Die Klägerin wendet sich gegen eine von der Beklagten erlassene Nutzungsuntersagung.
Die Beklagte hat auf dem Grundstück Fl.Nr. …15 der Gemarkung * mit Bescheid vom 13. März 1980 die Erstellung eines Büro- und Lagergebäudes mit zwei Wohnungen im ersten Obergeschoss genehmigt. Die Baugenehmigung enthält unter anderem die Auflage B.21, nach der die beiden Wohnungen gemäß § 8 Abs. 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO) für den Betriebsinhaber, Betriebsleiter bzw. Aufsichts- oder Bereitschaftspersonen bestimmt sein müssen.
Mit Formblatt vom 23. Juni 1982 wurde bei der Beklagten ein Antrag auf eine Nutzungsänderung für einen Teil des Gebäudes zu einem „Privat-Club“, der der Ausübung der Prostitution dient, gestellt. Der mit dem Bauantrag vorgelegte Bauplan ist mit „Plan zur Erstellung eines Clubs mit Wohnung“ überschrieben und stellt lediglich den bislang als Büro genutzten Teil des Gebäudes im Erdgeschoss dar.
Mit Bescheid vom 17. Januar 1983 hat die Beklagte die Nutzugsänderung für den „Privat-Club“ erteilt. Der eingereichte Bauplan wurde mit einem Genehmigungsvermerk versehen und zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht. Die Baugenehmigung enthält unter den Auflagen zum Brandschutz eine Nr. B.1, in der festgestellt wird, dass die ursprünglich zur Büronutzung vorgesehenen Räume zu „Clubräumen“ umfunktioniert werden.
Am 14. Juni 2002 trat der Bebauungsplan Nr. * „Östlich der * Straße“ der Beklagten in Kraft, in dessen Umgriff auch das streitgegenständliche Grundstück liegt. Der Bebauungsplan setzt für den Bereich des streitgegenständlichen Grundstückes ein Gewerbegebiet im Sinne des § 8 BauNVO fest. Zulässig waren nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes Gewerbebetriebe aller Art.
Am 24. Juli 2015 trat für den Bereich, in dem das streitgegenständliche Grundstück liegt, der Änderungsplan zum Bebauungsplan Nr. * in Kraft. In § 4 der textlichen Festsetzungen des Änderungsplanes wird § 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes um einen Absatz 3 ergänzt, nach dem Bordelle, bordellartige Betriebe und Wohnungsprostitution nicht zulässig sind. Nach § 5 der textlichen Festsetzungen des Änderungsplanes gelten alle übrigen Bestimmungen des Bebauungsplanes unverändert fort.
Am 11. September 2017 gab es einen Besprechungstermin zwischen Vertretern der Bauaufsichtsbehörde der Beklagten und der Klägerin, der die Ausübung der Prostitution in dem Gebäude, unter anderem im Kellergeschoss, zum Gegenstand hatte.
Ein weiterer Gesprächstermin zwischen den Vertretern der Bauaufsichtsbehörde der Beklagten und der Klägerin fand am 14. September 2017 statt. Die Vertreter der Bauaufsichtsbehörde wiesen ausweislich des über die Besprechung angefertigten Aktenvermerks dabei darauf hin, dass aufgrund der schwerwiegenden brandschutztechnischen Mängel im Kellergeschoss eine akute Gefährdung für Leben und Gesundheit der Nutzer gegeben sei. Die Klägerin wurde aufgefordert, die Nutzung im Kellergeschoss bis 18. September 2017 einzustellen.
Mit Bescheid vom 20. September 2017, Gz., untersagte die Beklagte der Klägerin ab sofort, das Kellergeschoss des Anwesens auf dem Grundstück Fl.Nr. …15 für die gewerbliche Nutzung der Prostitution zu nutzen bzw. nutzen zu lassen (Nr. 1 des Tenors des Bescheides). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 2 des Tenors des Bescheides). Für den Fall, dass die Klägerin der unter Nr. 1 des Tenors des Bescheides angeordneten Nutzungsuntersagung zuwiderhandle, wurde für jeden für die gewerbliche Nutzung der Prostitution genutzten Raum ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR angedroht (Nr. 3 des Tenors des Bescheides). Für den Bescheid wurde eine Gebühr in Höhe von 500,00 EUR erhoben (Nr. 5 des Tenors des Bescheides), die die Klägerin zu tragen hat (Nr. 4 des Tenors des Bescheides).
