Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 30. Juli 2015 - 2 L 1834/15
Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die an dem Städtischen I. -Gymnasium in E. ausgeschriebene Beförderungsstelle „Oberstudienrat/-rätin (Besoldungsgruppe A 14 BBesO) beziehungsweise Lehrkraft (Entgeltgruppe 14 TV-L)“ nicht mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, trägt der Antragsgegner.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 16.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 20. Mai 2015 gestellte und dem Entscheidungssatz entsprechende Antrag hat Erfolg.
3Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierfür sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
4Ein Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass der Antragsgegner ausweislich der Konkurrentenmitteilung vom 11. Mai 2015 die Absicht hat, die im Streit stehende Stelle alsbald mit der Beigeladenen zu besetzen. Denn durch deren Ernennung und Einweisung in die Stelle würde das von der Antragstellerin geltend gemachte Recht endgültig vereitelt werden.
5Ein Anordnungsanspruch ist gleichfalls gegeben, weil die zu Gunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung nicht plausibel und damit rechtsfehlerhaft ist.
6Ein Anordnungsanspruch besteht in Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes dann, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von dem Dienstherrn in dem Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren – rechtmäßigen – Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 - 1 B 901/10 -, juris, Rn. 7.
8Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2006 - 1 B 41/06 -, juris, Rn. 4.
10Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes, er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG in Verbindung mit § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW). Bei diesen Kriterien handelt es sich um Gesichtspunkte, die Aufschluss darüber geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Qualifikationsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat. Dieser Vergleich ist in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen und dabei wiederum zunächst anhand des abschließenden Gesamturteils vorzunehmen, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Der Dienstherr ist zu einer derartigen inhaltlichen Ausschöpfung dienstlicher Beurteilungen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, eine solche zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen. Er muss bei gleichlautenden Gesamturteilen der Frage nachgehen, ob die Einzelfeststellungen in den dienstlichen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Bewährung im Beförderungsamt ermöglichen. Er darf sich also im Rahmen des Qualifikationsvergleichs nicht ohne Weiteres auf das Gesamturteil der Beurteilungen beschränken. Dabei kommt dem Dienstherrn bei der Würdigung von Einzelfeststellungen einer Beurteilung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Entscheidung des Dienstherrn, bestimmte Einzelfeststellungen zur Begründung eines Qualifikationsvorsprungs heranzuziehen oder ihnen keine Bedeutung beizumessen, ist im Grundsatz deshalb nur dann zu beanstanden, wenn der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder der gesetzliche Rahmen, in dem sich der Dienstherr frei bewegen kann, verkannt worden ist oder wenn von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2013 - 6 B 816/13 -, juris, Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris, Rn. 16.
12Zwar kann es rechtsfehlerfrei sein, im Wege der inhaltlichen Ausschöpfung keinen Beurteilungsvorsprung zu Gunsten eines Bewerbers festzustellen, wenn Beurteilungen verschiedener Beurteilungsverfasser mit unterschiedlicher Wortwahl und Schwerpunktsetzung (bei den ohne Vorgabe standardisierter Bewertungsbegrifflichkeiten weitgehend frei formulierten Beurteilungen von Lehrkräften) in Rede stehen.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2014 – 6 B 759/14 -, juris, Rn. 24 ff; VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Juni 2015 – 2 L 464/15 -, nrwe.de, Rn. 28.
14Im Streifall sind die dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin vom 4. November 2014 und der Beigeladenen vom 9. Februar 2015 indes von demselben Beurteilungsverfasser, dem Schulleiter des Städtischen I. -Gymnasiums (Oberstudiendirektor W. T.-ring ), erstellt worden.
15Ausgehend von den genannten Grundsätzen erweist sich die zu Gunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung - wie eingangs angeführt - als unplausibel. Der Antragsgegner hat seiner Beförderungsentscheidung ausweislich des Auswahlvermerks vom 6. März 2015 eine inhaltliche Ausschöpfung der in Rede stehenden dienstlichen Beurteilungen zugrunde gelegt. Hierbei hat er die Einzelmerkmale „Fachkenntnisse“, „Leistungen als Lehrer/-in“ und „dienstliches Verhalten“ hervorgehoben und ihnen jeweils Punktwerte zugeschrieben. In den Merkmalen „Fachkenntnisse“ und „Leistungen als Lehrer/-in“ hat die Antragstellerin gegenüber der Beigeladenen jeweils einen Punkt mehr erhalten. In dem Einzelmerkmal „dienstliches Verhalten“ erzielten die Bewerberinnen einen Punktegleichstand. Angesichts dessen ist die Einschätzung des Antragsgegners im Auswahlvermerk, „ein Vergleich der beiden Beurteilungen in ihren einzelnen Bausteinen ergibt keinen eindeutigen Leistungsvorsprung für eine der Bewerberinnen“, auch und insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen Wortwahl in den dienstlichen Beurteilungen in dieser Allgemeinheit nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt für das Vorbringen des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 14. Juli 2015, „im Ergebnis erhält jede Bewerberin insgesamt 2 Punkte“. Dieses (End-)Ergebnis ist in dem Auswahlvorgang und auch sonst nicht dokumentiert. Davon abgesehen ist es auch mit Blick auf die Bewertung der Einzelmerkmale, die jedenfalls in der Punktesumme zu Gunsten der Antragstellerin ausfällt, nicht nachvollziehbar. Auch wenn das arithmetische Mittel aus den Bewertungen der einzelnen Merkmale nicht zwingend auf einen Qualifikationsvorsprung der insoweit besseren Antragstellerin führen muss, muss zumindest erkennbar sein, welche Umstände den Antragsgegner – mit Blick auf die Punktedifferenz – gleichwohl dazu bewogen haben, zu der Einschätzung zu kommen, die Bewerberinnen seien im Wesentlichen gleich beurteilt.
16In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass den Dienstherrn, wenn er der besseren Bewertung eines Mitbewerbers in einem oder mehreren Einzelmerkmalen keine Bedeutung beimessen will, insoweit eine Begründungs- und Substantiierungspflicht trifft, weshalb er die Qualifikation der Bewerber gleichwohl als im Wesentlichen gleich einstuft.
17Vgl. VG Arnsberg, Beschluss vom 3. Februar 2015 - 2 L 1334/14 -, juris, Rn. 35.
18Dem ist der Antragsgegner hier aus den dargelegten Gründen nicht nachgekommen.
19Im Rahmen der erneut zu treffenden Auswahlentscheidung bedarf es einer nachvollziehbaren Einschätzung des Antragsgegners, ob sich bei einem wertenden Vergleich der dienstlichen Beurteilungen ein Qualifikationsvorsprung einer Bewerberin ergibt. In diesem Fall bedürfte es keines Rückgriffs auf Vorbeurteilungen.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absätze 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Zu Gunsten der Beigeladenen kommt eine Erstattung etwaiger außergerichtlicher Kosten aus Gründen der Billigkeit nicht in Betracht, weil sie sich nicht durch Stellung eines eigenen Antrags am Kostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) und zudem in der Sache unterlegen ist.
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Hiernach ist für den Antrag auf vorläufige Freihaltung der Beförderungsstelle ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 14 BBesO) in Ansatz gebracht worden.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
(1) Ist das Eigentum an einem Grundstück Gegenstand der Enteignung, so entscheidet die Enteignungsbehörde darüber, ob an dem Grundstück bestehende dingliche Rechte und Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder die Benutzung des Grundstücks beschränken, aufrechterhalten werden. Rechte, die zum Erwerb des Grundstücks berechtigen, werden nicht aufrechterhalten.
(2) Soweit Rechte der in Absatz 1 genannten Art erlöschen, sind gesondert zu entschädigen
- 1.
Altenteilsberechtigte sowie die Inhaber von Dienstbarkeiten, - 2.
Inhaber von persönlichen Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen, wenn der Berechtigte im Besitz des Grundstücks ist.
(3) Bei der Enteignung eines Grundstücks haben Entschädigungsberechtigte, die nicht gesondert entschädigt werden, Anspruch auf Ersatz des Wertes ihres Rechtes aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück, soweit sich ihr Recht auf dieses erstreckt. Das gilt entsprechend für die Geldentschädigungen, die für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust in anderen Fällen oder für Wertminderungen des Restbesitzes nach § 19 Nr. 2 festgesetzt werden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf bis 13.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.
3Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Auswahlentscheidung verletze den Anspruch des Antragstellers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (Bewerbungsverfahrensanspruch). Die zu Gunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung sei rechtsfehlerhaft, weil die "qualifizierte Ausschöpfung" der mit demselben Gesamturteil von 3 Punkten abschließenden aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Beteiligten, die nach der Einschätzung des Antragsgegners einen Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen ergeben, nicht den Erfordernissen der Bestenauslese entspreche. Der Antragsgegner habe mit der Ausrichtung seiner Auswahlentscheidung an den in der Hausverfügung vom 26. Oktober 2010 umschriebenen Kriterien den dadurch vorgegebenen Rahmen überschritten. Denn er treffe bei der gebotenen inhaltlichen Ausschöpfung der Beurteilungen die Entscheidung schematisch und ohne Rücksicht auf den übrigen Inhalt der Beurteilungen allein zugunsten des Bewerbers, der bei einem einzelnen - höher gewichteten - Merkmal besser abgeschnitten habe.
4Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen greift nicht durch.
5Der Dienstherr ist an den Grundsatz der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne im Wege der Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach der genannten Vorschrift dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die Aufschluss darüber geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Qualifikationsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat. Dieser Vergleich ist in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen und dabei wiederum zunächst anhand des abschließenden Gesamturteils vorzunehmen, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Es ist seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist. Die Entscheidung des Dienstherrn, bestimmte Einzelfeststellungen zur Begründung eines Qualifikationsvorsprungs heranzuziehen oder ihnen keine Bedeutung beizumessen, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung und ist im Grundsatz nur dann zu beanstanden, wenn der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder der gesetzliche Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt worden ist oder wenn dieser von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.
6Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, juris; Urteile vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83, und vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102, mit weiteren Nachweisen; OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2013 - 6 B 335/13 -, juris.
7Die vom Antragsgegner gewählte Vorgehensweise ist gemessen daran zu beanstanden. Dabei hat das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner - anders, als die Beschwerde geltend macht - nicht vorgeworfen, ohne inhaltliche Gewichtung der Beurteilungsmerkmale oder ohne Rücksicht auf den Inhalt der Beurteilung entschieden zu haben; eine solche Beanstandung wäre auch nicht berechtigt. Das Verwaltungsgericht hat gleichwohl zu Recht festgestellt, dass der Antragsgegner den ihm eröffneten, durch den Leistungsgrundsatz vorgegebenen Rahmen überschritten hat.
