland verbrachten Freizeitausgleichs Auslandsbesoldung zu gewähren. Diese Praxis ist aus den oben angeführten Gründen rechtswidrig. Denn Auslandsdienstbezüge setzen – wie ausgeführt ‑ einen dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland voraus. Dies bestimmen § 52 Abs. 1 bis 3 BBesG sowie § 2 Abs. 1 Satz 3 AuslZuschlV unmissverständlich. Im Übrigen geht davon auch Ziffer 58.1.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz vom 11. Juli 1997 aus.
110Abgedruckt bei Plog/Wiedow, BBG, Stand: Juni 2015, zu § 52 BBesG.
111Da eine erweiternde Auslegung der entsprechenden Vorschriften wegen der strikten Gesetzesbindung im Besoldungsrecht unzulässig ist (vgl. § 2 Abs. 1 BBesG), ist die dargestellte Praxis eindeutig rechtswidrig und mit dem Besoldungsrecht in keiner Weise vereinbar. Daran ändert nichts, dass diese Praxis augenscheinlich (für die Zeit bis Juni 2010 unter der internen Bezeichnung „Flatrate 500“) zwischen zwei Bundesministerien und einer Bundesoberbehörde (Auswärtiges Amt, Bundesministerium des Innern und Bundespolizeipräsidium) verabredet worden ist. Wenn dort die Auffassung bestanden haben sollte, dem Einsatz der an den Botschaften in Bagdad und Kabul als Personenschützer eingesetzten Bundespolizisten müsse finanziell in besonderer Weise Rechnung getragen werden, hätte die Möglichkeit bestanden, eine entsprechende Änderung des Besoldungsrechts unter Einhaltung der Gesetzgebungszuständigkeiten anzustreben. Der Kläger kann aber aus einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis keine Ansprüche für sich herleiten. .
112Der Kläger ist während des Freizeitausgleichs im Inland, der nach einer Tätigkeit im Ausland erfolgt, besoldungsrechtlich auch nicht so zu stellen wie während eines Erholungsurlaubs. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob Auslandsbesoldung während des im Inland verbrachten Erholungsurlaubs gewährt wird, ob dies davon abhängt, dass der Dienst am ausländischen Dienstort nach Beendigung des Erholungsurlaubs wieder aufgenommen wird oder nicht und auf welcher Rechtsgrundlage all dies ggf. geschieht. Für die Auslandsbesoldung während einer Dienstzeitbefreiung für geleistete Mehr- oder Zuvielarbeit ist in Ermangelung auf diesen Fall abstellender Sonderregelungen auf die allgemein für die Auslandsbesoldung geltenden Regeln abzustellen. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG ist u.a. ein tatsächlicher Wohnsitz im Ausland erforderlich. Es unterliegt keinem Zweifel, dass ein Beamter, der einen in der Regel auf drei Monate angelegten Dienst an einer deutschen Botschaft im Ausland absolviert hat und nach dessen Ende seinen währenddessen „erwirtschafteten“ Freizeitausgleich im Inland nimmt, keinen tatsächlichen Wohnsitz an seinem bisherigen ausländischen Einsatzort mehr hat. Dies gilt auch dann, wenn die Abordnung an das Auswärtige Amt und ggf. selbst die Zuweisung an die Botschaft formal noch fortgeführt wird. Im Übrigen werden jedenfalls einzelne Bestandteile der Auslandsbesoldung während eines Erholungsurlaubs auch nicht gezahlt. So bestimmt etwa § 2 Abs. 1 Satz 3 AuslZuschlV ausdrücklich, dass der Zuschlag zum Auslandszuschlag nach § 53 Absatz 1 Satz 5 des Bundesbesoldungsgesetzes zur Abgeltung außergewöhnlicher materieller Mehraufwendungen oder immaterieller Belastungen („Zitterprämie“) nicht gezahlt wird während eines Heimaturlaubs, eines Erholungsurlaubs und sonstiger Abwesenheit vom Dienstort, außer in Fällen besonderer fürsorgerischer Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge von bis zu vier aufeinanderfolgenden Kalendertagen.
113II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, dem Kläger im tenorierten Umfang einen weiteren Freizeitausgleich zu gewähren.
114Der Anspruch des Klägers folgt aus § 88 Satz 2 BBG. Nach dieser Vorschrift ist Beamten innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren, wenn sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden. Die Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat auf dienstliche Anordnung von Bereitschaftsdienst (dazu 1.) Mehrarbeit (dazu 2.) während der streitbefangenen Abordnung(en) im Umfang von mehr als fünf Stunden monatlich über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus (dazu 3.) geleistet. Die in § 88 Satz 2 BBG als Rechtsfolge vorgesehene „entsprechende Dienstbefreiung“ meint eine zeitlich entsprechende Freistellung, d. h. für eine Stunde Bereitschaftsdienst ist eine Stunde Freizeitausgleich zu gewähren (dazu 4.). Der Anspruch auf Dienstbefreiung nach § 88 Satz 2 BBG ist nicht verfallen (dazu 5.).
1151. Die streitgegenständlichen Bereitschaftsstunden sind als Bereitschaftsdienst (dazu b)) dienstlich angeordnet (dazu a)) worden. Die gegen diese Bewertung gerichteten Einwände der Beklagten greifen nicht durch (dazu c)).
116a) Die Anordnung von Mehrarbeit ist eine einzelfallbezogene, d. h. auf den einzelnen Beamten und auf konkrete einzelne Bereitschaftszeiten zugeschnittene Ermessensentscheidung des Dienstherrn auf der Grundlage und unter Abwägung der im konkreten Zeitpunkt maßgebenden Umstände. Der Dienstherr hat dabei zu prüfen, ob nach den dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt eine Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll.
117Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009 – 1 A 2655/07 –, juris, Rn. 77, m. w. N.
118Gemessen an diesen Voraussetzungen gab es für die streitgegenständlichen Stunden einzelfallbezogene Anordnungen für konkrete und zeitlich abgegrenzte Stunden. In den von Mitarbeitern der Deutschen Botschaft in Kabul unterzeichneten Listen betreffend „Überstunden“ und „Bereitschaft 50%“ ist konkret auf den Kläger bezogen für jeden Tag seiner dortigen Anwesenheit ebenso wie für „Überstunden“ angeführt, welche genaue Stundenzahl an „Bereitschaft 50%“ vorliegt. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten erfolgten die Anordnungen von Bereitschaft zwar nicht schriftlich. Die Beteiligten sind sich aber darüber einig, dass für die streitgegenständlichen Stunden – mündlich – überhaupt eine Art der Bereitschaft im Unterschied zur Freizeit dienstlich angeordnet worden war: Der Kläger hält die Anordnungen für angeordneten Bereitschaftsdienst, während die Beklagte vorträgt, es habe sich lediglich um Rufbereitschaft gehandelt.
119b) Für die im Rahmen der Berufung der Beklagten streitgegenständlichen Stunden war Bereitschaftsdienst und nicht nur Rufbereitschaft angeordnet. Dies ergibt sich aus einer Gesamtbewertung des Akteninhalts, des Vortrags der Beteiligten und der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.
120Bereitschaftsdienst bedeutet nach § 2 Nr. 12 AZV die Pflicht, sich, ohne ständig zur Dienstleistung verpflichtet zu sein, an einer vom Dienstherrn bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, wenn dabei Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen.
121Der Sache nach ebenso BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90.07 –, NVwZ-RR 2009, 525 = juris, Rn. 14 f., m. w. N.
122Im Unterschied dazu ist Rufbereitschaft nach § 2 Nr. 11 AZV die Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können.
