Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 15. Apr. 2014 - 2 K 3926/13
Tenor
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
- 3.
Das Urteil wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger stand im Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes und war beim Landrat des Kreises O. tätig.
3Im Jahr 2007 nahm der Kläger 40 Urlaubstage in Anspruch, bevor er am 08.10.2007 dienstunfähig wurde. In den folgenden Jahren konnte er wegen ununterbrochener Krankheit keinen Urlaub mehr nehmen. Mit Ablauf des 31.07.2011 wurde er in den Ruhestand versetzt.
4Unter dem 05.09.2012 beantragte der Kläger beim Beklagten die Abgeltung seines Erholungsurlaubsanspruchs.
5Mit Bescheid vom 21.03.2013 gewährte der Landrat des Kreises O. dem Kläger die Abgeltung von 20 Urlaubstagen für das Jahr 2010 und von 11,66 Urlaubstagen für das Jahr 2011. Hingegen sei der Mindesturlaub für die Jahre 2008 und 2009 am 30.06.2010 bzw. am 30.06.2011 verfallen.
6Der Kläger hat am 22.04.2013 Klage erhoben. Er führt zur Begründung aus: Der Beklagte sei fehlerhaft vom Verfall des Mindesturlaubs für die Jahre 2007 bis 2009 ausgegangen. Da der Abgeltungsanspruch für Beamte erst durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 03.05.2012 – C-337/10 – anerkannt worden sei, könne sein Mindesturlaub nicht vorher verfallen sein.
7Der Kläger beantragt,
8den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Landrats des Kreises O. vom 21.03.2013 zu verpflichten, ihm jeweils 20 Urlaubstage für die Jahre 2007 bis 2009 abzugelten.
9Der Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er hält an der im angegriffenen Bescheid dargelegten Berechnung der abzugeltenden Urlaubstage fest.
12Entscheidungsgründe:
13Das Urteil ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
14Die zulässige Klage ist unbegründet.
15Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgeltung von Mindesturlaub für die Jahre 2007 bis 2009.
16Zunächst besteht ein Anspruch aus § 19a Abs. 1 Satz 1 FrUrlV NRW nicht. Diese Vorschrift sieht die Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Mindesturlaub vor, der bei Beendigung des Beamtenverhältnisses noch nicht verfallen ist. Dabei sind gemäß § 19a Abs. 1 Satz 5 FrUrlV NRW im Urlaubsjahr bereits gewährte Urlaubstage vom Mindesturlaubsanspruch für dieses Jahr in Abzug zu bringen, unerheblich ob diese in Abrechnung von Urlaubsansprüchen auch für andere Jahre genommen wurden.
17Wendet man diese Regelungen auf den Erholungsurlaubsanspruch des Klägers an, so ergibt sich, dass der Mindesturlaub von 20 Tagen für das Jahr 2007 erschöpft ist, da der Kläger in diesem Jahr 40 Urlaubstage erhalten hat, und dass der Mindesturlaub für die Jahre 2008 und 2009 spätestens am 30.06.2010 bzw. am 30.06.2011 und damit vor der Versetzung des Klägers in den Ruhestand verfallen ist.
18Dabei kann offen bleiben, ob sich der Verfall des Mindesturlaubs nach dem aktuell gültigen § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW, nach dem bis zum 18.01.2012 gültigen § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV NRW oder unmittelbar nach europarechtlichen Vorgaben richtet.
19Vgl. zur maßgeblichen Rechtslage OVG NRW, Beschl. v. 10.03.2014– 6 A 2680/12 –, Rn. 7-12 (zitiert nach juris).
20Gemäß § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW verfällt Urlaub, der nicht innerhalb von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres in Anspruch genommen worden ist. Danach wären der Mindesturlaub für 2008 am 31.03.2010 und der Mindesturlaub für 2009 am 31.03.2011 verfallen. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV NRW betrug die Frist neun Monate, so dass der Mindesturlaub für 2008 bereits am 30.09.2009 und der Mindesturlaub für 2009 am 30.09.2010 verfallen wären. Geht man davon aus, dass § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV NRW auf den Verfall von Mindesturlaub bei dauerhaft dienstunfähigen Beamten wegen vorrangigen Europarechts nicht anwendbar ist, weil der Übertragungszeitraum die Dauer des Bezugszeitraums unterschreitet,
21vgl. EuGH, Urt. v. 22.11.2011 – C-214/10 –, Rn. 38; Urt. v. 03.05.2012 – C-337/10 –, Rn. 38-43, Tenor 4; anders OVG NRW, Beschl. v. 10.03.2014 – 6 A 2680/12 –,Rn. 13-19 (zitiert nach juris) für den Fall, dass der Beamte die Möglichkeit hatte, seinen Mindesturlaub im Bezugszeitraum zu nehmen,
22so ergäbe sich in Ermangelung einer ausreichend langen deutschen Verfallsregelung aus der unmittelbaren Anwendung des sechsten Erwägungsgrundes der Richtlinie 2003/88/EG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation, dass Mindesturlaub 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres verfällt, weil er nach Ablauf dieser Zeit seinen Zweck als Erholungszeit verfehlt.
23BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 – 2 C 10/12 –, Rn. 22 (zitiert nach juris); vgl. EuGH, Urt. v. 22.11.2011 – C-214/10 –, Rn. 28-34, 39-43, der auch darauf hinweist, dass der Dienstherr vor der Gefahr der Ansammlung von zu langen Abwesenheitszeiträumen geschützt werden müsse.
24Danach wären der Mindesturlaub für 2008 am 30.06.2010 und der Mindesturlaub für 2009 am 30.06.2011 verfallen.
25Da § 19a Abs. 1 Satz 1 FrUrlV NRW für den Kläger mithin unter keiner erdenklichen Betrachtungsweise als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, kann offen bleiben, ob diese Vorschrift auf die Abgeltung von Mindesturlaub für die Jahre vor dem Inkrafttreten der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW am 19.01.2012 überhaupt anwendbar ist.
26Vgl. erneut OVG NRW, Beschl. v. 10.03.2014 – 6 A 2680/12 –, Rn. 7-12 (zitiert nach juris).
27Geht man davon aus, dass das deutsche Recht für die Jahre bis einschließlich 2011 keinen Anspruch auf Abgeltung von Mindesturlaub regelt, dann würde als Rechtsgrundlage unmittelbar Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG eingreifen. Danach hat ein Beamter mit Beginn des Ruhestands einen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für Mindesturlaub, den er nicht genommen hat, weil er aus Krankheitsgründen keinen Dienst geleistet hat.
28EuGH, Urt. v. 03.05.2012 – C-337/10 –, Rn. 27-32, Tenor 2; BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 – 2 C 10/12 –, Rn. 9 ff. (zitiert nach juris).
29Allerdings erstreckt sich auch der europarechtliche Abgeltungsanspruch nur auf Urlaub, der bei Beginn des Ruhestands seinen Zweck als Erholungszeit noch hätte erfüllen können.
30EuGH, Urt. v. 03.05.2012 – C-337/10 –, Rn. 39.
31Wie bereits oben ausgeführt, kann der Zweck von Urlaub als Erholungszeit nach dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation bei Ablauf von 18 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres nicht mehr vollständig erreicht werden.
32Deshalb entsteht bei Beginn des Ruhestands insoweit kein Abgeltungsanspruch, als das Ende des betreffenden Urlaubsjahres bereits 18 Monate zurückliegt.
33Vor diesem Hintergrund scheidet auch der unmittelbare europarechtliche Abgeltungsanspruch aus, denn am 01.08.2011 lag das Ende der Jahre 2007 bis 2009 mehr als 18 Monate zurück.
34Dieses Ergebnis hängt nicht von dem Zeitpunkt der maßgeblichen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ab, denn es beruht allein auf der Anwendung der Richtlinie 2003/88/EG vom 04.11.2003 und des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24.06.1970. Beide Rechtsgrundlagen waren vor den streitigen Urlaubsjahren 2007 bis 2009 in Kraft. Hätte der Europäische Gerichtshof bereits vor 2007 zur Abgeltung von Erholungsurlaub geurteilt, so wäre der Mindesturlaub des Klägers für die Jahre 2007 bis 2009 gleichwohl verfallen, bevor dieser in den Ruhestand versetzt wurde.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
36Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
37Die Berufung wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 15. Apr. 2014 - 2 K 3926/13
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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 15. Apr. 2014 - 2 K 3926/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
Ordnungswidrig im Sinne des § 28 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1.
entgegen § 2 Absatz 3 Satz 1 eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht, - 2.
entgegen § 2 Absatz 3 Satz 3 eine Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachreicht oder nicht auf dem neuesten Stand hält oder - 3.
entgegen § 4 Absatz 2 eine Unfallstelle, eine Unfallspur, ein Fahrzeug, ein Fahrzeugteil oder sonstigen Inhalt eines Fahrzeugs verändert.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Diesen Anforderungen genügt das Antragsvorbringen nicht.
4Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Land 11 Urlaubstage aus dem Jahr 2009 über den 30. September 2010 hinaus übertrage. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger insgesamt 19 Urlaubstage aus dem angeführten Urlaubsjahr in Anspruch genommen. Zwar betrage der Urlaub nach wie hier vollendetem 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage (§ 5 Abs. 2 der Erholungsurlaubsverordnung - EUV - a. F.). Der Resturlaub des Klägers im Umfang von 11 Urlaubstagen sei jedoch gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. mit Ablauf des 30. September 2010 verfallen. Nach dieser Vorschrift verfalle Urlaub, der nicht innerhalb von neun Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres in Anspruch genommen worden sei. Dies widerspreche auch nicht europarechtlichen Vorgaben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
5- vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - (Schultz-Hoff), juris, Rdn. 43 -
6stehe Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, Seite 9) grundsätzlich einer nationalen Regelung, die für die Ausübung des mit dieser Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsehe, die sogar den Verlust dieses Anspruchs am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums beinhalteten, nicht entgegen, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erloschen sei, tatsächlich die Möglichkeit gehabt habe, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben. Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, dass der auf die angeführte Richtlinie gestützte Übertragungsanspruch auf den Mindestjahresurlaub von 20 Arbeitstagen begrenzt sei. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits 19 Urlaubstage aus dem Urlaubsjahr 2009 genommen habe, sei vorliegend nur noch ein Urlaubstag übertragungsfähig gewesen. Diesen Urlaubstag hätte der Kläger indes bis Ende September 2010 nehmen können.
7Diese weiter begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen.
8Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass im Streitfall die am 19. Januar 2012 in Kraft getretenen Neuregelungen der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW (FrUrlV NRW) vom 10. Januar 2012, GV. NRW. S. 2, zur Anwendung gelangten. Der vom Zulassungsvorbringen in Bezug genommene § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW sieht in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW vom 15. Oktober 2013, GV. NRW. S. 576, vor, dass Urlaub, der nicht innerhalb von 15 (vormals: 12) Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres in Anspruch genommen worden ist, verfällt. Diese Regelung ist hier entgegen der Rechtsauffassung des Klägers indes nicht anwendbar. Richtig ist allein, dass einer Klage nur stattgegeben werden kann, wenn im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung ein Anspruch auf das klageweise geltend gemachte Begehren besteht. Ob ein solcher Anspruch besteht, beurteilt sich jedoch nach dem materiellen Recht. Aufgrund der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) haben die Gerichte bei der Beurteilung von Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren Rechtsänderungen zu beachten, die während des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten sind, sofern das neue, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht nichts anderes bestimmt. Durch seine Auslegung ist zu ermitteln, ob Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren für bestimmte Fallkonstellationen noch nach dem aufgehobenen oder inhaltlich geänderten Recht zu beurteilen sind.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2012 - 2 B 11.12 -, juris.
10Danach ist maßgebliche gesetzliche Grundlage für den Urlaubsanspruch und dessen Verfall hier § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. Die am 19. Januar 2012 bzw. in ihrer geänderten Fassung am 31. Oktober 2013 in Kraft getretene Verfallklausel des § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW ist auf den Urlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahr 2009 nicht anwendbar, weil dieser beim Inkrafttreten der Neuregelungen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. bereits verfallen war. Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber die Neuregelungen auch auf bereits verfallene Urlaubsansprüche erstrecken wollte, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Verordnungsgeber hat vielmehr allein die in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung zur Änderung der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW vom 15. Oktober 2013 getroffene Regelung, nach der - unabhängig vom Alter der Beamten - der jährliche Erholungsurlaub 30 Arbeitstage beträgt, auf das Urlaubsjahr 2012 zurückwirken lassen. Weitere Rückwirkungen hat er gerade nicht geregelt.
11Abgesehen davon beurteilen sich namentlich Ansprüche, die zu einem bestimmten Zeitpunkt entstehen bzw. die sich auf einen bestimmten Zeitraum beziehen (sogenannte zeitgebundene Ansprüche), grundsätzlich nach „altem“ Recht.
12Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, 2010, § 113 Rdn. 129; OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2006 - 15 A 3843/06 -, juris.
13Um einen solchen Anspruch handelt es sich bei dem hier streitigen Urlaubsanspruch des Klägers. Denn die Gewährung von Erholungsurlaub ist zeitgebunden. Die Möglichkeit, den auf ein Kalenderjahr entfallenden Urlaub in Anspruch zu nehmen, hat der Verordnungsgeber mit der Verfallklausel in § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. nämlich auf einen Gesamtzeitraum von 21 Monaten begrenzt.
14Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, der „Übertragungszeitraum“ von nur neun Monaten in § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. widerspreche europarechtlichen Vorgaben. In diesem Zusammenhang beruft sich der Kläger zu Unrecht auf das Urteil des EuGH vom 22. November 2011
15- C-214/10 -, juris, Rdn. 38.
16Der EuGH hat an dieser Stelle ausgeführt, dass ein Übertragungszeitraum, nach dessen Ende der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt, den spezifischen Umständen Rechnung tragen muss, in denen sich ein Arbeitnehmer befindet, der während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähig ist. Dieser Zeitraum muss daher für den Arbeitnehmer insbesondere die Möglichkeit gewährleisten, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant werden sowie verfügbar sein können. Ein Übertragungszeitraum muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten.
17Diese Ausführungen geben für den Streitfall nichts her. Indem das Zulassungsvorbringen den Zeitraum nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. mit dem der Rechtsprechung des EuGH zugrundeliegenden Übertragungszeitraum gleichsetzt, geht es von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt aus. Unter einem Übertragungszeitraum im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist - wie auch die dort streitentscheidende Regelung des § 7 Abs. 3 BUrlG zeigt - ein Zeitraum zu verstehen, der einem Arbeitnehmer zum Zwecke der Inanspruchnahme seines Urlaubs allein unter der Voraussetzung eingeräumt wird, dass er im Bezugszeitraum gehindert war, seinen Urlaub zu nehmen. Um einen so zu verstehenden Übertragungszeitraum handelt es sich bei der hier streitigen Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. nicht. Die Übertragung der dem Beamten jeweils für ein Kalenderjahr zustehenden Urlaubstage vom Urlaubsjahr auf den Zeitraum bis zum 30. September des Folgejahres ist weder an dienstliche noch an in der persönlichen Sphäre des Beamten liegende Verhinderungsgründe geknüpft, sondern erfolgt voraussetzungslos und von Amts wegen. Indem der Verordnungsgeber dem Beamten auf diesem Wege die Möglichkeit eingeräumt hatte, den auf ein Kalenderjahr entfallenden Urlaub innerhalb eines Gesamtzeitraumes von 21 Monaten zu nehmen, hatte er zugleich die Bindung des Jahresurlaubs an das jeweilige Kalenderjahr aufgegeben. Dass der Urlaub „nach Möglichkeit“ (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 EUV a. F.) im Urlaubsjahr voll ausgenutzt werden sollte, ist nach der offenen, mit keinen rechtlichen Einschränkungen versehenen Formulierung als bloße Empfehlung zu betrachten.
18Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2009 - 6 B 1236/09 -, juris, Rdn. 9 bis 11.
19Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend ausgeführt, dass der Kläger während des Bezugszeitraums im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG die Möglichkeit gehabt habe, den einen - aus dem Jahr 2009 verbleibenden - Resturlaubstag im September 2010 zu nehmen. Das Zulassungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es zeigt nicht näher auf, aus welchen Gründen es dem Kläger nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sein soll, sich vor Beginn der Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (6. September 2010) über den Umfang seines Resturlaubs - etwa durch eine bloße fernmündliche Rücksprache mit seinem Dienstvorgesetzten - zu informieren und diesen zu beantragen. Der Kläger irrt, wenn er der Auffassung ist, dass es Sache des Dienstherrn gewesen sei, ihn über den Umfang und Verfall seines Resturlaubs zu unterrichten. Dem Dienstherrn obliegt kraft seiner Fürsorgepflicht nicht allgemein eine Pflicht zur Beratung des Beamten über alle von diesem zu beachtenden Vorschriften, vor allem nicht, wenn die Kenntnis dieser Vorschriften bei jedem Beamten vorausgesetzt werden oder dieser sich die Kenntnisse unschwer selbst verschaffen kann.
20Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. September 2001 - 2 B 8.01 -, juris, Rdn. 4; und vom 6. März 2002 - 2 B 3.02 -, juris, Rdn. 5.
21Besondere Umstände, aus denen sich eine Pflicht zur Belehrung des Klägers über den Umfang und Verfall seines Resturlaubs nach den damals einschlägigen Vorschriften der Erholungsurlaubsverordnung ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Es musste sich dem Kläger aufdrängen, dass der Resturlaub aus dem Jahre 2009 mit Ablauf des Monats September 2010 verfällt. Jedenfalls hätte er, wie ausgeführt, ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, sich hierüber bei der Dienststelle oder Dritten kundig zu machen.
22Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils weckt auch das Vorbringen des Klägers nicht, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, „dass es nur noch um einen Resturlaubstag ginge“. Es habe in diesem Zusammenhang auch „die aktuelle BAG-Rechtsprechung, die sich am EuGH orientiert, gerade nicht berücksichtigt“. Dieses Vorbringen ist unsubstantiiert. Es zeigt bereits nicht auf, welche konkreten arbeitsgerichtlichen Entscheidungen das Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen haben soll und inwiefern diese für die Entscheidung des Streitfalles von Bedeutung sein sollen. Auch setzt es sich nicht mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinander und genügt schon aus diesem Grunde nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Abgesehen davon kann ein Anspruch auf Übertragung des über den unionsrechtlich gewährleisteten Mindestanspruch hinausgehenden Urlaubs aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht hergeleitet werden.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2014 - 6 A 2855/12 -, juris.
24Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
25Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es zeigt bereits nicht näher auf, dass sich im Streitfalle eine Frage stellt, die derart über den Einzelfall hinaus Bedeutung haben soll, dass sie im Interesse der Rechtseinheitlichkeit oder der Fortbildung des Rechts im Berufungsverfahren zu klären wäre. Dies gilt auch für die mit dem Zulassungsantrag angesprochene Frage, welche Verfallklausel - § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. oder § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW - hier anwendbar sei.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
28Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Ordnungswidrig im Sinne des § 28 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
- 1.
entgegen § 2 Absatz 3 Satz 1 eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht, - 2.
entgegen § 2 Absatz 3 Satz 3 eine Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachreicht oder nicht auf dem neuesten Stand hält oder - 3.
entgegen § 4 Absatz 2 eine Unfallstelle, eine Unfallspur, ein Fahrzeug, ein Fahrzeugteil oder sonstigen Inhalt eines Fahrzeugs verändert.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Diesen Anforderungen genügt das Antragsvorbringen nicht.
4Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Land 11 Urlaubstage aus dem Jahr 2009 über den 30. September 2010 hinaus übertrage. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger insgesamt 19 Urlaubstage aus dem angeführten Urlaubsjahr in Anspruch genommen. Zwar betrage der Urlaub nach wie hier vollendetem 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage (§ 5 Abs. 2 der Erholungsurlaubsverordnung - EUV - a. F.). Der Resturlaub des Klägers im Umfang von 11 Urlaubstagen sei jedoch gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. mit Ablauf des 30. September 2010 verfallen. Nach dieser Vorschrift verfalle Urlaub, der nicht innerhalb von neun Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres in Anspruch genommen worden sei. Dies widerspreche auch nicht europarechtlichen Vorgaben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
5- vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - (Schultz-Hoff), juris, Rdn. 43 -
6stehe Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, Seite 9) grundsätzlich einer nationalen Regelung, die für die Ausübung des mit dieser Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsehe, die sogar den Verlust dieses Anspruchs am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums beinhalteten, nicht entgegen, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erloschen sei, tatsächlich die Möglichkeit gehabt habe, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben. Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, dass der auf die angeführte Richtlinie gestützte Übertragungsanspruch auf den Mindestjahresurlaub von 20 Arbeitstagen begrenzt sei. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits 19 Urlaubstage aus dem Urlaubsjahr 2009 genommen habe, sei vorliegend nur noch ein Urlaubstag übertragungsfähig gewesen. Diesen Urlaubstag hätte der Kläger indes bis Ende September 2010 nehmen können.
7Diese weiter begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen.
8Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass im Streitfall die am 19. Januar 2012 in Kraft getretenen Neuregelungen der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW (FrUrlV NRW) vom 10. Januar 2012, GV. NRW. S. 2, zur Anwendung gelangten. Der vom Zulassungsvorbringen in Bezug genommene § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW sieht in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW vom 15. Oktober 2013, GV. NRW. S. 576, vor, dass Urlaub, der nicht innerhalb von 15 (vormals: 12) Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres in Anspruch genommen worden ist, verfällt. Diese Regelung ist hier entgegen der Rechtsauffassung des Klägers indes nicht anwendbar. Richtig ist allein, dass einer Klage nur stattgegeben werden kann, wenn im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung ein Anspruch auf das klageweise geltend gemachte Begehren besteht. Ob ein solcher Anspruch besteht, beurteilt sich jedoch nach dem materiellen Recht. Aufgrund der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) haben die Gerichte bei der Beurteilung von Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren Rechtsänderungen zu beachten, die während des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten sind, sofern das neue, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht nichts anderes bestimmt. Durch seine Auslegung ist zu ermitteln, ob Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren für bestimmte Fallkonstellationen noch nach dem aufgehobenen oder inhaltlich geänderten Recht zu beurteilen sind.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2012 - 2 B 11.12 -, juris.
10Danach ist maßgebliche gesetzliche Grundlage für den Urlaubsanspruch und dessen Verfall hier § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. Die am 19. Januar 2012 bzw. in ihrer geänderten Fassung am 31. Oktober 2013 in Kraft getretene Verfallklausel des § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW ist auf den Urlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahr 2009 nicht anwendbar, weil dieser beim Inkrafttreten der Neuregelungen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. bereits verfallen war. Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber die Neuregelungen auch auf bereits verfallene Urlaubsansprüche erstrecken wollte, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Verordnungsgeber hat vielmehr allein die in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung zur Änderung der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW vom 15. Oktober 2013 getroffene Regelung, nach der - unabhängig vom Alter der Beamten - der jährliche Erholungsurlaub 30 Arbeitstage beträgt, auf das Urlaubsjahr 2012 zurückwirken lassen. Weitere Rückwirkungen hat er gerade nicht geregelt.
11Abgesehen davon beurteilen sich namentlich Ansprüche, die zu einem bestimmten Zeitpunkt entstehen bzw. die sich auf einen bestimmten Zeitraum beziehen (sogenannte zeitgebundene Ansprüche), grundsätzlich nach „altem“ Recht.
12Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, 2010, § 113 Rdn. 129; OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2006 - 15 A 3843/06 -, juris.
13Um einen solchen Anspruch handelt es sich bei dem hier streitigen Urlaubsanspruch des Klägers. Denn die Gewährung von Erholungsurlaub ist zeitgebunden. Die Möglichkeit, den auf ein Kalenderjahr entfallenden Urlaub in Anspruch zu nehmen, hat der Verordnungsgeber mit der Verfallklausel in § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. nämlich auf einen Gesamtzeitraum von 21 Monaten begrenzt.
14Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, der „Übertragungszeitraum“ von nur neun Monaten in § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. widerspreche europarechtlichen Vorgaben. In diesem Zusammenhang beruft sich der Kläger zu Unrecht auf das Urteil des EuGH vom 22. November 2011
15- C-214/10 -, juris, Rdn. 38.
16Der EuGH hat an dieser Stelle ausgeführt, dass ein Übertragungszeitraum, nach dessen Ende der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt, den spezifischen Umständen Rechnung tragen muss, in denen sich ein Arbeitnehmer befindet, der während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähig ist. Dieser Zeitraum muss daher für den Arbeitnehmer insbesondere die Möglichkeit gewährleisten, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant werden sowie verfügbar sein können. Ein Übertragungszeitraum muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten.
17Diese Ausführungen geben für den Streitfall nichts her. Indem das Zulassungsvorbringen den Zeitraum nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. mit dem der Rechtsprechung des EuGH zugrundeliegenden Übertragungszeitraum gleichsetzt, geht es von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt aus. Unter einem Übertragungszeitraum im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist - wie auch die dort streitentscheidende Regelung des § 7 Abs. 3 BUrlG zeigt - ein Zeitraum zu verstehen, der einem Arbeitnehmer zum Zwecke der Inanspruchnahme seines Urlaubs allein unter der Voraussetzung eingeräumt wird, dass er im Bezugszeitraum gehindert war, seinen Urlaub zu nehmen. Um einen so zu verstehenden Übertragungszeitraum handelt es sich bei der hier streitigen Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. nicht. Die Übertragung der dem Beamten jeweils für ein Kalenderjahr zustehenden Urlaubstage vom Urlaubsjahr auf den Zeitraum bis zum 30. September des Folgejahres ist weder an dienstliche noch an in der persönlichen Sphäre des Beamten liegende Verhinderungsgründe geknüpft, sondern erfolgt voraussetzungslos und von Amts wegen. Indem der Verordnungsgeber dem Beamten auf diesem Wege die Möglichkeit eingeräumt hatte, den auf ein Kalenderjahr entfallenden Urlaub innerhalb eines Gesamtzeitraumes von 21 Monaten zu nehmen, hatte er zugleich die Bindung des Jahresurlaubs an das jeweilige Kalenderjahr aufgegeben. Dass der Urlaub „nach Möglichkeit“ (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 EUV a. F.) im Urlaubsjahr voll ausgenutzt werden sollte, ist nach der offenen, mit keinen rechtlichen Einschränkungen versehenen Formulierung als bloße Empfehlung zu betrachten.
18Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2009 - 6 B 1236/09 -, juris, Rdn. 9 bis 11.
19Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend ausgeführt, dass der Kläger während des Bezugszeitraums im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG die Möglichkeit gehabt habe, den einen - aus dem Jahr 2009 verbleibenden - Resturlaubstag im September 2010 zu nehmen. Das Zulassungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es zeigt nicht näher auf, aus welchen Gründen es dem Kläger nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sein soll, sich vor Beginn der Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (6. September 2010) über den Umfang seines Resturlaubs - etwa durch eine bloße fernmündliche Rücksprache mit seinem Dienstvorgesetzten - zu informieren und diesen zu beantragen. Der Kläger irrt, wenn er der Auffassung ist, dass es Sache des Dienstherrn gewesen sei, ihn über den Umfang und Verfall seines Resturlaubs zu unterrichten. Dem Dienstherrn obliegt kraft seiner Fürsorgepflicht nicht allgemein eine Pflicht zur Beratung des Beamten über alle von diesem zu beachtenden Vorschriften, vor allem nicht, wenn die Kenntnis dieser Vorschriften bei jedem Beamten vorausgesetzt werden oder dieser sich die Kenntnisse unschwer selbst verschaffen kann.
20Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. September 2001 - 2 B 8.01 -, juris, Rdn. 4; und vom 6. März 2002 - 2 B 3.02 -, juris, Rdn. 5.