8Nach Ziffer 1 der maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien - Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei (Runderlass des Innenministeriums vom 9.Juli 2010) - bilden Beurteilungen die Grundlage für personelle Maßnahmen. In ihnen sind gemäß Ziffer 6.1 sieben, bei Vorgesetzten acht Hauptmerkmale zu bewerten. Vergeben werden jeweils 1 bis 5 Punkte. Das Gesamturteil ist gemäß Ziffer 8.1 aus der Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und der Gesamtpersönlichkeit der Beamtin oder des Beamten zu bilden und in Punkten festzusetzen. Für in Beförderungskonkurrenzen zu treffende Auswahlentscheidungen hat der Antragsgegner in der Hausverfügung vom 26. Oktober 2010 - ZA/ZA 2 - 42.01.17 - unter Ziffer 6. festgelegt, dass in Fällen des Gleichstands in den Gesamturteilen der dienstlichen Beurteilungen anhand der (jeweils) besseren Bewertung in einem Hauptmerkmal zu entscheiden ist. Dabei werden die Hauptmerkmale in der Reihenfolge Leistungsgüte, Leistungsumfang, Arbeitseinsatz, Arbeitsorganisation, Arbeitsweise, soziale Kompetenz und schließlich Veränderungskompetenz berücksichtigt. Anders gewendet ist bei Gleichstand in den Gesamturteilen der dienstlichen Beurteilungen der Konkurrenten, aber unterschiedlicher Bewertung im Hauptmerkmal Leistungsgüte - wie im Streitfall - die Bewertung der übrigen sechs, Hauptmerkmale für die Auswahlentscheidung ohne Relevanz.
9Mit dieser schematischen und ausnahmslosen Ausrichtung der Entscheidung im Falle des Gleichstands in den Gesamturteilen der dienstlichen Beurteilungen an der besseren Bewertung in einem Hauptmerkmal wird einerseits der dem Dienstherr eröffnete Spielraum unzureichend ausgeübt, denn die Vorgabe schließt es aus, Besonderheiten der konkreten, zur Entscheidung anstehenden Konkurrenz in den Blick zu nehmen und in die Entscheidung einfließen zu lassen. Andererseits begründet sie die Gefahr nicht mehr plausibler und damit vor dem Bestenauslesegrundsatz nicht zu rechtfertigender Entscheidungen, weil bessere Leistungen auch in einer Reihe anderer Hauptmerkmale, die nach der vorbenannten Regelung im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich sind, außer Betracht bleiben. Da nach Ziffer 6.1. der maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien sieben, bei Vorgesetzten auch acht Hauptmerkmale zu bewerten sind, kann sich indessen im Bereich der Bewertung der Hauptmerkmale ein in relevanter, jedenfalls aber zu berücksichtigender Höhe differierendes Leistungsniveau ergeben. Das Verwaltungsgericht hat hierzu Beispielsfälle dargestellt. So kann bei Beurteilungen, deren Gesamturteil auf 4 Punkte lautet, der Unterschied in der Summe der Hauptmerkmale durchaus 7 Punkte betragen; bei besonderer - und angesichts der Vorgaben der Hausverfügung namentlich unter Ziffer 2. und 3. auch naheliegender - Betonung einzelner Hauptmerkmale kann er darüber noch hinausgehen. Für die Berücksichtigung solcher Differenzen besteht nach der Hausverfügung jedoch keinerlei Möglichkeit.
10Das Beschwerdevorbringen, wonach ein Eingriff in die Unabhängigkeit des Erstbeurteilers nicht vorliege, mag zutreffen, ist angesichts des Vorstehenden jedoch unerheblich. Auch auf die Beanstandungen des Antragstellers betreffend die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Beurteilung vom 9. September 2011, auf die dieser den Eilantrag gestützt hat, kommt es nicht an. Angemerkt sei vorsorglich, dass aus dem Ausgeführten entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zwingend folgt, dass ihm der Vorzug gegenüber der Beigeladenen zu 1. zu geben ist, weil er in drei, diese jedoch nur in zwei Hauptmerkmalen mit vier Punkten bewertet worden ist.
11Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 5, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
12Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge jeweils auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die ausgeschriebene, nach der Besoldungsgruppe A 13 bewertete Stelle eines Lehrers für die Sekundarstufe I an der Städtischen Realschule am C. in T. (Stelle 75 b) mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt und näher erläutert, der Antragsteller habe sowohl einen Anordnungsgrund als auch den nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Antragsteller sei durch die zu Gunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt; denn diese sei nicht auf der Grundlage ordnungsgemäßer Beurteilungen getroffen worden. Die Beurteilungspraxis des Antragsgegners erweise sich als fehlerhaft, weil sie ohne sachlichen Grund nicht ausreichend zwischen den Bewerbern
4um eine nach der Besoldungsgruppe A 13 besoldete Stelle als Lehrer der Sekundarstufe I unterscheide. Da 83,6 % der von den Bewerbern vorgelegten Beurteilungen mit dem Ergebnis „die Leistungen übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße“ (Spitzennote) und 16,4 % mit dem Ergebnis „die Leistungen übertreffen die Anforderungen“ (zweitbeste Note) abschlössen, dränge es sich auf, dass die Beurteilungspraxis dem aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Gebot der Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe und damit dem Gebot der Bestenauslese nicht gerecht werde. Es obliege daher dem Antragsgegner, den durch die Bestnotenhäufung entstandenen Eindruck einer Maßstabsverkennung zu entkräften. Dessen Ausführungen ließen indes den Schluss auf eine den Bestenauslesegrundsatz beachtende Beurteilungspraxis nicht zu. Schließlich erscheine es auch möglich, dass die Bewerbung des Antragstellers bei einer erneuten, rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung erfolgreich sei.
5Die vom Antragsgegner hiergegen mit der Beschwerdebegründung erhobenen Einwände (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO) verlangen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses. Danach ist der im Beschwerdeverfahren (noch) zur Überprüfung stehende Antrag,
6dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den nach der Besoldungsgruppe A 13 BBesO bewerteten Beförderungsdienstposten an der Städtischen Realschule am C. in T. (Stelle 75 b) mit einem Mitbewerber, insbesondere dem Beigeladenen, zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,
7unbegründet. Der Antragsteller hat das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
8Die zu Gunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung des Antragsgegners ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt nicht das aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Recht des Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Beförderungsbegehren.
9Die Entscheidung des Antragsgegners über die Besetzung der in Rede stehenden Beförderungsstelle begegnet keinen formellen Bedenken. Insbesondere hat der Personalrat dem Besetzungsvorschlag zu Gunsten des Beigeladenen unter dem 13. Januar 2014 zugestimmt; die Gleichstellungsbeauftragte ist mit Schreiben vom 10. Januar 2014 ebenfalls beteiligt worden.
10Die Auswahlentscheidung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Der Dienstherr hat bei der Entscheidung darüber, welchem von mehreren in Betracht kommenden Beamten er eine Beförderungsstelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 20 Abs. 6 LBG NRW i.V.m. § 9 BeamtStG). Ein besser qualifizierter Bewerber darf nicht übergangen werden. Im Übrigen – bei gleicher Qualifikation – ist die Entscheidung in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt. In diesem Fall hat der Bewerber insoweit lediglich ein nach § 123 Abs. 1 VwGO sicherungsfähiges Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bei der Stellenbesetzung.
11Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2011 – 2 BvR 764/11 –, juris, m.w.N.
12Ein Anordnungsanspruch des nicht ausgewählten Bewerbers um eine Beförderungsstelle ist zu bejahen, wenn das Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die erfolgte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt ist und die Möglichkeit besteht, dass eine fehlerfreie Wiederholung der Auswahlentscheidung zur Auswahl des abgelehnten Bewerbers führt.
13Die am Prinzip der Bestenauslese zu orientierende Auswahlentscheidung hat in erster Linie auf der Grundlage von aussagekräftigen, d.h. aktuellen, hinreichend differenzierten und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen zu erfolgen.
14Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Oktober 2012 – 2 BvR 1120/12 –, juris, und vom 11. Mai 2011, a.a.O.
15Die Beurteilungen können allerdings nur dann eine tragfähige Grundlage für eine dem Leistungsprinzip genügende Entscheidung sein, wenn und soweit sie maßgebliche und hinreichend zuverlässige Aussagen über Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Bewerber treffen. Daraus folgt, dass eine Beurteilungspraxis, die ohne sachlichen Grund nicht hinreichend zwischen den zu beurteilenden Bewerbern differenziert, den von Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Anspruch des im Beförderungsverfahren unterlegenen Bewerbers auf beurteilungs- und ermessensfehlerfreie Entscheidung verletzt.
16Vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 – 2 BvR 311/03 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 21. März 2013 – 6 B 1149/12 – und vom 22. Januar 2014 – 6 B 1336/13 –, jeweils nrwe.de.
17Ausgehend von diesen Maßgaben ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Antragsgegner bei seiner Auswahlentscheidung auf die mit dem Gesamtergebnis „die Leistungen übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße“ gleichlautenden Anlassbeurteilungen des Antragstellers vom 30. April 2012 sowie des Beigeladenen vom 26. Juni 2012 stützt. Es ist – jedenfalls unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Antragsgegners – nicht (mehr) anzunehmen, dass die fraglichen Anlassbeurteilungen keine taugliche Entscheidungsgrundlage darstellen können, weil sie Ergebnis einer fehlerhaften Beurteilungspraxis sind.
18Es ist zwar zutreffend, dass eine gehäufte bzw. sogar ausnahmslose Vergabe der Spitzennote an die Bewerber um eine oder mehrere ausgeschriebene Beförderungsstellen den Anschein einer nicht mit Art. 33 Abs. 2 GG zu vereinbarenden Beförderungspraxis erweckt. Eine solche Ausgangslage findet sich auch hier im Hinblick auf die zusammen mit der streitigen Stelle insgesamt 87 ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppe A 13 als Lehrer der Sekundarstufe I oder Grund-, Haupt- und Realschule. Nach den (korrigierten) Angaben des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren gab es darauf zunächst 294 Bewerbungen von 181 Bewerbern; nachdem 29 Bewerber ihre Bewerbungen zurückgezogen haben sind nun noch 152 Bewerber im Verfahren verblieben. Für 147 dieser Bewerber liegen Beurteilungen vor, von denen 127 (83,6 %) mit der Bestnote abschließen und 20 (13,2 %) mit der zweitbesten Note; fünf Beurteilungen stehen noch aus. Den durch diese Häufung der Spitzennote erweckten Anschein einer rechtswidrigen Beurteilungspraxis kann der Dienstherr jedoch ausräumen, wenn er darlegt und glaubhaft macht, dass die gleichförmigen Beurteilungen gleichwohl das Ergebnis einer rechtmäßigen, differenzierte Maßstäbe anwendenden Beurteilungspraxis sind.
19Vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003, a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 21. März 2013 und vom 22. Januar 2014, jeweils a.a.O.
