Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 30. Nov. 2015 - RN 5 S 15.1883

bei uns veröffentlicht am30.11.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I.

Die Ziffer I des Beschlusses des Gerichts vom 3.11.2014 (Az. RN 5 S 14.1635) wird abgeändert und wie folgt gefasst:

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nr. 3 des Bescheids des Landratsamts Passau vom 5.9.2014 (Geschäftszeichen: 41 V 5670-2013-27) wird wiederhergestellt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II.

Die Kosten des Änderungsverfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO hat der Antragsgegner zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Änderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO wird auf 17.801,80 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die teilweise Abänderung eines Beschlusses des Gerichts, mit dem ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen lebensmittelrechtliche Anordnungen des Landratsamts Passau abgelehnt worden ist.

Die Antragstellerin produziert Fleischdrehspieße, die von ihr tiefgefroren werden und die dazu bestimmt sind, an Imbissbetriebe verkauft zu werden. Dort werden sie senkrecht stehend und drehend gegrillt und gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher abgegeben.

Am 4.6.2014 entnahm das Landratsamt Passau im Betrieb der Antragstellerin einen dieser Drehspieße und ließ ihn durch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) untersuchen.

Ausweislich des vom LGL erstellten Gutachtens vom 26.8.2014 habe der untersuchte Drehspieß in mehrerlei Hinsicht nicht den geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprochen.

Eine Reihe von Beanstandungen betraf die konkrete Kennzeichnung des Lebensmittels.

Darüber hinaus wurde beanstandet, dass zur Herstellung des streitgegenständlichen Produkts Weizenhalmfasern verwendet wurden. Diese würden wohl nicht als Ballaststoff zugesetzt, weshalb es sich dabei wohl nicht um einen Nährstoff handele, sondern um einen Zusatzstoff. Die Beimengung diene offenbar dazu, eine technologische Wirkung (Bindung von Wasser) zu erzielen. Ferner wurde beanstandet, dass die Fleischdrehspieße die Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat) enthalten. Bei den von der Antragstellerin hergestellten Produkten handle es sich um Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.4.2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 55 ff.). Bei Fleischzubereitungen seien die genannten Zusatzstoffe nicht zugelassen, weshalb die Drehspieße gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über Lebensmittelzusatzstoffe (ABl. L 354 vom 31.12.2008, S. 16 ff.) nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden dürften.

Aufgrund dieses Gutachtens ordnete das Landratsamt Passau mit Bescheid vom 5.9.2014 an, dass neu hergestellte Fleischdrehspieße nur nach einer entsprechenden Rezepturänderung und mit geänderter Kennzeichnung nach einer Freigabe durch das Landratsamt Passau in den Verkehr gebracht werden dürfen (Ziffern 1 und 2).

Ferner wurde angeordnet, dass die bereits produzierten und in einer Bestandsliste aufgeführten Drehspieße, die derzeit im Betrieb lagern, nicht mehr zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden dürfen. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung des Bescheids angeordnet.

Von letzterer Anordnung sind ca. 12 Tonnen bereits produzierter Fleischdrehspieße betroffen, die tiefgefroren im Betrieb der Antragstellerin aufbewahrt werden.

In der Folge änderte die Antragstellerin sowohl ihre Rezeptur als auch die Kennzeichnung ihrer Produkte, woraufhin der Antragsgegner das Inverkehrbringen der neu produzierten Drehspieße mit Schreiben vom 11.9.2014 freigab.

Am 1.10.2014 ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erheben, die unter dem Az. RN 5 K 14.1637 geführt wird. Zugleich ließ sie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid beantragen.

Mit Beschluss vom 3.11.2014 (Az: RN 5 S 14.1635) lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag ab. Im Hinblick auf die verwendeten Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 führte das Gericht aus, die streitgegenständliche Anordnung stehe mit Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 im Einklang. Danach dürften Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht werden, in denen Zusatzstoffe vorhanden seien, die nach der genannten Verordnung nicht für das Lebensmittel zugelassen seien. Die in den Spießen enthaltenen Zusatzstoffe seien zwar in „Fleischerzeugnissen“ zugelassen, nicht jedoch in „Fleischzubereitungen“. Da die Spieße als „Fleischzubereitungen“ von der Antragstellerin in den Verkehr gebracht würden, sei die Verwendung unzulässig. Das Vorhandensein der Zusatzstoffe lasse sich auch nicht durch die Anwendung des Migrationsgrundsatzes des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008 rechtfertigen. Nachdem die Produkte schon deshalb zu beanstanden seien, könne offen bleiben, ob die eingesetzten Pflanzenfasern als Ballaststoff eingesetzt würden oder ausschließlich aus technologischen Gründen. Nur im letzteren Fall würde es sich um einen (nicht zugelassenen) Zusatzstoff handeln.

Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 20.1.2015 (Az: 20 CS 14.2521) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Wesentlichen der Begründung des Verwaltungsgerichts gefolgt. Insbesondere hat er die Auffassung des Gerichts geteilt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Produkten um „Fleischzubereitungen“ handelt und nicht um „Fleischerzeugnisse“. Ob die pflanzlichen Fasern ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt worden seien und nicht, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern, könne noch im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Im weiteren Verlauf des Hauptsacheverfahrens hat die Antragstellerin vortragen lassen, dass das Vorhandensein der beanstandeten Zusatzstoffe nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) der VO (EG) Nr. 1333/2008 zulässig sei. Diese Vorschrift regele den umgekehrten Fall des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008, das sogenannte „reverse carryover“ (= umgekehrtes carryover). Danach dürfe ein Zusatzstoff in einem Lebensmittel enthalten sein, das für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet werde, sofern der Zusatzstoff für das zusammengesetzte Lebensmittel zugelassen sei. In diesem Zusammenhang müsse darauf abgestellt werden, dass die Drehspieße zum Verzehr immer durchgegart werden müssten. Niemand würde einen Drehspieß tiefgefroren oder roh verspeisen. Durch den Garprozess werde die Struktur frischen Fleisches zerstört, so dass es sich bei dem Drehspieß zum Zeitpunkt der Abgabe an den Endverbraucher um ein „Fleischerzeugnis“ handle und nicht mehr um eine „Fleischzubereitung“. Auch wenn die Spieße bei der Abgabe an die Imbissbetreiber als „Fleischzubereitungen“ in den Verkehr gebracht würden, müsse im Rahmen der Anwendung des Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) der VO (EG) Nr. 1333/2008 (reverse carryover) gleichwohl auf das Endprodukt, d. h. auf den durchgegarten Dönerspieß abgestellt werden. Die Drehspieße seien zusammengesetzte Lebensmittel, die sich gegart als „Fleischerzeugnisse“ darstellen, in denen die streitigen Zusatzstoffe unstreitig zugelassen seien. Deshalb müssten die Zusatzstoffe auch bereits im Halbfabrikat bzw. dem Vorprodukt eingesetzt werden können. Zweckbestimmung des Halbfabrikats sei es, zwingend durchgegart zu werden. Nach einem Aufsatz von Horn (Fleischwirtschaft 2015, 52,57) hänge die Zulässigkeit des Einsatzes der streitgegenständlichen Zusatzstoffe von der Zweckbestimmung des Halbfabrikats ab. Dieses sei allein dazu bestimmt, durchgegart als „Fleischerzeugnis“ an den Endverbraucher abgegeben zu werden. Der Verwendung der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 stehe somit nichts entgegen. Zu diesem Ergebnis würden auch die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Stuttgart (Schreiben vom 26.2.2015) sowie Rhein-Ruhr-Wupper (Schreiben vom 29.1.2015) gelangen.

Die vom LGL und vom Landratsamt Passau vertretene Auffassung führe dagegen zu einem Wertungswiderspruch. Würde ein Drehspieß nämlich unter Verwendung der Rezeptur der Antragstellerin unmittelbar in einem Imbissbetrieb hergestellt und dann dort gegart, so läge unzweifelhaft ein Fleischerzeugnis vor, das vollständig vom Inverkehrbringer hergestellt werde. In diesem Fall wäre die Rezeptur nicht zu beanstanden. Erfolge die Herstellung dagegen arbeitsteilig, indem in einer „Dönerfabrik“ ein Halbfertigfabrikat produziert werde, das durch den Verkauf an den Imbissbetreiber in den Verkehr gebracht werde, so wäre die Verwendung der im Übrigen genau gleichen Rezeptur unzulässig. Dies widerspreche dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Weiterhin verweist der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin auf Urteile des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14.7.2015 (Az. Au 1 K 14.1461, Au 1 K 14.1466 sowie Au 1 K 14.1679 ). Das Gericht habe festgestellt, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie von Cellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand über den Grundsatz des „reverse carryover“ mit der VO (EG) Nr. 1333/2008 im Einklang stehe.

Ferner legte die Antragstellerin ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) vom 18.9.2015 an die Regierungen vor. Danach habe sich zur Anwendung von Phosphaten in roh vermarktete Hähnchen-Putendrehspießen/Dönerspießen ein neuer Sachstand ergeben. Bei der EU-Kommission sei zwischenzeitlich ein Antrag auf Erweiterung der Zulassung von Phosphaten zu rohen, tiefgefroren vermarkteten Hähnchen-Putendrehspießen/Dönerspießen eingegangen. In einer Sitzung der Expertengruppe der EU-Kommission für Lebensmittelzusatzstoffe am 3.9.2015 sei signalisiert worden, dass dem Antrag auf Erweiterung der Zulassung von Phosphaten zu den genannten Produkten in absehbarer Zeit zugestimmt werde. Vor diesem Hintergrund werde es als unverhältnismäßig erachtet, das Inverkehrbringen von rohen, tiefgefroren in den Verkehr gebrachten Hähnchen-Puten Drehspießen/Dönerspießen, die unter Anwendung von Phosphaten hergestellt worden seien, zwischenzeitlich zu untersagen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 3.11.2014 (Az. RN 5 S 14.1635) teilweise abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffer 3 des Bescheids des Landratsamts Passau vom 5.9.2014 wieder herzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das Verbot des Inverkehrbringens der bereits produzierten Fleischdrehspieße sei auch im Hinblick auf das Schreiben des StMUV vom 18.9.2015 aufrecht zu erhalten. Die EU-Kommission gehe ausweislich der von ihr erkannten Notwendigkeit für die Zulassung von Phosphaten bei der Herstellung von Drehspießen der streitgegenständlichen Art davon aus, die Rechtslage ändern zu müssen. Hier zeige es sich, dass auch die EU-Kommission der Meinung sei, dass die Verwendung der streitgegenständlichen Zusatzstoffe nach aktueller Rechtslage noch nicht möglich sei. Allein die Absichtserklärung, die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern zu wollen, könne somit nicht zu einer Aussetzung des Sofortvollzugs führen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die Akten des Landratsamtes Passau, die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regenburg vom 3.11.2014 war im beantragten Umfang abzuändern. Aufgrund neuer Erkenntnisse fällt die im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung nunmehr zugunsten der Antragstellerin aus.

Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

Zwar hat die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 30.10.2015 ganz allgemein beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO wieder herzustellen. Allerdings ergibt sich aus dem gesamten Vorbringen der Antragstellerin - vor allem auch aus ihrem Vorbringen im Hauptsacheverfahren -, dass es ihr ausschließlich darum geht, die noch vorhandenen und nach alter Rezeptur hergestellten Fleischdrehspieße in den Verkehr bringen zu dürfen, um ihren finanziellen Verlust in Grenzen zu halten. Sie hat längst die Rezeptur ihrer Fleischdrehspieße geändert und die Kennzeichnung in Absprache mit dem Antragsgegner neu gestaltet.

Das Gericht geht zwar nach wie vor davon aus, dass das Vorhandensein der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 in den Fleischdrehspießen den geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen widerspricht. Gleichwohl fällt die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung aufgrund des Schreibens des StMUV vom 18.9.2015 nunmehr zugunsten der Antragstellerin aus.

1. Die entscheidende Kammer folgt dem Verwaltungsgericht Augsburg nicht, wonach das Vorhandensein der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 in Fleischdrehspießen mit der VO (EG) Nr. 1333/2008 im Einklang stehe, da die Stoffe über das sog. „reverse carryover“ in die Erzeugnisse gelangen dürften.

Das Verwaltungsgericht Augsburg führt dazu in seinen 3 Entscheidungen vom 14.7.2015 (Az. Au 1 K 14.1461, Au 1 K 14.1466 sowie Au 1 K 14.1679 ) Folgendes aus:

„Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) Nr. 1333/2008 spricht von „Zubereitung“ eines zusammengesetzten Lebensmittels. Der Begriff „Zubereitung“ ist nach Ansicht der Kammer weit zu fassen. Eine Speise ist zubereitet, wenn sie verzehrfertig ist. Die Zubereitung kann somit auch das Endprodukt erfassen, in dem hier streitigen Fall der Klägerin den gegarten Fleischdrehspieß. Der Wortlaut der Norm zwingt nicht zu einer engen Auslegung dergestalt, dass nur auf den rohen Fleischdrehspießen abgestellt werden darf. Vielmehr lässt der Wortlaut auch eine weitere Auslegung im Hinblick auf das Endprodukt zu.

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) Nr. 1333/2008 stellt auch nicht ausdrücklich auf das „Inverkehrbringen“ ab. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin als Herstellerin den rohen Fleischdrehspieß erstmals durch die Abgabe an den Imbissbetreiber in Verkehr bringt. Und es ist dem Beklagten auch darin zuzustimmen, dass die Verordnung in Art. 5 VO (EG) Nr. 1333/2008 auf das „Inverkehrbringen“ abstellt. Die Tatsache, dass das Tatbestandsmerkmal „Inverkehrbringen“ im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) Nr. 1333/2008 fehlt und vor dem Hintergrund, dass der Gesetzeswortlaut den Begriff „Zubereitung“ enthält, legt nahe, den Anwendungsbereich des umgekehrten Migrationsgrundsatzes weiter zu fassen, als dies der Beklagte vertritt. Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) Nr. 1333/2008 rechtfertigt eine solche enge Auslegung, wie sie der Beklagte fordert, nicht.“

Diese Auslegung ist nach Auffassung der entscheidenden Kammer jedoch nicht mit Art. 5 der VO (EG) 1333/2008 in Einklang zu bringen. Danach darf niemand einen Lebensmittelzusatzstoff oder ein Lebensmittel, in dem ein Lebensmittelzusatzstoff vorhanden ist, in Verkehr bringen, wenn die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffs nicht mit dieser Verordnung in Einklang steht. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift kommt es somit auf das Vorhandensein des Zusatzstoffes beim Inverkehrbringen des Lebensmittels an. Das „Inverkehrbringen“ ist wiederum in § 3 Nr. 1 LFGB i. V. m. Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (sog. BasisVO - ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1 ff.) definiert. Es handelt sich dabei um das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Aus dem Zusammenhang der genannten Rechtsvorschriften ergibt sich aus Sicht der entscheidenden Kammer eindeutig, dass ein Erzeugnis zum Zeitpunkt seines Inverkehrbringens als Lebensmittel den Anforderungen der VO (EG) Nr. 1333/2008 entsprechen muss, und zwar im Hinblick auf die Erzeugniskategorie, der es zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens zuzuordnen ist. Hierfür spricht, dass eine Vielzahl von Lebensmitteln als Halbfertigerzeugnisse in den Verkehr gebracht werden, die nach ihrer Zweckbestimmung noch einer weiteren Zubereitung bedürfen. Gleichwohl sind nach dem EU-Zusatzstoffregime auch für derartige Halbfertigerzeugnisse eindeutige Regelungen für die in ihnen zugelassenen Zusatzstoffe vorhanden.

Das LGL hat in diesem Zusammenhang in seinem Schreiben vom 12.3.2015 (Bl. 112 ff. GA) zu Recht darauf hingewiesen, dass unter Zugrundelegung der Betrachtungsweise der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Stuttgart sowie Rhein-Ruhr-Wupper und damit auch des Verwaltungsgerichts Augsburg eine Vielzahl zusatzstoffrechtlicher Regelungen obsolet wären. Zutreffend weist das LGL darauf hin, dass dann etwa die Verbote von Zusatzstoffen für frisches Fleisch in Fertigpackungen hinfällig wären, wenn die Fertigpackungen mit dem Hinweis „vor dem Verzehr fertig garen“ in den Verkehr gebracht würden. Auch in diesem Fall wäre nämlich die Zweckbestimmung des Erzeugnisses der Verzehr durch den Endverbraucher in durchgegartem Zustand.

Ferner wären etwa die Sonderregelungen in der VO (EG) Nr. 1333/2008 für die Halbfertigfabrikate von „Kasseler“, „Bräte“, „Surfleisch“ etc. überflüssig, welche in die Kategorie der „Fleischzubereitungen“ eingruppiert wurden. Auch bei diesen Produkten ist der Verwendungszweck das Verzehren im gegarten Zustand, also als „Fleischerzeugnis“.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die streitgegenständlichen Produkte zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens durch die Antragstellerin als „Fleischerzeugnisse“ einzustufen sind, weshalb sie auch nur die darin enthaltenen Zusatzstoffe enthalten dürfen.

Die Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 gehören nicht dazu.

2. Eine neue Sachlage hat sich aber aufgrund des Schreibens des StMUV vom 18.9.2015 an die Regierungen ergeben. Zwar führt das StMUV im genannten Schreiben aus, dass die Verwendung von Phosphaten und anderen in Fleischzubereitungen nicht zugelassenen Zusatzstoffen auch im Handel von Unternehmen zu Unternehmen nicht zulässig sei, da eine Anwendung des „reverse carryover“ nicht für anwendbar gehalten werde.

Andererseits werde die Untersagung des Inverkehrbringens von rohen, tiefgefroren in den Verkehr gebrachten Hähnchen-Puten Drehspießen/Dönerspießen, die unter Anwendung von Phosphaten hergestellt worden seien, als unverhältnismäßig angesehen, da in absehbarer Zeit eine Zulassung dieser Zusatzstoffe durch die EU zu erwarten sei.

Die oberste für die Lebensmittelüberwachung zuständige Behörde in Bayern (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetz - GDVG) hat damit den nachgeordneten Behörden empfohlen, das (weitere) Inverkehrbringen von bereits in den Verkehr gebrachten Drehspießen aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht mehr zu untersagen. Deshalb hat etwa die Stadt F... ausweislich eines vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vorgelegten Bescheides vom 7.10.2015 ein Inverkehrbringungsverbot für Drehspieße, die Phosphate E 450 und E 451 enthalten, aufgehoben (Bl. 214 ff. GA).

Die hier streitgegenständlichen Drehspieße waren bereits zum Zeitpunkt der Anordnung des Verkaufsverbots im September 2014 in den Verkehr gebracht; denn sie wurden zum Verkauf bereit gehalten und das Bereithalten zum Verkauf zählt nach Art. 3 Nr. 8 BasisVO bereits zum Inverkehrbringen. Dementsprechend unterfallen die Spieße der Antragstellerin jedenfalls im Hinblick auf die Zusatzstoffe E 450 und E 451 der Regelung des Schreibens des StMUV.

In Bezug auf die Verwendung der pflanzlichen Fasern hat bereits der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 20.1.2015 (Az. 20 CS 14.2521) darauf hingewiesen, dass insoweit im Hauptsacheverfahren noch geklärt werden müsse, ob die pflanzlichen Fasern ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt worden seien, so dass ein Zusatzstoff vorliege, oder ob die Fasern eingesetzt worden seien, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern, so dass gar kein Einsatz eines Zusatzstoffes vorliege. Diesbezüglich sind die Erfolgsaussichten der Klage damit offen.

Was schließlich die Verwendung von E 460 (Cellulose) anbelangt, so geht aus dem Schreiben des StMUV nicht hervor, ob auch insoweit eine Erweiterung der Zulassung für Fleischzubereitungen geplant ist. Allerdings ist aus Sicht des entscheidenden Gerichts insoweit jedenfalls zu berücksichtigen, dass von dem Stoff keinerlei Gesundheitsgefahr ausgeht und dass ähnliche Drehspieße wie die der Antragstellerin aufgrund der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Augsburg im dortigen Zuständigkeitsbereich derzeit in den Verkehr gebracht werden können. Im Hinblick darauf und im Hinblick auf den der Antragstellerin drohenden Schaden im Falle einer Vernichtung oder eines Verderbs der vorhandenen Spieße, erachtet das Gericht die Interessen der Antragstellerin nunmehr gewichtiger als diejenigen der Öffentlichkeit und der Verbraucher, zumal unstreitig ist, dass von den fraglichen Drehspießen keinerlei Gesundheitsgefahren ausgehen. Dem Schutz der Verbraucher kann vorliegend durch eine entsprechende Kennzeichnung der Inhaltsstoffe der Spieße hinreichend Rechnung getragen werden.

Hinzu kommt weiterhin, dass die Frage der Zulässigkeit der Verwendung der fraglichen Zusatzstoffe in Produkten der vorliegenden Art strittig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat gegen seine vom Beschluss der Kammer im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO abweichenden Entscheidungen die Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen. Entsprechende Berufungsverfahren sind dort bereits anhängig.

Nach alledem war der Beschluss des Gerichts vom 3.11.2014 (Az. RN 5 S 14.1635) abzuändern, soweit er sich auf die Ziffer 3 des Bescheides des Landratsamtes Passau vom 5.9.2014 bezieht.

Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass der geänderte Beschluss nunmehr lediglich besagt, dass die bei der Herstellung der bei der Antragstellerin noch vorhandenen Fleischdrehspieße Verwendung findende Rezeptur einem Inverkehrbringen bis derzeit nicht entgegen gehalten werden kann. Im Übrigen ist die Antragstellerin jedoch vollumfänglich für die Verkehrsfähigkeit der Drehspieße verantwortlich, insbesondere hat sie sicherzustellen, dass die Kennzeichnung der Produkte dem geltenden Lebensmittelrecht entspricht. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass die ursprüngliche Kennzeichnung nicht mit dem geltenden Lebensmittelrecht in Einklang stand, was das Gericht in seinem Beschluss vom 3.11.2014, auf den Bezug genommen wird, festgestellt hat.

Darüber hinaus weist das Gericht darauf hin, dass die Antragstellerin die alleinige Verantwortung dafür trägt, dass die Fleischdrehspieße sicher im Sinne des Art. 14 BasisVO sind. Dieser Hinweis ist insbesondere deshalb veranlasst, weil die Produktion der streitgegenständlichen Drehspieße bereits mehr als ein Jahr zurückliegt. Der vom LGL untersuchte Drehspieß, der am 4.6.2014 bei der Antragstellerin entnommen worden ist und der die Grundlage der am 5.9.2015 schriftlich bestätigten Anordnung des Antragsgegners ist, trug das Mindesthaltbarkeitsdatum 22.5.2015. Deshalb wird der Antragstellerin dringend empfohlen, die Drehspieße vor dem Inverkehrbringen durch ein externes Labor in Bezug auf ihre Verkehrsfähigkeit untersuchen zu lassen.

Die Kostenentscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Eine Abänderung der Kostenentscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO war nicht geboten. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist kein Rechtsmittelverfahren, sondern ein gegenüber dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO selbstständiges Verfahren, dessen Gegenstand nicht die Überprüfung der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient allein der Neuregelung der Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes für die Zukunft (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rn. 199 m. w. N.).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht orientiert sich hier an der Streitwertfestsetzung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren (Az. 20 CS 14.2521).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 30. Nov. 2015 - RN 5 S 15.1883

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 30. Nov. 2015 - RN 5 S 15.1883

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas
Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 30. Nov. 2015 - RN 5 S 15.1883 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Herstellen: das Gewinnen, einschließlich des Schlachtens oder Erlegens lebender Tiere, deren Fleisch als Lebensmittel zu dienen bestimmt ist, das Herstellen, das Zubereiten, das Be- und Verarbeiten und das Mische

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Referenzen

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 80.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen lebensmittelrechtlichen Bescheid des Antragsgegners, mit dem In-Verkehr-Bringungsverbote für Fleischzubereitungen sowie von bereits produzierten Fleischdrehspießen in sofort vollziehbarer Weise angeordnet wurden und durch den für den Fall der Nichtbeachtung der Verbote die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht wurde.

Am 4.6.2014 entnahm das Landratsamt ... im Betrieb der Antragstellerin einen sogenannten „Berlin-Döner“. Laut Etikett handele es sich dabei um einen „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die von der Antragstellerin produzierten Fleischdrehspieße sind dazu gemacht, um an Imbissbetriebe verkauft zu werden. Dort werden sie senkrecht stehend und drehend gegrillt und gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher abgegeben. Der entnommene Drehspieß wurde seitens des Landratsamts zum Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Oberschleißheim zur Untersuchung verbracht.

Ausweislich des vom LGL erstellten Gutachtens vom 26.8.2014 über die durchgeführte Untersuchung habe der Drehspieß in mehrerlei Hinsicht nicht den geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprochen. Im Einzelnen enthält das Gutachten folgende Beanstandungen:

- Das auf der Fertigpackung befindliche Verzeichnis der Zutaten entspreche nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV). Beim untersuchten Erzeugnis sei aufgrund der Analyseergebnisse ein Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt worden. Die Zutat Wasser sei in der Zutatenliste angegeben. Allerdings werde die Zutat an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Wasser sei jedoch mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten.

- Auch sei ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 LMKV festzustellen, wonach eine zusammengesetzte Zutat (§ 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV) im Zutatenverzeichnis nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils angegeben werden könne, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich sei und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folge. In der Zutatenliste des Fleischspießes sei die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt. Dahinter in Klammern würden die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ der zusammengesetzten Zutat genannt. Diese Aufzählung sei nicht vollständig. Laut den vorliegenden Informationen des Würzmittelherstellers seien in dem verwendeten Würzmittel beispielsweise auch die Zutat „Geschmacksverstärker E 621“ sowie weitere Zutaten, die in der Klammer nicht genannt würden, enthalten. Die Aufzählung sei mithin unvollständig. - Schließlich sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 LMKV die Mengenkennzeichnung der Zutaten für alle Lebensmittel in Fertigpackungen verbindlich vorgeschrieben. Demnach seien die „wertbestimmenden“ oder „verkaufsentscheidenden“ Zutaten mengenmäßig anzugeben. Im Fall des streitgegenständlichen Spießes fehle jedoch die mengenmäßige Angabe des Anteils an Fleisch.

- Ferner wird in dem Gutachten die Verkehrsbezeichnung beanstandet. Auf dem Originaletikett werde das untersuchte Erzeugnis als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ (Schriftgröße ca. 3 mm n-Höhe)“ bezeichnet. In unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung werde blickfangmäßig und in besonderer Schrift (ca. 4 mm n-Höhe) die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Nach den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches (Teil II Nr. 2.511.7) enthalte „Hähnchen-/Puten-Döner Kebab(p)“ außer Salz, Gewürzen und gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt keine weiteren Zutaten. Nach den Angaben im Zutatenverzeichnis des untersuchten Fleischspießes würden bei der Herstellung des Erzeugnisses jedoch auch Stärke, modifizierte Stärke, pflanzliches Eiweiß (Soja, Erbse), Gluten und Dextrose etc. verwendet. Analytisch sei Sojaprotein in einer Größenordnung von 0,6% nachgewiesen worden. Dementsprechend weiche das Produkt von der allgemeinen Verkehrsauffassung ab. Außerdem werde laut Etikett „PflanlichFasern(Weizen)“ verwendet. Diese Zutat diene offenbar zur Bindung von Wasser. Entsprechendes gelte für die laut Etikett zugesetzte Cellulose (E 460). Darüber hinaus sei dem Produkt ein Anteil von mindestens 12% Wasser zugesetzt worden, was bei einem „Döner Kebab“ ebenfalls nicht verkehrsüblich sei. Hier zeige es sich, dass das Erzeugnis der Verkehrsauffassung eines „Döner Kebab“ widerspreche. Es handele sich aufgrund seiner Zusammensetzung um ein anderes Produkt (Aliud). Die Bezeichnung „Döner“ oder „Döner Kebab“ sei unzutreffend und dürfe nicht verwendet werden. Erforderlich sei nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV die Angabe einer Beschreibung des Lebensmittels, die es dem Verbraucher ermögliche, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Zwar werde das Erzeugnis auch als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet, allerdings werde in unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung blickfangmäßig und in größerer Schrift die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Durch die räumliche Nähe erscheine letztere Bezeichnung als die Verkehrsbezeichnung, die mit den Worten „Hähnchen-Puten Drehspieß“ näher erklärt werde. Die Aufmachung suggeriere daher, dass es sich bei dem Produkt um einen „Döner“ handele. Da dies jedoch nicht der Fall sei, sei die Aufmachung geeignet, den Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) in die Irre zu führen.

Im Übrigen wird im Gutachten darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ als Verkehrsbezeichnung unzureichend sei. Das Produkt beinhalte Fremdeiweiße (Soja, Erbse) und zugesetztes Wasser. Diese Bestandteile seien wertbestimmend, weshalb ein Hinweis auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung erforderlich sei.

- Beanstandet wird zudem die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“. Darunter seien vermutlich Weizenhalmfasern zu verstehen. Diese würden aller Voraussicht nach nicht als Ballaststoff zugesetzt, so dass es sich nicht um einen Nährstoff handele, sondern um einen Zusatzstoff, weil die Beimengung offensichtlich dazu diene, eine technologische Wirkung (Bindung von Wasser) zu erzielen. Zur eindeutigen Klärung des Sachverhalts werde eine Rezepturüberprüfung empfohlen.

- Schließlich wird beanstandet, dass die Fleischdrehspieße die Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat) enthalten. Da es sich bei den von der Antragstellerin hergestellten Produkte um Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 handele, seien die Produkte der Lebensmittelkategorie 8.2 gemäß des Anhangs II Teil D der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 8.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die genannten Zusatzstoffe für Fleischzubereitung nicht zugelassen, weshalb sie gemäß Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden dürften.

Aufgrund dieses Gutachtens ordnete das Landratsamt ... am 3.9.2014 gegenüber der Antragstellerin mündlich an, dass bis auf Weiteres sämtliche Fleischzubereitungen, welche mit den Zusatzstoffen E 460, E 450 und E 451 behandelt wurden, nicht für den menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Mit schriftlichem Bescheid vom 5.9.2014 ordnete das Landratsamt unter Ziffer I. Folgendes an:

1. Dem Betrieb B. KG, H... in ... O., wird namentlich ab sofort das In-Verkehr-Bringen von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr so lange untersagt, bis eine Freigabe durch das Landratsamt ... - Veterinärwesen - erfolgt.

2. Mit einer Freigabe des In-Verkehr-Bringens von Fleischzubereitungen durch die Behörde ist erst dann wieder zu rechnen, wenn eine ordnungsgemäße Kennzeichnung sowie eine verkehrsfähige Rezepturänderung erfolgt.

3. Die in der Bestandsliste (Anlage 2) aufgeführten produzierten bzw. derzeit im Betrieb lagernden Fleischzubereitungen dürfen nicht mehr zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden, diese Untersagung wurde dem Betrieb bereits am 3.9.2014 mündlich mitgeteilt.

Jegliche weitere Vorgehensweise (z. B. Entsorgung) bezüglich dieser Fleischzubereitungen ist dem Landratsamt ... - Veterinärwesen - spätestens zwei Werktage vor der geplanten Maßnahme schriftlich mitzuteilen.

Unter Ziffer II. wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 3 angeordnet.

In Ziffer III. wurde für den Fall der Nicht- oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Nr. 1 und 3 der unmittelbare Zwang, z. B. durch Versiegelung der Betriebsräume, angeordnet (gemeint: angedroht).

Zur materiellen Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des Gutachtens des LGL vom 26.8.2014 wiederholt, welches dem Bescheid als Anlage beigegeben wurde. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Gegen diesen der Antragstellerin am 6.9.2014 zugestellten Bescheid ließ diese am 1.10.2014 Klage erheben, die unter dem Az. RN 5 K 14.1637 geführt wird. Zugleich stellte sie einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.

Die Beanstandungen im streitgegenständlichen Bescheid seien rechtswidrig, weshalb das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege.

