Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 29. Okt. 2018 - B 5 E 18.1023
Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller auf dessen Arbeitszeitkonto 99,75 Stunden gutzuschreiben.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller auf dessen Arbeitszeitkonto 99,75 Stunden gutzuschreiben.
den Antrag abzulehnen.
II.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 29. Okt. 2018 - B 5 E 18.1023
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Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 29. Okt. 2018 - B 5 E 18.1023 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit darf wöchentlich im Durchschnitt 44 Stunden nicht überschreiten.
(2) Soweit Bereitschaftsdienst besteht, kann die Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen verlängert werden.
(3) Das Nähere zur Regelung der Arbeitszeit, insbesondere zur Dauer, zu Möglichkeiten ihrer flexiblen Ausgestaltung und zur Kontrolle ihrer Einhaltung, regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung. Eine Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit mittels automatisierter Datenverarbeitungssysteme ist zulässig, soweit diese Systeme eine Mitwirkung der Beamtinnen und Beamten erfordern. Die erhobenen Daten dürfen nur für Zwecke der Arbeitszeitkontrolle, der Wahrung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen und des gezielten Personaleinsatzes verwendet werden, soweit dies zur Aufgabenwahrnehmung der jeweils zuständigen Stelle erforderlich ist. In der Rechtsverordnung sind Löschfristen für die erhobenen Daten vorzusehen.
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zahlung von Mehrarbeitsvergütung für geleistete Überstunden, für die kein Freizeitausgleich gewährt wurde.
Die am ... geborene Klägerin war bis zu ihrer Ruhestandsversetzung zum
Im Zeitpunkt ihrer Ruhestandsversetzung wies das Arbeitszeitkonto der Klägerin 95,5 Plusstunden auf. Im Jahr 2013 war die Klägerin an insgesamt 169 Tagen, im Jahr 2014 an 199 Tagen und im Jahr 2015 an 62 Tagen dienstunfähig erkrankt. Ab dem 6. August 2014 war sie bis zu ihrer Ruhestandsversetzung zum 31. März 2015 durchgehend erkrankt.
Mit Schreiben vom
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 13. August 2015, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.206,17 € (Überstundenvergütung) zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Mehrarbeit der Klägerin sei mit 12,63 € pro Stunde zu entlohnen. Während der aktiven Dienstzeit der Klägerin hätten ausschließlich dienstliche Gründe dem Freizeitausgleich entgegengestanden. Der Klägerin sei nicht anzulasten, dass sie aufgrund der beruflichen Beanspruchung dienstunfähig erkrankt sei. Hierfür dürfe sie nicht zusätzlich sanktioniert werden. In vergleichbaren Fällen habe der Beklagte Mehrarbeitsvergütung an Beamte bezahlt. Außerdem sei eine solche Benachteiligung hinsichtlich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) nicht haltbar.
Für den Beklagten erwiderte die Regierung von Oberfranken mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstelle, dass es sich bei den angefallenen 95,5 Überstunden um Mehrarbeit i. S. d. Art. 87 Abs. 2 Satz 3 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) handele, käme hierfür keine Vergütung in Betracht. Die Klägerin sei in den Jahren 2012 bis 2015 meist dienstunfähig erkrankt gewesen und habe sich in dieser Zeit zweier Wiedereingliederungsmaßnahmen unterzogen, die sich auf insgesamt sieben Monate erstreckt hätten. Im Zeitraum vom 1. September 2012 bis 5. August 2014 habe die Klägerin deshalb nur an 28 Arbeitstagen regulären Dienst und an zehn Tagen Wochenend- beziehungsweise Feiertagsdienst geleistet. An 287 Tagen sei sie dienstunfähig erkrankt und an 20 Tagen in einer Reha-Maßnahme gewesen. Dennoch sei es der Klägerin möglich gewesen, im Jahr 2012 40 Tage und im Jahr 2013 ebenfalls 40 Tage Urlaub zu nehmen. Im Jahr 2013 sei an zwei Tagen zum Überstundenabbau dienstfrei gewährt worden. Seit dem 6. August 2014 bis zur Ruhestandsversetzung sei ein weiterer Überstundenabbau an der Erkrankung der Klägerin gescheitert. Zwingende dienstliche Gründe i. S. d. Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG lägen demnach nicht vor. Die Erkrankung der Klägerin stelle einen persönlichen, nicht aber einen dienstlichen Grund dar. Gleiches gelte für die Ruhestandsversetzung aufgrund ihrer Dienstunfähigkeit, auch wenn diese aus dienstlichen Gründen erfolgt sei. Dem stehe auch keine Ungleichbehandlung i. S. d. des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes oder nach Art. 3 des Grundgesetzes (GG) entgegen. Nr. 61.1.1 BayVwVBes gewährleiste eine einheitliche Verwaltungspraxis, die Klägerin könne sich nicht auf eine Gleichbehandlung im Unrecht berufen. Auch die staatliche Rechnungsprüfung habe in einem Prüfbericht vom 28. Februar 2014 festgestellt, dass die in Einzelfällen erfolgte Abrechnung von Mehrarbeit in der JVA ... zu Unrecht erfolgt sei, woraufhin die JVA ... ihre Praxis korrigiert habe.
Für die Klägerin erwiderte ihre Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom
Die Regierung von Oberfranken trug mit Schriftsatz vom
- im Jahr 2010 52 Arbeitstage am Stück,
- in den Jahren 2010/2011 392 Arbeitstage am Stück,
- 2012 41 Arbeitstage in Teilabschnitten,
- 2013 bis zum
- 2014 bis
Eine im Jahr 2012 absolvierte Wiedereingliederungsmaßnahme der Klägerin, die im Oktober 2012 endete, habe nicht zum vollen Erfolg geführt, eine wesentliche Besserung der psychiatrischen Verhaltensstörung der Klägerin sei nicht eingetreten. Ein weiterer Wiedereingliederungsversuch ab dem 26. Mai 2014 sei mit der dauerhaften Erkrankung der Klägerin ab dem 6. August 2014 gescheitert. Aus Sicht der medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von Oberfranken sei von einer dauernden Unfähigkeit der Klägerin zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten ihrer bisherigen Tätigkeit und der Unmöglichkeit einer Wiederherstellung der vollen tätigkeitsbezogenen Leistungsfähigkeit auszugehen. Die JVA ... habe der Klägerin im Jahr 2012 und 2013 an insgesamt 80 Tagen Urlaub und im Jahr 2013 an zwei Tagen dienstfrei zum Überstundenabbau gewährt. Der Abbau weiterer Überstunden sei allein daran gescheitert, dass die Klägerin ab dem 6. August 2014 dauerhaft erkrankt gewesen sei. Ein Verstoß gegen § 1 AGG liege nicht vor, da die Schwerbehinderung der Klägerin hierfür nicht ausschlaggebend gewesen sei.
Mit Schriftsatz vom
Die Bevollmächtigte der Klägerin erklärte mit Schriftsatz vom
Ergänzend wird nach § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Gründe
1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Mehrarbeitsvergütung für 95,5 Mehrarbeitsstunden, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 20. Mai 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
a) Nach Art. 87 Abs. 2 Satz 1 BayBG sind Beamte und Beamtinnen verpflichtet, ohne Entschädigung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Für diese Verpflichtung werden Beamte gemäß Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG nur entschädigt, wenn sie durch dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden. Bezüglich der Art der Entschädigung sieht dabei Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG vor, dass innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit eine entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren ist. Nur wenn die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist, können Beamte an ihrer Stelle nach Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG eine Vergütung erhalten. Die Mehrarbeitsvergütung ist damit ein Surrogat für den ausschließlich aus dienstlichen Gründen nicht möglichen Freizeitausgleich.
b) Vorliegend stellt aber die Tatsache, dass es der Klägerin infolge ihrer Dienstunfähigkeit und anschließenden Ruhestandsversetzung nicht möglich war, den ihr zustehenden Freizeitausgleich zu nehmen, keinen zwingenden dienstlichen Grund im Sinne des Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG dar. Zwingende dienstliche Gründe sind nur solche Gründe, die in der Sphäre des Dienstherrn liegen und nicht der Sphäre des Beamten zuzurechnen sind. Demgegenüber erfüllen in der Person des Beamten liegende Gründe, insbesondere eine Erkrankung, die die fristgerechte Dienstbefreiung hindern, die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht (BVerwG, B. v. 24.5.1985 - 2 B 45/85 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 26; BayVGH, B. v. 6.11.2006 - 3 ZB 03.3190 - juris; NdsOVG, B. v. 29.4.2013 - 5 LA 186/12 - ZBR 2013, 265; VG München, U. v. 25.6.2013 - M 5 K 11.4573 - juris Rn. 18). Auch in Nr. 61.1.1 Satz 4 BayVwVBes wird dies dahingehend konkretisiert, dass eine Mehrarbeitsvergütung nicht geleistet werden kann, wenn ein geplanter Freizeitausgleich aufgrund persönlicher Gründe - worunter ausdrücklich sowohl eine plötzlich aufgetretene Krankheit als auch die Pensionierung zu fassen sind - nicht möglich war.
Hier lagen ausschließlich persönliche Gründe für die Unmöglichkeit des Freizeitausgleichs vor. Auf die Ursache für Fehlzeiten der Klägerin im Jahr 2011 kommt es nicht entscheidend an. Denn schon in der Zeit vom 1. September 2012 bis zum 5. August 2014 leistete die Klägerin lediglich an 28 Arbeitstagen regulären Dienst und an 10 Arbeitstagen Wochenend- bzw. Feiertagsdienst. Dagegen war sie an 287 Tagen erkrankt und an weiteren 20 Tagen in einer Reha-Maßnahme. Ab dem 6. August 2014 war sie bis zu ihrer Ruhestandsversetzung zum 31. März 2015 durchgehend dienstunfähig erkrankt. Dass der in erster Linie zu beanspruchende Freizeitausgleich aus anderen Gründen als der Erkrankung gescheitert wäre, ist nicht ersichtlich und auch von den Beteiligten nicht vorgetragen. Dagegen spricht schon, dass es der Klägerin in den Jahren 2012 und 2013 möglich war, jeweils 40 Tage Erholungsurlaub zu nehmen.
c) In der Ablehnung einer Mehrarbeitsvergütung liegt weder ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Sachliche Gründe rechtfertigen es, die Zahlung von Mehrarbeitsvergütung auf diejenigen Beamten zu beschränken, die sich tatsächlich im Dienst befinden. Bei der Mehrarbeitsvergütung handelt es sich nicht um eine Vergütung von Überstunden. Eine Abrechnung nach Arbeitsstunden, auch wenn sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus anfallen, wird nicht von der Leitvorstellung umfasst, wonach die Besoldung die vom Staat festgesetzte Gegenleistung dafür ist, dass sich ihm der Beamte mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflichten nach Kräften erfüllt. Danach stehen Besoldung und Dienstleistung nicht in einem unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis. Vielmehr ist der Beamte prinzipiell verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen unentgeltlich über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu erbringen. Auch diese „Mehrleistung“ ist grundsätzlich mit den Dienstbezügen abgegolten. Vor diesem Hintergrund dient die Mehrarbeitsvergütung dazu, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass aus zwingenden dienstlichen Gründen - und nur aus diesen - die grundsätzlich vorgesehene Dienstbefreiung nicht erteilt werden kann. Die Mehrarbeitsvergütung tritt mit anderen Worten an die Stelle der primär geschuldeten Dienstbefreiung und nicht an die Stelle der geleisteten Mehrarbeit als solcher. Es besteht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Möglichkeit, vom Dienst befreit zu werden, und dem Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung. Der vorgenannte Zusammenhang ist unterbrochen, wenn der Beamte ohnehin keinen Dienst leistet. Da er naturgemäß keine Dienstbefreiung beanspruchen kann, besteht zugleich kein Anspruch auf das Surrogat in Form von Mehrarbeitsvergütung. Der Beamte befindet sich insofern in keiner anderen Lage als ein Beamter, der während seiner dienstfreien Tage oder aber während einer gewährten Dienstbefreiung erkrankt. Auch in diesen Fällen wird - ohne dass dies zu beanstanden wäre - kein weiterer Freizeitausgleich gewährt. Denn der Dienstherr, der den Beamten auch bei Dienstunfähigkeit fortwährend alimentiert und bereits damit besondere Rücksicht nimmt, ist nicht verpflichtet, jeden weiteren mit der Dienstunfähigkeit verbundenen, in der Sphäre des Beamten wurzelnden Nachteil auszugleichen (VG München, U. v. 25.6.2013 - M 5 K 11.4573 - juris Rn. 21 ff.).
d) Dem kann daher auch nicht entgegengehalten werden, die Ruhestandsversetzung der Klägerin sei aus dienstlichen Gründen erfolgt und diese stellten zwingende dienstliche Gründe i. S. v. Art. 87 Abs. 2 Satz 3 BayBG dar (so aber VG Würzburg, U. v. 5.3.2013 - W 1 K 12.455 - juris Rn. 29). Denn das Stufenverhältnis zwischen Freizeitausgleich und Mehrarbeitsvergütung rechtfertigt es, darauf abzustellen, ob in der Person des Beamten Gründe vorlagen, die den Freizeitausgleich verhindert haben (BayVGH, B. v. 17.09.2014 - 3 ZB 13.1516 - juris Rn. 9 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf VG Würzburg, U. v. 5.3.2013, a. a. O.). Dementsprechend kann auch die von der Klägerin vorgetragene verzögerte Wiedereingliederung zu keiner anderen Bewertung führen.
e) Dass in vergleichbaren Einzelfällen bei der JVA ... dennoch eine Mehrarbeitsvergütung bezahlt wurde, führt nicht dazu, dass auch die Klägerin aus Gründen der Gleichbehandlung hierauf einen Anspruch hätte. Die rechtswidrige Praxis wurde vom Beklagten aufgrund der Beanstandung durch das Staatliche Rechnungsprüfungsamt beendet. Eine Gleichheit im Unrecht kann die Klägerin nicht für sich beanspruchen.
f) Ebenso liegt hier keine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung i. S. d. § 7 Abs. 1 i. V. m. § 24 Nr. 1 AGG vor. Dass die Klägerin mit der Schwerbehinderung ein Merkmal im Sinne des § 1 AGG aufweist, indiziert noch nicht, dass der Nachteil, den sie durch die Ablehnung der Mehrarbeitsvergütung erleidet, kausal auf dieses Merkmal zurückzuführen wäre (vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Auflage, § 7 AGG, Rn. 5). Aus dem Vortrag der Beteiligten und der vorgelegten Behördenakte sind aber keinerlei Indizien dafür ersichtlich, dass die Schwerbehinderung kausal für die Ablehnung der Mehrarbeitsvergütung gewesen sein könnte.
g) Auch ist die in Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG genannte Jahresfrist nicht so zu verstehen, dass der Dienstherr nach deren Ablauf gehalten ist, eine Vergütung zu zahlen. Durch den Fristablauf wird vielmehr die Sperre beseitigt, welche die Zahlung einer Vergütung verbietet, Nr. 61.1.2 Satz 2 und 3 BayVwVBes. Demzufolge hätte die Klägerin auch nach dem Ablauf des Jahres, in dem die Mehrarbeit angefallen war, noch in Freizeitausgleich gehen können, wäre sie nicht dienstunfähig gewesen.