20Dies ist dem Antragsgegner nunmehr im vorliegenden Beschwerdeverfahren mit seinen weiter konkretisierten Angaben zum Beurteilungsverfahren gelungen. Zunächst zeigt er mit den erstmals beigebrachten Zahlen substantiiert und nachvollziehbar auf, in welchem anteiligen Verhältnis die mit der Spitzennote oder der zweitbesten Note beurteilten Bewerber auf die 87 ausgeschriebenen Stellen zu den insgesamt – nach ihren laufbahnrechtlichen und sonstigen Voraussetzungen – für die fraglichen Stellen in Betracht kommenden Lehrkräften stehen. Danach stehen hier den 127 Bewerbern mit der Bestnote bzw. 20 Bewerbern mit der zweitbesten Note 2.182 Lehrkräfte gegenüber, die die Voraussetzungen der Stellenausschreibungen – Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe I oder Grund-, Haupt- und Realschule (§ 20 Abs. 2 LBG NRW i.V.m. § 10 Abs. 2 LVO NRW), Besoldungsgruppe A 12 BBesO bzw. vergleichbare Tarifbeschäftigung, Tätigkeit an öffentlichen Schulen im Regierungsbezirk N. , unbefristetes Dienst-/Beschäftigungsverhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen – verfügen. Davon derzeit bereits an Realschulen eingesetzt sind immerhin noch 649 Lehrkräfte. Folge dieser Verteilung ist, dass pro Schule – Kollegien zwischen 30 und 70 Lehrkräfte, von denen jeweils mindestens 60 % die Bewerbungsvoraussetzungen erfüllen – im Schnitt lediglich eine oder zwei Lehrkräfte mit der Bestnote beurteilt werden. Über diese reinen Zahlenwerte hinaus tritt der Antragsgegner dem Anschein einer rechtswidrigen Beurteilungspraxis weiter mit seinen Erläuterungen zum tatsächlichen Ablauf der Bewerbungs- und Beurteilungsverfahren entgegen. Er trägt insoweit mit der Beschwerde vor, es sei unter den Lehrkräften der Besoldungsgruppe A 12 hinlänglich bekannt, dass – da es sich um die einzige Beförderung handele, die Lehrkräften der Sekundarstufe I in ihrer Laufbahn zuteil werde – eine Beförderungschance auf eine mit A 13 besoldete Stelle nur mit der Bestnote zu erhalten sei, so dass sich regelmäßig auf die ausgeschriebenen Stellen nur Kandidaten mit Spitzenprädikat bewürben. Dabei beruhe die Einschätzung, ob überhaupt die Möglichkeit bestehe, die Bestnote zu erhalten, (zumeist) auf einer vorab mit dem Schulleiter erfolgten Rücksprache. In anderen Fällen nehme der Bewerber seine Bewerbung zurück, womit auch der Anlass für eine Beurteilung entfalle, wenn sich im Laufe des Beurteilungsverfahrens herausstelle, dass die gewünschte Note nicht zu erreichen sei. Im Hinblick auf die hier insgesamt ausgeschriebenen 87 Stellen hätten immerhin 29 der zunächst 181 Bewerber ihre Bewerbung zurückgezogen. Schließlich legt der Antragsgegner in nachvollziehbarer Weise dar, dass er mit sachgerechten Maßnahmen auf die Anwendung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe durch die verschiedenen Beurteiler – jeweils der Schulleiter des Bewerbers – hinwirkt. Er verweist insoweit darauf, dass mindestens einmal im Jahr in allen Schulformen mit allen Schulleitungen Dienstbesprechungen durchgeführt würden, in denen regelmäßig – und nicht erst seit 2012 – auch die Beurteilungsrichtlinien, die zu vergebenden Notenstufen und die Notwendigkeit zur gleichmäßigen Vergabe von Noten angesprochen würden. In diesen Besprechungen hätten die Schulleitungen Gelegenheit, generelle Fragen, aber auch Einzelfälle zur dienstlichen Beurteilung zu klären, wovon auch reger Gebrauch gemacht werde. Der Antragsgegner nimmt ferner Bezug auf die an die Schulleitungen gerichteten Verfügungen der Bezirksregierung N. vom 27. September 2012 und vom 28. April 2014, in denen insbesondere auch die (strengen) Anforderungen an die Vergabe der Spitzennote konkretisierend niedergelegt sind. Der Senat sieht keinen Anlass daran zu zweifeln, dass diese Maßstäbe – wie der Antragsgegner vorträgt – auch schon vor den genannten Verfügungen anzuwenden waren, den Beurteilern hinreichend vermittelt worden sind und damit auch den Beurteilungen des Antragstellers vom 30. April 2012 bzw. des Beigeladenen vom 26. Juni 2012 zugrunde gelegen haben. Dass es noch anderweitiger Maßnahmen zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Beurteilungspraxis bedurft hätte, ist nicht ersichtlich. Es obliegt vielmehr dem Dienstherrn, wie er bei verschiedenen Beurteilern für größtmögliche Vergleichbarkeit sorgen will. In Betracht kommen neben Vorgaben in den Beurteilungsrichtlinien gerade auch – wie hier erfolgt – regelmäßige Beurteilerbesprechungen und –schulungen.
21Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2013 – 2 B 134.11 –, juris.
22Dem entsprechend ist auch in Nr. 4.8 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte sowie der Leiterinnen und Leiter an öffentlichen Schulen und Studienseminaren (RdErl. d. Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder v. 2. Januar 2003 – 122-1.18.07.03-15026/02, ABl. NRW S.7) lediglich vorgesehen, dass der Dienstvorgesetzte „durch regelmäßige geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen [hat], dass bei der Anwendung der vorgenannten Notenstufen gleichmäßig verfahren wird“.
23Auf der Grundlage der danach in Anwendung einer nicht zu beanstandenden Beurteilungspraxis erstellten Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen durfte der Antragsgegner auch von einem Qualifikationsgleichstand zwischen diesen beiden Bewerbern ausgehen.
24Sowohl die Beurteilung des Antragstellers vom 30. April 2012 sowie des Beigeladenen vom 26. Juni 2012 schließen mit dem Gesamtergebnis „die Leistungen übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße“ ab. Der Antragsgegner überschreitet in diesem Zusammenhang nicht den ihm zustehenden, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum, wenn er ausweislich des Vermerks vom 5. November 2013 zu einem „Beurteilungsgleichstand“ kommt. Die Entscheidung des Dienstherrn, Einzelfeststellungen zur Begründung eines Qualifikationsvorsprungs heranzuziehen oder ihnen – wie hier – gerade keine Bedeutung beizumessen, ist im Grundsatz nur dann zu beanstanden, wenn der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder der gesetzliche Rahmen, in dem sich der Dienstherr frei bewegen kann, verkannt worden ist oder wenn von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.
25OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember 2005 – 6 B 1845/05 –, juris.
26Angesichts dessen ist es insbesondere mit Blick auf die verschiedenen Beurteilungsverfasser und deren unterschiedliche Wortwahl und Schwerpunktsetzung bei den weitgehend frei formulierten Beurteilungen nicht ersichtlich fehlerhaft,
27vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 18. Mai 2012 – 6 B 276/12 –, nrwe.de,
28wenn der Antragsgegner im Wege der inhaltlichen Ausschöpfung keinen Beurteilungsvorsprung zu Gunsten eines Bewerbers feststellen kann. Unabhängig davon erschöpft sich das Vorbringen des Antragstellers, sämtliche Formulierungen der Einzelmerkmale wiesen eine bessere Eignung des Antragstellers im Vergleich zu derjenigen des Beigeladenen aus, in einer nicht näher belegten Behauptung.
29Es ist ferner rechtlich unbedenklich, wenn der Antragsgegner aufgrund der Fachleitereigenschaft des Antragstellers nicht zu dem Ergebnis kommt, dieser sei für die fragliche Stelle besser geeignet. Der Antragsteller nimmt damit gerade kein höherwertiges Amt wahr, welches bei gleichlautendem Gesamtergebnis wegen der damit verbundenen höheren Leistungsanforderungen grundsätzlich geeignet ist, die Annahme eines Qualifikationsvorsprungs zu begründen.
30Vgl. die ständige Senatsrechtsprechung, zuletzt mit Beschluss vom 7. Mai 2014 – 6 B 383/14 –, nrwe.de mit weiteren Nachweisen.
31Inwieweit gerade die als Fachleiter wahrgenommenen Tätigkeiten und gewonnenen Erfahrungen ihn für die fragliche Stelle besser qualifizieren sollen als den Beigeladenen, legt der Antragsteller nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
32Lässt sich an Hand der Beurteilungen kein Qualifikationsvorsprung eines Bewerbers feststellen, ist es weiter nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr seine Auswahlentscheidung auf ein Auswahlgespräch stützt.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 2012 – 6 A 1991/11 –, juris Rn. 98, und Beschluss vom 12. Dezember 2005, a.a.O., jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
34Dabei überschreitet der Dienstherr nicht sein Auswahlermessen, wenn er seine Entscheidung insoweit maßgeblich von der Eignung des Bewerbers für eine in der Stellenausschreibung näher bezeichnete Sonderaufgabe stützt, auch wenn diese nicht dem Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle zuzurechnen sein dürfte.
35Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. August 2014 – 6 B 712/14 – und vom 15. November 2007 – 6 B 1254/07 –, jeweils nrwe.de.
36Die mit Blick auf eine hinreichende Dokumentation des Auswahlgesprächs vom Antragsteller erhobenen Bedenken teilt der Senat nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG. Entsprechendes gilt für das hier der Auswahlentscheidung zugrunde liegende Auswahlgespräch.
37Vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 – 2 BvR 206/07 –, juris; BVerwG, Beschlüsse vom 27. Mai 2014 – 1 WB 55.13 – und vom 16. Dezember 2008 – 1 WB 19.08 –, jeweils juris.
38Der Auswahlvorgang des Antragsgegners enthält über die 30minütigen Auswahlgespräche mit den beiden Bewerbern jeweils ein zwei Seiten umfassendes Protokoll, in dem die gestellten Fragen ausformuliert enthalten sind. Die Antworten der Bewerber sind darin durch jeweils mehrere Stichpunkte umfassende Notizen handschriftlich festgehalten. Darüber hinaus hat der das Auswahlgespräch durchführende Schulleiter das Gesprächsergebnis nochmals maschinenschriftlich auf gut einer halben Seite zusammengefasst und dieses dabei zur Eignung für die fragliche Sonderaufgabe („Aufbau, Implementation und unterrichtliche Nutzung einer Lernplattform“) in Bezug gesetzt. Angesichts dessen ist der Einwand des Antragstellers, die im Auswahlvorgang enthaltenen Notizen seien nicht nachvollziehbar, spiegelten das Bild des Auswahlgespräches nicht wider und gäben keinen Aufschluss über die wahre Qualifikation des Antragstellers – jedenfalls ohne weitere Substantiierung – nicht verständlich.