Zur Begründung des Bescheides wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die gewerbliche Nutzung des Kellergeschosses als bordellartiger Betrieb ohne die erforderliche Baugenehmigung und damit im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften ausgeübt werde. Die Nutzung sei auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Nutzungsuntersagung sei verhältnismäßig. Sie sei erforderlich, weil keine andere Möglichkeit bestehe, die Nutzungsausübung zu verhindern. Die Klägerin trete gegenüber den Prostituierten und der Beklagten als Betreiberin bzw. verantwortlich Handelnde auf. Deshalb sei es sachgerecht, die Klägerin als Handlungsstörerin als Adressatin der Nutzungsuntersagung heranzuziehen. In Folge ständig wechselnder Prostituierten in dem Objekt sei deren Heranziehung nicht sachgerecht.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 hat die Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 20. September 2017 Klage erhoben und beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20. September 2017 aufzuheben.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 22. November 2017 beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2018 hat die Klägerin ihre Klage im Wesentlichen wie folgt begründet. Die Nutzung des Kellergeschosses sei baurechtlich in dem Genehmigungsverfahren bzw. mit dem Baugenehmigungsbescheid vom 17. Januar 1983 genehmigt worden. In diesem Bescheid werde unter anderem auch zwischen dem Erdgeschoss und dem Kellergeschoss eine Wendeltreppe genehmigt. Im Rahmen dieser Baugenehmigung sei die teilweise Nutzung des Kellergeschosses, nämlich von vier Kellerräumen zur bordellartigen gewerblichen Nutzung, genehmigt worden. Dies ergebe sich aus dem am 25. August 1982 bei der Beklagten eingereichten Bauantrag bzw. Bauplan. Dieser Bauplan befinde sich allerdings nicht in der Bauakte und sei auch nicht als Anlage dem Bescheid vom 17. Januar 1983 beigefügt worden, obwohl dies, nachdem er Teil der Genehmigung sei, zu erwarten gewesen wäre.
Die Beklagte hat im Verfahren Au 5 K 17.1580 zu den Ausführungen der Klägerin vom 28. Februar 2018 mit Schreiben vom 7. März 2018 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen. Die mit dem Bescheid vom 17. Januar 1983 genehmigte Nutzungsänderung beziehe sich ausschließlich auf die Büroräume im Erdgeschoss des Gebäudes. Der mit dem Bauantrag seinerzeit vorgelegte Bauplan stelle lediglich das Erdgeschoss des Gebäudes dar. Eine bordellartige Nutzung im Kellergeschoss sei baurechtlich nicht genehmigt. Einen Plan für das Kellergeschoss habe es niemals gegeben, ebenso wenig wie einen Plan für das Obergeschoss. Weder ein Plan für das Kellergeschoss noch für das Obergeschoss sei jemals Bestandteil der Baugenehmigung geworden.
Am 15. März 2018 fand die mündliche Verhandlung vor Gericht statt.
Ergänzend wird auf die vorgelegten Akten, die Gerichtsakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 20. September 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die in Nr. 1 des Tenors des Bescheides getroffene Anordnung, nach der es die Klägerin zu unterlassen hat, das Kellergeschoss des Anwesens auf dem Grundstück Fl.Nr. …15 für die gewerbliche Nutzung der Prostitution zu nutzen bzw. nutzen zu lassen, ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Nutzungsuntersagung ist Art. 76 Satz 2 BayBO.
Danach kann die Bauaufsichtsbehörde eine im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften stehende Nutzung untersagen. Dabei genügt grundsätzlich schon die formelle Illegalität, also die Nutzung der Anlage ohne die gesetzlich erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung hat, insoweit einer Baueinstellung entsprechend, die Funktion, den Bauherren auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Ausnahmsweise ist die Nutzungsuntersagung allerdings unverhältnismäßig, wenn die ungenehmigte Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist (BayVGH, U.v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 – BayVBl 2012, 86; BayVGH, U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607; BayVGH, B.v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3).