So enthielten die Fleischspieße keine nicht zugelassenen Zusatzstoffe. Das Zusatzstoffrecht sei durch die VO (EG) Nr. 1333/2008 geregelt. Der aktuelle Anhang II dieser Verordnung differenziere bei der Zulassung von Zusatzstoffen bei Fleisch zwischen unbehandeltem Fleisch, Fleischzubereitungen und Fleischerzeugnissen. Bezüglich der beanstandeten Zusatzstoffe sei festzustellen, dass der Zusatzstoff E 460 (Cellulose) in Anhang II Teil C als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet sei und nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden dürfe. Ein marinierter Fleischdrehspieß sei jedoch behandelt.

Die Zusatzstoffe E 450 und E 451 (Phosphate) seien nach der VO (EU) Nr. 601/2014, welche den Anhang II der VO (EG) Nr. 1333/2008 im Juni 2014 geändert habe, für Fleischerzeugnisse zugelassen. Ein Verbot der Zusatzstoffe bestehe lediglich bei den meisten Fleischzubereitungen. Bei den Spießen der Antragstellerin handele es sich aber um Fleischerzeugnisse, was sich aus einem Gutachten des Labors ... vom 8.9.2014 ergebe. Werde danach ein Fleischspieß so hergestellt, dass Lebensmittel, Salz, Gewürze und Zusatzstoffe mit Wasser zu einer „Lake“ (Marinade) aufbereitet werden, welche durch Indizieren oder Tumbeln im Fleisch gleichmäßig verteilt werde, so werde das Fleisch vollständig durchmariniert. Ein solches Erzeugnis zähle zu den Fleischerzeugnissen, da Marinieren als Teil der Verarbeitung definiert sei und dieser Vorgang zu einer Denaturierung der Eiweiße in den Muskelfasern führe, wodurch sich die interne Muskelfaserstruktur ändere und die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr zu erkennen seien.

Selbst wenn man jedoch die Drehspieße als Fleischzubereitung ansehen wolle, liege kein Verstoß gegen das Zusatzstoffrecht vor. Es gelte nämlich der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008. Danach dürfe ein Zusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten seien, wenn der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen sei. Vorliegend sei zu bedenken, dass die fraglichen Zusatzstoffe in Würzen/Würzmitteln bzw. in Soßen zugelassen seien, weshalb sie auch im Endprodukt (Fleischspieß) enthalten sein dürften.

Ferner sei auch die Kennzeichnung der Drehspieße nicht zu beanstanden. Die Verkehrsbezeichnung laute tatsächlich „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die Bezeichnung „Berlin Döner“ sei lediglich eine Fantasiebezeichnung. Die Verkehrsbezeichnung werde für die Zusammensetzung im Übrigen durch das Zutatenverzeichnis ergänzt. Auch durch die Verwendung der Bezeichnung „Berlin Döner“ könne es nicht zu einer Verwechslung mit „Döner Kebab“ kommen, weil ja eine Erläuterung durch die Verkehrsbezeichnung erfolge. Eine gegebenenfalls bestehende konkrete Erwartung an einen Döner Kebab werde durch diese Verkehrsbezeichnung zerstört. Die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ sei für das Produkt in seiner Zusammensetzung auch die zutreffende Verkehrsbezeichnung. Ein Verbraucher oder ein Gastwirt, der einen „Döner Kebab“ erwerben wolle und dessen Zusammensetzung erwarte, werde dann auch einen als „Döner Kebab“ bezeichneten Spieß erwerben. Dieser Verbraucher werde nicht zu einem als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichneten Erzeugnis greifen, weil dieser Artikel bereits von seiner Bezeichnung her kein „Döner Kebab“ sei. Der durchschnittlich informierte Verbraucher werde beim Produkt der Antragstellerin keinen „Döner Kebab“ erwarten. Die Zusammensetzung des Produkts im Einzelnen ergebe sich im Übrigen aus der Zutatenliste. Hinzu komme, dass die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches als Instrument zur Ermittlung der maßgeblichen Verkehrsauffassung zunehmend in Frage gestellt würden. Der normale Durchschnittsverbraucher werde im Regelfall keine genauen Vorstellungen über die konkrete Zusammensetzung eines Produkts haben, weshalb er keine Verbrauchererwartung entwickeln könne, die bei der Verwendung einer vom Lebensmittelbuch abweichenden Rezeptur enttäuscht werden könne. Im Übrigen gelte die Beschränkung der Zutaten auf Salz, Gewürze und gegebenenfalls Eier, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches nur für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellten „Döner Kebab(p)“ und nicht auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“.

Selbst wenn man jedoch von einer Fehlbezeichnung des Produkts ausgehen wolle, habe das Landratsamt jedenfalls kein Verbot des In-Verkehr-Bringens anordnen dürfen. Etwaige Mängel könnten vielmehr durch eine Änderung der Kennzeichnung behoben werden.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Ziffern I.1., I.3. sowie III. des Bescheides des Antragsgegners vom 5.9.2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auch wenn im Falle der beanstandeten Zusatzstoffe keine akute Gesundheitsgefährdung bestanden habe, so seien für die EU bei dem Verbot dieser Zusatzstoffe in Fleischzubereitungen auch gesundheitliche Aspekte maßgeblich gewesen. Das In-Verkehr-Bringen der produzierten Drehspieße sei in erster Linie aufgrund des Nachweises nicht zugelassener Zusatzstoffe untersagt worden. Dieser Verstoß könne durch eine neue Kennzeichnung nicht geheilt werden. Aus einer fachlichen Bewertung des LGL vom 2.10.2014 zu den Ausführungen des Labors ... ergebe sich, dass es sich bei den fraglichen Drehspießen um „Fleischzubereitungen“ im Sinne der Kategorie 8.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 handele. Die fraglichen Zusatzstoffe seien somit nicht zugelassen.

Für E 460 (Cellulose) würde beim streitgegenständlichen Produkt zwar das „Carry-Over-Prinzip“ gelten, falls Cellulose ein Teil der verwendeten Würzmischung wäre. Allerdings werde im Falle der Antragstellerin die Cellulose direkt zugesetzt, um die Wasserbindungsfähigkeit der Drehspieße zu erhöhen. Phosphate seien dagegen auch in Würzmischungen nicht zugelassen.

Ferner verweist der Antragsgegner darauf, dass die Antragstellerin seit dem 24.4.2013 die Zulassung als Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und als Herstellungsbetrieb von Fleischzubereitungen aus Geflügelfleisch und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab-Art) besitzt, nicht aber für Fleischerzeugnisse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Hauptsacheverfahren (RN 5 K 14.1637) und im Eilrechtsschutzverfahren sowie auf die Akten des Landratsamtes ..., die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg, weil die sofort vollziehbaren Anordnungen unter den Ziffern I.1, I.3. und III. des angegriffenen Bescheides aller Voraussicht nach rechtmäßig sind.

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat, wie dies bezüglich der Ziffern I.1 und I.3. des streitgegenständlichen Bescheides geschehen ist. Gleiches gilt, wenn sich der Rechtsbehelf gegen eine kraft Gesetzes sofort vollziehbare Maßnahme richtet, was bei der Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheides der Fall ist. Insoweit handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung, die nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Art. 21a VwZVG sofort vollziehbar ist. Im Falle der behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs kann das Gericht die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen wiederherstellen und im Falle des kraft Gesetzes bestehenden Sofortvollzugs kann es diese anordnen.

Bei seiner Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene, originäre Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei eine Interessenabwägung vorzunehmen, im Rahmen derer die Interessen der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kommt den Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine besondere Bedeutung zu, soweit diese im Rahmen der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung bereits beurteilt werden können.

1. Ist der Sofortvollzug behördlicherseits angeordnet worden - wie hier für die Ziffern I.1. und I.3. - muss das Gericht zunächst prüfen, ob die behördliche Begründung dieser Anordnung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Danach hat die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht hat eine Warn- und Unterrichtungsfunktion. Die Begründung soll nachvollziehbar machen, warum nach Auffassung der Behörde mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes nicht bis zu seiner Bestandskraft bzw. bis zu dem Zeitpunkt zugewartet werden kann, in dem der Verwaltungsakt gemäß § 80b Abs. 1 VwGO kraft Gesetzes vollziehbar wird. Ferner soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter von Entscheidungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse im Raum steht, welches es rechtfertigt, das Prinzip der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen zu durchbrechen (vgl. nur: Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 84 ff.). Insoweit ist jedoch auch anerkannt, dass bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen können (Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 85). In solchen Fällen ist es nicht zwingend geboten, eine ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Begründung zu geben. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung des Sofortvollzugs aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH vom 27.10.2005, Az. 11 CS 05.1967 und vom 4.1.2006, Az. 11 CS 05.1878 ).

Die vom Antragsgegner gegebene Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs ist zwar knapp, nach den eben dargestellten Maßgaben jedoch ausreichend. Das Landratsamt hat dargestellt, dass die betroffenen Verbraucher vor Irreführungen zu schützen seien und dass die Anordnungen auch aus Gründen des vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit erfolgt seien und die Interessen der Antragstellerin hinter diesen Belangen zurücktreten müssten.

2. Rechtsgrundlage für die Anordnungen unter Ziffern I.1. und I.3. ist Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004. Die vom Antragsgegner darüber hinaus zitierte Vorschrift des § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 LFGB ist nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 882/2004 gilt wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unmittelbar und verdrängt die nationale Vorschrift des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 mit ausführlicher Begründung; Streinz in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, B Einführung, Rn. 38b).

§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind im Übrigen ähnlich aufgebaut. Sie bestehen aus einer Generalklausel und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen. Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen im vorliegend gegebenen Anwendungsfall relevante Unterschiede auf (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 ).

Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 setzt zunächst voraus, dass die zuständige Behörde einen Verstoß (gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften) feststellt. Ist dies der Fall, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. In Art. 54 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind sodann beispielartig Maßnahmen aufgelistet, die getroffen werden können. Hier wird ersichtlich, dass der Behörde kein Entschließungsermessen zusteht. Stellt sie einen Verstoß fest, so muss sie einschreiten. Nur hinsichtlich der im Einzelfall konkret zu treffenden Maßnahmen kann die Behörde unter verschiedenen möglichen Maßnahmen auswählen, wobei sie insoweit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen muss (vgl. dazu unten 2. b)).

a) Die von der Antragstellerin vertriebenen Fleischdrehspieße verstoßen in mehrerlei Hinsicht gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften, weshalb ein Einschreiten des Antragsgegners geboten war. Im Einzelnen:

aa) Zutreffend hat der Antragsgegner unter Bezugnahme auf das Gutachten des LGL vom 26.8.2014 die sich auf dem Etikett befindliche Zutatenliste beanstandet.

Die streitgegenständlichen Drehspieße sind unstreitig in Fertigpackungen im Sinne des § 6 Abs. 1 des Eichgesetzes (EichG) verpackt. Sie sind darüber hinaus bestimmt, an eine dem Verbraucher gleichgestellte Einrichtung - nämlich an Gaststätten, Imbisse etc. - abgegeben zu werden, weshalb die Kennzeichnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 LMKV den Anforderungen der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung genügen muss.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 LMKV i. V. m. § 6 Abs. 1 LMKV ist ein Zutatenverzeichnis anzugeben, das aus einer Aufzählung der Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels besteht. Abweichend hiervon sind gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 LMKV zugefügtes Wasser und flüchtige Zutaten nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils am Enderzeugnis anzugeben, wobei der Anteil des zugefügten Wassers durch Abzug der Summe der Gewichtsanteile aller anderen verwendeten Zutaten von der Gesamtmenge des Enderzeugnisse ermittelt wird; die Angabe kann entfallen, sofern der errechnete Anteil nicht mehr als 5 Gewichtshundertteile beträgt.

Aufgrund der Analyse des eingesandten Drehspießes hat das LGL einen Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt. Gleichwohl wird die Zutat Wasser in der Zutatenliste an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Zutreffend hat das LGL festgestellt, dass Wasser nach den obigen Vorgaben mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten ist.

bb) Gemäß § 6 Abs. 2 LMKV kann eine zusammengesetzte Zutat im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils im Zutatenverzeichnis angegeben werden, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich ist und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folgt. Diesbezüglich haben die Untersuchungen des LGL ergeben, dass in der Zutatenliste zwar die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt ist. Dahinter werden in Klammern lediglich die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ angegeben. Die weiterhin im Würzmittel vorhandenen Zutaten „Geschmacksverstärker E 621“ sowie andere Zutaten, die nach der Artikelspezifikation des Würzmittelherstellers vom 8.11.2012 vorhanden sind, finden sich in der Zutatenliste nicht. Insoweit ist das Zutatenverzeichnis unvollständig.

cc) Schließlich hat das LGL zutreffend beanstandet, dass hinsichtlich der Zutat „Fleisch“ die Mengenkennzeichnung fehlt. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 Abs. 1, 4 LMKV ist die Menge einer bei der Herstellung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendeten Zutat unter anderem dann anzugeben, wenn die Bezeichnung der Zutat in der Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels angegeben ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 LMKV) bzw. wenn die Verkehrsbezeichnung darauf hindeutet, dass das Lebensmittel die Zutat enthält (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 LMKV). Gleiches gilt nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 LMKV, wenn die Zutat auf dem Etikett durch Worte, Bilder oder eine grafische Darstellung hervorgehoben ist. Nachdem das streitgegenständliche Produkt als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet wird, ist es somit geboten, die Menge des Fleischanteils nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 LMKV anzugeben, was bei dem beanstandeten Spieß nicht der Fall war.

dd) Nach Auffassung des entscheidenden Gerichts sind darüber hinaus die auf dem Etikett angebrachten Bezeichnungen „Berlin Döner“ und „Hähnchen-Puten Drehspieß“ zu beanstanden.

 Insoweit ist der Antragstellerin zwar zuzugeben, dass die Bezeichnung „Berlin Döner“ nicht als Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV angesehen werden kann. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV ist die Angabe einer Verkehrsbezeichnung zwingende Voraussetzung beim gewerbsmäßigen In-Verkehr-Bringen eines Lebensmittels. Nach § 4 Abs. 1 LMKV ist die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels die in Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung, bei deren Fehlen die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung (Nr. 1) oder eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung (Nr. 2), die es dem Verbraucher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Das Gericht geht zwar davon, dass sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ eine allgemeine Verkehrsauffassung besteht, was sich schon daraus ergibt, dass diese Lebensmittel in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben sind (vgl. dort Teil II Nr. 2.511.7). Die dort genannten Bezeichnungen werden aber von der Antragstellerin gerade nicht verwendet. Sie benutzt nur einen Teil dieser Bezeichnungen (Döner) und bringt ihre Fleischspieße als „Berlin Döner“ in den Verkehr. Ein Produkt mit dieser Bezeichnung ist in den Leitsätzen nicht beschrieben. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass es eine allgemeine Verkehrsauffassung für ein so bezeichnetes Lebensmittel geben könnte, weshalb es sich um eine Fantasiebezeichnung handelt, die allerdings eine irreführende Assoziation zu „Döner Kebab(p)“ herstellt (vgl. dazu den übernächsten Gliederungspunkt).

- Die Verkehrsbezeichnung kann somit ausschließlich in der Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ gesehen werden. Insoweit handelt es sich um eine Beschreibung des Lebensmittels, die jedoch den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV nicht genügt. Die amtliche Begründung zu § 4 LMKV (BR-Drucks. 418/81) nennt zwei Anforderungen, denen eine beschreibende Verkehrsbezeichnung genügen muss. Es müssen einerseits die wertbestimmenden oder geschmackgebenden Bestandteile angegeben werden sowie andererseits die Merkmale, durch die sich das Lebensmittel von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheidet. Bei den Erzeugnissen der Antragstellerin werden jedoch maßgebliche wertbestimmende Bestandteile nicht angegeben. Da das hier zu beurteilende Lebensmittel ferner kein „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist, aufgrund der äußeren Erscheinung (Fleischdrehspieß) jedoch mit einem solchen Erzeugnis verwechselt werden kann, ist es darüber hinaus erforderlich, in der Verkehrsbezeichnung anzugeben, wie sich das streitgegenständliche Lebensmittel von einem „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ unterscheidet.

Die übliche Zusammensetzung eines „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist im Teil II Nr. 2.511.7 der Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs beschrieben. Ausgangsmaterial ist danach grob entsehntes Geflügelfleisch, welches in dünnen Fleischscheiben auf Drehspieße aufgesteckt wird. Außer Salz und Gewürzen sowie gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt enthält das Produkt keine weiteren Zutaten. Im Gegensatz zu „Döner Kebab(p)“, der aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellt wird, darf bei „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ kein wie Hackfleisch zerkleinertes Fleisch eingesetzt werden. Der maximale Hautanteil beträgt 18%. Die Begrenzung auf die eben aufgeführten Zutaten wie Salz und Gewürze etc. gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des Leitsatzes sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Dass nur diese Zutaten eingesetzt werden dürfen, findet sich im Leitsatz unter dem Gliederungspunkt „besondere Merkmale“. Diese Merkmale beschreiben sowohl aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ als auch „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Der Argumentation der Antragstellerin, wonach die Beschränkung auf die genannten Zutaten ausschließlich für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ gilt, findet im Leitsatz keine Grundlage, weshalb die Kammer ihr nicht zu folgen vermag.

Schließlich hat die Kammer auch keine Zweifel, dass die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission im Hinblick auf Döner-Kebab(p)-Erzeugnisse die Verkehrsauffassung zutreffend wiedergeben. Das Deutsche Lebensmittelbuch ist eine Sammlung von Leitsätzen, in denen Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden (§ 15 Abs. 1 LFGB). Die Leitsätze werden von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission unter Berücksichtigung des von der Bundesregierung anerkannten internationalen Lebensmittelstandards beschlossen (§ 15 Abs. 2 LFGB) und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veröffentlicht (§ 15 Abs. 3 LFGB). Die Leitsätze sind zwar keine Rechtsnormen und daher nicht rechtsverbindlich. Sie dürfen aber aufgrund der ihnen kraft § 15 LFGB zukommenden Legitimation bei der Bestimmung der Beschaffenheitsmerkmale eines Lebensmittels als Auslegungshilfe zugrunde gelegt werden (BverwG vom 27.9.2012, NVwZ-RR 2013, 141; BayVGH vom 13.3.2013, Az. 9 B 09.2135 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 15 LFGB Rn. 21 ff.). Sie begründen als „Sachverständigengutachten von besonderer Qualität“ eine Vermutung, was der Verbraucher von einem nach Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmalen in den Leitsätzen beschriebenen Lebensmittel erwartet, wobei diese Vermutungswirkung im Einzelfall widerlegt werden kann. Gegen die Richtigkeit der Leitsätze kann somit ein Gegenbeweis geführt werden (BverwG vom 10.12.1987, Az. 3 C 18/87 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 13 LFGB, Rn. 30).

Vorliegend hat die Antragstellerin die Bedeutung der Leitsätze für die Feststellung der Verkehrsauffassung nur ganz allgemein angezweifelt. Ein substantiierter Vortrag, aus dem sich ergibt, warum das Deutsche Lebensmittelbuch die für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ bestehende Verkehrsauffassung nicht korrekt wiedergeben soll, fehlt dagegen. Da darüber hinaus auch für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, aufgrund derer die „Richtigkeit“ der im Deutschen Lebensmittelbuch enthaltenen Charakterisierung der fraglichen Erzeugnisse angezweifelt werden könnte, ist die eben beschriebene Vermutungswirkung der Leitsätze nicht erschüttert.

Es mag zwar sein, dass viele Verbraucher keine detaillierten Vorstellungen über die Zusammensetzung von „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ in allen Einzelheiten haben, wie dies die Antragstellerin ausführt. Der Verbraucher wird andererseits jedoch in jedem Fall erwarten dürfen, dass so bezeichnete Produkte die in den Fachkreisen - also im Kreis der redlichen Hersteller derartiger Produkte - als üblich angesehene Beschaffenheit aufweisen (hypothetische Verbrauchererwartung), die wiederum in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben ist (vgl. dazu OVG Lüneburg vom 19.1.1993, 10 L 136/89 ).

Die von der Antragstellerin hergestellten Fleischdrehspieße widersprechen den in den Leitsätzen beschriebenen Anforderungen, da sie neben den dort aufgeführten Bestandteilen weitere (zum Teil wertgebende) Bestandteile enthalten. Insbesondere weisen sie einen hohen Wasseranteil auf und sie enthalten pflanzliches Eiweiß und pflanzliche Fasern. Da es sich insoweit ersichtlich auch um wertbestimmende Bestandteile handelt, ist es unumgänglich, auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung hinzuweisen. Da dies nicht geschehen ist, ist die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ unzureichend, weshalb die Erzeugnisse mit der bestehenden Kennzeichnung nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV.

- Hinzu kommt - worauf das LGL in seinem Gutachten zutreffend hingewiesen hat -, dass die Fantasiebezeichnung „Berlin Döner“ eine Irreführung der Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB bewirkt. Nach dieser Vorschrift ist es unter anderem verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt danach insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden. So liegt der Fall nach den oben gemachten Ausführungen hier; denn die schon aufgrund ihrer äußeren Form mit „echtem“ Döner Kebab verwechselbare Erzeugnisse vermitteln aufgrund der verwendeten Bezeichnung „Berlin Döner“ den Eindruck, dass die Spieße die Merkmale eines „Döner Kebab(p)“ aufweisen oder diesem zumindest sehr ähnlich sind. Dies gilt zumal deshalb, weil „Döner Kebab(p)“ umgangssprachlich auch nur als „Döner“ bezeichnet wird. Diese Verbrauchertäuschung wird auch durch die verwendete (unvollständige) Verkehrsbezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ nicht ausgeschlossen. Dabei kann hier dahinstehen, ob die durch die Bezeichnung „Berlin Döner“ hervorgerufene Täuschung überhaupt durch eine im Rahmen der Kennzeichnung vorgenommene Kenntlichmachung der Abweichung des Produkts von „echtem“ Döner Kebab vermieden werden kann. Da für die Abnehmer der Fleischdrehspieße in der hier konkret zu beurteilenden Aufmachung jedenfalls nicht erkennbar ist, dass den Erzeugnissen Wasser in nicht unerheblichen Mengen sowie pflanzliche Bestandteile hinzugefügt worden sind, liegt es auf der Hand, dass die Aufmachung geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise in die Irre zu führen. Die konkrete Kennzeichnung zielt ersichtlich darauf ab, bei den Abnehmern die Vorstellung zu erzeugen, die Fleischdrehspieße würden der für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ üblichen Rezeptur entsprechen, obwohl Zutaten verwendet worden sind, die das Produkt im Vergleich zum „Original“ qualitativ minderwertiger machen.

ee) Nicht nur die dargestellten Kennzeichnungsmängel führen dazu, dass die streitgegenständlichen Drehspieße nicht verkehrsfähig sind. Die Spieße enthalten auch die für Fleischzubereitungen nicht zugelassenen Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat), weshalb auch ein Verkehrsverbot nach Art. 5 der VO (EG) 1333/2008 besteht.

Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der VO (EG) Nr. 1333/2008 vom 16.12.2008 geregelt, die am 20.1.2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt, in Lebensmitteln verwendet werden. Steht die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden. Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11.11.2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt er ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4.6.2014 mit Wirkung vom 25.6.2014 geändert. Vor diesem Zeitpunkt wurde die Kategorie 08 (Fleisch) in die Unterkategorien 08.1 (nicht verarbeitetes Fleisch) und die Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) eingeteilt. Innerhalb der Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) fand eine weitere Untergliederung in nicht wärmebehandeltes verarbeitetes Fleisch (08.2.1), wärmebehandeltes Fleisch (08.2.2) sowie weitere Kategorien statt. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden (vgl. Erwägungsgrund 5 der VO (EU) Nr. 601/2014). Seit dem 25.6.2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorien 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse). Die Unterkategorie „Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004“ gibt es somit bereits seit dem 1.6.2013, wobei sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage in dieser Kategorie weder die Verwendung von Cellulose (E 460) noch von Phosphaten (E 450, E 451) zulässig ist. Phosphate waren nach alter Rechtslage bei Fleischzubereitungen nur bei „Breakfast sausages“ zugelassen (Anhang II Teil E Kategorie 8.1.2 zur VO (EG) Nr. 1333/2008 in der vor dem 25.6.2014 geltenden Fassung). Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Verwendung von Phosphaten bei weiteren Fleischzubereitungen zugelassen, wie z. B. „Kasseler“ und „Bräte“. Die Verwendung von E 460 (Cellulose) war weder nach alter noch nach neuer Rechtslage in Fleischzubereitungen zulässig.

Insbesondere trifft es nicht zu - wie die Antragstellerin meint - dass Cellulose in Anhang II Teil C für die Verwendung bei allen Lebensmitteln allgemein zugelassen ist. Teil C des Anhangs II enthält lediglich eine Einteilung der Zusatzstoffe in verschiedene Gruppen. Innerhalb bestimmter Lebensmittelkategorien ist dann in Teil E des Anhangs II bestimmt, dass bestimmte Zusatzstoffgruppen verwendet werden dürfen. Bei Cellulose handelt es sich um einen Zusatzstoff der Gruppe I. Diese Gruppe ist sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage nicht bei Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 zugelassen. Sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage darf Cellulose nur bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch benutzt werden, das nach der nunmehr geltenden Einteilung zu den Fleischerzeugnissen zählt. Ferner ist bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage die Verwendung von Phosphaten (E 450, E 451) zugelassen.

Nach alledem kommt es entscheidend darauf an, ob die von der Antragstellerin produzierten Lebensmittel Fleischzubereitungen oder Fleischerzeugnisse im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 sind.

Nach Nr. 1.15 des Anhangs I zu dieser Verordnung versteht man unter „Fleischzubereitungen“ frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen.

Unter „Fleischerzeugnissen“ versteht man dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I zur VO (EG) Nr. 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind.

Entscheidend für die Abgrenzung ist somit die Frage, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Nach Auffassung der entscheidenden Kammer handelt es sich bei den streitgegenständlichen Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen, die im Wesentlichen auch das LGL in seinem Schreiben vom 2.10.2014 zutreffend angestellt hat:

- Bei der VO (EG) Nr. 853/2004 handelt es sich um eine Hygieneverordnung. Bei der Abgrenzung von Fleischzubereitungen zu Fleischerzeugnissen steht somit die mikrobiologische Stabilität des Lebensmittels im Vordergrund. Dementsprechend unterscheiden sich beispielsweise auch die Temperaturanforderungen hinsichtlich der Lagertemperaturen von Fleischerzeugnissen und Fleischzubereitungen (vgl. einerseits die im Abschnitt V des Anhangs III der VO (EG) Nr. 853/2004 geregelten Hygieneanforderungen für Fleischzubereitungen und andererseits die im Abschnitt VI dieses Anhangs geregelten Anforderungen für Fleischerzeugnisse).

In mikrobiologischer Hinsicht hat das LGL im zitierten Schreiben nachvollziehbar ausgeführt, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet sei, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake auf Wasser und/oder Ölbasis. Anders als vom Labor ... dargestellt, werde durch das „Tumbeln“ die Muskeloberfläche vergrößert, was ebenso wie die Verwendung von Gewürzen eine eher verringerte mikrobiologische Stabilität zur Folge habe. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch Tumbeln und Einspritzen von Würzlake, würden nicht ausreichen, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt würden.

Im Übrigen sind die Beteiligten in der Vergangenheit selbst übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei den Fleischspießen um Fleischzubereitungen handelt. Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung wurde nämlich seitens des Landratsamtes für die Lagerung der Fleischspieße stets eine Kerntemperatur von -18 Grad Celsius gefordert. Von der Antragstellerin wurde diese Anforderung zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen. Eine solche Kerntemperatur wird nach dem Anhang III Abschnitt V Kap. III Nr. 2 Buchst. c), ii) der VO (EG) Nr. 853/2004 für Fleischzubereitungen gefordert, die unmittelbar nach der Herstellung zu umhüllen und zu verpacken sind.

- Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18.12.2013. Nach diesem in englischer Sprache verfassten Dokument gehört auch das Erzeugnis „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Nach diesem Dokument wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist, und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch „Döner Spieße“ und „Drehspieße“, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen, und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden.

- Schließlich wird die Zuordnung der Fleischdrehspieße zu den „Fleischzubereitungen“ dadurch gestützt, dass für Produkte wie „Bräte“ und „Kasseler“ innerhalb der Kategorie „Fleischzubereitungen des Anhangs II der VO (EG) Nr. 1333/2008 in der seit dem 25.6.2014 geltenden Fassung nunmehr explizit Phosphatderivate (E 338 bis E 452) zugelassen worden sind. Hier wird ersichtlich, dass der europäische Verordnungsgeber diese Erzeugnisse als „Fleischzubereitungen“ ansieht. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL im Schreiben vom 2.10.2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kasseler wird unter Verwendung von Pökelsalz (Salz, Natriumnitrit) und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch eingebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das „Tumbeln“ als ein „vollständiges Durchmarinieren“ bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Döner Kebab und Drehspießen wird Kasseler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

- Zuletzt ist festzustellen, dass der Betrieb der Antragstellerin von der Regierung von Niederbayern eine Zulassung als „Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen aus Geflügel- und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab Art)“ erhalten hat (Zulassungs-Nr. BY 2. lt. Zulassungsbescheid der Regierung von N. vom 24.4.2013, Gz. 55.2-...). Auch hieraus ergibt sich, dass die von der Antragstellerin produzierten Fleischspieße auch von ihr selbst als Fleischzubereitungen angesehen worden sind. Die Produktion wäre nämlich von der Zulassung überhaupt nicht gedeckt, wenn es sich hierbei um Fleischerzeugnisse handeln würde. Nachdem die Zulassung einen Antrag des Unternehmers voraussetzt, muss davon ausgegangen werden, dass auch die Antragstellerin selbst stets davon ausgegangen ist, dass es sich bei den Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen handelt. Andernfalls würde die Zulassung als Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen keinen Sinn machen.

Schließlich kann das Vorhandensein der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 in den Fleischdrehspießen nicht durch den Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008 gerechtfertigt werden. Danach darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Die Argumentation der Antragstellerin geht dahin, dass die streitgegenständlichen Fleischdrehspieße mit Würzmitteln und Soßen mariniert würden, welche die fraglichen Zusatzstoffe enthalten dürfen. Dementsprechend seien sie auch im Endprodukt zulässig. Dem ist jedoch wie folgt entgegen zu treten:

In „Würzmitteln“ (Teil E Kategorie 12.2.2 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Cellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate sind hier allerdings nicht zugelassen. Bei „Soßen“ (Teil E Kategorie 12.6 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) sind sowohl Cellulose als auch Phosphate zugelassen.

Bei der Herstellung der streitgegenständlichen Fleischspieße werden allerdings keine „Soßen“ in diesem Sinne verwendet. Nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18.12.2013 ist nämlich die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“. Unter die Kategorie 12.6. (Soßen) fallen demnach nur solche Soßen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen werden bei der Herstellung der streitgegenständlichen Lebensmittel jedoch nicht verwendet, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) fällt.

Darüber hinaus findet auch eine Migration von Cellulose über die eingesetzte Würzlake nicht statt, da im konkreten Fall derartige Bestandteile in der von der Antragstellerin bezogenen und für die Würzlake verwendete Würzmischung nicht enthalten sind. Die Cellulose wird seitens der Antragstellerin vielmehr gesondert zugesetzt.

ff) Ob daneben auch die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“ als Einsatz eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes angesehen werden muss, kann hier offen bleiben. Das LGL hat diesbezüglich in seinem Gutachten empfohlen, die Rezeptur der Fleischdrehspieße zu überprüfen, da es sich bei dem Stoff nur dann um einen (nicht zugelassenen) Zusatzstoff handele, wenn er nicht als Ballaststoff eingesetzt werde. Für das Gericht spricht einiges dafür, dass dieser Stoff ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt wird und nicht, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern. Dem braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil sich ein (absolutes) Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischdrehspieße bereits aufgrund des Einsatzes der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 ergibt (vgl. 2 a) ee)).