39Schließlich ist das Ergebnis des Auswahlgespräches, in dem sich der Beigeladene nach der Einschätzung des Antragsgegners für die zu bewältigende Sonderaufgabe „Aufbau, Implementation und unterrichtliche Nutzung einer Lernplattform“ als besser geeignet erwiesen hat, nicht rechtsfehlerhaft. Eine Überschreitung seines Entscheidungsspielraums ist nicht erkennbar. Der Antragsteller geht fehl, wenn er meint, ein Auswahlfehler liege vor, weil der kommissarische Schulleiter H. , der das Auswahlgespräch durchgeführt habe, seine (des Antragstellers) gegenüber dem Beigeladenen eingeschränkte Eignung damit begründet habe, dass er wegen seiner Tätigkeit als Fachleiter der Schule nur eingeschränkt zur Verfügung stünde. Es ist zwar zutreffend, dass das Protokoll vom 18. Dezember 2013 bzw. die darin enthaltene zusammenfassende Begründung die auf der Fachleitertätigkeit beruhende eingeschränkte Anwesenheit des Antragstellers an der Schule zu dessen Lasten herausstreicht. In einem weiteren Vermerk vom 9. Januar 2014 hat der Antragsgegner jedoch ergänzt, dass der „Leistungsvorsprung“ des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller „bezogen auf die Aufgabenstellung“ auch ungeachtet der Frage der Präsenz an der Schule bestehe. Dass diese Einschätzung auf unsachlichen Erwägungen beruht oder sonst eine Überschreitung des Entscheidungsspielraums darstellt, ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Vielmehr lässt sich den Protokollen über die Auswahlgespräche bzw. den darin enthaltenen zusammenfassenden Begründungen entnehmen, dass der Schulleiter H. den Beigeladenen nach dem Auswahlgespräch auch mit Blick auf die dabei festgestellten Sachkenntnisse und inhaltlichen Ansätze als besser geeignet für die in Rede stehende Sonderaufgabe angesehen hat.
40Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
41Die Streitwertfestsetzung/-änderung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG in der bis zum 15. Juli 2014 geltenden Fassung (§ 71 Abs. 1 GKG). Nach § 52 Abs. 5 GKG ist der Streitwert auf die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (hier der Besoldungsgruppe A 13/Erfahrungs-stufe 9) mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen festzusetzen. Personenstandsbezogene Zuschläge oder Sonderbeträge bleiben unberücksichtigt. Der sich danach ergebende Streitwert von 25.051,10 Euro (6 x 4.073,35 Euro Grundgehalt zuzüglich 611,00 Euro hälftige Sonderzahlung) ist für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (12.525,55 Euro) und dementsprechend auf die Wertstufe bis 13.000 Euro festzusetzen.
42Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 13. Februar 2015 bei Gericht eingegangene sinngemäße Antrag,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die ausgeschriebene Beförderungsstelle der Besoldungsgruppe A 13 BBesO Lehrer/in (gehobener Dienst) bzw. Lehrkraft TV-L (EG 13 TV-L) mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Besetzung dieser Stelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine erneute Auswahlentscheidung getroffen worden ist,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts der Antragstellerin nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
6Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner die Absicht hat, die in Streit stehende Stelle alsbald mit der Beigeladenen zu besetzen, besteht ein Anordnungsgrund. Denn durch die Beförderung eines Mitbewerbers und dessen Einweisung in die Stelle würde der geltend gemachte Bewerberverfahrensanspruch endgültig vereitelt.
7Ein Anordnungsanspruch besteht hingegen nicht. Die Entscheidung des Antragsgegners, die Antragstellerin bei der Besetzung der streitigen Beförderungsstelle unberücksichtigt zu lassen, erweist sich als formell und materiell rechtmäßig.
8In Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes ist ein Anordnungsanspruch gegeben, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die vom Dienstherrn im Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren – rechtmäßigen – Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 – 1 B 901/10 –, juris, Rn. 7 m. w. N.
10Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2006 – 1 B 41/06 –, juris, Rn. 4 m. w. N.
12Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf die Übertragung eines Beförderungsamtes, er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung sowie fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG i. V. m. § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW).
13Durchgreifende formelle Mängel der Beförderungsentscheidung liegen nicht vor.
14Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, es sei für sie anhand der Stellenausschreibung nicht erkennbar gewesen, ob die ausgeschriebenen insgesamt zehn Beförderungsstellen der in der jeweiligen Ausschreibung genannten Schule konkret zugeordnet worden seien oder ob unter Zusammenfassung aller zehn Stellen eine einheitliche Auswahlentscheidung losgelöst von der Zuweisung an eine bestimmte Schule erfolgt sei. Der Antragsgegner hat in seiner Antragserwiderung vom 5. März 2015 erläutert, dass die Beförderungsstellen zwecks Vermeidung von Versetzungen eigentlich unabhängig von der Zuweisung an eine bestimmte Schule hätten ausgeschrieben werden sollen, technische Gründe es aber erfordert hätten, in der jeweiligen Ausschreibung eine bestimmte Schule anzugeben; die Ausschreibungen seien deswegen um einen entsprechenden klarstellenden Hinweis, wonach eine Versetzung bei erfolgreicher Bewerbung um eine Stelle an einer fremden Schule nicht zwingend sei, ergänzt worden. Eine Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin käme in diesem Zusammenhang nur dann in Betracht, wenn sie sich aufgrund einer unklaren Ausschreibungsformulierung nur auf die ihrer Schule „zugeordnete“ Stelle beworben hätte, nicht aber auch – in der irrtümlichen Annahme einer dann gegebenen Notwendigkeit einer Versetzung – auf die neun weiteren Stellen an anderen Schulen. Dies ist indes angesichts des Umstandes, dass sich die Antragstellerin auf sämtliche der zehn ausgeschriebenen Stellen beworben hat, nicht der Fall.
15Der Antragsgegner hat die maßgebenden Gründe für seine Auswahlentscheidung in ausreichendem Maße im Verwaltungsvorgang dokumentiert. Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich die Verpflichtung des Dienstherrn, die wesentlichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niederzulegen; eine erstmalige Darlegung der Gründe für die Auswahlentscheidung im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ist unzulässig. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er im gerichtlichen Verfahren Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen in den Verwaltungsakten sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind.
16Vgl. Beschluss der ersten Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Juli 2007 – 2 BvR 206/07 –, juris Rn. 20 f.; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 18. August 2010 – 6 B 868/10 –, juris, Rn. 3 m. w. N.
17Gemessen an diesen Vorgaben ist die Dokumentation der Auswahlerwägungen des Antragsgegners (noch) zureichend. Zwar fehlt es an einem eigenständigen, die Auswahlerwägungen zusammenfassenden Auswahlvermerk. Die tragenden Erwägungen ergeben sich aber aus dem übrigen Akteninhalt. Auf den im Verwaltungsvorgang vorzufindenden Bewerberübersichten sind zunächst die persönlichen Daten der Bewerber und das jeweilige Datum und Ergebnis der (letzten) dienstlichen Beurteilung festgehalten. Es folgen Angaben zum Beförderungsdienstalter. In dem Anschreiben an den Personalrat vom 1. Dezember 2014 wird ausgeführt, dass „die Auswahl [...] nach Bestbeurteilung und als Hilfskriterium Beförderungsdienstalter getroffen“ wurde. In der an die Antragstellerin gerichteten Konkurrentenmitteilung vom 21. Januar 2015 heißt es in diesem Zusammenhang: „Die Auswahlentscheidung ist unter Anwendung von Hilfskriterien (hier: höheres Beförderungsdienstalter bei ansonsten gleicher Qualifikation) erfolgt.“
18Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Informationen wird hinreichend deutlich, dass die beiden Bewerberinnen als im Wesentlichen gleich qualifiziert angesehen werden, weil die aktuellen dienstlichen Beurteilungen dasselbe Gesamturteil ausweisen und auch ansonsten ein Leistungsvorsprung nicht feststellbar ist, und dass die Beigeladene der Antragstellerin deshalb vorgezogen worden ist, weil zu ihren Gunsten das Hilfskriterium des Beförderungsdienstalters eingreift. Damit sind die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich fixiert.
19Die gemäß §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW vorgesehene Beteiligung des Personalrats für Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien und Weiterbildungskollegs bei der Bezirksregierung E. ist erfolgt, der unter dem 18. Dezember 2014 seine Zustimmung erteilt hat. Ebenfalls hat die gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 2 Satz 1 LGG NRW erforderliche Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten unter dem 22. Januar 2015 stattgefunden.
20Es bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Beförderungsentscheidung.
21Der Antragsgegner hat den zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen der Antragstellerin vom 10. Mai 2014 und der Beigeladenen vom 25. November 2013 rechtsfehlerfrei keinen Qualifikationsvorsprung einer der beiden Bewerberinnen entnommen. Beide Beurteilungen schließen mit dem Gesamtergebnis „die Leistungen übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße" ab. Soweit es in der Beurteilung der Antragstellerin heißt, ihre Leistungen „entsprechen“ den Anforderungen in besonderem Maße, handelt es sich offensichtlich um ein redaktionelles Versehen, wie auch die Verwendung des Klammerzusatzes „sehr gut“ und die dadurch zum Ausdruck kommende Intention, die Bestnote zu vergeben, belegen.
22Die Einschätzung des Antragsgegners, ein Qualifikationsvorsprung könne auch nicht durch eine inhaltliche Ausschöpfung der übrigen textlichen Bestandteile der Beurteilung ermittelt werden, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Der Dienstherr ist zu einer inhaltlichen Ausschöpfung dienstlicher Beurteilungen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, eine solche zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen. Er muss bei gleichlautenden Gesamturteilen der Frage nachgehen, ob die Einzelfeststellungen in aktuellen dienstlichen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Bewährung im Beförderungsamt ermöglichen. Er darf sich also im Rahmen des Qualifikationsvergleichs nicht ohne Weiteres auf das Gesamturteil aktueller Beurteilungen beschränken. Diese Grundsätze gelten auch bei einem Qualifikationsvergleich dienstlicher Beurteilungen von Lehrkräften.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2007 – 6 B 1254/07 –, juris, Rn. 10 ff. m. w. N.
24Bei der Würdigung von Einzelfeststellungen einer Beurteilung kommt dem Dienstherrn allerdings ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss 15. November 2007 – 6 B 1254/07 –, juris, Rn. 13 m. w. N.
26Die Entscheidung des Dienstherrn, Einzelfeststellungen zur Begründung eines Qualifikationsvorsprungs heranzuziehen oder ihnen - wie hier - gerade keine Bedeutung beizumessen, ist im Grundsatz nur dann zu beanstanden, wenn der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder der gesetzliche Rahmen, in dem sich der Dienstherr frei bewegen kann, verkannt worden ist oder wenn von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.
27Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Januar 2015 – 6 B 1303/14 –, juris, Rn. 17, und vom 25. August 2014 – 6 B 759/14 –, juris, Rn. 22 m. w. N.
28Gemessen an diesen Vorgaben ist es insbesondere mit Blick auf die verschiedenen Beurteilungsverfasser und deren unterschiedliche Wortwahl und Schwerpunktsetzung bei den ohne Vorgabe standardisierter Bewertungsbegrifflichkeiten weitgehend frei formulierten Beurteilungen nicht fehlerhaft, wenn der Antragsgegner im Wege der inhaltlichen Ausschöpfung keinen Beurteilungsvorsprung zu Gunsten eines Bewerbers festgestellt hat.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2014 – 6 B 759/14 –, juris, Rn. 24 ff.
30Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin in diesem Zusammenhang, der Antragsgegner habe nach seinen Ausführungen in der Antragserwiderung
31– wonach aus näher dargelegten Gründen „[...] eine objektive Binnendifferenzierung oder eine qualitative Ausschärfung nicht angestellt werden [kann]“ (Seite 3, 3. Absatz des Schriftsatzes vom 5. März 2015) –
32eine vergleichende Betrachtung der Einzelmerkmale schon gar nicht erst vorgenommen und es mithin pflichtwidrig unterlassen, die textlichen Bestandteile der Beurteilungen auszuwerten, bevor er erst danach einen Beurteilungsgleichstand hätte annehmen können. Ein für die Auswahlentscheidung erheblicher Fehler käme hier in Betracht, wenn der Antragsgegner die inhaltlichen Ausführungen zu den Einzelmerkmalen gar nicht zur Kenntnis genommen und sich deren Berücksichtigung von vornherein verschlossen hätte. In diesem Fall wäre er seiner nach den obigen Ausführungen bestehenden Verpflichtung, eine inhaltliche Ausschöpfung ernsthaft in Betracht zu ziehen und bei gleichlautenden Gesamturteilen der Frage nachzugehen, ob die Einzelfeststellungen in aktuellen dienstlichen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Bewährung im Beförderungsamt ermöglichen, nicht nachgekommen. Hierfür bestehen aber nach der Vorgehensweise des Antragsgegners bei der Auswahlentscheidung, wie sie sich aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen und aus den diesbezüglichen Ausführungen in der Antragserwiderung vom 5. März 2015 ergibt, keine Anhaltspunkte. Bei verständiger Würdigung letztgenannter Ausführungen des Antragsgegners im Gesamtkontext aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts kommt zum Ausdruck, dass er die jeweiligen Beurteilungen gesichtet hat und auf dieser Basis zu dem Schluss gelangt ist, den Einzelfeststellungen aufgrund der freien Formulierung durch unterschiedliche Beurteilungsverfasser keine auswahlerhebliche Bedeutung beizumessen. Ohne Kenntnisnahme der textlichen Ausführungen in den Beurteilungen wäre es dem Antragsgegner nicht möglich gewesen, eine mangelnde Aussagekraft derselben anzunehmen. Jedenfalls wird aber deutlich, dass der Antragsgegner bei der Auswahlentscheidung die grundsätzliche Notwendigkeit einer inhaltlichen Ausschöpfung erkannt und die gebotene Auseinandersetzung hiermit vorgenommen, er indes die Möglichkeit, durch sie einen Qualifikationsvorsprung einer Bewerberin für das Beförderungsamt zu ermitteln, aus den genannten Gründen verneint hat. Damit hat der Antragsgegner den an ihn gestellten Anforderungen genügt und die Grenzen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht überschritten.
33Zu einer vergleichenden Betrachtung der Einzelmerkmale zwingt nicht das Vorhandensein der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte sowie der Leiterinnen und Leiter an öffentlichen Schulen und Studienseminaren
34Runderlass des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 2. Januar 2003, ABl. NRW. S. 7 ‑ BASS 21-02 Nr. 2 ‑ ,
35denen sich nach der Auffassung der Antragstellerin einheitliche Grundsätze entnehmen lassen, die trotz freier Formulierung der Beurteilungen durch unterschiedliche Verfasser einen Vergleich der Einzelfeststellung ermöglichen. Den Richtlinien sind in erster Linie Vorgaben zum Verfahren bei der Erstellung von Beurteilungen (Ziffer 2, 3 und 5) und zu deren Form (Ziffer 4.1 i.V.m. Anlage 2) sowie zur Struktur einer Beurteilung unter Aufzählung der zu berücksichtigenden Einzelmerkmale (Ziffer 4.3, Anlage 2) zu entnehmen, nicht aber einheitliche Maßstäbe oder Begrifflichkeiten zur inhaltlichen Ausfüllung der einzelnen Merkmale. Eine Ausnahme stellen nur die Vorgaben zur Formulierung des zu bildenden Gesamturteils in Ziffer 4.6 der Richtlinien dar, die hier von den jeweiligen Beurteilungsverfassern beachtet wurden.
36Es besteht auch kein Raum für die Annahme der Antragstellerin, der Antragsgegner habe es versäumt, den Schulleitern weitergehende Grundlagen für eine einheitliche Maßstabsbildung bei der Abfassung der Beurteilungen an die Hand zu geben, weswegen das Auswahlverfahren von Anfang an darauf ausgerichtet gewesen sei, unter den bestbenoteten Bewerbern eine Entscheidung nur nach Dienstaltersgesichtspunkten zu treffen. Die zugrunde zu legenden Beurteilungsrichtlinien sehen solch dezidierte Vorgaben inhaltlicher Art bei der Ausfüllung der Einzelmerkmale nicht vor, sondern überlassen die Bewertung der freien Formulierung durch den jeweiligen Beurteilungsverfasser. Zudem hat sich der Antragsgegner – wie dargelegt – vor der Heranziehung des Hilfskriteriums des Beförderungsdienstalters mit der Frage der von der Antragstellerin geforderten Vornahme einer inhaltlichen Ausschöpfung der jeweiligen Beurteilungsbestandteile auseinandergesetzt und ist in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Entscheidung gelangt, den Einzelmerkmalen keine Bedeutung für die Auswahlentscheidung beizumessen.
37Die Antragstellerin macht schließlich vergeblich zum Beleg des von ihr angenommenen Leistungsvorsprungs geltend, sie sei im Zeitraum von 1990 bis 1993 im Auslandsschuldienst in der Türkei tätig gewesen und verfüge über das Montessori-Diplom und das Montessori-Zusatzzertifikat für die Sekundarstufe I. Der Antragsgegner hatte von dieser Tätigkeit bzw. von diesen Zusatzqualifikationen, die in der der Beurteilung der Antragstellerin als Anlage beigefügten Übersicht genannt waren, bei der Auswahlentscheidung Kenntnis. Dass sich hieraus ein wesentlicher Unterschied ergibt, bei dem sich ein Leistungsvorsprung zugunsten der Antragstellerin für die zu besetzende Beförderungsstelle aufdrängt und wodurch die Einschätzung des Antragsgegners, im Rahmen seines Beurteilungsspielraums den Einzelfeststellungen keine Bedeutung beizumessen, durchgreifend in Frage gestellt wird, ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich.
38Der Antragsgegner war auch nicht gehalten, die Antragstellerin der Beigeladenen im Hinblick auf frühere dienstliche Beurteilungen vorzuziehen. Allerdings kann für Auswahlentscheidungen im Grundsatz auf ältere Beurteilungen als zusätzliche Erkenntnismittel zurückgegriffen werden. Es handelt sich hierbei um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben können und die deshalb gegenüber Hilfskriterien vorrangig heranzuziehen sind.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 – 2 C 14.02 –, juris, Rn. 23; OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2003 – 6 B 2321/03 –, juris, Rn. 5 m. w. N.
40In aller Regel muss der Dienstherr vorangegangene dienstliche Beurteilungen bei der Auswahl mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG berücksichtigen, wenn eine Stichentscheidung zwischen aktuell im Wesentlichen gleich beurteilten Beamten zu treffen ist. Dabei kommt es aber darauf an, ob die den Konkurrenten früher erteilten Beurteilungen miteinander vergleichbar sind und inwieweit sie Aufschluss geben, wer für die zu besetzende Stelle besser qualifiziert ist.
41Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2004 – 6 B 1212/04 –, juris, Rn. 11 m. w. N.
42Auf die Frage, ob und inwieweit aus früheren dienstlichen Beurteilungen aktuell gleich beurteilter Konkurrenten zusätzliche Erkenntnisse für den Qualifikationsvergleich gewonnen werden können, kann es allerdings in aller Regel keine allein richtige Antwort geben. Dem Dienstherrn steht diesbezüglich ein Einschätzungsspielraum zu.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20.08.2007 – 6 B 680/07 –, juris, Rn. 6 m. w. N.
44Eine Überschreitung der Grenzen dieses Spielraums hat die Antragstellerin nicht dargetan. Sie verweist zwar zutreffend darauf, dass sie bereits in der vorletzten dienstlichen Beurteilung vom 17. Januar 1997 mit Bestnote abgeschlossen hat. Demgegenüber wurden die Leistungen der Beigeladenen in ihrer vorletzten Beurteilung vom 30. Januar 1997 nur mit der schlechteren Note („Die Leistungen entsprechen den Anforderungen voll (gut))“ beurteilt. Der Antragsgegner bewegt sich mit seiner Einschätzung, diese früheren dienstlichen Beurteilungen lägen zu lange zurück, um angesichts der nachfolgenden Entwicklung eine hinreichende Aussagekraft für den aktuellen Qualifikationsvergleich zu besitzen, im Rahmen des ihm zuzubilligenden Einschätzungsspielraums. Es bedarf keiner besonderen Begründung, dass ältere Beurteilungen im Laufe der Zeit, etwa aufgrund deutlicher Veränderungen des Leistungsbildes des Beamten, ihre Aufgabe, Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung zu ermöglichen, einbüßen können. Demgemäß wird für Verwaltungsbereiche, in denen Beamte regelmäßig beurteilt werden, unter dem Gesichtspunkt der Leistungsentwicklung im Allgemeinen lediglich ein Zeitraum in den Blick genommen, auf den sich die vorletzte und die vorvorletzte Regelbeurteilung erstrecken.
45BVerwG, Beschluss vom 25. März 2010 – 1 WB 27.09 –, juris, Rn. 25.
46Bei einem Beurteilungszeitraum der Regelbeurteilung von drei Jahren (vgl. etwa Nr. 3.1 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei – BRL Pol) entspricht das einem Rückblick auf die letzten neun Jahre. Die Beurteilungen der Antragstellerin und der Beigeladenen lagen aber zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bereits ca. 17 Jahre zurück. Zudem ist die Beigeladene in der jüngsten Beurteilung vom 25. November 2013 – ebenso wie die Antragstellerin – mit Bestnote beurteilt worden und kann somit seit der vorletzten Beurteilung auf eine positive Leistungsentwicklung zurück blicken, in deren Rahmen sie zur Antragstellerin aufgeschlossen hat. Ein relevanter Leistungsvorsprung im Hinblick auf die Vergabe der streitigen Beförderungsstelle kann aus der Vorbeurteilungssituation mithin nicht abgeleitet werden.
47Konnte nach alledem von einem Leistungsgleichstand der Mitbewerberinnen ausgegangen werden, durfte der Antragsgegner die Auswahlentscheidung auf das Hilfskriterium „Beförderungsdienstalter“ stützen.
48Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2007 – 6 B 1254/07 –, juris, Rn. 3.
49Bei einem Qualifikationsgleichstand der Mitbewerber kann der Dienstherr nach sachgerechten Gesichtspunkten und in den Grenzen des Willkürverbots grundsätzlich frei darüber befinden, welche zusätzlichen Gesichtspunkte für die Auswahlentscheidung den Ausschlag geben sollen. Eine starre Reihenfolge möglicher Hilfskriterien besteht dabei nicht.
50Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2008 – 6 B 728/08 –, juris, Rn. 7.