123Für die Anordnung von Bereitschaftsdienst im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV spricht zunächst der Wortlaut der Stundenlisten. Dort findet sich neben einer mit „Überstunden“ überschriebenen Spalte eine weitere für „Bereitschaft 50%“. Dieser Begriff bedeutet im vorliegenden Zusammenhang Bereitschaftsdienst und nicht Rufbereitschaft. Dies ergibt sich aus Folgendem: Aus dem Schreiben des Bundespolizeipräsidiums vom 15. Februar 2010 an das Referat B 3 des Bundesministeriums des Innern folgt, dass der Begriff „Bereitschaft 50%“ keine Rufbereitschaft meinte. In diesem Schreiben wird die Abrechnungsmodalität „Flatrate 500“ erwähnt, die im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Referat B 3 des Bundesministeriums des Innern konsentiert wurde. Sie betrifft die Mehrarbeit von Bundespolizeibeamten während der Auslandseinsätze bei den Deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad. Danach sollte die generelle Anordnung von Tagesdienst ersatzlos gestrichen und ein festes Stundenkontingent auf Basis eines Musterdienstplans angesetzt werden. Diesem lag folgende Annahme zugrunde: Ein Arbeitstag bestehe aus 8,5 h Volldienst + 4,5 h Bereitschaftsdienst mit 50% + 11 h Rufbereitschaft mit 12,5% = 12,125 h Volldienst. Ein Freitag bestehe aus 6 h Volldienst + 7 h Bereitschaftsdienst mit 50% + 11 h Rufbereitschaft mit 12,5% = 10,875 h Volldienst. Ein Wochenende bestehe aus 0 h Volldienst + 10 h Bereitschaftsdienst mit 50% + 14 h Bereitschaft mit 12,5% = 6,75 h Volldienst. Bei einer angenommenen Verwendungsdauer von 3 Monaten ergäben sich gerundet 500 Stunden. Das Abrechnungsmodell „Flatrate“ sollte „weiterhin den tatsächlichen Dienstumfang letztendlich widerspiegeln“. Diese Ausführungen belegen, dass das Bundespolizeipräsidium die „Bereitschaft 50%“ der Rufbereitschaft gegenüberstellt, weil sich beide Formen der Bereitschaft nach dortigem Verständnis inhaltlich unterscheiden. Es handelt sich auch nicht um ein einseitiges Begriffsverständnis des Bundespolizeipräsidiums, denn die beschriebene Art der Stundenabrechnung ist mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern abgestimmt gewesen. Daher ist davon auszugehen, dass der Begriff „Bereitschaft 50%“ in den Stundenauflistungen dementsprechend nach allseitigem Verständnis der beteiligten Behörden auch nicht bloß Rufbereitschaftsdienst bedeutete.
124Welche Art von Bereitschaft gemeint war, erschließt sich auch aus der konkreten Abgeltung der Mehrarbeit durch die Beklagte in allen sieben vor dem Senat anhängig gewesenen Klageverfahren. Denn diese glich „Bereitschaft 50%“ (bzw. an der Botschaft Bagdad nur anders bezeichnet als „Berei. ½“) nicht nur wie Rufbereitschaft im Sinne von § 2 Nr. 11 AZV aus, sondern in einem darüber hinausgehenden Maße und damit wie Bereitschaftsdienst im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV: In der zusammenfassenden Zeile „Mehrarbeit“ der Auflistungen sind die Stunden der Spalten „Überstunden“ und – soweit vorhanden – „Bereitschaft 100%“ jeweils in vollem Umfang als Mehrarbeitsstunden berücksichtigt worden und die Stunden aus der Spalte „Bereitschaft 50%“ (immerhin) zur Hälfte. Für Rufbereitschaft (soweit in den Stundenlisten gesondert ausgewiesen) wurde dagegen nur ein Achtel (12,5%) der über 10 Stunden im Kalendermonat hinausgehenden Zeit als Freizeitausgleich gewährt.
125Der so praktizierte Freizeitausgleich für Bereitschaftsdienst erfolgte in Anlehnung an die Vorschriften der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) und die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften (MVergVVwV).
126Letztere sind abgedruckt bei Clemens u. a., Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: Februar 2015, Anhang 2 zu § 48.
127Diese Regelungen betreffen unmittelbar zwar nur die Gewährung einer Mehrarbeitsvergütung und nicht auch die Gewährung von Freizeitausgleich. Die Beklagte hat diese Vorschriften aber der Sache nach entsprechend auf den Freizeitausgleich angewandt. Diese Verfahrensweise wird auch in der juristischen Literatur vertreten.
128So z. B. Corsmeyer, in Fürst u. a., GKÖD, Stand: Juni 2015, § 88 Rn. 6, und Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: Juni 2015, § 88 Rn. 22 i. V. m. § 87 Rn. 26, 28; diese Verfahrensweise entspricht nicht der Rechtsauffassung des Senats (siehe unten).
129Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 MVergV gilt als Mehrarbeitsstunde grundsätzlich die volle Zeitstunde. Nach Satz 2 der Vorschrift wird hiervon abweichend eine Stunde Dienst in Bereitschaft nur entsprechend dem Umfang der erfahrungsgemäß bei der betreffenden Tätigkeit durchschnittlich anfallenden Inanspruchnahme berücksichtigt, wobei schon die Ableistung des Dienstes in Bereitschaft als solche in angemessenem Umfang anzurechnen ist. Ziffer 4.1 zu § 1 MVergVVwV geht davon aus, dass während eines Bereitschaftsdienstes die Zeitdauer einer Inanspruchnahme nach durchschnittlichem Erfahrungssatz weniger als 50 vom Hundert beträgt. Dementsprechend ist nach Ziffer 1 zu § 5 MVergVVwV zum Zwecke der Mehrarbeitsentschädigung Bereitschaftsdienst nach dem Umfang der erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Inanspruchnahme mindestens mit 15 vom Hundert, höchstens mit 50 vom Hundert seiner Zeitdauer als Mehrarbeit anzurechnen. Nach Ziffer 2.2.2 zu § 3 Absatz 1 MVergVVwV wird ein Bereitschaftsdienst, der außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet wird, zum Zwecke der Bemessung der Mehrarbeitsentschädigung nach Nummern 1 und 2 zu § 5 in Iststunden umgerechnet.
130Der von der Beklagten gewährte Freizeitausgleich für Rufbereitschaft mit – wie schon ausgeführt – unterschiedlicher, nämlich deutlich geringerer Bemessung des Leistungsumfangs beruht demgegenüber auf § 12 Satz 2 AZV.
131Bei der Bewertung der Frage, was mit „Bereitschaft 50%“ gemeint ist, ist weiter zu berücksichtigen, dass es von Mitarbeitern der Deutschen Botschaft Kabul unterzeichnete Listen gibt, die neben den Spalten für Überstunden und „Bereitschaft 50%“ auch eine Spalte für „Bereitschaft 100%“ vorsehen (z. B. betreffend den Kläger im Verfahren 1 A 418/14 für den Monat April 2012 sowie betreffend den Kläger im Verfahren 1 A 420/14 und die Klägerin im Verfahren 1 A 422/14 jeweils für den Monat Juli 2010). Diese Differenzierung lässt darauf schließen, dass jeweils unterschiedliche Formen des Bereitschaftsdienstes gemeint waren. Zum Begriff „Bereitschaft 100%“ hat die Beklagte schriftsätzlich vorgetragen, damit sei Volldienst gemeint („So ist in Einzelfällen auch ‚Bereitschaft 100%‘, also Volldienst, darunter gefasst und in den Stundenzetteln vermerkt worden.“). Wenn aber „Bereitschaft 100%“ Volldienst bedeutet, liegt der Schluss mehr als nahe, dass während einer „Bereitschaft 50%“ etwa zur Hälfte Dienst versehen worden ist oder werden sollte. Mit einer bloßen Rufbereitschaft wäre dies nicht zu vereinbaren.
132Nach den vorstehenden Ausführungen spricht alles dafür, dass mit den Stunden in den Spalten „Bereitschaft 50%“ Bereitschaftsdienst im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV gemeint ist. Entsprechendes gilt auch für die Eintragung „Berei. ½“ an der Botschaft Bagdad, soweit sich dort (allerdings wohl nur im Einzelfall) eine solche findet. Der Kläger in dem Verfahren 1 A 2545/13 hat hierzu – konkret auf die Stundennachweisung für den Monat Mai 2012 bezogen – in der Berufungsverhandlung unter Vorlage des Einsatzerfahrungsberichts seines damaligen Kommandoführers glaubhaft erläutert, dass den in der Liste ausgewiesenen Bereitschaftsdienstzeiten konkrete Sachverhalte zugrunde lagen, nämlich Warnungen der irakischen Behörden vor gegen die Deutsche Botschaft in Bagdad gerichteten Anschlägen. Das betraf im Übrigen einen Zeitraum, für welchen ausweislich der Stundennachweise (anders als noch im Vormonat April 2012) nicht mehr durchgängig eine Rufbereitschaft bestanden hatte, jedenfalls nicht auf die Arbeitszeit angerechnet worden war. Aus der Aussage des Zeugen S. vor dem Senat– nach seiner Einschätzung habe es sich bei der angeordneten Bereitschaft um Rufbereitschaft gehandelt – lässt sich insoweit nicht auf Gegenteiliges schließen, zumal diese Aussage nur den Zeitraum von Juli 2010 bis Juli 2011 abdeckt.