Nach alledem weisen die vom Antragsgegner beanstandeten Fleischspieße eine Reihe lebensmittelrechtlicher Verstöße auf, die dazu führen, dass die Spieße nicht verkehrsfähig sind.

b) Dementsprechend musste der Antragsgegner gemäß Art. 54 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Antragstellerin Abhilfe schafft. Dem Antragsgegner stand somit ein Auswahlermessen zu, welche von verschiedenen zulässigen Maßnahmen er trifft, wobei der Antragsgegner hier das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) 882/2004 in unterschiedlicher Ausprägung untersagt hat.

aa) In Ziffer I.1. des angegriffenen Bescheides hat das Landratsamt ein generelles In-Verkehrbringungs-Verbot von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr angeordnet, und zwar solange, bis eine Freigabe durch das Landratsamt erfolgt (Ziffer I.2.). Diese Maßnahme ist trotz des angeordneten Freigabeerfordernisses verhältnismäßig. Die Anforderung mag auf den ersten Blick eine nicht zwingend erforderliche Einschränkung der Antragstellerin darstellen; denn es wäre grundsätzlich auch möglich gewesen, nur ein Verkehrsverbot für Produkte auszusprechen, die so aufgemacht und zusammengesetzt sind, wie der vom LGL untersuchte Fleischdrehspieß. Dadurch wäre jedoch nicht sichergestellt worden, dass die Antragstellerin künftig nur noch rechtskonforme Produkte herstellt und in den Verkehr bringt. Gerade im Hinblick auf die komplexe Rechtslage und unter Berücksichtigung der Vielzahl der vorhandenen lebensmittelrechtlichen Verstöße ist das Freigabeerfordernis nicht zu beanstanden. Es liegt im Übrigen auch im berechtigten Interesse der Antragstellerin, da sie dadurch vor weiteren Vermögensschäden bewahrt wird; denn die Anordnung verhindert, dass die Antragstellerin erneut Fleischzubereitungen mit geänderter Rezeptur und Kennzeichnung produziert, von denen sich im Nachhinein herausstellt, dass diese wiederum nicht verkehrsfähig sind. Deshalb bestehen keine Bedenken gegen die Anordnung, sofern die Freigabe bei Rechtskonformität unverzüglich erfolgt. Wie sich den Akten des Antragsgegners entnehmen lässt, wurde eine Freigabe durch das Landratsamt nach mitgeteilter Rezeptur- und Kennzeichnungsänderung, die den lebensmittelrechtlichen Vorschriften aus Sicht des LGL entsprachen, auch bereits erteilt, und zwar bereits am zweiten Tag nach Mitteilung der geänderten Parameter.

bb) Das Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischspieße in Ziffer I.3. des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenso nicht zu beanstanden. Da die Erzeugnisse Zusatzstoffe enthalten, die nach der VO (EG) Nr. 1333/2008 für Fleischzubereitungen nicht zugelassen sind, besteht für diese Erzeugnisse nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008, § 6 Abs. 1 Nr. 1 a) LFGB ein Verbot des In-Verkehr-Bringens für den menschlichen Verzehr. Zwar können Behörden grundsätzlich nach § 68 LFGB Ausnahmen von lebensmittelrechtlichen Verboten zulassen, insbesondere auch zur Vermeidung unbilliger Härten, wenn die nicht rechtskonformen Lebensmittel zu verderben drohen (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB) und eine Gefahr für die menschliche Gesundheit nicht besteht (§ 68 Abs. 3 Hs. 1 LFGB). Diese Voraussetzungen mögen hier unter Umständen gegeben sein. Allerdings bestimmt § 68 Abs. 3 Hs. 2 Nr. 2 LFGB, dass eine Zulassung von Ausnahmen wegen einer unbilligen Härte nach § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB nicht möglich ist für die Verbote des § 6 LFGB (Verbot der Verwendung nicht zugelassener Zusatzstoffe). Hinzu kommt, dass das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln, die nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht verkehrsfähig sind, weil sie nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, den Straftatbestand des § 59 Abs. 2 Nr. 5 c) LFGB erfüllt. Deshalb stand dem Landratsamt als einzige zielführende Maßnahme ein uneingeschränktes Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits hergestellten Erzeugnisse zum menschlichen Verzehr zur Verfügung. Die Anordnung wiederholt im Ergebnis nur die ohnehin geltende Rechtslage.

3. Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des angegriffenen Bescheides hat ihre Rechtsgrundlage in den Art. 18, 19, 29, 30, 34 und 36 VwZVG. Im Tenor des angegriffenen Bescheides ist zwar ausgeführt, dass unmittelbarer Zwang „angeordnet“ werde. Aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Bescheides ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass es sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt. Gewollt - und für die Empfängerin des Bescheides erkennbar - war die Androhung unmittelbaren Zwangs.

4. Die Kostenentscheidung des Gerichts findet ihre Rechtsgrundlage in § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 5 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), denen die Kammer folgt. Im Hauptsacheverfahren ist danach die sich für die Antragstellerin ergebende Bedeutung der Angelegenheit maßgeblich, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dieser Wert nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges zu halbieren ist. Aus Sicht der entscheidenden Kammer richtet sich der wirtschaftliche Wert der Sache in erster Linie nach dem finanziellen Verlust, den die Antragstellerin erleidet, wenn sie die bereits produzierten Fleischdrehspieße (12 Tonnen) nicht mehr in den Verkehr bringen kann. Hinzu kommt, dass sie auch die Bezeichnung „Döner“ nicht verwenden darf, die den Erzeugnissen eine besondere Qualität zuschreibt und der somit auch ein wirtschaftlicher Wert beizumessen ist. Den dadurch eintretenden „Verlust“ für die Antragstellerin schätzt das Gericht auf 160.000,- €. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass aus den 12 Tonnen bereits produzierter Fleischdrehspieße ca. 80.000 Portionen für den Endverbraucher hergestellt werden können.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 80.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen lebensmittelrechtlichen Bescheid des Antragsgegners, mit dem In-Verkehr-Bringungsverbote für Fleischzubereitungen sowie von bereits produzierten Fleischdrehspießen in sofort vollziehbarer Weise angeordnet wurden und durch den für den Fall der Nichtbeachtung der Verbote die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht wurde.

Am 4.6.2014 entnahm das Landratsamt ... im Betrieb der Antragstellerin einen sogenannten „Berlin-Döner“. Laut Etikett handele es sich dabei um einen „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die von der Antragstellerin produzierten Fleischdrehspieße sind dazu gemacht, um an Imbissbetriebe verkauft zu werden. Dort werden sie senkrecht stehend und drehend gegrillt und gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher abgegeben. Der entnommene Drehspieß wurde seitens des Landratsamts zum Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Oberschleißheim zur Untersuchung verbracht.

Ausweislich des vom LGL erstellten Gutachtens vom 26.8.2014 über die durchgeführte Untersuchung habe der Drehspieß in mehrerlei Hinsicht nicht den geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprochen. Im Einzelnen enthält das Gutachten folgende Beanstandungen:

- Das auf der Fertigpackung befindliche Verzeichnis der Zutaten entspreche nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV). Beim untersuchten Erzeugnis sei aufgrund der Analyseergebnisse ein Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt worden. Die Zutat Wasser sei in der Zutatenliste angegeben. Allerdings werde die Zutat an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Wasser sei jedoch mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten.

- Auch sei ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 LMKV festzustellen, wonach eine zusammengesetzte Zutat (§ 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV) im Zutatenverzeichnis nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils angegeben werden könne, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich sei und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folge. In der Zutatenliste des Fleischspießes sei die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt. Dahinter in Klammern würden die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ der zusammengesetzten Zutat genannt. Diese Aufzählung sei nicht vollständig. Laut den vorliegenden Informationen des Würzmittelherstellers seien in dem verwendeten Würzmittel beispielsweise auch die Zutat „Geschmacksverstärker E 621“ sowie weitere Zutaten, die in der Klammer nicht genannt würden, enthalten. Die Aufzählung sei mithin unvollständig. - Schließlich sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 LMKV die Mengenkennzeichnung der Zutaten für alle Lebensmittel in Fertigpackungen verbindlich vorgeschrieben. Demnach seien die „wertbestimmenden“ oder „verkaufsentscheidenden“ Zutaten mengenmäßig anzugeben. Im Fall des streitgegenständlichen Spießes fehle jedoch die mengenmäßige Angabe des Anteils an Fleisch.

- Ferner wird in dem Gutachten die Verkehrsbezeichnung beanstandet. Auf dem Originaletikett werde das untersuchte Erzeugnis als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ (Schriftgröße ca. 3 mm n-Höhe)“ bezeichnet. In unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung werde blickfangmäßig und in besonderer Schrift (ca. 4 mm n-Höhe) die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Nach den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches (Teil II Nr. 2.511.7) enthalte „Hähnchen-/Puten-Döner Kebab(p)“ außer Salz, Gewürzen und gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt keine weiteren Zutaten. Nach den Angaben im Zutatenverzeichnis des untersuchten Fleischspießes würden bei der Herstellung des Erzeugnisses jedoch auch Stärke, modifizierte Stärke, pflanzliches Eiweiß (Soja, Erbse), Gluten und Dextrose etc. verwendet. Analytisch sei Sojaprotein in einer Größenordnung von 0,6% nachgewiesen worden. Dementsprechend weiche das Produkt von der allgemeinen Verkehrsauffassung ab. Außerdem werde laut Etikett „PflanlichFasern(Weizen)“ verwendet. Diese Zutat diene offenbar zur Bindung von Wasser. Entsprechendes gelte für die laut Etikett zugesetzte Cellulose (E 460). Darüber hinaus sei dem Produkt ein Anteil von mindestens 12% Wasser zugesetzt worden, was bei einem „Döner Kebab“ ebenfalls nicht verkehrsüblich sei. Hier zeige es sich, dass das Erzeugnis der Verkehrsauffassung eines „Döner Kebab“ widerspreche. Es handele sich aufgrund seiner Zusammensetzung um ein anderes Produkt (Aliud). Die Bezeichnung „Döner“ oder „Döner Kebab“ sei unzutreffend und dürfe nicht verwendet werden. Erforderlich sei nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV die Angabe einer Beschreibung des Lebensmittels, die es dem Verbraucher ermögliche, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Zwar werde das Erzeugnis auch als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet, allerdings werde in unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung blickfangmäßig und in größerer Schrift die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Durch die räumliche Nähe erscheine letztere Bezeichnung als die Verkehrsbezeichnung, die mit den Worten „Hähnchen-Puten Drehspieß“ näher erklärt werde. Die Aufmachung suggeriere daher, dass es sich bei dem Produkt um einen „Döner“ handele. Da dies jedoch nicht der Fall sei, sei die Aufmachung geeignet, den Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) in die Irre zu führen.

Im Übrigen wird im Gutachten darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ als Verkehrsbezeichnung unzureichend sei. Das Produkt beinhalte Fremdeiweiße (Soja, Erbse) und zugesetztes Wasser. Diese Bestandteile seien wertbestimmend, weshalb ein Hinweis auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung erforderlich sei.

- Beanstandet wird zudem die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“. Darunter seien vermutlich Weizenhalmfasern zu verstehen. Diese würden aller Voraussicht nach nicht als Ballaststoff zugesetzt, so dass es sich nicht um einen Nährstoff handele, sondern um einen Zusatzstoff, weil die Beimengung offensichtlich dazu diene, eine technologische Wirkung (Bindung von Wasser) zu erzielen. Zur eindeutigen Klärung des Sachverhalts werde eine Rezepturüberprüfung empfohlen.

- Schließlich wird beanstandet, dass die Fleischdrehspieße die Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat) enthalten. Da es sich bei den von der Antragstellerin hergestellten Produkte um Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 handele, seien die Produkte der Lebensmittelkategorie 8.2 gemäß des Anhangs II Teil D der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 8.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die genannten Zusatzstoffe für Fleischzubereitung nicht zugelassen, weshalb sie gemäß Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden dürften.

Aufgrund dieses Gutachtens ordnete das Landratsamt ... am 3.9.2014 gegenüber der Antragstellerin mündlich an, dass bis auf Weiteres sämtliche Fleischzubereitungen, welche mit den Zusatzstoffen E 460, E 450 und E 451 behandelt wurden, nicht für den menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Mit schriftlichem Bescheid vom 5.9.2014 ordnete das Landratsamt unter Ziffer I. Folgendes an:

1. Dem Betrieb B. KG, H... in ... O., wird namentlich ab sofort das In-Verkehr-Bringen von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr so lange untersagt, bis eine Freigabe durch das Landratsamt ... - Veterinärwesen - erfolgt.

2. Mit einer Freigabe des In-Verkehr-Bringens von Fleischzubereitungen durch die Behörde ist erst dann wieder zu rechnen, wenn eine ordnungsgemäße Kennzeichnung sowie eine verkehrsfähige Rezepturänderung erfolgt.

3. Die in der Bestandsliste (Anlage 2) aufgeführten produzierten bzw. derzeit im Betrieb lagernden Fleischzubereitungen dürfen nicht mehr zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden, diese Untersagung wurde dem Betrieb bereits am 3.9.2014 mündlich mitgeteilt.

Jegliche weitere Vorgehensweise (z. B. Entsorgung) bezüglich dieser Fleischzubereitungen ist dem Landratsamt ... - Veterinärwesen - spätestens zwei Werktage vor der geplanten Maßnahme schriftlich mitzuteilen.

Unter Ziffer II. wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 3 angeordnet.

In Ziffer III. wurde für den Fall der Nicht- oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Nr. 1 und 3 der unmittelbare Zwang, z. B. durch Versiegelung der Betriebsräume, angeordnet (gemeint: angedroht).

Zur materiellen Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des Gutachtens des LGL vom 26.8.2014 wiederholt, welches dem Bescheid als Anlage beigegeben wurde. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Gegen diesen der Antragstellerin am 6.9.2014 zugestellten Bescheid ließ diese am 1.10.2014 Klage erheben, die unter dem Az. RN 5 K 14.1637 geführt wird. Zugleich stellte sie einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.

Die Beanstandungen im streitgegenständlichen Bescheid seien rechtswidrig, weshalb das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege.

So enthielten die Fleischspieße keine nicht zugelassenen Zusatzstoffe. Das Zusatzstoffrecht sei durch die VO (EG) Nr. 1333/2008 geregelt. Der aktuelle Anhang II dieser Verordnung differenziere bei der Zulassung von Zusatzstoffen bei Fleisch zwischen unbehandeltem Fleisch, Fleischzubereitungen und Fleischerzeugnissen. Bezüglich der beanstandeten Zusatzstoffe sei festzustellen, dass der Zusatzstoff E 460 (Cellulose) in Anhang II Teil C als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet sei und nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden dürfe. Ein marinierter Fleischdrehspieß sei jedoch behandelt.

Die Zusatzstoffe E 450 und E 451 (Phosphate) seien nach der VO (EU) Nr. 601/2014, welche den Anhang II der VO (EG) Nr. 1333/2008 im Juni 2014 geändert habe, für Fleischerzeugnisse zugelassen. Ein Verbot der Zusatzstoffe bestehe lediglich bei den meisten Fleischzubereitungen. Bei den Spießen der Antragstellerin handele es sich aber um Fleischerzeugnisse, was sich aus einem Gutachten des Labors ... vom 8.9.2014 ergebe. Werde danach ein Fleischspieß so hergestellt, dass Lebensmittel, Salz, Gewürze und Zusatzstoffe mit Wasser zu einer „Lake“ (Marinade) aufbereitet werden, welche durch Indizieren oder Tumbeln im Fleisch gleichmäßig verteilt werde, so werde das Fleisch vollständig durchmariniert. Ein solches Erzeugnis zähle zu den Fleischerzeugnissen, da Marinieren als Teil der Verarbeitung definiert sei und dieser Vorgang zu einer Denaturierung der Eiweiße in den Muskelfasern führe, wodurch sich die interne Muskelfaserstruktur ändere und die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr zu erkennen seien.

Selbst wenn man jedoch die Drehspieße als Fleischzubereitung ansehen wolle, liege kein Verstoß gegen das Zusatzstoffrecht vor. Es gelte nämlich der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008. Danach dürfe ein Zusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten seien, wenn der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen sei. Vorliegend sei zu bedenken, dass die fraglichen Zusatzstoffe in Würzen/Würzmitteln bzw. in Soßen zugelassen seien, weshalb sie auch im Endprodukt (Fleischspieß) enthalten sein dürften.

Ferner sei auch die Kennzeichnung der Drehspieße nicht zu beanstanden. Die Verkehrsbezeichnung laute tatsächlich „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die Bezeichnung „Berlin Döner“ sei lediglich eine Fantasiebezeichnung. Die Verkehrsbezeichnung werde für die Zusammensetzung im Übrigen durch das Zutatenverzeichnis ergänzt. Auch durch die Verwendung der Bezeichnung „Berlin Döner“ könne es nicht zu einer Verwechslung mit „Döner Kebab“ kommen, weil ja eine Erläuterung durch die Verkehrsbezeichnung erfolge. Eine gegebenenfalls bestehende konkrete Erwartung an einen Döner Kebab werde durch diese Verkehrsbezeichnung zerstört. Die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ sei für das Produkt in seiner Zusammensetzung auch die zutreffende Verkehrsbezeichnung. Ein Verbraucher oder ein Gastwirt, der einen „Döner Kebab“ erwerben wolle und dessen Zusammensetzung erwarte, werde dann auch einen als „Döner Kebab“ bezeichneten Spieß erwerben. Dieser Verbraucher werde nicht zu einem als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichneten Erzeugnis greifen, weil dieser Artikel bereits von seiner Bezeichnung her kein „Döner Kebab“ sei. Der durchschnittlich informierte Verbraucher werde beim Produkt der Antragstellerin keinen „Döner Kebab“ erwarten. Die Zusammensetzung des Produkts im Einzelnen ergebe sich im Übrigen aus der Zutatenliste. Hinzu komme, dass die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches als Instrument zur Ermittlung der maßgeblichen Verkehrsauffassung zunehmend in Frage gestellt würden. Der normale Durchschnittsverbraucher werde im Regelfall keine genauen Vorstellungen über die konkrete Zusammensetzung eines Produkts haben, weshalb er keine Verbrauchererwartung entwickeln könne, die bei der Verwendung einer vom Lebensmittelbuch abweichenden Rezeptur enttäuscht werden könne. Im Übrigen gelte die Beschränkung der Zutaten auf Salz, Gewürze und gegebenenfalls Eier, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches nur für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellten „Döner Kebab(p)“ und nicht auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“.

Selbst wenn man jedoch von einer Fehlbezeichnung des Produkts ausgehen wolle, habe das Landratsamt jedenfalls kein Verbot des In-Verkehr-Bringens anordnen dürfen. Etwaige Mängel könnten vielmehr durch eine Änderung der Kennzeichnung behoben werden.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Ziffern I.1., I.3. sowie III. des Bescheides des Antragsgegners vom 5.9.2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auch wenn im Falle der beanstandeten Zusatzstoffe keine akute Gesundheitsgefährdung bestanden habe, so seien für die EU bei dem Verbot dieser Zusatzstoffe in Fleischzubereitungen auch gesundheitliche Aspekte maßgeblich gewesen. Das In-Verkehr-Bringen der produzierten Drehspieße sei in erster Linie aufgrund des Nachweises nicht zugelassener Zusatzstoffe untersagt worden. Dieser Verstoß könne durch eine neue Kennzeichnung nicht geheilt werden. Aus einer fachlichen Bewertung des LGL vom 2.10.2014 zu den Ausführungen des Labors ... ergebe sich, dass es sich bei den fraglichen Drehspießen um „Fleischzubereitungen“ im Sinne der Kategorie 8.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 handele. Die fraglichen Zusatzstoffe seien somit nicht zugelassen.

Für E 460 (Cellulose) würde beim streitgegenständlichen Produkt zwar das „Carry-Over-Prinzip“ gelten, falls Cellulose ein Teil der verwendeten Würzmischung wäre. Allerdings werde im Falle der Antragstellerin die Cellulose direkt zugesetzt, um die Wasserbindungsfähigkeit der Drehspieße zu erhöhen. Phosphate seien dagegen auch in Würzmischungen nicht zugelassen.

Ferner verweist der Antragsgegner darauf, dass die Antragstellerin seit dem 24.4.2013 die Zulassung als Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und als Herstellungsbetrieb von Fleischzubereitungen aus Geflügelfleisch und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab-Art) besitzt, nicht aber für Fleischerzeugnisse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Hauptsacheverfahren (RN 5 K 14.1637) und im Eilrechtsschutzverfahren sowie auf die Akten des Landratsamtes ..., die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg, weil die sofort vollziehbaren Anordnungen unter den Ziffern I.1, I.3. und III. des angegriffenen Bescheides aller Voraussicht nach rechtmäßig sind.

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat, wie dies bezüglich der Ziffern I.1 und I.3. des streitgegenständlichen Bescheides geschehen ist. Gleiches gilt, wenn sich der Rechtsbehelf gegen eine kraft Gesetzes sofort vollziehbare Maßnahme richtet, was bei der Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheides der Fall ist. Insoweit handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung, die nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Art. 21a VwZVG sofort vollziehbar ist. Im Falle der behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs kann das Gericht die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen wiederherstellen und im Falle des kraft Gesetzes bestehenden Sofortvollzugs kann es diese anordnen.

Bei seiner Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene, originäre Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei eine Interessenabwägung vorzunehmen, im Rahmen derer die Interessen der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kommt den Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine besondere Bedeutung zu, soweit diese im Rahmen der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung bereits beurteilt werden können.

1. Ist der Sofortvollzug behördlicherseits angeordnet worden - wie hier für die Ziffern I.1. und I.3. - muss das Gericht zunächst prüfen, ob die behördliche Begründung dieser Anordnung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Danach hat die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht hat eine Warn- und Unterrichtungsfunktion. Die Begründung soll nachvollziehbar machen, warum nach Auffassung der Behörde mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes nicht bis zu seiner Bestandskraft bzw. bis zu dem Zeitpunkt zugewartet werden kann, in dem der Verwaltungsakt gemäß § 80b Abs. 1 VwGO kraft Gesetzes vollziehbar wird. Ferner soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter von Entscheidungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse im Raum steht, welches es rechtfertigt, das Prinzip der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen zu durchbrechen (vgl. nur: Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 84 ff.). Insoweit ist jedoch auch anerkannt, dass bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen können (Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 85). In solchen Fällen ist es nicht zwingend geboten, eine ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Begründung zu geben. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung des Sofortvollzugs aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH vom 27.10.2005, Az. 11 CS 05.1967 und vom 4.1.2006, Az. 11 CS 05.1878 ).

Die vom Antragsgegner gegebene Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs ist zwar knapp, nach den eben dargestellten Maßgaben jedoch ausreichend. Das Landratsamt hat dargestellt, dass die betroffenen Verbraucher vor Irreführungen zu schützen seien und dass die Anordnungen auch aus Gründen des vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit erfolgt seien und die Interessen der Antragstellerin hinter diesen Belangen zurücktreten müssten.

2. Rechtsgrundlage für die Anordnungen unter Ziffern I.1. und I.3. ist Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004. Die vom Antragsgegner darüber hinaus zitierte Vorschrift des § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 LFGB ist nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 882/2004 gilt wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unmittelbar und verdrängt die nationale Vorschrift des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 mit ausführlicher Begründung; Streinz in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, B Einführung, Rn. 38b).

§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind im Übrigen ähnlich aufgebaut. Sie bestehen aus einer Generalklausel und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen. Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen im vorliegend gegebenen Anwendungsfall relevante Unterschiede auf (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 ).

Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 setzt zunächst voraus, dass die zuständige Behörde einen Verstoß (gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften) feststellt. Ist dies der Fall, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. In Art. 54 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind sodann beispielartig Maßnahmen aufgelistet, die getroffen werden können. Hier wird ersichtlich, dass der Behörde kein Entschließungsermessen zusteht. Stellt sie einen Verstoß fest, so muss sie einschreiten. Nur hinsichtlich der im Einzelfall konkret zu treffenden Maßnahmen kann die Behörde unter verschiedenen möglichen Maßnahmen auswählen, wobei sie insoweit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen muss (vgl. dazu unten 2. b)).

a) Die von der Antragstellerin vertriebenen Fleischdrehspieße verstoßen in mehrerlei Hinsicht gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften, weshalb ein Einschreiten des Antragsgegners geboten war. Im Einzelnen:

aa) Zutreffend hat der Antragsgegner unter Bezugnahme auf das Gutachten des LGL vom 26.8.2014 die sich auf dem Etikett befindliche Zutatenliste beanstandet.

Die streitgegenständlichen Drehspieße sind unstreitig in Fertigpackungen im Sinne des § 6 Abs. 1 des Eichgesetzes (EichG) verpackt. Sie sind darüber hinaus bestimmt, an eine dem Verbraucher gleichgestellte Einrichtung - nämlich an Gaststätten, Imbisse etc. - abgegeben zu werden, weshalb die Kennzeichnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 LMKV den Anforderungen der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung genügen muss.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 LMKV i. V. m. § 6 Abs. 1 LMKV ist ein Zutatenverzeichnis anzugeben, das aus einer Aufzählung der Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels besteht. Abweichend hiervon sind gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 LMKV zugefügtes Wasser und flüchtige Zutaten nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils am Enderzeugnis anzugeben, wobei der Anteil des zugefügten Wassers durch Abzug der Summe der Gewichtsanteile aller anderen verwendeten Zutaten von der Gesamtmenge des Enderzeugnisse ermittelt wird; die Angabe kann entfallen, sofern der errechnete Anteil nicht mehr als 5 Gewichtshundertteile beträgt.

Aufgrund der Analyse des eingesandten Drehspießes hat das LGL einen Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt. Gleichwohl wird die Zutat Wasser in der Zutatenliste an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Zutreffend hat das LGL festgestellt, dass Wasser nach den obigen Vorgaben mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten ist.

bb) Gemäß § 6 Abs. 2 LMKV kann eine zusammengesetzte Zutat im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils im Zutatenverzeichnis angegeben werden, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich ist und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folgt. Diesbezüglich haben die Untersuchungen des LGL ergeben, dass in der Zutatenliste zwar die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt ist. Dahinter werden in Klammern lediglich die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ angegeben. Die weiterhin im Würzmittel vorhandenen Zutaten „Geschmacksverstärker E 621“ sowie andere Zutaten, die nach der Artikelspezifikation des Würzmittelherstellers vom 8.11.2012 vorhanden sind, finden sich in der Zutatenliste nicht. Insoweit ist das Zutatenverzeichnis unvollständig.

cc) Schließlich hat das LGL zutreffend beanstandet, dass hinsichtlich der Zutat „Fleisch“ die Mengenkennzeichnung fehlt. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 Abs. 1, 4 LMKV ist die Menge einer bei der Herstellung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendeten Zutat unter anderem dann anzugeben, wenn die Bezeichnung der Zutat in der Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels angegeben ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 LMKV) bzw. wenn die Verkehrsbezeichnung darauf hindeutet, dass das Lebensmittel die Zutat enthält (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 LMKV). Gleiches gilt nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 LMKV, wenn die Zutat auf dem Etikett durch Worte, Bilder oder eine grafische Darstellung hervorgehoben ist. Nachdem das streitgegenständliche Produkt als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet wird, ist es somit geboten, die Menge des Fleischanteils nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 LMKV anzugeben, was bei dem beanstandeten Spieß nicht der Fall war.

dd) Nach Auffassung des entscheidenden Gerichts sind darüber hinaus die auf dem Etikett angebrachten Bezeichnungen „Berlin Döner“ und „Hähnchen-Puten Drehspieß“ zu beanstanden.

 Insoweit ist der Antragstellerin zwar zuzugeben, dass die Bezeichnung „Berlin Döner“ nicht als Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV angesehen werden kann. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV ist die Angabe einer Verkehrsbezeichnung zwingende Voraussetzung beim gewerbsmäßigen In-Verkehr-Bringen eines Lebensmittels. Nach § 4 Abs. 1 LMKV ist die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels die in Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung, bei deren Fehlen die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung (Nr. 1) oder eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung (Nr. 2), die es dem Verbraucher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Das Gericht geht zwar davon, dass sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ eine allgemeine Verkehrsauffassung besteht, was sich schon daraus ergibt, dass diese Lebensmittel in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben sind (vgl. dort Teil II Nr. 2.511.7). Die dort genannten Bezeichnungen werden aber von der Antragstellerin gerade nicht verwendet. Sie benutzt nur einen Teil dieser Bezeichnungen (Döner) und bringt ihre Fleischspieße als „Berlin Döner“ in den Verkehr. Ein Produkt mit dieser Bezeichnung ist in den Leitsätzen nicht beschrieben. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass es eine allgemeine Verkehrsauffassung für ein so bezeichnetes Lebensmittel geben könnte, weshalb es sich um eine Fantasiebezeichnung handelt, die allerdings eine irreführende Assoziation zu „Döner Kebab(p)“ herstellt (vgl. dazu den übernächsten Gliederungspunkt).

- Die Verkehrsbezeichnung kann somit ausschließlich in der Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ gesehen werden. Insoweit handelt es sich um eine Beschreibung des Lebensmittels, die jedoch den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV nicht genügt. Die amtliche Begründung zu § 4 LMKV (BR-Drucks. 418/81) nennt zwei Anforderungen, denen eine beschreibende Verkehrsbezeichnung genügen muss. Es müssen einerseits die wertbestimmenden oder geschmackgebenden Bestandteile angegeben werden sowie andererseits die Merkmale, durch die sich das Lebensmittel von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheidet. Bei den Erzeugnissen der Antragstellerin werden jedoch maßgebliche wertbestimmende Bestandteile nicht angegeben. Da das hier zu beurteilende Lebensmittel ferner kein „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist, aufgrund der äußeren Erscheinung (Fleischdrehspieß) jedoch mit einem solchen Erzeugnis verwechselt werden kann, ist es darüber hinaus erforderlich, in der Verkehrsbezeichnung anzugeben, wie sich das streitgegenständliche Lebensmittel von einem „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ unterscheidet.

Die übliche Zusammensetzung eines „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist im Teil II Nr. 2.511.7 der Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs beschrieben. Ausgangsmaterial ist danach grob entsehntes Geflügelfleisch, welches in dünnen Fleischscheiben auf Drehspieße aufgesteckt wird. Außer Salz und Gewürzen sowie gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt enthält das Produkt keine weiteren Zutaten. Im Gegensatz zu „Döner Kebab(p)“, der aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellt wird, darf bei „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ kein wie Hackfleisch zerkleinertes Fleisch eingesetzt werden. Der maximale Hautanteil beträgt 18%. Die Begrenzung auf die eben aufgeführten Zutaten wie Salz und Gewürze etc. gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des Leitsatzes sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Dass nur diese Zutaten eingesetzt werden dürfen, findet sich im Leitsatz unter dem Gliederungspunkt „besondere Merkmale“. Diese Merkmale beschreiben sowohl aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ als auch „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Der Argumentation der Antragstellerin, wonach die Beschränkung auf die genannten Zutaten ausschließlich für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ gilt, findet im Leitsatz keine Grundlage, weshalb die Kammer ihr nicht zu folgen vermag.

Schließlich hat die Kammer auch keine Zweifel, dass die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission im Hinblick auf Döner-Kebab(p)-Erzeugnisse die Verkehrsauffassung zutreffend wiedergeben. Das Deutsche Lebensmittelbuch ist eine Sammlung von Leitsätzen, in denen Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden (§ 15 Abs. 1 LFGB). Die Leitsätze werden von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission unter Berücksichtigung des von der Bundesregierung anerkannten internationalen Lebensmittelstandards beschlossen (§ 15 Abs. 2 LFGB) und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veröffentlicht (§ 15 Abs. 3 LFGB). Die Leitsätze sind zwar keine Rechtsnormen und daher nicht rechtsverbindlich. Sie dürfen aber aufgrund der ihnen kraft § 15 LFGB zukommenden Legitimation bei der Bestimmung der Beschaffenheitsmerkmale eines Lebensmittels als Auslegungshilfe zugrunde gelegt werden (BverwG vom 27.9.2012, NVwZ-RR 2013, 141; BayVGH vom 13.3.2013, Az. 9 B 09.2135 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 15 LFGB Rn. 21 ff.). Sie begründen als „Sachverständigengutachten von besonderer Qualität“ eine Vermutung, was der Verbraucher von einem nach Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmalen in den Leitsätzen beschriebenen Lebensmittel erwartet, wobei diese Vermutungswirkung im Einzelfall widerlegt werden kann. Gegen die Richtigkeit der Leitsätze kann somit ein Gegenbeweis geführt werden (BverwG vom 10.12.1987, Az. 3 C 18/87 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 13 LFGB, Rn. 30).

