Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 26. Feb. 2016 - 26 K 6956/15
Gericht
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Es wird festgestellt, dass es sich bei den Mittagspausenzeiten des Klägers, in welchen dieser sich für ein Ausrücken mit dem Löschzug einsatzbereit zu halten hat, ungeachtet der Frage der konkreten Bezeichnung dieser Zeiten durch die Beklagte im Sinne des § 7 Satz 1 Arbeitszeitverordnung NRW um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte zu 88 % und der Kläger zu 12 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
3Der 1968 geborene Kläger steht seit dem Jahre 1988 als Beamter im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten. Seit dem 1. Januar 2013 leistet er Tagesdienst im Rahmen einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden innerhalb einer Fünf-Tage-Woche (montags bis freitags) gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im Lande Nordrhein‑Westfalen (Arbeitszeitverordnung NRW – AZVO NRW). Der Dienst beginnt von Montag bis Donnerstag regulär um 7.15 Uhr, Dienstende ist um 16.15 Uhr. An Freitagen ist regulärer Dienstbeginn ebenfalls um 7.15 Uhr und Dienstende um 14.45 Uhr. In der Zeit von 12.30 bis 13.00 Uhr bzw. von 13.00 bis 13.30 Uhr ist täglich eine Mittagspause vorgesehen. Dabei bestand seit dem Eintritt des Klägers in den Tagesdienst eine – mindestens konkludente oder mündliche – Anordnung an alle Tagesdienstbeamten, sich ständig – auch während der Mittagspausenzeiten – ausrückbereit für mögliche Einsätze mit dem jeweiligen Löschzug auf der Feuerwache bereitzuhalten. Zu derartigen Einsätzen mit einer Alarmierung während der Mittagspausenzeiten kam es nach einer Auswertung der Beklagten im Falle des Klägers während der Jahre 2013 bis 2015 insgesamt 24 Mal.
4Zunächst – bis zum 31. Dezember 2013 – wurden pro Arbeitstag 15 Minuten der halbstündigen Mittagspause auf die Dienstzeit angerechnet, d.h. das tatsächliche tägliche Dienstende verschob sich gegenüber dem regulären Dienstende um 15 Minuten nach vorne.
5Mit Schreiben vom 24. Oktober 2013 beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten die Gutschrift der seit seinem Eintritt in den Tagesdienst in der Zeiterfassung täglich als Pause abgezogenen 15 Minuten.
6Ab dem 1. Januar 2014 bis zum 31. Juli 2014 wurde die Mittagspause vollständig auf die Dienstzeit angerechnet. Vom 1. August 2014 bis zum 16. September 2015 wurde – entsprechend dem ursprünglichen Vorgehen der Beklagten – wieder eine Pausenzeit von 15 Minuten auf die Dienstzeit angerechnet.
7Mit Bescheid vom 16. September 2015 lehnte der Bürgermeister der Beklagten den Antrag des Klägers auf Gutschrift der abgezogenen Pausenzeiten ab. Er führte aus, dass sich für die bisherige „50%‑Regelung“ keine gesetzliche Grundlage finde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts komme es für die Abgrenzung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft allein darauf an, ob sich der Beamte an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten habe, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen sei. Daher sei die im Regelfall zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während der Mittagspause entscheidend. Bei der Mittagspause des Klägers komme es nur zu einem unerheblichen und unregelmäßigen dienstlichen Einsatz, sodass es sich um Rufbereitschaft handele und nicht um Arbeitszeit. Zudem ordnete er mit an den Kläger gerichtetem Schreiben gleichen Datums für die Mittagspause Rufbereitschaft an und erklärte, die Pausenzeiten zukünftig zu 1/8 als Freizeitausgleich zu gewähren.
8Mit an alle Tagesdienstbeamten im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst, darunter den Kläger, gerichtetem Schreiben vom 22. September 2015 konkretisierte der Leiter der Feuerwehr der Beklagten die angeordnete Rufbereitschaft insofern, dass jeder Tagesdienstbeamte im Falle einer Alarmierung in der Regel innerhalb von 90 Sekunden im Löschzug einsatzbereit auszurücken habe und bat um entsprechend angepasstes Pausenverhalten.