2. Eine Mehrarbeitsvergütung kommt hier außerdem nach Art. 87 Abs. 2 Satz 2 BayBG und Art. 61 Abs. 1 Satz 1 BayBesG nicht in Betracht, da es sich bei den Überstunden der Klägerin nicht um angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit gehandelt hat. Die Anordnung von Mehrarbeit beziehungsweise ihre nachträgliche Genehmigung müsste schriftlich erteilt worden sein, Nr. 6.1.1 Satz 1 BayVwVBes. Aus dem Erfordernis einer der Rechtsklarheit dienenden schriftlichen Anordnung der Mehrarbeit wird gefolgert, dass die schriftliche Anordnung ausdrücklich ergehen muss, d. h. dass Mehrarbeit nur dann vergütungspflichtig und damit auch vergütungsfähig ist, wenn sie ausdrücklich als solche, also als Mehrarbeit, angeordnet wird (VGH BW, B. v. 11.12.1997 - 4 S 2759/95 - juris Rn. 8; VG München, U. v. 16.12.2008 - M 5 K 07.3707 - juris Rn. 17). Zudem handelt es sich bei der Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit um einen Verwaltungsakt, der sich auf konkrete, zeitlich abgrenzbare Mehrarbeitstatbestände beziehen und von einem entsprechenden Willen des Dienstherrn getragen sein muss (VG München, U. v. 1.7.2003 - M 5 K 02.1390 - juris Rn. 19). Beides sind Ermessensentscheidungen, die unter Abwägung der im konkreten Zeitpunkt maßgebenden Umstände zu treffen sind. Der Dienstherr muss dabei prüfen, ob nach den dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt eine Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll (VG München, U. v. 2.10.2013 - M 5 K 12.3848 - juris Rn. 20).
Eine derartige einzelfallbezogene Entscheidung hat der Beklagte nicht getroffen, da er keinen konkret bestimmbaren Willen äußerte, dass die Klägerin Mehrarbeit leisten solle. Insbesondere genügt für die Anordnung von Mehrarbeit nicht schon die bloße Aufstellung eines Dienstplanes, selbst wenn dieser wie bei der Klägerin zwingend zu einer Überschreitung der von ihr in Teilzeit zu erbringenden regelmäßigen Wochenarbeitszeit und damit zu Mehrarbeit führen musste (BVerwG, U. v. 28.5.2003 - 2 C 35/02 - juris).
2. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach § 124 und § 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder
Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in den § 3 und § 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder
Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,
1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 1.206,17 € festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Streitwertbeschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth, oder
Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eingelegt werden. Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
eingeht.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
Tatbestand
- 1
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Die Beteiligten streiten über den Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienstzeiten im Polizeivollzugsdienst.
- 2
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Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter bei der Bundespolizei. Er war in den Jahren 2010, 2011 und 2012 für jeweils ca. drei Monate bei den deutschen Botschaften in Bagdad und in Kabul tätig und hat dort Aufgaben des Personen- und Objektschutzes wahrgenommen. In dieser Zeit war er jeweils an das Auswärtige Amt abgeordnet und erhielt zusätzlich zu seinen regelmäßigen Bezügen Auslandsbesoldung.
- 3
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Im Rahmen des Dienstes bei den deutschen Botschaften in Kabul und in Bagdad - bei dem aus Sicherheitsgründen das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen verlassen werden durfte - fielen als Mehrarbeit angeordnete Überstunden an, für die Freizeitausgleich gewährt wurde. Die Beklagte hat Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdienst dabei zeitlich nur hälftig in Ansatz gebracht; bei der deutschen Botschaft in Bagdad als Rufbereitschaftsdienst gewertete Zeiten hat sie zu einem Achtel als Mehrarbeit berücksichtigt.
- 4
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Das Berufungsgericht hat dem Kläger pro Bereitschaftsstunde eine Stunde Freizeitausgleich zuerkannt, weil die streitgegenständlichen Zeiten als Bereitschaftsdienst und nicht nur als Rufbereitschaftsdienst einzuordnen seien. In den über den Dienst der Polizeivollzugsbeamten geführten Stundenlisten seien mit dem Begriff "Bereitschaft 100 %" Volldienst-Zeiten gekennzeichnet, mit dem Begriff "Bereitschaft 50 %" dagegen die Bereitschaftsdienst-Zeiten. Diese Bereitschaftsstunden seien als Mehrarbeit angeordnet worden. Hieraus ergebe sich gemäß § 88 Satz 2 BBG ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich. Eine Differenzierung beim Umfang des Freizeitausgleichs nach der Arbeitsintensität sei weder mit dem Wortlaut der Norm noch mit unionsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren. Hingegen könnten weitere Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als nach nationalem Recht oder nach Unionsrecht ausgleichspflichtige Arbeitszeiten angesehen werden. Sie seien außerdem nicht als Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden. Des Weiteren hätten die Beamten - wie der Kläger - auch nie die Rechtswidrigkeit dieser Zeiten vorgetragen und Ausgleichsansprüche auch erst nach Beendigung dieser Zeiten geltend gemacht. Schließlich könne für die Zeit des Freizeitausgleichs weder eine Verlängerung der Abordnung noch die Zahlung von Auslandsbesoldung verlangt werden. Auslandsdienstbezüge setzten einen dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland voraus.
- 5
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Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Begehren gegenüber der Beklagten weiter, auch Rufbereitschaftszeiten und bloße Anwesenheitszeiten als Bereitschaftsdienst und damit als Mehrarbeit anzuerkennen und deshalb für mehr Zeiten als bislang einen Freizeitausgleich zu gewähren, die Abordnung an das Auswärtige Amt im Ausgleichszeitraum zu verlängern und Auslandsbesoldung im Ausgleichszeitraum weiterzuzahlen.
- 6
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist, und nach seinen Schlussanträgen in der 1. Instanz zu erkennen.
- 7
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision des Klägers zurückzuweisen
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und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Beklagte verpflichtet wurde, dem Kläger weitere Dienstbefreiung (Freizeitausgleich) für die streitbefangenen Abordnungszeiträume in Höhe des von den Vorinstanzen zugesprochenen Umfangs zu gewähren.
- 8
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Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass der Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienst geringer ausfallen dürfe als bei Volldienst.
- 9
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Der Kläger beantragt,
-
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, weil bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes voller Freizeitausgleich zu gewähren ist (1.). Die Revision des Klägers ist unbegründet (2.), weil für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände kein Anspruch auf Freizeitausgleich besteht (a) und bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland weder ein Anspruch auf Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft besteht (b) noch Auslandsbezüge zu gewähren sind (c).
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1. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes ist gemäß § 88 Satz 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) in der insoweit unverändert gültigen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) voller Freizeitausgleich zu gewähren.
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a) Nach § 88 Satz 2 BBG ist Beamtinnen und Beamten, die durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Voraussetzung für den Freizeitausgleich ist damit, dass Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden ist; es kommt nicht darauf an, ob sie auch angeordnet oder genehmigt werden durfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).
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Mehrarbeit im Sinne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der einer Arbeitszeitregelung unterliegende Beamte aufgrund dienstlicher Anordnung oder Genehmigung zur Wahrnehmung der Obliegenheiten des Hauptamts oder, soweit ihm ein Amt nicht verliehen ist, zur Erfüllung der einem Hauptamt entsprechenden Aufgaben über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus - d.h. nicht im Rahmen des normalen Arbeitsumfangs - verrichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <68> = juris Rn. 14 f.).
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Die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit unterliegt keinem Schriftformerfordernis, sie muss sich aber auf konkrete und zeitlich abgegrenzte Mehrarbeitstatbestände beziehen; nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Anordnung oder Genehmigung die Anzahl der zu leistenden oder bereits geleisteten Mehrarbeitsstunden bekannt ist. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buchholz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = juris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = juris Rn. 14 und vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <69> = juris Rn. 18).
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Bereitschaftsdienst ist nach § 88 Satz 2 BBG abgeltungsfähiger Dienst (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41). Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat und erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90.07 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Legaldefinition in § 2 Nr. 12 Arbeitszeitverordnung - AZV - vom 23. Februar 2006
).
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b) "Entsprechende Dienstbefreiung" in § 88 Satz 2 BBG heißt bei Bereitschaftsdienst - ebenso wie bei Volldienst - voller Freizeitausgleich im Verhältnis "1 zu 1". Dies ergibt sich aus der Auslegung dieser Bestimmung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie ihrer Entstehungsgeschichte.
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Der Wortlaut der Norm schließt es zwar nicht aus, zur Bestimmung des Umfangs des zu gewährenden Freizeitausgleichs auf das Maß und die Intensität der Inanspruchnahme während der geleisteten Mehrarbeit abzustellen, legt aber wegen des Fehlens der Benennung dieses Kriteriums gleichwohl nahe, dass allein an den zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit angeknüpft und damit ohne Unterscheidung nach der Art des Dienstes - Volldienst oder Bereitschaftsdienst - voller Freizeitausgleich gewährt wird.
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Entscheidend für die Auslegung, dass auch bei Bereitschaftsdienst ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich besteht, sprechen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach besonderer dienstlicher Beanspruchung dient der Freizeitausgleichsanspruch nicht in erster Linie der Regeneration des durch Mehrarbeit überobligationsmäßig herangezogenen Beamten. Dienstbefreiung für Mehrarbeit soll vielmehr die Einhaltung der regelmäßigen Arbeitszeit - jedenfalls im Gesamtergebnis - gewährleisten. Dem Beamten soll in ungeschmälertem Umfang Freizeit zur Verwendung nach seinen persönlichen Bedürfnissen und Interessen zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 1970 - 2 C 45.68 - BVerwGE 37, 21 <24 f.> = juris Rn. 31 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der gesetzlichen Arbeitszeitregelung ergebende Freizeit hat der Beamte auch dann einen Anspruch, wenn er sie nicht zur Wiederherstellung seiner Kräfte benötigt.
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Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entstehungsgeschichte der Norm. Der Begriff der "entsprechenden" Dienstbefreiung wurde 1965 in den damals den Freizeitausgleichsanspruch regelnden § 72 Abs. 2 BBG eingefügt. Zurück ging diese Formulierung auf einen Vorschlag aus der Mitte des Bundestages, wonach dem Mehrarbeit leistenden Beamten "dem Umfang der Mehrleistungen entsprechend" Dienstbefreiung zu gewähren sein sollte (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Beabsichtigt war eine "klare gesetzliche Regelung ... des Umfanges der als Äquivalent für die gegenüber der regelmäßigen Arbeitszeit erhöhten Dienstleistungen zu gewährenden Dienstbefreiung". Ohne dass damit eine Inhaltsänderung beabsichtigt war, erhielt der Freizeitausgleichsanspruch in § 72 Abs. 2 BBG sodann die auch heute in § 88 Satz 2 BBG enthaltene Fassung, wonach "entsprechende Dienstbefreiung" gewährt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Entsprechend" meint damit dem (zeitlichen) Umfang - nicht: der Intensität der Mehrleistung - entsprechend.
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c) Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist Bereitschaftsdienst hinsichtlich der Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit ohne Einschränkung wie Volldienst zu behandeln (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98 [ECLI: EU:C:2000:528], Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. September 2003 - C-151/02 [ECLI:EU:C:2003:437], Jaeger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. Dezember 2005 - C-14/04 [ECLI:EU:C:2005:728], Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05 [ECLI:EU:C:2007:23], Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung - Arbeitszeitrichtlinie - definiert den Begriff der Arbeitszeit, der autonom, d.h. unabhängig von nationalstaatlichen Erwägungen und Besonderheiten auszulegen ist, weil nur so die einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten sichergestellt werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die Anwendung dieses Arbeitszeitbegriffs ist zwar auf den Regelungsbereich der Richtlinie beschränkt und erstreckt sich deshalb nicht auf Fragen der Vergütung (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Schadensersatzes (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 [ECLI:EU:C:2010:717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit steht aber der Umfang der zu leistenden Arbeitszeit selbst in Rede. Würde Bereitschaftsdienst nicht in vollem Umfang ausgeglichen, müssten die betroffenen Beamten ggf. mehr als die in der Arbeitszeitrichtlinie festgelegten 48 Wochenstunden arbeiten.
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2. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände besteht kein Anspruch auf Freizeitausgleich (a). Der Kläger kann bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland auch weder eine Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft (b) noch Auslandsbezüge beanspruchen (c).
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a) Soweit der Kläger für weitere Anwesenheitszeiten auf dem Gelände der deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad einen Anspruch auf Freizeitausgleich geltend macht, hat er hierauf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anspruch.
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aa) Ein Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit kann sich unter bestimmten Voraussetzungen nach § 88 Satz 2 BGB ergeben, wenn es sich um Volldienst oder - wie unter 1. auch hinsichtlich des Umfangs des Freizeitausgleichsanspruchs ausgeführt - um Bereitschaftsdienst handelt. Hingegen kann Rufbereitschaft Freizeitausgleichsansprüche nach § 88 Satz 2 BBG nicht begründen. Denn Rufbereitschaft als Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können (vgl. § 2 Nr. 11 Arbeitszeitverordnung - AZV - in der unverändert gültigen Fassung vom 23. Februar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zeiten, für die sie angeordnet ist, - anders als Bereitschaftsdienst - keine Arbeitszeit (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41 und vom 12. Dezember 1979 - 6 C 96.78 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = juris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und damit auch kein tauglicher Gegenstand von Mehrarbeit nach § 88 Satz 2 BBG.
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Ungeachtet dessen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Rufbereitschaft ein Anspruch auf Freizeitausgleich entstehen: Hat die Beamtin oder der Beamte über die Arbeitszeit hinaus mehr als zehn Stunden im Kalenderjahr Rufbereitschaft, wird innerhalb von zwölf Monaten ein Achtel der über zehn Stunden hinausgehenden Zeit bei feststehender Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei gleitender Arbeitszeit dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede.
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Außerdem kann sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich aus dem auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützten beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch ergeben: Zieht der Dienstherr Beamte über die regelmäßige Dienstzeit hinaus zum Dienst heran, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig und haben die Beamten einen Anspruch darauf, dass sie unterbleibt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Dieser Billigkeitsanspruch kommt indes nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde; die Geltendmachung durch den Beamten dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.).
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Schließlich kann sich im Einzelfall ein Freizeitausgleichsanspruch aus einem unionsrechtlichen Haftungsanspruch ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (erstmals: Urteil vom 19. November 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mitgliedstaat für Schäden haften, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden sind, wenn die verletzte Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Im Falle des Ausgleichsanspruchs wegen rechtswidriger Zuvielarbeit erfordert der Haftungsanspruch des Weiteren, dass der Beamte ihn ausdrücklich gegenüber seinem Dienstherrn geltend macht (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 16.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).
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bb) Ansprüche dieser Art hat das Berufungsgericht für die vom Kläger geltend gemachten Anwesenheitszeiten rechtsfehlerfrei verneint.
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Weitere Ansprüche aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht gegeben. Die gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts zu weiteren als den von der Beklagten bereits als ausgleichspflichtige Zeiten des Bereitschaftsdienstes und des Rufbereitschaftsdienstes gewerteten Anwesenheitszeiten der in den deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad mit Aufgaben des Personen- und Objektschutzes betrauten Bundespolizisten lassen eine Einordnung als Bereitschaftsdienst oder als Rufbereitschaftsdienst nicht zu. Insbesondere ist für diese Zeiträume keine Pflicht der Bundespolizisten festgestellt, sich für einen Einsatz an einem bestimmten Ort aufzuhalten oder auch nur für einen solchen Einsatz in Rufbereitschaft zu sein. Die Anordnung, das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen zu verlassen, diente nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Sicherheit der Bundespolizisten, versetzte sie aber nicht in einen Bereitschaftsdienst und bezweckte auch nicht, im Bedarfsfall eine alsbaldige Dienstaufnahme zu ermöglichen.
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Auch ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch und ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch bestehen nicht. Zum einen sind - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die bloßen Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als ausgleichsfähige Arbeitszeit zu qualifizieren. Zum anderen fehlt es jedenfalls auch an der erforderlichen rechtzeitigen Geltendmachung; hier wurden Ansprüche lediglich im Nachhinein, also nach Ablauf des fraglichen Zeitraums, geltend gemacht.
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b) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland seine Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft verlängert werden.