1.1 Die Nutzung des Kellergeschosses für die gewerbliche Nutzung zu Zwecken der Prostitution ist formell rechtswidrig.
Die in dem Kellergeschoss ausgeübte Nutzung stellt eine im Vergleich zu der genehmigten Nutzung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar.
Eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung liegt vor, wenn sich die neue Nutzung von der bisherigen dergestalt unterscheidet, dass die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens bzw. der geänderten Nutzung nach anderen baurechtlichen Vorschriften zu beurteilen ist, als die bislang ausgeübte Nutzung. In planungsrechtlicher Hinsicht ist eine Nutzungsänderung danach dann anzunehmen, wenn die rechtliche Qualität der bisherigen Nutzung so verändert wird, dass sich die Genehmigungsfrage neu stellt, wenn also die Variationsbreite der bisherigen Nutzung verlassen wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Änderung die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange berühren kann.
Das ist vorliegend der Fall.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 13. März 1980 die Baugenehmigung für die Erstellung eines Büro- und Lagergebäudes mit zwei Wohnungen auf dem Grundstück Fl.Nr. …15 erteilt. Die Baugenehmigung enthält u.a. die Auflage, dass die beiden Wohnungen im Obergeschoss nur durch den Betriebsinhaber oder Betriebsleiter bzw. Aufsichts- oder Bereitschaftspersonen zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen. In dem mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Eingabeplan „Grundriss KG/OG, Schnitte A-A, B-B“ zu der Baugenehmigung werden die Räume im Kellergeschoss als Kellerraum, Abstellkeller, Vorkeller und Heizung bezeichnet. Eine konkrete Zuordnung einzelner Räume in dem Kellergeschoss zu der gewerblichen Nutzung im Erdgeschoss bzw. den beiden Wohnungen im Obergeschoss lässt sich der Baugenehmigung nicht entnehmen.
Zwar stellt die Ausübung der Prostitution ebenso eine gewerbliche Nutzung dar wie die Nutzung als Büro- und Lagergebäude. Gleichwohl ist die gewerbliche Nutzung zum Zwecke der Ausübung der Prostitution von der vorhandenen baurechtlichen Genehmigung einer Büronutzung nicht abgedeckt.
Die Nutzung zum Zwecke der Ausübung der Prostitution verlässt die Variationsbreite der bisherigen gewerblichen Nutzung als Büro- bzw. der Wohnnutzung in Form einer durch den Betriebsinhaber oder Betriebsleiter bzw. Aufsichts- oder Bereitschaftspersonen genutzten Wohnung. Die Nutzung zum Zwecke der Ausübung der Prostitution kann sich angesichts des Störungspotenzials eines Bordells oder bordellartigen Betriebes für die Nachbarschaft auf die städtebauliche Entwicklung im Sinne des § 1 Abs. 6 BauGB anders auswirken als die frühere Nutzung der Räume im Kellergeschoss als Kellerräume für eine Büro- bzw. Wohnnutzung. Das gilt erst recht für die vorliegend genehmigte „gemischte“ Wohn-, Büro- und Lagernutzung (BayVGH, B.v. 26.2.2007 - 1 ZB 06.2296 m.w.N.).
Die Nutzung der Räume im Kellergeschoss zum Zwecke der Ausübung der Prostitution ist auch nicht von der von der Beklagten am 17. Januar 1993 erteilten Baugenehmigung abgedeckt.
In dem Bescheid ist das Bauvorhaben als „Nutzungsänderung (Privat-Club)“ bezeichnet. Eine Begründung, der entnommen werden könnte, auf welche Räumlichkeiten des bestehenden Gebäudes sich die Nutzungsänderung konkret bezieht, enthält der Bescheid nicht. In den Akten befindet sich auch kein dem Bescheid zugrunde gelegter förmlicher Bauantrag, aus dem sich ergeben könnte, auf welche Räumlichkeiten sich die Genehmigung der Nutzungsänderung bezieht. Inhalt und Umfang der Nutzungsänderungsgenehmigung sind daher auf der Grundlage des genehmigten Bauplans im Wege der Auslegung zu ermitteln. Danach bezieht sich die in dem Bescheid vom 17. Januar 1983 genehmigte Nutzungsänderung ausschließlich auf die Büroräume im Erdgeschoss des Gebäudes. Der Inhalt der Baugenehmigung vom 17. Januar 1983 ergibt sich hinreichend konkret aus dem vom damaligen Bauherrn eingereichten und mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Bauplan „Grundriss EG“, in dem die Umnutzung der Büroräume im Erdgeschoss des Gebäudes hin zu einer bordellartigen Nutzung (Clubraum mit Bar, Sauna, Zimmer 1, Zimmer 2, Zimmer 3) dargestellt ist.