21Besondere Umstände, aus denen sich eine Pflicht zur Belehrung des Klägers über den Umfang und Verfall seines Resturlaubs nach den damals einschlägigen Vorschriften der Erholungsurlaubsverordnung ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Es musste sich dem Kläger aufdrängen, dass der Resturlaub aus dem Jahre 2009 mit Ablauf des Monats September 2010 verfällt. Jedenfalls hätte er, wie ausgeführt, ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, sich hierüber bei der Dienststelle oder Dritten kundig zu machen.
22Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils weckt auch das Vorbringen des Klägers nicht, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, „dass es nur noch um einen Resturlaubstag ginge“. Es habe in diesem Zusammenhang auch „die aktuelle BAG-Rechtsprechung, die sich am EuGH orientiert, gerade nicht berücksichtigt“. Dieses Vorbringen ist unsubstantiiert. Es zeigt bereits nicht auf, welche konkreten arbeitsgerichtlichen Entscheidungen das Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen haben soll und inwiefern diese für die Entscheidung des Streitfalles von Bedeutung sein sollen. Auch setzt es sich nicht mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinander und genügt schon aus diesem Grunde nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Abgesehen davon kann ein Anspruch auf Übertragung des über den unionsrechtlich gewährleisteten Mindestanspruch hinausgehenden Urlaubs aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht hergeleitet werden.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2014 - 6 A 2855/12 -, juris.
24Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
25Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es zeigt bereits nicht näher auf, dass sich im Streitfalle eine Frage stellt, die derart über den Einzelfall hinaus Bedeutung haben soll, dass sie im Interesse der Rechtseinheitlichkeit oder der Fortbildung des Rechts im Berufungsverfahren zu klären wäre. Dies gilt auch für die mit dem Zulassungsantrag angesprochene Frage, welche Verfallklausel - § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. oder § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW - hier anwendbar sei.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
28Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tatbestand
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Der Kläger erstrebt eine finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Urlaub.
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Der 1953 geborene Kläger stand zuletzt als Polizeihauptkommissar im Dienst des beklagten Landes. Er war ab Anfang Juli 2007 ununterbrochen erkrankt. Mit Wirkung vom 1. August 2008 hat ihn der Beklagte wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.
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Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers ab, ihm eine Vergütung für insgesamt 62 Urlaubstage zu zahlen, die er in den Jahren 2007 und 2008 wegen seiner Erkrankung nicht hatte antreten können. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.
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In dem Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts heißt es: Der Kläger habe keinen Urlaubsabgeltungsanspruch nach Bundes- oder Landesrecht. Auch Unionsrecht begründe für Beamte in Deutschland einen solchen Anspruch nicht, denn Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG sei bei der nach Art. 15 RL 2003/88/EG gebotenen Vergleichsbetrachtung des Unionsrechts und des Beamtenrechts unanwendbar: Beamte seien im Krankheitsfall erheblich besser abgesichert als andere Beschäftigte, weil sie die vollen Dienstbezüge zeitlich unbegrenzt erhielten und das Beamtenverhältnis nicht wegen Krankheit beendet werden könne.
- 5
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Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,
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die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Juli 2009 sowie den Bescheid des Polizeipräsidiums ... vom 13. Juni 2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für insgesamt 62 krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommene Urlaubstage der Jahre 2007 und 2008 eine finanzielle Abgeltung in Höhe der durchschnittlichen Besoldung der letzten drei Monate vor seinem Eintritt in den Ruhestand zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Abweisung der Klage stellt sich aus anderen Gründen zum Teil als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
- 8
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1. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass dem Kläger aus nationalem Recht kein Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht. Es gibt für Beamte keine normativen Regelungen, die einen solchen Anspruch begründen. Das gilt auch für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Zu Unrecht beruft sich der Kläger insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar angenommen, dass der Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ebenso wie der gesetzliche Mindesturlaub aus den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist, wenn der Zusatzurlaub nicht gewährt werden kann, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt war (Urteil vom 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BAGE 134, 1 ff.; vgl. auch Urteil vom 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - NZA 2012, 514 ff.). Diese Rechtsprechung kann aber nicht auf Beamte übertragen werden. Das vom Bundesarbeitsgericht herangezogene Bundesurlaubsgesetz, das in § 7 Abs. 4 eine Urlaubsabgeltung vorsieht, ist auf Beamte nicht anwendbar; deren Ansprüche auf Urlaub und Besoldung richten sich nach den jeweiligen beamtenrechtlichen Gesetzen und Verordnungen, die bislang einen Urlaubsabgeltungsanspruch gerade nicht vorsehen.
- 9
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2. Dem Kläger steht aber nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: RL 2003/88/EG) ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung seines unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs von vier Wochen Erholungsurlaub zu. Einen darüber hinausgehenden Anspruch aus Unionsrecht auf Abgeltung von sich aus nationalem Recht ergebenden weiteren Erholungsurlaubstagen, von sog. Arbeitszeitverkürzungstagen und des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hat er hingegen nicht.
- 10
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Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Abgeltung von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub hergeleitet und auch Voraussetzungen, Umfang und Grenzen dieses Anspruchs bestimmt. Diese Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte und damit auch für das Bundesverwaltungsgericht bindend (Art. 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV).
- 11
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a) Es ist in der Rechtsprechung des EuGH seit langem geklärt, dass auch Beamte Arbeitnehmer im Sinne der RL 2003/88/EG sind. Das gilt grundsätzlich auch für Polizisten, die insoweit mit Feuerwehrleuten vergleichbar sind, für die der EuGH mehrfach ausgesprochen hat, dass sie der Arbeitszeitrichtlinie unterfallen (EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04 - Slg. 2005, I-7111 Rn. 57 ff.; Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C-337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688 Rn. 22). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (vgl. etwa Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 20 ff.
) und hat auch für Polizisten bereits darauf hingewiesen, dass Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG, auf den Art. 1 Abs. 3 RL 2003/88/EG zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs Bezug nimmt, nach der Rechtsprechung des EuGH eng auszulegen ist und nicht etwa Streitkräfte, Feuerwehr oder Polizei generell, sondern nur für bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben wie etwa bei Natur- oder Technologiekatastrophen und schweren Unglücksfällen von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie ausnimmt (Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20).
- 12
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b) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand (vgl. § 21 Nr. 4 Beamtenstatusgesetz, § 30 Nr. 4 BBG) eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Dem Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.) ist zu entnehmen, dass der EuGH der konkreten nationalstaatlichen Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses keine Bedeutung beimisst, sondern für allein maßgeblich hält, dass mit der krankheitsbedingten Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses keine Dienstleistungspflicht und deshalb auch keine Urlaubsmöglichkeit mehr besteht. Deshalb ist es unionsrechtlich ohne Bedeutung, dass sich nach deutschem Beamtenrecht an das (aktive) Beamtenverhältnis ein Ruhestandsbeamtenverhältnis anschließt.
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c) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts hindert Art. 15 RL 2003/88/EG die Anwendung von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bei deutschen Beamten nicht.
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Nach Art. 15 RL 2003/88/EG bleibt u.a. das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Der EuGH hat bereits zu der insoweit wortgleichen Vorgängerrichtlinie RL 93/104/EG entschieden, dass unabhängig von günstigeren nationalstaatlichen Regelungen die praktische Wirksamkeit der durch die Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Rechte in vollem Umfang gewährleistet werden müsse, was notwendig die Verpflichtung impliziere, die Einhaltung jeder der in dieser Richtlinie aufgestellten Mindestvorschriften zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - Rs. C-14/04, Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 53).
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Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 15 RL 2003/88/EG somit eine Meistbegünstigungsklausel, die nur den Einzelvergleich, nicht aber die vom Berufungsgericht angestellte strukturelle Gesamtbetrachtung zulässt. Er schließt damit eine Anwendung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nur dann aus, wenn die mitgliedstaatlichen Regelungen über die Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs bei Beendigung der Berufstätigkeit über den von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gewährleisteten Mindeststandard hinausgehen. Das ist aber bei deutschen Beamten nicht der Fall, weil sie gerade - wovon auch das Oberverwaltungsgericht ausgeht - nach nationalem Recht mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keinen Urlaubsabgeltungsanspruch haben, also auch dann nicht, wenn sie Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand nehmen können. Auf die vom Berufungsgericht herangezogenen, für die Beamten günstigeren Regelungen im Falle der zur dauernden Dienstunfähigkeit führenden Krankheit im Vergleich zu den Regelungen für andere Beschäftigte in Deutschland kommt es deshalb nicht an.
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Bestätigt wird dies durch das Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.). Der EuGH hat den Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ausdrücklich auf Beamte erstreckt, obwohl das Vorlagegericht die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ausführlich dargestellt hatte.
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d) Der Urlaubsabgeltungsanspruch besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Beschäftigte im Urlaubsjahr teilweise arbeits- bzw. dienstfähig war, in dieser Zeit den Urlaub aber nicht oder nicht vollständig genommen hat. Das gilt sowohl für das Jahr, in dem die längerfristige Dienstunfähigkeit beginnt, als auch für das Jahr oder für die Jahre, in dem oder in denen der Betreffende vorübergehend wieder dienstfähig war. In beiden Fällen kann der Beschäftigte krankheitsbedingt und damit unabhängig von seinem Willensentschluss den ihm zustehenden (Mindest)Urlaub nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen. Aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88 EG gibt es keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung dieser Bestimmung.