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Ein Beamter hat kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amtes. Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 2004 - 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56>, vom 22. Juni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. September 2008 - 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Eine Abordnung nach § 27 Abs. 1 BBG und die anschließende Zuweisung eines konkreten Dienstpostens stehen im Ermessen des Dienstherrn, dem insoweit sehr weite Grenzen gesetzt sind. Ein Beamter kann abgeordnet werden, wenn hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht. Ebenso kann die Abordnung wieder aufgehoben werden, wenn dieses dienstliche Bedürfnis weggefallen ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Einschätzung des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - juris Rn. 4). Ein Anspruch des Beamten auf eine Abordnung - und hier zusätzlich auf Zuordnung eines bestimmten Dienstpostens, welcher die Voraussetzung der Gewährung von Auslandsdienstbezügen bilden soll - kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht.
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Ausgehend davon hat das Berufungsgericht die Entscheidung der Beklagten, für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland eine erneute Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung zur deutschen Botschaft abzulehnen, zu Recht als nicht ermessensfehlerhaft angesehen. Für das klägerische Begehren ist ein dienstliches Bedürfnis nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Weiterführung von Abordnung und - ohnehin nur "fiktiv" gewollter - Verwendung im Ausland nicht zur ordnungsgemäßen Abgeltung des zu gewährenden Freizeitausgleichs erforderlich. Dass während der Verwendung an der Botschaft Auslandsbesoldung gezahlt worden ist, für deren weiteren Erhalt mit der begehrten Abordnung und (fiktiven) Verwendung die rechtliche Grundlage geschaffen werden soll, entfaltet keine das Ermessen der Beklagten einschränkende Wirkung.
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c) Der Kläger hat schließlich wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland keinen Anspruch auf Auslandsbesoldung.
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Anknüpfungspunkt und wesentliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Auslandsbesoldung ist der ausländische Dienstort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslZuschlV). Bei diesem handelt es sich um den dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz des Beamten im Ausland. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass nur der Bedienstete, der im Ausland auch tatsächlich wohnt, den mit der Auslandsverwendung typischerweise verbundenen materiellen und immateriellen Belastungen sowie Erschwernissen unterliegt, die eine besondere Abgeltung durch Auslandsdienstbezüge rechtfertigen. Diese Belastungen sind in der Regel nur bei einer ständigen, auf gewisse Dauer angelegten Tätigkeit und der damit verbundenen Verlagerung des Lebensmittelpunktes in das Ausland gegeben.
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Dementsprechend werden Auslandsdienstbezüge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Eintreffen am ausländischen Dienstort bis zum Tag vor der Abreise aus diesem Ort gezahlt. Diese unmittelbar nur Umsetzung und Versetzung betreffende Vorschrift gilt entsprechend u.a. für eine mehr als dreimonatige Abordnung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch dieser Regelung ist, dass Auslandsdienstbezüge dem Beamten ausschließlich für den Zeitraum gewährt werden sollen, in welchem die besonderen Bedingungen des jeweiligen Auslandsdienstortes auch tatsächlich vorlagen.
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Letztlich wird die Fortzahlung der Auslandsdienstbezüge für einen Zeitraum begehrt, in dem der Beamte seinen Wohnsitz (vgl. § 7 BGB) wieder im Inland begründet hatte und kein Dienstort im Ausland mehr bestand. Ein Dienstort im Ausland ist aber Voraussetzung der Auslandsbesoldung.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO. Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, weil der Anteil des Unterliegens der Beklagten nicht ins Gewicht fällt.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird.
(2) Die oder der Dienstvorgesetzte kann, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern, anweisen, dass die Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen ist.
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über den Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienstzeiten im Polizeivollzugsdienst.
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Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter bei der Bundespolizei. Er war in den Jahren 2010, 2011 und 2012 für jeweils ca. drei Monate bei den deutschen Botschaften in Bagdad und in Kabul tätig und hat dort Aufgaben des Personen- und Objektschutzes wahrgenommen. In dieser Zeit war er jeweils an das Auswärtige Amt abgeordnet und erhielt zusätzlich zu seinen regelmäßigen Bezügen Auslandsbesoldung.
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Im Rahmen des Dienstes bei den deutschen Botschaften in Kabul und in Bagdad - bei dem aus Sicherheitsgründen das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen verlassen werden durfte - fielen als Mehrarbeit angeordnete Überstunden an, für die Freizeitausgleich gewährt wurde. Die Beklagte hat Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdienst dabei zeitlich nur hälftig in Ansatz gebracht; bei der deutschen Botschaft in Bagdad als Rufbereitschaftsdienst gewertete Zeiten hat sie zu einem Achtel als Mehrarbeit berücksichtigt.
- 4
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Das Berufungsgericht hat dem Kläger pro Bereitschaftsstunde eine Stunde Freizeitausgleich zuerkannt, weil die streitgegenständlichen Zeiten als Bereitschaftsdienst und nicht nur als Rufbereitschaftsdienst einzuordnen seien. In den über den Dienst der Polizeivollzugsbeamten geführten Stundenlisten seien mit dem Begriff "Bereitschaft 100 %" Volldienst-Zeiten gekennzeichnet, mit dem Begriff "Bereitschaft 50 %" dagegen die Bereitschaftsdienst-Zeiten. Diese Bereitschaftsstunden seien als Mehrarbeit angeordnet worden. Hieraus ergebe sich gemäß § 88 Satz 2 BBG ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich. Eine Differenzierung beim Umfang des Freizeitausgleichs nach der Arbeitsintensität sei weder mit dem Wortlaut der Norm noch mit unionsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren. Hingegen könnten weitere Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als nach nationalem Recht oder nach Unionsrecht ausgleichspflichtige Arbeitszeiten angesehen werden. Sie seien außerdem nicht als Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden. Des Weiteren hätten die Beamten - wie der Kläger - auch nie die Rechtswidrigkeit dieser Zeiten vorgetragen und Ausgleichsansprüche auch erst nach Beendigung dieser Zeiten geltend gemacht. Schließlich könne für die Zeit des Freizeitausgleichs weder eine Verlängerung der Abordnung noch die Zahlung von Auslandsbesoldung verlangt werden. Auslandsdienstbezüge setzten einen dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland voraus.
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Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Begehren gegenüber der Beklagten weiter, auch Rufbereitschaftszeiten und bloße Anwesenheitszeiten als Bereitschaftsdienst und damit als Mehrarbeit anzuerkennen und deshalb für mehr Zeiten als bislang einen Freizeitausgleich zu gewähren, die Abordnung an das Auswärtige Amt im Ausgleichszeitraum zu verlängern und Auslandsbesoldung im Ausgleichszeitraum weiterzuzahlen.
- 6
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist, und nach seinen Schlussanträgen in der 1. Instanz zu erkennen.
- 7
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Die Beklagte beantragt,
-
die Revision des Klägers zurückzuweisen
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und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Beklagte verpflichtet wurde, dem Kläger weitere Dienstbefreiung (Freizeitausgleich) für die streitbefangenen Abordnungszeiträume in Höhe des von den Vorinstanzen zugesprochenen Umfangs zu gewähren.
- 8
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Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass der Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienst geringer ausfallen dürfe als bei Volldienst.
- 9
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Der Kläger beantragt,
-
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, weil bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes voller Freizeitausgleich zu gewähren ist (1.). Die Revision des Klägers ist unbegründet (2.), weil für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände kein Anspruch auf Freizeitausgleich besteht (a) und bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland weder ein Anspruch auf Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft besteht (b) noch Auslandsbezüge zu gewähren sind (c).
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1. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes ist gemäß § 88 Satz 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) in der insoweit unverändert gültigen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) voller Freizeitausgleich zu gewähren.
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a) Nach § 88 Satz 2 BBG ist Beamtinnen und Beamten, die durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Voraussetzung für den Freizeitausgleich ist damit, dass Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden ist; es kommt nicht darauf an, ob sie auch angeordnet oder genehmigt werden durfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).
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Mehrarbeit im Sinne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der einer Arbeitszeitregelung unterliegende Beamte aufgrund dienstlicher Anordnung oder Genehmigung zur Wahrnehmung der Obliegenheiten des Hauptamts oder, soweit ihm ein Amt nicht verliehen ist, zur Erfüllung der einem Hauptamt entsprechenden Aufgaben über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus - d.h. nicht im Rahmen des normalen Arbeitsumfangs - verrichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <68> = juris Rn. 14 f.).
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Die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit unterliegt keinem Schriftformerfordernis, sie muss sich aber auf konkrete und zeitlich abgegrenzte Mehrarbeitstatbestände beziehen; nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Anordnung oder Genehmigung die Anzahl der zu leistenden oder bereits geleisteten Mehrarbeitsstunden bekannt ist. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buchholz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = juris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = juris Rn. 14 und vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <69> = juris Rn. 18).
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Bereitschaftsdienst ist nach § 88 Satz 2 BBG abgeltungsfähiger Dienst (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41). Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat und erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90.07 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Legaldefinition in § 2 Nr. 12 Arbeitszeitverordnung - AZV - vom 23. Februar 2006
).
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b) "Entsprechende Dienstbefreiung" in § 88 Satz 2 BBG heißt bei Bereitschaftsdienst - ebenso wie bei Volldienst - voller Freizeitausgleich im Verhältnis "1 zu 1". Dies ergibt sich aus der Auslegung dieser Bestimmung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie ihrer Entstehungsgeschichte.
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Der Wortlaut der Norm schließt es zwar nicht aus, zur Bestimmung des Umfangs des zu gewährenden Freizeitausgleichs auf das Maß und die Intensität der Inanspruchnahme während der geleisteten Mehrarbeit abzustellen, legt aber wegen des Fehlens der Benennung dieses Kriteriums gleichwohl nahe, dass allein an den zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit angeknüpft und damit ohne Unterscheidung nach der Art des Dienstes - Volldienst oder Bereitschaftsdienst - voller Freizeitausgleich gewährt wird.
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Entscheidend für die Auslegung, dass auch bei Bereitschaftsdienst ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich besteht, sprechen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach besonderer dienstlicher Beanspruchung dient der Freizeitausgleichsanspruch nicht in erster Linie der Regeneration des durch Mehrarbeit überobligationsmäßig herangezogenen Beamten. Dienstbefreiung für Mehrarbeit soll vielmehr die Einhaltung der regelmäßigen Arbeitszeit - jedenfalls im Gesamtergebnis - gewährleisten. Dem Beamten soll in ungeschmälertem Umfang Freizeit zur Verwendung nach seinen persönlichen Bedürfnissen und Interessen zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 1970 - 2 C 45.68 - BVerwGE 37, 21 <24 f.> = juris Rn. 31 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der gesetzlichen Arbeitszeitregelung ergebende Freizeit hat der Beamte auch dann einen Anspruch, wenn er sie nicht zur Wiederherstellung seiner Kräfte benötigt.
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Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entstehungsgeschichte der Norm. Der Begriff der "entsprechenden" Dienstbefreiung wurde 1965 in den damals den Freizeitausgleichsanspruch regelnden § 72 Abs. 2 BBG eingefügt. Zurück ging diese Formulierung auf einen Vorschlag aus der Mitte des Bundestages, wonach dem Mehrarbeit leistenden Beamten "dem Umfang der Mehrleistungen entsprechend" Dienstbefreiung zu gewähren sein sollte (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Beabsichtigt war eine "klare gesetzliche Regelung ... des Umfanges der als Äquivalent für die gegenüber der regelmäßigen Arbeitszeit erhöhten Dienstleistungen zu gewährenden Dienstbefreiung". Ohne dass damit eine Inhaltsänderung beabsichtigt war, erhielt der Freizeitausgleichsanspruch in § 72 Abs. 2 BBG sodann die auch heute in § 88 Satz 2 BBG enthaltene Fassung, wonach "entsprechende Dienstbefreiung" gewährt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Entsprechend" meint damit dem (zeitlichen) Umfang - nicht: der Intensität der Mehrleistung - entsprechend.
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c) Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist Bereitschaftsdienst hinsichtlich der Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit ohne Einschränkung wie Volldienst zu behandeln (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98 [ECLI: EU:C:2000:528], Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. September 2003 - C-151/02 [ECLI:EU:C:2003:437], Jaeger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. Dezember 2005 - C-14/04 [ECLI:EU:C:2005:728], Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05 [ECLI:EU:C:2007:23], Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung - Arbeitszeitrichtlinie - definiert den Begriff der Arbeitszeit, der autonom, d.h. unabhängig von nationalstaatlichen Erwägungen und Besonderheiten auszulegen ist, weil nur so die einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten sichergestellt werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die Anwendung dieses Arbeitszeitbegriffs ist zwar auf den Regelungsbereich der Richtlinie beschränkt und erstreckt sich deshalb nicht auf Fragen der Vergütung (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Schadensersatzes (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 [ECLI:EU:C:2010:717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit steht aber der Umfang der zu leistenden Arbeitszeit selbst in Rede. Würde Bereitschaftsdienst nicht in vollem Umfang ausgeglichen, müssten die betroffenen Beamten ggf. mehr als die in der Arbeitszeitrichtlinie festgelegten 48 Wochenstunden arbeiten.
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2. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände besteht kein Anspruch auf Freizeitausgleich (a). Der Kläger kann bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland auch weder eine Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft (b) noch Auslandsbezüge beanspruchen (c).
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a) Soweit der Kläger für weitere Anwesenheitszeiten auf dem Gelände der deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad einen Anspruch auf Freizeitausgleich geltend macht, hat er hierauf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anspruch.
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aa) Ein Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit kann sich unter bestimmten Voraussetzungen nach § 88 Satz 2 BGB ergeben, wenn es sich um Volldienst oder - wie unter 1. auch hinsichtlich des Umfangs des Freizeitausgleichsanspruchs ausgeführt - um Bereitschaftsdienst handelt. Hingegen kann Rufbereitschaft Freizeitausgleichsansprüche nach § 88 Satz 2 BBG nicht begründen. Denn Rufbereitschaft als Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können (vgl. § 2 Nr. 11 Arbeitszeitverordnung - AZV - in der unverändert gültigen Fassung vom 23. Februar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zeiten, für die sie angeordnet ist, - anders als Bereitschaftsdienst - keine Arbeitszeit (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41 und vom 12. Dezember 1979 - 6 C 96.78 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = juris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und damit auch kein tauglicher Gegenstand von Mehrarbeit nach § 88 Satz 2 BBG.
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Ungeachtet dessen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Rufbereitschaft ein Anspruch auf Freizeitausgleich entstehen: Hat die Beamtin oder der Beamte über die Arbeitszeit hinaus mehr als zehn Stunden im Kalenderjahr Rufbereitschaft, wird innerhalb von zwölf Monaten ein Achtel der über zehn Stunden hinausgehenden Zeit bei feststehender Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei gleitender Arbeitszeit dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede.
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Außerdem kann sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich aus dem auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützten beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch ergeben: Zieht der Dienstherr Beamte über die regelmäßige Dienstzeit hinaus zum Dienst heran, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig und haben die Beamten einen Anspruch darauf, dass sie unterbleibt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Dieser Billigkeitsanspruch kommt indes nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde; die Geltendmachung durch den Beamten dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.).
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Schließlich kann sich im Einzelfall ein Freizeitausgleichsanspruch aus einem unionsrechtlichen Haftungsanspruch ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (erstmals: Urteil vom 19. November 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mitgliedstaat für Schäden haften, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden sind, wenn die verletzte Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Im Falle des Ausgleichsanspruchs wegen rechtswidriger Zuvielarbeit erfordert der Haftungsanspruch des Weiteren, dass der Beamte ihn ausdrücklich gegenüber seinem Dienstherrn geltend macht (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 16.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).
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bb) Ansprüche dieser Art hat das Berufungsgericht für die vom Kläger geltend gemachten Anwesenheitszeiten rechtsfehlerfrei verneint.
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Weitere Ansprüche aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht gegeben. Die gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts zu weiteren als den von der Beklagten bereits als ausgleichspflichtige Zeiten des Bereitschaftsdienstes und des Rufbereitschaftsdienstes gewerteten Anwesenheitszeiten der in den deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad mit Aufgaben des Personen- und Objektschutzes betrauten Bundespolizisten lassen eine Einordnung als Bereitschaftsdienst oder als Rufbereitschaftsdienst nicht zu. Insbesondere ist für diese Zeiträume keine Pflicht der Bundespolizisten festgestellt, sich für einen Einsatz an einem bestimmten Ort aufzuhalten oder auch nur für einen solchen Einsatz in Rufbereitschaft zu sein. Die Anordnung, das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen zu verlassen, diente nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Sicherheit der Bundespolizisten, versetzte sie aber nicht in einen Bereitschaftsdienst und bezweckte auch nicht, im Bedarfsfall eine alsbaldige Dienstaufnahme zu ermöglichen.