51Den so verstandenen Ermessensspielraum hat der Antragsgegner hier gewahrt, indem er sich auf das Hilfskriterium „Beförderungsdienstalter“ gestützt hat. Dieses Hilfskriterium hält sich im Rahmen des vom Dienstherrn bei Beförderungen zu beachtenden Leistungsprinzips und darf auch bei einem verhältnismäßig geringen Unterschied den Ausschlag geben.
52Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2008 – 6 B 728/08 –, juris, Rn. 8 m. w. N.
53Insoweit ergibt sich ein Vorsprung zu Gunsten der Beigeladenen. Ihr Beförderungsdienstalter, das sich nach § 14 Abs. 2 der Laufbahnverordnung
54Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten im Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 2014, GV.NRW. S. 21 (LVO)
55von dem Zeitpunkt der Beendigung der Probezeit in der Laufbahngruppe rechnet, beginnt am 1. Februar 1983, dasjenige der Antragstellerin hingegen erst am 8. Februar 1988. Auf das allgemeine Dienstalter, das die Antragstellerin wohl irrtümlich in ihrer Antragsbegründung zugrunde legt und bei dessen Berechnung die Zeiten als angestellte Lehrkraft vom 26. August 1985 bis zum 21. Januar 1987 Berücksichtigung finden könnten (vgl. auch § 14 Abs. 4 Nr. 2 LVO), kommt es mithin nicht an. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der genannte Beschäftigungszeitraum im Rahmen der Anwendung des Hilfskriteriums „Beförderungsdienstalter“ keineswegs vollkommen unberücksichtigt bleibt. Denn er führt zu einer Verkürzung der Probezeit der Antragstellerin auf 12 Monate und zu einem früheren Eintritt in das derzeitige statusrechtliche Amt der Besoldungsgruppe A 12 BBesO.
56Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt, da sie keinen Antrag gestellt hat. Die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten wäre unbillig, weil sie sich nicht am Kostenrisiko beteiligt hat.
57Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs. Hiernach ist für den Antrag auf vorläufige Freihaltung der Beförderungsstelle ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 13) in Ansatz gebracht worden.
Tenor
1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die landesweit ausgeschriebene Stelle „Sachbearbeiter (in) mit überwiegend schwierigen Aufgaben und Stellvertreter/Stellvertreterin des Leiters KK 14“ bei dem Polizeipräsidium I1. mit dem Beigeladenen zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
3. Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag des Antragstellers, der sich sinngemäß aus der Beschlussformel zu 1. ergibt, ist zulässig (I.) und begründet (II.).
3I. Der Antrag ist zulässig.
4Insbesondere fehlt dem Antragsteller entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht die erforderliche Antragsbefugnis. Der Antragsteller wendet sich mit dem vorliegenden Verfahren gegen die Besetzung der hier in Rede stehenden Stelle durch den Beigeladenen und macht geltend, dass die Auswahlentscheidung des Antragsgegners rechtswidrig sei. Damit macht er eine mögliche Verletzung seines aus Art. 33 Abs. 2 GG abzuleitenden Bewerbungsverfahrensanspruchs und mithin eine Verletzung in eigenen Rechten geltend.
5Fehl geht auch der Einwand des Antragsgegners, der Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Fall ausweislich seines Antragsvorbringens wegen eines - seiner Ansicht nach - fehlerhaften Auswahlverfahrens die Freihaltung der Stelle, bis über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Dass es dem Antragsteller insoweit nicht um die Durchsetzung subjektiver Rechte geht, ist nicht ansatzweise ersichtlich. Die Behauptung des Antragsgegners, dem Antragsteller gehe es - wie sich aus einem Gespräch mit dem Beigeladenen und EKHK M. ergeben soll - „nicht um die Sache an sich“, er bezwecke wegen fehlender Transparenz „eine objektive Beanstandung des Verfahrens, wofür es jedoch keine Rechtsgrundlage“ gäbe, ist zum einen ohne Vorlage entsprechender Nachweise und Glaubhaftmachungen schon unsubstantiiert. Zum anderen verkennt der Antragsgegner mit einer derartigen Behauptung auch grundlegend den Inhalt und die Reichweite des Bewerbungsverfahrensanspruchs, denn dieser aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Anspruch gibt Bewerbern um ein öffentliches Amt insbesondere im Hinblick auf das Auswahlverfahren ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl, zu der auch ein für den jeweiligen Bewerber hinreichend transparentes Auswahlverfahren gehört.
6II. Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
7Nach Maßgabe des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Die vom Antragsteller begehrte Sicherungsanordnung ist danach zu erlassen. Der Antragsteller hat den hierfür erforderlichen Anordnungsgrund (1.) und Anordnungsanspruch (2.) glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2 und 294 ZPO).
81. Der Antragsteller hat zunächst glaubhaft gemacht, dass ein Anordnungsgrund im Hinblick auf die begehrte vorläufige Untersagung der Stellenbesetzung gegeben ist. Im vorliegenden Fall ist die streitbefangene Stellenbesetzung zwar nicht mit der Ver-gabe eines statusrechtlichen Amtes (d.h. einer Beförderung und einer Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgrupe A 12 BBesO i.d.F. ÜBesG NRW) verbunden, die nach Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach den Grundsätzen der Ämterstabilität nur noch rückgängig gemacht werden könnte, wenn der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert worden wäre. Vielmehr hat der ausgewählte Bewerber im vorliegenden Fall zunächst noch nach Maßgabe des § 20 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW i.V.m. § 8 Abs. 4 Nr. 3 LVOPol eine drei Monate dauernde Erprobungszeit zu absolvieren. Es handelt sich mithin im vorliegenden Fall sowohl für den Antragsteller als auch für den Beigeladenen um einen Beförderungsdienstposten, d. h. einen solchen, der im behörden- oder körperschaftsinternen Funktionsgefüge mit einer höheren statusrechtlichen Wertigkeit versehen ist als das derzeitige Statusamt der Bewerber, mit der Folge, dass ein etwaig rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten bis zur Entscheidung in der Hauptsache einen Erfahrungsvorsprung erlangen kann, der mit der Länge des Hauptverfahrens zunimmt und der bei einer erneuten Auswahlentscheidung nicht ausgeblendet werden kann.
9Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. April 2013 - 1 WDS-VR 1.13 -, juris, vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 -, NVwZ-RR 2012, 71, und vom 11. Mai 2009 - 2 VR 1.09 -, ZBR 2009, 411; OVG NRW, Beschlüsse vom 14. März 2014 - 6 B 93/14 -, IÖD 2014, 130, vom 26. November 2013 -1 B 691/13 -, IÖD 2014, 50, und vom 15. Juli 2013 - 6 B 682/13 -, juris.
10Diese (zumindest mögliche) Gefährdung des (materiellen) Bewerbungsverfahrensanspruchs des unterlegenen Bewerbers - hier des Antragstellers - begründet einen Anordnungsgrund.
112. Der Antragsteller hat auch den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Auswahlentscheidung des Antraggegners erweist sich aus mehreren Gründen als rechtsfehlerhaft.
12In Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes oder eines Beförderungsdienstpostens - wie hier - besteht ein Anordnungsanspruch dann, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von dem Dienstherrn in dem Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat. Hinzu kommen muss, dass in einem weiteren - rechtmäßigen - Auswahlverfahren die Auswahl des Antragstellers zumindest möglich erscheint. Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.
13Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, NJW 2004, 870; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 - 1 B 901/10 -, juris.
14Ein Beamter hat zwar grundsätzlich keinen Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens oder eines Beförderungsamtes. Es steht vielmehr im Ermessen des Dienstherrn, welchem Beamten er bei einer anstehenden Beförderung/Stellenbesetzung den Vorzug gibt. Jeder Beamte hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr oder der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG in Verbindung mit § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW). Der Anspruch auf Beachtung dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig. Soll hiernach die vorläufige Nichtbesetzung einer Beförderungsstelle erreicht werden, so muss glaubhaft gemacht werden, dass deren Vergabe an den Mitbewerber sich als zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft erweist. Hierbei vermag grundsätzlich jeder Fehler im Auswahlverfahren, einschließlich etwaiger Fehler der dabei zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen, sofern dieser Fehler berücksichtigungsfähig und potenziell kausal für das Auswahlergebnis ist.
15Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, a. a. O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Juni 2006 - 6 B 618/06 -, ZBR 2006, 390, vom 11. Mai 2005 - 1 B 301/05 -, RiA 2005, 253, vom 6. August 2004 - 6 B 1226/04 -, juris, und vom 13. September 2001 - 6 B 1776/00 -, DÖD 2001, 316.
16Diese Grundsätze gelten auch bei der Besetzung höherwertiger Dienstposten.
17Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, ZBR 2013, 376, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 -, IÖD 2012, 158, vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, ZBR 2005, 244; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. November 2013 - 6 B 1193/13 -, juris, vom 9. Januar 2013 - 6 B 1125/12 -, IÖD 2013, 50, vom 8. Oktober 2010 - 1 B 930/10 -, juris, und vom 13. Oktober 2009 - 6 B 1232/09 -, Schütz, BeamtR ES/A II 1.4 Nr. 183; VG Arnsberg, Beschluss vom 27. März 2014 - 2 L 240/14 -, juris.
18In Anwendung dieser Grundsätze bestehen gleich mehrere durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung des Antragsgegners.
19Die streitbefangene Auswahlentscheidung ist im Hinblick auf die die Entscheidung tragenden Auswahlerwägungen nicht hinreichend begründet und dokumentiert worden (a.). Dies betrifft zum einen die Bewertung des Antragsgegners, dass die Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen aus den Jahren 2014 und 2011 als „im Wesentlichen gleich“ einzustufen seien. Insbesondere fehlt es in diesem Zusammenhang an der gebotenen schriftlich fixierten inhaltlichen Ausschärfung dieser Beurteilungen im Hinblick auf die Einzelmerkmale (aa.). Zum anderen hat der Antragsgegner nicht hinreichend nachvollziehbar begründet, weshalb die Voraussetzungen für die Durchführung eines Auswahlgesprächs vorgelegen haben sollen, und dieses Auswahlgespräch ist zudem nicht hinreichend dokumentiert worden (bb.). Es erscheint (zumindest) auch möglich und ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der hier in Rede stehende Beförderungsdienstposten im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an den Antragsteller vergeben werden könnte (b.).
20a. Der für die Auswahlentscheidung maßgebliche Leistungsvergleich der Bewerber muss vorrangig auf aussagekräftige, d.h. hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen gestützt werden. Dies sind in erster Linie aktuelle dienstliche Beurteilungen, die den gegenwärtigen Leistungsstand der Konkurrenten abbilden.
21Vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 - 2 BvR 311/03 -, DVBl. 2003, 1524; BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, juris, und vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 19. September 2001 - 1 B 704/01 -, NVwZ-RR 2002, 113.
22Bei gleichem Gesamturteil hat der Dienstherr in einem nächsten Schritt die aktuellen Beurteilungen zunächst umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (sog. Binnendifferenzierung bzw. innere Ausschöpfung).