9Am 15. Oktober 2015 hat der Kläger Klage erhoben. Mit dieser macht er geltend, er leiste während der Mittagspause Bereitschaftsdienst i.S.d. § 7 AZVO NRW, welcher als Arbeitszeit zu bewerten und auszugleichen sei, denn er habe sich während der Mittagspause außerhalb seines Privatbereichs innerhalb der Feuerwache aufzuhalten und sich jederzeit zum Einsatz bereitzuhalten. Die Häufigkeit der tatsächlichen Einsätze während der Mittagspause sei unerheblich. Relevant sei vielmehr, ob nach den üblichen Umständen mit solchen Einsätzen erfahrungsgemäß zu rechnen sei. Dies sei vorliegend der Fall.
10Der Kläger beantragt,
11festzustellen, dass es sich bei seinen Mittagspausenzeiten, in welchen er sich für ein Ausrücken mit dem Löschzug einsatzbereit zu halten hat, ungeachtet der Frage der konkreten Bezeichnung dieser Zeiten durch die Beklagte im Sinne des § 7 Abs. 1 Arbeitszeitverordnung NRW um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie führt ergänzend aus, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müsse für die Annahme von Bereitschaftsdienst die Einsatzalarmierung die Regel und nicht die Ausnahme darstellen. Dabei komme es auf eine typisierende Gesamtbetrachtung eines repräsentativen Zeitraumes an. Die Einsatzhäufigkeit des Klägers in den Jahren 2013 bis 2015 entspreche ausgehend von 138 Arbeitswochen im Dreijahreszeitraum einer durchschnittlichen Inanspruchnahme von lediglich einer Alarmierung in der Mittagspausenzeit innerhalb von sechs Wochen, weshalb von einer regelmäßigen Inanspruchnahme nicht die Rede sein könne.
15Soweit der Kläger über den nunmehr gestellten Klageantrag hinaus ursprünglich Ausgleichsansprüche für die seit seinem Eintritt in den Tagesdienst bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung geleistete und bislang nicht abgegoltene Arbeitszeit während der Mittagspausenzeiten in Höhe von 116,75 Stunden bzw. 2071,15 Euro geltend gemacht hatte, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit für erledigt erklärt, nachdem sich die Beklagte verpflichtet hatte, unter der Bedingung, dass rechtskräftig durch ein Urteil festgestellt wurde, dass es sich bei den Mittagspausenzeiten der Feuerwehrbeamten im Tagesdienst der Stadt W. , in welchen diese sich für ein Ausrücken mit dem Löschzug einsatzbereit zu halten haben, im Sinne des § 7 Satz 1 AZVO NRW um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt, dem Kläger einen Freizeitausgleich in Höhe von 71,75 Stunden für den Zeitraum 1. November 2013 bis 15. Oktober 2015 zu gewähren, welcher sich in einen nach den jeweils maßgeblichen Sätzen der Mehrarbeitsvergütung zu bemessenden Geldausgleich umwandelt, soweit die Gewährung von Freizeitausgleich binnen eines Jahres ab dem Datum dieser Erklärung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich sein sollte.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der Verfahren 26 K 6795/15, 26 K 6807/15, 26 K 6957/15, 26 K 8473/15, ferner auf den Inhalt des im vorliegenden Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie des im Verfahren 26 K 6957/15 beigezogenen Brandschutzbedarfsplans für die Feuerwehr der Stadt W. verwiesen.
17Entscheidungsgründe:
18Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
19Im Übrigen hat die Klage Erfolg. Sie ist als Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung. Denn wenn feststeht, dass es sich bei den im Klageantrag benannten Zeiten um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt, die als solche hätte angerechnet werden müssen, kann die Beklagte ihr bisheriges Dienstzeitmodell für die Tagesdienstbeamten – und damit auch den Kläger – nicht aufrechterhalten und zudem bleiben für die Zeit zwischen dem 16. Oktober 2015 und der dann vorzunehmenden Umstellung des Dienstplanmodells weitere Ausgleichsansprüche des Klägers möglich.
20Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil es sich im Ergebnis bei seinen Mittagspausenzeiten, in welchen er sich für ein Ausrücken mit dem Löschzug einsatzbereit zu halten hat, ungeachtet der Frage der konkreten Bezeichnung dieser Zeiten durch die Beklagte im Sinne des § 7 Satz 1 AZVO NRW um Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit handelt.
21Ausgangspunkt für die Einordnung der Mittagspausenzeiten als Bereitschaftsdienst und damit Arbeitszeit oder als Rufbereitschaft und damit Nicht-Arbeitszeit sind die §§ 6 und 7 der AZVO NRW, welche für den Kläger als nicht im Schichtdienst eingesetzten Feuerwehrbeamten gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Lande Nordrhein‑Westfalen (AZVOFeu NRW) anwendbar ist. Danach liegt Rufbereitschaft vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer der oder dem Dienstvorgesetzten anzuzeigenden Stelle aufhält, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (§ 6 Abs. 1 AZVO NRW). Bereitschaftsdienst leisten hingegen Beamtinnen und Beamte, die sich auf Anordnung der oder des Dienstvorgesetzten an einer von der oder vom Dienstvorgesetzten bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (§ 7 Satz 1 AZVO NRW).
22Vorliegend sind die Voraussetzungen des Bereitschaftsdienstes nach § 7 Satz 1 AZVO NRW erfüllt. Unstreitig und auch für das Gericht nicht zweifelhaft bestand seit dem Eintritt des Klägers in den Tagesdienst eine – mindestens konkludente oder mündliche – Anordnung an alle Tagesdienstbeamten und damit auch an den Kläger, sich auch während der Mittagspausenzeiten ausrückbereit für einen möglichen Einsatz mit dem jeweiligen Löschzug auf der Feuerwache bereitzuhalten. Mit dieser Anordnung bestimmte die Beklagte eine Stelle, an der sich der Kläger während der Mittagspausenzeiten aufzuhalten hat, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, nämlich die Feuerwache. An diesem Ergebnis ändert auch das Schreiben des Bürgermeisters der Beklagten vom 16. September 2015 nichts, soweit durch dieses – konkretisiert durch das Schreiben des Leiters der Feuerwehr vom 22. September 2015 – gegenüber dem Kläger Rufbereitschaft für die Mittagspausenzeiten angeordnet wurde. Indem das Konkretisierungsschreiben die – mit der sog. Dispositionszeit im Brandschutzbedarfsplan korrespondierende – Vorgabe einer Ausrückbereitschaft im Löschzug binnen 90 Sekunden enthält, ist trotz fehlender ausdrücklicher Benennung der Feuerwache letztere weiterhin konkludent als Ort des Aufenthalts bestimmt, denn nur bei einem Aufenthalt innerhalb der Feuerwache bzw. des Feuerwachgeländes ist gewährleistet, auf einen Alarm reagieren zu können und daraufhin innerhalb von 90 Sekunden im Löschzug einsatzbereit zu sein. Die – im Ergebnis rechtlich unzutreffende – Bezeichnung des angeordneten Dienstes als „Rufbereitschaft“ im Schreiben vom 16. September 2015 vermag an der allein nach objektiven Kriterien vorzunehmenden rechtlichen Einordnung dieses Dienstes als Bereitschaftsdienst im Sinne von § 7 Satz 1 AZVO NRW nichts zu ändern.
23Auch die die §§ 6, 7 AZVO NRW zur Abgrenzung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft ergänzende ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Nach dieser kommt es für die Abgrenzung des Bereitschaftsdienstes insbesondere von der Rufbereitschaft allein darauf an, ob der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat, wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – juris, mit vielen weiteren Nachweisen.