133Dass der Sache nach ein Bereitschaftsdienst im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV tatsächlich angeordnet worden ist, ergibt sich über die bisherigen Argumente hinaus – insofern zwar unmittelbar nur die Verhältnisse in Kabul betreffend – namentlich auch aus der Aussage des Zeugen N. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Dieser war vom 24. Juni 2011 bis zum 4. Juli 2013 als Sicherheitsbeamter an der Deutschen Botschaft Kabul tätig. In dieser Eigenschaft führte er die Aufsicht über die HOD-Kräfte. Er hat angegeben, die Leitung der Botschaft habe Bereitschaft bei konkreten sicherheitsrelevanten Ereignissen immer gleichzeitig gegenüber den HOD-Kräften und den Personenschützern angeordnet. Eine Aufteilung zwischen den einzelnen Möglichkeiten der Bereitschaft sei zwar unter den Bedingungen in Kabul nicht einfach umsetzbar gewesen. Wenn aber Bereitschaft angeordnet worden sei, sei dies immer als Bereitschaft 50% angesehen worden. Diese Zeiten seien also zur Hälfte angeschrieben und erfasst worden.
134Der Senat sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln. Da „Bereitschaft 50%“ aus den oben genannten Gründen jedenfalls keine bloße Rufbereitschaft, sondern Bereitschaftsdienst im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV meint, belegt die Aussage des Zeugen N. , dass die an der Bereitschaftsanordnung Beteiligten sich darüber einig waren, dass ein solcher Bereitschaftsdienst angeordnet worden war. Daran muss die Beklagte sich festhalten lassen.
135Dafür, dass die Verantwortlichen an der Deutschen Botschaft in Bagdad angeordnete Bereitschaft mit dem Zusatz „1/2“ in einem anderen Sinne verstanden hätten, gibt es weder aus dem Akteninhalt noch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einen greifbaren Anhalt.
136c) Die Einwände der Beklagten gegen die Bewertung von „Bereitschaft 50%“ als Bereitschaftsdienst im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV greifen nicht durch.
137aa) Soweit die Beklagte vorträgt, es handele sich bei „Bereitschaft“ um einen polizeifachlichen Begriff, der verschiedene Dienstformen des Bereithaltens umfassen könne, mag dies für den isolierten Begriff zutreffen. Hier aber geht es nicht um die Anordnung allgemeiner „Bereitschaft“, sondern von „Bereitschaft 50%“ bzw. „Berei. ½“. Dies kann aus den oben genannten Gründen nicht als bloß allgemeine Form eines irgendwie gearteten Bereithaltens verstanden werden. In der Botschaft Kabul wurde nach Aussage des Zeugen N. im Übrigen stets Bereitschaftsdienst 50% und nicht nur Rufbereitschaft angeordnet. An der Botschaft in Bagdad war dies zwar anders, dort war vielmehr lange Zeit eine Rufbereitschaft die Regel. Wenn aber davon abweichend in besonderen Situationen „Bereitschaft“ bzw. „Berei. ½“ angeordnet wurde und dies – wie schon ausgeführt – nur sehr selten vorkam, so spricht gerade das für die Einstufung als „echten“ Bereitschaftsdienst.
138bb) Rechtlich unerheblich ist es, wie und in welchem zeitlichen Umfang in den Zeiten eines angeordneten Bereitschaftsdienstes tatsächlich Dienst verrichtet wurde.
139Vgl. EuGH, Urteil vom 11. Januar 2007– C-437/05 –, Slg 2007, I-331 = juris, Rn. 27, m. w. N.
140Daher kommt es nicht darauf an, ob es aus rückblickender Sicht genügt hätte, während der streitgegenständlichen Stunden nur Rufbereitschaft anzuordnen.
141cc) Rechtlich unerheblich ist auch der Umstand, dass die betroffenen Beamten die Formulare für die Stundennachweise (vorbereitend) selbst erstellt und ausgefüllt haben. Soweit darin Stunden für Bereitschaftsdienst 50% aufgeführt sind, entspricht dies aus den oben genannten Gründen den entsprechenden Anordnungen der Botschaftsleitungen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Stunden für „Bereitschaft 50 %“ bzw. „Berei. ½“ nicht durchgängig, sondern mitunter nur an einzelnen Tagen der betreffenden Monate eingetragen sind. Dies wie auch der Umstand, dass die Eintragung von Überstunden, die nach der seinerzeitigen Praxis im Unterschied zum Bereitschaftsdienst im Verhältnis 1 : 1 ausgeglichen wurden, die Bundespolizeibeamten besser gestellt hätte, spricht eindeutig gegen die Annahme, hier könnten Bereitschaftsstunden mehr oder weniger willkürlich und zufällig oder gar mit der Absicht, sich einen unrechtmäßigen Vorteil zu verschaffen, eingetragen worden sein.
142dd) Ohne Erfolg macht die Beklagte weiter geltend, die Personenschutzbeamten hätten sich während der Zeiten des bescheinigten Bereitschaftsdienstes tatsächlich in ihren Privatunterkünften aufgehalten und nicht in den Diensträumen (Lagezentrale der Botschaft), zumal diese ohnehin zu klein gewesen wären, um 10 Personenschützer und 10 HOD-Kräfte aufnehmen zu können; dies spreche für Rufbereitschaft.
143Aufgrund der Besonderheiten der vorliegenden Situation ist hier ausnahmsweise auch dann von einer Anordnung eines Bereitschaftsdienstes auszugehen, wenn sich die betroffenen Beamten bei den Deutschen Botschaften in Kabul bzw. Bagdad währenddessen in ihren Privatunterkünften aufhalten durften. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich nach dem schriftsätzlichen Vorbringen der Beklagten etwa in Kabul der überwiegende Teil der (Dienst-)Unterkünfte auf dem Kanzleigelände etwa 100 m von der Kanzlei entfernt befindet. Weitere Unterkünfte befinden sich auf einem zweiten Grundstück, 1.000 m Luftlinie entfernt, auf dem sich auch die Visastelle der Botschaft befindet. Unstreitig durften die Personenschutzbeamten – wie auch alle anderen Botschaftsangehörigen – das Botschaftsgelände aus Sicherheitsgründen nicht zu privaten Zwecken verlassen. Schon deswegen und weil die Privatbereiche räumlich sehr dicht bei den dienstlichen Bereichen lagen, was sich auch an der Deutschen Botschaft in Bagdad nicht in beachtlicher Weise anders verhielt, war eine Anordnung, sich während des Bereitschaftsdienstes außerhalb des Privatbereichs aufzuhalten, nicht notwendig, um jederzeit auf die Beamten zurückgreifen zu können. Davon geht im Übrigen auch das Auswärtige Amt in seinem Erlass vom 20. April 2012 an die Deutsche Botschaften u. a. in Kabul und Bagdad aus. Dort heißt es u. a.: „Anlassunabhängige, pauschale Rufbereitschaft wird dagegen nicht mehr angeordnet. Sie ist für die Sicherheit der Botschaften nicht erforderlich, da die Erreichbarkeit der Kräfte in unvorhergesehenen Notfällen ohnehin gewährleistet ist.“ Wenn also der Dienstherr sich den Umstand zunutze macht, dass die Personenschutzbeamten das Botschaftsgelände aus Sicherheitsgründen im Regelfall nicht verlassen dürfen, steht es im vorliegenden, durch angeordnete Bereitschaft geprägten Einzelfall der Annahme von Bereitschaftsdienst im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV nicht entgegen, wenn die Beamten sich währenddessen tatsächlich in ihren räumlich dicht angrenzenden Privatunterkünften aufgehalten haben sollten, zumal die Diensträume nach den Angaben der Beklagten ohnehin zu klein gewesen wären, um alle Beamten aufnehmen zu können.
1442. Das Ableisten von Bereitschaftsdiensten im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV im vorliegenden Fall stellt Mehrarbeit im Sinne des § 88 BBG dar (dazu a)). Der Ausnahmecharakter von Mehrarbeit nach § 88 Satz 1 BBG steht dieser Annahme nicht entgegen (dazu b)).
145a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist Bereitschaftsdienst im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV arbeitszeitrechtlich wie Volldienst zu behandeln.
146Vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010– C‑429/09 –, Slg. 2010, I‑12167 = juris, Rn. 55; BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 – 2 C 29.11 –, BVerwGE 143, 381 = ZBR 2013, 42 = juris, Rn. 13, und vom 22. Januar 2009 – 2 C 90.07 –, NVwZ-RR 2009, 525 = juris, Rn. 16, jeweils m. w. N.
