Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg
Au 1 K 14.1466
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 14. Juli 2015
1. Kammer
..., als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Sachgebiets-Nr. 541
Hauptpunkte:
Feststellungsklage, Abgrenzung „Fleischzubereitung“ von „Fleischerzeugnis“ im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004; Verwendung der Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) bei der Herstellung von rohen Fleischdrehspießen; Anwendung des Migrationsgrundsatzes; Abgrenzung „Soße“ von „Würzmittel“; Gleichheitsgrundsatz;
Rechtsquellen:
Leitsätze:
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Klägerin -
bevollmächtigt: ...
gegen
...
- Beklagter -
wegen lebensmittelrechtlicher Anordnung
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 1. Kammer, durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2015
am 14. Juli 2015
folgendes Urteil:
I.
Es wird festgestellt, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/08 vereinbar ist.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 vereinbar ist.
Die Klägerin ist Herstellerin von marinierten und gewürzten Fleischdrehspießen. Verschiedene Fleischstücke werden dabei in einem sogenannten „Tumbler“ mit einer Soße/Würzmischung zusammengegeben und mehrere Stunden gemischt. Diese Soße/Würzmischung, welche die Klägerin selbst herstellt oder auch zukauft, enthält neben Wasser, Öl und Gewürzen unter anderem auch die Zusatzstoffe Diphosphat, Triphosphat sowie Zellulose. Sie kann auch gesondert bei der Klägerin erworben werden. Nach dem Vermischen wird der Drehspieß geformt, gesteckt, tiefgefroren, verpackt und im Rohzustand an Imbissbetriebe verkauft. Dort wird der Fleischdrehspieß senkrecht stehend drehend gegrillt und das Fleisch gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher verkauft.
Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vertritt in einem Gutachten vom 26. August 2014 die Auffassung, dass solche Fleischdrehspieße Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 seien und die Produkte deshalb der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen seien. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 08.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) für Fleischzubereitungen nicht zugelassen.
Aufgrund dieses Gutachtens erließ das Landratsamt ... am 19. September 2014 ein Schreiben, in welchem die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sämtliche in den Betrieben der Klägerin hergestellten Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der Verordnung (EG) 853/2004 einzustufen seien. Diese seien der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß Anhang II Teil E der Verordnung (EG) 1333/2008 zuzuordnen. Deshalb dürften für die Produktion von Fleischdrehspießen keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose verwendet werden. Im Anschluss an diesen Hinweis wurde eine Verpflichtungserklärung von der Klägerin abgegeben, als Zulassungsinhaberin ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten, insbesondere keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose zu verwenden. Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneute darauf hin, dass die oben genannten Zusatzstoffe nicht verwendet werden dürften. Lebensmittel, welche die nicht zugelassenen Zusatzstoffe enthielten, seien nicht mehr verkehrsfähig und würden entsprechend gemaßregelt werden. Beide Schreiben enthielten keine Rechtsmittelbelehrung.
Am 2. Oktober 2014 ließ die Klägerin gegen das Schreiben vom 22. September 2014 Klage erheben. Der Bevollmächtigte der Klägerin meint, die Verfügung sei nicht rechtmäßig, weil die Klägerin die benannten Zusatzstoffe verwenden dürfe. Die Zellulose (E 460) sei in Anhang II Teil E der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet und dürfe nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden. Bei den Produkten der Klägerin handle es sich aber nicht um unbehandeltes Fleisch. Die Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat (E 450 und E 451) seien in der Verordnung (EG) Nr. 601/2014 für Fleischerzeugnisse zugelassen. Die Fleischdrehspieße seien als Fleischerzeugnisse einzustufen. Selbst wenn man diese den Fleischzubereitungen zuordnen würde, dürften die Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 zumindest über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) Nr. 1333/2008 (sog. „carry over Grundsatz“) verwendet werden. Nach der Definition von Fleischzubereitung sei die Zugabe von Würzen bzw. Würzmitteln sowie Zusatzstoffen üblich. Dies werde speziell zu Gyros unter Nr. 08.1.2 in den Leitlinien (Guidance document describing the food categories in part E of Annex II to Regulation (EC) No. 1333/2008) ausgeführt. Würden demnach Fleischzubereitungen unter Verwendung von Würzmitteln oder Würzsoßen hergestellt, dürften diese wiederum die für die Würzmittel oder Würzsoßen zugelassenen Zusatzstoffe enthalten. Der Erwägungsgrund (18) der Verordnung (EU) Nr. 601/2014 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 erkläre den Migrationsgrundsatz gemäß Art. 18 Abs. 1 a der EU-Verordnung in Fleischzubereitungen für anwendbar. Zellulose dürfe als Zusatzstoff der Gruppe I einer Würzsoße oder einem Würzmittel zugegeben werden und könne daher ebenfalls über den Migrationsgrundsatz Bestandteil einer Fleischzubereitung werden. Dies bestätige nicht nur das Gutachten des Labors Dr. ..., sondern auch die Stellungnahme des Fachverbandes der Gewürzindustrie. Die Marinade sei eine Soße und kein Würzmittel. Nach Nr. 12.2.2 der Leitlinien würden Würzmittel zu einem Gericht gereicht („added to a meal“). Es stünde dort gerade nicht „added to a foodstuff“. Zwar bestimme die Leitlinie unter Nr. 12.6, dass unter Soßen auch sog. „ready to eat“ Soßen zu subsumieren seien, aber eben auch „concentrated products“, wie die hier verwendete Würzmischung, was sich aus dem Wortlaut „or“ ergebe. Die einschlägige Kommentierung fasse eine Marinade unter den Begriff der Soße.