Vorliegend hat die Antragstellerin die Bedeutung der Leitsätze für die Feststellung der Verkehrsauffassung nur ganz allgemein angezweifelt. Ein substantiierter Vortrag, aus dem sich ergibt, warum das Deutsche Lebensmittelbuch die für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ bestehende Verkehrsauffassung nicht korrekt wiedergeben soll, fehlt dagegen. Da darüber hinaus auch für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, aufgrund derer die „Richtigkeit“ der im Deutschen Lebensmittelbuch enthaltenen Charakterisierung der fraglichen Erzeugnisse angezweifelt werden könnte, ist die eben beschriebene Vermutungswirkung der Leitsätze nicht erschüttert.

Es mag zwar sein, dass viele Verbraucher keine detaillierten Vorstellungen über die Zusammensetzung von „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ in allen Einzelheiten haben, wie dies die Antragstellerin ausführt. Der Verbraucher wird andererseits jedoch in jedem Fall erwarten dürfen, dass so bezeichnete Produkte die in den Fachkreisen - also im Kreis der redlichen Hersteller derartiger Produkte - als üblich angesehene Beschaffenheit aufweisen (hypothetische Verbrauchererwartung), die wiederum in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben ist (vgl. dazu OVG Lüneburg vom 19.1.1993, 10 L 136/89 ).

Die von der Antragstellerin hergestellten Fleischdrehspieße widersprechen den in den Leitsätzen beschriebenen Anforderungen, da sie neben den dort aufgeführten Bestandteilen weitere (zum Teil wertgebende) Bestandteile enthalten. Insbesondere weisen sie einen hohen Wasseranteil auf und sie enthalten pflanzliches Eiweiß und pflanzliche Fasern. Da es sich insoweit ersichtlich auch um wertbestimmende Bestandteile handelt, ist es unumgänglich, auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung hinzuweisen. Da dies nicht geschehen ist, ist die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ unzureichend, weshalb die Erzeugnisse mit der bestehenden Kennzeichnung nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV.

- Hinzu kommt - worauf das LGL in seinem Gutachten zutreffend hingewiesen hat -, dass die Fantasiebezeichnung „Berlin Döner“ eine Irreführung der Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB bewirkt. Nach dieser Vorschrift ist es unter anderem verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt danach insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden. So liegt der Fall nach den oben gemachten Ausführungen hier; denn die schon aufgrund ihrer äußeren Form mit „echtem“ Döner Kebab verwechselbare Erzeugnisse vermitteln aufgrund der verwendeten Bezeichnung „Berlin Döner“ den Eindruck, dass die Spieße die Merkmale eines „Döner Kebab(p)“ aufweisen oder diesem zumindest sehr ähnlich sind. Dies gilt zumal deshalb, weil „Döner Kebab(p)“ umgangssprachlich auch nur als „Döner“ bezeichnet wird. Diese Verbrauchertäuschung wird auch durch die verwendete (unvollständige) Verkehrsbezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ nicht ausgeschlossen. Dabei kann hier dahinstehen, ob die durch die Bezeichnung „Berlin Döner“ hervorgerufene Täuschung überhaupt durch eine im Rahmen der Kennzeichnung vorgenommene Kenntlichmachung der Abweichung des Produkts von „echtem“ Döner Kebab vermieden werden kann. Da für die Abnehmer der Fleischdrehspieße in der hier konkret zu beurteilenden Aufmachung jedenfalls nicht erkennbar ist, dass den Erzeugnissen Wasser in nicht unerheblichen Mengen sowie pflanzliche Bestandteile hinzugefügt worden sind, liegt es auf der Hand, dass die Aufmachung geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise in die Irre zu führen. Die konkrete Kennzeichnung zielt ersichtlich darauf ab, bei den Abnehmern die Vorstellung zu erzeugen, die Fleischdrehspieße würden der für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ üblichen Rezeptur entsprechen, obwohl Zutaten verwendet worden sind, die das Produkt im Vergleich zum „Original“ qualitativ minderwertiger machen.

ee) Nicht nur die dargestellten Kennzeichnungsmängel führen dazu, dass die streitgegenständlichen Drehspieße nicht verkehrsfähig sind. Die Spieße enthalten auch die für Fleischzubereitungen nicht zugelassenen Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat), weshalb auch ein Verkehrsverbot nach Art. 5 der VO (EG) 1333/2008 besteht.

Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der VO (EG) Nr. 1333/2008 vom 16.12.2008 geregelt, die am 20.1.2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt, in Lebensmitteln verwendet werden. Steht die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden. Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11.11.2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt er ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4.6.2014 mit Wirkung vom 25.6.2014 geändert. Vor diesem Zeitpunkt wurde die Kategorie 08 (Fleisch) in die Unterkategorien 08.1 (nicht verarbeitetes Fleisch) und die Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) eingeteilt. Innerhalb der Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) fand eine weitere Untergliederung in nicht wärmebehandeltes verarbeitetes Fleisch (08.2.1), wärmebehandeltes Fleisch (08.2.2) sowie weitere Kategorien statt. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden (vgl. Erwägungsgrund 5 der VO (EU) Nr. 601/2014). Seit dem 25.6.2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorien 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse). Die Unterkategorie „Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004“ gibt es somit bereits seit dem 1.6.2013, wobei sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage in dieser Kategorie weder die Verwendung von Cellulose (E 460) noch von Phosphaten (E 450, E 451) zulässig ist. Phosphate waren nach alter Rechtslage bei Fleischzubereitungen nur bei „Breakfast sausages“ zugelassen (Anhang II Teil E Kategorie 8.1.2 zur VO (EG) Nr. 1333/2008 in der vor dem 25.6.2014 geltenden Fassung). Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Verwendung von Phosphaten bei weiteren Fleischzubereitungen zugelassen, wie z. B. „Kasseler“ und „Bräte“. Die Verwendung von E 460 (Cellulose) war weder nach alter noch nach neuer Rechtslage in Fleischzubereitungen zulässig.

Insbesondere trifft es nicht zu - wie die Antragstellerin meint - dass Cellulose in Anhang II Teil C für die Verwendung bei allen Lebensmitteln allgemein zugelassen ist. Teil C des Anhangs II enthält lediglich eine Einteilung der Zusatzstoffe in verschiedene Gruppen. Innerhalb bestimmter Lebensmittelkategorien ist dann in Teil E des Anhangs II bestimmt, dass bestimmte Zusatzstoffgruppen verwendet werden dürfen. Bei Cellulose handelt es sich um einen Zusatzstoff der Gruppe I. Diese Gruppe ist sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage nicht bei Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 zugelassen. Sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage darf Cellulose nur bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch benutzt werden, das nach der nunmehr geltenden Einteilung zu den Fleischerzeugnissen zählt. Ferner ist bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage die Verwendung von Phosphaten (E 450, E 451) zugelassen.

Nach alledem kommt es entscheidend darauf an, ob die von der Antragstellerin produzierten Lebensmittel Fleischzubereitungen oder Fleischerzeugnisse im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 sind.

Nach Nr. 1.15 des Anhangs I zu dieser Verordnung versteht man unter „Fleischzubereitungen“ frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen.

Unter „Fleischerzeugnissen“ versteht man dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I zur VO (EG) Nr. 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind.

Entscheidend für die Abgrenzung ist somit die Frage, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Nach Auffassung der entscheidenden Kammer handelt es sich bei den streitgegenständlichen Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen, die im Wesentlichen auch das LGL in seinem Schreiben vom 2.10.2014 zutreffend angestellt hat:

- Bei der VO (EG) Nr. 853/2004 handelt es sich um eine Hygieneverordnung. Bei der Abgrenzung von Fleischzubereitungen zu Fleischerzeugnissen steht somit die mikrobiologische Stabilität des Lebensmittels im Vordergrund. Dementsprechend unterscheiden sich beispielsweise auch die Temperaturanforderungen hinsichtlich der Lagertemperaturen von Fleischerzeugnissen und Fleischzubereitungen (vgl. einerseits die im Abschnitt V des Anhangs III der VO (EG) Nr. 853/2004 geregelten Hygieneanforderungen für Fleischzubereitungen und andererseits die im Abschnitt VI dieses Anhangs geregelten Anforderungen für Fleischerzeugnisse).

In mikrobiologischer Hinsicht hat das LGL im zitierten Schreiben nachvollziehbar ausgeführt, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet sei, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake auf Wasser und/oder Ölbasis. Anders als vom Labor ... dargestellt, werde durch das „Tumbeln“ die Muskeloberfläche vergrößert, was ebenso wie die Verwendung von Gewürzen eine eher verringerte mikrobiologische Stabilität zur Folge habe. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch Tumbeln und Einspritzen von Würzlake, würden nicht ausreichen, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt würden.

Im Übrigen sind die Beteiligten in der Vergangenheit selbst übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei den Fleischspießen um Fleischzubereitungen handelt. Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung wurde nämlich seitens des Landratsamtes für die Lagerung der Fleischspieße stets eine Kerntemperatur von -18 Grad Celsius gefordert. Von der Antragstellerin wurde diese Anforderung zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen. Eine solche Kerntemperatur wird nach dem Anhang III Abschnitt V Kap. III Nr. 2 Buchst. c), ii) der VO (EG) Nr. 853/2004 für Fleischzubereitungen gefordert, die unmittelbar nach der Herstellung zu umhüllen und zu verpacken sind.

- Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18.12.2013. Nach diesem in englischer Sprache verfassten Dokument gehört auch das Erzeugnis „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Nach diesem Dokument wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist, und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch „Döner Spieße“ und „Drehspieße“, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen, und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden.

- Schließlich wird die Zuordnung der Fleischdrehspieße zu den „Fleischzubereitungen“ dadurch gestützt, dass für Produkte wie „Bräte“ und „Kasseler“ innerhalb der Kategorie „Fleischzubereitungen des Anhangs II der VO (EG) Nr. 1333/2008 in der seit dem 25.6.2014 geltenden Fassung nunmehr explizit Phosphatderivate (E 338 bis E 452) zugelassen worden sind. Hier wird ersichtlich, dass der europäische Verordnungsgeber diese Erzeugnisse als „Fleischzubereitungen“ ansieht. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL im Schreiben vom 2.10.2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kasseler wird unter Verwendung von Pökelsalz (Salz, Natriumnitrit) und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch eingebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das „Tumbeln“ als ein „vollständiges Durchmarinieren“ bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Döner Kebab und Drehspießen wird Kasseler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

- Zuletzt ist festzustellen, dass der Betrieb der Antragstellerin von der Regierung von Niederbayern eine Zulassung als „Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen aus Geflügel- und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab Art)“ erhalten hat (Zulassungs-Nr. BY 2. lt. Zulassungsbescheid der Regierung von N. vom 24.4.2013, Gz. 55.2-...). Auch hieraus ergibt sich, dass die von der Antragstellerin produzierten Fleischspieße auch von ihr selbst als Fleischzubereitungen angesehen worden sind. Die Produktion wäre nämlich von der Zulassung überhaupt nicht gedeckt, wenn es sich hierbei um Fleischerzeugnisse handeln würde. Nachdem die Zulassung einen Antrag des Unternehmers voraussetzt, muss davon ausgegangen werden, dass auch die Antragstellerin selbst stets davon ausgegangen ist, dass es sich bei den Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen handelt. Andernfalls würde die Zulassung als Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen keinen Sinn machen.

Schließlich kann das Vorhandensein der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 in den Fleischdrehspießen nicht durch den Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008 gerechtfertigt werden. Danach darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Die Argumentation der Antragstellerin geht dahin, dass die streitgegenständlichen Fleischdrehspieße mit Würzmitteln und Soßen mariniert würden, welche die fraglichen Zusatzstoffe enthalten dürfen. Dementsprechend seien sie auch im Endprodukt zulässig. Dem ist jedoch wie folgt entgegen zu treten:

In „Würzmitteln“ (Teil E Kategorie 12.2.2 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Cellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate sind hier allerdings nicht zugelassen. Bei „Soßen“ (Teil E Kategorie 12.6 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) sind sowohl Cellulose als auch Phosphate zugelassen.

Bei der Herstellung der streitgegenständlichen Fleischspieße werden allerdings keine „Soßen“ in diesem Sinne verwendet. Nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18.12.2013 ist nämlich die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“. Unter die Kategorie 12.6. (Soßen) fallen demnach nur solche Soßen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen werden bei der Herstellung der streitgegenständlichen Lebensmittel jedoch nicht verwendet, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) fällt.

Darüber hinaus findet auch eine Migration von Cellulose über die eingesetzte Würzlake nicht statt, da im konkreten Fall derartige Bestandteile in der von der Antragstellerin bezogenen und für die Würzlake verwendete Würzmischung nicht enthalten sind. Die Cellulose wird seitens der Antragstellerin vielmehr gesondert zugesetzt.

ff) Ob daneben auch die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“ als Einsatz eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes angesehen werden muss, kann hier offen bleiben. Das LGL hat diesbezüglich in seinem Gutachten empfohlen, die Rezeptur der Fleischdrehspieße zu überprüfen, da es sich bei dem Stoff nur dann um einen (nicht zugelassenen) Zusatzstoff handele, wenn er nicht als Ballaststoff eingesetzt werde. Für das Gericht spricht einiges dafür, dass dieser Stoff ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt wird und nicht, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern. Dem braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil sich ein (absolutes) Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischdrehspieße bereits aufgrund des Einsatzes der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 ergibt (vgl. 2 a) ee)).

Nach alledem weisen die vom Antragsgegner beanstandeten Fleischspieße eine Reihe lebensmittelrechtlicher Verstöße auf, die dazu führen, dass die Spieße nicht verkehrsfähig sind.

b) Dementsprechend musste der Antragsgegner gemäß Art. 54 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Antragstellerin Abhilfe schafft. Dem Antragsgegner stand somit ein Auswahlermessen zu, welche von verschiedenen zulässigen Maßnahmen er trifft, wobei der Antragsgegner hier das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) 882/2004 in unterschiedlicher Ausprägung untersagt hat.

aa) In Ziffer I.1. des angegriffenen Bescheides hat das Landratsamt ein generelles In-Verkehrbringungs-Verbot von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr angeordnet, und zwar solange, bis eine Freigabe durch das Landratsamt erfolgt (Ziffer I.2.). Diese Maßnahme ist trotz des angeordneten Freigabeerfordernisses verhältnismäßig. Die Anforderung mag auf den ersten Blick eine nicht zwingend erforderliche Einschränkung der Antragstellerin darstellen; denn es wäre grundsätzlich auch möglich gewesen, nur ein Verkehrsverbot für Produkte auszusprechen, die so aufgemacht und zusammengesetzt sind, wie der vom LGL untersuchte Fleischdrehspieß. Dadurch wäre jedoch nicht sichergestellt worden, dass die Antragstellerin künftig nur noch rechtskonforme Produkte herstellt und in den Verkehr bringt. Gerade im Hinblick auf die komplexe Rechtslage und unter Berücksichtigung der Vielzahl der vorhandenen lebensmittelrechtlichen Verstöße ist das Freigabeerfordernis nicht zu beanstanden. Es liegt im Übrigen auch im berechtigten Interesse der Antragstellerin, da sie dadurch vor weiteren Vermögensschäden bewahrt wird; denn die Anordnung verhindert, dass die Antragstellerin erneut Fleischzubereitungen mit geänderter Rezeptur und Kennzeichnung produziert, von denen sich im Nachhinein herausstellt, dass diese wiederum nicht verkehrsfähig sind. Deshalb bestehen keine Bedenken gegen die Anordnung, sofern die Freigabe bei Rechtskonformität unverzüglich erfolgt. Wie sich den Akten des Antragsgegners entnehmen lässt, wurde eine Freigabe durch das Landratsamt nach mitgeteilter Rezeptur- und Kennzeichnungsänderung, die den lebensmittelrechtlichen Vorschriften aus Sicht des LGL entsprachen, auch bereits erteilt, und zwar bereits am zweiten Tag nach Mitteilung der geänderten Parameter.

bb) Das Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischspieße in Ziffer I.3. des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenso nicht zu beanstanden. Da die Erzeugnisse Zusatzstoffe enthalten, die nach der VO (EG) Nr. 1333/2008 für Fleischzubereitungen nicht zugelassen sind, besteht für diese Erzeugnisse nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008, § 6 Abs. 1 Nr. 1 a) LFGB ein Verbot des In-Verkehr-Bringens für den menschlichen Verzehr. Zwar können Behörden grundsätzlich nach § 68 LFGB Ausnahmen von lebensmittelrechtlichen Verboten zulassen, insbesondere auch zur Vermeidung unbilliger Härten, wenn die nicht rechtskonformen Lebensmittel zu verderben drohen (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB) und eine Gefahr für die menschliche Gesundheit nicht besteht (§ 68 Abs. 3 Hs. 1 LFGB). Diese Voraussetzungen mögen hier unter Umständen gegeben sein. Allerdings bestimmt § 68 Abs. 3 Hs. 2 Nr. 2 LFGB, dass eine Zulassung von Ausnahmen wegen einer unbilligen Härte nach § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB nicht möglich ist für die Verbote des § 6 LFGB (Verbot der Verwendung nicht zugelassener Zusatzstoffe). Hinzu kommt, dass das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln, die nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht verkehrsfähig sind, weil sie nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, den Straftatbestand des § 59 Abs. 2 Nr. 5 c) LFGB erfüllt. Deshalb stand dem Landratsamt als einzige zielführende Maßnahme ein uneingeschränktes Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits hergestellten Erzeugnisse zum menschlichen Verzehr zur Verfügung. Die Anordnung wiederholt im Ergebnis nur die ohnehin geltende Rechtslage.

3. Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des angegriffenen Bescheides hat ihre Rechtsgrundlage in den Art. 18, 19, 29, 30, 34 und 36 VwZVG. Im Tenor des angegriffenen Bescheides ist zwar ausgeführt, dass unmittelbarer Zwang „angeordnet“ werde. Aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Bescheides ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass es sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt. Gewollt - und für die Empfängerin des Bescheides erkennbar - war die Androhung unmittelbaren Zwangs.

4. Die Kostenentscheidung des Gerichts findet ihre Rechtsgrundlage in § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 5 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), denen die Kammer folgt. Im Hauptsacheverfahren ist danach die sich für die Antragstellerin ergebende Bedeutung der Angelegenheit maßgeblich, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dieser Wert nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges zu halbieren ist. Aus Sicht der entscheidenden Kammer richtet sich der wirtschaftliche Wert der Sache in erster Linie nach dem finanziellen Verlust, den die Antragstellerin erleidet, wenn sie die bereits produzierten Fleischdrehspieße (12 Tonnen) nicht mehr in den Verkehr bringen kann. Hinzu kommt, dass sie auch die Bezeichnung „Döner“ nicht verwenden darf, die den Erzeugnissen eine besondere Qualität zuschreibt und der somit auch ein wirtschaftlicher Wert beizumessen ist. Den dadurch eintretenden „Verlust“ für die Antragstellerin schätzt das Gericht auf 160.000,- €. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass aus den 12 Tonnen bereits produzierter Fleischdrehspieße ca. 80.000 Portionen für den Endverbraucher hergestellt werden können.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für beide Rechtszüge auf 17.801,80 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 5. September 2014 abgelehnt hat.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass Rechtsgrundlage für die in diesem Bescheid getroffenen Anordnungen unter Ziffern I.1. und I.3. Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004 ist. Danach trifft die zuständige Behörde bei einem Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Es kommt insbesondere die Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens der Lebensmittel in Betracht.

Soweit das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss verschiedene Verstöße gegen die Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) festgestellt hat, hat die Antragstellerin die Beschwerde bereits nicht hinreichend begründet. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Begründung des Verwaltungsgerichts aufgegriffen und konkret dargelegt werden, weshalb diese unrichtig sein soll (vgl. BayVGH B. v. 16.1.2003 - 1 CS 02.1922 - juris = BayVBl. 2004, 59; siehe auch Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 146 Rn. 22 bis 24). Diesen Anforderungen ist die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung nicht nachgekommen. Der Verweis auf ihre Ausführungen in der Klageschrift ist in diesem Zusammenhang nicht ansatzweise ausreichend. Nachdem die Antragstellerin aber in ihrer Beschwerdebegründung angeboten hat, durch eine neue Kennzeichnung, die wohl von dem Antragsgegner nicht beanstandet wird, die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel insoweit herzustellen, ist die Beschwerde nicht als unzulässig zu verwerfen, sondern in der Sache zu entscheiden.

Folglich kommt es nunmehr entscheidend darauf an, ob auch ein Verkehrsverbot nach Art. 5 der VO (EG) 1333/2008 besteht. Danach darf niemand einen Lebensmittelzusatzstoff oder ein Lebensmittel, in dem ein Lebensmittelzusatzstoff vorhanden ist, in Verkehr bringen, wenn die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffs nicht mit dieser Verordnung in Einklang steht. Die Fleischdrehspieße enthalten auch die für Fleischzubereitungen nicht zugelassenen Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat). Diese Zusatzstoffe sind nach Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1333/2008 i. V. m. dem Anhang II der Verordnung in Fleischzubereitungen unzulässig, wogegen sie in Fleischerzeugnissen zugelassen sind. Damit ist maßgeblich, welchen dieser Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen Drehspieße zuzuordnen sind. Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15. des Anhangs I der VO 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I zur VO (EG) Nr. 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend für die Abgrenzung ist somit, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat, die Frage, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt. Hier hat das Verwaltungsgericht, unter Bezugnahme auf das Gutachten des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 26. August 2008 die Fleischspieße mit nachvollziehbarer Begründung den Fleischzubereitungen zugeordnet. Der Beschwerdebegründung ist es nicht gelungen, diese Einschätzung glaubhaft in Frage zu stellen. Deren Einwand, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissvertreiber zerstört und es sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis handelt, verfängt nicht. Denn § 4 Abs. 1 der VO 1333/2008 stellt auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln ab. Nachdem Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung u. a. auf die Begriffsbestimmungen der VO 178/2002 verweist, ist nach deren Art. 3 Nr. 8 unter dem „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst, zu verstehen. Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist nicht ersichtlich, dass hierunter nur der Verkauf oder die Weitergabe an den Endverbraucher zu verstehen ist. Vielmehr ist bereits der erste Verkaufs- oder Weitergabevorgang bei der Abgabe der Drehspieße an die Kunden der Antragstellerin ausreichend. Soweit die Antragstellerin meint, dass auch bei Kasseler und Bräten nach dem Anhang II eine Zugabe von Phosphaten zulässig sei und es folglich den Anschein habe, als sei es vergessen worden, die streitgegenständlichen Drehspieße in die Liste aufzunehmen, so kann dieser Frage in dem auf eine summarische Prüfung ausgelegten einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht nachgegangen werden.

Weiter stellt sich das Verwaltungsgericht zu Recht auf den Standpunkt, dass sich die Antragstellerin nicht auf den sog. Migrationsgrundsatz nach Art. 18 VO 1333/2008 berufen kann. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und b erlauben unter bestimmten Voraussetzungen die Weiterverarbeitung von Zutaten mit einem zugesetzten Lebensmittelzusatzstoff zu einem zusammengesetzten Lebensmittel auch dann, wenn der Lebensmittelzusatzstoff für das zusammengesetzte Lebensmittel nicht zugelassen ist. Abs. 1 Buchst. c erlaubt den umgekehrten Fall, nämlich den Zusatz eines Lebensmittelzusatzstoffes zu einer Zutat, zu der er nicht zugelassen ist, wenn diese Zutat zu einem zusammengesetzten Lebensmittel verarbeitet wird, für das der Lebensmittelzusatzstoff zugelassen ist. Das Verwaltungsgericht führt hierzu aus: „In „Würzmitteln“ (Teil E Kategorie 12.2.2 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Cellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate sind hier allerdings nicht zugelassen. Bei „Soßen“ (Teil E Kategorie 12.6 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) sind sowohl Cellulose als auch Phosphate zugelassen. Bei der Herstellung der streitgegenständlichen Fleischspieße werden allerdings keine „Soßen“ in diesem Sinne verwendet. Nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) VO 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18.12.2013 ist nämlich die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“. Unter die Kategorie 12.6. (Soßen) fallen demnach nur solche Soßen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen werden bei der Herstellung der streitgegenständlichen Lebensmittel jedoch nicht verwendet, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) fällt. Darüber hinaus findet auch eine Migration von Cellulose über die eingesetzte Würzlake nicht statt, da im konkreten Fall derartige Bestandteile in der von der Antragstellerin bezogenen und für die Würzlake verwendete Würzmischung nicht enthalten sind. Die Cellulose wird seitens der Antragstellerin vielmehr gesondert zugesetzt.“

Diesen konkreten Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist die Antragstellerin nur mit allgemeinen Erwägungen entgegengetreten, welche eine andere Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht rechtfertigen. Im Hauptsacheverfahren kann auch geklärt werden, ob die pflanzlichen Fasern ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt wurden und nicht, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern.

Schließlich ist das Verbot des Inverkehrbringens der Nummer 3 des angefochtenen Bescheids nicht unverhältnismäßig. Geht man davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004 erfüllt sind, so sind keine gleich geeigneten Mittel von der Beschwerdeführerin vorgetragen und auch nicht ersichtlich, um den gesetzlichen Zweck des § 4 Abs. 1 1333/2008, nur in Lebensmitteln zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe in Verkehr zu bringen, zu erreichen.

Die Kostentscheidung folgt § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 1 K 14.1461

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

1. Kammer

..., als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebiets-Nr. 541

Hauptpunkte:

Feststellungsklage, Abgrenzung „Fleischzubereitung“ von „Fleischerzeugnis“ im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004; Verwendung der Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) bei der Herstellung von rohen Fleischdrehspießen; Anwendung des Migrationsgrundsatzes; Abgrenzung „Soße“ von „Würzmittel“; Gleichheitsgrundsatz;

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

wegen lebensmittelrechtlicher Anordnung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 1. Kammer, durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., der ehrenamtliche Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2015

am 14. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Es wird festgestellt, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/08 vereinbar ist.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

Die Klägerin ist Herstellerin von marinierten und gewürzten Fleischdrehspießen. Verschiedene Fleischstücke werden dabei in einem sogenannten „Tumbler“ mit einer Soße/Würzmischung zusammengegeben und mehrere Stunden gemischt. Diese Soße/Würzmischung, welche die Klägerin selbst herstellt oder auch zukauft, enthält neben Wasser, Öl und Gewürzen unter anderem auch die Zusatzstoffe Diphosphat, Triphosphat sowie Zellulose. Sie kann auch gesondert bei der Klägerin erworben werden. Nach dem Vermischen wird der Drehspieß geformt, gesteckt, tiefgefroren, verpackt und im Rohzustand an Imbissbetriebe verkauft. Dort wird der Fleischdrehspieß senkrecht stehend drehend gegrillt und das Fleisch gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher verkauft.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vertritt in einem Gutachten vom 26. August 2014 die Auffassung, dass solche Fleischdrehspieße Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 seien und die Produkte deshalb der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen seien. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 08.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) für Fleischzubereitungen nicht zugelassen.

Aufgrund dieses Gutachtens erließ das Landratsamt ... am 19. September 2014 ein Schreiben, in welchem die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sämtliche in den Betrieben der Klägerin hergestellten Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der Verordnung (EG) 853/2004 einzustufen seien. Diese seien der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß Anhang II Teil E der Verordnung (EG) 1333/2008 zuzuordnen. Deshalb dürften für die Produktion von Fleischdrehspießen keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose verwendet werden. Im Anschluss an diesen Hinweis wurde eine Verpflichtungserklärung von der Klägerin abgegeben, als Zulassungsinhaberin ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten, insbesondere keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose zu verwenden. Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneute darauf hin, dass die oben genannten Zusatzstoffe nicht verwendet werden dürften. Lebensmittel, welche die nicht zugelassenen Zusatzstoffe enthielten, seien nicht mehr verkehrsfähig und würden entsprechend gemaßregelt werden. Beide Schreiben enthielten keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 1. Oktober 2014 ließ die Klägerin gegen beide Schreiben Klage erheben. Der Bevollmächtigte der Klägerin meint, die Verfügungen seien nicht rechtmäßig, weil die Klägerin die benannten Zusatzstoffe verwenden dürfe. Die Zellulose (E 460) sei in Anhang II Teil E der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet und dürfe nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden. Bei den Produkten der Klägerin handle es sich aber nicht um unbehandeltes Fleisch. Die Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat (E 450 und E 451) seien in der Verordnung (EG) Nr. 601/2014 für Fleischerzeugnisse zugelassen. Die Fleischdrehspieße seien als Fleischerzeugnisse einzustufen. Selbst wenn man diese den Fleischzubereitungen zuordnen würde, dürften die Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 zumindest über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) Nr. 1333/2008 (sog. „carry over Grundsatz“) verwendet werden. Nach der Definition von Fleischzubereitung sei die Zugabe von Würzen bzw. Würzmitteln sowie Zusatzstoffen üblich. Dies werde speziell zu Gyros unter Nr. 08.1.2 in den Leitlinien (Guidance document describing the food categories in part E of Annex II to Regulation (EC) No. 1333/2008) ausgeführt. Würden demnach Fleischzubereitungen unter Verwendung von Würzmitteln oder Würzsoßen hergestellt, dürften diese wiederum die für die Würzmittel oder Würzsoßen zugelassenen Zusatzstoffe enthalten. Der Erwägungsgrund (18) der Verordnung (EU) Nr. 601/2014 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 erkläre den Migrationsgrundsatz gemäß Art. 18 Abs. 1 a der EU-Verordnung in Fleischzubereitungen für anwendbar. Zellulose dürfe als Zusatzstoff der Gruppe I einer Würzsoße oder einem Würzmittel zugegeben werden und könne daher ebenfalls über den Migrationsgrundsatz Bestandteil einer Fleischzubereitung werden. Dies bestätige nicht nur das Gutachten des Labors Dr. ..., sondern auch die Stellungnahme des Fachverbandes der Gewürzindustrie. Die Marinade sei eine Soße und kein Würzmittel. Nach Nr. 12.2.2 der Leitlinien würden Würzmittel zu einem Gericht gereicht („added to a meal“). Es stünde dort gerade nicht „added to a foodstuff“. Zwar bestimme die Leitlinie unter Nr. 12.6, dass unter Soßen auch sog. „ready to eat“ Soßen zu subsumieren seien, aber eben auch „concentrated products“, wie die hier verwendete Würzmischung, was sich aus dem Wortlaut „or“ ergebe. Die einschlägige Kommentierung fasse eine Marinade unter den Begriff der Soße.

Die Klägerin beantragte zunächst,

die Bescheide des Beklagten vom 19. September 2014 und vom 22. September 2014 aufzuheben.

Die Klage wurde am 24. November 2014 umgestellt.

Die Klägerin beantragt zuletzt festzustellen,

dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand nicht gegen die Verordnung (EG) 1333/2008 verstößt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es handle sich dann um eine Fleischzubereitung, wenn nur Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben werden oder das Lebensmittel einem Verfahren unterzogen werde, das nicht ausreiche, die innere Muskelstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale des frischen Fleisches zu beseitigen. Sofern ein Herstellungsverfahren sicherstelle, dass die innere Muskelstruktur des Fleisches verändert werde und die Merkmale des frischen Fleisches nicht mehr erfüllt werden, liege ein Fleischerzeugnis nach Anhang I Nr. 7.1 VO (EG) NR. 853/2004 vor. Unter Berufung auf das Gutachten des LGL vom 26. August 2014 gehe der Beklagte davon aus, dass die Fleischdrehspieße als Lebensmittelzubereitung i. S. d. Anhangs I Nr. 1.15 VO (EG) 853/2004 einzustufen seien. Für Fleischzubereitungen seien diese Zusatzstoffe nicht zugelassen. Selbst wenn es ein Fleischerzeugnis sei, müsse eine Erweiterung der EU-Zulassung beantragt werden. Die verwendete Marinade sei ferner keine Soße i. S. d. Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, weshalb die Zusatzstoffe auch nicht über den Migrationsgrundsatz zugelassen werden könnten. Würzmittel würden während des Zubereitungsvorganges hinzugegeben, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher.