147Demzufolge kann auch Bereitschaftsdienst, der über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet wird, Mehrarbeit i. S. v. § 88 BBG darstellen.
148Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 – 2 C 9.03 –, NVwZ 2004, 1255 = juris, Rn. 11, 17.
149b) Der Annahme von grundsätzlich rechtmäßiger Mehrarbeit nach § 88 BBG steht hier nicht entgegen, dass im vorliegenden Fall ebenso wie in den Parallelfällen jedenfalls bei einer Zusammenschau der angeordneten Überstundenund Bereitschaftsdienste eine Mehrarbeit faktisch den Regelfall und nicht nur eine gelegentliche Ausnahme für die Tätigkeit der Personenschutzbeamten bei den deutschen Botschaften darstellte.
150Zum Ausnahmecharakter der Mehrarbeit nach § 88 BBG siehe Corsmeyer, in: Fürst u. a., GKÖD, Stand: Juni 2015, § 88 Rn. 2; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: Juni 2015, § 88 Rn. 15.
151Sowohl der Beklagten als auch den Personenschutzbeamten war jeweils vor den entsprechenden Abordnungen klar, dass Mehrarbeit in nicht unerheblichem Umfang anfallen würde. Verglichen mit den üblichen Arbeitsbedingungen von Bundesbeamten in Deutschland handelt es sich bei den Verhältnissen an den Deutschen Botschaften (u.a.) in Kabul und Bagdad allerdings um einen Ausnahmefall im Sinne von § 88 Satz 1 BBG. Dies ergibt sich aus der Wertung des § 143 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBG. Danach können Beamte, die zur Wahrnehmung des ihnen übertragenen Amts im Ausland verwendet werden und dabei wegen vom Inland wesentlich abweichender Verhältnisse erhöhten Gefahren ausgesetzt sind, aus dienstlichen Gründen verpflichtet werden, über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus ohne besondere Vergütung Dienst zu tun (eine entsprechende Regelung findet sich in § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeamStG). Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Die Arbeitsbedingungen an der Deutschen Botschaften Kabul und Bagdad weichen wegen der jeweils stark erhöhten allgemeinen Gefahrenlage wesentlich von denjenigen im Inland ab. Im Übrigen ordnet § 14 Abs. 3 GAD, der über § 13 Abs. 1 Satz 2 GAD auch für die an das Auswärtige Amt abgeordneten Bundespolizeibeamten gilt, an, dass ein Beamter des Auswärtigen Dienstes verpflichtet ist, im Ausland auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit die sich aus dem Auftrag des Auswärtigen Dienstes ergebenden Aufgaben wahrzunehmen.
1523. Der Kläger hat während des Abordnungszeitraums mehr als 5 Stunden monatlich über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst verrichtet. Seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit richtete sich nach § 3 AZV (grundsätzlich 41 Stunden, Abweichungen sind im Einzelfall möglich). Ausgehend davon hat er in allen hier interessierenden Monaten tatsächlich in deutlich höherem Maße Dienst in Form von Überstunden und Bereitschaftsdienststunden verrichtet.
1534. Der Kläger kann Dienstbefreiung im Umfang des geleisteten Bereitschaftsdienstes verlangen. Leisten Beamte mehr als fünf Stunden im Monat angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit, so haben sie nach § 88 Satz 2 BBG „für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten“, also ohne Anrechnung der genannten fünf Stunden, einen Anspruch auf „entsprechende Dienstbefreiung“. Diese Regelung („entsprechende“) lässt nicht ansatzweise erkennen, dass die geleistete Mehrarbeit qualitativ etwa nach Arbeitsintensität soll bewertet werden können. Vielmehr stellt sie die Mehrarbeit ausschließlich in einen Zusammenhang mit der hierfür aufgewandten Arbeitszeit. Der aus dem Gesetz allein abzuleitende Maßstab für den Umfang der Dienstbefreiung ist daher die in Mehrarbeit verbrachte Arbeitszeit. Mit anderen Worten ist insoweit entscheidend, wie die Mehrarbeit arbeitszeitrechtlich zu bewerten ist. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht für Beamte und Soldaten davon aus, dass die Freistellung wegen Mehrarbeit arbeitszeitrechtliche Regelungen betrifft.
154Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011– 2 C 41.10 –, NVwZ 2012, 641 = juris, Rn. 18 („arbeitszeitrechtlich, d. h. auch in Bezug auf den Umfang der Freistellung“).
155Für gewöhnliche Überstunden (über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehende Zeit, in der gearbeitet wird) liegt auf der Hand, dass die Dienstbefreiung im Verhältnis 1 : 1 erfolgt, also für jede Überstunde eine Stunde Dienstbefreiung gewährt wird. Genauso ist hier die Beklagte hinsichtlich der von dem Kläger geleisteten Überstunden verfahren. Nichts anderes gilt aber auch für den außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleisteten Bereitschaftsdienst. Denn arbeitszeitrechtlich ist Bereitschaftsdienst Arbeitszeit unabhängig davon, ob und in welchem Umfang während des Bereitschaftsdienstes tatsächlich gearbeitet wird. Dies ergibt sich aus Art. 2 Nr. 1 und 2 RL 2003/88/EG und auch aus der die Einordnung von Bereitschaftsdienst in die Kategorien Arbeitszeit und Ruhezeit betreffenden, seit dem Jahr 2000 ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
156Vgl. statt aller BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012– 2 C 70.11 –, IÖD 2012, 233 = juris, Rn. 13, mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH.
157Damit ist zwar nicht gesagt, dass sich die Abgeltung von Mehrarbeitsstunden aus dem Unionsrecht ergäbe; dieses verhält sich hierzu vielmehr nicht. Aus den unionsrechtlichen Vorgaben folgt aber, was als Arbeitszeit anzusehen ist. Da § 88 Satz 2 BBG die Arbeitszeit als Ausgleichsmaßstab vorgibt, ohne für die zu gewährende Dienstbefreiung zwischen der Art der erbrachten Mehrarbeit (Überstunden oder Bereitschaftsdienst) zu differenzieren, ergibt sich auch für den Bereitschaftsdienst ein Anspruch auf Dienstbefreiung im Verhältnis 1 : 1.
158Für den Ausgleich der im Bereitschaftsdienst erbrachten Arbeitszeit durch Dienstbefreiung kann nicht die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BMVergV sinngemäß herangezogen werden. Denn mit der Dienstbefreiung steht ein arbeitszeitrechtlicher Ausgleich der Bereitschaftsstunden in Rede, nicht aber ein Vergütungsanspruch, also ein Ausgleich für geleistete Mehrarbeit in Geld.
159Im Ergebnis a. A. Hess. VGH, Beschluss vom 20. März 2014 – 1 A 2408/13.Z – , n. v., Rn. 13; VG Schleswig, Gerichtsbescheid vom 10. Juni 2015 – 12 A 116/14 –, n. v.; VG Lüneburg, Urteil vom 28. Januar 2015 – 1 A 68/14 –, n. v.
160Das Gesetz selbst differenziert zwischen der Dienstbefreiung und einem Vergütungsanspruch, wobei die jeweiligen Voraussetzungen nicht identisch sind. Dienstbefreiung und Vergütungsanspruch können auch nicht wahlweise gegeneinander ausgetauscht werden. Der Vergütungsanspruch kommt nach § 88 Satz 4 BBG nur ausnahmsweise in Betracht, nämlich nur dann, wenn eine Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist. Auch § 143 Abs. 1 BBG unterscheidet ähnlich zwischen Dienstbefreiung und Vergütung. Gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBG kann von Beamten im Auslandseinsatz in bestimmten Fällen verlangt werden, über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus ohne besondere Vergütung Dienst zu tun. Davon unbenommen ist der sich aus § 143 Abs. 1 Satz 2 BBG ergebende Anspruch auf Freizeitausgleich, der lediglich unter dem Vorbehalt steht, dass die dienstlichen Erfordernisse den Ausgleich gestatten.