Ein Eingabeplan für das Kellergeschoss befindet sich bei den Bauakten zu der Baugenehmigung vom 17. Januar 1983 nicht. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die dem Gericht vorgelegten Bauakten unvollständig sind oder Teile der Bauakte verloren gegangen sind, haben sich nicht ergeben. Soweit die Klägerin geltend macht, dass es einen weiteren, zum Gegenstand der Baugenehmigung vom 17. Januar 1983 gemachten und mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Bauplan für das Kellergeschoss gebe, der eine Nutzung zum Zwecke der Ausübung der Prostitution zum Gegenstand habe, trägt sie dafür die Beweislast. Die Klägerin hat diesbezüglich ausgeführt, sie habe vergeblich versucht, mit dem damaligen Bauantragsteller bzw. ursprünglichen Inhaber der Baugenehmigung vom 17. Januar 1983 Kontakt aufzunehmen, was ihr aber mangels einer ihr bekannten aktuellen Adresse der betreffenden Person nicht gelungen sei. Kann sie den Beweis für ihre Behauptung, dass es einmal einen genehmigten Bauplan für das Kellergeschoss für eine Nutzung zur Ausübung der Prostitution gegeben habe, aber nicht erbringen, geht dies zu ihren Lasten, zumal die Bauakte keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Gegenstand der Baugenehmigung vom 17. Januar 1983 auch das Kellergeschoss war.
Gleiches gilt, soweit die Klägerin sinngemäß auch geltend gemacht hat, es gebe neben der Baugenehmigung vom 17. Januar 1983 eine weitere Baugenehmigung für das Kellergeschoss und einen dazugehörigen genehmigten Bauplan. Auch hierfür finden sich in der dem Gericht vorgelegten Bauakte keine Anhaltspunkte und hat die Klägerin diese Behauptung auch nicht weiter untermauern können.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die untersagte Nutzung des Kellergeschosses zum Zwecke der Ausübung der Prostitution weder von der Baugenehmigung vom 13. März 1980 noch der Baugenehmigung vom 17. Januar 1983 abgedeckt ist.
Die Klägerin kann der Nutzungsuntersagung auch weder eine behördliche Zusicherung, von einer Nutzungsuntersagung abzusehen, noch eine Duldungsverfügung der Beklagten entgegenhalten.
Auf eine behördliche Zusicherung, keine bauordnungsrechtlichen Eingriffsmaßnahmen durchzuführen, kann sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen, weil sie nicht substantiiert vorgetragen hat, dass eine solche Zusicherung, die wegen Art. 38 Abs. 1 VwVfG in Schriftform vorliegen müsste, ihr oder einem Rechtsvorgänger gegenüber erlassen wurde. Eine solche Zusage findet sich auch nicht in den vorgelegten Akten. Eine lediglich tatsächliche langjährige Duldung bewirkt, ungeachtet der Frage, ob eine solche im vorliegenden Fall zu bejahen ist, die Rechtsfolgen des Art. 38 Abs. 1 VwVfG nicht (BayVGH, B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 33).
Ungeachtet der Frage, ob eine solche langjährige Duldung im vorliegenden Fall vorliegt, kann allein durch eine faktische behördliche Duldung, also ein Nichteinschreiten trotz behördlicher Kenntnis der Nutzung, selbst wenn diese über längere Zeit erfolgt ist, eine illegale bauliche Anlage auch nicht legal werden bzw. ein bestehender Widerspruch einer Nutzung zum öffentlichen Recht nicht aufgelöst werden (BayVGH, B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 33).