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Auch ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch und ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch bestehen nicht. Zum einen sind - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die bloßen Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als ausgleichsfähige Arbeitszeit zu qualifizieren. Zum anderen fehlt es jedenfalls auch an der erforderlichen rechtzeitigen Geltendmachung; hier wurden Ansprüche lediglich im Nachhinein, also nach Ablauf des fraglichen Zeitraums, geltend gemacht.
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b) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland seine Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft verlängert werden.
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Ein Beamter hat kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amtes. Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 2004 - 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56>, vom 22. Juni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. September 2008 - 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Eine Abordnung nach § 27 Abs. 1 BBG und die anschließende Zuweisung eines konkreten Dienstpostens stehen im Ermessen des Dienstherrn, dem insoweit sehr weite Grenzen gesetzt sind. Ein Beamter kann abgeordnet werden, wenn hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht. Ebenso kann die Abordnung wieder aufgehoben werden, wenn dieses dienstliche Bedürfnis weggefallen ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Einschätzung des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - juris Rn. 4). Ein Anspruch des Beamten auf eine Abordnung - und hier zusätzlich auf Zuordnung eines bestimmten Dienstpostens, welcher die Voraussetzung der Gewährung von Auslandsdienstbezügen bilden soll - kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht.
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Ausgehend davon hat das Berufungsgericht die Entscheidung der Beklagten, für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland eine erneute Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung zur deutschen Botschaft abzulehnen, zu Recht als nicht ermessensfehlerhaft angesehen. Für das klägerische Begehren ist ein dienstliches Bedürfnis nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Weiterführung von Abordnung und - ohnehin nur "fiktiv" gewollter - Verwendung im Ausland nicht zur ordnungsgemäßen Abgeltung des zu gewährenden Freizeitausgleichs erforderlich. Dass während der Verwendung an der Botschaft Auslandsbesoldung gezahlt worden ist, für deren weiteren Erhalt mit der begehrten Abordnung und (fiktiven) Verwendung die rechtliche Grundlage geschaffen werden soll, entfaltet keine das Ermessen der Beklagten einschränkende Wirkung.
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c) Der Kläger hat schließlich wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland keinen Anspruch auf Auslandsbesoldung.
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Anknüpfungspunkt und wesentliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Auslandsbesoldung ist der ausländische Dienstort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslZuschlV). Bei diesem handelt es sich um den dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz des Beamten im Ausland. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass nur der Bedienstete, der im Ausland auch tatsächlich wohnt, den mit der Auslandsverwendung typischerweise verbundenen materiellen und immateriellen Belastungen sowie Erschwernissen unterliegt, die eine besondere Abgeltung durch Auslandsdienstbezüge rechtfertigen. Diese Belastungen sind in der Regel nur bei einer ständigen, auf gewisse Dauer angelegten Tätigkeit und der damit verbundenen Verlagerung des Lebensmittelpunktes in das Ausland gegeben.
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Dementsprechend werden Auslandsdienstbezüge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Eintreffen am ausländischen Dienstort bis zum Tag vor der Abreise aus diesem Ort gezahlt. Diese unmittelbar nur Umsetzung und Versetzung betreffende Vorschrift gilt entsprechend u.a. für eine mehr als dreimonatige Abordnung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch dieser Regelung ist, dass Auslandsdienstbezüge dem Beamten ausschließlich für den Zeitraum gewährt werden sollen, in welchem die besonderen Bedingungen des jeweiligen Auslandsdienstortes auch tatsächlich vorlagen.
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Letztlich wird die Fortzahlung der Auslandsdienstbezüge für einen Zeitraum begehrt, in dem der Beamte seinen Wohnsitz (vgl. § 7 BGB) wieder im Inland begründet hatte und kein Dienstort im Ausland mehr bestand. Ein Dienstort im Ausland ist aber Voraussetzung der Auslandsbesoldung.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO. Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, weil der Anteil des Unterliegens der Beklagten nicht ins Gewicht fällt.
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über den Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienstzeiten im Polizeivollzugsdienst.
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Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter bei der Bundespolizei. Er war in den Jahren 2010, 2011 und 2012 für jeweils ca. drei Monate bei den deutschen Botschaften in Bagdad und in Kabul tätig und hat dort Aufgaben des Personen- und Objektschutzes wahrgenommen. In dieser Zeit war er jeweils an das Auswärtige Amt abgeordnet und erhielt zusätzlich zu seinen regelmäßigen Bezügen Auslandsbesoldung.
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Im Rahmen des Dienstes bei den deutschen Botschaften in Kabul und in Bagdad - bei dem aus Sicherheitsgründen das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen verlassen werden durfte - fielen als Mehrarbeit angeordnete Überstunden an, für die Freizeitausgleich gewährt wurde. Die Beklagte hat Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdienst dabei zeitlich nur hälftig in Ansatz gebracht; bei der deutschen Botschaft in Bagdad als Rufbereitschaftsdienst gewertete Zeiten hat sie zu einem Achtel als Mehrarbeit berücksichtigt.
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Das Berufungsgericht hat dem Kläger pro Bereitschaftsstunde eine Stunde Freizeitausgleich zuerkannt, weil die streitgegenständlichen Zeiten als Bereitschaftsdienst und nicht nur als Rufbereitschaftsdienst einzuordnen seien. In den über den Dienst der Polizeivollzugsbeamten geführten Stundenlisten seien mit dem Begriff "Bereitschaft 100 %" Volldienst-Zeiten gekennzeichnet, mit dem Begriff "Bereitschaft 50 %" dagegen die Bereitschaftsdienst-Zeiten. Diese Bereitschaftsstunden seien als Mehrarbeit angeordnet worden. Hieraus ergebe sich gemäß § 88 Satz 2 BBG ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich. Eine Differenzierung beim Umfang des Freizeitausgleichs nach der Arbeitsintensität sei weder mit dem Wortlaut der Norm noch mit unionsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren. Hingegen könnten weitere Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als nach nationalem Recht oder nach Unionsrecht ausgleichspflichtige Arbeitszeiten angesehen werden. Sie seien außerdem nicht als Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden. Des Weiteren hätten die Beamten - wie der Kläger - auch nie die Rechtswidrigkeit dieser Zeiten vorgetragen und Ausgleichsansprüche auch erst nach Beendigung dieser Zeiten geltend gemacht. Schließlich könne für die Zeit des Freizeitausgleichs weder eine Verlängerung der Abordnung noch die Zahlung von Auslandsbesoldung verlangt werden. Auslandsdienstbezüge setzten einen dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland voraus.
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Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Begehren gegenüber der Beklagten weiter, auch Rufbereitschaftszeiten und bloße Anwesenheitszeiten als Bereitschaftsdienst und damit als Mehrarbeit anzuerkennen und deshalb für mehr Zeiten als bislang einen Freizeitausgleich zu gewähren, die Abordnung an das Auswärtige Amt im Ausgleichszeitraum zu verlängern und Auslandsbesoldung im Ausgleichszeitraum weiterzuzahlen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist, und nach seinen Schlussanträgen in der 1. Instanz zu erkennen.
- 7
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Die Beklagte beantragt,
-
die Revision des Klägers zurückzuweisen
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und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Beklagte verpflichtet wurde, dem Kläger weitere Dienstbefreiung (Freizeitausgleich) für die streitbefangenen Abordnungszeiträume in Höhe des von den Vorinstanzen zugesprochenen Umfangs zu gewähren.
- 8
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Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass der Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienst geringer ausfallen dürfe als bei Volldienst.
- 9
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Der Kläger beantragt,
-
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, weil bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes voller Freizeitausgleich zu gewähren ist (1.). Die Revision des Klägers ist unbegründet (2.), weil für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände kein Anspruch auf Freizeitausgleich besteht (a) und bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland weder ein Anspruch auf Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft besteht (b) noch Auslandsbezüge zu gewähren sind (c).
- 11
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1. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes ist gemäß § 88 Satz 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) in der insoweit unverändert gültigen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) voller Freizeitausgleich zu gewähren.
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a) Nach § 88 Satz 2 BBG ist Beamtinnen und Beamten, die durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Voraussetzung für den Freizeitausgleich ist damit, dass Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden ist; es kommt nicht darauf an, ob sie auch angeordnet oder genehmigt werden durfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).
- 13
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Mehrarbeit im Sinne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der einer Arbeitszeitregelung unterliegende Beamte aufgrund dienstlicher Anordnung oder Genehmigung zur Wahrnehmung der Obliegenheiten des Hauptamts oder, soweit ihm ein Amt nicht verliehen ist, zur Erfüllung der einem Hauptamt entsprechenden Aufgaben über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus - d.h. nicht im Rahmen des normalen Arbeitsumfangs - verrichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <68> = juris Rn. 14 f.).
- 14
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Die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit unterliegt keinem Schriftformerfordernis, sie muss sich aber auf konkrete und zeitlich abgegrenzte Mehrarbeitstatbestände beziehen; nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Anordnung oder Genehmigung die Anzahl der zu leistenden oder bereits geleisteten Mehrarbeitsstunden bekannt ist. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buchholz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = juris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = juris Rn. 14 und vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <69> = juris Rn. 18).
- 15
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Bereitschaftsdienst ist nach § 88 Satz 2 BBG abgeltungsfähiger Dienst (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41). Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat und erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90.07 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Legaldefinition in § 2 Nr. 12 Arbeitszeitverordnung - AZV - vom 23. Februar 2006
).
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b) "Entsprechende Dienstbefreiung" in § 88 Satz 2 BBG heißt bei Bereitschaftsdienst - ebenso wie bei Volldienst - voller Freizeitausgleich im Verhältnis "1 zu 1". Dies ergibt sich aus der Auslegung dieser Bestimmung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie ihrer Entstehungsgeschichte.
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Der Wortlaut der Norm schließt es zwar nicht aus, zur Bestimmung des Umfangs des zu gewährenden Freizeitausgleichs auf das Maß und die Intensität der Inanspruchnahme während der geleisteten Mehrarbeit abzustellen, legt aber wegen des Fehlens der Benennung dieses Kriteriums gleichwohl nahe, dass allein an den zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit angeknüpft und damit ohne Unterscheidung nach der Art des Dienstes - Volldienst oder Bereitschaftsdienst - voller Freizeitausgleich gewährt wird.
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Entscheidend für die Auslegung, dass auch bei Bereitschaftsdienst ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich besteht, sprechen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach besonderer dienstlicher Beanspruchung dient der Freizeitausgleichsanspruch nicht in erster Linie der Regeneration des durch Mehrarbeit überobligationsmäßig herangezogenen Beamten. Dienstbefreiung für Mehrarbeit soll vielmehr die Einhaltung der regelmäßigen Arbeitszeit - jedenfalls im Gesamtergebnis - gewährleisten. Dem Beamten soll in ungeschmälertem Umfang Freizeit zur Verwendung nach seinen persönlichen Bedürfnissen und Interessen zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 1970 - 2 C 45.68 - BVerwGE 37, 21 <24 f.> = juris Rn. 31 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der gesetzlichen Arbeitszeitregelung ergebende Freizeit hat der Beamte auch dann einen Anspruch, wenn er sie nicht zur Wiederherstellung seiner Kräfte benötigt.
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Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entstehungsgeschichte der Norm. Der Begriff der "entsprechenden" Dienstbefreiung wurde 1965 in den damals den Freizeitausgleichsanspruch regelnden § 72 Abs. 2 BBG eingefügt. Zurück ging diese Formulierung auf einen Vorschlag aus der Mitte des Bundestages, wonach dem Mehrarbeit leistenden Beamten "dem Umfang der Mehrleistungen entsprechend" Dienstbefreiung zu gewähren sein sollte (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Beabsichtigt war eine "klare gesetzliche Regelung ... des Umfanges der als Äquivalent für die gegenüber der regelmäßigen Arbeitszeit erhöhten Dienstleistungen zu gewährenden Dienstbefreiung". Ohne dass damit eine Inhaltsänderung beabsichtigt war, erhielt der Freizeitausgleichsanspruch in § 72 Abs. 2 BBG sodann die auch heute in § 88 Satz 2 BBG enthaltene Fassung, wonach "entsprechende Dienstbefreiung" gewährt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Entsprechend" meint damit dem (zeitlichen) Umfang - nicht: der Intensität der Mehrleistung - entsprechend.
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c) Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist Bereitschaftsdienst hinsichtlich der Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit ohne Einschränkung wie Volldienst zu behandeln (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98 [ECLI: EU:C:2000:528], Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. September 2003 - C-151/02 [ECLI:EU:C:2003:437], Jaeger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. Dezember 2005 - C-14/04 [ECLI:EU:C:2005:728], Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05 [ECLI:EU:C:2007:23], Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung - Arbeitszeitrichtlinie - definiert den Begriff der Arbeitszeit, der autonom, d.h. unabhängig von nationalstaatlichen Erwägungen und Besonderheiten auszulegen ist, weil nur so die einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten sichergestellt werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die Anwendung dieses Arbeitszeitbegriffs ist zwar auf den Regelungsbereich der Richtlinie beschränkt und erstreckt sich deshalb nicht auf Fragen der Vergütung (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Schadensersatzes (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 [ECLI:EU:C:2010:717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit steht aber der Umfang der zu leistenden Arbeitszeit selbst in Rede. Würde Bereitschaftsdienst nicht in vollem Umfang ausgeglichen, müssten die betroffenen Beamten ggf. mehr als die in der Arbeitszeitrichtlinie festgelegten 48 Wochenstunden arbeiten.
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2. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände besteht kein Anspruch auf Freizeitausgleich (a). Der Kläger kann bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland auch weder eine Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft (b) noch Auslandsbezüge beanspruchen (c).
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a) Soweit der Kläger für weitere Anwesenheitszeiten auf dem Gelände der deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad einen Anspruch auf Freizeitausgleich geltend macht, hat er hierauf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anspruch.
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aa) Ein Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit kann sich unter bestimmten Voraussetzungen nach § 88 Satz 2 BGB ergeben, wenn es sich um Volldienst oder - wie unter 1. auch hinsichtlich des Umfangs des Freizeitausgleichsanspruchs ausgeführt - um Bereitschaftsdienst handelt. Hingegen kann Rufbereitschaft Freizeitausgleichsansprüche nach § 88 Satz 2 BBG nicht begründen. Denn Rufbereitschaft als Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können (vgl. § 2 Nr. 11 Arbeitszeitverordnung - AZV - in der unverändert gültigen Fassung vom 23. Februar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zeiten, für die sie angeordnet ist, - anders als Bereitschaftsdienst - keine Arbeitszeit (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41 und vom 12. Dezember 1979 - 6 C 96.78 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = juris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und damit auch kein tauglicher Gegenstand von Mehrarbeit nach § 88 Satz 2 BBG.
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Ungeachtet dessen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Rufbereitschaft ein Anspruch auf Freizeitausgleich entstehen: Hat die Beamtin oder der Beamte über die Arbeitszeit hinaus mehr als zehn Stunden im Kalenderjahr Rufbereitschaft, wird innerhalb von zwölf Monaten ein Achtel der über zehn Stunden hinausgehenden Zeit bei feststehender Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei gleitender Arbeitszeit dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede.
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Außerdem kann sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich aus dem auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützten beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch ergeben: Zieht der Dienstherr Beamte über die regelmäßige Dienstzeit hinaus zum Dienst heran, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig und haben die Beamten einen Anspruch darauf, dass sie unterbleibt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Dieser Billigkeitsanspruch kommt indes nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde; die Geltendmachung durch den Beamten dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.).