25Damit formuliert das Bundesverwaltungsgericht zwei zusätzliche ungeschriebene Tatbestandsmerkmale des Bereitschaftsdienstes. Das Kriterium des Aufenthalts an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs ist vorliegend angesichts der Bestimmung der Feuerwache als Ort des Aufenthalts erfüllt. Auch das zweite Merkmal, demzufolge beim Bereitschaftsdienst erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen sein muss, ist vorliegend gegeben. Das erkennende Gericht sieht dieses Kriterium im Rahmen einer unionsrechtskonformen Auslegung jedenfalls immer dann als gegeben an, wenn – hier gegeben – die persönliche Anwesenheit in der Dienststelle angeordnet wurde.
26Unionsrechtlich sind nämlich sämtliche Zeiten, die vom Arbeitnehmer in Form persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle zu leisten sind, insgesamt als Arbeitszeit zu werten, ohne dass es auf die tatsächlich während des Dienstes erbrachte Arbeitsleistung ankäme.
27Vgl. EuGH in ständiger Rechtsprechung seit dem Urteil vom 3. Oktober 2000 – C-303/98 (SIMAP) – juris; dem erst kürzlich noch folgend BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 26/14 – juris.
28Angesichts dieser unionsrechtlichen Vorgaben folgt auch aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 –, mit dem dieses ersichtlich nicht von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abweichen wollte,
29vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – juris, Rn. 16,
30nichts anderes.
31Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen dieses Urteils die zu erwartende Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme während bestimmter Zeiten als für die Beantwortung der Frage entscheidend angesehen, ob dienstliche Einsätze während dieser Zeiten zur Wahrnehmung regelmäßig anfallender dienstlicher Aufgaben unabdingbar oder doch vom Dienstherrn eingeplant sind – danach entscheide sich, ob während dieser Zeiten typischerweise mit nennenswerten Einsätzen zu rechnen sei, die diesen das Gepräge eines Bereithaltens für einen jederzeit möglichen Einsatz gäben, oder ob sich diese Zeiten bei wertender Betrachtung als Freizeit oder eine Form der Rufbereitschaft darstellten, die allenfalls sporadisch von Einsätzen unterbrochen werde,
32vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – juris, Rn. 17.
33Dieses Abgrenzungskriterium hat das Bundesverwaltungsgericht aber gerade nicht auf einen Fall angeordneter persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle bezogen, sondern auf einen von ihm selbst als „Besonderheit“ gekennzeichneten Fall, der sich dadurch auszeichnete, dass trotz fehlender angeordneter persönlicher Anwesenheit die Beamten für eine jederzeitige dienstliche Inanspruchnahme zur Verfügung standen, weil sie den dienstlichen Bereich, im konkreten Fall ein Polizeischiff auf See, nicht verlassen und sich aus diesem Grund dem Zugriff des Dienstherrn nicht entziehen konnten.
34BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – juris, Rn. 17.
35In dieser Sondersituation sollte offenbar vermieden werden, dass die rein faktische, durch den Aufenthalt auf dem Schiff bedingte dienstliche Verfügbarkeit vom Dienstherrn ausgenutzt würde, indem zwar kein Bereitschaftsdienst angeordnet wird, im Bedarfsfall aber dennoch auf die verfügbaren Beamten zurückgegriffen wird. Das Abstellen auf die Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme diente der Beantwortung der Frage, ob im Falle fehlender Anordnung der Anwesenheit am Dienstort die Greifbarkeit der Beamten für unabdingbar gehalten wird oder zumindest eingeplant ist und die entsprechenden Zeiten daher als Bereitschaftsdienst zu bewerten sind.
36Auch aus dem Urteil des OVG NRW vom 24. August 2015 – 1 A 421/14 – folgt gegenüber den oben genannten unionsrechtlichen Vorgaben nichts anderes. Vielmehr bestätigt das OVG NRW in diesem Urteil unter Verweis auf den Europäischen Gerichtshof ausdrücklich, dass es rechtlich unerheblich ist, wie und in welchem zeitlichen Umfang in den Zeiten eines angeordneten Bereitschaftsdienstes tatsächlich Dienst verrichtet wurde.