Die Befugnis, eine formell illegale Nutzung zu untersagen, kann auch nicht verwirkt werden. Das folgt schon daraus, dass nur Rechte, nicht aber Pflichten, hier die behördliche Pflicht, für rechtmäßige Zustände zu sorgen, verwirkt werden können (BayVGH, B.v. 15.9.2006 - 15 ZB 06.2065 - juris Rn. 5 m.w.N.).
Eine längere faktische Duldung kann ausschließlich im Rahmen des behördlichen Ermessens, also auf der Rechtsfolgenseite, relevant sein, wobei auch insofern im Vergleich zu ausdrücklichen Duldungszusagen ein allenfalls verminderter Vertrauenstatbestand zu berücksichtigen ist (BayVGH, B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 33).
1.2 Die Beklagte hat das ihr im Rahmen des Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumte Ermessen unter Berücksichtigung des nach § 114 Satz 1 VwGO insoweit eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsumfangs ordnungsgemäß ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
Das der Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen, mit der die ihr obliegende Aufgabe, für die Einhaltung der öffentlichrechtlichen Vorschriften zu sorgen, möglichst effektiv erfüllt wird. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor, muss im Regelfall daher nicht näher begründet werden, weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sogenanntes intendiertes Ermessen; BayVGH, B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 37 m.w.N.). Allerdings dürfen insbesondere mit Blick auf das Übermaßverbot keine Besonderheiten vorliegen, die ausnahmsweise ein Absehen von der Untersagung erfordern, eine formell rechtswidrige Nutzung darf daher grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist bzw. unter Bestandsschutz steht. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen, wäre unverhältnismäßig (BayVGH, B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 21 m.w.N.).
1.2.1 Eine Unverhältnismäßigkeit der Nutzungsuntersagung wegen offensichtlich materieller Genehmigungsfähigkeit der Nutzung von Räumen im Kellergeschoss zur Ausübung der Prostitution liegt ersichtlich nicht vor. Einer solchen Nutzung steht der am 24. Juli 2015 in Kraft getretene Änderungsplan zum Bebauungsplan Nr. * entgegen, in dessen § 4 der textlichen Festsetzungen der § 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. * vom 14. Juni 2002 dahingehend ergänzt wird, dass in dem Bereich des Plangebietes, in dem auch das streitgegenständliche Grundstück liegt, Bordelle, bordellartige Betriebe und Wohnungsprostitution nicht zulässig sind.
1.2.2 Auch die faktische Duldung einer rechtswidrigen baulichen Anlage bzw. einer rechtswidrigen baulichen Nutzung über längere Zeiträume hinweg im Sinne des schlichten Unterlassens eines bauaufsichtlichen Einschreitens trotz Kenntnis der Bauaufsichtsbehörde führt nicht ohne weiteres zur Unverhältnismäßigkeit eines späteren Erlasses einer Nutzungsuntersagungsanordnung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde aufgrund des Hinzutretens besonderer Umstände einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BayVGH, B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 35).
Auf der Grundlage der dem Gericht vorgelegten Unterlagen ist nicht davon auszugehen, dass die Bauaufsichtsbehörde durch positives Tun einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Dem Gericht wurden von der Klägerin keinerlei Unterlagen vorgelegt, die belegten, dass der Bauaufsichtsbehörde die im Kellergeschoss ausgeübte gewerbliche Nutzung zum Zwecke der Prostitution bekannt war. Soweit die Klägerin geltend macht, dass in den letzten 35 Jahren zahlreiche Kontrollen vor Ort durchgeführt worden seien, bei denen weder Art noch Umfang der Nutzung in den Räumlichkeiten beanstandet worden sei, konnte sie dies nicht, z.B. mit entsprechenden Vermerken der Bauaufsichtsbehörde in den Bauakten, belegen. In der Altakte mit der Baugenehmigung vom 13. März 1980 und der Baugenehmigung vom 17. Januar 1983 findet sich kein Aktenvermerk oder ein sonstiger Hinweis darauf, dass die gewerbliche Nutzung zur Ausübung der Prostitution im Kellergeschoss der Bauaufsichtsbehörde bekannt war oder Gegenstand einer bauaufsichtlichen Überprüfung war. Eine bauaufsichtliche Überprüfung der Nutzung des Obergeschosses fand nach Aktenlage erstmals im Verfahren * auf eine Anzeige eines Dritten vom 7. Dezember 2016 und des Kellergeschosses im Verfahren Az. * auf die Anzeige eines Dritten vom 24. Juli 2017 statt. Das Gericht geht davon aus, dass die Beklagte, falls für den Zeitraum zwischen 1984 und 2016 weitere Unterlagen der Bauaufsichtsbehörde vorhanden wären, diese dem Gericht auf die erfolgte Aufforderung zur Vorlage der Akten mit vorgelegt hätte.