Die Klägerin erwiderte, dass sie auch eine Zulassung für Fleischerzeugnisse habe. Der Drehspieß sei zum Verzehr bestimmt. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher sei er durchgegart, weshalb ein Fleischerzeugnis vorliege. Dies bedeute, dass Imbissbetreiber, die in ihrem Betrieb einen Drehspieß herstellten, die in Frage stehenden Zusatzstoffe einsetzen dürften. Dieser Unterschied sei nicht nachvollziehbar, wenn man darauf abstelle, dass der Dönerspieß dafür gemacht sei, nicht roh verzehrt, sondern durchgegart an den Endverbraucher abgegeben zu werden. Für Bräte und Kassler seien die Zusatzstoffe ausdrücklich zugelassen. Warum der Drehspieß nicht aufgeführt sei, sei nicht nachvollziehbar und systemwidrig. Wenn schon in einem Brät (Leberkäse), das dazu bestimmt sei, roh an den Endverbraucher abgegeben zu werden, Phosphate eingesetzt werden dürften, dann sei erst recht der Einsatz von Phosphaten in Lebensmitteln zulässig, die dazu bestimmt seien, durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Die Argumentation, es ginge um gesundheitliche Belange, sei deshalb gekünstelt. Der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 finde Anwendung, weil die Phosphate und die Zellulose für Soßen zugelassen seien. Daneben bestehe die Möglichkeit des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Danach dürfe ein Lebensmittelzusatzstoff in einem Lebensmittel enthalten sein, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet werde, sofern letzteres dieser Verordnung genüge. Sofern Würzmittel und Soßen ausdrücklich für die Zubereitung von Drehspießen bestimmt seien, dürfe dieses Präparat auch alle Zusatzstoffe enthalten, die für die Zubereitung des zusammengesetzten Lebensmittels (gegarter Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei) zugelassen seien. Der Einsatz der Soßen und Würzmittel erfolge, um einen gegarten Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei, herzustellen. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt ... (CVUA) gehe davon aus, dass zur Herstellung von Fleischdrehspießen unter dem Aspekt des „reverse carry over“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Zusatzstoffe verwendet werden dürften, die für die Herstellung von Fleischerzeugnissen zulässig seien. Da in einem Fleischerzeugnis die streitgegenständlichen Zusatzstoffe zugelassen seien, die Zweckbestimmung des Halbfertigprodukts „roher Drehspieß“ aber gerade das Durchgaren voraussetze, um ihn verzehren zu können, müsse bei dem Halbfertigprodukt, das zwar eine Fleischzubereitung darstelle, der Einsatz der streitgegenständlichen Zusatzstoffe auch zulässig sein (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Das Halbfertigprodukt sei nur ein Zwischenprodukt, das gar nicht für den unzubereiteten Verzehr gedacht sei.

Das LGL teilte mit Schreiben vom 2. März 2015 mit, dass der sog. „reverse carry over Grundsatz“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 hier keine Anwendung finden könne, weil anderenfalls viele zusatzstoffrechtlichen Regelungen der Verordnung obsolet wären. Zudem wären bei dieser Betrachtungsweise die bestehenden Sonderregelungen für Halbfabrikate wie Kassler und Bräte überflüssig. Da es auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens ankomme, dürfe für die zusatzstoffrechtliche Beurteilung nicht nur auf die letztendliche Zweckbestimmung des Lebensmittels abgestellt werden, sondern auf die Abgabe als vorverpackte Ware an die Gastronomiebetriebe. Die Zugabe der streitgegenständlichen Zusatzstoffe diene der Bindung größerer Mengen Wasser. Eine technologische Notwendigkeit sei nicht gegeben. Durch die Verbote solle der übermäßige Wasserzusatz zu Fleisch verhindert werden.

Die Klägerin erklärte, ohne die streitigen Zusatzstoffe könne der Drehspieß nicht sachgerecht hergestellt werden. Die Phosphate hätten bereits in der Soße/Würzmischung eine regulierende Wirkung, daneben seien sie von zentraler Bedeutung für die Konsistenz des Spießes. Versuche hätten ergeben, dass ohne die Zusatzstoffe kein Spieß mit der für den weiteren Produktionsprozess erforderlichen Konsistenz hergestellt werden könne. Überdies sei die Wassermenge ein Problem allenfalls der Irreführung.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass dann, wenn der Imbissbetreiber das Fleisch und die Würzmischung selbst mischt und den Fleischdrehspieß selbst steckt, die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe nicht zu beanstanden ist. Die streitgegenständlichen Zusatzstoffe sind bei einer Verwendung in der üblichen Menge auch nicht gesundheitsschädlich. Es wurde ferner unstreitig gestellt, dass die Verwendung von Zellulose in den rohen Fleischdrehspießen über die Anwendung des Migrationsgrundsatzes nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig ist.

Am 14. Juli 2015 fand mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

1. Gegenstand der Klage ist die Feststellung, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

2. Die Klage ist zulässig.

Sie ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Frage, ob die genannten Zusatzstoffe in den von der Klägerin hergestellten Fleischdrehspießen verwendet werden dürfen, stellt ein solches Rechtsverhältnis dar. Auch hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (§ 43 Abs. 1 letzter Hs VwGO). Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe in rohen Fleischdrehspießen zulässig ist. Das Landratsamt ... hat mit Schreiben vom 19. September 2014 darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Produktion ihrer Fleischdrehspieße keinerlei Diphosphat, Triphosphat und Zellulose verwenden darf. Zudem hat sich die Klägerin verpflichtet, ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten (Blatt 14 der Gerichtsakte). Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneut darauf hin, dass die Zusatzstoffe bei der Herstellung von Fleischzubereitungen keinesfalls verwendet werden dürfen. Es wurde ausdrücklich angeführt, dass zukünftig in der Produktion vorgefundene Fleischzubereitungen, die nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, als Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig sind und entsprechend gemaßregelt werden (vgl. Blatt 15 der Gerichtsakte). Die Verwendung unzulässiger Lebensmittelzusatzstoffe ist strafbewehrt. Die Klägerin benötigt nach ihren Angaben die genannten Zusatzstoffe, um die Konsistenz des Fleischdrehspießes sicherzustellen. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, feststellen zu lassen, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe in der Produktion von Fleischdrehspießen zulässig ist oder ob sie gegen Gesetze verstößt und die Klägerin sich damit strafbar macht.

3. Die Klage ist auch begründet.

Bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand ist die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 zu vereinbaren. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 4 i. V. m. Anhang II i. V. m. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 vor.

a) Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008 geregelt, die am 20. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt in Lebensmitteln verwendet und in Verkehr gebracht werden. Steht die Verwendung eines Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden (sog. Verbotsprinzip). Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11. November 2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt der Anhang ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4. Juni 2014 mit Wirkung vom 25. Juni 2014 geändert. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden. Seit dem 25. Juni 2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorie 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse).

b) Nach der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischzubereitungen grundsätzlich nicht zugelassen. Ausnahmsweise sind die streitigen Phosphate in „breakfast sausages“, „Finnischem Weihnachtsschinken“, „burger meat“, „Kassler“ und „Brät“ zugelassen.

Nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 dürfen Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischerzeugnissen verwendet werden.

c) Bei der Beurteilung, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen mit der VO (EG) 1333/2008 vereinbar ist, ist maßgeblich, welchen dieser o.g. Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen rohen Fleischdrehspieße zuzuordnen sind.

Nach Überzeugung der Kammer sind die rohen Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 einzuordnen. Deshalb sind die streitigen Zusatzstoffe grundsätzlich nicht zugelassen.

Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend ist, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Unter Zugrundelegung dieser Definitionen folgt die Kammer - wie auch das Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) - insoweit der überzeugenden fachlichen Einschätzung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 26. August 2014 bzw. vom 2. Oktober 2014. Die rohen Fleischdrehspieße sind demnach als Fleischzubereitung einzuordnen, weil das Mischen des Fleisches mit der Würzlake in einem sog. Tumbler nicht geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Das LGL führt nachvollziehbar aus, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake aus Wasser und/oder Öl. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch das Tumbeln und Einspritzen einer Würzlake, reichen nicht aus, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt werden. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18. Dezember 2013. Nach diesem in englischer Sprache abgefassten Dokument gehört auch das Produkt „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Demnach wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch Fleischdrehspieße, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden. Auch Kassler und Brät werden als Fleischzubereitung eingestuft. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kassler wird unter Verwendung von Pökelsalz und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch gebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das Tumbeln als ein vollständiges Durchmarinieren bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Fleischdrehspießen wird Kassler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

Maßgebend ist hierbei der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fleischdrehspießes. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 ist das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies ist hier die Abgabe des Fleischdrehspießes in rohem Zustand an die Imbissbetreiber. Deshalb vermag das Argument des Bevollmächtigten der Klägerin, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissbetreiber zerstört und es handle sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis, nicht zu überzeugen. Es ist zwar richtig und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich bei dem gegarten Fleischdrehspieß um ein Fleischerzeugnis handelt, in dem die streitigen Zusatzstoffe zugelassen sind. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den einzelnen Imbissbetrieb ist der Fleischdrehspieß aber noch roh und die Fleischstruktur ist noch zu erkennen. Auf diesen Zeitpunkt kommt es maßgeblich an. Im Übrigen gehen auch die von dem Bevollmächtigten zitierten Gutachter davon aus, dass der rohe Fleischdrehspieß eine Fleischzubereitung ist (vgl. Schreiben des Labor ... vom 24.9.2014 Blatt 19 der Gerichtsakte; Aufsatz von ..., Vom Fleisch bis zum Kassler Blatt 66 ff. der Gerichtsakte; Schreiben des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) ... vom 26.1.2015, Blatt 68 der Gerichtsakte; Schreiben des CVUA ... vom 29. Januar 2015 Blatt 98 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679).

d) Die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat ist zunächst auch nicht ausnahmsweise über den sog. Migrationsgrundsatz („carry over Grundsatz“) nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig. Die Verwendung von Zellulose ist hingegen - zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig - über Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 möglich.

aa) Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 ist grundsätzlich anwendbar. In Tabelle 1 des Anhangs II Teil A der VO (EG) 1333/2008 sind die Lebensmittel aufgeführt, in denen nach dem Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a der VO (EG) 1333/2008 Zusatzstoffe nicht zugelassen werden dürfen. Ausdrücklich ausgenommen sind Fleischzubereitungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Dies bedeutet, dass Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei Fleischzubereitungen grundsätzlich Anwendung findet.

bb) Nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Der rohe Fleischdrehspieß ist ein zusammengesetztes Lebensmittel, das nicht in Anhang II aufgeführt ist. Es kommt damit entscheidend darauf an, ob die von der Klägerin verwendete Würzlake als „Soße“ oder „Würzmittel“ einzustufen ist.

In „Soßen“ der Kategorie 12.6 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 sind sowohl Zellulose als auch Diphosphate und Triphosphate zugelassen. In „Würzmitteln“ der Kategorie 12.2.2 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Zellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate dürfen hingegen nicht verwendet werden.

Die Klägerin argumentiert damit, dass die von ihr verwendete Würzmarinade eine „Soße“ sei, in welcher die Zusatzstoffe erlaubt seien. Deshalb dürften die streitigen Zusatzstoffe auch in dem rohen Fleischdrehspieß vorhanden sein. Die Klägerin meint, Würzmittel würden nach den Leitlinien 12.2.2 zu einem Gerichte gereicht („added to a meal“). Die Vorgabe, welche das LGL herauslesen wolle, dass ein Würzmittel zur Herstellung eines Lebensmittels gedacht sei, würde lauten „added to a foodstuff“. Dieser Wortlaut finde sich aber gerade nicht in den Leitlinien. Das Fleisch werde in der Soße mariniert, d. h. diese Soße werde zur Herstellung des Fleischdrehspießes verwendet und nicht zum Fleischdrehspieß verzehrt. Zu Soßen gehörten zwar auch „ready to eat“ Soßen, aber eben auch „konzentrierte Produkte“ („concentrated products“), wie die verwendete Würzmischung. Das werde durch das Wort „or“ deutlich. Dies übersehe das LGL.

Dieser Argumentation folgt die Kammer nicht.

Übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und dem Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) ist die Kammer der Überzeugung, dass die von der Klägerin verwendete Würzlake nicht als „Soße“ im Sinne der Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, sondern vielmehr als „Würzmittel“ im Sinne der Nr. 12.2.2 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008 zu erfassen ist.

Das „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 umschreibt unter Nr. 12.6 „Sauces“ wie folgt:

„This category covers ready-to-eat, dehydrated or concentrated products, including sauce, gravy, mayonnaise, ketchup and tomato-based sauces, salad cream, dressing, marinades and similar products. (…).“

„Seasonings and condiments“ nach Nr. 12.2.2 werden wie folgt beschrieben:

„A seasoning is a blend of food ingredients added as necessary to achieve an improvement in taste, eating quality and/or functionality of a food. It typically contains one or more herbs and/or spices and other flavor-enhancing or flavor-imparting ingredients. A condiment is usually added to a meal to provide a particular taste or enhance its flavor. (…).“

Das LGL führt in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 nachvollziehbar aus, dass nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“ ist. Demnach seien unter die Kategorie 12.6 „Soßen“ nur solche Soßen einzuordnen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen würden bei der Herstellung der Fleischdrehspieße nicht verwendet werden, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) falle (vgl. VG Regensburg, B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635; BayVGH, B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521).

Die Kammer folgt insoweit der fachlichen Einschätzung des LGL. Die Leitlinien sind in englischer Sprache gefasst. Die Kammer berücksichtigt, dass es möglicherweise sprachliche Unterschiede gibt und dass Begriffe je nach Land unterschiedlich weit gefasst werden können. Die Kammer bezieht deshalb in ihre Erwägungen neben den Leitlinien, die nur als Anhaltspunkt dienen können und nicht bindend sind, auch den allgemeinen Sprachgebrauch und die allgemeine Verkehrsauffassung mit ein. Demnach sind nach Auffassung der Kammer Soßen nach der Umschreibung in den Leitlinien (ready to eat) und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung verzehrfertig und können als solche auch verzehrt werden. Soßen sind eigenständig und werden in dieser Funktion getrennt zu einem Gericht gereicht und üblicherweise nicht zur Herstellung eines Gerichts verwendet. Dem Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass Würzmittel üblicherweise während des Zubereitungsvorgangs zugegeben werden, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher. Zwar mag es sein, dass es Würzmittel gibt, die als Würzsoßen bezeichnet werden. Diese werden aber nicht als eigenständiges Produkt zu einem Gericht gereicht, sondern zur Würzung zugegeben. Maßgebend ist die konkrete Zweckbestimmung der von der Klägerin verwendeten Würzlake im dafür vorgesehenen Produktionsablauf. Abzustellen ist nicht darauf, ob das Produkt abstrakt als Soße kategorisiert werden könnte, sondern darauf, wie das Produkt im konkreten Herstellungsvorgang verwendet wird. Im hier zu entscheidenden Fall wird die Würzlake zum rohen Fleisch gegeben und in einem Tumbler mehrere Stunden vermengt. Die Würzlake wird zum Einlegen und Marinieren von rohem Fleisch verwendet und nicht als Soße zum gegarten Fleischprodukt gegessen. Demnach handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein Würzmittel und nicht um eine Soße, weshalb die Phosphate nicht zugelassen sind. Die Ansicht in der Kommentierung (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band III, Stand Juli 2014, C 120 § 2 Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, Rn. 422) die eine Würzsoße als Soße eingruppiert, teilt die Kammer aus obigen Gründen nicht.

cc) In Würzmitteln ist Zellulose zulässig (siehe oben). Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 60 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung ist die Zellulose in der Würzmischung enthalten und wird nicht - wie im Fall des Verwaltungsgerichts Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) - gesondert hinzugegeben. Deshalb darf Zellulose - wie die Vertreterin des LGL auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat - über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen des rohen Fleischdrehspießes verwendet werden. Es findet eine „Migration“ von Zellulose über die eingesetzte Würzlake statt.

e) Nach Überzeugung der Kammer ist die Verwendung von Diphosphaten und Triphosphaten über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“) mit der Verordnung in Einklang zu bringen.

aa) Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 regelt den umgekehrten Fall zu Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008. Ein Lebensmittelzusatzstoff darf danach enthalten sein in einem Lebensmittel, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet wird, sofern Letzteres dieser Verordnung genügt.

aaa) Die Würzlake der Klägerin, welche als Würzmittel zu kategorisieren ist (siehe oben), ist ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. Lebensmittel sind demnach alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwarten werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. In der Lebensmittelkategorie Würzmittel sind Phosphate nicht zugelassen (siehe oben).

bbb) Die von der Klägerin verwendete Würzlake wird auch ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels, des Fleischdrehspießes, verwendet.

ccc) Das Würzmittel wird nach Auffassung der Kammer objektiv gesehen alleine dafür verwendet, ein Fleischerzeugnis herzustellen. In Fleischerzeugnissen nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Phosphate zugelassen (siehe oben). Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 unter dem Begriff des „zusammengesetzten Lebensmittels“ auf den rohen Fleischdrehspieß (=Fleischzubereitung) oder auf den gegarten Fleischdrehspieß (=Fleischerzeugnis) abgestellt werden muss. Nach Überzeugung der Kammer muss hierbei auf den gegarten Fleischdrehspieß abgestellt werden.

Das LGL vertritt hierbei die Ansicht, dass im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ einzig auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden könne. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 stelle auf das Inverkehrbringen ab. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 sei das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies sei im Fall der Klägerin die Abgabe des rohen Fleischdrehspießes an den Imbissbetreiber. Würde man dies anders sehen und die Phosphate über den umgekehrten Migrationsgrundsatz zulassen, dann wären viele zusatzstoffrechtliche Regelungen der VO (EG) 1333/2008 obsolet.

Dieser Auffassung folgt die Kammer aus folgenden Erwägungen nicht:

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 spricht von „Zubereitung“ eines zusammengesetzten Lebensmittels. Der Begriff „Zubereitung“ ist nach Ansicht der Kammer weit zu fassen. Eine Speise ist zubereitet, wenn sie verzehrfertig ist. Die Zubereitung kann somit auch das Endprodukt erfassen, in dem Fall hier streitigen Fall der Klägerin den gegarten Fleischdrehspieß. Der Wortlaut der Norm zwingt nicht zu einer engen Auslegung der Gestalt, dass nur auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden darf. Vielmehr lässt der Wortlaut auch eine weitere Auslegung im Hinblick auf das Endprodukt zu.

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 stellt auch nicht ausdrücklich auf das „Inverkehrbringen“ ab. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin als Herstellerin den rohen Fleischdrehspieß erstmals durch die Abgabe an den Imbissbetreiber in Verkehr bringt. Und es ist dem Beklagten auch darin zuzustimmen, dass die Verordnung in Art. 5 VO (EG) 1333/2008 auf das „Inverkehrbringen“ abstellt. Die Tatsache, dass das Tatbestandsmerkmal „Inverkehrbringen“ im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 fehlt und vor dem Hintergrund, dass der Gesetzeswortlaut den Begriff „Zubereitung“ enthält, legt nahe, den Anwendungsbereich des umgekehrten Migrationsgrundsatzes weiter zu fassen, als dies der Beklagte vertritt. Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 rechtfertigt eine solche enge Auslegung, wie sie der Beklagte fordert, nicht.

Dass Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 einer weiten Auslegung zugänglich ist und es sachgerecht ist, auf das Enderzeugnis abzustellen, wird auch durch die Ausführungen unter Nr. 2 c des Guidance document on the carry-over principle gestützt; dort heißt es auszugsweise:

„This provision is in particular important for food ingredients that are sold between business operators. In such a case the use of additives can be permitted in foods (such as intermediary products), in which they would not otherwise be permitted, provided that those foods are to be used solely in the preparation of a compound food that will be conform to the relevant Regulations.“

Die Leitlinien nehmen somit ausdrücklich auf die Handelskette zwischen zwei Unternehmern Bezug und stellen darauf ab, dass genau in diesen Fällen die Vorschrift des „reverse carry over Grundsatzes“ besonders wichtig wird. Dabei wird ausdrücklich auf sog. „intermediary products“ Bezug genommen, die im Deutschen als „Zwischenprodukte“ übersetzt werden können.

Auch der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch den direkten Zusatz auch durch die Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt. Der Gesetzgeber schreibt ausdrücklich „Enderzeugnis“ in die Erwägungsgründe. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß, abgestellt werden kann.

Für das Abstellen auf den Endverbraucher und in diesem Zusammenhang auf das Fleischerzeugnis spricht auch der Sinn und Zweck der VO (EG) 1333/2008. Art. 1 dieser Verordnung bestimmt, dass die Regelungen ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit der Menschen und ein hohes Niveau des Schutzes der Verbraucher einschließlich des Schutzes der Verbraucherinteressen gewährleisten sollen. Auch Art. 6 der Verordnung stellt den Verbraucherschutz in den Vordergrund: Der Lebensmittelzusatzstoff muss bei der vorgeschlagenen Dosis für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich sein. Auch die Erwägungsgründe (2), (3) und (7) der VO (EG) 1333/2008 stellen maßgeblich auf den Verbraucherschutz ab. Der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch direkten Zusatz auch durch Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt.

Der Verbraucher- und Gesundheitsschutz ist im hier zu entscheidenden Fall durch die Anwendung des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 gewährleistet. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß enthalten sein dürfen. So führt das LGL in seinem Schreiben vom 2. März 2015 ausdrücklich aus: „Zwar darf ein Gastronom beispielsweise Phosphate und Zellulose einem Drehspieß zusetzen, welchen er selbst in seinem Betrieb produziert, wenn dieses Produkt im gegarten Zustand ausschließlich in diesem Betrieb in den Verkehr gebracht wird, da dieses zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens als Fleischerzeugnis einzustufen ist“ (vgl. Blatt 83 der Gerichtsakte). Es ist nicht ersichtlich, weshalb unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes der Endverbraucher im Falle eines zwischengeschalteten Fleischdrehspießherstellers die Zusatzstoffe nicht konsumieren dürfte, im Falle der Eigenproduktion des Imbissbetreibers aber schon. Wenn die Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß zugelassen sind, macht es für den Verbraucher keinen Unterschied, wenn diese auch im rohen Fleischdrehspieß enthalten sind. Auch der Einwand des LGL, der Imbissbetreiber, der den Fleischdrehspieß selbst produziert, bräuchte die Zusatzstoffe nicht, weil eine Wasserbindung in diesem Fall nicht sinnvoll sei, überzeugt nicht. Denn zum einen könnte der Imbissbetreiber die Spieße auf Vorrat produzieren, einfrieren, später durchgaren und an den Endverbraucher verkaufen. Auch in diesem Fall wären die Zusatzstoffe für die Festigkeit und Bindung des Spießes nützlich. Weil die Fleischdrehspieße in diesem Fall erstmalig durch den Verkauf an den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden, dürfte der Fleischdrehspieß mit den Zusatzstoffen versetzt sein. Zum anderen ist maßgebend, dass der Imbissbetreiber nach der Verordnung die streitigen Zusatzstoffe zulässigerweise verwenden dürfte. Ob dies sinnvoll ist oder nicht, ist unerheblich. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe nicht gesundheitsgefährdend sind. Es ist auch unstreitig, dass die Zusatzstoffe angegeben werden und es deshalb zu keiner Irreführung kommt. Es wurde auch nie beanstandet, dass die Klägerin zu viel Wasser in ihren Fleischdrehspießen verarbeitet.

Auch das CVUA ... weist in einem Schreiben vom 26. Januar 2015 (Blatt 68 der Gerichtsakte) darauf hin, dass zur Herstellung eines Fleischdrehspießes die Zusatzstoffe unter dem Aspekt des „reverse carry over Grundsatzes“ (Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008) zulässig sind. Das CVUA legt seiner Beurteilung zugrunde, dass der rohe Fleischdrehspieß ein sog. Halbfabrikat darstellt. Dieses Halbfabrikat sei hinsichtlich seines Verwendungszwecks (i.d.R. „vor dem Verzehr durchgaren“) eindeutig zu kennzeichnen. Regelungen bezüglich der Höchstmenge, Kennzeichnung und Kenntlichmachung seien zu beachten.

Daraus folgt, dass das auch CVUA im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß abstellt, welches ein Fleischerzeugnis ist.

Das CVUA ... erteilte in einem Schreiben vom 29. Januar 2015 (Blatt 96 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679) die Auskunft, dass der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auch auf Halbfabrikate und Zwischenprodukte angewandt werden könne. Bei den Drehspießen, die als Halbfabrikate angesehen werden, finde der sog. „reverse carry over Grundsatz“ Anwendung, weshalb der Zusatz der Phosphate zulässig sei. Die Erwägungsgründe (7) der VO (EG) 1333/2008 und (11) der VO (EU) Nr. 601/2014 stellen auf den Verbraucherschutz ab. Ob der Herstellungsprozess durch die Abgabe eines Halbfabrikats an eine andere Person, die den Herstellungsprozess beende, unterbrochen werde, spiele hier keine Rolle. Der Zweckbestimmung des Halbfabrikats komme hier eine besondere Bedeutung zu. Das Lebensmittel dürfe in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nur in der zweckbestimmten Form - in der Regel der Verzehr als Fleischerzeugnis - Verwendung finden. Die Halbfabrikate seien bezüglich ihres Verwendungszwecks eindeutig zu kennzeichnen und ein Verzehr als Halbfabrikat sei dabei faktisch auszuschließen.

Die Kammer folgt diesem Ansatz, dass im Falle eines Halbfabrikats im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt abgestellt werden muss. Der rohe Fleischdrehspieß ist einzig dazu bestimmt, im gegarten Zustand vom Verbraucher konsumiert zu werden. Ein Verzehr im rohen Zustand ist nicht vorgesehen. Sinn und Zweck der Verordnung ist der Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Abzustellen ist daher auf den Endkonsumenten, der ein Fleischerzeugnis zu sich nimmt. Dürfen die Zusatzstoffe im Endprodukt enthalten sein, dann ist es sachgerecht, dass sie auch im Zwischenprodukt oder Halbfabrikat enthalten sein können. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Herstellungsvorgang des rohen Fleischdrehspießes beendet ist. Der Fleischdrehspieß muss lediglich noch in einem letzten Verarbeitungsschritt durchgegart werden, so dass durch das Durchgaren aus der Fleischzubereitung ein Fleischerzeugnis wird. Die strikte und enge Auslegung des Migrationsgrundsatzes, welche das LGL vertritt, ist im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nicht angelegt und auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung nicht zu rechtfertigen. Dem Verbraucher- und Gesundheitsschutz wird im Falle des Abstellens auf den gegarten Fleischdrehspieß Rechnung getragen. Die Vertreterin des LGL führt auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hierzu aus, dass die Zusatzstoffe in der zugelassenen Menge nicht gesundheitsgefährdend sind.

Entscheidend für das Abstellen auf den gegarten Fleischdrehspieß im Rahmen der Anwendung des „reverse carry over Grundsatzes“ spricht auch, dass anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 20 EU-GR-Charta vorliegt, der nicht gerechtfertigt ist. Die Anwendung von europäischem Sekundärrecht muss mit europäischem Primärrecht in Einklang stehen. Deshalb ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Grundrechtecharta EU zu beachten. Der Fleischdrehspießhersteller, der einen rohen Fleischdrehspieß und damit eine Fleischzubereitung herstellt und in Verkehr bringt, darf die Zusatzstoffe nicht verwenden. Der Gastronom, der den Fleischdrehspieß selbst herstellt, dürfte die Zusatzstoffe verwenden, weil er das Produkt im gegarten Zustand, also ein Fleischerzeugnis, in Verkehr bringt. Dies stellt nach Auffassung der Kammer eine Ungleichbehandlung dar. Gleiches ist grundsätzlich gleich zu behandeln. Fleischdrehspieße werden aber sowohl im Falle der Herstellung als Halbfabrikat als auch im Falle der Herstellung unmittelbar am Ort des Durchgarens dazu bestimmungsgemäß hergestellt, um durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. In Betracht käme als Rechtfertigung der Verbraucher- und Gesundheitsschutz, welcher Sinn und Zweck der Verordnung ist (siehe oben). Da aber der Verbraucher, der einen gegarten Drehspieß isst, die Zusatzstoffe nach der Verordnung konsumieren darf, ist nicht ersichtlich, wie über den Verbraucherschutz ein Verbot der Verwendung von Di- und Triphosphaten bei der Herstellung und dem Inverkehrbringen von rohen Fleischdrehspießen gerechtfertigt werden könnte. Andere Rechtfertigungsgründe als der Verbraucher- und Gesundheitsschutz sind von dem Beklagten weder vorgetragen worden noch sind diese ersichtlich. Deshalb ist es nach Ansicht der Kammer wegen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sachgerecht und geboten, im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf den gegarten Fleischdrehspieß als Fleischerzeugnis abzustellen. Die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwingt den Gesetzesanwender dazu, im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zusammengesetztes Lebensmittel“ in Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt, welches ein Fleischerzeugnis ist, abzustellen.

bb) Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 60 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung sind die Zusatzstoffe in der Würzmischung enthalten und werden nicht gesondert hinzugegeben, weshalb eine „Migration“ über den „reverse carry over Grundsatz“ möglich ist.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i. V. m.

§§ 708 ff. ZPO.

6. Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist, über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgeht und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 124 Rn. 10). Es besteht ein Bedürfnis, höchstrichterlich zu klären, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist. Bisher gibt es keinen bundeseinheitlichen Vollzug. Die Behördenpraxis in Bayern zeigt, dass eine große Unsicherheit besteht, wie mit der Änderung der Verordnung umzugehen ist. Ein Teil der Behörden erlässt Verbote mit der Anordnung des Sofortvollzugs, andere Behörden warten ab oder erteilen - so wie im hiesigen Fall - lediglich Hinweise. Es bedarf einer höchstrichterlichen Klärung, um diesen Zustand der Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach:Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Berufungsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 1 K 14.1466

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

1. Kammer

..., als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebiets-Nr. 541

Hauptpunkte:

Feststellungsklage, Abgrenzung „Fleischzubereitung“ von „Fleischerzeugnis“ im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004; Verwendung der Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) bei der Herstellung von rohen Fleischdrehspießen; Anwendung des Migrationsgrundsatzes; Abgrenzung „Soße“ von „Würzmittel“; Gleichheitsgrundsatz;

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

wegen lebensmittelrechtlicher Anordnung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 1. Kammer, durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2015

am 14. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Es wird festgestellt, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/08 vereinbar ist.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

Die Klägerin ist Herstellerin von marinierten und gewürzten Fleischdrehspießen. Verschiedene Fleischstücke werden dabei in einem sogenannten „Tumbler“ mit einer Soße/Würzmischung zusammengegeben und mehrere Stunden gemischt. Diese Soße/Würzmischung, welche die Klägerin selbst herstellt oder auch zukauft, enthält neben Wasser, Öl und Gewürzen unter anderem auch die Zusatzstoffe Diphosphat, Triphosphat sowie Zellulose. Sie kann auch gesondert bei der Klägerin erworben werden. Nach dem Vermischen wird der Drehspieß geformt, gesteckt, tiefgefroren, verpackt und im Rohzustand an Imbissbetriebe verkauft. Dort wird der Fleischdrehspieß senkrecht stehend drehend gegrillt und das Fleisch gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher verkauft.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vertritt in einem Gutachten vom 26. August 2014 die Auffassung, dass solche Fleischdrehspieße Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 seien und die Produkte deshalb der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen seien. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 08.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) für Fleischzubereitungen nicht zugelassen.