Die Klägerin beantragte zunächst,
den Bescheid des Beklagten vom 22. September 2014 aufzuheben.
Die Klage wurde am 24. November 2014 umgestellt. Die Klägerin beantragt zuletzt
festzustellen, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand nicht gegen die Verordnung (EG) 1333/2008 verstößt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es handle sich dann um eine Fleischzubereitung, wenn nur Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben werden oder das Lebensmittel einem Verfahren unterzogen werde, das nicht ausreiche, die innere Muskelstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale des frischen Fleisches zu beseitigen. Sofern ein Herstellungsverfahren sicherstelle, dass die innere Muskelstruktur des Fleisches verändert werde und die Merkmale des frischen Fleisches nicht mehr erfüllt werden, liege ein Fleischerzeugnis nach Anhang I Nr. 7.1 VO (EG) NR. 853/2004 vor. Unter Berufung auf das Gutachten des LGL vom 26. August 2014 gehe der Beklagte davon aus, dass die Fleischdrehspieße als Lebensmittelzubereitung i. S. d. Anhangs I Nr. 1.15 VO (EG) 853/2004 einzustufen seien. Für Fleischzubereitungen seien diese Zusatzstoffe nicht zugelassen. Selbst wenn es ein Fleischerzeugnis sei, müsse eine Erweiterung der EU-Zulassung beantragt werden. Die verwendete Marinade sei ferner keine Soße i. S. d. Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, weshalb die Zusatzstoffe auch nicht über den Migrationsgrundsatz zugelassen werden könnten. Würzmittel würden während des Zubereitungsvorganges hinzugegeben, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher.
Die Klägerin erwiderte, dass der Drehspieß zum Verzehr bestimmt sei. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher sei er durchgegart, weshalb ein Fleischerzeugnis vorliege. Dies bedeute, dass Imbissbetreiber, die in ihrem Betrieb einen Drehspieß herstellten, die in Frage stehenden Zusatzstoffe einsetzen dürften. Dieser Unterschied sei nicht nachvollziehbar, wenn man darauf abstelle, dass der Dönerspieß dafür gemacht sei, nicht roh verzehrt, sondern durchgegart an den Endverbraucher abgegeben zu werden. Für Bräte und Kassler seien die Zusatzstoffe ausdrücklich zugelassen. Warum der Drehspieß nicht aufgeführt sei, sei nicht nachvollziehbar und systemwidrig. Wenn schon in einem Brät (Leberkäse), das dazu bestimmt sei, roh an den Endverbraucher abgegeben zu werden, Phosphate eingesetzt werden dürften, dann sei erst recht der Einsatz von Phosphaten in Lebensmitteln zulässig, die dazu bestimmt seien, durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Die Argumentation, es ginge um gesundheitliche Belange, sei deshalb gekünstelt. Der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 finde Anwendung, weil die Phosphate und die Zellulose für Soßen zugelassen seien. Daneben bestehe die Möglichkeit des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Danach dürfe ein Lebensmittelzusatzstoff in einem Lebensmittel enthalten sein, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet werde, sofern letzteres dieser Verordnung genüge. Sofern Würzmittel und Soßen ausdrücklich für die Zubereitung von Drehspießen bestimmt seien, dürfe dieses Präparat auch alle Zusatzstoffe enthalten, die für die Zubereitung des zusammengesetzten Lebensmittels (gegarter Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei) zugelassen seien. Der Einsatz der Soßen und Würzmittel erfolge, um einen gegarten Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei, herzustellen. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt ... (CVUA) gehe davon aus, dass zur Herstellung von Fleischdrehspießen unter dem Aspekt des „reverse carry over“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Zusatzstoffe verwendet werden dürften, die für die Herstellung von Fleischerzeugnissen zulässig seien. Da in einem Fleischerzeugnis die streitgegenständlichen Zusatzstoffe zugelassen seien, die Zweckbestimmung des Halbfertigprodukts „roher Drehspieß“ aber gerade das Durchgaren voraussetze, um ihn verzehren zu können, müsse bei dem Halbfertigprodukt, das zwar eine Fleischzubereitung darstelle, der Einsatz der streitgegenständlichen Zusatzstoffe auch zulässig sein (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Das Halbfertigprodukt sei nur ein Zwischenprodukt, das gar nicht für den unzubereiteten Verzehr gedacht sei.