Einen besonderen Vertrauensschutz dahingehend, dass die im Kellergeschoss ausgeübte Nutzung zum Zwecke der Prostitution ausdrücklich bauaufsichtlich nicht beanstandet worden sei, hat die Klägerin nicht belegen können. Eine jahrelange tatsächliche Duldung, die es ausschlösse, eine Nutzungsuntersagung ermessensfehlerfrei allein auf die formelle Illegalität zu stützen, ist im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Es haben sich aus den vorgelegten Unterlagen und unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung getätigten Aussagen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die formell illegale Nutzung von Räumen im Kellergeschoss des Anwesens zum Zwecke der Ausübung der Prostitution über Jahrzehnte unter den Augen der Bauaufsichtsbehörde unbeanstandet geblieben ist.
1.2.3 Geht man davon aus, dass der Erlass einer Nutzungsuntersagung für eine bereits über Jahre hinweg tatsächlich ausgeübte Nutzung über die im Rahmen des intendierten Ermessens erforderliche Ermessensausübung hinausgehende, weitere Ermessenserwägungen erforderlich macht, erweist sich die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung auch insoweit nicht als ermessensfehlerhaft.
Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass am 24. Juli 2015 eine Änderungsplanung zu dem Bebauungsplan Nr. * vom 14. Juni 2002 in Kraft getreten ist, die Bordelle, bordellartige Betriebe und Wohnungsprostitution in dem festgesetzten Gewerbegebiet, in dessen Umgriff auch das streitgegenständliche Grundstück liegt, ausdrücklich ausschließt. In der Begründung des Änderungsplanes hat die Beklagte hierzu ausgeführt, dass diese Nutzungen in dem Bereich an der Nahtstelle zur * Straße ausgeschlossen werden sollen, um die angrenzende Wohnbebauung vor den vom Rotlichtmilieu ausgehenden Nachteilen und Belästigungen zu schützen. Die bestehenden Bordelle und bordellartigen Nutzungen würden zudem in Zusammenwirkung mit den weiteren bereits beantragten Etablissements durch eine unverhältnismäßige Häufung von Betrieben des Rotlichtmilieus zu einem drohenden Qualitätsverlust im Sinne eines Funktionsverlustes als klassisches Gewerbegebiet führen. Auf diese planungsrechtlichen Festsetzungen wird in dem Bescheid vom 20. September 2017 zur Begründung der Nutzungsuntersagung ausdrücklich hingewiesen. Selbst wenn man im vorliegenden Fall im Hinblick darauf, dass eine, wenngleich illegale, aber über einen langen Zeitraum ausgeübte Nutzung untersagt wird, forderte, dass im Rahmen der Nutzungsuntersagung über die geringen Anforderungen an die Ermessensausübung im Rahmen des intendierten Ermessens hinaus in dem Nutzungsuntersagungsbescheid berücksichtigt und nachvollziehbar dargelegt wird, warum jedenfalls nunmehr bauordnungsrechtliche Maßnahmen getroffen werden, hat die Beklagte dem Rechnung getragen und in dem Bescheid vom 20. September 2017 sich nicht auf die Feststellung der formellen Illegalität beschränkt, sondern ihre Entscheidung im Rahmen des von ihr erkanntes Ermessens auch mit der materiellen Rechtslage unter Bezugnahme auf die Festsetzungen des Änderungsplanes vom 24. Juli 2015 und die materielle Rechtslage seit dem Inkrafttreten dieses Planes begründet. Sie ist damit über den gewöhnlichen Prüfungsumfang bei einer Nutzungsuntersagung hinausgegangen und hat die Nutzungsuntersagung jedenfalls ergänzend auch mit der fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Nutzung begründet.