Aufgrund dieses Gutachtens erließ das Landratsamt ... am 19. September 2014 ein Schreiben, in welchem die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sämtliche in den Betrieben der Klägerin hergestellten Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der Verordnung (EG) 853/2004 einzustufen seien. Diese seien der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß Anhang II Teil E der Verordnung (EG) 1333/2008 zuzuordnen. Deshalb dürften für die Produktion von Fleischdrehspießen keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose verwendet werden. Im Anschluss an diesen Hinweis wurde eine Verpflichtungserklärung von der Klägerin abgegeben, als Zulassungsinhaberin ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten, insbesondere keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose zu verwenden. Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneute darauf hin, dass die oben genannten Zusatzstoffe nicht verwendet werden dürften. Lebensmittel, welche die nicht zugelassenen Zusatzstoffe enthielten, seien nicht mehr verkehrsfähig und würden entsprechend gemaßregelt werden. Beide Schreiben enthielten keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 2. Oktober 2014 ließ die Klägerin gegen das Schreiben vom 22. September 2014 Klage erheben. Der Bevollmächtigte der Klägerin meint, die Verfügung sei nicht rechtmäßig, weil die Klägerin die benannten Zusatzstoffe verwenden dürfe. Die Zellulose (E 460) sei in Anhang II Teil E der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet und dürfe nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden. Bei den Produkten der Klägerin handle es sich aber nicht um unbehandeltes Fleisch. Die Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat (E 450 und E 451) seien in der Verordnung (EG) Nr. 601/2014 für Fleischerzeugnisse zugelassen. Die Fleischdrehspieße seien als Fleischerzeugnisse einzustufen. Selbst wenn man diese den Fleischzubereitungen zuordnen würde, dürften die Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 zumindest über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) Nr. 1333/2008 (sog. „carry over Grundsatz“) verwendet werden. Nach der Definition von Fleischzubereitung sei die Zugabe von Würzen bzw. Würzmitteln sowie Zusatzstoffen üblich. Dies werde speziell zu Gyros unter Nr. 08.1.2 in den Leitlinien (Guidance document describing the food categories in part E of Annex II to Regulation (EC) No. 1333/2008) ausgeführt. Würden demnach Fleischzubereitungen unter Verwendung von Würzmitteln oder Würzsoßen hergestellt, dürften diese wiederum die für die Würzmittel oder Würzsoßen zugelassenen Zusatzstoffe enthalten. Der Erwägungsgrund (18) der Verordnung (EU) Nr. 601/2014 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 erkläre den Migrationsgrundsatz gemäß Art. 18 Abs. 1 a der EU-Verordnung in Fleischzubereitungen für anwendbar. Zellulose dürfe als Zusatzstoff der Gruppe I einer Würzsoße oder einem Würzmittel zugegeben werden und könne daher ebenfalls über den Migrationsgrundsatz Bestandteil einer Fleischzubereitung werden. Dies bestätige nicht nur das Gutachten des Labors Dr. ..., sondern auch die Stellungnahme des Fachverbandes der Gewürzindustrie. Die Marinade sei eine Soße und kein Würzmittel. Nach Nr. 12.2.2 der Leitlinien würden Würzmittel zu einem Gericht gereicht („added to a meal“). Es stünde dort gerade nicht „added to a foodstuff“. Zwar bestimme die Leitlinie unter Nr. 12.6, dass unter Soßen auch sog. „ready to eat“ Soßen zu subsumieren seien, aber eben auch „concentrated products“, wie die hier verwendete Würzmischung, was sich aus dem Wortlaut „or“ ergebe. Die einschlägige Kommentierung fasse eine Marinade unter den Begriff der Soße.

Die Klägerin beantragte zunächst,

den Bescheid des Beklagten vom 22. September 2014 aufzuheben.

Die Klage wurde am 24. November 2014 umgestellt. Die Klägerin beantragt zuletzt

festzustellen, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand nicht gegen die Verordnung (EG) 1333/2008 verstößt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es handle sich dann um eine Fleischzubereitung, wenn nur Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben werden oder das Lebensmittel einem Verfahren unterzogen werde, das nicht ausreiche, die innere Muskelstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale des frischen Fleisches zu beseitigen. Sofern ein Herstellungsverfahren sicherstelle, dass die innere Muskelstruktur des Fleisches verändert werde und die Merkmale des frischen Fleisches nicht mehr erfüllt werden, liege ein Fleischerzeugnis nach Anhang I Nr. 7.1 VO (EG) NR. 853/2004 vor. Unter Berufung auf das Gutachten des LGL vom 26. August 2014 gehe der Beklagte davon aus, dass die Fleischdrehspieße als Lebensmittelzubereitung i. S. d. Anhangs I Nr. 1.15 VO (EG) 853/2004 einzustufen seien. Für Fleischzubereitungen seien diese Zusatzstoffe nicht zugelassen. Selbst wenn es ein Fleischerzeugnis sei, müsse eine Erweiterung der EU-Zulassung beantragt werden. Die verwendete Marinade sei ferner keine Soße i. S. d. Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, weshalb die Zusatzstoffe auch nicht über den Migrationsgrundsatz zugelassen werden könnten. Würzmittel würden während des Zubereitungsvorganges hinzugegeben, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher.

Die Klägerin erwiderte, dass der Drehspieß zum Verzehr bestimmt sei. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher sei er durchgegart, weshalb ein Fleischerzeugnis vorliege. Dies bedeute, dass Imbissbetreiber, die in ihrem Betrieb einen Drehspieß herstellten, die in Frage stehenden Zusatzstoffe einsetzen dürften. Dieser Unterschied sei nicht nachvollziehbar, wenn man darauf abstelle, dass der Dönerspieß dafür gemacht sei, nicht roh verzehrt, sondern durchgegart an den Endverbraucher abgegeben zu werden. Für Bräte und Kassler seien die Zusatzstoffe ausdrücklich zugelassen. Warum der Drehspieß nicht aufgeführt sei, sei nicht nachvollziehbar und systemwidrig. Wenn schon in einem Brät (Leberkäse), das dazu bestimmt sei, roh an den Endverbraucher abgegeben zu werden, Phosphate eingesetzt werden dürften, dann sei erst recht der Einsatz von Phosphaten in Lebensmitteln zulässig, die dazu bestimmt seien, durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Die Argumentation, es ginge um gesundheitliche Belange, sei deshalb gekünstelt. Der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 finde Anwendung, weil die Phosphate und die Zellulose für Soßen zugelassen seien. Daneben bestehe die Möglichkeit des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Danach dürfe ein Lebensmittelzusatzstoff in einem Lebensmittel enthalten sein, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet werde, sofern letzteres dieser Verordnung genüge. Sofern Würzmittel und Soßen ausdrücklich für die Zubereitung von Drehspießen bestimmt seien, dürfe dieses Präparat auch alle Zusatzstoffe enthalten, die für die Zubereitung des zusammengesetzten Lebensmittels (gegarter Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei) zugelassen seien. Der Einsatz der Soßen und Würzmittel erfolge, um einen gegarten Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei, herzustellen. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt ... (CVUA) gehe davon aus, dass zur Herstellung von Fleischdrehspießen unter dem Aspekt des „reverse carry over“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Zusatzstoffe verwendet werden dürften, die für die Herstellung von Fleischerzeugnissen zulässig seien. Da in einem Fleischerzeugnis die streitgegenständlichen Zusatzstoffe zugelassen seien, die Zweckbestimmung des Halbfertigprodukts „roher Drehspieß“ aber gerade das Durchgaren voraussetze, um ihn verzehren zu können, müsse bei dem Halbfertigprodukt, das zwar eine Fleischzubereitung darstelle, der Einsatz der streitgegenständlichen Zusatzstoffe auch zulässig sein (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Das Halbfertigprodukt sei nur ein Zwischenprodukt, das gar nicht für den unzubereiteten Verzehr gedacht sei.

Das LGL teilte mit Schreiben vom 2. März 2015 mit, dass der sog. „reverse carry over Grundsatz“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 hier keine Anwendung finden könne, weil anderenfalls viele zusatzstoffrechtlichen Regelungen der Verordnung obsolet wären. Zudem wären bei dieser Betrachtungsweise die bestehenden Sonderregelungen für Halbfabrikate wie Kassler und Bräte überflüssig. Da es auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens ankomme, dürfe für die zusatzstoffrechtliche Beurteilung nicht nur auf die letztendliche Zweckbestimmung des Lebensmittels abgestellt werden, sondern auf die Abgabe als vorverpackte Ware an die Gastronomiebetriebe. Die Zugabe der streitgegenständlichen Zusatzstoffe diene der Bindung größerer Mengen Wasser. Eine technologische Notwendigkeit sei nicht gegeben. Durch die Verbote solle der übermäßige Wasserzusatz zu Fleisch verhindert werden.

Die Klägerin erklärte, ohne die streitigen Zusatzstoffe könne der Drehspieß nicht sachgerecht hergestellt werden. Die Phosphate hätten bereits in der Soße/Würzmischung eine regulierende Wirkung, daneben seien sie von zentraler Bedeutung für die Konsistenz des Spießes. Versuche hätten ergeben, dass ohne die Zusatzstoffe kein Spieß mit der für den weiteren Produktionsprozess erforderlichen Konsistenz hergestellt werden könne. Überdies sei die Wassermenge ein Problem allenfalls der Irreführung.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass dann, wenn der Imbissbetreiber das Fleisch und die Würzmischung selbst mischt und den Fleischdrehspieß selbst steckt, die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe nicht zu beanstanden ist. Die streitgegenständlichen Zusatzstoffe sind bei einer Verwendung in der üblichen Menge auch nicht gesundheitsschädlich. Es wurde ferner unstreitig gestellt, dass die Verwendung von Zellulose in den rohen Fleischdrehspießen über die Anwendung des Migrationsgrundsatzes nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig ist.

Am 14. Juli 2015 fand mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

1. Gegenstand der Klage ist die Feststellung, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

2. Die Klage ist zulässig.

Sie ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Frage, ob die genannten Zusatzstoffe in den von der Klägerin hergestellten Fleischdrehspießen verwendet werden dürfen, stellt ein solches Rechtsverhältnis dar. Auch hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (§ 43 Abs. 1 letzter Hs VwGO). Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe in rohen Fleischdrehspießen zulässig ist. Das Landratsamt ... hat mit Schreiben vom 19. September 2014 darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Produktion ihrer Fleischdrehspieße keinerlei Diphosphat, Triphosphat und Zellulose verwenden darf. Zudem hat sich die Klägerin verpflichtet, ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten (Blatt 13 der Gerichtsakte). Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneut darauf hin, dass die Zusatzstoffe bei der Herstellung von Fleischzubereitungen keinesfalls verwendet werden dürfen. Es wurde ausdrücklich angeführt, dass zukünftig in der Produktion vorgefundene Fleischzubereitungen, die nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, als Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig sind und entsprechend gemaßregelt werden (vgl. Blatt 14 der Gerichtsakte). Die Verwendung unzulässiger Lebensmittelzusatzstoffe ist strafbewehrt. Die Klägerin benötigt nach ihren Angaben die genannten Zusatzstoffe, um die Konsistenz des Fleischdrehspießes sicherzustellen. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, feststellen zu lassen, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe in der Produktion von Fleischdrehspießen zulässig ist oder ob sie gegen Gesetze verstößt und die Klägerin sich damit strafbar macht.

3. Die Klage ist auch begründet.

Bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand ist die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 zu vereinbaren. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 4 i. V. m. Anhang II i. V. m. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 vor.

a) Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008 geregelt, die am 20. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt in Lebensmitteln verwendet und in Verkehr gebracht werden. Steht die Verwendung eines Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden (sog. Verbotsprinzip). Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11. November 2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt der Anhang ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4. Juni 2014 mit Wirkung vom 25. Juni 2014 geändert. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden. Seit dem 25. Juni 2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorie 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse).

b) Nach der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischzubereitungen grundsätzlich nicht zugelassen. Ausnahmsweise sind die streitigen Phosphate in „breakfast sausages“, „Finnischem Weihnachtsschinken“, „burger meat“, „Kassler“ und „Brät“ zugelassen.

Nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 dürfen Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischerzeugnissen verwendet werden.

c) Bei der Beurteilung, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen mit der VO (EG) 1333/2008 vereinbar ist, ist maßgeblich, welchen dieser o.g. Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen rohen Fleischdrehspieße zuzuordnen sind.

Nach Überzeugung der Kammer sind die rohen Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 einzuordnen. Deshalb sind die streitigen Zusatzstoffe grundsätzlich nicht zugelassen.

Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend ist, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Unter Zugrundelegung dieser Definitionen folgt die Kammer - wie auch das Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) - insoweit der überzeugenden fachlichen Einschätzung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 26. August 2014 bzw. vom 2. Oktober 2014. Die rohen Fleischdrehspieße sind demnach als Fleischzubereitung einzuordnen, weil das Mischen des Fleisches mit der Würzlake in einem sog. Tumbler nicht geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Das LGL führt nachvollziehbar aus, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake aus Wasser und/oder Öl. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch das Tumbeln und Einspritzen einer Würzlake, reichen nicht aus, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt werden. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18. Dezember 2013. Nach diesem in englischer Sprache abgefassten Dokument gehört auch das Produkt „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Demnach wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch Fleischdrehspieße, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden. Auch Kassler und Brät werden als Fleischzubereitung eingestuft. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kassler wird unter Verwendung von Pökelsalz und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch gebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das Tumbeln als ein vollständiges Durchmarinieren bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Fleischdrehspießen wird Kassler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

Maßgebend ist hierbei der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fleischdrehspießes. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 ist das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies ist hier die Abgabe des Fleischdrehspießes in rohem Zustand an die Imbissbetreiber. Deshalb vermag das Argument des Bevollmächtigten der Klägerin, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissbetreiber zerstört und es handle sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis, nicht zu überzeugen. Es ist zwar richtig und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich bei dem gegarten Fleischdrehspieß um ein Fleischerzeugnis handelt, in dem die streitigen Zusatzstoffe zugelassen sind. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den einzelnen Imbissbetrieb ist der Fleischdrehspieß aber noch roh und die Fleischstruktur ist noch zu erkennen. Auf diesen Zeitpunkt kommt es maßgeblich an. Im Übrigen gehen auch die von dem Bevollmächtigten zitierten Gutachter davon aus, dass der rohe Fleischdrehspieß eine Fleischzubereitung ist (vgl. Schreiben des Labor ... vom 24.9.2014 Blatt 15 der Gerichtsakte; Aufsatz von ..., Vom Fleisch bis zum Kassler Blatt 73 ff. der Gerichtsakte; Schreiben des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) ... vom 26.1.2015, Blatt 75 der Gerichtsakte; Schreiben des CVUA ... vom 29. Januar 2015 Blatt 98 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679).

d) Die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat ist zunächst auch nicht ausnahmsweise über den sog. Migrationsgrundsatz („carry over Grundsatz“) nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig. Die Verwendung von Zellulose ist hingegen - zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig - über Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 möglich.

aa) Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 ist grundsätzlich anwendbar. In Tabelle 1 des Anhangs II Teil A der VO (EG) 1333/2008 sind die Lebensmittel aufgeführt, in denen nach dem Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a der VO (EG) 1333/2008 Zusatzstoffe nicht zugelassen werden dürfen. Ausdrücklich ausgenommen sind Fleischzubereitungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Dies bedeutet, dass Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei Fleischzubereitungen grundsätzlich Anwendung findet.

bb) Nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Der rohe Fleischdrehspieß ist ein zusammengesetztes Lebensmittel, das nicht in Anhang II aufgeführt ist. Es kommt damit entscheidend darauf an, ob die von der Klägerin verwendete Würzlake als „Soße“ oder „Würzmittel“ einzustufen ist.

In „Soßen“ der Kategorie 12.6 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 sind sowohl Zellulose als auch Diphosphate und Triphosphate zugelassen. In „Würzmitteln“ der Kategorie 12.2.2 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Zellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate dürfen hingegen nicht verwendet werden.

Die Klägerin argumentiert damit, dass die von ihr verwendete Würzmarinade eine „Soße“ sei, in welcher die Zusatzstoffe erlaubt seien. Deshalb dürften die streitigen Zusatzstoffe auch in dem rohen Fleischdrehspieß vorhanden seien. Die Klägerin meint, Würzmittel würden nach den Leitlinien 12.2.2 zu einem Gerichte gereicht („added to a meal“). Die Vorgabe, welche das LGL herauslesen wolle, dass ein Würzmittel zur Herstellung eines Lebensmittels gedacht sei, würde lauten „added to a foodstuff“. Dieser Wortlaut finde sich aber gerade nicht in den Leitlinien. Das Fleisch werde in der Soße mariniert, d. h. diese Soße werde zur Herstellung des Fleischdrehspießes verwendet und nicht zum Fleischdrehspieß verzehrt. Zu Soßen gehörten zwar auch „ready to eat“ Soßen, aber eben auch „konzentrierte Produkte“ („concentrated products“), wie die verwendete Würzmischung. Das werde durch das Wort „or“ deutlich. Dies übersehe das LGL.

Dieser Argumentation folgt die Kammer nicht.

Übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und dem Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) ist die Kammer der Überzeugung, dass die von der Klägerin verwendete Würzlake nicht als „Soße“ im Sinne der Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, sondern vielmehr als „Würzmittel“ im Sinne der Nr. 12.2.2 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008 zu erfassen ist.

Das „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 umschreibt unter Nr. 12.6 „Sauces“ wie folgt:

„This category covers ready-to-eat, dehydrated or concentrated products, including sauce, gravy, mayonnaise, ketchup and tomato-based sauces, salad cream, dressing, marinades and similar products. (…).“

„Seasonings and condiments“ nach Nr. 12.2.2 werden wie folgt beschrieben:

„A seasoning is a blend of food ingredients added as necessary to achieve an improvement in taste, eating quality and/or functionality of a food. It typically contains one or more herbs and/or spices and other flavor-enhancing or flavor-imparting ingredients. A condiment is usually added to a meal to provide a particular taste or enhance its flavor. (…).“

Das LGL führt in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 nachvollziehbar aus, dass nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“ ist. Demnach seien unter die Kategorie 12.6 „Soßen“ nur solche Soßen einzuordnen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen würden bei der Herstellung der Fleischdrehspieße nicht verwendet werden, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) falle (vgl. VG Regensburg, B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635; BayVGH, B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521).

Die Kammer folgt insoweit der fachlichen Einschätzung des LGL. Die Leitlinien sind in englischer Sprache gefasst. Die Kammer berücksichtigt, dass es möglicherweise sprachliche Unterschiede gibt und dass Begriffe je nach Land unterschiedlich weit gefasst werden können. Die Kammer bezieht deshalb in ihre Erwägungen neben den Leitlinien, die nur als Anhaltspunkt dienen können und nicht bindend sind, auch den allgemeinen Sprachgebrauch und die allgemeine Verkehrsauffassung mit ein. Demnach sind nach Auffassung der Kammer Soßen nach der Umschreibung in den Leitlinien (ready to eat) und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung verzehrfertig und können als solche auch verzehrt werden. Soßen sind eigenständig und werden in dieser Funktion getrennt zu einem Gericht gereicht und üblicherweise nicht zur Herstellung eines Gerichts verwendet. Dem Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass Würzmittel üblicherweise während des Zubereitungsvorgangs zugegeben werden, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher. Zwar mag es sein, dass es Würzmittel gibt, die als Würzsoßen bezeichnet werden. Diese werden aber nicht als eigenständiges Produkt zu einem Gericht gereicht, sondern zur Würzung zugegeben. Maßgebend ist die konkrete Zweckbestimmung der von der Klägerin verwendeten Würzlake im dafür vorgesehenen Produktionsablauf. Abzustellen ist nicht darauf, ob das Produkt abstrakt als Soße kategorisiert werden könnte, sondern darauf, wie das Produkt im konkreten Herstellungsvorgang verwendet wird. Im hier zu entscheidenden Fall wird die Würzlake zum rohen Fleisch gegeben und in einem Tumbler mehrere Stunden vermengt. Die Würzlake wird zum Einlegen und Marinieren von rohem Fleisch verwendet und nicht als Soße zum gegarten Fleischprodukt gegessen. Demnach handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein Würzmittel und nicht um eine Soße, weshalb die Phosphate nicht zugelassen sind. Die Ansicht in der Kommentierung (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band III, Stand Juli 2014, C 120 § 2 Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, Rn. 422) die eine Würzsoße als Soße eingruppiert, teilt die Kammer aus obigen Gründen nicht.

cc) In Würzmitteln ist Zellulose zulässig (siehe oben). Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 67 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung ist die Zellulose in der Würzmischung enthalten und wird nicht - wie im Fall des Verwaltungsgerichts Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) - gesondert hinzugegeben. Deshalb darf Zellulose - wie die Vertreterin des LGL auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat - über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen des rohen Fleischdrehspießes verwendet werden. Es findet eine „Migration“ von Zellulose über die eingesetzte Würzlake statt.

e) Nach Überzeugung der Kammer ist die Verwendung von Diphosphaten und Triphosphaten über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“) mit der Verordnung in Einklang zu bringen.

aa) Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 regelt den umgekehrten Fall zu Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008. Ein Lebensmittelzusatzstoff darf danach enthalten sein in einem Lebensmittel, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet wird, sofern Letzteres dieser Verordnung genügt.

aaa) Die Würzlake der Klägerin, welche als Würzmittel zu kategorisieren ist (siehe oben), ist ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. Lebensmittel sind demnach alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwarten werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. In der Lebensmittelkategorie Würzmittel sind Phosphate nicht zugelassen (siehe oben).

bbb) Die von der Klägerin verwendete Würzlake wird auch ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels, des Fleischdrehspießes, verwendet.

ccc) Das Würzmittel wird nach Auffassung der Kammer objektiv gesehen alleine dafür verwendet, ein Fleischerzeugnis herzustellen. In Fleischerzeugnissen nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Phosphate zugelassen (siehe oben). Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 unter dem Begriff des „zusammengesetzten Lebensmittels“ auf den rohen Fleischdrehspieß (=Fleischzubereitung) oder auf den gegarten Fleischdrehspieß (=Fleischerzeugnis) abgestellt werden muss. Nach Überzeugung der Kammer muss hierbei auf den gegarten Fleischdrehspieß abgestellt werden.

Das LGL vertritt hierbei die Ansicht, dass im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ einzig auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden könne. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 stelle auf das Inverkehrbringen ab. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 sei das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies sei im Fall der Klägerin die Abgabe des rohen Fleischdrehspießes an den Imbissbetreiber. Würde man dies anders sehen und die Phosphate über den umgekehrten Migrationsgrundsatz zulassen, dann wären viele zusatzstoffrechtliche Regelungen der VO (EG) 1333/2008 obsolet.

Dieser Auffassung folgt die Kammer aus folgenden Erwägungen nicht:

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 spricht von „Zubereitung“ eines zusammengesetzten Lebensmittels. Der Begriff „Zubereitung“ ist nach Ansicht der Kammer weit zu fassen. Eine Speise ist zubereitet, wenn sie verzehrfertig ist. Die Zubereitung kann somit auch das Endprodukt erfassen, in dem Fall hier streitigen Fall der Klägerin den gegarten Fleischdrehspieß. Der Wortlaut der Norm zwingt nicht zu einer engen Auslegung der Gestalt, dass nur auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden darf. Vielmehr lässt der Wortlaut auch eine weitere Auslegung im Hinblick auf das Endprodukt zu.

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 stellt auch nicht ausdrücklich auf das „Inverkehrbringen“ ab. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin als Herstellerin den rohen Fleischdrehspieß erstmals durch die Abgabe an den Imbissbetreiber in Verkehr bringt. Und es ist dem Beklagten auch darin zuzustimmen, dass die Verordnung in Art. 5 VO (EG) 1333/2008 auf das „Inverkehrbringen“ abstellt. Die Tatsache, dass das Tatbestandsmerkmal „Inverkehrbringen“ im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 fehlt und vor dem Hintergrund, dass der Gesetzeswortlaut den Begriff „Zubereitung“ enthält, legt nahe, den Anwendungsbereich des umgekehrten Migrationsgrundsatzes weiter zu fassen, als dies der Beklagte vertritt. Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 rechtfertigt eine solche enge Auslegung, wie sie der Beklagte fordert, nicht.

Dass Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 einer weiten Auslegung zugänglich ist und es sachgerecht ist, auf das Enderzeugnis abzustellen, wird auch durch die Ausführungen unter Nr. 2 c des Guidance document on the carry-over principle gestützt; dort heißt es auszugsweise:

„This provision is in particular important for food ingredients that are sold between business operators. In such a case the use of additives can be permitted in foods (such as intermediary products), in which they would not otherwise be permitted, provided that those foods are to be used solely in the preparation of a compound food that will be conform to the relevant Regulations.“

Die Leitlinien nehmen somit ausdrücklich auf die Handelskette zwischen zwei Unternehmern Bezug und stellen darauf ab, dass genau in diesen Fällen die Vorschrift des „reverse carry over Grundsatzes“ besonders wichtig wird. Dabei wird ausdrücklich auf sog. „intermediary products“ Bezug genommen, die im Deutschen als „Zwischenprodukte“ übersetzt werden können.

Auch der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch den direkten Zusatz auch durch die Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt. Der Gesetzgeber schreibt ausdrücklich „Enderzeugnis“ in die Erwägungsgründe. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß, abgestellt werden kann.

Für das Abstellen auf den Endverbraucher und in diesem Zusammenhang auf das Fleischerzeugnis spricht auch der Sinn und Zweck der VO (EG) 1333/2008. Art. 1 dieser Verordnung bestimmt, dass die Regelungen ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit der Menschen und ein hohes Niveau des Schutzes der Verbraucher einschließlich des Schutzes der Verbraucherinteressen gewährleisten sollen. Auch Art. 6 der Verordnung stellt den Verbraucherschutz in den Vordergrund: Der Lebensmittelzusatzstoff muss bei der vorgeschlagenen Dosis für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich sein. Auch die Erwägungsgründe (2), (3) und (7) der VO (EG) 1333/2008 stellen maßgeblich auf den Verbraucherschutz ab. Der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch direkten Zusatz auch durch Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt.

Der Verbraucher- und Gesundheitsschutz ist im hier zu entscheidenden Fall durch die Anwendung des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 gewährleistet. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß enthalten sein dürfen. So führt das LGL in seinem Schreiben vom 2. März 2015 ausdrücklich aus: „Zwar darf ein Gastronom beispielsweise Phosphate und Zellulose einem Drehspieß zusetzen, welchen er selbst in seinem Betrieb produziert, wenn dieses Produkt im gegarten Zustand ausschließlich in diesem Betrieb in den Verkehr gebracht wird, da dieses zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens als Fleischerzeugnis einzustufen ist“ (vgl. Blatt 86 der Gerichtsakte). Es ist nicht ersichtlich, weshalb unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes der Endverbraucher im Falle eines zwischengeschalteten Fleischdrehspießherstellers die Zusatzstoffe nicht konsumieren dürfte, im Falle der Eigenproduktion des Imbissbetreibers aber schon. Wenn die Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß zugelassen sind, macht es für den Verbraucher keinen Unterschied, wenn diese auch im rohen Fleischdrehspieß enthalten sind. Auch der Einwand des LGL, der Imbissbetreiber, der den Fleischdrehspieß selbst produziert, bräuchte die Zusatzstoffe nicht, weil eine Wasserbindung in diesem Fall nicht sinnvoll sei, überzeugt nicht. Denn zum einen könnte der Imbissbetreiber die Spieße auf Vorrat produzieren, einfrieren, später durchgaren und an den Endverbraucher verkaufen. Auch in diesem Fall wären die Zusatzstoffe für die Festigkeit und Bindung des Spießes nützlich. Weil die Fleischdrehspieße in diesem Fall erstmalig durch den Verkauf an den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden, dürfte der Fleischdrehspieß mit den Zusatzstoffen versetzt sein. Zum anderen ist maßgebend, dass der Imbissbetreiber nach der Verordnung die streitigen Zusatzstoffe zulässigerweise verwenden dürfte. Ob dies sinnvoll ist oder nicht, ist unerheblich. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe nicht gesundheitsgefährdend sind. Es ist auch unstreitig, dass die Zusatzstoffe angegeben werden und es deshalb zu keiner Irreführung kommt. Es wurde auch nie beanstandet, dass die Klägerin zu viel Wasser in ihren Fleischdrehspießen verarbeitet.

Auch das CVUA ... weist in einem Schreiben vom 26. Januar 2015 (Blatt 75 der Gerichtsakte) darauf hin, dass zur Herstellung eines Fleischdrehspießes die Zusatzstoffe unter dem Aspekt des „reverse carry over Grundsatzes“ (Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008) zulässig sind. Das CVUA legt seiner Beurteilung zugrunde, dass der rohe Fleischdrehspieß ein sog. Halbfabrikat darstellt. Dieses Halbfabrikat sei hinsichtlich seines Verwendungszwecks (i.d.R. „vor dem Verzehr durchgaren“) eindeutig zu kennzeichnen. Regelungen bezüglich der Höchstmenge, Kennzeichnung und Kenntlichmachung seien zu beachten.

Daraus folgt, dass das auch CVUA im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß abstellt, welches ein Fleischerzeugnis ist.

Das CVUA ... erteilte in einem Schreiben vom 29. Januar 2015 (Blatt 96 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679) die Auskunft, dass der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auch auf Halbfabrikate und Zwischenprodukte angewandt werden könne. Bei den Drehspießen, die als Halbfabrikate angesehen werden, finde der sog. „reverse carry over Grundsatz“ Anwendung, weshalb der Zusatz der Phosphate zulässig sei. Die Erwägungsgründe (7) der VO (EG) 1333/2008 und (11) der VO (EU) Nr. 601/2014 stellen auf den Verbraucherschutz ab. Ob der Herstellungsprozess durch die Abgabe eines Halbfabrikats an eine andere Person, die den Herstellungsprozess beende, unterbrochen werde, spiele hier keine Rolle. Der Zweckbestimmung des Halbfabrikats komme hier eine besondere Bedeutung zu. Das Lebensmittel dürfe in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nur in der zweckbestimmten Form - in der Regel der Verzehr als Fleischerzeugnis - Verwendung finden. Die Halbfabrikate seien bezüglich ihres Verwendungszwecks eindeutig zu kennzeichnen und ein Verzehr als Halbfabrikat sei dabei faktisch auszuschließen.

Die Kammer folgt diesem Ansatz, dass im Falle eines Halbfabrikats im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt abgestellt werden muss. Der rohe Fleischdrehspieß ist einzig dazu bestimmt, im gegarten Zustand vom Verbraucher konsumiert zu werden. Ein Verzehr im rohen Zustand ist nicht vorgesehen. Sinn und Zweck der Verordnung ist der Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Abzustellen ist daher auf den Endkonsumenten, der ein Fleischerzeugnis zu sich nimmt. Dürfen die Zusatzstoffe im Endprodukt enthalten sein, dann ist es sachgerecht, dass sie auch im Zwischenprodukt oder Halbfabrikat enthalten sein können. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Herstellungsvorgang des rohen Fleischdrehspießes beendet ist. Der Fleischdrehspieß muss lediglich noch in einem letzten Verarbeitungsschritt durchgegart werden, so dass durch das Durchgaren aus der Fleischzubereitung ein Fleischerzeugnis wird. Die strikte und enge Auslegung des Migrationsgrundsatzes, welche das LGL vertritt, ist im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nicht angelegt und auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung nicht zu rechtfertigen. Dem Verbraucher- und Gesundheitsschutz wird im Falle des Abstellens auf den gegarten Fleischdrehspieß Rechnung getragen. Die Vertreterin des LGL führt auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hierzu aus, dass die Zusatzstoffe in der zugelassenen Menge nicht gesundheitsgefährdend sind.

Entscheidend für das Abstellen auf den gegarten Fleischdrehspieß im Rahmen der Anwendung des „reverse carry over Grundsatzes“ spricht auch, dass anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 20 EU-GR-Charta vorliegt, der nicht gerechtfertigt ist. Die Anwendung von europäischem Sekundärrecht muss mit europäischem Primärrecht in Einklang stehen. Deshalb ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Grundrechtecharta EU zu beachten. Der Fleischdrehspießhersteller, der einen rohen Fleischdrehspieß und damit eine Fleischzubereitung herstellt und in Verkehr bringt, darf die Zusatzstoffe nicht verwenden. Der Gastronom, der den Fleischdrehspieß selbst herstellt, dürfte die Zusatzstoffe verwenden, weil er das Produkt im gegarten Zustand, also ein Fleischerzeugnis, in Verkehr bringt. Dies stellt nach Auffassung der Kammer eine Ungleichbehandlung dar. Gleiches ist grundsätzlich gleich zu behandeln. Fleischdrehspieße werden aber sowohl im Falle der Herstellung als Halbfabrikat als auch im Falle der Herstellung unmittelbar am Ort des Durchgarens dazu bestimmungsgemäß hergestellt, um durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. In Betracht käme als Rechtfertigung der Verbraucher- und Gesundheitsschutz, welcher Sinn und Zweck der Verordnung ist (siehe oben). Da aber der Verbraucher, der einen gegarten Drehspieß isst, die Zusatzstoffe nach der Verordnung konsumieren darf, ist nicht ersichtlich, wie über den Verbraucherschutz ein Verbot der Verwendung von Di- und Triphosphaten bei der Herstellung und dem Inverkehrbringen von rohen Fleischdrehspießen gerechtfertigt werden könnte. Andere Rechtfertigungsgründe als der Verbraucher- und Gesundheitsschutz sind von dem Beklagten weder vorgetragen worden noch sind diese ersichtlich. Deshalb ist es nach Ansicht der Kammer wegen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sachgerecht und geboten, im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf den gegarten Fleischdrehspieß als Fleischerzeugnis abzustellen. Die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwingt den Gesetzesanwender dazu, im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zusammengesetztes Lebensmittel“ in Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt, welches ein Fleischerzeugnis ist, abzustellen.

bb) Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 67 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung sind die Zusatzstoffe in der Würzmischung enthalten und werden nicht gesondert hinzugegeben, weshalb eine „Migration“ über den „reverse carry over Grundsatz“ möglich ist.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i. V. m.