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e) Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist allerdings auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub im Jahr beschränkt. Der EuGH hat im Urteil vom 3. Mai 2012 (a.a.O. Rn. 35 ff.) hervorgehoben, dass die Arbeitszeitrichtlinie sich auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz beschränkt; es sei Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie den Beamten weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren sowie ob und unter welchen Voraussetzungen sie eine finanzielle Vergütung für den Fall vorsehen, dass einem in den Ruhestand tretenden Beamten diese zusätzlichen Ansprüche krankheitsbedingt nicht haben zugute kommen können. Deshalb sind Urlaubstage, die über den nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG unionsrechtlich gewährleisten Mindesturlaub hinausgehen, nicht vom Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erfasst.
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Das gilt auch für sog. Arbeitszeitverkürzungstage, die der Sache nach zusätzliche Erholungsurlaubstage sind, und für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Auch eine Privilegierung für Urlaub nach nationalem Recht, wonach einem Beschäftigten bei einem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst etwa im Laufe der zweiten Jahreshälfte der Jahresurlaub ungeschmälert zusteht, schlägt nicht auf die unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG durch. Dies folgt aus dem Charakter dieser Ansprüche als Mindeststandard und findet außerdem einen normativen Anhaltspunkt in Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub. Danach ist der Urlaubsanspruch "im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während dieses Jahres" gegeben; nach dem sechsten Erwägungsgrund der RL 2003/88/EG hat diese Richtlinie den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeit Rechnung getragen.
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f) Der Urlaubsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen wird. Wenn der Übertragungszeitraum eine gewisse zeitliche Grenze überschreitet, kann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - Rs. C-214/10, KHS - NJW 2012, 290 Rn. 33). Mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs ist die Entstehung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs ausgeschlossen.
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Ein Verfall des Urlaubsanspruchs mit Auswirkungen auf den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch tritt zum einen dann ein, wenn nationalstaatlich ein hinreichend langer Übertragungszeitraum geregelt ist und dieser abgelaufen ist. Hinreichend lang ist nach der Rechtsprechung des EuGH ein Übertragungszeitraum, wenn er deutlich länger als das Urlaubsjahr, also deutlich länger als ein Jahr ist; ein Übertragungszeitraum muss den Beschäftigten, die während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeits- bzw. dienstunfähig sind, ermöglichen, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant sowie verfügbar sein können, und er muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten (EuGH, Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41). Einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten hat der EuGH gebilligt (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 40 ff.).
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Gibt es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen, dann tritt auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH ein Verfall des Urlaubsanspruches 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein. Der EuGH leitet aus dem Umstand, dass die RL 2003/88/EG nach ihrem sechsten Erwägungsgrund den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung Rechnung getragen hat, her, dass bei der Berechnung des Übertragungszeitraums der Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub, wie er sich aus Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub ergibt, berücksichtigt werden muss. Nach Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens ist der ununterbrochene Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens ein Jahr und der übrige Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens 18 Monate nach Ablauf des Jahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, zu gewähren und zu nehmen. Diese Vorschrift beruht nach der Rechtsprechung des EuGH auf der Erwägung, dass der Zweck der Urlaubsansprüche bei Ablauf der dort vorgesehenen Fristen nicht mehr vollständig erreicht werden kann (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41 f.). Das rechtfertigt die Annahme, dass der Urlaubsanspruch 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt.
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g) Bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG kommt es nach dem Zweck dieser Norm nur darauf an, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten, also aus dem vorangegangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub gehandelt hat.
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h) Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Urlaubsabgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor Eintritt in den Ruhestand erhalten hat.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Anknüpfungspunkt für die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG das gewöhnliche Arbeitsentgelt. Dies ist bei Beamten die Besoldung (vgl. § 1 Abs. 2 BBesG; EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - Rs. C-350/06 und 520/06, Schultz-Hoff - Slg. 2009, I-179 Rn. 61). Der Beschäftigte soll also dasjenige bekommen, was er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte. Das ist im Falle eines Beamten die Besoldung, die während des Urlaubs weitergezahlt worden wäre. Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 RL 2003/88/EG ist angesichts der Rechtsprechung des EuGH unerheblich, dass die Besoldung Alimentationscharakter hat und daher während der Krankheit zeitlich unbegrenzt weitergezahlt wird.
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Im Hinblick darauf, dass die finanzielle Abgeltung nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erst nach der "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" gezahlt werden darf und der während der Krankheit aufgelaufene, nicht verjährte Mindestjahresurlaub im Fall der Gesundung noch hätte genommen werden dürfen, die finanzielle Abgeltung des Urlaubs mithin erst am Ende der aktiven Dienstzeit eintritt, ist auf die Besoldung vor dem Eintritt in den Ruhestand abzustellen. Dabei erscheint es sachgerecht, auf die letzten drei Monate vor dem Eintritt in den Ruhestand als hinreichend langen Referenzzeitraum (vgl. auch EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-155/10, Williams - ABl EU 2011 Nr. C 319, 7 Rn. 21 ff.), abzustellen, um die Auswirkungen zufälliger Schwankungen der Besoldung zu verringern.
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i) Ein Antragserfordernis für den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG besteht nicht. Ein Antragserfordernis wäre mit dem Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts nicht vereinbar. Das hat der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167) für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit entschieden (Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 25
). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.
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j) Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 BGB.
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Der EuGH hat mehrfach ausgesprochen, dass die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, soweit gemeinschaftsrechtliche Regelungen nicht vorhanden sind. Allerdings dürfen die Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei nur innerstaatliches Recht betreffenden Verfahren (Äquivalenzgrundsatz) und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Zum Effektivitätsgrundsatz hat der EuGH entschieden, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35, jeweils m.w.N.). Auch der Senat bejaht die Möglichkeit der Verjährung bei sich aus Unionsrecht ergebenden Ansprüchen und hat beispielsweise für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren angenommen (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 41 f.). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.
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k) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Einzelne unter bestimmten Voraussetzungen und mit bestimmten Maßgaben unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen.
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Richtlinien bedürfen zwar grundsätzlich der Umsetzung durch den dafür zuständigen nationalen Gesetzgeber, um innerstaatliche Verbindlichkeit für den Bürger zu erlangen. Für den Fall der nicht fristgerechten oder unvollständigen Umsetzung einer Richtlinie durch den Mitgliedstaat hat nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH der Einzelne das Recht, sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat trotz entgegenstehendem nationalen Recht auf durch die Richtlinie auferlegte Verpflichtungen zu berufen, wenn diese klar und unbedingt sind und zu ihrer Anwendung keines Ausführungsakts mehr bedürfen (stRspr; EuGH, Urteile vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01, Pfeiffer - Slg. 2004, I-08835 Rn. 103 m.w.N. und vom 24. Januar 2012 - Rs. C-282/10, Dominguez - ABl EU 2012, Nr. C 73, 2 Rn. 33; BVerfG, Beschluss vom 8. April 1987 - 2 BvR 687/85 - BVerfGE 75, 223 <239 ff.>). Bei einer nicht fristgerechten Umsetzung einer Richtlinie sind Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen (stRspr; vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 19).
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Diese Voraussetzungen hat der EuGH für Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bejaht. Nach der bindenden Rechtsprechung des EuGH räumt diese Norm allen Beschäftigten, d.h. auch Beamten unter den dargelegten Voraussetzungen Urlaubsabgeltungsansprüche ein, die die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht verankern müssen. Solange sie diese Umsetzungspflicht nicht erfüllen, stellt Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG die unmittelbare Anspruchsgrundlage dar.
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3. In Anwendung dieser Grundsätze gilt für den Kläger Folgendes:
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Für das Jahr 2007 standen dem Kläger bei einem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage zu. In diesem Jahr hat der Kläger sieben Urlaubstage und den sog. Arbeitszeitverkürzungstag nach der Arbeitszeitverordnung RP genommen. Eine Freistellung nach der Arbeitszeitverordnung steht funktional einem Urlaubstag nach der Urlaubsverordnung (UrlVO RP) gleich. Deshalb ist sie im Rahmen des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG wie ein Urlaubstag zu behandeln. Damit hat der Kläger acht Urlaubstage genommen und standen ihm für 2007 noch 12 Tage Mindesturlaub zu.
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Für das Jahr 2008 standen dem Kläger 20 Mindesturlaubstage zu. In diesem Jahr ist er aber zum Ende des Monats Juli in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Deshalb stand ihm der unionsrechtliche Mindesturlaub nur anteilig, d.h. für 11 2/3 Urlaubstage zu; die Privilegierung des § 9 Satz 3 UrlVO RP, wonach der Jahresurlaub voll gewährt wird, wenn der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in der zweiten Jahreshälfte in den Ruhestand versetzt wird, erstreckt sich nicht auf den unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 RL 2003/88/EG. Der Bruchteil eines Urlaubstages ist in die Urlaubsentgeltberechnung einzubeziehen. Die Heranziehung einer nationalstaatlichen Regelung, wonach ein bei der Urlaubsberechnung verbleibender Teil eines Tages als Guthaben auf die Arbeitszeit angerechnet wird (vgl. § 8 Abs. 6 UrlVO RP), kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil Urlaubsabgeltung voraussetzt, dass der Beamte nicht mehr im Dienst ist, so dass mangels Arbeitspflicht auch eine Anrechnung auf ein Arbeitszeitguthaben nicht möglich ist.
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Insgesamt steht dem Kläger deshalb ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 23 2/3 Tage zu, der auf der Basis der Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt in den Ruhestand zu berechnen ist.