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Schließlich kann sich im Einzelfall ein Freizeitausgleichsanspruch aus einem unionsrechtlichen Haftungsanspruch ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (erstmals: Urteil vom 19. November 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mitgliedstaat für Schäden haften, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden sind, wenn die verletzte Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Im Falle des Ausgleichsanspruchs wegen rechtswidriger Zuvielarbeit erfordert der Haftungsanspruch des Weiteren, dass der Beamte ihn ausdrücklich gegenüber seinem Dienstherrn geltend macht (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 16.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).
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bb) Ansprüche dieser Art hat das Berufungsgericht für die vom Kläger geltend gemachten Anwesenheitszeiten rechtsfehlerfrei verneint.
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Weitere Ansprüche aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht gegeben. Die gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts zu weiteren als den von der Beklagten bereits als ausgleichspflichtige Zeiten des Bereitschaftsdienstes und des Rufbereitschaftsdienstes gewerteten Anwesenheitszeiten der in den deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad mit Aufgaben des Personen- und Objektschutzes betrauten Bundespolizisten lassen eine Einordnung als Bereitschaftsdienst oder als Rufbereitschaftsdienst nicht zu. Insbesondere ist für diese Zeiträume keine Pflicht der Bundespolizisten festgestellt, sich für einen Einsatz an einem bestimmten Ort aufzuhalten oder auch nur für einen solchen Einsatz in Rufbereitschaft zu sein. Die Anordnung, das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen zu verlassen, diente nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Sicherheit der Bundespolizisten, versetzte sie aber nicht in einen Bereitschaftsdienst und bezweckte auch nicht, im Bedarfsfall eine alsbaldige Dienstaufnahme zu ermöglichen.
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Auch ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch und ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch bestehen nicht. Zum einen sind - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die bloßen Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als ausgleichsfähige Arbeitszeit zu qualifizieren. Zum anderen fehlt es jedenfalls auch an der erforderlichen rechtzeitigen Geltendmachung; hier wurden Ansprüche lediglich im Nachhinein, also nach Ablauf des fraglichen Zeitraums, geltend gemacht.
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b) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland seine Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft verlängert werden.
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Ein Beamter hat kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amtes. Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 2004 - 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56>, vom 22. Juni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. September 2008 - 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Eine Abordnung nach § 27 Abs. 1 BBG und die anschließende Zuweisung eines konkreten Dienstpostens stehen im Ermessen des Dienstherrn, dem insoweit sehr weite Grenzen gesetzt sind. Ein Beamter kann abgeordnet werden, wenn hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht. Ebenso kann die Abordnung wieder aufgehoben werden, wenn dieses dienstliche Bedürfnis weggefallen ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Einschätzung des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - juris Rn. 4). Ein Anspruch des Beamten auf eine Abordnung - und hier zusätzlich auf Zuordnung eines bestimmten Dienstpostens, welcher die Voraussetzung der Gewährung von Auslandsdienstbezügen bilden soll - kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht.
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Ausgehend davon hat das Berufungsgericht die Entscheidung der Beklagten, für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland eine erneute Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung zur deutschen Botschaft abzulehnen, zu Recht als nicht ermessensfehlerhaft angesehen. Für das klägerische Begehren ist ein dienstliches Bedürfnis nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Weiterführung von Abordnung und - ohnehin nur "fiktiv" gewollter - Verwendung im Ausland nicht zur ordnungsgemäßen Abgeltung des zu gewährenden Freizeitausgleichs erforderlich. Dass während der Verwendung an der Botschaft Auslandsbesoldung gezahlt worden ist, für deren weiteren Erhalt mit der begehrten Abordnung und (fiktiven) Verwendung die rechtliche Grundlage geschaffen werden soll, entfaltet keine das Ermessen der Beklagten einschränkende Wirkung.
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c) Der Kläger hat schließlich wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland keinen Anspruch auf Auslandsbesoldung.
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Anknüpfungspunkt und wesentliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Auslandsbesoldung ist der ausländische Dienstort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslZuschlV). Bei diesem handelt es sich um den dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz des Beamten im Ausland. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass nur der Bedienstete, der im Ausland auch tatsächlich wohnt, den mit der Auslandsverwendung typischerweise verbundenen materiellen und immateriellen Belastungen sowie Erschwernissen unterliegt, die eine besondere Abgeltung durch Auslandsdienstbezüge rechtfertigen. Diese Belastungen sind in der Regel nur bei einer ständigen, auf gewisse Dauer angelegten Tätigkeit und der damit verbundenen Verlagerung des Lebensmittelpunktes in das Ausland gegeben.
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Dementsprechend werden Auslandsdienstbezüge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Eintreffen am ausländischen Dienstort bis zum Tag vor der Abreise aus diesem Ort gezahlt. Diese unmittelbar nur Umsetzung und Versetzung betreffende Vorschrift gilt entsprechend u.a. für eine mehr als dreimonatige Abordnung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch dieser Regelung ist, dass Auslandsdienstbezüge dem Beamten ausschließlich für den Zeitraum gewährt werden sollen, in welchem die besonderen Bedingungen des jeweiligen Auslandsdienstortes auch tatsächlich vorlagen.
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Letztlich wird die Fortzahlung der Auslandsdienstbezüge für einen Zeitraum begehrt, in dem der Beamte seinen Wohnsitz (vgl. § 7 BGB) wieder im Inland begründet hatte und kein Dienstort im Ausland mehr bestand. Ein Dienstort im Ausland ist aber Voraussetzung der Auslandsbesoldung.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO. Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, weil der Anteil des Unterliegens der Beklagten nicht ins Gewicht fällt.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird.
(2) Die oder der Dienstvorgesetzte kann, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern, anweisen, dass die Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen ist.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über den Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienstzeiten im Polizeivollzugsdienst.
- 2
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Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter bei der Bundespolizei. Er war in den Jahren 2010, 2011 und 2012 für jeweils ca. drei Monate bei den deutschen Botschaften in Bagdad und in Kabul tätig und hat dort Aufgaben des Personen- und Objektschutzes wahrgenommen. In dieser Zeit war er jeweils an das Auswärtige Amt abgeordnet und erhielt zusätzlich zu seinen regelmäßigen Bezügen Auslandsbesoldung.
- 3
-
Im Rahmen des Dienstes bei den deutschen Botschaften in Kabul und in Bagdad - bei dem aus Sicherheitsgründen das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen verlassen werden durfte - fielen als Mehrarbeit angeordnete Überstunden an, für die Freizeitausgleich gewährt wurde. Die Beklagte hat Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdienst dabei zeitlich nur hälftig in Ansatz gebracht; bei der deutschen Botschaft in Bagdad als Rufbereitschaftsdienst gewertete Zeiten hat sie zu einem Achtel als Mehrarbeit berücksichtigt.
- 4
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Das Berufungsgericht hat dem Kläger pro Bereitschaftsstunde eine Stunde Freizeitausgleich zuerkannt, weil die streitgegenständlichen Zeiten als Bereitschaftsdienst und nicht nur als Rufbereitschaftsdienst einzuordnen seien. In den über den Dienst der Polizeivollzugsbeamten geführten Stundenlisten seien mit dem Begriff "Bereitschaft 100 %" Volldienst-Zeiten gekennzeichnet, mit dem Begriff "Bereitschaft 50 %" dagegen die Bereitschaftsdienst-Zeiten. Diese Bereitschaftsstunden seien als Mehrarbeit angeordnet worden. Hieraus ergebe sich gemäß § 88 Satz 2 BBG ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich. Eine Differenzierung beim Umfang des Freizeitausgleichs nach der Arbeitsintensität sei weder mit dem Wortlaut der Norm noch mit unionsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren. Hingegen könnten weitere Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als nach nationalem Recht oder nach Unionsrecht ausgleichspflichtige Arbeitszeiten angesehen werden. Sie seien außerdem nicht als Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden. Des Weiteren hätten die Beamten - wie der Kläger - auch nie die Rechtswidrigkeit dieser Zeiten vorgetragen und Ausgleichsansprüche auch erst nach Beendigung dieser Zeiten geltend gemacht. Schließlich könne für die Zeit des Freizeitausgleichs weder eine Verlängerung der Abordnung noch die Zahlung von Auslandsbesoldung verlangt werden. Auslandsdienstbezüge setzten einen dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland voraus.
- 5
-
Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Begehren gegenüber der Beklagten weiter, auch Rufbereitschaftszeiten und bloße Anwesenheitszeiten als Bereitschaftsdienst und damit als Mehrarbeit anzuerkennen und deshalb für mehr Zeiten als bislang einen Freizeitausgleich zu gewähren, die Abordnung an das Auswärtige Amt im Ausgleichszeitraum zu verlängern und Auslandsbesoldung im Ausgleichszeitraum weiterzuzahlen.
- 6
-
Der Kläger beantragt,
-
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist, und nach seinen Schlussanträgen in der 1. Instanz zu erkennen.
- 7
-
Die Beklagte beantragt,
-
die Revision des Klägers zurückzuweisen
-
und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Beklagte verpflichtet wurde, dem Kläger weitere Dienstbefreiung (Freizeitausgleich) für die streitbefangenen Abordnungszeiträume in Höhe des von den Vorinstanzen zugesprochenen Umfangs zu gewähren.
- 8
-
Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass der Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienst geringer ausfallen dürfe als bei Volldienst.
- 9
-
Der Kläger beantragt,
-
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, weil bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes voller Freizeitausgleich zu gewähren ist (1.). Die Revision des Klägers ist unbegründet (2.), weil für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände kein Anspruch auf Freizeitausgleich besteht (a) und bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland weder ein Anspruch auf Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft besteht (b) noch Auslandsbezüge zu gewähren sind (c).
- 11
-
1. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes ist gemäß § 88 Satz 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) in der insoweit unverändert gültigen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) voller Freizeitausgleich zu gewähren.
- 12
-
a) Nach § 88 Satz 2 BBG ist Beamtinnen und Beamten, die durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Voraussetzung für den Freizeitausgleich ist damit, dass Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden ist; es kommt nicht darauf an, ob sie auch angeordnet oder genehmigt werden durfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).
- 13
-
Mehrarbeit im Sinne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der einer Arbeitszeitregelung unterliegende Beamte aufgrund dienstlicher Anordnung oder Genehmigung zur Wahrnehmung der Obliegenheiten des Hauptamts oder, soweit ihm ein Amt nicht verliehen ist, zur Erfüllung der einem Hauptamt entsprechenden Aufgaben über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus - d.h. nicht im Rahmen des normalen Arbeitsumfangs - verrichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <68> = juris Rn. 14 f.).
- 14
-
Die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit unterliegt keinem Schriftformerfordernis, sie muss sich aber auf konkrete und zeitlich abgegrenzte Mehrarbeitstatbestände beziehen; nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Anordnung oder Genehmigung die Anzahl der zu leistenden oder bereits geleisteten Mehrarbeitsstunden bekannt ist. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buchholz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = juris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = juris Rn. 14 und vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <69> = juris Rn. 18).
- 15
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Bereitschaftsdienst ist nach § 88 Satz 2 BBG abgeltungsfähiger Dienst (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41). Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat und erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90.07 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Legaldefinition in § 2 Nr. 12 Arbeitszeitverordnung - AZV - vom 23. Februar 2006
).
- 16
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b) "Entsprechende Dienstbefreiung" in § 88 Satz 2 BBG heißt bei Bereitschaftsdienst - ebenso wie bei Volldienst - voller Freizeitausgleich im Verhältnis "1 zu 1". Dies ergibt sich aus der Auslegung dieser Bestimmung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie ihrer Entstehungsgeschichte.
- 17
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Der Wortlaut der Norm schließt es zwar nicht aus, zur Bestimmung des Umfangs des zu gewährenden Freizeitausgleichs auf das Maß und die Intensität der Inanspruchnahme während der geleisteten Mehrarbeit abzustellen, legt aber wegen des Fehlens der Benennung dieses Kriteriums gleichwohl nahe, dass allein an den zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit angeknüpft und damit ohne Unterscheidung nach der Art des Dienstes - Volldienst oder Bereitschaftsdienst - voller Freizeitausgleich gewährt wird.
- 18
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Entscheidend für die Auslegung, dass auch bei Bereitschaftsdienst ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich besteht, sprechen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach besonderer dienstlicher Beanspruchung dient der Freizeitausgleichsanspruch nicht in erster Linie der Regeneration des durch Mehrarbeit überobligationsmäßig herangezogenen Beamten. Dienstbefreiung für Mehrarbeit soll vielmehr die Einhaltung der regelmäßigen Arbeitszeit - jedenfalls im Gesamtergebnis - gewährleisten. Dem Beamten soll in ungeschmälertem Umfang Freizeit zur Verwendung nach seinen persönlichen Bedürfnissen und Interessen zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 1970 - 2 C 45.68 - BVerwGE 37, 21 <24 f.> = juris Rn. 31 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der gesetzlichen Arbeitszeitregelung ergebende Freizeit hat der Beamte auch dann einen Anspruch, wenn er sie nicht zur Wiederherstellung seiner Kräfte benötigt.
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Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entstehungsgeschichte der Norm. Der Begriff der "entsprechenden" Dienstbefreiung wurde 1965 in den damals den Freizeitausgleichsanspruch regelnden § 72 Abs. 2 BBG eingefügt. Zurück ging diese Formulierung auf einen Vorschlag aus der Mitte des Bundestages, wonach dem Mehrarbeit leistenden Beamten "dem Umfang der Mehrleistungen entsprechend" Dienstbefreiung zu gewähren sein sollte (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Beabsichtigt war eine "klare gesetzliche Regelung ... des Umfanges der als Äquivalent für die gegenüber der regelmäßigen Arbeitszeit erhöhten Dienstleistungen zu gewährenden Dienstbefreiung". Ohne dass damit eine Inhaltsänderung beabsichtigt war, erhielt der Freizeitausgleichsanspruch in § 72 Abs. 2 BBG sodann die auch heute in § 88 Satz 2 BBG enthaltene Fassung, wonach "entsprechende Dienstbefreiung" gewährt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Entsprechend" meint damit dem (zeitlichen) Umfang - nicht: der Intensität der Mehrleistung - entsprechend.
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c) Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist Bereitschaftsdienst hinsichtlich der Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit ohne Einschränkung wie Volldienst zu behandeln (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98 [ECLI: EU:C:2000:528], Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. September 2003 - C-151/02 [ECLI:EU:C:2003:437], Jaeger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. Dezember 2005 - C-14/04 [ECLI:EU:C:2005:728], Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05 [ECLI:EU:C:2007:23], Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung - Arbeitszeitrichtlinie - definiert den Begriff der Arbeitszeit, der autonom, d.h. unabhängig von nationalstaatlichen Erwägungen und Besonderheiten auszulegen ist, weil nur so die einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten sichergestellt werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die Anwendung dieses Arbeitszeitbegriffs ist zwar auf den Regelungsbereich der Richtlinie beschränkt und erstreckt sich deshalb nicht auf Fragen der Vergütung (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Schadensersatzes (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 [ECLI:EU:C:2010:717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit steht aber der Umfang der zu leistenden Arbeitszeit selbst in Rede. Würde Bereitschaftsdienst nicht in vollem Umfang ausgeglichen, müssten die betroffenen Beamten ggf. mehr als die in der Arbeitszeitrichtlinie festgelegten 48 Wochenstunden arbeiten.
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2. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände besteht kein Anspruch auf Freizeitausgleich (a). Der Kläger kann bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland auch weder eine Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft (b) noch Auslandsbezüge beanspruchen (c).
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a) Soweit der Kläger für weitere Anwesenheitszeiten auf dem Gelände der deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad einen Anspruch auf Freizeitausgleich geltend macht, hat er hierauf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anspruch.