37OVG NRW, Urteil vom 24. August 2015 – 1 A 421/14 – juris, Rn. 136.
38Soweit das OVG NRW in diesem Urteil ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 22. Januar 2009 – 2 C 90/07 – für die Abgrenzung zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft auf die Häufigkeit der dienstlichen Inanspruchnahme abgestellt hat, betraf auch dies – vergleichbar mit dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall – eine ausdrücklich als solche bezeichnete „Besonderheit“, nämlich eine ebenfalls ohne ausdrückliche Anordnung der Anwesenheit in der Dienstelle, im konkreten Fall einer Deutschen Botschaft im Ausland, dennoch bestehende dienstliche Verfügbarkeit aufgrund des gegenüber den Botschaftsbeschäftigten auf der Grundlage des § 25 Gesetz über den Auswärtigen Dienst (GAD) als Maßnahme der Krisenfürsorge durch das Auswärtige Amt verfügten Verbots, das Botschaftsgelände zu verlassen.
39OVG NRW, Urteil vom 24. August 2015 – 1 A 421/14 – juris, Rn. 76.
40Derartige Besonderheiten bestehen im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht, sondern hier handelt es sich um den „Normalfall“ eines Bereitschaftsdienstes, bei dem – wie ausgeführt – die Anwesenheit in der Dienststelle ausdrücklich angeordnet ist.
41Die als einheitliche Entscheidung zu treffende Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, die Kosten hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen, soweit sie sich durch die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung gegenüber dem Kläger bedingt verpflichtet hat, bestimmte Mittagspausenzeiten auszugleichen, weil es sich bei diesen Zeiten entsprechend der oben gemachten Ausführungen um Arbeitszeit handelte und am Vorliegen aller weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch keine Zweifel bestanden, und diese Kosten dem Kläger aufzuerlegen, soweit er ursprünglich einen über den Umfang dieser Erklärung hinausgehenden Ausgleichsanspruch geltend gemacht hatte, weil er von diesem durch seine Erledigungserklärung insoweit – einer Teilklagerücknahme gleichkommend – Abstand genommen hat.
42Beschluss:
43Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 6.000,00 Euro festgesetzt.
44Gründe:
45Die Festsetzung des Streitwertes ist nach §§ 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG erfolgt.
46Der Streitwert im Hinblick auf die begehrte Feststellung bemisst sich nach dem sog. Teilstatus, also dem 2-fachen Jahreswert der durch die Feststellung erstrebten Verbesserung (Nr. 10.4 des Streitwertkataloges 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Diese Verbesserung besteht hier in der Anerkennung von Mittagspausenzeiten als Bereitschaftsdienst und damit als volle Arbeitszeit, deren Wert sich nach den Sätzen der Mehrarbeitsvergütungsverordnung bestimmt, während die Mittagspausenzeiten derzeit lediglich als Rufbereitschaftszeiten zu 1/8 als Freizeitausgleich abgegolten werden.
47Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berechnung der Zuvielarbeit ist auch die hier erstrebte Verbesserung pro Jahr pauschal unter Abzug des sechswöchigen Urlaubsanspruchs sowie einer weiteren Woche für die Wochenfeiertage zu errechnen.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 C 70/11 – juris.
49Danach sind von 52 Wochen im Jahr sieben Wochen abzuziehen, sodass der Berechnung des Wertes der begehrten Verbesserung 45 Wochen zugrunde zu legen sind. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass an den fünf Arbeitstagen der Woche die jeweils 30‑minütige Mittagspause an Stelle des bisherigen Ausgleichs zu 1/8 vollständig als Arbeitszeit bewertet wird, und somit, dass je Woche rund 2,19 Stunden Arbeitszeit zusätzlich anerkannt werden. Damit sollen pro Jahr rund 98,44 Stunden Arbeitszeit anerkannt werden; für den 2-fachen Jahreswert ergeben sich rund 196,88 begehrte Stunden. Der Stundensatz der Mehrarbeitsvergütung gem. § 4 Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) beträgt für die hier maßgebliche Besoldungsgruppe A 9 des Klägers 19,29 Euro, sodass sich für den Feststellungsantrag insgesamt ein Streitwert von rund 3798,00 Euro ergibt.