161Für die Mehrarbeitsvergütung gilt überdies ein Maßstab, der sich von der im Rahmen der Dienstbefreiung anzustellenden rein arbeitszeitrechtlichen Betrachtung des § 88 Satz 2 BBG unterscheidet und deshalb eine Berücksichtigung vergütungsrechtlicher Regelungen im Rahmen der Dienstbefreiung nicht erlaubt. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BMVergV wird eine Stunde Dienst in Bereitschaft nur entsprechend dem Umfang der erfahrungsgemäß bei der betreffenden Tätigkeit durchschnittlich anfallenden Inanspruchnahme berücksichtigt; dabei ist schon die Ableistung eines Dienstes in Bereitschaft als solche in jeweils angemessenem Umfang anzurechnen. Die Regelung beruht auf der in § 48 Abs. 1 Satz 1 BBesG enthaltenen Ermächtigung zum Erlass der Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung. § 48 Abs. 1 Satz 3 BBesG bestimmt, dass sich die Höhe der Vergütung nach dem Umfang der tatsächlich geleisteten Mehrarbeit zu richten hat, was Raum für eine sich von der Arbeitszeit lösende Betrachtung eröffnet.
162Dafür, dass der Freizeitausgleich nach § 88 Satz 2 BBG sich nicht nach dem Umfang einer zu gewährenden Mehrarbeitsvergütung orientiert, spricht auch, dass mit der Mehrarbeitsvergütung nicht die zeitliche Mehrarbeit des Beamten abgegolten wird. Dies wäre eine unzulässige Überstundenvergütung, die gerechterweise mindestens den rechnerisch auf eine Stunde entfallenden Anteil der Besoldung ausmachen müsste. Bei der Mehrarbeitsvergütung handelt es sich vielmehr um eine Abgeltung dafür, dass dem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die grundsätzlich vorgesehene Dienstbefreiung nicht erteilt werden kann.
163Vgl. Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand:Juni 2015, § 88 Rn. 34.
164Dem Anspruch auf Freizeitausgleich nach § 88 Satz 2 BBG steht hier nicht § 143 Abs. 1 Satz 2 BBG entgegen. Danach wird für die Mehrbeanspruchung von Beamten, die zur Wahrnehmung des ihnen übertragenen Amts im Ausland verwendet werden, dabei wegen vom Inland wesentlich abweichender Verhältnisse erhöhten Gefahren ausgesetzt sind und über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus ohne besondere Vergütung Dienst tun, ein Freizeitausgleich nur gewährt, soweit es die dienstlichen Erfordernisse gestatten. Letzteres ist hier der Fall. Die Handhabung in den vergangenen Jahren zeigt, dass die dienstlichen Verhältnisse es jedenfalls ermöglichen, den als Personenschützer eingesetzten Bundespolizeibeamten Freizeitausgleich zu gewähren, sobald sie sich nach dem Ende ihrer Tätigkeit an einer deutschen Botschaft wieder im Inland befinden.
1655. Der Anspruch auf Dienstbefreiung ist schließlich nicht verfallen. Die in § 88 Satz 2 vorgesehene Jahresfrist zur Gewährung der Dienstbefreiung konkretisiert den Anspruch des Beamten, stellt aber keine Ausschlussfrist dar, welche die Beklagte dem Anspruch entgegenhalten könnte.
166Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 30. Juli 2013– 5 LB 34/13 –, NVwZ-RR 2014, 201 = juris, Rn. 33.
167III. Die Berufung der Beklagten wäre auch für den Fall unbegründet, dass die Mehrarbeitsstunden des Klägers eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden überschritten haben sollten und es sich insoweit um eine rechtswidrige Zuvielarbeit handeln würde. Dann stünde dem Kläger nämlich insoweit ein von der Rechtsfolge her entsprechender unionsrechtlicher Ausgleichsanspruch/Staatshaftungsanspruch aus der RL 2003/88/EG zu. Danach sind Zeiten geleisteten Bereitschaftsdienstes in vollem Umfang durch Freizeit auszugleichen. Wegen der Begründung nimmt der Senat Bezug auf die unter den Ziffern 1. bis 5. ausgeführten Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juli 2012 – 2 C 29.11 –, BVerwGE 143, 381 = ZBR 2013, 42 = juris, Bezug, die – sofern eine Zuvielarbeit über 48 Wochenstunden hinaus vorliegt – entsprechend für den vorliegenden Fall gelten und denen er sich anschließt.
168Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dabei bewertet der Senat den Teil des Streitgegenstandes, mit dem der Kläger Erfolg hat, als geringfügig im Sinne von § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
170Soweit die Beklagte unterlegen ist, ist die Revision nach § 127 Nr. 1 BRRG zuzulassen. Es liegt bisher keine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu derr Frage vor, in welchem zeitlichen Umfang rechtmäßige Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdienst durch Freizeit auszugleichen ist, und der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 20. März 2014 – 1 A 2408/13.Z – eine andere Meinung vertreten als der erkennende Senat im vorliegenden Urteil. Die Revision ist nicht zuzulassen, soweit der Kläger unterlegen ist, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG nicht gegeben sind.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Tatbestand
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Der Kläger steht als Hauptbrandmeister im Dienst des Beklagten. Er verlangt einen Ausgleich für vom 1. November 2001 bis 31. Dezember 2006 über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst. In dieser Zeit betrug die Wochenarbeitszeit bei der Berliner Feuerwehr im 24-Stunden-Dienst einschließlich des Bereitschaftsdienstes durchschnittlich 55 Stunden.
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Nachdem seine 2001 und 2007 gestellten Anträge auf Ausgleich der Zuvielarbeit nicht beschieden worden waren, hat er im Dezember 2007 Klage auf Freizeitausgleich, hilfsweise Mehrarbeitsvergütung erhoben. Die Klage hat in der Berufungsinstanz mit dem Hilfsantrag in Höhe von 9 253,60 € teilweise Erfolg gehabt. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
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Die Festsetzung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit einschließlich Bereitschaftsdienst auf 55 Stunden habe gegen Unionsrecht verstoßen. Der Kläger habe deshalb seit dem 1. Januar 2004 einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, da seitdem ein qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht anzunehmen sei. Eines Antrages bedürfe es nicht, sodass dahinstehen könne, ob der Kläger bereits 2001 einen solchen gestellt habe. Für die Zeit vor dem 1. Januar 2004 sei der Anspruch verjährt. Umfang und Höhe des Ausgleichsanspruchs richteten sich nach dem beamtenrechtlichen Billigkeitsausgleich des deutschen Rechts. Danach sei vorrangig Freizeitausgleich zu gewähren. Da dieser nicht allen anspruchsberechtigten Berliner Feuerwehrbeamten ohne Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehr gewährt werden könne, sei ein Ausgleich durch Geldzahlung geboten. Auszugleichen sei jede Stunde, die der Beamte monatlich über die ohne Ausgleich höchstzulässige Mehrarbeit von fünf Stunden im Monat hinaus Dienst geleistet habe. Der finanzielle Ausgleich sei in Anlehnung an die Vergütung für Mehrarbeit zu gewähren. Diese sei um ein Sechstel zu reduzieren, weil sie auf der Grundlage einer 40-Stunden-Woche berechnet werde, während es um einen Ausgleich für über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst gehe. Danach seien beim Kläger 688 Stunden mit 13,45 € auszugleichen.
- 4
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Mit der hiergegen gerichteten Revision beantragt der Kläger,
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den Beklagten zu verpflichten, ihm für die in der Zeit vom 1. November 2001 bis 31. Dezember 2006 zuviel geleistete Arbeit von insgesamt 1 627,5 Stunden Entschädigung in Geld nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die Mehrarbeitsvergütung zu zahlen, hilfsweise Freizeitausgleich zu gewähren, und die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Oktober 2011 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. November 2010 aufzuheben, soweit sie dem entgegen stehen.
- 5
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Der Beklagte tritt dem entgegen und beantragt,
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die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist teilweise begründet. Der Kläger kann für den vom Berufungsgericht zuerkannten Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 einen finanziellen Ausgleich im Umfang von 945 Stunden nach den im Zeitraum der Zuvielarbeit jeweils geltenden Sätzen der Mehrarbeitsvergütung verlangen. Soweit das Berufungsgericht demgegenüber vom monatlich zuviel geleisteten Dienst fünf Stunden abgezogen und zudem die Mehrarbeitsvergütung um ein Sechstel reduziert hat, verstößt das Berufungsurteil gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Revision ist jedoch unbegründet, soweit der Kläger auch für Abwesenheitszeiten und für vor dem 1. Januar 2004 liegende Zeiten Ansprüche geltend macht.