1.2.4 Die Beklagte konnte auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Klägerin als Adressatin der Untersagungsverfügung heranziehen.
Mangels spezialgesetzlicher Regelungen in der Bayerischen Bauordnung ist für die Störerauswahl auf die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätze, insbesondere auf Art. 9 LStVG zurückzugreifen. Art. 9 LStVG unterscheidet zwischen dem Handlungsstörer, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG, und dem Zustandsstörer, Art. 9 Abs. 2 LStVG. Handlungsstörer ist derjenige, dessen Verhalten die Gefahr oder die Störung verursacht hat. Zustandsstörer ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer einer Sache oder einer Immobilie, deren Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist.
Bei einer Mehrheit von Störern hat die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über deren Inanspruchnahme zu entscheiden. Gesetzliche Richtschnur für die fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens unter mehreren Störern sind die Umstände des Einzelfalles, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und auch das Gebot der schnellen und effektiven Gefahrenbeseitigung. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Handlungsstörer durch seine Tätigkeit mehr zur Störung der Rechtsordnung beiträgt als etwa der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer wird es dabei regelmäßig sachgerecht sein, den Handlungsstörer vor dem Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen (BayVGH, B.v. 28.5.2001 - 1 ZB 01.664 - juris Rn. 5).
Sind die zur Ausübung der Prostitution genutzten Räume im Kellergeschoss räumlich und funktional Teil des von der Klägerin im Erdgeschoss des Gebäudes eingerichteten bordellartigen Betriebes, ist sie selbst als Mieterin der Räumlichkeiten unmittelbare Handlungsstörerin. Im Falle einer Untervermietung der zur Ausübung der Prostitution genutzten Räume im Kellergeschoss ist sie als Hauptmieterin zumindest als mittelbare Handlungsstörerin verantwortlich im Sinne des Art. 9 Abs. 1 LStVG. Der Klägerin kommt auch ein maßgeblicher steuernder Einfluss insofern zu, als sie die baurechtswidrige Nutzung in kurzer Zeit beenden kann.
Unter Berücksichtigung des Gebots der schnellen und effektiven Gefahrenbeseitigung ist es daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Nutzungsuntersagung an die Klägerin gerichtet hat.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es einer Duldungsanordnung an die Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstückes, mit denen die Klägerin den Mietvertrag abgeschlossen hat, nicht bedarf. Die Nutzungsuntersagung zielt auf ein schlichtes Unterlassen, neben der die Anordnung einer Duldung weder erforderlich noch möglich ist, da der Grundstückseigentümer den Mieter ohnehin nicht daran hindern kann, die Anordnung zu befolgen (BayVGH, U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.649 - juris Rn. 18).
2. Die in Nr. 3 des Tenors des Bescheides erlassene Zwangsgeldandrohung für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung in Nr. 1 des Tenors des Bescheides findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 36 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG
Die Androhung des Zwangsgeldes ist jedenfalls unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung seitens der Beklagten erfolgten Klarstellung hinreichend bestimmt. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass mit dem Begriff des „Raumes“ in Nr. 3 des Bescheides die vier Räume im Kellergeschoss gemeint sind, die unmittelbar der Ausübung der Prostitution dienten. Damit ist für die Klägerin hinreichend klar, unter welchen Voraussetzungen ein Zwangsgeld fällig wird.
Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR. Dabei soll das Zwangsgeld nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen ist dabei nach Art. 31 Abs. 2 Satz 4 BayVwZVG nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen. Danach erweist sich das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von jeweils 2.000,00 EUR für eine rechtswidrige Nutzung jeweils einer der vier Räume als angemessen und nicht unverhältnismäßig.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Untersagung der gewerblichen Nutzung zum Zwecke der Prostitution im Kellergeschoss des Anwesens „ab sofort“, also mit Zustellung des Bescheides, unverhältnismäßig ist. Mangels konkreter anderweitiger Anhaltspunkte kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin das Unterlassen der baurechtswidrigen Nutzung der betroffenen Räume im Kellergeschoss des Gebäudes fristgerecht durchführen und durchsetzen kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.