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aa) Ein Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit kann sich unter bestimmten Voraussetzungen nach § 88 Satz 2 BGB ergeben, wenn es sich um Volldienst oder - wie unter 1. auch hinsichtlich des Umfangs des Freizeitausgleichsanspruchs ausgeführt - um Bereitschaftsdienst handelt. Hingegen kann Rufbereitschaft Freizeitausgleichsansprüche nach § 88 Satz 2 BBG nicht begründen. Denn Rufbereitschaft als Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können (vgl. § 2 Nr. 11 Arbeitszeitverordnung - AZV - in der unverändert gültigen Fassung vom 23. Februar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zeiten, für die sie angeordnet ist, - anders als Bereitschaftsdienst - keine Arbeitszeit (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41 und vom 12. Dezember 1979 - 6 C 96.78 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = juris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und damit auch kein tauglicher Gegenstand von Mehrarbeit nach § 88 Satz 2 BBG.
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Ungeachtet dessen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Rufbereitschaft ein Anspruch auf Freizeitausgleich entstehen: Hat die Beamtin oder der Beamte über die Arbeitszeit hinaus mehr als zehn Stunden im Kalenderjahr Rufbereitschaft, wird innerhalb von zwölf Monaten ein Achtel der über zehn Stunden hinausgehenden Zeit bei feststehender Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei gleitender Arbeitszeit dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede.
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Außerdem kann sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich aus dem auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützten beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch ergeben: Zieht der Dienstherr Beamte über die regelmäßige Dienstzeit hinaus zum Dienst heran, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig und haben die Beamten einen Anspruch darauf, dass sie unterbleibt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Dieser Billigkeitsanspruch kommt indes nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde; die Geltendmachung durch den Beamten dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.).
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Schließlich kann sich im Einzelfall ein Freizeitausgleichsanspruch aus einem unionsrechtlichen Haftungsanspruch ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (erstmals: Urteil vom 19. November 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mitgliedstaat für Schäden haften, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden sind, wenn die verletzte Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Im Falle des Ausgleichsanspruchs wegen rechtswidriger Zuvielarbeit erfordert der Haftungsanspruch des Weiteren, dass der Beamte ihn ausdrücklich gegenüber seinem Dienstherrn geltend macht (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 16.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).
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bb) Ansprüche dieser Art hat das Berufungsgericht für die vom Kläger geltend gemachten Anwesenheitszeiten rechtsfehlerfrei verneint.
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Weitere Ansprüche aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht gegeben. Die gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts zu weiteren als den von der Beklagten bereits als ausgleichspflichtige Zeiten des Bereitschaftsdienstes und des Rufbereitschaftsdienstes gewerteten Anwesenheitszeiten der in den deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad mit Aufgaben des Personen- und Objektschutzes betrauten Bundespolizisten lassen eine Einordnung als Bereitschaftsdienst oder als Rufbereitschaftsdienst nicht zu. Insbesondere ist für diese Zeiträume keine Pflicht der Bundespolizisten festgestellt, sich für einen Einsatz an einem bestimmten Ort aufzuhalten oder auch nur für einen solchen Einsatz in Rufbereitschaft zu sein. Die Anordnung, das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen zu verlassen, diente nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Sicherheit der Bundespolizisten, versetzte sie aber nicht in einen Bereitschaftsdienst und bezweckte auch nicht, im Bedarfsfall eine alsbaldige Dienstaufnahme zu ermöglichen.
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Auch ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch und ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch bestehen nicht. Zum einen sind - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die bloßen Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als ausgleichsfähige Arbeitszeit zu qualifizieren. Zum anderen fehlt es jedenfalls auch an der erforderlichen rechtzeitigen Geltendmachung; hier wurden Ansprüche lediglich im Nachhinein, also nach Ablauf des fraglichen Zeitraums, geltend gemacht.
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b) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland seine Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft verlängert werden.
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Ein Beamter hat kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amtes. Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 2004 - 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56>, vom 22. Juni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. September 2008 - 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Eine Abordnung nach § 27 Abs. 1 BBG und die anschließende Zuweisung eines konkreten Dienstpostens stehen im Ermessen des Dienstherrn, dem insoweit sehr weite Grenzen gesetzt sind. Ein Beamter kann abgeordnet werden, wenn hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht. Ebenso kann die Abordnung wieder aufgehoben werden, wenn dieses dienstliche Bedürfnis weggefallen ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Einschätzung des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - juris Rn. 4). Ein Anspruch des Beamten auf eine Abordnung - und hier zusätzlich auf Zuordnung eines bestimmten Dienstpostens, welcher die Voraussetzung der Gewährung von Auslandsdienstbezügen bilden soll - kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht.
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Ausgehend davon hat das Berufungsgericht die Entscheidung der Beklagten, für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland eine erneute Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung zur deutschen Botschaft abzulehnen, zu Recht als nicht ermessensfehlerhaft angesehen. Für das klägerische Begehren ist ein dienstliches Bedürfnis nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Weiterführung von Abordnung und - ohnehin nur "fiktiv" gewollter - Verwendung im Ausland nicht zur ordnungsgemäßen Abgeltung des zu gewährenden Freizeitausgleichs erforderlich. Dass während der Verwendung an der Botschaft Auslandsbesoldung gezahlt worden ist, für deren weiteren Erhalt mit der begehrten Abordnung und (fiktiven) Verwendung die rechtliche Grundlage geschaffen werden soll, entfaltet keine das Ermessen der Beklagten einschränkende Wirkung.
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c) Der Kläger hat schließlich wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland keinen Anspruch auf Auslandsbesoldung.
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Anknüpfungspunkt und wesentliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Auslandsbesoldung ist der ausländische Dienstort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslZuschlV). Bei diesem handelt es sich um den dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz des Beamten im Ausland. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass nur der Bedienstete, der im Ausland auch tatsächlich wohnt, den mit der Auslandsverwendung typischerweise verbundenen materiellen und immateriellen Belastungen sowie Erschwernissen unterliegt, die eine besondere Abgeltung durch Auslandsdienstbezüge rechtfertigen. Diese Belastungen sind in der Regel nur bei einer ständigen, auf gewisse Dauer angelegten Tätigkeit und der damit verbundenen Verlagerung des Lebensmittelpunktes in das Ausland gegeben.
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Dementsprechend werden Auslandsdienstbezüge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Eintreffen am ausländischen Dienstort bis zum Tag vor der Abreise aus diesem Ort gezahlt. Diese unmittelbar nur Umsetzung und Versetzung betreffende Vorschrift gilt entsprechend u.a. für eine mehr als dreimonatige Abordnung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch dieser Regelung ist, dass Auslandsdienstbezüge dem Beamten ausschließlich für den Zeitraum gewährt werden sollen, in welchem die besonderen Bedingungen des jeweiligen Auslandsdienstortes auch tatsächlich vorlagen.
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Letztlich wird die Fortzahlung der Auslandsdienstbezüge für einen Zeitraum begehrt, in dem der Beamte seinen Wohnsitz (vgl. § 7 BGB) wieder im Inland begründet hatte und kein Dienstort im Ausland mehr bestand. Ein Dienstort im Ausland ist aber Voraussetzung der Auslandsbesoldung.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO. Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, weil der Anteil des Unterliegens der Beklagten nicht ins Gewicht fällt.
Im Sinne dieser Verordnung ist
- 1.
Abrechnungszeitraum bei Gleitzeit der Zeitraum, in dem ein Über- oder Unterschreiten der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auszugleichen ist, - 2.
Arbeitsplatz grundsätzlich die Dienststelle oder ein von der oder dem Dienstvorgesetzten bestimmter Ort, an dem Dienst zu leisten ist, - 3.
Arbeitstag grundsätzlich der Werktag, - 4.
Bereitschaftsdienst die Pflicht, sich, ohne ständig zur Dienstleistung verpflichtet zu sein, an einer vom Dienstherrn bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall den Dienst aufzunehmen, wenn dabei Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen, - 5.
Blockmodell die Zusammenfassung der Freistellung von der Arbeit bis zu fünf Jahren bei Teilzeitbeschäftigung, - 6.
Funktionszeit der Teil der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, in dem der Dienstbetrieb durch Absprache der Beamtinnen und Beamten sichergestellt wird, - 7.
Gleitzeit die Arbeitszeit, bei der Beamtinnen und Beamte Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit in gewissen Grenzen selbst bestimmen können, - 8.
Gleittag ein mit Zustimmung der oder des unmittelbaren Vorgesetzten gewährter ganztägiger Zeitausgleich im Abrechnungszeitraum bei Gleitzeit, dabei gelten tägliche Arbeitszeiten von weniger als zwei Stunden als Gleittag, - 9.
Kernarbeitszeit der Teil der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, in dem grundsätzlich alle Beamtinnen und Beamten in der Dienststelle anwesend sein müssen, - 10.
Langzeitkonto ein personenbezogenes Arbeitszeitkonto, auf dem durch erhöhten Arbeitsanfall bedingte Zeitguthaben für Freistellungszeiten angespart werden können, - 11.
Nachtdienst ein Dienst, der zwischen 20 Uhr und 6 Uhr zu leisten ist, - 12.
regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die innerhalb von zwölf Monaten durchschnittlich zu erbringende wöchentliche Arbeitszeit, - 13.
Reisezeit die Zeit ohne Wartezeit (Nummer 17), die die Beamtin oder der Beamte benötigt für den Weg zwischen - a)
der Wohnung oder der Dienststätte und der Stelle des auswärtigen Dienstgeschäfts oder der auswärtigen Unterkunft (Anreise), - b)
der Stelle des auswärtigen Dienstgeschäfts oder der auswärtigen Unterkunft und der Stelle eines weiteren auswärtigen Dienstgeschäfts oder einer weiteren auswärtigen Unterkunft, - c)
der Stelle des auswärtigen Dienstgeschäfts oder der auswärtigen Unterkunft und der Wohnung oder der Dienststätte (Abreise),
- 14.
Rufbereitschaft die Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können, - 15.
Ruhepause der Zeitraum, in dem Beamtinnen und Beamte keinen Dienst leisten, - 16.
Schichtdienst der Dienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht, - 17.
Wartezeit eine während einer Dienstreise anfallende Zeit ohne Dienstleistung zwischen - a)
dem Ende der Anreise und dem Beginn der dienstlichen Tätigkeit, - b)
dem Ende der dienstlichen Tätigkeit an einem Tag und dem Beginn der dienstlichen Tätigkeit an einem anderen Tag, - c)
dem Ende der dienstlichen Tätigkeit und dem Beginn der Abreise.
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
Tatbestand
- 1
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Die Beteiligten streiten über den Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienstzeiten im Polizeivollzugsdienst.
- 2
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Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter bei der Bundespolizei. Er war in den Jahren 2010, 2011 und 2012 für jeweils ca. drei Monate bei den deutschen Botschaften in Bagdad und in Kabul tätig und hat dort Aufgaben des Personen- und Objektschutzes wahrgenommen. In dieser Zeit war er jeweils an das Auswärtige Amt abgeordnet und erhielt zusätzlich zu seinen regelmäßigen Bezügen Auslandsbesoldung.
- 3
-
Im Rahmen des Dienstes bei den deutschen Botschaften in Kabul und in Bagdad - bei dem aus Sicherheitsgründen das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen verlassen werden durfte - fielen als Mehrarbeit angeordnete Überstunden an, für die Freizeitausgleich gewährt wurde. Die Beklagte hat Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdienst dabei zeitlich nur hälftig in Ansatz gebracht; bei der deutschen Botschaft in Bagdad als Rufbereitschaftsdienst gewertete Zeiten hat sie zu einem Achtel als Mehrarbeit berücksichtigt.
- 4
-
Das Berufungsgericht hat dem Kläger pro Bereitschaftsstunde eine Stunde Freizeitausgleich zuerkannt, weil die streitgegenständlichen Zeiten als Bereitschaftsdienst und nicht nur als Rufbereitschaftsdienst einzuordnen seien. In den über den Dienst der Polizeivollzugsbeamten geführten Stundenlisten seien mit dem Begriff "Bereitschaft 100 %" Volldienst-Zeiten gekennzeichnet, mit dem Begriff "Bereitschaft 50 %" dagegen die Bereitschaftsdienst-Zeiten. Diese Bereitschaftsstunden seien als Mehrarbeit angeordnet worden. Hieraus ergebe sich gemäß § 88 Satz 2 BBG ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich. Eine Differenzierung beim Umfang des Freizeitausgleichs nach der Arbeitsintensität sei weder mit dem Wortlaut der Norm noch mit unionsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren. Hingegen könnten weitere Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als nach nationalem Recht oder nach Unionsrecht ausgleichspflichtige Arbeitszeiten angesehen werden. Sie seien außerdem nicht als Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden. Des Weiteren hätten die Beamten - wie der Kläger - auch nie die Rechtswidrigkeit dieser Zeiten vorgetragen und Ausgleichsansprüche auch erst nach Beendigung dieser Zeiten geltend gemacht. Schließlich könne für die Zeit des Freizeitausgleichs weder eine Verlängerung der Abordnung noch die Zahlung von Auslandsbesoldung verlangt werden. Auslandsdienstbezüge setzten einen dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland voraus.
- 5
-
Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Begehren gegenüber der Beklagten weiter, auch Rufbereitschaftszeiten und bloße Anwesenheitszeiten als Bereitschaftsdienst und damit als Mehrarbeit anzuerkennen und deshalb für mehr Zeiten als bislang einen Freizeitausgleich zu gewähren, die Abordnung an das Auswärtige Amt im Ausgleichszeitraum zu verlängern und Auslandsbesoldung im Ausgleichszeitraum weiterzuzahlen.
- 6
-
Der Kläger beantragt,
-
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist, und nach seinen Schlussanträgen in der 1. Instanz zu erkennen.
- 7
-
Die Beklagte beantragt,
-
die Revision des Klägers zurückzuweisen
-
und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Beklagte verpflichtet wurde, dem Kläger weitere Dienstbefreiung (Freizeitausgleich) für die streitbefangenen Abordnungszeiträume in Höhe des von den Vorinstanzen zugesprochenen Umfangs zu gewähren.
- 8
-
Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass der Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienst geringer ausfallen dürfe als bei Volldienst.
- 9
-
Der Kläger beantragt,
-
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, weil bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes voller Freizeitausgleich zu gewähren ist (1.). Die Revision des Klägers ist unbegründet (2.), weil für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände kein Anspruch auf Freizeitausgleich besteht (a) und bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland weder ein Anspruch auf Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft besteht (b) noch Auslandsbezüge zu gewähren sind (c).
- 11
-
1. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes ist gemäß § 88 Satz 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) in der insoweit unverändert gültigen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) voller Freizeitausgleich zu gewähren.
- 12
-
a) Nach § 88 Satz 2 BBG ist Beamtinnen und Beamten, die durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Voraussetzung für den Freizeitausgleich ist damit, dass Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden ist; es kommt nicht darauf an, ob sie auch angeordnet oder genehmigt werden durfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).
- 13
-
Mehrarbeit im Sinne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der einer Arbeitszeitregelung unterliegende Beamte aufgrund dienstlicher Anordnung oder Genehmigung zur Wahrnehmung der Obliegenheiten des Hauptamts oder, soweit ihm ein Amt nicht verliehen ist, zur Erfüllung der einem Hauptamt entsprechenden Aufgaben über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus - d.h. nicht im Rahmen des normalen Arbeitsumfangs - verrichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <68> = juris Rn. 14 f.).
- 14
-
Die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit unterliegt keinem Schriftformerfordernis, sie muss sich aber auf konkrete und zeitlich abgegrenzte Mehrarbeitstatbestände beziehen; nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Anordnung oder Genehmigung die Anzahl der zu leistenden oder bereits geleisteten Mehrarbeitsstunden bekannt ist. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buchholz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = juris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = juris Rn. 14 und vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <69> = juris Rn. 18).
- 15
-
Bereitschaftsdienst ist nach § 88 Satz 2 BBG abgeltungsfähiger Dienst (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41). Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat und erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90.07 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Legaldefinition in § 2 Nr. 12 Arbeitszeitverordnung - AZV - vom 23. Februar 2006
).