Das LGL teilte mit Schreiben vom 2. März 2015 mit, dass der sog. „reverse carry over Grundsatz“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 hier keine Anwendung finden könne, weil anderenfalls viele zusatzstoffrechtlichen Regelungen der Verordnung obsolet wären. Zudem wären bei dieser Betrachtungsweise die bestehenden Sonderregelungen für Halbfabrikate wie Kassler und Bräte überflüssig. Da es auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens ankomme, dürfe für die zusatzstoffrechtliche Beurteilung nicht nur auf die letztendliche Zweckbestimmung des Lebensmittels abgestellt werden, sondern auf die Abgabe als vorverpackte Ware an die Gastronomiebetriebe. Die Zugabe der streitgegenständlichen Zusatzstoffe diene der Bindung größerer Mengen Wasser. Eine technologische Notwendigkeit sei nicht gegeben. Durch die Verbote solle der übermäßige Wasserzusatz zu Fleisch verhindert werden.
Die Klägerin erklärte, ohne die streitigen Zusatzstoffe könne der Drehspieß nicht sachgerecht hergestellt werden. Die Phosphate hätten bereits in der Soße/Würzmischung eine regulierende Wirkung, daneben seien sie von zentraler Bedeutung für die Konsistenz des Spießes. Versuche hätten ergeben, dass ohne die Zusatzstoffe kein Spieß mit der für den weiteren Produktionsprozess erforderlichen Konsistenz hergestellt werden könne. Überdies sei die Wassermenge ein Problem allenfalls der Irreführung.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass dann, wenn der Imbissbetreiber das Fleisch und die Würzmischung selbst mischt und den Fleischdrehspieß selbst steckt, die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe nicht zu beanstanden ist. Die streitgegenständlichen Zusatzstoffe sind bei einer Verwendung in der üblichen Menge auch nicht gesundheitsschädlich. Es wurde ferner unstreitig gestellt, dass die Verwendung von Zellulose in den rohen Fleischdrehspießen über die Anwendung des Migrationsgrundsatzes nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig ist.
Am 14. Juli 2015 fand mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakte.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.
1. Gegenstand der Klage ist die Feststellung, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist.
2. Die Klage ist zulässig.
Sie ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Frage, ob die genannten Zusatzstoffe in den von der Klägerin hergestellten Fleischdrehspießen verwendet werden dürfen, stellt ein solches Rechtsverhältnis dar. Auch hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (§ 43 Abs. 1 letzter Hs VwGO). Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe in rohen Fleischdrehspießen zulässig ist. Das Landratsamt ... hat mit Schreiben vom 19. September 2014 darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Produktion ihrer Fleischdrehspieße keinerlei Diphosphat, Triphosphat und Zellulose verwenden darf. Zudem hat sich die Klägerin verpflichtet, ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten (Blatt 13 der Gerichtsakte). Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneut darauf hin, dass die Zusatzstoffe bei der Herstellung von Fleischzubereitungen keinesfalls verwendet werden dürfen. Es wurde ausdrücklich angeführt, dass zukünftig in der Produktion vorgefundene Fleischzubereitungen, die nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, als Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig sind und entsprechend gemaßregelt werden (vgl. Blatt 14 der Gerichtsakte). Die Verwendung unzulässiger Lebensmittelzusatzstoffe ist strafbewehrt. Die Klägerin benötigt nach ihren Angaben die genannten Zusatzstoffe, um die Konsistenz des Fleischdrehspießes sicherzustellen. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, feststellen zu lassen, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe in der Produktion von Fleischdrehspießen zulässig ist oder ob sie gegen Gesetze verstößt und die Klägerin sich damit strafbar macht.
3. Die Klage ist auch begründet.
Bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand ist die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 zu vereinbaren. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 4 i. V. m. Anhang II i. V. m. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 vor.
a) Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008 geregelt, die am 20. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt in Lebensmitteln verwendet und in Verkehr gebracht werden. Steht die Verwendung eines Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden (sog. Verbotsprinzip). Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11. November 2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt der Anhang ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4. Juni 2014 mit Wirkung vom 25. Juni 2014 geändert. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden. Seit dem 25. Juni 2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorie 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse).
b) Nach der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischzubereitungen grundsätzlich nicht zugelassen. Ausnahmsweise sind die streitigen Phosphate in „breakfast sausages“, „Finnischem Weihnachtsschinken“, „burger meat“, „Kassler“ und „Brät“ zugelassen.
Nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 dürfen Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischerzeugnissen verwendet werden.
c) Bei der Beurteilung, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen mit der VO (EG) 1333/2008 vereinbar ist, ist maßgeblich, welchen dieser o.g. Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen rohen Fleischdrehspieße zuzuordnen sind.
Nach Überzeugung der Kammer sind die rohen Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 einzuordnen. Deshalb sind die streitigen Zusatzstoffe grundsätzlich nicht zugelassen.
Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend ist, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.
Unter Zugrundelegung dieser Definitionen folgt die Kammer - wie auch das Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) - insoweit der überzeugenden fachlichen Einschätzung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 26. August 2014 bzw. vom 2. Oktober 2014. Die rohen Fleischdrehspieße sind demnach als Fleischzubereitung einzuordnen, weil das Mischen des Fleisches mit der Würzlake in einem sog. Tumbler nicht geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Das LGL führt nachvollziehbar aus, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake aus Wasser und/oder Öl. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch das Tumbeln und Einspritzen einer Würzlake, reichen nicht aus, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt werden. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18. Dezember 2013. Nach diesem in englischer Sprache abgefassten Dokument gehört auch das Produkt „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Demnach wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch Fleischdrehspieße, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden. Auch Kassler und Brät werden als Fleischzubereitung eingestuft. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kassler wird unter Verwendung von Pökelsalz und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch gebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das Tumbeln als ein vollständiges Durchmarinieren bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Fleischdrehspießen wird Kassler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.
Maßgebend ist hierbei der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fleischdrehspießes. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 ist das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies ist hier die Abgabe des Fleischdrehspießes in rohem Zustand an die Imbissbetreiber. Deshalb vermag das Argument des Bevollmächtigten der Klägerin, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissbetreiber zerstört und es handle sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis, nicht zu überzeugen. Es ist zwar richtig und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich bei dem gegarten Fleischdrehspieß um ein Fleischerzeugnis handelt, in dem die streitigen Zusatzstoffe zugelassen sind. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den einzelnen Imbissbetrieb ist der Fleischdrehspieß aber noch roh und die Fleischstruktur ist noch zu erkennen. Auf diesen Zeitpunkt kommt es maßgeblich an. Im Übrigen gehen auch die von dem Bevollmächtigten zitierten Gutachter davon aus, dass der rohe Fleischdrehspieß eine Fleischzubereitung ist (vgl. Schreiben des Labor ... vom 24.9.2014 Blatt 15 der Gerichtsakte; Aufsatz von ..., Vom Fleisch bis zum Kassler Blatt 73 ff. der Gerichtsakte; Schreiben des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) ... vom 26.1.2015, Blatt 75 der Gerichtsakte; Schreiben des CVUA ... vom 29. Januar 2015 Blatt 98 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679).
d) Die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat ist zunächst auch nicht ausnahmsweise über den sog. Migrationsgrundsatz („carry over Grundsatz“) nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig. Die Verwendung von Zellulose ist hingegen - zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig - über Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 möglich.
aa) Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 ist grundsätzlich anwendbar. In Tabelle 1 des Anhangs II Teil A der VO (EG) 1333/2008 sind die Lebensmittel aufgeführt, in denen nach dem Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a der VO (EG) 1333/2008 Zusatzstoffe nicht zugelassen werden dürfen. Ausdrücklich ausgenommen sind Fleischzubereitungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Dies bedeutet, dass Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei Fleischzubereitungen grundsätzlich Anwendung findet.
bb) Nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Der rohe Fleischdrehspieß ist ein zusammengesetztes Lebensmittel, das nicht in Anhang II aufgeführt ist. Es kommt damit entscheidend darauf an, ob die von der Klägerin verwendete Würzlake als „Soße“ oder „Würzmittel“ einzustufen ist.
In „Soßen“ der Kategorie 12.6 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 sind sowohl Zellulose als auch Diphosphate und Triphosphate zugelassen. In „Würzmitteln“ der Kategorie 12.2.2 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Zellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate dürfen hingegen nicht verwendet werden.
Die Klägerin argumentiert damit, dass die von ihr verwendete Würzmarinade eine „Soße“ sei, in welcher die Zusatzstoffe erlaubt seien. Deshalb dürften die streitigen Zusatzstoffe auch in dem rohen Fleischdrehspieß vorhanden seien. Die Klägerin meint, Würzmittel würden nach den Leitlinien 12.2.2 zu einem Gerichte gereicht („added to a meal“). Die Vorgabe, welche das LGL herauslesen wolle, dass ein Würzmittel zur Herstellung eines Lebensmittels gedacht sei, würde lauten „added to a foodstuff“. Dieser Wortlaut finde sich aber gerade nicht in den Leitlinien. Das Fleisch werde in der Soße mariniert, d. h. diese Soße werde zur Herstellung des Fleischdrehspießes verwendet und nicht zum Fleischdrehspieß verzehrt. Zu Soßen gehörten zwar auch „ready to eat“ Soßen, aber eben auch „konzentrierte Produkte“ („concentrated products“), wie die verwendete Würzmischung. Das werde durch das Wort „or“ deutlich. Dies übersehe das LGL.