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Im Hinblick auf den Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Anrechnung der Urlaubsabgeltung bei den Versorgungsbezügen nach den Regelungen des Vorteilsausgleichs, § 53 BeamtVG, nicht in Betracht kommt.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Diesen Anforderungen genügt das Antragsvorbringen nicht.
4Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Land 11 Urlaubstage aus dem Jahr 2009 über den 30. September 2010 hinaus übertrage. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger insgesamt 19 Urlaubstage aus dem angeführten Urlaubsjahr in Anspruch genommen. Zwar betrage der Urlaub nach wie hier vollendetem 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage (§ 5 Abs. 2 der Erholungsurlaubsverordnung - EUV - a. F.). Der Resturlaub des Klägers im Umfang von 11 Urlaubstagen sei jedoch gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. mit Ablauf des 30. September 2010 verfallen. Nach dieser Vorschrift verfalle Urlaub, der nicht innerhalb von neun Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres in Anspruch genommen worden sei. Dies widerspreche auch nicht europarechtlichen Vorgaben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
5- vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - (Schultz-Hoff), juris, Rdn. 43 -
6stehe Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, Seite 9) grundsätzlich einer nationalen Regelung, die für die Ausübung des mit dieser Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsehe, die sogar den Verlust dieses Anspruchs am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums beinhalteten, nicht entgegen, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erloschen sei, tatsächlich die Möglichkeit gehabt habe, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben. Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, dass der auf die angeführte Richtlinie gestützte Übertragungsanspruch auf den Mindestjahresurlaub von 20 Arbeitstagen begrenzt sei. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits 19 Urlaubstage aus dem Urlaubsjahr 2009 genommen habe, sei vorliegend nur noch ein Urlaubstag übertragungsfähig gewesen. Diesen Urlaubstag hätte der Kläger indes bis Ende September 2010 nehmen können.
7Diese weiter begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen.
8Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass im Streitfall die am 19. Januar 2012 in Kraft getretenen Neuregelungen der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW (FrUrlV NRW) vom 10. Januar 2012, GV. NRW. S. 2, zur Anwendung gelangten. Der vom Zulassungsvorbringen in Bezug genommene § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW sieht in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW vom 15. Oktober 2013, GV. NRW. S. 576, vor, dass Urlaub, der nicht innerhalb von 15 (vormals: 12) Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres in Anspruch genommen worden ist, verfällt. Diese Regelung ist hier entgegen der Rechtsauffassung des Klägers indes nicht anwendbar. Richtig ist allein, dass einer Klage nur stattgegeben werden kann, wenn im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung ein Anspruch auf das klageweise geltend gemachte Begehren besteht. Ob ein solcher Anspruch besteht, beurteilt sich jedoch nach dem materiellen Recht. Aufgrund der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) haben die Gerichte bei der Beurteilung von Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren Rechtsänderungen zu beachten, die während des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten sind, sofern das neue, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht nichts anderes bestimmt. Durch seine Auslegung ist zu ermitteln, ob Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren für bestimmte Fallkonstellationen noch nach dem aufgehobenen oder inhaltlich geänderten Recht zu beurteilen sind.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2012 - 2 B 11.12 -, juris.
10Danach ist maßgebliche gesetzliche Grundlage für den Urlaubsanspruch und dessen Verfall hier § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. Die am 19. Januar 2012 bzw. in ihrer geänderten Fassung am 31. Oktober 2013 in Kraft getretene Verfallklausel des § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW ist auf den Urlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahr 2009 nicht anwendbar, weil dieser beim Inkrafttreten der Neuregelungen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. bereits verfallen war. Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber die Neuregelungen auch auf bereits verfallene Urlaubsansprüche erstrecken wollte, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Verordnungsgeber hat vielmehr allein die in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung zur Änderung der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW vom 15. Oktober 2013 getroffene Regelung, nach der - unabhängig vom Alter der Beamten - der jährliche Erholungsurlaub 30 Arbeitstage beträgt, auf das Urlaubsjahr 2012 zurückwirken lassen. Weitere Rückwirkungen hat er gerade nicht geregelt.
11Abgesehen davon beurteilen sich namentlich Ansprüche, die zu einem bestimmten Zeitpunkt entstehen bzw. die sich auf einen bestimmten Zeitraum beziehen (sogenannte zeitgebundene Ansprüche), grundsätzlich nach „altem“ Recht.
12Vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, 2010, § 113 Rdn. 129; OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2006 - 15 A 3843/06 -, juris.
13Um einen solchen Anspruch handelt es sich bei dem hier streitigen Urlaubsanspruch des Klägers. Denn die Gewährung von Erholungsurlaub ist zeitgebunden. Die Möglichkeit, den auf ein Kalenderjahr entfallenden Urlaub in Anspruch zu nehmen, hat der Verordnungsgeber mit der Verfallklausel in § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. nämlich auf einen Gesamtzeitraum von 21 Monaten begrenzt.
14Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, der „Übertragungszeitraum“ von nur neun Monaten in § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. widerspreche europarechtlichen Vorgaben. In diesem Zusammenhang beruft sich der Kläger zu Unrecht auf das Urteil des EuGH vom 22. November 2011
15- C-214/10 -, juris, Rdn. 38.
16Der EuGH hat an dieser Stelle ausgeführt, dass ein Übertragungszeitraum, nach dessen Ende der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt, den spezifischen Umständen Rechnung tragen muss, in denen sich ein Arbeitnehmer befindet, der während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähig ist. Dieser Zeitraum muss daher für den Arbeitnehmer insbesondere die Möglichkeit gewährleisten, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant werden sowie verfügbar sein können. Ein Übertragungszeitraum muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten.
17Diese Ausführungen geben für den Streitfall nichts her. Indem das Zulassungsvorbringen den Zeitraum nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. mit dem der Rechtsprechung des EuGH zugrundeliegenden Übertragungszeitraum gleichsetzt, geht es von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt aus. Unter einem Übertragungszeitraum im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist - wie auch die dort streitentscheidende Regelung des § 7 Abs. 3 BUrlG zeigt - ein Zeitraum zu verstehen, der einem Arbeitnehmer zum Zwecke der Inanspruchnahme seines Urlaubs allein unter der Voraussetzung eingeräumt wird, dass er im Bezugszeitraum gehindert war, seinen Urlaub zu nehmen. Um einen so zu verstehenden Übertragungszeitraum handelt es sich bei der hier streitigen Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. nicht. Die Übertragung der dem Beamten jeweils für ein Kalenderjahr zustehenden Urlaubstage vom Urlaubsjahr auf den Zeitraum bis zum 30. September des Folgejahres ist weder an dienstliche noch an in der persönlichen Sphäre des Beamten liegende Verhinderungsgründe geknüpft, sondern erfolgt voraussetzungslos und von Amts wegen. Indem der Verordnungsgeber dem Beamten auf diesem Wege die Möglichkeit eingeräumt hatte, den auf ein Kalenderjahr entfallenden Urlaub innerhalb eines Gesamtzeitraumes von 21 Monaten zu nehmen, hatte er zugleich die Bindung des Jahresurlaubs an das jeweilige Kalenderjahr aufgegeben. Dass der Urlaub „nach Möglichkeit“ (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 EUV a. F.) im Urlaubsjahr voll ausgenutzt werden sollte, ist nach der offenen, mit keinen rechtlichen Einschränkungen versehenen Formulierung als bloße Empfehlung zu betrachten.
18Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2009 - 6 B 1236/09 -, juris, Rdn. 9 bis 11.
19Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend ausgeführt, dass der Kläger während des Bezugszeitraums im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG die Möglichkeit gehabt habe, den einen - aus dem Jahr 2009 verbleibenden - Resturlaubstag im September 2010 zu nehmen. Das Zulassungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es zeigt nicht näher auf, aus welchen Gründen es dem Kläger nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sein soll, sich vor Beginn der Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (6. September 2010) über den Umfang seines Resturlaubs - etwa durch eine bloße fernmündliche Rücksprache mit seinem Dienstvorgesetzten - zu informieren und diesen zu beantragen. Der Kläger irrt, wenn er der Auffassung ist, dass es Sache des Dienstherrn gewesen sei, ihn über den Umfang und Verfall seines Resturlaubs zu unterrichten. Dem Dienstherrn obliegt kraft seiner Fürsorgepflicht nicht allgemein eine Pflicht zur Beratung des Beamten über alle von diesem zu beachtenden Vorschriften, vor allem nicht, wenn die Kenntnis dieser Vorschriften bei jedem Beamten vorausgesetzt werden oder dieser sich die Kenntnisse unschwer selbst verschaffen kann.
20Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. September 2001 - 2 B 8.01 -, juris, Rdn. 4; und vom 6. März 2002 - 2 B 3.02 -, juris, Rdn. 5.
21Besondere Umstände, aus denen sich eine Pflicht zur Belehrung des Klägers über den Umfang und Verfall seines Resturlaubs nach den damals einschlägigen Vorschriften der Erholungsurlaubsverordnung ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Es musste sich dem Kläger aufdrängen, dass der Resturlaub aus dem Jahre 2009 mit Ablauf des Monats September 2010 verfällt. Jedenfalls hätte er, wie ausgeführt, ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, sich hierüber bei der Dienststelle oder Dritten kundig zu machen.
22Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils weckt auch das Vorbringen des Klägers nicht, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, „dass es nur noch um einen Resturlaubstag ginge“. Es habe in diesem Zusammenhang auch „die aktuelle BAG-Rechtsprechung, die sich am EuGH orientiert, gerade nicht berücksichtigt“. Dieses Vorbringen ist unsubstantiiert. Es zeigt bereits nicht auf, welche konkreten arbeitsgerichtlichen Entscheidungen das Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen haben soll und inwiefern diese für die Entscheidung des Streitfalles von Bedeutung sein sollen. Auch setzt es sich nicht mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinander und genügt schon aus diesem Grunde nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Abgesehen davon kann ein Anspruch auf Übertragung des über den unionsrechtlich gewährleisteten Mindestanspruch hinausgehenden Urlaubs aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht hergeleitet werden.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2014 - 6 A 2855/12 -, juris.
24Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
25Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es zeigt bereits nicht näher auf, dass sich im Streitfalle eine Frage stellt, die derart über den Einzelfall hinaus Bedeutung haben soll, dass sie im Interesse der Rechtseinheitlichkeit oder der Fortbildung des Rechts im Berufungsverfahren zu klären wäre. Dies gilt auch für die mit dem Zulassungsantrag angesprochene Frage, welche Verfallklausel - § 8 Abs. 2 Satz 1 EUV a. F. oder § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW - hier anwendbar sei.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
28Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tatbestand
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Der Kläger erstrebt eine finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Urlaub.
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Der 1953 geborene Kläger stand zuletzt als Polizeihauptkommissar im Dienst des beklagten Landes. Er war ab Anfang Juli 2007 ununterbrochen erkrankt. Mit Wirkung vom 1. August 2008 hat ihn der Beklagte wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.
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Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers ab, ihm eine Vergütung für insgesamt 62 Urlaubstage zu zahlen, die er in den Jahren 2007 und 2008 wegen seiner Erkrankung nicht hatte antreten können. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.
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In dem Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts heißt es: Der Kläger habe keinen Urlaubsabgeltungsanspruch nach Bundes- oder Landesrecht. Auch Unionsrecht begründe für Beamte in Deutschland einen solchen Anspruch nicht, denn Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG sei bei der nach Art. 15 RL 2003/88/EG gebotenen Vergleichsbetrachtung des Unionsrechts und des Beamtenrechts unanwendbar: Beamte seien im Krankheitsfall erheblich besser abgesichert als andere Beschäftigte, weil sie die vollen Dienstbezüge zeitlich unbegrenzt erhielten und das Beamtenverhältnis nicht wegen Krankheit beendet werden könne.
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Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er beantragt,
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die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. März 2010 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. Juli 2009 sowie den Bescheid des Polizeipräsidiums ... vom 13. Juni 2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für insgesamt 62 krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommene Urlaubstage der Jahre 2007 und 2008 eine finanzielle Abgeltung in Höhe der durchschnittlichen Besoldung der letzten drei Monate vor seinem Eintritt in den Ruhestand zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Abweisung der Klage stellt sich aus anderen Gründen zum Teil als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
- 8
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1. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass dem Kläger aus nationalem Recht kein Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht. Es gibt für Beamte keine normativen Regelungen, die einen solchen Anspruch begründen. Das gilt auch für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Zu Unrecht beruft sich der Kläger insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar angenommen, dass der Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ebenso wie der gesetzliche Mindesturlaub aus den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist, wenn der Zusatzurlaub nicht gewährt werden kann, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt war (Urteil vom 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BAGE 134, 1 ff.; vgl. auch Urteil vom 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - NZA 2012, 514 ff.). Diese Rechtsprechung kann aber nicht auf Beamte übertragen werden. Das vom Bundesarbeitsgericht herangezogene Bundesurlaubsgesetz, das in § 7 Abs. 4 eine Urlaubsabgeltung vorsieht, ist auf Beamte nicht anwendbar; deren Ansprüche auf Urlaub und Besoldung richten sich nach den jeweiligen beamtenrechtlichen Gesetzen und Verordnungen, die bislang einen Urlaubsabgeltungsanspruch gerade nicht vorsehen.
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2. Dem Kläger steht aber nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: RL 2003/88/EG) ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung seines unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs von vier Wochen Erholungsurlaub zu. Einen darüber hinausgehenden Anspruch aus Unionsrecht auf Abgeltung von sich aus nationalem Recht ergebenden weiteren Erholungsurlaubstagen, von sog. Arbeitszeitverkürzungstagen und des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hat er hingegen nicht.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Abgeltung von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt nicht genommenem Urlaub hergeleitet und auch Voraussetzungen, Umfang und Grenzen dieses Anspruchs bestimmt. Diese Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte und damit auch für das Bundesverwaltungsgericht bindend (Art. 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV).
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a) Es ist in der Rechtsprechung des EuGH seit langem geklärt, dass auch Beamte Arbeitnehmer im Sinne der RL 2003/88/EG sind. Das gilt grundsätzlich auch für Polizisten, die insoweit mit Feuerwehrleuten vergleichbar sind, für die der EuGH mehrfach ausgesprochen hat, dass sie der Arbeitszeitrichtlinie unterfallen (EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04 - Slg. 2005, I-7111 Rn. 57 ff.; Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C-337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688 Rn. 22). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (vgl. etwa Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 20 ff.
) und hat auch für Polizisten bereits darauf hingewiesen, dass Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG, auf den Art. 1 Abs. 3 RL 2003/88/EG zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs Bezug nimmt, nach der Rechtsprechung des EuGH eng auszulegen ist und nicht etwa Streitkräfte, Feuerwehr oder Polizei generell, sondern nur für bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben wie etwa bei Natur- oder Technologiekatastrophen und schweren Unglücksfällen von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie ausnimmt (Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20).
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b) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand (vgl. § 21 Nr. 4 Beamtenstatusgesetz, § 30 Nr. 4 BBG) eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Dem Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.) ist zu entnehmen, dass der EuGH der konkreten nationalstaatlichen Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses keine Bedeutung beimisst, sondern für allein maßgeblich hält, dass mit der krankheitsbedingten Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses keine Dienstleistungspflicht und deshalb auch keine Urlaubsmöglichkeit mehr besteht. Deshalb ist es unionsrechtlich ohne Bedeutung, dass sich nach deutschem Beamtenrecht an das (aktive) Beamtenverhältnis ein Ruhestandsbeamtenverhältnis anschließt.
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c) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts hindert Art. 15 RL 2003/88/EG die Anwendung von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bei deutschen Beamten nicht.
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Nach Art. 15 RL 2003/88/EG bleibt u.a. das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Der EuGH hat bereits zu der insoweit wortgleichen Vorgängerrichtlinie RL 93/104/EG entschieden, dass unabhängig von günstigeren nationalstaatlichen Regelungen die praktische Wirksamkeit der durch die Arbeitszeitrichtlinie verliehenen Rechte in vollem Umfang gewährleistet werden müsse, was notwendig die Verpflichtung impliziere, die Einhaltung jeder der in dieser Richtlinie aufgestellten Mindestvorschriften zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - Rs. C-14/04, Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 53).
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Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 15 RL 2003/88/EG somit eine Meistbegünstigungsklausel, die nur den Einzelvergleich, nicht aber die vom Berufungsgericht angestellte strukturelle Gesamtbetrachtung zulässt. Er schließt damit eine Anwendung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nur dann aus, wenn die mitgliedstaatlichen Regelungen über die Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs bei Beendigung der Berufstätigkeit über den von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gewährleisteten Mindeststandard hinausgehen. Das ist aber bei deutschen Beamten nicht der Fall, weil sie gerade - wovon auch das Oberverwaltungsgericht ausgeht - nach nationalem Recht mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keinen Urlaubsabgeltungsanspruch haben, also auch dann nicht, wenn sie Erholungsurlaub krankheitsbedingt nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand nehmen können. Auf die vom Berufungsgericht herangezogenen, für die Beamten günstigeren Regelungen im Falle der zur dauernden Dienstunfähigkeit führenden Krankheit im Vergleich zu den Regelungen für andere Beschäftigte in Deutschland kommt es deshalb nicht an.
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Bestätigt wird dies durch das Urteil des EuGH vom 3. Mai 2012 (a.a.O.). Der EuGH hat den Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ausdrücklich auf Beamte erstreckt, obwohl das Vorlagegericht die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ausführlich dargestellt hatte.
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d) Der Urlaubsabgeltungsanspruch besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Beschäftigte im Urlaubsjahr teilweise arbeits- bzw. dienstfähig war, in dieser Zeit den Urlaub aber nicht oder nicht vollständig genommen hat. Das gilt sowohl für das Jahr, in dem die längerfristige Dienstunfähigkeit beginnt, als auch für das Jahr oder für die Jahre, in dem oder in denen der Betreffende vorübergehend wieder dienstfähig war. In beiden Fällen kann der Beschäftigte krankheitsbedingt und damit unabhängig von seinem Willensentschluss den ihm zustehenden (Mindest)Urlaub nach Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen. Aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88 EG gibt es keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung dieser Bestimmung.
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e) Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist allerdings auf die sich aus Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub im Jahr beschränkt. Der EuGH hat im Urteil vom 3. Mai 2012 (a.a.O. Rn. 35 ff.) hervorgehoben, dass die Arbeitszeitrichtlinie sich auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz beschränkt; es sei Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie den Beamten weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren sowie ob und unter welchen Voraussetzungen sie eine finanzielle Vergütung für den Fall vorsehen, dass einem in den Ruhestand tretenden Beamten diese zusätzlichen Ansprüche krankheitsbedingt nicht haben zugute kommen können. Deshalb sind Urlaubstage, die über den nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG unionsrechtlich gewährleisten Mindesturlaub hinausgehen, nicht vom Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erfasst.