- 16
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b) "Entsprechende Dienstbefreiung" in § 88 Satz 2 BBG heißt bei Bereitschaftsdienst - ebenso wie bei Volldienst - voller Freizeitausgleich im Verhältnis "1 zu 1". Dies ergibt sich aus der Auslegung dieser Bestimmung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie ihrer Entstehungsgeschichte.
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Der Wortlaut der Norm schließt es zwar nicht aus, zur Bestimmung des Umfangs des zu gewährenden Freizeitausgleichs auf das Maß und die Intensität der Inanspruchnahme während der geleisteten Mehrarbeit abzustellen, legt aber wegen des Fehlens der Benennung dieses Kriteriums gleichwohl nahe, dass allein an den zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit angeknüpft und damit ohne Unterscheidung nach der Art des Dienstes - Volldienst oder Bereitschaftsdienst - voller Freizeitausgleich gewährt wird.
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Entscheidend für die Auslegung, dass auch bei Bereitschaftsdienst ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich besteht, sprechen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach besonderer dienstlicher Beanspruchung dient der Freizeitausgleichsanspruch nicht in erster Linie der Regeneration des durch Mehrarbeit überobligationsmäßig herangezogenen Beamten. Dienstbefreiung für Mehrarbeit soll vielmehr die Einhaltung der regelmäßigen Arbeitszeit - jedenfalls im Gesamtergebnis - gewährleisten. Dem Beamten soll in ungeschmälertem Umfang Freizeit zur Verwendung nach seinen persönlichen Bedürfnissen und Interessen zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 1970 - 2 C 45.68 - BVerwGE 37, 21 <24 f.> = juris Rn. 31 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der gesetzlichen Arbeitszeitregelung ergebende Freizeit hat der Beamte auch dann einen Anspruch, wenn er sie nicht zur Wiederherstellung seiner Kräfte benötigt.
- 19
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Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entstehungsgeschichte der Norm. Der Begriff der "entsprechenden" Dienstbefreiung wurde 1965 in den damals den Freizeitausgleichsanspruch regelnden § 72 Abs. 2 BBG eingefügt. Zurück ging diese Formulierung auf einen Vorschlag aus der Mitte des Bundestages, wonach dem Mehrarbeit leistenden Beamten "dem Umfang der Mehrleistungen entsprechend" Dienstbefreiung zu gewähren sein sollte (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Beabsichtigt war eine "klare gesetzliche Regelung ... des Umfanges der als Äquivalent für die gegenüber der regelmäßigen Arbeitszeit erhöhten Dienstleistungen zu gewährenden Dienstbefreiung". Ohne dass damit eine Inhaltsänderung beabsichtigt war, erhielt der Freizeitausgleichsanspruch in § 72 Abs. 2 BBG sodann die auch heute in § 88 Satz 2 BBG enthaltene Fassung, wonach "entsprechende Dienstbefreiung" gewährt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Entsprechend" meint damit dem (zeitlichen) Umfang - nicht: der Intensität der Mehrleistung - entsprechend.
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c) Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist Bereitschaftsdienst hinsichtlich der Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit ohne Einschränkung wie Volldienst zu behandeln (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98 [ECLI: EU:C:2000:528], Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. September 2003 - C-151/02 [ECLI:EU:C:2003:437], Jaeger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. Dezember 2005 - C-14/04 [ECLI:EU:C:2005:728], Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05 [ECLI:EU:C:2007:23], Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung - Arbeitszeitrichtlinie - definiert den Begriff der Arbeitszeit, der autonom, d.h. unabhängig von nationalstaatlichen Erwägungen und Besonderheiten auszulegen ist, weil nur so die einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten sichergestellt werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die Anwendung dieses Arbeitszeitbegriffs ist zwar auf den Regelungsbereich der Richtlinie beschränkt und erstreckt sich deshalb nicht auf Fragen der Vergütung (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Schadensersatzes (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 [ECLI:EU:C:2010:717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit steht aber der Umfang der zu leistenden Arbeitszeit selbst in Rede. Würde Bereitschaftsdienst nicht in vollem Umfang ausgeglichen, müssten die betroffenen Beamten ggf. mehr als die in der Arbeitszeitrichtlinie festgelegten 48 Wochenstunden arbeiten.
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2. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände besteht kein Anspruch auf Freizeitausgleich (a). Der Kläger kann bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland auch weder eine Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft (b) noch Auslandsbezüge beanspruchen (c).
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a) Soweit der Kläger für weitere Anwesenheitszeiten auf dem Gelände der deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad einen Anspruch auf Freizeitausgleich geltend macht, hat er hierauf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anspruch.
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aa) Ein Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit kann sich unter bestimmten Voraussetzungen nach § 88 Satz 2 BGB ergeben, wenn es sich um Volldienst oder - wie unter 1. auch hinsichtlich des Umfangs des Freizeitausgleichsanspruchs ausgeführt - um Bereitschaftsdienst handelt. Hingegen kann Rufbereitschaft Freizeitausgleichsansprüche nach § 88 Satz 2 BBG nicht begründen. Denn Rufbereitschaft als Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können (vgl. § 2 Nr. 11 Arbeitszeitverordnung - AZV - in der unverändert gültigen Fassung vom 23. Februar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zeiten, für die sie angeordnet ist, - anders als Bereitschaftsdienst - keine Arbeitszeit (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41 und vom 12. Dezember 1979 - 6 C 96.78 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = juris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und damit auch kein tauglicher Gegenstand von Mehrarbeit nach § 88 Satz 2 BBG.
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Ungeachtet dessen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Rufbereitschaft ein Anspruch auf Freizeitausgleich entstehen: Hat die Beamtin oder der Beamte über die Arbeitszeit hinaus mehr als zehn Stunden im Kalenderjahr Rufbereitschaft, wird innerhalb von zwölf Monaten ein Achtel der über zehn Stunden hinausgehenden Zeit bei feststehender Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei gleitender Arbeitszeit dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede.
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Außerdem kann sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich aus dem auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützten beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch ergeben: Zieht der Dienstherr Beamte über die regelmäßige Dienstzeit hinaus zum Dienst heran, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig und haben die Beamten einen Anspruch darauf, dass sie unterbleibt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Dieser Billigkeitsanspruch kommt indes nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde; die Geltendmachung durch den Beamten dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.).
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Schließlich kann sich im Einzelfall ein Freizeitausgleichsanspruch aus einem unionsrechtlichen Haftungsanspruch ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (erstmals: Urteil vom 19. November 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mitgliedstaat für Schäden haften, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden sind, wenn die verletzte Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Im Falle des Ausgleichsanspruchs wegen rechtswidriger Zuvielarbeit erfordert der Haftungsanspruch des Weiteren, dass der Beamte ihn ausdrücklich gegenüber seinem Dienstherrn geltend macht (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 16.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).
- 27
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bb) Ansprüche dieser Art hat das Berufungsgericht für die vom Kläger geltend gemachten Anwesenheitszeiten rechtsfehlerfrei verneint.
- 28
-
Weitere Ansprüche aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht gegeben. Die gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts zu weiteren als den von der Beklagten bereits als ausgleichspflichtige Zeiten des Bereitschaftsdienstes und des Rufbereitschaftsdienstes gewerteten Anwesenheitszeiten der in den deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad mit Aufgaben des Personen- und Objektschutzes betrauten Bundespolizisten lassen eine Einordnung als Bereitschaftsdienst oder als Rufbereitschaftsdienst nicht zu. Insbesondere ist für diese Zeiträume keine Pflicht der Bundespolizisten festgestellt, sich für einen Einsatz an einem bestimmten Ort aufzuhalten oder auch nur für einen solchen Einsatz in Rufbereitschaft zu sein. Die Anordnung, das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen zu verlassen, diente nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Sicherheit der Bundespolizisten, versetzte sie aber nicht in einen Bereitschaftsdienst und bezweckte auch nicht, im Bedarfsfall eine alsbaldige Dienstaufnahme zu ermöglichen.
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Auch ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch und ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch bestehen nicht. Zum einen sind - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die bloßen Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als ausgleichsfähige Arbeitszeit zu qualifizieren. Zum anderen fehlt es jedenfalls auch an der erforderlichen rechtzeitigen Geltendmachung; hier wurden Ansprüche lediglich im Nachhinein, also nach Ablauf des fraglichen Zeitraums, geltend gemacht.
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b) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland seine Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft verlängert werden.
- 31
-
Ein Beamter hat kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amtes. Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 2004 - 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56>, vom 22. Juni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. September 2008 - 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Eine Abordnung nach § 27 Abs. 1 BBG und die anschließende Zuweisung eines konkreten Dienstpostens stehen im Ermessen des Dienstherrn, dem insoweit sehr weite Grenzen gesetzt sind. Ein Beamter kann abgeordnet werden, wenn hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht. Ebenso kann die Abordnung wieder aufgehoben werden, wenn dieses dienstliche Bedürfnis weggefallen ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Einschätzung des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - juris Rn. 4). Ein Anspruch des Beamten auf eine Abordnung - und hier zusätzlich auf Zuordnung eines bestimmten Dienstpostens, welcher die Voraussetzung der Gewährung von Auslandsdienstbezügen bilden soll - kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht.
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Ausgehend davon hat das Berufungsgericht die Entscheidung der Beklagten, für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland eine erneute Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung zur deutschen Botschaft abzulehnen, zu Recht als nicht ermessensfehlerhaft angesehen. Für das klägerische Begehren ist ein dienstliches Bedürfnis nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Weiterführung von Abordnung und - ohnehin nur "fiktiv" gewollter - Verwendung im Ausland nicht zur ordnungsgemäßen Abgeltung des zu gewährenden Freizeitausgleichs erforderlich. Dass während der Verwendung an der Botschaft Auslandsbesoldung gezahlt worden ist, für deren weiteren Erhalt mit der begehrten Abordnung und (fiktiven) Verwendung die rechtliche Grundlage geschaffen werden soll, entfaltet keine das Ermessen der Beklagten einschränkende Wirkung.
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c) Der Kläger hat schließlich wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland keinen Anspruch auf Auslandsbesoldung.
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Anknüpfungspunkt und wesentliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Auslandsbesoldung ist der ausländische Dienstort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslZuschlV). Bei diesem handelt es sich um den dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz des Beamten im Ausland. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass nur der Bedienstete, der im Ausland auch tatsächlich wohnt, den mit der Auslandsverwendung typischerweise verbundenen materiellen und immateriellen Belastungen sowie Erschwernissen unterliegt, die eine besondere Abgeltung durch Auslandsdienstbezüge rechtfertigen. Diese Belastungen sind in der Regel nur bei einer ständigen, auf gewisse Dauer angelegten Tätigkeit und der damit verbundenen Verlagerung des Lebensmittelpunktes in das Ausland gegeben.
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Dementsprechend werden Auslandsdienstbezüge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Eintreffen am ausländischen Dienstort bis zum Tag vor der Abreise aus diesem Ort gezahlt. Diese unmittelbar nur Umsetzung und Versetzung betreffende Vorschrift gilt entsprechend u.a. für eine mehr als dreimonatige Abordnung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch dieser Regelung ist, dass Auslandsdienstbezüge dem Beamten ausschließlich für den Zeitraum gewährt werden sollen, in welchem die besonderen Bedingungen des jeweiligen Auslandsdienstortes auch tatsächlich vorlagen.
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Letztlich wird die Fortzahlung der Auslandsdienstbezüge für einen Zeitraum begehrt, in dem der Beamte seinen Wohnsitz (vgl. § 7 BGB) wieder im Inland begründet hatte und kein Dienstort im Ausland mehr bestand. Ein Dienstort im Ausland ist aber Voraussetzung der Auslandsbesoldung.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO. Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, weil der Anteil des Unterliegens der Beklagten nicht ins Gewicht fällt.
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsmäßige Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt wird.
(2) Die oder der Dienstvorgesetzte kann, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern, anweisen, dass die Wohnung innerhalb einer bestimmten Entfernung von der Dienststelle zu nehmen oder eine Dienstwohnung zu beziehen ist.
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
Tatbestand
- 1
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Die Beteiligten streiten über den Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienstzeiten im Polizeivollzugsdienst.
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Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter bei der Bundespolizei. Er war in den Jahren 2010, 2011 und 2012 für jeweils ca. drei Monate bei den deutschen Botschaften in Bagdad und in Kabul tätig und hat dort Aufgaben des Personen- und Objektschutzes wahrgenommen. In dieser Zeit war er jeweils an das Auswärtige Amt abgeordnet und erhielt zusätzlich zu seinen regelmäßigen Bezügen Auslandsbesoldung.
- 3
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Im Rahmen des Dienstes bei den deutschen Botschaften in Kabul und in Bagdad - bei dem aus Sicherheitsgründen das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen verlassen werden durfte - fielen als Mehrarbeit angeordnete Überstunden an, für die Freizeitausgleich gewährt wurde. Die Beklagte hat Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdienst dabei zeitlich nur hälftig in Ansatz gebracht; bei der deutschen Botschaft in Bagdad als Rufbereitschaftsdienst gewertete Zeiten hat sie zu einem Achtel als Mehrarbeit berücksichtigt.
- 4
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Das Berufungsgericht hat dem Kläger pro Bereitschaftsstunde eine Stunde Freizeitausgleich zuerkannt, weil die streitgegenständlichen Zeiten als Bereitschaftsdienst und nicht nur als Rufbereitschaftsdienst einzuordnen seien. In den über den Dienst der Polizeivollzugsbeamten geführten Stundenlisten seien mit dem Begriff "Bereitschaft 100 %" Volldienst-Zeiten gekennzeichnet, mit dem Begriff "Bereitschaft 50 %" dagegen die Bereitschaftsdienst-Zeiten. Diese Bereitschaftsstunden seien als Mehrarbeit angeordnet worden. Hieraus ergebe sich gemäß § 88 Satz 2 BBG ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich. Eine Differenzierung beim Umfang des Freizeitausgleichs nach der Arbeitsintensität sei weder mit dem Wortlaut der Norm noch mit unionsrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren. Hingegen könnten weitere Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als nach nationalem Recht oder nach Unionsrecht ausgleichspflichtige Arbeitszeiten angesehen werden. Sie seien außerdem nicht als Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden. Des Weiteren hätten die Beamten - wie der Kläger - auch nie die Rechtswidrigkeit dieser Zeiten vorgetragen und Ausgleichsansprüche auch erst nach Beendigung dieser Zeiten geltend gemacht. Schließlich könne für die Zeit des Freizeitausgleichs weder eine Verlängerung der Abordnung noch die Zahlung von Auslandsbesoldung verlangt werden. Auslandsdienstbezüge setzten einen dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland voraus.
- 5
-
Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Begehren gegenüber der Beklagten weiter, auch Rufbereitschaftszeiten und bloße Anwesenheitszeiten als Bereitschaftsdienst und damit als Mehrarbeit anzuerkennen und deshalb für mehr Zeiten als bislang einen Freizeitausgleich zu gewähren, die Abordnung an das Auswärtige Amt im Ausgleichszeitraum zu verlängern und Auslandsbesoldung im Ausgleichszeitraum weiterzuzahlen.
- 6
-
Der Kläger beantragt,
-
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist, und nach seinen Schlussanträgen in der 1. Instanz zu erkennen.
- 7
-
Die Beklagte beantragt,
-
die Revision des Klägers zurückzuweisen
-
und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Beklagte verpflichtet wurde, dem Kläger weitere Dienstbefreiung (Freizeitausgleich) für die streitbefangenen Abordnungszeiträume in Höhe des von den Vorinstanzen zugesprochenen Umfangs zu gewähren.
- 8
-
Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass der Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienst geringer ausfallen dürfe als bei Volldienst.
- 9
-
Der Kläger beantragt,
-
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, weil bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes voller Freizeitausgleich zu gewähren ist (1.). Die Revision des Klägers ist unbegründet (2.), weil für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände kein Anspruch auf Freizeitausgleich besteht (a) und bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland weder ein Anspruch auf Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft besteht (b) noch Auslandsbezüge zu gewähren sind (c).