- 7
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Der Kläger hat vom 1. November 2001 bis 31. Dezember 2006 regelmäßig anstelle der unionsrechtlich höchstens zulässigen 48 Wochenstunden 55 Stunden Dienst geleistet. Dies verstieß gegen Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 93/104/EG, ABl EG Nr. L 307 vom 13. Dezember 1993 S. 18) sowie Art. 6 Buchst. b der insoweit inhaltsgleichen Nachfolge-Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG, ABl EG Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9, Arbeitszeitrichtlinie), sodass die entgegenstehenden Bestimmungen des Arbeitszeitrechts des Beklagten wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts außer Betracht zu bleiben haben (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 72.08 - BVerwGE 136, 165 = Buchholz 239.1 § 6 BeamtVG Nr. 6 jeweils Rn. 28). Nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG sowie Art. 2 Nr. 1 RL 93/104/EG sind Zeiten des Bereitschaftsdienstes in vollem Umfang in die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit einzubeziehen, da die Beamten in der Dienststelle anwesend und jederzeit einsatzbereit sein mussten. Die Umsetzungsfrist der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängerrichtlinie war bereits seit 1996 abgelaufen (Art. 18 Abs. 1 Buchst. a RL 93/104/EG). Eine Rechtfertigung der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit als Mehrarbeit war nicht möglich (vgl. Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 - BVerwG 140, 351 Rn. 11 - 14 m.w.N.).
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Für diese unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit stehen dem Kläger ein unionsrechtlicher (1) und ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch (2) zu. Die beiden Ansprüche unterscheiden sich zwar in ihren Voraussetzungen, sind aber in der Rechtsfolge (3) gleichgerichtet. Danach ist die pauschal zu errechnende Zuvielarbeit (4) ohne Abzüge auszugleichen, und zwar vorrangig durch Freizeit, hier ausnahmsweise durch Geld (5). Der Geldausgleich ist in Anlehnung an die zum jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Stundensätze für Mehrarbeit im Vollzeitdienst zu gewähren (6). Allerdings sind die Ansprüche des Klägers für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2004 verjährt (7).
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1. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch entsteht nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Union (EuGH), wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, verleiht dem Geschädigten Rechte (a), der Verstoß gegen diese Norm ist hinreichend qualifiziert (b), und zwischen dem Verstoß und dem Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang (c). Diese von den nationalen Gerichten zu prüfenden Voraussetzungen sind gegeben (vgl. zum Ganzen: EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - NZA 2011, 53 Rn. 47 f. m.w.N.).
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a) Die erste Voraussetzung liegt vor. Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG sowie Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG verleihen mit der Festsetzung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung in das Arbeitszeitrecht des Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 49 f.).
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b) Die Überschreitung der unionsrechtlich vorgegebenen Wochenarbeitszeit begründet bereits seit 1. November 2001 einen hinreichend qualifizierten Verstoß.
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Ein derartiger Verstoß liegt vor, wenn der Mitgliedstaat die Grenzen, die seinem Umsetzungsermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Ob und wann dies der Fall ist, hängt unter anderem davon ab, wie eindeutig die verletzte Vorschrift ist und wie viel Spielraum dem Mitgliedstaat bei der Umsetzung eingeräumt ist. Ist eine Vorschrift der Auslegung fähig und bedürftig, ist ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht erst dann anzunehmen, wenn die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs verkannt worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 51 f. m.w.N.).
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Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit (48 Stunden in der Woche) durch Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG sowie Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG ist eindeutig. Sie war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a RL 93/104/EG bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 23. November 1996 im nationalen Recht zu verankern. Seit dem Urteil des Gerichtshofs der Union vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - (Slg. 2000, I-7997) stand zudem fest, dass nach Art. 2 Nr. 1 RL 93/104/EG bei der Festsetzung von Höchstarbeitszeiten Bereitschaftsdienst wie Volldienst zu werten ist. In der Nachfolgerichtlinie ist auch diese Vorschrift wortgleich in Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG übernommen worden. Damit hätte spätestens zum 1. Januar 2001 das Arbeitszeitrecht für die Landesbeamten durch den Beklagten als umsetzungspflichtigen Landesgesetz- und Verordnungsgeber angepasst werden müssen. Dieser Verpflichtung ist der Beklagte während des hier streitigen Zeitraums nicht nachgekommen (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 LBG Bln a.F. sowie § 6 Abs. 1 AZVO Bln), obwohl der Gerichtshof diese Rechtsprechung noch mehrfach bestätigt hat (EuGH, Urteile vom 9. September 2003 - Rs. C-151/02 Jaeger - Slg. 2003, I-08415 und vom 5. Oktober 2004 - verb. Rs. C-397/01 bis 403/01, Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8878; Beschlüsse vom 3. Juli 2001 - Rs. C-241/99 CIG - Slg. 2001, I-5141 und vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04 Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7113). Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 39 und 85 sowie vom 15. April 2008 - Rs. C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat der Beklagte nicht nur in seiner Eigenschaft als zuständiger Normgeber durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in seiner Eigenschaft als Dienstherr durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.
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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts musste nicht erst durch den EuGH geklärt werden, dass die Arbeitszeitrichtlinien auch den Dienst bei der Feuerwehr erfassen. Der Wortlaut der Richtlinien ist insoweit eindeutig. Eines zusätzlichen Indizes für das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes bedarf es deshalb nicht. Insbesondere hängt die Anwendbarkeit des Unionsrechts nicht davon ab, dass sie vom EuGH für jede einzelne Vorschrift und für jede von den beiden Richtlinien erfasste Beschäftigtengruppe gesondert festgestellt wird. Ob eine eindeutige Vorschrift des Unionsrechts vorliegt, deren Nichtbeachtung die unionsrechtliche Staatshaftung auslöst, ist anhand objektiver Kriterien, für deren Feststellung auf die Rechtsprechung des EuGH zurückzugreifen ist, zu ermitteln; auf ein Verschulden des Mitgliedstaates kommt es nicht an. Deshalb ist es unerheblich, ob der Mitgliedstaat durch seine Organe (so hier der Bundesrat mit Beschluss vom 2. April 2004 - BRDrucks 105/04 -), Behörden oder Gerichte (wie hier insbesondere BAG, Urteil vom 29. Mai 2002 - 5 AZR 370/01 - PersV 2002, 457 ff. und BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - BVerwG 6 P 7.03 - BVerwGE 119, 363 ff. = Buchholz 451.9 Art. 234 EG-Vertrag Nr. 2) die Anwendung der Richtlinien auf den Feuerwehrdienst für zweifelhaft gehalten oder sogar verneint haben.
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Der Beklagte hatte zur Rechtfertigung seines Verhaltens darauf abgestellt, dass er den Feuerwehrdienst nach Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl EG L 183 S. 1) als von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen halten durfte. Mit dem EuGH ist demgegenüber festzustellen, dass die Vorschriften insoweit eindeutig und klar sind und keinen Raum für vernünftige Zweifel lassen (Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 54, 57 f., Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 36).
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Bereits nach ihrem eindeutigen Wortlaut erfasst die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG keine ganzen Tätigkeitsfelder, sondern nur Ausschnitte ("spezifische Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten"). Deshalb hatte der EuGH bereits im Urteil vom 3. Oktober 2000 - Simap - a.a.O. (Rn. 35) ausgeführt, dass diese Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist. Diese Rechtsprechung hat der Gerichtshof während des hier streitigen Zeitraums noch mehrfach bestätigt (EuGH, Urteile vom 9. September 2003 - Jaeger - a.a.O. Rn. 89 und vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - a.a.O. Rn. 52 ff.; Beschlüsse vom 3. Juli 2001 a.a.O. - CIG - Rn. 28 ff. und vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 42 ff.), wobei er dies in dem Urteil vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - (Rn. 52 ff.) näher mit dem Hinweis auf den Wortlaut begründet und im Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - (Rn. 42, 48) sogar ausdrücklich in Bezug auf den Feuerwehrdienst festgestellt hat.
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Im Übrigen erwähnt Art. 17 Abs. 2 Nr. 2.1 Buchst. c Ziff. iii RL 93/104/EG unter anderem ausdrücklich die Feuerwehrdienste, ebenso die Nachfolgerichtlinie in Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii RL 2003/88/EG. Diese Erwähnung wäre überflüssig, wenn die betreffende Tätigkeit bereits ganz vom Anwendungsbereich der beiden Arbeitszeitrichtlinien ausgeschlossen wäre. Sie belegt im Gegenteil eindeutig, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser Richtlinie auf den Feuerwehrdienst festgelegt, zugleich aber vorgesehen hat, dass unter außergewöhnlichen Umständen von einzelnen Bestimmungen der Richtlinie - hier insbesondere vom kürzeren Bezugszeitraum, nicht aber von der 48-Stunden-Grenze - abgewichen werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 60, sowie Urteil vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - a.a.O. Rn. 62 zu den in derselben Richtlinienvorschrift ebenfalls erwähnten Ambulanzdiensten).