23Bei einem hiernach festzustellenden Qualifikationsgleichstand können auch ältere dienstliche Beurteilungen für die Auswahlentscheidung in den Blick genommen werden. Auch hierbei handelt es sich um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben. Zwar verhalten sie sich nicht zu dem nunmehr erreichten Leistungsstand des Bewerbers in seinem derzeitigen statusrechtlichen Amt. Gleichwohl können sie vor allem bei einem Vergleich von Bewerbern bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen.
24Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. August 2003 - 2 C 41.02 -, BVerwGE 118, 370, und vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 -, Schütz BeamtR ES/D I 2 Nr. 64; OVG NRW, Beschluss vom 29. September 2011 - 6 B 928/11 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 17. Mai 2013 - 3 CE 12.2469 -, BayVBl. 2014, 84; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21. März 2013 - 4 S 227/13 -, VBlBW 2013, 306; VG Arnsberg, Beschluss vom 27. März 2014 - 2 L 240/14 -, juris.
25Erst wenn alle unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft und die Bewerber hiernach als „im Wesentlichen gleich" einzustufen sind,
26vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2012 - 2 C 31.01 -, NVwZ 2003, 1398, und vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, DÖD 2003, 202; Beschluss vom 27. April 2010 - 1 WB 39.09 -, BVerwGE 136, 388; OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2009 - 6 A 921/07 -, juris,
27können die Ergebnisse von Auswahlgesprächen bzw. „strukturierten Interviews“ zur „Abrundung“ des aus den dienstlichen Beurteilungen gewonnenen Leistungs- und Eignungsbildes herangezogen werden. Der Dienstherr kann bei einem sich aus den dienstlichen Beurteilungen ergebenden Qualifikationsgleichstand mehrerer Bewerber im Rahmen des ihm zustehenden weiten Ermessens das Ergebnis derartiger Gespräche als weiteres, möglicherweise auch ausschlaggebendes Kriterium für die Begründung seiner Auswahlentscheidung heranziehen, das Gespräch aber nicht allein zur Grundlage seiner Entscheidung machen.
28Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. März 2010 - 6 B 133/10 -, juris, vom 29. September 2006 - 1 B 1452/06 -, und vom 12. Dezember 2005 - 6 B 1845/05 -, NVwZ-RR 2006, 343, m.w.N.
29Diese Personal- oder Auswahlgespräche bzw. „strukturierten Interviews“ kommen neben der dienstlichen Beurteilung allenfalls ergänzend in Betracht, wenn bei einem Beurteilungsgleichstand sonst eine „Pattsituation“ entstehen würde. Entscheidend ist insoweit, dass diese Auswahlgespräche gegenüber dienstlichen Beurteilungen nur eine begrenzte Aussagekraft haben. Denn diese Verfahren stellen nur eine Momentaufnahme dar und können hinsichtlich der nach Art. 33 Abs. 2 GG erforderlichen Erkenntnisgewinnung nur einen Teil der Leistungsanforderungen abdecken, während sich dienstliche Beurteilungen auf einen längeren Zeitraum erstrecken, in dem der Beamte den konkreten und vielfältigen Anforderungen seines Amtes gerecht werden musste, und bieten demgemäß eine profunde, gesicherte Grundlage für die prognostische Feststellung der Eignung eines Bewerbers hinsichtlich des konkret zu besetzenden Dienstpostens.
30Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. November 2013 - 6 B 1193/13 -, juris, und vom 23. März 2010 - 6 B 133/10 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 17. Mai 2013 - 3 CE 12.2469 -, BayVBl. 2014, 84.
31Hinzu kommt, dass der Dienstherr seine Auswahlgründe hinreichend dokumentieren muss. Dies gilt sowohl mit Blick auf die Ausschärfung der dienstlichen Beurteilungen als auch im Hinblick auf das Auswahlgespräch. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber ggfs. durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind.
32Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2013 - 1 B 185/13 -, IÖD 2013, 125, vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 -, juris, vom 18. August 2010 - 6 B 868/10 -, vom 13. Oktober 2009 - 6 B 1232/09 -, a. a. O., und vom 26. November 2008 - 6 B 1416/08 -, ZBR 2009, 274; Nds. OVG, Beschluss vom 7. Februar 2013 - 5 ME 256/12 -, juris
33Diesen Anforderungen an die Begründungs- und Dokumentationspflicht hat der Antragsgegner im vorliegenden Fall nicht genügt.
34aa. Sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene sind in ihren Regelbeurteilungen für das Jahr 2014 (Beurteilungszeitraum 1. Juli 2011 bis 31. Mai 2014) vom Gesamtergebnis her gleich beurteilt worden. Beide Beurteilungen endeten mit dem Gesamtergebnis „übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße“ (5 Punkte). Der Antragsgegner hat insoweit im Auswahlvermerk vom 26. September 2014 ausgeführt: „Die einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale der fünf Bewerber wurden ebenfalls mit der Spitzennote bewertet, so dass auch eine Ausschärfung der Beurteilungen nicht zu einem Qualifikationsvorsprung eines Bewerbers führt“. Diese Ausführungen sind indes für die Einschätzung des Antragsgegners, dass die Bewerber im Hinblick auf die Regelbeurteilung 2014 im Wesentlichen als gleich einzustufen seien, nicht tragfähig, denn der Antragsgegner hat hierbei übersehen, dass der Beigeladene hinsichtlich des Einzelmerkmals 8 (Mitarbeiterführung) mit 5 Punkten beurteilt wurde und der Antragsteller hinsichtlich dieses Einzelmerkmals nicht beurteilt wurde. Bei der inhaltlichen Ausschöpfung einer Beurteilung kommt dem Dienstherrn zwar ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
35Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Juni 2008 - 6 B 395/08 -, juris, und vom 27. Juli 2005 - 6 B 1007/05 -, juris.
36Insoweit ist es dem Dienstherrn grundsätzlich auch nicht verwehrt, eine zusätzliche Bewertung eines Hauptmerkmals bei einem Bewerber - hier: Mitarbeiterführung - als nicht ausschlaggebend einzustufen. Der Dienstherr muss aber zunächst überhaupt erkennen, dass bei einem Bewerber dieses zusätzliche Hauptmerkmal bewertet worden ist, und wenn er diesem Einzelmerkmal keine Bedeutung beimessen will, trifft ihn insoweit eine Begründungs- und Substantiierungspflicht, weshalb er die Qualifikation der Bewerber gleichwohl als im Wesentlichen gleich einstuft.
37Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 - m.w.N., juris, vom 27. September 2010 - 6 B 962/10 -, juris, und vom 12. Juni 2008 - 6 B 395/08 -, juris.
38Im vorliegenden Fall hat sich der Antragsgegner indes überhaupt nicht damit auseinandergesetzt, dass der Beigeladene im Gegensatz zu dem Antragsteller auch mit Blick auf das Einzelmerkmal „Mitarbeiterführung“ eine 5-Punkte-Bewertung erhielt. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Stelle nach der Stellenausschreibung auch die Funktion als Stellvertreter des Leiters KK 14 mit umfasst, hätte es hier einer im Auswahlvermerk schriftlich fixierten Darlegung des Antragsgegners bedurft, weshalb er diesem Unterschied in den dienstlichen Beurteilungen keine Bedeutung beigemessen hat, sondern zu dem Ergebnis kam, dass keiner der Bewerber einen Qualifikationsvorsprung habe.
39Auch im Hinblick auf die Vorbeurteilungen - hier Regelbeurteilungen 2011 (Beurteilungszeitraum 1. August 2006 bis 30. Juni 2011) - hat der Antragsgegner keine nachvollziehbare Ausschöpfung und Gewichtung der Einzelmerkmale der Beurteilungen vorgenommen und in den Auswahlvermerken nicht dargelegt, weshalb er insbesondere im Hinblick auf den Antragsteller und den Beigeladenen von einer im Wesentlichen gleichen Qualifikation ausgegangen ist, die ein Auswahlgespräch rechtfertigt. Im Vermerk vom 26. September 2014 hat der Antragsgegner im Hinblick auf die (verbliebenen) insgesamt vier Bewerber (Antragsteller, Beigeladener, KHK T. , KHK H. ) zunächst ausgeführt:
40„Alle vier Bewerber wurden in der Regelbeurteilung 2011 im statusrechtlichen Amt A 11 mit der Gesamtbewertung von 4 Punkten beurteilt. Die gebotene inhaltliche Ausschöpfung der Vorbeurteilten führte im vorliegenden Fall nach Auswertung aller Merkmal nicht zur Feststellung eines Qualifikationsvorsprungs eines Bewerbers, sondern ergab lediglich einen Leistungsgleichstand zwischen KHK T. und KHK H. . Die Beurteilungen aus 2011 wurden bei beiden Bewerbern in den Einzelmerkmalen 3x5 und 4x4 Punkten bewertet. KHK C1. wurde im Vergleich zu den beiden Mitbewerbern T. und H. in drei Merkmalen um einen Punktwert schlechter bewertet und erhielt 2x5, 3x4 und 2x3 Punkte, KHK X1. wurde im Vergleich zu den beiden Mitbewerbern T. und H. in zwei Merkmalen um einen Punktwert schlechter bewertet und erhielt 1x5 und 6x4 Punkte, so dass eine im wesentlichen gleiche Bewertung nicht mehr angenommen werden kann. KHK C1. und KHK X1. scheiden, nach der gebotenen inhaltlichen Ausschöpfung der Vorbeurteilungen und Auswertung aller Merkmale auf Grund der schlechteren Beurteilungen und dem daraus resultierenden Qualifikationsvorsprung der beiden Mitbewerber KHK T. und KHK H. , aus dem weiteren Verfahren aus.“
41Der Leiter Dir. ZA (ORR F. ) hat anschließend im Vermerk vom 29. September 2014 ausgeführt:
42„In Absprache mit Herrn S. bitte ich um Durchführung des Auswahlverfahrens mit allen vier Bewerbern. Der Qualifikationsvorsprung aufgrund der Vorbeurteilung ist so gering, dass alle Bewerber über eine annähernd gleiche fachliche Eignung verfügen. Daher sollte die Auswahl erst aufgrund der im Auswahlgespräch gewonnenen Erkenntnisse erfolgen.“
43Nachdem KHK T. seine Bewerbung zurückgezogen hatte, hat sich der Antragsgegner ausweislich des Auswahlvermerks vom 21. November 2014 zu einem Auswahlgespräch zwischen dem Antragsteller, dem Beigeladenen und KHK H. entschlossen. Der Antragsgegner hat indes seine Auswahlerwägungen, weshalb er - entgegen seiner Auswahlerwägungen im Vermerk vom 26. September 2014 - nunmehr von einem „Qualifikationsgleichstand“ der Bewerber ausgegangen ist, nicht nachvollziehbar begründet und dokumentiert. Er hat in seinem Vermerk vom 26. September 2014 noch selbst erkannt, dass KHK H. nach Ausschärfung seiner Regelbeurteilung aus dem Jahr 2011 in drei Merkmalen um je einen Punktwert besser als der Beigeladene und in zwei Merkmalen um je einen Punktwert besser als der Antragsteller beurteilt wurde. Hieraus ergab sich letztlich auch, dass der Antragsteller im Hinblick auf die Einzelmerkmale mit insgesamt 29 Punkten um einen Punktwert besser beurteilt war als der Beigeladene. Soweit der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 28. Januar 2015 ausgeführt hat, dass es sich hierbei um die „geringstmögliche Punktdifferenz“ gehandelt habe und deshalb von einer im Wesentlichen gleichen Vorbeurteilung (Regelbeurteilung 2011) zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen auszugehen gewesen sei, verkennt der Antragsgegner, dass der Antragsteller und der Beigeladene in insgesamt drei Einzelmerkmalen (Arbeitsorganisation, Veränderungskompetenz und soziale Kompetenz) unterschiedlich beurteilt worden sind. Die Unterschiede in den Einzelmerkmalen der Regelbeurteilungen 2011 zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen drängten sich geradezu auf. Will der Dienstherr sich aufdrängenden oder zumindest nahe liegenden Unterschieden in den dienstlichen Beurteilungen keine Bedeutung beimessen, so trifft ihn eine Begründungs- und Substantiierungspflicht.