Dieser Argumentation folgt die Kammer nicht.
Übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und dem Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) ist die Kammer der Überzeugung, dass die von der Klägerin verwendete Würzlake nicht als „Soße“ im Sinne der Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, sondern vielmehr als „Würzmittel“ im Sinne der Nr. 12.2.2 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008 zu erfassen ist.
Das „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 umschreibt unter Nr. 12.6 „Sauces“ wie folgt:
„This category covers ready-to-eat, dehydrated or concentrated products, including sauce, gravy, mayonnaise, ketchup and tomato-based sauces, salad cream, dressing, marinades and similar products. (…).“
„Seasonings and condiments“ nach Nr. 12.2.2 werden wie folgt beschrieben:
„A seasoning is a blend of food ingredients added as necessary to achieve an improvement in taste, eating quality and/or functionality of a food. It typically contains one or more herbs and/or spices and other flavor-enhancing or flavor-imparting ingredients. A condiment is usually added to a meal to provide a particular taste or enhance its flavor. (…).“
Das LGL führt in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 nachvollziehbar aus, dass nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“ ist. Demnach seien unter die Kategorie 12.6 „Soßen“ nur solche Soßen einzuordnen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen würden bei der Herstellung der Fleischdrehspieße nicht verwendet werden, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) falle (vgl. VG Regensburg, B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635; BayVGH, B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521).
Die Kammer folgt insoweit der fachlichen Einschätzung des LGL. Die Leitlinien sind in englischer Sprache gefasst. Die Kammer berücksichtigt, dass es möglicherweise sprachliche Unterschiede gibt und dass Begriffe je nach Land unterschiedlich weit gefasst werden können. Die Kammer bezieht deshalb in ihre Erwägungen neben den Leitlinien, die nur als Anhaltspunkt dienen können und nicht bindend sind, auch den allgemeinen Sprachgebrauch und die allgemeine Verkehrsauffassung mit ein. Demnach sind nach Auffassung der Kammer Soßen nach der Umschreibung in den Leitlinien (ready to eat) und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung verzehrfertig und können als solche auch verzehrt werden. Soßen sind eigenständig und werden in dieser Funktion getrennt zu einem Gericht gereicht und üblicherweise nicht zur Herstellung eines Gerichts verwendet. Dem Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass Würzmittel üblicherweise während des Zubereitungsvorgangs zugegeben werden, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher. Zwar mag es sein, dass es Würzmittel gibt, die als Würzsoßen bezeichnet werden. Diese werden aber nicht als eigenständiges Produkt zu einem Gericht gereicht, sondern zur Würzung zugegeben. Maßgebend ist die konkrete Zweckbestimmung der von der Klägerin verwendeten Würzlake im dafür vorgesehenen Produktionsablauf. Abzustellen ist nicht darauf, ob das Produkt abstrakt als Soße kategorisiert werden könnte, sondern darauf, wie das Produkt im konkreten Herstellungsvorgang verwendet wird. Im hier zu entscheidenden Fall wird die Würzlake zum rohen Fleisch gegeben und in einem Tumbler mehrere Stunden vermengt. Die Würzlake wird zum Einlegen und Marinieren von rohem Fleisch verwendet und nicht als Soße zum gegarten Fleischprodukt gegessen. Demnach handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein Würzmittel und nicht um eine Soße, weshalb die Phosphate nicht zugelassen sind. Die Ansicht in der Kommentierung (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band III, Stand Juli 2014, C 120 § 2 Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, Rn. 422) die eine Würzsoße als Soße eingruppiert, teilt die Kammer aus obigen Gründen nicht.
cc) In Würzmitteln ist Zellulose zulässig (siehe oben). Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 67 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung ist die Zellulose in der Würzmischung enthalten und wird nicht - wie im Fall des Verwaltungsgerichts Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) - gesondert hinzugegeben. Deshalb darf Zellulose - wie die Vertreterin des LGL auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat - über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen des rohen Fleischdrehspießes verwendet werden. Es findet eine „Migration“ von Zellulose über die eingesetzte Würzlake statt.
e) Nach Überzeugung der Kammer ist die Verwendung von Diphosphaten und Triphosphaten über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“) mit der Verordnung in Einklang zu bringen.