§§ 708 ff. ZPO.

6. Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist, über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgeht und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 124 Rn. 10). Es besteht ein Bedürfnis, höchstrichterlich zu klären, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist. Bisher gibt es keinen bundeseinheitlichen Vollzug. Die Behördenpraxis in Bayern zeigt, dass eine große Unsicherheit besteht, wie mit der Änderung der Verordnung umzugehen ist. Ein Teil der Behörden erlässt Verbote mit der Anordnung des Sofortvollzugs, andere Behörden warten ab oder erteilen - so wie im hiesigen Fall - lediglich Hinweise. Es bedarf einer höchstrichterlichen Klärung, um diesen Zustand der Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Aktenzeichen: Au 1 K 14.1679

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

1. Kammer

Sachgebiets-Nr. 541

Hauptpunkte:

Feststellungsklage,

Abgrenzung „Fleischzubereitung“ von „Fleischerzeugnis“ im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004;

Verwendung der Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) bei der Herstellung von rohen Fleischdrehspießen;

Anwendung des Migrationsgrundsatzes;

Abgrenzung „Soße“ von „Würzmittel“;

Gleichheitsgrundsatz;

Rechtsquellen:

Leitsätze

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

wegen lebensmittelrechtlicher Anordnung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 1. Kammer,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Es wird festgestellt, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/08 vereinbar ist.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

Die Klägerin ist Herstellerin von marinierten und gewürzten Fleischdrehspießen. Verschiedene Fleischstücke werden dabei in einem sogenannten „Tumbler“ mit einer Soße/Würzmischung zusammengegeben und mehrere Stunden gemischt. Diese Soße/Würzmischung, welche die Klägerin selbst herstellt oder auch zukauft, enthält neben Wasser, Öl und Gewürzen unter anderem auch die Zusatzstoffe Diphosphat, Triphosphat sowie Zellulose. Sie kann auch gesondert bei der Klägerin erworben werden. Nach dem Vermischen wird der Drehspieß geformt, gesteckt, tiefgefroren, verpackt und im Rohzustand an Imbissbetriebe verkauft. Dort wird der Fleischdrehspieß senkrecht stehend drehend gegrillt und das Fleisch gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher verkauft.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vertritt in einem Gutachten vom 26. August 2014 die Auffassung, dass solche Fleischdrehspieße Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 seien und die Produkte deshalb der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen seien. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 08.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) für Fleischzubereitungen nicht zugelassen.

Aufgrund dieses Gutachtens erließ das Landratsamt ... am 19. September 2014 ein Schreiben, in welchem die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sämtliche in den Betrieben der Klägerin hergestellten Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der Verordnung (EG) 853/2004 einzustufen seien. Diese seien der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß Anhang II Teil E der Verordnung (EG) 1333/2008 zuzuordnen. Deshalb dürften für die Produktion von Fleischdrehspießen keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose verwendet werden. Im Anschluss an diesen Hinweis wurde eine Verpflichtungserklärung von der Klägerin abgegeben, als Zulassungsinhaberin ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten, insbesondere keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose zu verwenden. Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneute darauf hin, dass die oben genannten Zusatzstoffe nicht verwendet werden dürften. Lebensmittel, welche die nicht zugelassenen Zusatzstoffe enthielten, seien nicht mehr verkehrsfähig und würden entsprechend gemaßregelt werden. Beide Schreiben enthielten keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 21. November 2014 ließ die Klägerin gegen das Schreiben vom 19. September 2014 Klage erheben. Der Bevollmächtigte der Klägerin meint, die Verfügungen seien nicht rechtmäßig, weil die Klägerin die benannten Zusatzstoffe verwenden dürfe. Die Zellulose (E 460) sei in Anhang II Teil E der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet und dürfe nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden. Bei den Produkten der Klägerin handle es sich aber nicht um unbehandeltes Fleisch. Die Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat (E 450 und E 451) seien in der Verordnung (EG) Nr. 601/2014 für Fleischerzeugnisse zugelassen. Die Fleischdrehspieße seien als Fleischerzeugnisse einzustufen. Selbst wenn man diese den Fleischzubereitungen zuordnen würde, dürften die Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 zumindest über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) Nr. 1333/2008 (sog. „carry over Grundsatz“) verwendet werden. Nach der Definition von Fleischzubereitung sei die Zugabe von Würzen bzw. Würzmitteln sowie Zusatzstoffen üblich. Dies werde speziell zu Gyros unter Nr. 08.1.2 in den Leitlinien (Guidance document describing the food categories in part E of Annex II to Regulation (EC) No. 1333/2008) ausgeführt. Würden demnach Fleischzubereitungen unter Verwendung von Würzmitteln oder Würzsoßen hergestellt, dürften diese wiederum die für die Würzmittel oder Würzsoßen zugelassenen Zusatzstoffe enthalten. Der Erwägungsgrund (18) der Verordnung (EU) Nr. 601/2014 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 erkläre den Migrationsgrundsatz gemäß Art. 18 Abs. 1 a der EU-Verordnung in Fleischzubereitungen für anwendbar. Zellulose dürfe als Zusatzstoff der Gruppe I einer Würzsoße oder einem Würzmittel zugegeben werden und könne daher ebenfalls über den Migrationsgrundsatz Bestandteil einer Fleischzubereitung werden. Die Marinade sei eine Soße und kein Würzmittel. Nach Nr. 12.2.2 der Leitlinien würden Würzmittel zu einem Gericht gereicht („added to a meal“). Es stünde dort gerade nicht „added to a foodstuff“. Die Begriffe „seasoning/condiment“ erfassten ausweislich der Definition keine Soßen. Würzmittel würden auch einer Mahlzeit zugesetzt. Zwar bestimme die Leitlinie unter Nr. 12.6, dass unter Soßen auch sog. „ready to eat“ Soßen zu subsumieren seien, aber eben auch „concentrated products“, wie die hier verwendete Würzmischung, was sich aus dem Wortlaut „or“ ergebe. Das LGL verkenne, dass das Kriterium der unmittelbaren Verzehrfähigkeit („ready to eat“) lediglich als Abgrenzungskriterium zu „dehydrated/concentrated products“ erwähnt werde. Des Weiteren werde in den Leitlinien der Begriff „marinades“ ausdrücklich genannt. Die einschlägige Kommentierung fasse eine Marinade unter den Begriff der Soße. Zudem biete die Klägerin die Soße auch gesondert zum Verkauf an. Durch den Produktionsverlauf entstehe eine brätähnliche Substanz. Für Brät sei aber die Zugabe von Phosphaten unstreitig zugelassen. Daneben bestehe die Möglichkeit des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Danach dürfe ein Lebensmittelzusatzstoff in einem Lebensmittel enthalten sein, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet werde, sofern letzteres dieser Verordnung genüge. Sofern Würzmittel und Soßen ausdrücklich für die Zubereitung von Drehspießen bestimmt seien, dürfe dieses Präparat auch alle Zusatzstoffe enthalten, die für die Zubereitung des zusammengesetzten Lebensmittels (gegarter Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei) zugelassen seien. Der Einsatz der Soßen und Würzmittel erfolge, um einen gegarten Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei, herzustellen. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) und das CVUA Rhein-Ruhr-Wupper gingen davon aus, dass zur Herstellung von Fleischdrehspießen unter dem Aspekt des „reverse carry over“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Zusatzstoffe verwendet werden dürften, die für die Herstellung von Fleischerzeugnissen zulässig seien. Da in einem Fleischerzeugnis die streitgegenständlichen Zusatzstoffe zugelassen seien, die Zweckbestimmung des Halbfertigprodukts „roher Drehspieß“ aber gerade das Durchgaren voraussetze, um ihn verzehren zu können, müsse bei dem Halbfertigprodukt, das zwar eine Fleischzubereitung darstelle, der Einsatz der streitgegenständlichen Zusatzstoffe auch zulässig sein (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Das Halbfertigprodukt sei nur ein Zwischenprodukt, das gar nicht für den unzubereiteten Verzehr gedacht sei. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher sei er durchgegart, weshalb ein Fleischerzeugnis vorliege. Dies bedeute, dass Imbissbetreiber, die in ihrem Betrieb einen Drehspieß herstellten, die in Frage stehenden Zusatzstoffe einsetzen dürften. Dieser Unterschied sei nicht nachvollziehbar, wenn man darauf abstelle, dass der Dönerspieß dafür gemacht sei, nicht roh verzehrt, sondern durchgegart an den Endverbraucher abgegeben zu werden. Für Bräte und Kassler seien die Zusatzstoffe ausdrücklich zugelassen. Warum der Drehspieß nicht aufgeführt sei, sei nicht nachvollziehbar und systemwidrig. Wenn schon in einem Brät (Leberkäse), das dazu bestimmt sei, roh an den Endverbraucher abgegeben zu werden, Phosphate eingesetzt werden dürften, dann sei erst recht der Einsatz von Phosphaten in Lebensmitteln zulässig, die dazu bestimmt seien, durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Die Argumentation, es ginge um gesundheitliche Belange, sei deshalb gekünstelt. Das in der bayerischen Vollzugspraxis normierte Verwendungsverbot von Zusatzstoffen in Fleischdrehspießen stelle ein nicht zu rechtfertigendes Berufsausübungsverbot dar und verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz.

Die Klägerin beantragte zunächst,

den Verwaltungsakt des Beklagten vom 19. September 2014 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass die Verwendung von Zusatzstoffen wie Diphosphat, Triphosphat und Zellulose in den Fleischdrehspießen der Klägerin zulässig ist.

Die Klage wurde am 19. Januar 2015 umgestellt. Die Klägerin beantragt zuletzt

festzustellen, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand nicht gegen die Verordnung (EG) 1333/2008 verstößt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es handle sich dann um eine Fleischzubereitung, wenn nur Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben werden oder das Lebensmittel einem Verfahren unterzogen werde, das nicht ausreiche, die innere Muskelstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale des frischen Fleisches zu beseitigen. Sofern ein Herstellungsverfahren sicherstelle, dass die innere Muskelstruktur des Fleisches verändert werde und die Merkmale des frischen Fleisches nicht mehr erfüllt werden, liege ein Fleischerzeugnis nach Anhang I Nr. 7.1 VO (EG) NR. 853/2004 vor. Unter Berufung auf das Gutachten des LGL vom 26. August 2014 gehe der Beklagte davon aus, dass die Fleischdrehspieße als Lebensmittelzubereitung i. S. d. Anhangs I Nr. 1.15 VO (EG) 853/2004 einzustufen seien. Für Fleischzubereitungen seien diese Zusatzstoffe nicht zugelassen. Selbst wenn es ein Fleischerzeugnis sei, müsse eine Erweiterung der EU-Zulassung beantragt werden. Die verwendete Marinade sei ferner keine Soße i. S. d. Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, weshalb die Zusatzstoffe auch nicht über den Migrationsgrundsatz zugelassen werden könnten. Würzmittel würden während des Zubereitungsvorganges hinzugegeben, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher.

Das LGL teilte mit Schreiben vom 2. März 2015 mit, dass der sog. „reverse carry over Grundsatz“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 hier keine Anwendung finden könne, weil anderenfalls viele zusatzstoffrechtlichen Regelungen der Verordnung obsolet wären. Zudem wären bei dieser Betrachtungsweise die bestehenden Sonderregelungen für Halbfabrikate wie Kassler und Bräte überflüssig. Da es auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens ankomme, dürfe für die zusatzstoffrechtliche Beurteilung nicht nur auf die letztendliche Zweckbestimmung des Lebensmittels abgestellt werden, sondern auf die Abgabe als vorverpackte Ware an die Gastronomiebetriebe. Die Zugabe der streitgegenständlichen Zusatzstoffe diene der Bindung größerer Mengen Wasser. Eine technologische Notwendigkeit sei nicht gegeben. Durch die Verbote solle der übermäßige Wasserzusatz zu Fleisch verhindert werden.

Die Klägerin erwiderte, die Ausführungen unter Nr. 2 c des Guidance document on the carry-over principle betonten die Anwendung des „reverse carry over Grundsatzes“ im Hinblick auf den Verkauf von Händler zu Händler. Die Zusatzstoffe seien im gegarten Zustand unstreitig zulässig. Damit sei deren Verwendung auch im Halbfertigerzeugnis erlaubt. Die Vollzugspraxis des Beklagten stelle einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Grundfreiheiten dar. Je nach Art der Produktion bzw. der Herstellungsweise wären in ein und demselben Produkt, das der Verbraucher verzehrt, einmal Zusatzstoffe verboten sowie ein anderes Mal erlaubt. Mit dem Verbraucherschutz könne man dies nicht rechtfertigen. Solch ein Verbot sei auch unverhältnismäßig, da unstreitig keine Gesundheitsgefahr bestehe. Eine geeignete Etikettierung, die den Verbraucher über die Zusammensetzung des Lebensmittels informiere, sei ein deutlich milderes Mittel.

Die Klägerin erklärte weiter, ohne die streitigen Zusatzstoffe könne der Drehspieß nicht sachgerecht hergestellt werden. Die Phosphate hätten bereits in der Soße/Würzmischung eine regulierende Wirkung, daneben seien sie von zentraler Bedeutung für die Konsistenz des Spießes. Versuche hätten ergeben, dass ohne die Zusatzstoffe kein Spieß mit der für den weiteren Produktionsprozess erforderlichen Konsistenz hergestellt werden könne. Überdies sei die Wassermenge ein Problem allenfalls der Irreführung.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass dann, wenn der Imbissbetreiber das Fleisch und die Würzmischung selbst mischt und den Fleischdrehspieß selbst steckt, die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe nicht zu beanstanden ist. Die streitgegenständlichen Zusatzstoffe sind bei einer Verwendung in der üblichen Menge auch nicht gesundheitsschädlich. Es wurde ferner unstreitig gestellt, dass die Verwendung von Zellulose in den rohen Fleischdrehspießen über die Anwendung des Migrationsgrundsatzes nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig ist.

Am 14. Juli 2015 fand mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

1. Gegenstand der Klage ist die Feststellung, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

2. Die Klage ist zulässig.

Sie ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Frage, ob die genannten Zusatzstoffe in den von der Klägerin hergestellten Fleischdrehspießen verwendet werden dürfen, stellt ein solches Rechtsverhältnis dar. Auch hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (§ 43 Abs. 1 letzter Hs VwGO). Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe in rohen Fleischdrehspießen zulässig ist. Das Landratsamt ... hat mit Schreiben vom 19. September 2014 darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Produktion ihrer Fleischdrehspieße keinerlei Diphosphat, Triphosphat und Zellulose verwenden darf. Zudem hat sich die Klägerin verpflichtet, ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten (Blatt 8 der Gerichtsakte). Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneut darauf hin, dass die Zusatzstoffe bei der Herstellung von Fleischzubereitungen keinesfalls verwendet werden dürfen. Es wurde ausdrücklich angeführt, dass zukünftig in der Produktion vorgefundene Fleischzubereitungen, die nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, als Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig sind und entsprechend gemaßregelt werden (vgl. Blatt 53 der Gerichtsakte). Die Verwendung unzulässiger Lebensmittelzusatzstoffe ist strafbewehrt. Die Klägerin benötigt nach ihren Angaben die genannten Zusatzstoffe, um die Konsistenz des Fleischdrehspießes sicherzustellen. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, feststellen zu lassen, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe in der Produktion von Fleischdrehspießen zulässig ist oder ob sie gegen Gesetze verstößt und die Klägerin sich damit strafbar macht.

3. Die Klage ist auch begründet.

Bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand ist die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 zu vereinbaren. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 4 i. V. m. Anhang II i. V. m. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 vor.

a) Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008 geregelt, die am 20. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt in Lebensmitteln verwendet und in Verkehr gebracht werden. Steht die Verwendung eines Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden (sog. Verbotsprinzip). Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11. November 2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt der Anhang ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4. Juni 2014 mit Wirkung vom 25. Juni 2014 geändert. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden. Seit dem 25. Juni 2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorie 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse).

b) Nach der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischzubereitungen grundsätzlich nicht zugelassen. Ausnahmsweise sind die streitigen Phosphate in „breakfast sausages“, „Finnischem Weihnachtsschinken“, „burger meat“, „Kassler“ und „Brät“ zugelassen.

Nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 dürfen Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischerzeugnissen verwendet werden.

c) Bei der Beurteilung, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen mit der VO (EG) 1333/2008 vereinbar ist, ist maßgeblich, welchen dieser o. g. Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen rohen Fleischdrehspieße zuzuordnen sind.

Nach Überzeugung der Kammer sind die rohen Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 einzuordnen. Deshalb sind die streitigen Zusatzstoffe grundsätzlich nicht zugelassen.

Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend ist, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Unter Zugrundelegung dieser Definitionen folgt die Kammer - wie auch das Verwaltungsgericht Regensburg (B. v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) - insoweit der überzeugenden fachlichen Einschätzung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 26. August 2014 bzw. vom 2. Oktober 2014. Die rohen Fleischdrehspieße sind demnach als Fleischzubereitung einzuordnen, weil das Mischen des Fleisches mit der Würzlake in einem sog. Tumbler nicht geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Das LGL führt nachvollziehbar aus, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake aus Wasser und/oder Öl. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch das Tumbeln und Einspritzen einer Würzlake, reichen nicht aus, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt werden. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18. Dezember 2013. Nach diesem in englischer Sprache abgefassten Dokument gehört auch das Produkt „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Demnach wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch Fleischdrehspieße, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden. Auch Kassler und Brät werden als Fleischzubereitung eingestuft. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kassler wird unter Verwendung von Pökelsalz und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch gebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das Tumbeln als ein vollständiges Durchmarinieren bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Fleischdrehspießen wird Kassler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

Maßgebend ist hierbei der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fleischdrehspießes. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 ist das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies ist hier die Abgabe des Fleischdrehspießes in rohem Zustand an die Imbissbetreiber. Deshalb vermag das Argument des Bevollmächtigten der Klägerin, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissbetreiber zerstört und es handle sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis, nicht zu überzeugen. Es ist zwar richtig und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich bei dem gegarten Fleischdrehspieß um ein Fleischerzeugnis handelt, in dem die streitigen Zusatzstoffe zugelassen sind. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den einzelnen Imbissbetrieb ist der Fleischdrehspieß aber noch roh und die Fleischstruktur ist noch zu erkennen. Auf diesen Zeitpunkt kommt es maßgeblich an. Im Übrigen gehen auch die von dem Bevollmächtigten zitierten Gutachter davon aus, dass der rohe Fleischdrehspieß eine Fleischzubereitung ist (vgl. Schreiben des Labor ... vom 24.9.2014 Blatt 19 der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1461; Aufsatz von ..., Vom Fleisch bis zum Kassler Blatt 92 ff. der Gerichtsakte; Schreiben des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Stuttgart vom 26.1.2015, Blatt 99 f. der Gerichtsakte; Schreiben des CVUA Rhein-Ruhr-Wupper vom 29. Januar 2015 Blatt 96 ff. der Gerichtsakte).

d) Die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat ist zunächst auch nicht ausnahmsweise über den sog. Migrationsgrundsatz („carry over Grundsatz“) nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig. Die Verwendung von Zellulose ist hingegen - zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig - über Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 möglich.

aa) Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 ist grundsätzlich anwendbar. In Tabelle 1 des Anhangs II Teil A der VO (EG) 1333/2008 sind die Lebensmittel aufgeführt, in denen nach dem Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a der VO (EG) 1333/2008 Zusatzstoffe nicht zugelassen werden dürfen. Ausdrücklich ausgenommen sind Fleischzubereitungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Dies bedeutet, dass Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei Fleischzubereitungen grundsätzlich Anwendung findet.

bb) Nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Der rohe Fleischdrehspieß ist ein zusammengesetztes Lebensmittel, das nicht in Anhang II aufgeführt ist. Es kommt damit entscheidend darauf an, ob die von der Klägerin verwendete Würzlake als „Soße“ oder „Würzmittel“ einzustufen ist.

In „Soßen“ der Kategorie 12.6 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 sind sowohl Zellulose als auch Diphosphate und Triphosphate zugelassen. In „Würzmitteln“ der Kategorie 12.2.2 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Zellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate dürfen hingegen nicht verwendet werden.

Die Klägerin argumentiert damit, dass die von ihr verwendete Würzmarinade eine „Soße“ sei, in welcher die Zusatzstoffe erlaubt seien. Deshalb dürften die streitigen Zusatzstoffe auch in dem rohen Fleischdrehspieß vorhanden seien. Die Klägerin meint, Würzmittel würden nach den Leitlinien 12.2.2 zu einem Gerichte gereicht („added to a meal“). Die Vorgabe, welche das LGL herauslesen wolle, dass ein Würzmittel zur Herstellung eines Lebensmittels gedacht sei, würde lauten „added to a foodstuff“. Dieser Wortlaut finde sich aber gerade nicht in den Leitlinien. Das Fleisch werde in der Soße mariniert, d. h. diese Soße werde zur Herstellung des Fleischdrehspießes verwendet und nicht zum Fleischdrehspieß verzehrt. Zu Soßen gehörten zwar auch „ready to eat“ Soßen, aber eben auch „konzentrierte Produkte“ („concentrated products“), wie die verwendete Würzmischung. Das werde durch das Wort „or“ deutlich. Das LGL verkenne, dass das Kriterium der unmittelbaren Verzehrfähigkeit lediglich als Abgrenzungskriterium zu „dehydrated/concentrated products“ erwähnt werde. Des Weiteren werde in den Leitlinien der Begriff „marinades“ ausdrücklich genannt. Die Klägerin biete die Soße auch gesondert zum Verkauf an.

Dieser Argumentation folgt die Kammer nicht.

Übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (B. v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und dem Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) ist die Kammer der Überzeugung, dass die von der Klägerin verwendete Würzlake nicht als „Soße“ im Sinne der Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, sondern vielmehr als „Würzmittel“ im Sinne der Nr. 12.2.2 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008 zu erfassen ist.

Das „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 umschreibt unter Nr. 12.6 „Sauces“ wie folgt:

„This category covers ready-to-eat, dehydrated or concentrated products, including sauce, gravy, mayonnaise, ketchup and tomato-based sauces, salad cream, dressing, marinades and similar products. (…).“

„Seasonings and condiments“ nach Nr. 12.2.2 werden wie folgt beschrieben:

„A seasoning is a blend of food ingredients added as necessary to achieve an improvement in taste, eating quality and/or functionality of a food. It typically contains one or more herbs and/or spices and other flavor-enhancing or flavor-imparting ingredients. A condiment is usually added to a meal to provide a particular taste or enhance its flavor. (…).“

Das LGL führt in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 nachvollziehbar aus, dass nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“ ist. Demnach seien unter die Kategorie 12.6 „Soßen“ nur solche Soßen einzuordnen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen würden bei der Herstellung der Fleischdrehspieße nicht verwendet werden, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) falle (vgl. VG Regensburg, B. v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635; BayVGH, B. v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521).

Die Kammer folgt insoweit der fachlichen Einschätzung des LGL. Die Leitlinien sind in englischer Sprache gefasst. Die Kammer berücksichtigt, dass es möglicherweise sprachliche Unterschiede gibt und dass Begriffe je nach Land unterschiedlich weit gefasst werden können. Die Kammer bezieht deshalb in ihre Erwägungen neben den Leitlinien, die nur als Anhaltspunkt dienen können und nicht bindend sind, auch den allgemeinen Sprachgebrauch und die allgemeine Verkehrsauffassung mit ein. Demnach sind nach Auffassung der Kammer Soßen nach der Umschreibung in den Leitlinien (ready to eat) und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung verzehrfertig und können als solche auch verzehrt werden. Soßen sind eigenständig und werden in dieser Funktion getrennt zu einem Gericht gereicht und üblicherweise nicht zur Herstellung eines Gerichts verwendet. Dem Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass Würzmittel üblicherweise während des Zubereitungsvorgangs zugegeben werden, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher. Zwar mag es sein, dass es Würzmittel gibt, die als Würzsoßen bezeichnet werden. Diese werden aber nicht als eigenständiges Produkt zu einem Gericht gereicht, sondern zur Würzung zugegeben. Maßgebend ist die konkrete Zweckbestimmung der von der Klägerin verwendeten Würzlake im dafür vorgesehenen Produktionsablauf. Abzustellen ist nicht darauf, ob das Produkt abstrakt als Soße kategorisiert werden könnte, sondern darauf, wie das Produkt im konkreten Herstellungsvorgang verwendet wird. Deshalb ist es unerheblich, dass die Klägerin die Würzlake auch gesondert verkauft. Im hier zu entscheidenden Fall wird die Würzlake zum rohen Fleisch gegeben und in einem Tumbler mehrere Stunden vermengt. Die Würzlake wird zum Einlegen und Marinieren von rohem Fleisch verwendet und nicht als Soße zum gegarten Fleischprodukt gegessen. Demnach handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein Würzmittel und nicht um eine Soße, weshalb die Phosphate nicht zugelassen sind. Die Ansicht in der Kommentierung (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band III, Stand Juli 2014, C 120 § 2 Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, Rn. 422) die eine Würzsoße als Soße eingruppiert, teilt die Kammer aus obigen Gründen nicht.

cc) In Würzmitteln ist Zellulose zulässig (siehe oben). Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 36 der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung ist die Zellulose in der Würzmischung enthalten und wird nicht - wie im Fall des Verwaltungsgerichts Regensburg (B. v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) - gesondert hinzugegeben. Deshalb darf Zellulose - wie die Vertreterin des LGL auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat - über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen des rohen Fleischdrehspießes verwendet werden. Es findet eine „Migration“ von Zellulose über die eingesetzte Würzlake statt.

e) Nach Überzeugung der Kammer ist die Verwendung von Diphosphaten und Triphosphaten über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“) mit der Verordnung in Einklang zu bringen.

aa) Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 regelt den umgekehrten Fall zu Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008. Ein Lebensmittelzusatzstoff darf danach enthalten sein in einem Lebensmittel, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet wird, sofern Letzteres dieser Verordnung genügt.

aaa) Die Würzlake der Klägerin, welche als Würzmittel zu kategorisieren ist (siehe oben), ist ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. Lebensmittel sind demnach alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwarten werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. In der Lebensmittelkategorie Würzmittel sind Phosphate nicht zugelassen (siehe oben).

bbb) Die von der Klägerin verwendete Würzlake wird auch ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels, des Fleischdrehspießes, verwendet.

Zwar bietet die Klägerin die Würzlake auch gesondert zum Kauf an. Maßgebend ist aber, dass die Würzlake im konkreten Produktionsverlauf ausschließlich dafür bestimmt ist, mit dem Fleisch vermengt zu werden. Die Zweckbestimmung der Würzmarinade ist das Marinieren von rohem Fleisch und wird in diesem Sinne ausschließlich für die Zubereitung des Fleischdrehspießes verwendet. Ein zusätzlicher gesonderter Verkauf der Würzmarinade ist ein Nebeneffekt, der hier nicht beachtlich ins Gewicht fällt.

ccc) Das Würzmittel wird nach Auffassung der Kammer objektiv gesehen alleine dafür verwendet, ein Fleischerzeugnis herzustellen. In Fleischerzeugnissen nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Phosphate zugelassen (siehe oben). Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 unter dem Begriff des „zusammengesetzten Lebensmittels“ auf den rohen Fleischdrehspieß (=Fleischzubereitung) oder auf den gegarten Fleischdrehspieß (=Fleischerzeugnis) abgestellt werden muss. Nach Überzeugung der Kammer muss hierbei auf den gegarten Fleischdrehspieß abgestellt werden.

Das LGL vertritt hierbei die Ansicht, dass im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ einzig auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden könne. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 stelle auf das Inverkehrbringen ab. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 sei das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies sei im Fall der Klägerin die Abgabe des rohen Fleischdrehspießes an den Imbissbetreiber. Würde man dies anders sehen und die Phosphate über den umgekehrten Migrationsgrundsatz zulassen, dann wären viele zusatzstoffrechtliche Regelungen der VO (EG) 1333/2008 obsolet.

Dieser Auffassung folgt die Kammer aus folgenden Erwägungen nicht:

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 spricht von „Zubereitung“ eines zusammengesetzten Lebensmittels. Der Begriff „Zubereitung“ ist nach Ansicht der Kammer weit zu fassen. Eine Speise ist zubereitet, wenn sie verzehrfertig ist. Die Zubereitung kann somit auch das Endprodukt erfassen, in dem Fall hier streitigen Fall der Klägerin den gegarten Fleischdrehspieß. Der Wortlaut der Norm zwingt nicht zu einer engen Auslegung der Gestalt, dass nur auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden darf. Vielmehr lässt der Wortlaut auch eine weitere Auslegung im Hinblick auf das Endprodukt zu.

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 stellt auch nicht ausdrücklich auf das „Inverkehrbringen“ ab. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin als Herstellerin den rohen Fleischdrehspieß erstmals durch die Abgabe an den Imbissbetreiber in Verkehr bringt. Und es ist dem Beklagten auch darin zuzustimmen, dass die Verordnung in Art. 5 VO (EG) 1333/2008 auf das „Inverkehrbringen“ abstellt. Die Tatsache, dass das Tatbestandsmerkmal „Inverkehrbringen“ im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 fehlt und vor dem Hintergrund, dass der Gesetzeswortlaut den Begriff „Zubereitung“ enthält, legt nahe, den Anwendungsbereich des umgekehrten Migrationsgrundsatzes weiter zu fassen, als dies der Beklagte vertritt. Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 rechtfertigt eine solche enge Auslegung, wie sie der Beklagte fordert, nicht.

Dass Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 einer weiten Auslegung zugänglich ist und es sachgerecht ist, auf das Enderzeugnis abzustellen, wird auch durch die Ausführungen unter Nr. 2 c des Guidance document on the carry-over principle gestützt; dort heißt es auszugsweise:

„This provision is in particular important for food ingredients that are sold between business operators. In such a case the use of additives can be permitted in foods (such as intermediary products), in which they would not otherwise be permitted, provided that those foods are to be used solely in the preparation of a compound food that will be conform to the relevant Regulations.“

Die Leitlinien nehmen somit ausdrücklich auf die Handelskette zwischen zwei Unternehmern Bezug und stellen darauf ab, dass genau in diesen Fällen die Vorschrift des „reverse carry over Grundsatzes“ besonders wichtig wird. Dabei wird ausdrücklich auf sog. „intermediary products“ Bezug genommen, die im Deutschen als „Zwischenprodukte“ übersetzt werden können.

Auch der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch den direkten Zusatz auch durch die Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt. Der Gesetzgeber schreibt ausdrücklich „Enderzeugnis“ in die Erwägungsgründe. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß, abgestellt werden kann.

Für das Abstellen auf den Endverbraucher und in diesem Zusammenhang auf das Fleischerzeugnis spricht auch der Sinn und Zweck der VO (EG) 1333/2008. Art. 1 dieser Verordnung bestimmt, dass die Regelungen ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit der Menschen und ein hohes Niveau des Schutzes der Verbraucher einschließlich des Schutzes der Verbraucherinteressen gewährleisten sollen. Auch Art. 6 der Verordnung stellt den Verbraucherschutz in den Vordergrund: Der Lebensmittelzusatzstoff muss bei der vorgeschlagenen Dosis für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich sein. Auch die Erwägungsgründe (2), (3) und (7) der VO (EG) 1333/2008 stellen maßgeblich auf den Verbraucherschutz ab. Der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch direkten Zusatz auch durch Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt.