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c) Schließlich besteht unzweifelhaft ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen diese Richtlinien und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn die in dieser Bestimmung vorgesehene wöchentliche Höchstarbeitszeit eingehalten worden wäre (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 59). Dabei ist es unerheblich, dass zusätzlicher Dienst eines Beamten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts darstellt (vgl. dazu Urteile vom 21. Februar 1991 - BVerwG 2 C 48.88 - BVerwGE 88, 60 <63 f.> = Buchholz 237.1 Art. 80 BayLBG Nr. 2 S. 4 f. m.w.N. und vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6 m.w.N.). Denn auch insoweit ist allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Tenor 1 und Tenor 4 sowie Rn. 59, 61, 63).
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d) An weitere Voraussetzungen - etwa an ein Antragserfordernis - ist der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch nicht gebunden (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 78, 84, 86 f., 90). Die im Urteil vom 29. September 2011 (- BVerwG 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20) zum Ausdruck kommende gegenteilige Ansicht gibt der Senat auf. Die Rechtsfolgen des unionsrechtlichen Ausgleichsanspruchs richten sich nach dem nationalen Recht, wobei Form, Art und Weise der Berechnung der Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis zum Schaden stehen müssen, sodass ein effektiver Schutz der Rechte des Einzelnen gewährleistet ist. Danach ist es Sache des nationalen Rechts, ob der Schadensersatz in Form von Freizeitausgleich oder in Form einer finanziellen Entschädigung zu gewähren ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 92 f. 94 ff. jeweils m.w.N.). Da der Verlust an Freizeit nach nationalem Recht kein Schaden ist, ist zur Ausfüllung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf die Rechtsfolgen aus dem nationalrechtlichen Billigkeitsanspruch zurückzugreifen.
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2. Für die unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit steht dem Kläger daneben ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben i.V.m. den Regeln über einen Ausgleich von Mehrarbeit, hier § 35 Abs. 2 Satz 2 LBG Bln a.F. (entspricht § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG Bln) zu (vgl. Urteile vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351, LS 1 und Rn. 8 f. und vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - a.a.O. S. 6 f.). Der Billigkeitsanspruch setzt voraus, dass der Beamte rechtswidrig zuviel gearbeitet hat. Er kommt aber nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. LS 3 und Rn. 19 f.).
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Das Oberverwaltungsgericht hat - im Hinblick auf die Verjährung folgerichtig - dahinstehen lassen, ob das Schreiben des Klägers vom Oktober 2001 ein "Antrag" in diesem Sinne gewesen ist. Insoweit ist aber klarzustellen, dass normativ geregelte Ansprüche im Beamtenrecht nicht von einer Antragstellung abhängen. Nur wenn es um (nationalrechtliche) Ausgleichsansprüche geht, die nicht im Gesetz geregelt sind - wie der Anspruch auf Zeitausgleich bei rechtswidriger Zuvielarbeit -, bedarf es einer Geltendmachung im Sinne einer Rügeobliegenheit oder Hinweispflicht des Beamten. An die Rüge sind keine hohen Anforderungen zu stellen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 19). Es genügt, dass der Beamte schriftlich zum Ausdruck bringt, dass er die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Ein Antrag im rechtstechnischen Sinn ist nicht erforderlich. Insbesondere muss der Beamte nicht bereits Freizeitausgleich, hilfsweise finanziellen Ersatz beantragen oder gar die Ansprüche richtig benennen.
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Diese Rügeobliegenheit dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 20). Zugleich muss sich der Dienstherr darauf einstellen können, dass ab diesem Zeitpunkt möglicherweise Ausgleichsansprüche auf ihn zukommen. Insofern folgt die Rügeobliegenheit aus der allgemein bei Rechtsverletzungen geltenden Schadensminderungspflicht des Gläubigers. Sie ist zugleich Ausdruck des Grundsatzes, dass Beamte auf die finanziellen Belastungen des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht nehmen müssen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 19).
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Die Verpflichtung des Beamten, dies zu rügen, gilt auch dann für den Ausgleichsanspruch, wenn er durch einen Verstoß gegen Unionsrecht ausgelöst wird. Der nationale Ausgleichsanspruch entsteht nicht erst bei einem hinreichend qualifizierten, sondern bereits bei einem einfachen Verstoß gegen das Unionsrecht. Deshalb tritt er zum unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinzu und ergänzt ihn im Vorfeld eines qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht. Der Beamte gibt dem Dienstherrn mit der Geltendmachung bereits vor dem Vorliegen eines qualifizierten Verstoßes Anlass zu prüfen, ob die Vorgaben der Richtlinie beachtet sind. Damit dient die Rügeobliegenheit gleichzeitig der effektiven Umsetzung des Unionsrechts zum frühest möglichen Zeitpunkt, denn das Unionsrecht verlangte von vornherein - und nicht etwa erst ab der erstmaligen Klärung durch den EuGH -, dass Bereitschaftsdienst wie Volldienst bei der 48-Stunden-Woche anzurechnen ist.
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3. Beide Ansprüche sind auf zeitlichen Ausgleich in angemessenem Umfang gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn über mehrere Jahre Zuvielarbeit geleistet wurde (Urteile vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 9 und vom 28. Mai 2003 a.a.O. S. 6 f.). Als angemessen ist der zeitliche Ausgleich von Zuvielarbeit grundsätzlich dann anzusehen, wenn er ebenso lang ist wie der zuvor geleistete rechtswidrig geforderte Dienst. Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind in vollem Umfang auszugleichen; ein Abzug von monatlich fünf ausgleichslos zu leistenden Stunden ist nicht zulässig (vgl. Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 15 - 18).
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Eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes oder ein Abzug von fünf Stunden monatlich wären kein voller Ausgleich für Zuvielarbeit über die wöchentliche Höchstarbeitszeit hinaus und würden dem Sinn und Zweck der unionsrechtlichen Arbeitszeitregelung widersprechen, die die wöchentliche Höchstarbeitszeit zum Schutz der Gesundheit und der Arbeitssicherheit festgelegt hat. Die Sanktionierung einer unionsrechtswidrigen Praxis würde zudem das Gebot verletzen, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern, weil die Überschreitung der normativ festgelegten Höchstarbeitszeit in diesem Umfang folgenlos bliebe. Zwar sind Beamte grundsätzlich verpflichtet, in gewissem Umfang ausgleichslose Mehrarbeit zu leisten (vgl. § 35 Abs. 2 LBG Bln a.F., entspricht § 53 Abs. 2 Satz 1 LBG Bln, § 88 BBG). Dies gilt jedoch nur bei (rechtmäßiger) Mehrarbeit, nicht aber bei rechtswidrig angeordneter Zuvielarbeit (in Abkehr von den Urteilen vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 35.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 39 S. 9 und - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5). Unabhängig davon darf die unionsrechtlich verbindliche Höchstgrenze der wöchentlichen Arbeitszeit grundsätzlich nicht durch Mehrarbeitsstunden überschritten werden (Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG sowie Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG); Abweichungen sind nur im Rahmen der unionsrechtlichen Bestimmungen zulässig (vgl. Art. 17, 18 und 22 RL 2003/88/EG sowie Art. 17 und 18 RL 93/104/EG).
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4. Die Zuvielarbeit ist pauschal unter Abzug des sechswöchigen Urlaubsanspruchs sowie einer weiteren Woche für die Wochenfeiertage zu errechnen. Darüber hinausgehende Anwesenheitstage sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Abwesenheitszeiten aufgrund von Krankheit, Sonderurlaub, Abordnungen, Fortbildungen, etc. sind nur dann abzuziehen, wenn sie im Jahr einen erheblichen Umfang erreichen. Dies ist anzunehmen, wenn der Beamte deshalb mindestens in Höhe des Jahresurlaubs von sechs Wochen ununterbrochen keinen Feuerwehrdienst geleistet hat.
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Danach sind von 52 Wochen im Jahr sieben Wochen abzuziehen, sodass der Berechnung der auszugleichenden Zuvielarbeit 45 Wochen mit je sieben Stunden zugrunde zu legen sind. Damit sind im Jahr bei der Berliner Feuerwehr 315 Stunden, und im Monat 26,25 Stunden, rechtswidrig zu viel gearbeitet worden. Abwesenheitszeiten in erheblichem Umfang sind nicht festgestellt, sodass im gesamten geltend gemachten Zeitraum beim Kläger 1 627,5 Stunden Zuvielarbeit angefallen sind.