aa) Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 regelt den umgekehrten Fall zu Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008. Ein Lebensmittelzusatzstoff darf danach enthalten sein in einem Lebensmittel, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet wird, sofern Letzteres dieser Verordnung genügt.
aaa) Die Würzlake der Klägerin, welche als Würzmittel zu kategorisieren ist (siehe oben), ist ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. Lebensmittel sind demnach alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwarten werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. In der Lebensmittelkategorie Würzmittel sind Phosphate nicht zugelassen (siehe oben).
bbb) Die von der Klägerin verwendete Würzlake wird auch ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels, des Fleischdrehspießes, verwendet.
ccc) Das Würzmittel wird nach Auffassung der Kammer objektiv gesehen alleine dafür verwendet, ein Fleischerzeugnis herzustellen. In Fleischerzeugnissen nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Phosphate zugelassen (siehe oben). Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 unter dem Begriff des „zusammengesetzten Lebensmittels“ auf den rohen Fleischdrehspieß (=Fleischzubereitung) oder auf den gegarten Fleischdrehspieß (=Fleischerzeugnis) abgestellt werden muss. Nach Überzeugung der Kammer muss hierbei auf den gegarten Fleischdrehspieß abgestellt werden.
Das LGL vertritt hierbei die Ansicht, dass im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ einzig auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden könne. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 stelle auf das Inverkehrbringen ab. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 sei das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies sei im Fall der Klägerin die Abgabe des rohen Fleischdrehspießes an den Imbissbetreiber. Würde man dies anders sehen und die Phosphate über den umgekehrten Migrationsgrundsatz zulassen, dann wären viele zusatzstoffrechtliche Regelungen der VO (EG) 1333/2008 obsolet.
Dieser Auffassung folgt die Kammer aus folgenden Erwägungen nicht:
Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 spricht von „Zubereitung“ eines zusammengesetzten Lebensmittels. Der Begriff „Zubereitung“ ist nach Ansicht der Kammer weit zu fassen. Eine Speise ist zubereitet, wenn sie verzehrfertig ist. Die Zubereitung kann somit auch das Endprodukt erfassen, in dem Fall hier streitigen Fall der Klägerin den gegarten Fleischdrehspieß. Der Wortlaut der Norm zwingt nicht zu einer engen Auslegung der Gestalt, dass nur auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden darf. Vielmehr lässt der Wortlaut auch eine weitere Auslegung im Hinblick auf das Endprodukt zu.
Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 stellt auch nicht ausdrücklich auf das „Inverkehrbringen“ ab. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin als Herstellerin den rohen Fleischdrehspieß erstmals durch die Abgabe an den Imbissbetreiber in Verkehr bringt. Und es ist dem Beklagten auch darin zuzustimmen, dass die Verordnung in Art. 5 VO (EG) 1333/2008 auf das „Inverkehrbringen“ abstellt. Die Tatsache, dass das Tatbestandsmerkmal „Inverkehrbringen“ im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 fehlt und vor dem Hintergrund, dass der Gesetzeswortlaut den Begriff „Zubereitung“ enthält, legt nahe, den Anwendungsbereich des umgekehrten Migrationsgrundsatzes weiter zu fassen, als dies der Beklagte vertritt. Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 rechtfertigt eine solche enge Auslegung, wie sie der Beklagte fordert, nicht.
Dass Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 einer weiten Auslegung zugänglich ist und es sachgerecht ist, auf das Enderzeugnis abzustellen, wird auch durch die Ausführungen unter Nr. 2 c des Guidance document on the carry-over principle gestützt; dort heißt es auszugsweise:
„This provision is in particular important for food ingredients that are sold between business operators. In such a case the use of additives can be permitted in foods (such as intermediary products), in which they would not otherwise be permitted, provided that those foods are to be used solely in the preparation of a compound food that will be conform to the relevant Regulations.“
Die Leitlinien nehmen somit ausdrücklich auf die Handelskette zwischen zwei Unternehmern Bezug und stellen darauf ab, dass genau in diesen Fällen die Vorschrift des „reverse carry over Grundsatzes“ besonders wichtig wird. Dabei wird ausdrücklich auf sog. „intermediary products“ Bezug genommen, die im Deutschen als „Zwischenprodukte“ übersetzt werden können.
Auch der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch den direkten Zusatz auch durch die Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt. Der Gesetzgeber schreibt ausdrücklich „Enderzeugnis“ in die Erwägungsgründe. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß, abgestellt werden kann.