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Das gilt auch für sog. Arbeitszeitverkürzungstage, die der Sache nach zusätzliche Erholungsurlaubstage sind, und für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Auch eine Privilegierung für Urlaub nach nationalem Recht, wonach einem Beschäftigten bei einem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst etwa im Laufe der zweiten Jahreshälfte der Jahresurlaub ungeschmälert zusteht, schlägt nicht auf die unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG durch. Dies folgt aus dem Charakter dieser Ansprüche als Mindeststandard und findet außerdem einen normativen Anhaltspunkt in Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub. Danach ist der Urlaubsanspruch "im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während dieses Jahres" gegeben; nach dem sechsten Erwägungsgrund der RL 2003/88/EG hat diese Richtlinie den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeit Rechnung getragen.
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f) Der Urlaubsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres nicht genommen wird. Wenn der Übertragungszeitraum eine gewisse zeitliche Grenze überschreitet, kann der Urlaub seinen Zweck als Erholungszeit typischerweise nicht mehr erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - Rs. C-214/10, KHS - NJW 2012, 290 Rn. 33). Mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs ist die Entstehung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs ausgeschlossen.
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Ein Verfall des Urlaubsanspruchs mit Auswirkungen auf den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch tritt zum einen dann ein, wenn nationalstaatlich ein hinreichend langer Übertragungszeitraum geregelt ist und dieser abgelaufen ist. Hinreichend lang ist nach der Rechtsprechung des EuGH ein Übertragungszeitraum, wenn er deutlich länger als das Urlaubsjahr, also deutlich länger als ein Jahr ist; ein Übertragungszeitraum muss den Beschäftigten, die während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeits- bzw. dienstunfähig sind, ermöglichen, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant sowie verfügbar sein können, und er muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten (EuGH, Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41). Einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten hat der EuGH gebilligt (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 40 ff.).
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Gibt es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen, dann tritt auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH ein Verfall des Urlaubsanspruches 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein. Der EuGH leitet aus dem Umstand, dass die RL 2003/88/EG nach ihrem sechsten Erwägungsgrund den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung Rechnung getragen hat, her, dass bei der Berechnung des Übertragungszeitraums der Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub, wie er sich aus Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub ergibt, berücksichtigt werden muss. Nach Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens ist der ununterbrochene Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens ein Jahr und der übrige Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens 18 Monate nach Ablauf des Jahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, zu gewähren und zu nehmen. Diese Vorschrift beruht nach der Rechtsprechung des EuGH auf der Erwägung, dass der Zweck der Urlaubsansprüche bei Ablauf der dort vorgesehenen Fristen nicht mehr vollständig erreicht werden kann (Urteil vom 22. November 2011 a.a.O. Rn. 41 f.). Das rechtfertigt die Annahme, dass der Urlaubsanspruch 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt.
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g) Bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG kommt es nach dem Zweck dieser Norm nur darauf an, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten, also aus dem vorangegangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub gehandelt hat.
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h) Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Urlaubsabgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor Eintritt in den Ruhestand erhalten hat.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Anknüpfungspunkt für die Höhe des Urlaubsabgeltungsanspruchs aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG das gewöhnliche Arbeitsentgelt. Dies ist bei Beamten die Besoldung (vgl. § 1 Abs. 2 BBesG; EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - Rs. C-350/06 und 520/06, Schultz-Hoff - Slg. 2009, I-179 Rn. 61). Der Beschäftigte soll also dasjenige bekommen, was er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte. Das ist im Falle eines Beamten die Besoldung, die während des Urlaubs weitergezahlt worden wäre. Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 RL 2003/88/EG ist angesichts der Rechtsprechung des EuGH unerheblich, dass die Besoldung Alimentationscharakter hat und daher während der Krankheit zeitlich unbegrenzt weitergezahlt wird.
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Im Hinblick darauf, dass die finanzielle Abgeltung nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG erst nach der "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" gezahlt werden darf und der während der Krankheit aufgelaufene, nicht verjährte Mindestjahresurlaub im Fall der Gesundung noch hätte genommen werden dürfen, die finanzielle Abgeltung des Urlaubs mithin erst am Ende der aktiven Dienstzeit eintritt, ist auf die Besoldung vor dem Eintritt in den Ruhestand abzustellen. Dabei erscheint es sachgerecht, auf die letzten drei Monate vor dem Eintritt in den Ruhestand als hinreichend langen Referenzzeitraum (vgl. auch EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-155/10, Williams - ABl EU 2011 Nr. C 319, 7 Rn. 21 ff.), abzustellen, um die Auswirkungen zufälliger Schwankungen der Besoldung zu verringern.
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i) Ein Antragserfordernis für den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG besteht nicht. Ein Antragserfordernis wäre mit dem Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts nicht vereinbar. Das hat der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167) für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit entschieden (Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 25
). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.
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j) Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren, § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 BGB.
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Der EuGH hat mehrfach ausgesprochen, dass die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, soweit gemeinschaftsrechtliche Regelungen nicht vorhanden sind. Allerdings dürfen die Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei nur innerstaatliches Recht betreffenden Verfahren (Äquivalenzgrundsatz) und sie dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Zum Effektivitätsgrundsatz hat der EuGH entschieden, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35, jeweils m.w.N.). Auch der Senat bejaht die Möglichkeit der Verjährung bei sich aus Unionsrecht ergebenden Ansprüchen und hat beispielsweise für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen Zuvielarbeit die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren angenommen (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 41 f.). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG gilt nichts anderes.
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k) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Einzelne unter bestimmten Voraussetzungen und mit bestimmten Maßgaben unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen.
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Richtlinien bedürfen zwar grundsätzlich der Umsetzung durch den dafür zuständigen nationalen Gesetzgeber, um innerstaatliche Verbindlichkeit für den Bürger zu erlangen. Für den Fall der nicht fristgerechten oder unvollständigen Umsetzung einer Richtlinie durch den Mitgliedstaat hat nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH der Einzelne das Recht, sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat trotz entgegenstehendem nationalen Recht auf durch die Richtlinie auferlegte Verpflichtungen zu berufen, wenn diese klar und unbedingt sind und zu ihrer Anwendung keines Ausführungsakts mehr bedürfen (stRspr; EuGH, Urteile vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-397/01, Pfeiffer - Slg. 2004, I-08835 Rn. 103 m.w.N. und vom 24. Januar 2012 - Rs. C-282/10, Dominguez - ABl EU 2012, Nr. C 73, 2 Rn. 33; BVerfG, Beschluss vom 8. April 1987 - 2 BvR 687/85 - BVerfGE 75, 223 <239 ff.>). Bei einer nicht fristgerechten Umsetzung einer Richtlinie sind Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen (stRspr; vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 19).
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Diese Voraussetzungen hat der EuGH für Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG bejaht. Nach der bindenden Rechtsprechung des EuGH räumt diese Norm allen Beschäftigten, d.h. auch Beamten unter den dargelegten Voraussetzungen Urlaubsabgeltungsansprüche ein, die die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht verankern müssen. Solange sie diese Umsetzungspflicht nicht erfüllen, stellt Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG die unmittelbare Anspruchsgrundlage dar.
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3. In Anwendung dieser Grundsätze gilt für den Kläger Folgendes:
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Für das Jahr 2007 standen dem Kläger bei einem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage zu. In diesem Jahr hat der Kläger sieben Urlaubstage und den sog. Arbeitszeitverkürzungstag nach der Arbeitszeitverordnung RP genommen. Eine Freistellung nach der Arbeitszeitverordnung steht funktional einem Urlaubstag nach der Urlaubsverordnung (UrlVO RP) gleich. Deshalb ist sie im Rahmen des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG wie ein Urlaubstag zu behandeln. Damit hat der Kläger acht Urlaubstage genommen und standen ihm für 2007 noch 12 Tage Mindesturlaub zu.
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Für das Jahr 2008 standen dem Kläger 20 Mindesturlaubstage zu. In diesem Jahr ist er aber zum Ende des Monats Juli in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Deshalb stand ihm der unionsrechtliche Mindesturlaub nur anteilig, d.h. für 11 2/3 Urlaubstage zu; die Privilegierung des § 9 Satz 3 UrlVO RP, wonach der Jahresurlaub voll gewährt wird, wenn der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in der zweiten Jahreshälfte in den Ruhestand versetzt wird, erstreckt sich nicht auf den unionsrechtlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch nach Art. 7 RL 2003/88/EG. Der Bruchteil eines Urlaubstages ist in die Urlaubsentgeltberechnung einzubeziehen. Die Heranziehung einer nationalstaatlichen Regelung, wonach ein bei der Urlaubsberechnung verbleibender Teil eines Tages als Guthaben auf die Arbeitszeit angerechnet wird (vgl. § 8 Abs. 6 UrlVO RP), kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil Urlaubsabgeltung voraussetzt, dass der Beamte nicht mehr im Dienst ist, so dass mangels Arbeitspflicht auch eine Anrechnung auf ein Arbeitszeitguthaben nicht möglich ist.
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Insgesamt steht dem Kläger deshalb ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 23 2/3 Tage zu, der auf der Basis der Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt in den Ruhestand zu berechnen ist.
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Im Hinblick auf den Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Anrechnung der Urlaubsabgeltung bei den Versorgungsbezügen nach den Regelungen des Vorteilsausgleichs, § 53 BeamtVG, nicht in Betracht kommt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.