- 11
-
1. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes ist gemäß § 88 Satz 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) in der insoweit unverändert gültigen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) voller Freizeitausgleich zu gewähren.
- 12
-
a) Nach § 88 Satz 2 BBG ist Beamtinnen und Beamten, die durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Voraussetzung für den Freizeitausgleich ist damit, dass Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt worden ist; es kommt nicht darauf an, ob sie auch angeordnet oder genehmigt werden durfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. März 1967 - 6 C 79.63 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 2 S. 12 f.).
- 13
-
Mehrarbeit im Sinne des § 88 Satz 2 BBG ist der Dienst, den der einer Arbeitszeitregelung unterliegende Beamte aufgrund dienstlicher Anordnung oder Genehmigung zur Wahrnehmung der Obliegenheiten des Hauptamts oder, soweit ihm ein Amt nicht verliehen ist, zur Erfüllung der einem Hauptamt entsprechenden Aufgaben über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus - d.h. nicht im Rahmen des normalen Arbeitsumfangs - verrichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <68> = juris Rn. 14 f.).
- 14
-
Die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit unterliegt keinem Schriftformerfordernis, sie muss sich aber auf konkrete und zeitlich abgegrenzte Mehrarbeitstatbestände beziehen; nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Anordnung oder Genehmigung die Anzahl der zu leistenden oder bereits geleisteten Mehrarbeitsstunden bekannt ist. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit nach Ermessen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. April 1981 - 2 C 1.81 - Buchholz 237.7 § 78a LBG NW Nr. 2 S. 3 f. = juris Rn. 20, vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5 = juris Rn. 14 und vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <69> = juris Rn. 18).
- 15
-
Bereitschaftsdienst ist nach § 88 Satz 2 BBG abgeltungsfähiger Dienst (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff. und vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41). Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Beamte sich an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereitzuhalten hat und erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 2 C 90.07 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 31 Rn. 14, 17 m.w.N.; vgl. auch die Legaldefinition in § 2 Nr. 12 Arbeitszeitverordnung - AZV - vom 23. Februar 2006
).
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b) "Entsprechende Dienstbefreiung" in § 88 Satz 2 BBG heißt bei Bereitschaftsdienst - ebenso wie bei Volldienst - voller Freizeitausgleich im Verhältnis "1 zu 1". Dies ergibt sich aus der Auslegung dieser Bestimmung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie ihrer Entstehungsgeschichte.
- 17
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Der Wortlaut der Norm schließt es zwar nicht aus, zur Bestimmung des Umfangs des zu gewährenden Freizeitausgleichs auf das Maß und die Intensität der Inanspruchnahme während der geleisteten Mehrarbeit abzustellen, legt aber wegen des Fehlens der Benennung dieses Kriteriums gleichwohl nahe, dass allein an den zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit angeknüpft und damit ohne Unterscheidung nach der Art des Dienstes - Volldienst oder Bereitschaftsdienst - voller Freizeitausgleich gewährt wird.
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Entscheidend für die Auslegung, dass auch bei Bereitschaftsdienst ein Anspruch auf vollen Freizeitausgleich besteht, sprechen Sinn und Zweck des § 88 Satz 2 BBG. Nach besonderer dienstlicher Beanspruchung dient der Freizeitausgleichsanspruch nicht in erster Linie der Regeneration des durch Mehrarbeit überobligationsmäßig herangezogenen Beamten. Dienstbefreiung für Mehrarbeit soll vielmehr die Einhaltung der regelmäßigen Arbeitszeit - jedenfalls im Gesamtergebnis - gewährleisten. Dem Beamten soll in ungeschmälertem Umfang Freizeit zur Verwendung nach seinen persönlichen Bedürfnissen und Interessen zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 1970 - 2 C 45.68 - BVerwGE 37, 21 <24 f.> = juris Rn. 31 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 - NVwZ 2012, 1472 Rn. 29). Auf die sich aus der gesetzlichen Arbeitszeitregelung ergebende Freizeit hat der Beamte auch dann einen Anspruch, wenn er sie nicht zur Wiederherstellung seiner Kräfte benötigt.
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Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Entstehungsgeschichte der Norm. Der Begriff der "entsprechenden" Dienstbefreiung wurde 1965 in den damals den Freizeitausgleichsanspruch regelnden § 72 Abs. 2 BBG eingefügt. Zurück ging diese Formulierung auf einen Vorschlag aus der Mitte des Bundestages, wonach dem Mehrarbeit leistenden Beamten "dem Umfang der Mehrleistungen entsprechend" Dienstbefreiung zu gewähren sein sollte (BT-Drs. IV/2214 S. 1 und 3). Beabsichtigt war eine "klare gesetzliche Regelung ... des Umfanges der als Äquivalent für die gegenüber der regelmäßigen Arbeitszeit erhöhten Dienstleistungen zu gewährenden Dienstbefreiung". Ohne dass damit eine Inhaltsänderung beabsichtigt war, erhielt der Freizeitausgleichsanspruch in § 72 Abs. 2 BBG sodann die auch heute in § 88 Satz 2 BBG enthaltene Fassung, wonach "entsprechende Dienstbefreiung" gewährt wird (BT-Drs. IV/3624, S. 1 ff.). "Entsprechend" meint damit dem (zeitlichen) Umfang - nicht: der Intensität der Mehrleistung - entsprechend.
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c) Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist Bereitschaftsdienst hinsichtlich der Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit ohne Einschränkung wie Volldienst zu behandeln (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98 [ECLI: EU:C:2000:528], Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 48 und 52, vom 9. September 2003 - C-151/02 [ECLI:EU:C:2003:437], Jaeger - Slg. 2003, I-8389 Rn. 71, 75 und 103 und vom 1. Dezember 2005 - C-14/04 [ECLI:EU:C:2005:728], Dellas - Slg. 2005, I-10253 Rn. 46; Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05 [ECLI:EU:C:2007:23], Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 27). Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung - Arbeitszeitrichtlinie - definiert den Begriff der Arbeitszeit, der autonom, d.h. unabhängig von nationalstaatlichen Erwägungen und Besonderheiten auszulegen ist, weil nur so die einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten sichergestellt werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 26). Die Anwendung dieses Arbeitszeitbegriffs ist zwar auf den Regelungsbereich der Richtlinie beschränkt und erstreckt sich deshalb nicht auf Fragen der Vergütung (vgl. EuGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - C-437/05, Vorel - Slg. 2007, I-331 Rn. 32) oder des Schadensersatzes (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 [ECLI:EU:C:2010:717], Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 44). Beim Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit steht aber der Umfang der zu leistenden Arbeitszeit selbst in Rede. Würde Bereitschaftsdienst nicht in vollem Umfang ausgeglichen, müssten die betroffenen Beamten ggf. mehr als die in der Arbeitszeitrichtlinie festgelegten 48 Wochenstunden arbeiten.
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2. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Für bloße Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände besteht kein Anspruch auf Freizeitausgleich (a). Der Kläger kann bei im Auslandsdienst angefallener Mehrarbeit für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland auch weder eine Verlängerung der Abordnung an das Auswärtige Amt und der Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft (b) noch Auslandsbezüge beanspruchen (c).
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a) Soweit der Kläger für weitere Anwesenheitszeiten auf dem Gelände der deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad einen Anspruch auf Freizeitausgleich geltend macht, hat er hierauf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anspruch.
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aa) Ein Anspruch auf Freizeitausgleich für Mehrarbeit kann sich unter bestimmten Voraussetzungen nach § 88 Satz 2 BGB ergeben, wenn es sich um Volldienst oder - wie unter 1. auch hinsichtlich des Umfangs des Freizeitausgleichsanspruchs ausgeführt - um Bereitschaftsdienst handelt. Hingegen kann Rufbereitschaft Freizeitausgleichsansprüche nach § 88 Satz 2 BBG nicht begründen. Denn Rufbereitschaft als Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können (vgl. § 2 Nr. 11 Arbeitszeitverordnung - AZV - in der unverändert gültigen Fassung vom 23. Februar 2006, BGBl. I S. 427) ist in den Zeiten, für die sie angeordnet ist, - anders als Bereitschaftsdienst - keine Arbeitszeit (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. März 1974 - 6 C 21.71 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 10 S. 24 ff., vom 25. Oktober 1979 - 2 C 7.78 - BVerwGE 59, 45 <46 f.> = juris Rn. 41 und vom 12. Dezember 1979 - 6 C 96.78 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 17 S. 26 ff. = juris Rn. 28 ff.; vgl. § 12 Satz 1 AZV) und damit auch kein tauglicher Gegenstand von Mehrarbeit nach § 88 Satz 2 BBG.
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Ungeachtet dessen kann nach § 12 Satz 2 AZV bei Rufbereitschaft ein Anspruch auf Freizeitausgleich entstehen: Hat die Beamtin oder der Beamte über die Arbeitszeit hinaus mehr als zehn Stunden im Kalenderjahr Rufbereitschaft, wird innerhalb von zwölf Monaten ein Achtel der über zehn Stunden hinausgehenden Zeit bei feststehender Arbeitszeit als Freizeitausgleich gewährt und bei gleitender Arbeitszeit dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede.
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Außerdem kann sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich aus dem auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützten beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch ergeben: Zieht der Dienstherr Beamte über die regelmäßige Dienstzeit hinaus zum Dienst heran, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig und haben die Beamten einen Anspruch darauf, dass sie unterbleibt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f., vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 und vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 11). Dieser Billigkeitsanspruch kommt indes nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde; die Geltendmachung durch den Beamten dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.).
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Schließlich kann sich im Einzelfall ein Freizeitausgleichsanspruch aus einem unionsrechtlichen Haftungsanspruch ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (erstmals: Urteil vom 19. November 1991, C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich - Slg. 1991, I-5357, LS 4) kann ein Mitgliedstaat für Schäden haften, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden sind, wenn die verletzte Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Im Falle des Ausgleichsanspruchs wegen rechtswidriger Zuvielarbeit erfordert der Haftungsanspruch des Weiteren, dass der Beamte ihn ausdrücklich gegenüber seinem Dienstherrn geltend macht (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 16.14 - Buchholz 232.0 § 87 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 25 ff.).
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bb) Ansprüche dieser Art hat das Berufungsgericht für die vom Kläger geltend gemachten Anwesenheitszeiten rechtsfehlerfrei verneint.
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Weitere Ansprüche aus § 88 Satz 2 BBG und aus § 12 Satz 2 AZV sind nicht gegeben. Die gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts zu weiteren als den von der Beklagten bereits als ausgleichspflichtige Zeiten des Bereitschaftsdienstes und des Rufbereitschaftsdienstes gewerteten Anwesenheitszeiten der in den deutschen Botschaften in Kabul und Bagdad mit Aufgaben des Personen- und Objektschutzes betrauten Bundespolizisten lassen eine Einordnung als Bereitschaftsdienst oder als Rufbereitschaftsdienst nicht zu. Insbesondere ist für diese Zeiträume keine Pflicht der Bundespolizisten festgestellt, sich für einen Einsatz an einem bestimmten Ort aufzuhalten oder auch nur für einen solchen Einsatz in Rufbereitschaft zu sein. Die Anordnung, das Botschaftsgelände nur im Rahmen von Einsätzen zu verlassen, diente nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Sicherheit der Bundespolizisten, versetzte sie aber nicht in einen Bereitschaftsdienst und bezweckte auch nicht, im Bedarfsfall eine alsbaldige Dienstaufnahme zu ermöglichen.
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Auch ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch und ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch bestehen nicht. Zum einen sind - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die bloßen Anwesenheitszeiten auf dem Botschaftsgelände nicht als ausgleichsfähige Arbeitszeit zu qualifizieren. Zum anderen fehlt es jedenfalls auch an der erforderlichen rechtzeitigen Geltendmachung; hier wurden Ansprüche lediglich im Nachhinein, also nach Ablauf des fraglichen Zeitraums, geltend gemacht.
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b) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland seine Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung an die jeweilige deutsche Botschaft verlängert werden.
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Ein Beamter hat kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amtes. Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 2004 - 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <56>, vom 22. Juni 2006 - 2 C 1.06 - NVwZ 2006, 1291 Rn. 13 und vom 18. September 2008 - 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 Rn. 16). Eine Abordnung nach § 27 Abs. 1 BBG und die anschließende Zuweisung eines konkreten Dienstpostens stehen im Ermessen des Dienstherrn, dem insoweit sehr weite Grenzen gesetzt sind. Ein Beamter kann abgeordnet werden, wenn hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht. Ebenso kann die Abordnung wieder aufgehoben werden, wenn dieses dienstliche Bedürfnis weggefallen ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Einschätzung des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2010 - 2 B 30.10 - juris Rn. 4). Ein Anspruch des Beamten auf eine Abordnung - und hier zusätzlich auf Zuordnung eines bestimmten Dienstpostens, welcher die Voraussetzung der Gewährung von Auslandsdienstbezügen bilden soll - kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht.
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Ausgehend davon hat das Berufungsgericht die Entscheidung der Beklagten, für den Zeitraum der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland eine erneute Abordnung an das Auswärtige Amt und Zuordnung zur deutschen Botschaft abzulehnen, zu Recht als nicht ermessensfehlerhaft angesehen. Für das klägerische Begehren ist ein dienstliches Bedürfnis nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Weiterführung von Abordnung und - ohnehin nur "fiktiv" gewollter - Verwendung im Ausland nicht zur ordnungsgemäßen Abgeltung des zu gewährenden Freizeitausgleichs erforderlich. Dass während der Verwendung an der Botschaft Auslandsbesoldung gezahlt worden ist, für deren weiteren Erhalt mit der begehrten Abordnung und (fiktiven) Verwendung die rechtliche Grundlage geschaffen werden soll, entfaltet keine das Ermessen der Beklagten einschränkende Wirkung.
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c) Der Kläger hat schließlich wegen seiner im Auslandsdienst angefallenen Mehrarbeit für die Dauer der Wahrnehmung des Freizeitausgleichs im Inland keinen Anspruch auf Auslandsbesoldung.
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Anknüpfungspunkt und wesentliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Auslandsbesoldung ist der ausländische Dienstort (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG, § 2 Abs. 1 Satz 2 AuslZuschlV). Bei diesem handelt es sich um den dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz des Beamten im Ausland. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass nur der Bedienstete, der im Ausland auch tatsächlich wohnt, den mit der Auslandsverwendung typischerweise verbundenen materiellen und immateriellen Belastungen sowie Erschwernissen unterliegt, die eine besondere Abgeltung durch Auslandsdienstbezüge rechtfertigen. Diese Belastungen sind in der Regel nur bei einer ständigen, auf gewisse Dauer angelegten Tätigkeit und der damit verbundenen Verlagerung des Lebensmittelpunktes in das Ausland gegeben.
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Dementsprechend werden Auslandsdienstbezüge nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BBesG vom Tag nach dem Eintreffen am ausländischen Dienstort bis zum Tag vor der Abreise aus diesem Ort gezahlt. Diese unmittelbar nur Umsetzung und Versetzung betreffende Vorschrift gilt entsprechend u.a. für eine mehr als dreimonatige Abordnung (§ 52 Abs. 3 Satz 1 BBesG). Grund auch dieser Regelung ist, dass Auslandsdienstbezüge dem Beamten ausschließlich für den Zeitraum gewährt werden sollen, in welchem die besonderen Bedingungen des jeweiligen Auslandsdienstortes auch tatsächlich vorlagen.
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Letztlich wird die Fortzahlung der Auslandsdienstbezüge für einen Zeitraum begehrt, in dem der Beamte seinen Wohnsitz (vgl. § 7 BGB) wieder im Inland begründet hatte und kein Dienstort im Ausland mehr bestand. Ein Dienstort im Ausland ist aber Voraussetzung der Auslandsbesoldung.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO. Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, weil der Anteil des Unterliegens der Beklagten nicht ins Gewicht fällt.
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.000,- € festgesetzt.
Gründe
Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.