Für das Abstellen auf den Endverbraucher und in diesem Zusammenhang auf das Fleischerzeugnis spricht auch der Sinn und Zweck der VO (EG) 1333/2008. Art. 1 dieser Verordnung bestimmt, dass die Regelungen ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit der Menschen und ein hohes Niveau des Schutzes der Verbraucher einschließlich des Schutzes der Verbraucherinteressen gewährleisten sollen. Auch Art. 6 der Verordnung stellt den Verbraucherschutz in den Vordergrund: Der Lebensmittelzusatzstoff muss bei der vorgeschlagenen Dosis für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich sein. Auch die Erwägungsgründe (2), (3) und (7) der VO (EG) 1333/2008 stellen maßgeblich auf den Verbraucherschutz ab. Der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch direkten Zusatz auch durch Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt.
Der Verbraucher- und Gesundheitsschutz ist im hier zu entscheidenden Fall durch die Anwendung des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 gewährleistet. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß enthalten sein dürfen. So führt das LGL in seinem Schreiben vom 2. März 2015 ausdrücklich aus: „Zwar darf ein Gastronom beispielsweise Phosphate und Zellulose einem Drehspieß zusetzen, welchen er selbst in seinem Betrieb produziert, wenn dieses Produkt im gegarten Zustand ausschließlich in diesem Betrieb in den Verkehr gebracht wird, da dieses zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens als Fleischerzeugnis einzustufen ist“ (vgl. Blatt 86 der Gerichtsakte). Es ist nicht ersichtlich, weshalb unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes der Endverbraucher im Falle eines zwischengeschalteten Fleischdrehspießherstellers die Zusatzstoffe nicht konsumieren dürfte, im Falle der Eigenproduktion des Imbissbetreibers aber schon. Wenn die Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß zugelassen sind, macht es für den Verbraucher keinen Unterschied, wenn diese auch im rohen Fleischdrehspieß enthalten sind. Auch der Einwand des LGL, der Imbissbetreiber, der den Fleischdrehspieß selbst produziert, bräuchte die Zusatzstoffe nicht, weil eine Wasserbindung in diesem Fall nicht sinnvoll sei, überzeugt nicht. Denn zum einen könnte der Imbissbetreiber die Spieße auf Vorrat produzieren, einfrieren, später durchgaren und an den Endverbraucher verkaufen. Auch in diesem Fall wären die Zusatzstoffe für die Festigkeit und Bindung des Spießes nützlich. Weil die Fleischdrehspieße in diesem Fall erstmalig durch den Verkauf an den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden, dürfte der Fleischdrehspieß mit den Zusatzstoffen versetzt sein. Zum anderen ist maßgebend, dass der Imbissbetreiber nach der Verordnung die streitigen Zusatzstoffe zulässigerweise verwenden dürfte. Ob dies sinnvoll ist oder nicht, ist unerheblich. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe nicht gesundheitsgefährdend sind. Es ist auch unstreitig, dass die Zusatzstoffe angegeben werden und es deshalb zu keiner Irreführung kommt. Es wurde auch nie beanstandet, dass die Klägerin zu viel Wasser in ihren Fleischdrehspießen verarbeitet.
Auch das CVUA ... weist in einem Schreiben vom 26. Januar 2015 (Blatt 75 der Gerichtsakte) darauf hin, dass zur Herstellung eines Fleischdrehspießes die Zusatzstoffe unter dem Aspekt des „reverse carry over Grundsatzes“ (Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008) zulässig sind. Das CVUA legt seiner Beurteilung zugrunde, dass der rohe Fleischdrehspieß ein sog. Halbfabrikat darstellt. Dieses Halbfabrikat sei hinsichtlich seines Verwendungszwecks (i.d.R. „vor dem Verzehr durchgaren“) eindeutig zu kennzeichnen. Regelungen bezüglich der Höchstmenge, Kennzeichnung und Kenntlichmachung seien zu beachten.
Daraus folgt, dass das auch CVUA im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß abstellt, welches ein Fleischerzeugnis ist.
Das CVUA ... erteilte in einem Schreiben vom 29. Januar 2015 (Blatt 96 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679) die Auskunft, dass der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auch auf Halbfabrikate und Zwischenprodukte angewandt werden könne. Bei den Drehspießen, die als Halbfabrikate angesehen werden, finde der sog. „reverse carry over Grundsatz“ Anwendung, weshalb der Zusatz der Phosphate zulässig sei. Die Erwägungsgründe (7) der VO (EG) 1333/2008 und (11) der VO (EU) Nr. 601/2014 stellen auf den Verbraucherschutz ab. Ob der Herstellungsprozess durch die Abgabe eines Halbfabrikats an eine andere Person, die den Herstellungsprozess beende, unterbrochen werde, spiele hier keine Rolle. Der Zweckbestimmung des Halbfabrikats komme hier eine besondere Bedeutung zu. Das Lebensmittel dürfe in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nur in der zweckbestimmten Form - in der Regel der Verzehr als Fleischerzeugnis - Verwendung finden. Die Halbfabrikate seien bezüglich ihres Verwendungszwecks eindeutig zu kennzeichnen und ein Verzehr als Halbfabrikat sei dabei faktisch auszuschließen.