44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 -, juris.
45Dieser Begründungs- und Substantiierungspflicht ist der Antragsgegner im vorliegenden Fall nicht ansatzweise nachgekommen. Es reicht hierzu nicht aus, den Qualifikationsvorsprung - wie im Vermerk vom 29. September 2014 - lediglich als „gering“ zu bezeichnen. Vielmehr bedurfte es mit Blick auf die Gewichtung der Einzelmerkmale und unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils der ausgeschriebenen Stelle einer inhaltlichen Auseinandersetzung, warum im vorliegenden Auswahlverfahren der Qualifikationsvorsprung - hier des Antragstellers gegenüber dem Beigeladenen – trotz der Unterschiede in drei Einzelmerkmalen als gering einzustufen war. Die Auswahlerwägungen sind insoweit nicht nur lückenhaft, sondern auch nicht nachvollziehbar, da der Beigeladene - auch nach den Erwägungen des Antragsgegners im Vermerk vom 26. September 2014 - trotz des gleichen Gesamtergebnisses (4 Punkte) nach Ausschöpfung der Beurteilung 2011 die schlechteste Vorbeurteilung unter den Bewerbern hatte. Ein Auswahlgespräch kommt - wie bereits oben dargelegt - aber erst in Betracht, wenn alle unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft und die Bewerber hiernach als „im Wesentlichen gleich“ einzustufen sind. Ein solche „Pattsituation“ hat der Antragsgegner, der die Unterschiede hinsichtlich der Einzelmerkmale in den Beurteilungen außer Betracht gelassen hat, indes nicht substantiiert und nachvollziehbar begründet.
46bb. Darüber hinaus konnte im vorliegenden Fall die Auswahlentscheidung nicht auf das Auswahlgespräch gestützt werden. Zum einen hat der Antragsgegner - wie bereits unter II.2.a.aa. dargestellt - in seinem Auswahlvermerk vom 21. November 2011 nicht dargelegt, weshalb er hinsichtlich des Antragstellers und des Beigeladenen nach Ausschöpfung der Beurteilungen von im Wesentlichen gleich qualifizierten Bewerbern ausgegangen ist. Damit fehlte es aber bereits an der Grundvoraussetzung für die Durchführung eines Auswahlgesprächs. „Erst“ wenn sich ein Leistungsvorsprung eines Bewerbers auch nach Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen nicht feststellen lässt, ist Raum für ein Auswahlgespräch. Außerdem hat der Antragsgegner verkannt, dass ein solches Auswahlgespräch nur zur Abrundung des aus den dienstlichen Beurteilungen gewonnenen Leistungs- und Eignungsbildes herangezogen werden kann. Das Gespräch darf nicht allein zur Grundlage der Auswahlentscheidung gemacht werden.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2010 - 6 B 133/10 -, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Oktober 2014 - 2 L 1357/14 -, juris.
48Der Antragsgegner hat indes „allein“ auf das Ergebnis des Auswahlgesprächs abgestellt und dabei die dienstlichen Beurteilungen - insbesondere die beurteilten Einzelmerkmale in den Regelbeurteilungen 2014 und 2011 - hinsichtlich des Antragstellers und des Beigeladenen unberücksichtigt gelassen. Dies ergibt sich zum einen aus dem Vermerk des ORR F. vom 29. September 2014, in dem er ausführte, dass „die Auswahl erst aufgrund der im Auswahlgespräch gewonnenen Erkenntnisse erfolgen“ solle. Zum anderen sind - ausweislich des Auswahlvermerks vom 21. November 2014 - die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen bei der Abschlussbewertung nicht mehr in die Entscheidungsfindung eingeflossen. Der Beigeladene ist allein auf der Grundlage - des nach Ansicht der Auswahlkommission besseren - Auswahlgesprächs ausgewählt worden.
49Unabhängig hiervon ist das Auswahlgespräch auch nicht hinreichend dokumentiert worden. Wird eine Bewerberauswahl maßgeblich auf die Eindrücke aus einem Auswahlgespräch gestützt, müssen die an die Bewerber gerichteten Fragen bzw. die besprochenen Themen, die Antworten der Bewerber, die Bewertung bzw. Teilbewertung dieser Antworten durch die Auswahlkommission sowie der persönliche Eindruck von den Bewerbern zumindest in gewissen Grundzügen aus vorliegenden Aufzeichnungen (z.B. Bewertungsbögen, Protokollen) und/oder aus dem Text der Begründung des abschließenden Vorschlags des Auswahlgremiums zu entnehmen sein, um so dem Gebot hinreichender Transparenz zu genügen.
50Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191; OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Dezember 2005 - 6 B 1845/05 -, NVwZ-RR 2006, 343, vom 13. Mai 2004 - 1 B 300/04 -, NVwZ-RR 2004, 771, und vom 19. Dezember 2003 - 1 B 1972/03 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2012 - OVG 6 S 50.11 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 4 S 2543/11 -, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Oktober 2014 - 2 L 1357/14 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 26. November 2014 - 7 K 421.14 -, juris; VG Saarland, Beschluss vom 22. September 2014 - 2 L 388/14 -, juris.
51Diesen Anforderungen genügt die „dokumentierte“ Auswahlentscheidung des Antragsgegners nicht. Abgesehen davon, dass anhand der vorgelegten Verwaltungsvorgänge für das Gericht nicht feststellbar ist, ob diese Auswahlgespräche nach im Vorhinein festgelegten einheitlichen Kriterien bewertet wurden und ob diese für die Bewerber auch im Vorhinein erkennbar waren, fehlt es jedenfalls an einer konkreten Dokumentation des Gesprächsverlaufs, die eine gerichtliche Nachprüfbarkeit ermöglicht. Zwar sind die Fragestellungen und die inhaltliche Erwartungshaltung an die Bewerber in einer Übersicht auf Bl. 33 bis 38 des Besetzungsvorgangs (Beiakte Heft 1) aufgeführt. Hieraus ergibt sich indes nicht, welche konkreten Antworten der Antragsteller und der Beigeladene gegeben haben, wie die einzelnen Fragenkomplexe bewertet wurden und wie lange die Bewerber für die Befragung überhaupt Zeit hatten, insbesondere ob ihnen jeweils der gleiche Zeitrahmen für die Beantwortung der einzelnen Fragenkomplexe zur Verfügung stand. Soweit in dem Auswahlvermerk vom 21. November 2014 ausgeführt wurde,
52„(…) Herr KHK X. blieb bei der Beantwortung der Fragen durchgehend oberflächlich. Seine Ausführungen zu den Fragen drei und neun waren unzureichend, fachliche Defizite zeigten sich insbesondere in den Ausführungen zu Frage fünf. Zudem zeigte er als einziger Bewerber bei der Beantwortung der achten Frage einen Lösungsweg auf, welcher die abgefragten Kompetenzmerkmale in Gänze unberücksichtigt ließ.“,
53genügt dies den Anforderungen an die Dokumentationspflicht nicht. Aus diesen Ausführungen ist weder ersichtlich, welche konkreten Antworten der Antragsteller auf die einzelnen Fragen gegeben hat noch in welchem Zeitrahmen er diese zu beantworten hatte und wie diese Fragen im Verhältnis zu den anderen Fragen und Antworten gewichtet wurden. Etwas anderes ergibt sich im Ergebnis auch nicht aus den vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 28. Januar 2015 nachgereichten „handschriftlichen Notizen“ der Mitglieder der Auswahlkommission. In diesen Notizen hat sich zwar jedes Mitglied der Auswahlkommission unter der Rubrik „Bemerkungen“ Stichworte zum Gesprächsverlauf gemacht. Eine für das Gericht nachvollziehbare inhaltliche Protokollierung der konkreten Antworten des Antragstellers und des Beigeladenen ergibt sich hieraus indes nicht. Auch ergeben sich aus diesen Notizen keine Anhaltspunkte dafür, welcher konkrete Zeitrahmen dem Antragsteller und dem Beigeladenen zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung stand, insbesondere ob den Bewerbern derselbe Zeitrahmen zur Verfügung stand. Auch ergeben sich aus diesen Notizen keine Anhaltspunkte zu Teilbewertungen hinsichtlich der einzelnen Fragen (z.B. in Form einer Notenskala zur Leistungs- und Eignungseinschätzung) sowie der Gewichtung der beantworteten Fragen zueinander. Aus den vorgelegten Unterlagen ist auch nicht ersichtlich, dass die Auswahlkommission bei ihrer Entscheidung noch einmal die Beurteilungen der Bewerber in den Blick genommen hat. Es fehlt mithin an einer hinreichend transparenten und nachvollziehbaren Dokumentation der Auswahlgespräche und der Entscheidungsfindung durch die Auswahlkommission.
54Ob die Auswahlentscheidung auch deshalb zu beanstanden wäre, weil, wie der Antragsteller weiter einwendet, die Gleichstellungsbeauftragte (EPHK’in M1. ) als „stimmberechtigtes“ Mitglied der Auswahlkommission angehört habe, kann nach alledem dahinstehen.
55b. Nach Lage der Dinge - insbesondere auch unter Berücksichtigung, dass der Antragsteller in der Vorbeurteilung (Regelbeurteilung 2011) hinsichtlich der Einzelmerkmale insgesamt einen Punkt mehr als der Beigeladene erzielt hat (29 Punkte zu 28 Punkten) und hinsichtlich der Einzelmerkmale „Veränderungskompetenz“ und „Soziale Kompetenz“ besser als der Beigeladene beurteilt wurde, diesen Merkmalen im Hinblick auf die „erfolgssichernden Kompetenzmerkmale“ im Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle auch durchaus Gewicht zukommen kann - erscheint es zumindest möglich und ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der Beförderungsdienstposten im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an den Antragsteller vergeben werden könnte. Dass der Antragsteller von vornherein chancenlos wäre, lässt sich jedenfalls nicht feststellen.
56Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO, wobei berücksichtigt worden ist, dass der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat.
57Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG in der seit dem 16. Juli 2014 geltenden Fassung.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.