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5. Die so errechneten Zuvielarbeitsstunden sind vorrangig durch Freizeit auszugleichen. Kann aber aus vom Beamten nicht zu vertretenden Gründen ein Freizeitausgleich nicht in angemessener Zeit gewährt werden, so gebieten sowohl der an Treu und Glauben orientierte Interessenausgleich als auch der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln. Dies betrifft zunächst Fälle, in denen Feuerwehrbeamte nicht mehr in einem aktiven Beamtenverhältnis zur beklagten Körperschaft stehen. Dies gilt aber auch, wenn - wie hier - zwingende dienstliche Gründe der zeitnahen Gewährung von Freizeitausgleich entgegenstehen.
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Insofern kann trotz des grundlegenden Unterschieds zwischen rechtmäßiger Mehrarbeit und rechtswidriger Zuvielarbeit auf die Vorschriften des Mehrarbeitsrechts zurückgegriffen werden, weil der Zweck des Ausgleichs von Mehrarbeit der gleiche ist wie derjenige von Zuvielarbeit. In beiden Fällen geht es um einen Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Beamten zum Dienst. Hieraus ergibt sich zunächst die Verpflichtung, den Anspruch auf Freizeitausgleich zeitnah zu erfüllen, damit dieser seinen Zweck, die besonderen gesundheitlichen Belastungen der Zuvielarbeit auszugleichen, erreichen kann. Zudem kann ein Beamter nach jahrelangem Verstoß gegen die Arbeitszeitrichtlinien nicht darauf verwiesen werden, nun ebenso lange auf die Erfüllung seines Ausgleichsanspruchs zu warten. Deshalb ist zeitliche Grenze für die Erfüllung des Freizeitausgleichs der sich aus dem Mehrarbeitsrecht ergebende Jahreszeitraum (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV, § 35 Abs. 2 Satz 2 LBG Bln a.F., § 9 Abs. 1 AZVO Bln) nach der endgültigen Entscheidung über den Ausgleichsanspruch.
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Kann aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht innerhalb dieses Jahreszeitraums Freizeitausgleich gewährt werden, sieht das Mehrarbeitsrecht dessen Umwandlung in einen Geldanspruch vor (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 3 LBG Bln a.F. <§ 53 Abs. 2 Satz 2 LBG Bln>, § 9 Abs. 2 AZVO Bln und § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV). Zwingende dienstliche Gründe liegen nur dann vor, wenn die Dienstbefreiung mit großer Wahrscheinlichkeit zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Dienstbetriebes führen würde (vgl. Urteil vom 30. März 2006 - BVerwG 2 C 23.05 - Buchholz 236.2 § 76c DRiG Nr. 1 Rn. 17 f. zu einer Teilzeitbeschäftigung).
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Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Gefährdung des Dienstbetriebs wird umso höher, je größer der Kreis der Anspruchsberechtigten ist und je länger die Zeiträume werden, für die eine Vielzahl von Beamten Ansprüche geltend machen können. Eine Kumulation von langjähriger Zuvielarbeit und einer Vielzahl Anspruchsberechtigter führt zwar allein noch nicht dazu, dass der Gewährung von Freizeitausgleich zwingende dienstliche Gründe entgegenstünden. In den Verwaltungsbereichen, die, wie die Feuerwehr, die Polizei und der Strafvollzug, der unmittelbaren Gefahrenabwehr dienen und mit denen der Staat Leib und Leben seiner Bürger unmittelbar schützt, ist nicht hinnehmbar, wenn der Sicherheitsstandard aufgrund fehlenden Personals über einen längeren Zeitraum herabgesenkt werden müsste. Deshalb genügt es für die Annahme einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Dienstbetriebes, wenn der Dienstherr plausibel darlegt, dass die Funktionsfähigkeit der Feuerwehr bei Gewährung von Freizeitausgleich gefährdet wäre, weil die zur Gefahrenabwehr erforderliche personelle Ausstattung nicht mehr erreicht werden könnte. Welche personelle Ausstattung erforderlich ist, unterfällt allerdings allein der Organisationsentscheidung des Dienstherrn.
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Danach stehen einer Erfüllung der Freizeitausgleichsansprüche des Klägers zwingende dienstliche Gründe entgegen. Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts können die Ausgleichsansprüche der Feuerwehrbeamten nicht binnen eines Jahres ohne Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Berliner Feuerwehr erfüllt werden. Deshalb haben sich die Ansprüche des Klägers in solche auf Geldausgleich gewandelt.
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6. Als Anknüpfungspunkt für den danach zu gewährenden Geldausgleich bieten sich allein die im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung an. Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden, da diese kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste darstellt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63>, und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern vielmehr die Gegenleistung des Dienstherrn dafür ist, dass sich der Beamte mit voller Hingabe der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15.Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.
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Bei dem Wertersatz geht es wie beim Freizeitausgleich, an dessen Stelle er tritt, um einen billigen sowie angemessenen Ausgleich, der zudem dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz entsprechen muss. Eine Ermäßigung des Ausgleichs durch eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes (vgl. § 5 BMVergV) ist daher auch bei einer Umwandlung in einen Geldausgleich aus den bereits dargestellten Gründen unzulässig (vgl. zum Ganzen auch Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 16 f.). Deshalb darf entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Mehrarbeitsvergütung auch nicht um ein Sechstel reduziert werden. Die regelmäßige Arbeitszeit, auf deren Grundlage die Mehrarbeitsvergütung gewährt wird, beträgt auch für Feuerwehrbeamte 40 und nicht etwa 48 Stunden (vgl. § 1 Abs. 1 AZVO Bln). Zu einer Überschreitung dieser Stundenzahl kommt es nur aufgrund einer geringeren Gewichtung der Zeiten des Bereitschaftsdienstes (vgl. § 6 Abs. 1 AZVO Bln) gegenüber dem Volldienst durch den Landesverordnungsgeber, die aber bei der Bemessung der Mehrarbeitsvergütung ohne Bedeutung ist.
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7. Nicht nur der nationalrechtliche Ausgleichsanspruch, sondern auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch unterliegt den Verjährungsregeln des nationalen Rechts (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 m.w.N. und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35 m.w.N.). Fehlen - wie hier - spezielle Verjährungsvorschriften des einschlägigen Fachrechts, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (vgl. Urteile vom 15. Juni 2006 - BVerwG 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 20 Rn. 45 m.w.N. und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8 = Buchholz 428.2 § 8 VZOG Nr. 11 Rn. 8 m.w.N.).
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Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadensersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegen beide Ansprüche den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren. Vorher entstandene Ansprüche unterlagen der 30-jährigen Verjährungsfrist, die aber nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB geltende und an diesem Tage beginnende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren verkürzt worden ist.
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Bei den monatsweise entstandenen Ausgleichsansprüchen beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Außerdem muss der Gläubiger von der Person des Schuldners und den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt haben oder diese ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Dass er aber auch aus dieser Kenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht, wird nicht vorausgesetzt. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - juris Rn. 7 - WM 2008, 1077 f.; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - juris Rn. 19 - LM BGB § 852 Nr. 150<9/1999> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 -, NJW-RR 2009, 547-549
), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat der Senat den Billigkeitsausgleich erstmals im Urteil vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - (Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38, S. 6 f.) gewährt, jedoch hatte der EuGH bereits 1991 den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35; vgl. auch Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 45). Ein hinreichend qualifizierter Verstoß des Beklagten gegen Unionsrecht ist zudem seit dem Urteil des EuGH vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - (Slg. 2000, I-7997) anzunehmen, sodass spätestens seitdem hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch wegen der Zuvielarbeit erfolgversprechend sein könnte.
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Der Lauf der Verjährungsfrist wird durch Klageerhebung oder durch den nach § 126 Abs. 3 BRRG im Beamtenrecht vorgeschalteten Widerspruch gemäß § 210 BGB a.F. unterbrochen sowie seit dem 1. Januar 2002 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt (vgl. Urteil vom 9. März 1979 - BVerwG 6 C 11.78 - juris Rn. 12, 13; Beschluss vom 14. April 2011 - BVerwG 2 B 27.10 - juris Rn. 18). Danach wurde die Verjährung der Ansprüche des Klägers erst durch die Klageerhebung gehemmt, sodass sie für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2004 verjährt sind. Deshalb kann der Kläger nur noch einen Ausgleich für 945 Stunden Zuvielarbeit verlangen.