Die Kammer folgt diesem Ansatz, dass im Falle eines Halbfabrikats im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt abgestellt werden muss. Der rohe Fleischdrehspieß ist einzig dazu bestimmt, im gegarten Zustand vom Verbraucher konsumiert zu werden. Ein Verzehr im rohen Zustand ist nicht vorgesehen. Sinn und Zweck der Verordnung ist der Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Abzustellen ist daher auf den Endkonsumenten, der ein Fleischerzeugnis zu sich nimmt. Dürfen die Zusatzstoffe im Endprodukt enthalten sein, dann ist es sachgerecht, dass sie auch im Zwischenprodukt oder Halbfabrikat enthalten sein können. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Herstellungsvorgang des rohen Fleischdrehspießes beendet ist. Der Fleischdrehspieß muss lediglich noch in einem letzten Verarbeitungsschritt durchgegart werden, so dass durch das Durchgaren aus der Fleischzubereitung ein Fleischerzeugnis wird. Die strikte und enge Auslegung des Migrationsgrundsatzes, welche das LGL vertritt, ist im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nicht angelegt und auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung nicht zu rechtfertigen. Dem Verbraucher- und Gesundheitsschutz wird im Falle des Abstellens auf den gegarten Fleischdrehspieß Rechnung getragen. Die Vertreterin des LGL führt auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hierzu aus, dass die Zusatzstoffe in der zugelassenen Menge nicht gesundheitsgefährdend sind.
Entscheidend für das Abstellen auf den gegarten Fleischdrehspieß im Rahmen der Anwendung des „reverse carry over Grundsatzes“ spricht auch, dass anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 20 EU-GR-Charta vorliegt, der nicht gerechtfertigt ist. Die Anwendung von europäischem Sekundärrecht muss mit europäischem Primärrecht in Einklang stehen. Deshalb ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Grundrechtecharta EU zu beachten. Der Fleischdrehspießhersteller, der einen rohen Fleischdrehspieß und damit eine Fleischzubereitung herstellt und in Verkehr bringt, darf die Zusatzstoffe nicht verwenden. Der Gastronom, der den Fleischdrehspieß selbst herstellt, dürfte die Zusatzstoffe verwenden, weil er das Produkt im gegarten Zustand, also ein Fleischerzeugnis, in Verkehr bringt. Dies stellt nach Auffassung der Kammer eine Ungleichbehandlung dar. Gleiches ist grundsätzlich gleich zu behandeln. Fleischdrehspieße werden aber sowohl im Falle der Herstellung als Halbfabrikat als auch im Falle der Herstellung unmittelbar am Ort des Durchgarens dazu bestimmungsgemäß hergestellt, um durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. In Betracht käme als Rechtfertigung der Verbraucher- und Gesundheitsschutz, welcher Sinn und Zweck der Verordnung ist (siehe oben). Da aber der Verbraucher, der einen gegarten Drehspieß isst, die Zusatzstoffe nach der Verordnung konsumieren darf, ist nicht ersichtlich, wie über den Verbraucherschutz ein Verbot der Verwendung von Di- und Triphosphaten bei der Herstellung und dem Inverkehrbringen von rohen Fleischdrehspießen gerechtfertigt werden könnte. Andere Rechtfertigungsgründe als der Verbraucher- und Gesundheitsschutz sind von dem Beklagten weder vorgetragen worden noch sind diese ersichtlich. Deshalb ist es nach Ansicht der Kammer wegen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sachgerecht und geboten, im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf den gegarten Fleischdrehspieß als Fleischerzeugnis abzustellen. Die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwingt den Gesetzesanwender dazu, im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zusammengesetztes Lebensmittel“ in Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt, welches ein Fleischerzeugnis ist, abzustellen.
bb) Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 67 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung sind die Zusatzstoffe in der Würzmischung enthalten und werden nicht gesondert hinzugegeben, weshalb eine „Migration“ über den „reverse carry over Grundsatz“ möglich ist.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.
5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i. V. m.
§§ 708 ff. ZPO.
6. Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist, über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgeht und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 124 Rn. 10). Es besteht ein Bedürfnis, höchstrichterlich zu klären, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist. Bisher gibt es keinen bundeseinheitlichen Vollzug. Die Behördenpraxis in Bayern zeigt, dass eine große Unsicherheit besteht, wie mit der Änderung der Verordnung umzugehen ist. Ein Teil der Behörden erlässt Verbote mit der Anordnung des Sofortvollzugs, andere Behörden warten ab oder erteilen - so wie im hiesigen Fall - lediglich Hinweise. Es bedarf einer höchstrichterlichen Klärung, um diesen Zustand der Rechtsunsicherheit zu beseitigen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.