50Hinsichtlich des in der Hauptsache erledigten Teils der Klage begehrte der Kläger ursprünglich einen Ausgleich für sämtliche seit seinem Eintritt in den Tagesdienst bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung abgezogenen Mittagspausenzeiten, insgesamt in Höhe von 116,75 Stunden bzw. 2071,15 Euro.
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Annotations
(1) Soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen, kann die oberste Dienstbehörde Gleitzeit ermöglichen. Die zur Erfüllung der Aufgaben jeweils erforderliche dienstliche Anwesenheit der Beamtinnen und Beamten ist durch diese und ihre Vorgesetzten sicherzustellen.
(2) Die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit sowie der früheste Dienstbeginn und das späteste Dienstende sind festzulegen.
(3) Es sind Kernarbeitszeiten oder Funktionszeiten festzulegen. Soweit dienstliche Gründe es zulassen, kann auf eine solche Festlegung verzichtet werden. Über die Kernarbeitszeit oder Funktionszeit hinaus ist die dienstliche Anwesenheit der Beamtinnen und Beamten durch diese und ihre Vorgesetzten sicherzustellen, soweit die Erfüllung der Aufgaben dies erfordert. Die Kernarbeitszeit ist bei Teilzeitbeschäftigung individuell festzulegen.
(4) Unterschreitungen der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sind bis zu höchstens 40 Stunden zulässig. Ein Über- oder Unterschreiten der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist grundsätzlich innerhalb des Abrechnungszeitraums auszugleichen. Abrechnungszeitraum ist das Kalenderjahr oder ein anderer festgelegter Zeitraum von höchstens zwölf Monaten. In den nächsten Abrechnungszeitraum dürfen höchstens 40 Stunden übertragen werden.
(5) Bei automatisierter Zeiterfassung kommen bis zu zwölf Gleittage in Betracht. Wenn es dienstlichen Belangen förderlich oder nach den dienstlichen Verhältnissen zweckmäßig ist, können bis zu 24 Gleittage zugelassen werden. Es kann festgelegt werden, dass an bestimmten Tagen allgemein kein Dienst zu leisten und die ausfallende Zeit vor- oder nachzuarbeiten ist. Für Auslandsvertretungen können Ausnahmen von der Notwendigkeit der automatisierten Zeiterfassung zugelassen werden.
(6) Ist eine Kernarbeitszeit festgelegt, können auch halbe Gleittage zugelassen werden. Außerdem können unmittelbare Vorgesetzte eine im Einzelfall aus wichtigen persönlichen Gründen erforderliche Nichteinhaltung der Kernarbeitszeit genehmigen.
(7) Die dienstliche Anwesenheit der Beamtinnen und Beamten ist unter ihrer Mitwirkung automatisiert zu erfassen. Von der automatisierten Erfassung können in Einzelfällen Ausnahmen zugelassen werden. Die Daten sind mindestens drei Monate nach Ablauf des Kalendermonats, in dem sie erhoben wurden, aufzubewahren. Die oberste Dienstbehörde legt fest, ob die Daten entweder spätestens sechs Monate nach Ablauf des Abrechnungszeitraums oder spätestens 13 Monate nach Ablauf des Kalendermonats, in dem sie erhoben wurden, zu löschen sind.
(8) Verstöße gegen Gleitzeitregelungen dürfen den jeweils zuständigen Vorgesetzten mitgeteilt werden. Darüber hinaus sind den unmittelbaren Vorgesetzten ausschließlich für Zwecke des gezielten Personaleinsatzes die Gleitzeitsalden ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzuteilen, sofern sich positive Salden von mehr als 20 Stunden oder negative Salden von mehr als zehn Stunden ergeben. Daten nach Satz 2 dürfen nicht für eine Kontrolle oder Bewertung der Leistung oder des Verhaltens der Beamtinnen und Beamten verwendet werden.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.