Der Verbraucher- und Gesundheitsschutz ist im hier zu entscheidenden Fall durch die Anwendung des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 gewährleistet. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß enthalten sein dürfen. So führt das LGL in seinem Schreiben vom 2. März 2015 ausdrücklich aus: „Zwar darf ein Gastronom beispielsweise Phosphate und Zellulose einem Drehspieß zusetzen, welchen er selbst in seinem Betrieb produziert, wenn dieses Produkt im gegarten Zustand ausschließlich in diesem Betrieb in den Verkehr gebracht wird, da dieses zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens als Fleischerzeugnis einzustufen ist“ (vgl. Blatt 116 der Gerichtsakte). Es ist nicht ersichtlich, weshalb unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes der Endverbraucher im Falle eines zwischengeschalteten Fleischdrehspießherstellers die Zusatzstoffe nicht konsumieren dürfte, im Falle der Eigenproduktion des Imbissbetreibers aber schon. Wenn die Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß zugelassen sind, macht es für den Verbraucher keinen Unterschied, wenn diese auch im rohen Fleischdrehspieß enthalten sind. Auch der Einwand des LGL, der Imbissbetreiber, der den Fleischdrehspieß selbst produziert, bräuchte die Zusatzstoffe nicht, weil eine Wasserbindung in diesem Fall nicht sinnvoll sei, überzeugt nicht. Denn zum einen könnte der Imbissbetreiber die Spieße auf Vorrat produzieren, einfrieren, später durchgaren und an den Endverbraucher verkaufen. Auch in diesem Fall wären die Zusatzstoffe für die Festigkeit und Bindung des Spießes nützlich. Weil die Fleischdrehspieße in diesem Fall erstmalig durch den Verkauf an den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden, dürfte der Fleischdrehspieß mit den Zusatzstoffen versetzt sein. Zum anderen ist maßgebend, dass der Imbissbetreiber nach der Verordnung die streitigen Zusatzstoffe zulässigerweise verwenden dürfte. Ob dies sinnvoll ist oder nicht, ist unerheblich. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe nicht gesundheitsgefährdend sind. Es ist auch unstreitig, dass die Zusatzstoffe angegeben werden und es deshalb zu keiner Irreführung kommt. Es wurde auch nie beanstandet, dass die Klägerin zu viel Wasser in ihren Fleischdrehspießen verarbeitet.

Auch das CVUA Stuttgart weist in einem Schreiben vom 26. Januar 2015 (Blatt 99 der Gerichtsakte) darauf hin, dass zur Herstellung eines Fleischdrehspießes die Zusatzstoffe unter dem Aspekt des „reverse carry over Grundsatzes“ (Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008) zulässig sind. Das CVUA legt seiner Beurteilung zugrunde, dass der rohe Fleischdrehspieß ein sog. Halbfabrikat darstellt. Dieses Halbfabrikat sei hinsichtlich seines Verwendungszwecks (i.d.R. „vor dem Verzehr durchgaren“) eindeutig zu kennzeichnen. Regelungen bezüglich der Höchstmenge, Kennzeichnung und Kenntlichmachung seien zu beachten.

Daraus folgt, dass das auch CVUA im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß abstellt, welches ein Fleischerzeugnis ist.

Das CVUA Rhein-Ruhr-Wupper erteilte in einem Schreiben vom 29. Januar 2015 (Blatt 96 ff. der Gerichtsakte) die Auskunft, dass der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auch auf Halbfabrikate und Zwischenprodukte angewandt werden könne. Bei den Drehspießen, die als Halbfabrikate angesehen werden, finde der sog. „reverse carry over Grundsatz“ Anwendung, weshalb der Zusatz der Phosphate zulässig sei. Die Erwägungsgründe (7) der VO (EG) 1333/2008 und (11) der VO (EU) Nr. 601/2014 stellen auf den Verbraucherschutz ab. Ob der Herstellungsprozess durch die Abgabe eines Halbfabrikats an eine andere Person, die den Herstellungsprozess beende, unterbrochen werde, spiele hier keine Rolle. Der Zweckbestimmung des Halbfabrikats komme hier eine besondere Bedeutung zu. Das Lebensmittel dürfe in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nur in der zweckbestimmten Form - in der Regel der Verzehr als Fleischerzeugnis - Verwendung finden. Die Halbfabrikate seien bezüglich ihres Verwendungszwecks eindeutig zu kennzeichnen und ein Verzehr als Halbfabrikat sei dabei faktisch auszuschließen.

Die Kammer folgt diesem Ansatz, dass im Falle eines Halbfabrikats im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt abgestellt werden muss. Der rohe Fleischdrehspieß ist einzig dazu bestimmt, im gegarten Zustand vom Verbraucher konsumiert zu werden. Ein Verzehr im rohen Zustand ist nicht vorgesehen. Sinn und Zweck der Verordnung ist der Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Abzustellen ist daher auf den Endkonsumenten, der ein Fleischerzeugnis zu sich nimmt. Dürfen die Zusatzstoffe im Endprodukt enthalten sein, dann ist es sachgerecht, dass sie auch im Zwischenprodukt oder Halbfabrikat enthalten sein können. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Herstellungsvorgang des rohen Fleischdrehspießes beendet ist. Der Fleischdrehspieß muss lediglich noch in einem letzten Verarbeitungsschritt durchgegart werden, so dass durch das Durchgaren aus der Fleischzubereitung ein Fleischerzeugnis wird. Die strikte und enge Auslegung des Migrationsgrundsatzes, welche das LGL vertritt, ist im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nicht angelegt und auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung nicht zu rechtfertigen. Dem Verbraucher- und Gesundheitsschutz wird im Falle des Abstellens auf den gegarten Fleischdrehspieß Rechnung getragen. Die Vertreterin des LGL führt auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hierzu aus, dass die Zusatzstoffe in der zugelassenen Menge nicht gesundheitsgefährdend sind.

Entscheidend für das Abstellen auf den gegarten Fleischdrehspieß im Rahmen der Anwendung des „reverse carry over Grundsatzes“ spricht auch, dass anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 20 EU-GR-Charta vorliegt, der nicht gerechtfertigt ist. Die Anwendung von europäischem Sekundärrecht muss mit europäischem Primärrecht in Einklang stehen. Deshalb ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Grundrechtecharta EU zu beachten. Der Fleischdrehspießhersteller, der einen rohen Fleischdrehspieß und damit eine Fleischzubereitung herstellt und in Verkehr bringt, darf die Zusatzstoffe nicht verwenden. Der Gastronom, der den Fleischdrehspieß selbst herstellt, dürfte die Zusatzstoffe verwenden, weil er das Produkt im gegarten Zustand, also ein Fleischerzeugnis, in Verkehr bringt. Dies stellt nach Auffassung der Kammer eine Ungleichbehandlung dar. Gleiches ist grundsätzlich gleich zu behandeln. Fleischdrehspieße werden aber sowohl im Falle der Herstellung als Halbfabrikat als auch im Falle der Herstellung unmittelbar am Ort des Durchgarens dazu bestimmungsgemäß hergestellt, um durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. In Betracht käme als Rechtfertigung der Verbraucher- und Gesundheitsschutz, welcher Sinn und Zweck der Verordnung ist (siehe oben). Da aber der Verbraucher, der einen gegarten Drehspieß isst, die Zusatzstoffe nach der Verordnung konsumieren darf, ist nicht ersichtlich, wie über den Verbraucherschutz ein Verbot der Verwendung von Di- und Triphosphaten bei der Herstellung und dem Inverkehrbringen von rohen Fleischdrehspießen gerechtfertigt werden könnte. Andere Rechtfertigungsgründe als der Verbraucher- und Gesundheitsschutz sind von dem Beklagten weder vorgetragen worden noch sind diese ersichtlich. Deshalb ist es nach Ansicht der Kammer wegen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sachgerecht und geboten, im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf den gegarten Fleischdrehspieß als Fleischerzeugnis abzustellen. Die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwingt den Gesetzesanwender dazu, im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zusammengesetztes Lebensmittel“ in Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt, welches ein Fleischerzeugnis ist, abzustellen.

bb) Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 36 der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung sind die Zusatzstoffe in der Würzmischung enthalten und werden nicht gesondert hinzugegeben, weshalb eine „Migration“ über den „reverse carry over Grundsatz“ möglich ist.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

6. Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist, über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgeht und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 124 Rn. 10). Es besteht ein Bedürfnis, höchstrichterlich zu klären, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist. Bisher gibt es keinen bundeseinheitlichen Vollzug. Die Behördenpraxis in Bayern zeigt, dass eine große Unsicherheit besteht, wie mit der Änderung der Verordnung umzugehen ist. Ein Teil der Behörden erlässt Verbote mit der Anordnung des Sofortvollzugs, andere Behörden warten ab oder erteilen - so wie im hiesigen Fall - lediglich Hinweise. Es bedarf einer höchstrichterlichen Klärung, um diesen Zustand der Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Berufungsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 80.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen lebensmittelrechtlichen Bescheid des Antragsgegners, mit dem In-Verkehr-Bringungsverbote für Fleischzubereitungen sowie von bereits produzierten Fleischdrehspießen in sofort vollziehbarer Weise angeordnet wurden und durch den für den Fall der Nichtbeachtung der Verbote die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht wurde.

Am 4.6.2014 entnahm das Landratsamt ... im Betrieb der Antragstellerin einen sogenannten „Berlin-Döner“. Laut Etikett handele es sich dabei um einen „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die von der Antragstellerin produzierten Fleischdrehspieße sind dazu gemacht, um an Imbissbetriebe verkauft zu werden. Dort werden sie senkrecht stehend und drehend gegrillt und gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher abgegeben. Der entnommene Drehspieß wurde seitens des Landratsamts zum Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Oberschleißheim zur Untersuchung verbracht.

Ausweislich des vom LGL erstellten Gutachtens vom 26.8.2014 über die durchgeführte Untersuchung habe der Drehspieß in mehrerlei Hinsicht nicht den geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprochen. Im Einzelnen enthält das Gutachten folgende Beanstandungen:

- Das auf der Fertigpackung befindliche Verzeichnis der Zutaten entspreche nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV). Beim untersuchten Erzeugnis sei aufgrund der Analyseergebnisse ein Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt worden. Die Zutat Wasser sei in der Zutatenliste angegeben. Allerdings werde die Zutat an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Wasser sei jedoch mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten.

- Auch sei ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 LMKV festzustellen, wonach eine zusammengesetzte Zutat (§ 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV) im Zutatenverzeichnis nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils angegeben werden könne, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich sei und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folge. In der Zutatenliste des Fleischspießes sei die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt. Dahinter in Klammern würden die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ der zusammengesetzten Zutat genannt. Diese Aufzählung sei nicht vollständig. Laut den vorliegenden Informationen des Würzmittelherstellers seien in dem verwendeten Würzmittel beispielsweise auch die Zutat „Geschmacksverstärker E 621“ sowie weitere Zutaten, die in der Klammer nicht genannt würden, enthalten. Die Aufzählung sei mithin unvollständig. - Schließlich sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 LMKV die Mengenkennzeichnung der Zutaten für alle Lebensmittel in Fertigpackungen verbindlich vorgeschrieben. Demnach seien die „wertbestimmenden“ oder „verkaufsentscheidenden“ Zutaten mengenmäßig anzugeben. Im Fall des streitgegenständlichen Spießes fehle jedoch die mengenmäßige Angabe des Anteils an Fleisch.

- Ferner wird in dem Gutachten die Verkehrsbezeichnung beanstandet. Auf dem Originaletikett werde das untersuchte Erzeugnis als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ (Schriftgröße ca. 3 mm n-Höhe)“ bezeichnet. In unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung werde blickfangmäßig und in besonderer Schrift (ca. 4 mm n-Höhe) die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Nach den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches (Teil II Nr. 2.511.7) enthalte „Hähnchen-/Puten-Döner Kebab(p)“ außer Salz, Gewürzen und gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt keine weiteren Zutaten. Nach den Angaben im Zutatenverzeichnis des untersuchten Fleischspießes würden bei der Herstellung des Erzeugnisses jedoch auch Stärke, modifizierte Stärke, pflanzliches Eiweiß (Soja, Erbse), Gluten und Dextrose etc. verwendet. Analytisch sei Sojaprotein in einer Größenordnung von 0,6% nachgewiesen worden. Dementsprechend weiche das Produkt von der allgemeinen Verkehrsauffassung ab. Außerdem werde laut Etikett „PflanlichFasern(Weizen)“ verwendet. Diese Zutat diene offenbar zur Bindung von Wasser. Entsprechendes gelte für die laut Etikett zugesetzte Cellulose (E 460). Darüber hinaus sei dem Produkt ein Anteil von mindestens 12% Wasser zugesetzt worden, was bei einem „Döner Kebab“ ebenfalls nicht verkehrsüblich sei. Hier zeige es sich, dass das Erzeugnis der Verkehrsauffassung eines „Döner Kebab“ widerspreche. Es handele sich aufgrund seiner Zusammensetzung um ein anderes Produkt (Aliud). Die Bezeichnung „Döner“ oder „Döner Kebab“ sei unzutreffend und dürfe nicht verwendet werden. Erforderlich sei nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV die Angabe einer Beschreibung des Lebensmittels, die es dem Verbraucher ermögliche, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Zwar werde das Erzeugnis auch als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet, allerdings werde in unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung blickfangmäßig und in größerer Schrift die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Durch die räumliche Nähe erscheine letztere Bezeichnung als die Verkehrsbezeichnung, die mit den Worten „Hähnchen-Puten Drehspieß“ näher erklärt werde. Die Aufmachung suggeriere daher, dass es sich bei dem Produkt um einen „Döner“ handele. Da dies jedoch nicht der Fall sei, sei die Aufmachung geeignet, den Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) in die Irre zu führen.

Im Übrigen wird im Gutachten darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ als Verkehrsbezeichnung unzureichend sei. Das Produkt beinhalte Fremdeiweiße (Soja, Erbse) und zugesetztes Wasser. Diese Bestandteile seien wertbestimmend, weshalb ein Hinweis auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung erforderlich sei.

- Beanstandet wird zudem die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“. Darunter seien vermutlich Weizenhalmfasern zu verstehen. Diese würden aller Voraussicht nach nicht als Ballaststoff zugesetzt, so dass es sich nicht um einen Nährstoff handele, sondern um einen Zusatzstoff, weil die Beimengung offensichtlich dazu diene, eine technologische Wirkung (Bindung von Wasser) zu erzielen. Zur eindeutigen Klärung des Sachverhalts werde eine Rezepturüberprüfung empfohlen.

- Schließlich wird beanstandet, dass die Fleischdrehspieße die Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat) enthalten. Da es sich bei den von der Antragstellerin hergestellten Produkte um Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 handele, seien die Produkte der Lebensmittelkategorie 8.2 gemäß des Anhangs II Teil D der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 8.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die genannten Zusatzstoffe für Fleischzubereitung nicht zugelassen, weshalb sie gemäß Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden dürften.

Aufgrund dieses Gutachtens ordnete das Landratsamt ... am 3.9.2014 gegenüber der Antragstellerin mündlich an, dass bis auf Weiteres sämtliche Fleischzubereitungen, welche mit den Zusatzstoffen E 460, E 450 und E 451 behandelt wurden, nicht für den menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Mit schriftlichem Bescheid vom 5.9.2014 ordnete das Landratsamt unter Ziffer I. Folgendes an:

1. Dem Betrieb B. KG, H... in ... O., wird namentlich ab sofort das In-Verkehr-Bringen von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr so lange untersagt, bis eine Freigabe durch das Landratsamt ... - Veterinärwesen - erfolgt.

2. Mit einer Freigabe des In-Verkehr-Bringens von Fleischzubereitungen durch die Behörde ist erst dann wieder zu rechnen, wenn eine ordnungsgemäße Kennzeichnung sowie eine verkehrsfähige Rezepturänderung erfolgt.

3. Die in der Bestandsliste (Anlage 2) aufgeführten produzierten bzw. derzeit im Betrieb lagernden Fleischzubereitungen dürfen nicht mehr zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden, diese Untersagung wurde dem Betrieb bereits am 3.9.2014 mündlich mitgeteilt.

Jegliche weitere Vorgehensweise (z. B. Entsorgung) bezüglich dieser Fleischzubereitungen ist dem Landratsamt ... - Veterinärwesen - spätestens zwei Werktage vor der geplanten Maßnahme schriftlich mitzuteilen.

Unter Ziffer II. wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 3 angeordnet.

In Ziffer III. wurde für den Fall der Nicht- oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Nr. 1 und 3 der unmittelbare Zwang, z. B. durch Versiegelung der Betriebsräume, angeordnet (gemeint: angedroht).

Zur materiellen Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des Gutachtens des LGL vom 26.8.2014 wiederholt, welches dem Bescheid als Anlage beigegeben wurde. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Gegen diesen der Antragstellerin am 6.9.2014 zugestellten Bescheid ließ diese am 1.10.2014 Klage erheben, die unter dem Az. RN 5 K 14.1637 geführt wird. Zugleich stellte sie einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.

Die Beanstandungen im streitgegenständlichen Bescheid seien rechtswidrig, weshalb das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege.

So enthielten die Fleischspieße keine nicht zugelassenen Zusatzstoffe. Das Zusatzstoffrecht sei durch die VO (EG) Nr. 1333/2008 geregelt. Der aktuelle Anhang II dieser Verordnung differenziere bei der Zulassung von Zusatzstoffen bei Fleisch zwischen unbehandeltem Fleisch, Fleischzubereitungen und Fleischerzeugnissen. Bezüglich der beanstandeten Zusatzstoffe sei festzustellen, dass der Zusatzstoff E 460 (Cellulose) in Anhang II Teil C als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet sei und nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden dürfe. Ein marinierter Fleischdrehspieß sei jedoch behandelt.

Die Zusatzstoffe E 450 und E 451 (Phosphate) seien nach der VO (EU) Nr. 601/2014, welche den Anhang II der VO (EG) Nr. 1333/2008 im Juni 2014 geändert habe, für Fleischerzeugnisse zugelassen. Ein Verbot der Zusatzstoffe bestehe lediglich bei den meisten Fleischzubereitungen. Bei den Spießen der Antragstellerin handele es sich aber um Fleischerzeugnisse, was sich aus einem Gutachten des Labors ... vom 8.9.2014 ergebe. Werde danach ein Fleischspieß so hergestellt, dass Lebensmittel, Salz, Gewürze und Zusatzstoffe mit Wasser zu einer „Lake“ (Marinade) aufbereitet werden, welche durch Indizieren oder Tumbeln im Fleisch gleichmäßig verteilt werde, so werde das Fleisch vollständig durchmariniert. Ein solches Erzeugnis zähle zu den Fleischerzeugnissen, da Marinieren als Teil der Verarbeitung definiert sei und dieser Vorgang zu einer Denaturierung der Eiweiße in den Muskelfasern führe, wodurch sich die interne Muskelfaserstruktur ändere und die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr zu erkennen seien.

Selbst wenn man jedoch die Drehspieße als Fleischzubereitung ansehen wolle, liege kein Verstoß gegen das Zusatzstoffrecht vor. Es gelte nämlich der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008. Danach dürfe ein Zusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten seien, wenn der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen sei. Vorliegend sei zu bedenken, dass die fraglichen Zusatzstoffe in Würzen/Würzmitteln bzw. in Soßen zugelassen seien, weshalb sie auch im Endprodukt (Fleischspieß) enthalten sein dürften.

Ferner sei auch die Kennzeichnung der Drehspieße nicht zu beanstanden. Die Verkehrsbezeichnung laute tatsächlich „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die Bezeichnung „Berlin Döner“ sei lediglich eine Fantasiebezeichnung. Die Verkehrsbezeichnung werde für die Zusammensetzung im Übrigen durch das Zutatenverzeichnis ergänzt. Auch durch die Verwendung der Bezeichnung „Berlin Döner“ könne es nicht zu einer Verwechslung mit „Döner Kebab“ kommen, weil ja eine Erläuterung durch die Verkehrsbezeichnung erfolge. Eine gegebenenfalls bestehende konkrete Erwartung an einen Döner Kebab werde durch diese Verkehrsbezeichnung zerstört. Die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ sei für das Produkt in seiner Zusammensetzung auch die zutreffende Verkehrsbezeichnung. Ein Verbraucher oder ein Gastwirt, der einen „Döner Kebab“ erwerben wolle und dessen Zusammensetzung erwarte, werde dann auch einen als „Döner Kebab“ bezeichneten Spieß erwerben. Dieser Verbraucher werde nicht zu einem als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichneten Erzeugnis greifen, weil dieser Artikel bereits von seiner Bezeichnung her kein „Döner Kebab“ sei. Der durchschnittlich informierte Verbraucher werde beim Produkt der Antragstellerin keinen „Döner Kebab“ erwarten. Die Zusammensetzung des Produkts im Einzelnen ergebe sich im Übrigen aus der Zutatenliste. Hinzu komme, dass die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches als Instrument zur Ermittlung der maßgeblichen Verkehrsauffassung zunehmend in Frage gestellt würden. Der normale Durchschnittsverbraucher werde im Regelfall keine genauen Vorstellungen über die konkrete Zusammensetzung eines Produkts haben, weshalb er keine Verbrauchererwartung entwickeln könne, die bei der Verwendung einer vom Lebensmittelbuch abweichenden Rezeptur enttäuscht werden könne. Im Übrigen gelte die Beschränkung der Zutaten auf Salz, Gewürze und gegebenenfalls Eier, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches nur für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellten „Döner Kebab(p)“ und nicht auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“.

Selbst wenn man jedoch von einer Fehlbezeichnung des Produkts ausgehen wolle, habe das Landratsamt jedenfalls kein Verbot des In-Verkehr-Bringens anordnen dürfen. Etwaige Mängel könnten vielmehr durch eine Änderung der Kennzeichnung behoben werden.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Ziffern I.1., I.3. sowie III. des Bescheides des Antragsgegners vom 5.9.2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auch wenn im Falle der beanstandeten Zusatzstoffe keine akute Gesundheitsgefährdung bestanden habe, so seien für die EU bei dem Verbot dieser Zusatzstoffe in Fleischzubereitungen auch gesundheitliche Aspekte maßgeblich gewesen. Das In-Verkehr-Bringen der produzierten Drehspieße sei in erster Linie aufgrund des Nachweises nicht zugelassener Zusatzstoffe untersagt worden. Dieser Verstoß könne durch eine neue Kennzeichnung nicht geheilt werden. Aus einer fachlichen Bewertung des LGL vom 2.10.2014 zu den Ausführungen des Labors ... ergebe sich, dass es sich bei den fraglichen Drehspießen um „Fleischzubereitungen“ im Sinne der Kategorie 8.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 handele. Die fraglichen Zusatzstoffe seien somit nicht zugelassen.

Für E 460 (Cellulose) würde beim streitgegenständlichen Produkt zwar das „Carry-Over-Prinzip“ gelten, falls Cellulose ein Teil der verwendeten Würzmischung wäre. Allerdings werde im Falle der Antragstellerin die Cellulose direkt zugesetzt, um die Wasserbindungsfähigkeit der Drehspieße zu erhöhen. Phosphate seien dagegen auch in Würzmischungen nicht zugelassen.

Ferner verweist der Antragsgegner darauf, dass die Antragstellerin seit dem 24.4.2013 die Zulassung als Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und als Herstellungsbetrieb von Fleischzubereitungen aus Geflügelfleisch und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab-Art) besitzt, nicht aber für Fleischerzeugnisse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Hauptsacheverfahren (RN 5 K 14.1637) und im Eilrechtsschutzverfahren sowie auf die Akten des Landratsamtes ..., die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg, weil die sofort vollziehbaren Anordnungen unter den Ziffern I.1, I.3. und III. des angegriffenen Bescheides aller Voraussicht nach rechtmäßig sind.

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat, wie dies bezüglich der Ziffern I.1 und I.3. des streitgegenständlichen Bescheides geschehen ist. Gleiches gilt, wenn sich der Rechtsbehelf gegen eine kraft Gesetzes sofort vollziehbare Maßnahme richtet, was bei der Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheides der Fall ist. Insoweit handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung, die nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Art. 21a VwZVG sofort vollziehbar ist. Im Falle der behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs kann das Gericht die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen wiederherstellen und im Falle des kraft Gesetzes bestehenden Sofortvollzugs kann es diese anordnen.

Bei seiner Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene, originäre Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei eine Interessenabwägung vorzunehmen, im Rahmen derer die Interessen der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kommt den Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine besondere Bedeutung zu, soweit diese im Rahmen der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung bereits beurteilt werden können.

1. Ist der Sofortvollzug behördlicherseits angeordnet worden - wie hier für die Ziffern I.1. und I.3. - muss das Gericht zunächst prüfen, ob die behördliche Begründung dieser Anordnung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Danach hat die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht hat eine Warn- und Unterrichtungsfunktion. Die Begründung soll nachvollziehbar machen, warum nach Auffassung der Behörde mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes nicht bis zu seiner Bestandskraft bzw. bis zu dem Zeitpunkt zugewartet werden kann, in dem der Verwaltungsakt gemäß § 80b Abs. 1 VwGO kraft Gesetzes vollziehbar wird. Ferner soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter von Entscheidungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse im Raum steht, welches es rechtfertigt, das Prinzip der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen zu durchbrechen (vgl. nur: Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 84 ff.). Insoweit ist jedoch auch anerkannt, dass bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen können (Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 85). In solchen Fällen ist es nicht zwingend geboten, eine ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Begründung zu geben. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung des Sofortvollzugs aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH vom 27.10.2005, Az. 11 CS 05.1967 und vom 4.1.2006, Az. 11 CS 05.1878 ).

Die vom Antragsgegner gegebene Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs ist zwar knapp, nach den eben dargestellten Maßgaben jedoch ausreichend. Das Landratsamt hat dargestellt, dass die betroffenen Verbraucher vor Irreführungen zu schützen seien und dass die Anordnungen auch aus Gründen des vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit erfolgt seien und die Interessen der Antragstellerin hinter diesen Belangen zurücktreten müssten.

2. Rechtsgrundlage für die Anordnungen unter Ziffern I.1. und I.3. ist Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004. Die vom Antragsgegner darüber hinaus zitierte Vorschrift des § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 LFGB ist nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 882/2004 gilt wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unmittelbar und verdrängt die nationale Vorschrift des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 mit ausführlicher Begründung; Streinz in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, B Einführung, Rn. 38b).

§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind im Übrigen ähnlich aufgebaut. Sie bestehen aus einer Generalklausel und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen. Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen im vorliegend gegebenen Anwendungsfall relevante Unterschiede auf (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 ).

Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 setzt zunächst voraus, dass die zuständige Behörde einen Verstoß (gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften) feststellt. Ist dies der Fall, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. In Art. 54 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind sodann beispielartig Maßnahmen aufgelistet, die getroffen werden können. Hier wird ersichtlich, dass der Behörde kein Entschließungsermessen zusteht. Stellt sie einen Verstoß fest, so muss sie einschreiten. Nur hinsichtlich der im Einzelfall konkret zu treffenden Maßnahmen kann die Behörde unter verschiedenen möglichen Maßnahmen auswählen, wobei sie insoweit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen muss (vgl. dazu unten 2. b)).

a) Die von der Antragstellerin vertriebenen Fleischdrehspieße verstoßen in mehrerlei Hinsicht gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften, weshalb ein Einschreiten des Antragsgegners geboten war. Im Einzelnen:

aa) Zutreffend hat der Antragsgegner unter Bezugnahme auf das Gutachten des LGL vom 26.8.2014 die sich auf dem Etikett befindliche Zutatenliste beanstandet.

Die streitgegenständlichen Drehspieße sind unstreitig in Fertigpackungen im Sinne des § 6 Abs. 1 des Eichgesetzes (EichG) verpackt. Sie sind darüber hinaus bestimmt, an eine dem Verbraucher gleichgestellte Einrichtung - nämlich an Gaststätten, Imbisse etc. - abgegeben zu werden, weshalb die Kennzeichnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 LMKV den Anforderungen der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung genügen muss.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 LMKV i. V. m. § 6 Abs. 1 LMKV ist ein Zutatenverzeichnis anzugeben, das aus einer Aufzählung der Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels besteht. Abweichend hiervon sind gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 LMKV zugefügtes Wasser und flüchtige Zutaten nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils am Enderzeugnis anzugeben, wobei der Anteil des zugefügten Wassers durch Abzug der Summe der Gewichtsanteile aller anderen verwendeten Zutaten von der Gesamtmenge des Enderzeugnisse ermittelt wird; die Angabe kann entfallen, sofern der errechnete Anteil nicht mehr als 5 Gewichtshundertteile beträgt.

Aufgrund der Analyse des eingesandten Drehspießes hat das LGL einen Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt. Gleichwohl wird die Zutat Wasser in der Zutatenliste an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Zutreffend hat das LGL festgestellt, dass Wasser nach den obigen Vorgaben mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten ist.

bb) Gemäß § 6 Abs. 2 LMKV kann eine zusammengesetzte Zutat im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils im Zutatenverzeichnis angegeben werden, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich ist und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folgt. Diesbezüglich haben die Untersuchungen des LGL ergeben, dass in der Zutatenliste zwar die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt ist. Dahinter werden in Klammern lediglich die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ angegeben. Die weiterhin im Würzmittel vorhandenen Zutaten „Geschmacksverstärker E 621“ sowie andere Zutaten, die nach der Artikelspezifikation des Würzmittelherstellers vom 8.11.2012 vorhanden sind, finden sich in der Zutatenliste nicht. Insoweit ist das Zutatenverzeichnis unvollständig.

cc) Schließlich hat das LGL zutreffend beanstandet, dass hinsichtlich der Zutat „Fleisch“ die Mengenkennzeichnung fehlt. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 Abs. 1, 4 LMKV ist die Menge einer bei der Herstellung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendeten Zutat unter anderem dann anzugeben, wenn die Bezeichnung der Zutat in der Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels angegeben ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 LMKV) bzw. wenn die Verkehrsbezeichnung darauf hindeutet, dass das Lebensmittel die Zutat enthält (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 LMKV). Gleiches gilt nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 LMKV, wenn die Zutat auf dem Etikett durch Worte, Bilder oder eine grafische Darstellung hervorgehoben ist. Nachdem das streitgegenständliche Produkt als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet wird, ist es somit geboten, die Menge des Fleischanteils nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 LMKV anzugeben, was bei dem beanstandeten Spieß nicht der Fall war.

dd) Nach Auffassung des entscheidenden Gerichts sind darüber hinaus die auf dem Etikett angebrachten Bezeichnungen „Berlin Döner“ und „Hähnchen-Puten Drehspieß“ zu beanstanden.

 Insoweit ist der Antragstellerin zwar zuzugeben, dass die Bezeichnung „Berlin Döner“ nicht als Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV angesehen werden kann. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV ist die Angabe einer Verkehrsbezeichnung zwingende Voraussetzung beim gewerbsmäßigen In-Verkehr-Bringen eines Lebensmittels. Nach § 4 Abs. 1 LMKV ist die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels die in Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung, bei deren Fehlen die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung (Nr. 1) oder eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung (Nr. 2), die es dem Verbraucher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Das Gericht geht zwar davon, dass sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ eine allgemeine Verkehrsauffassung besteht, was sich schon daraus ergibt, dass diese Lebensmittel in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben sind (vgl. dort Teil II Nr. 2.511.7). Die dort genannten Bezeichnungen werden aber von der Antragstellerin gerade nicht verwendet. Sie benutzt nur einen Teil dieser Bezeichnungen (Döner) und bringt ihre Fleischspieße als „Berlin Döner“ in den Verkehr. Ein Produkt mit dieser Bezeichnung ist in den Leitsätzen nicht beschrieben. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass es eine allgemeine Verkehrsauffassung für ein so bezeichnetes Lebensmittel geben könnte, weshalb es sich um eine Fantasiebezeichnung handelt, die allerdings eine irreführende Assoziation zu „Döner Kebab(p)“ herstellt (vgl. dazu den übernächsten Gliederungspunkt).

- Die Verkehrsbezeichnung kann somit ausschließlich in der Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ gesehen werden. Insoweit handelt es sich um eine Beschreibung des Lebensmittels, die jedoch den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV nicht genügt. Die amtliche Begründung zu § 4 LMKV (BR-Drucks. 418/81) nennt zwei Anforderungen, denen eine beschreibende Verkehrsbezeichnung genügen muss. Es müssen einerseits die wertbestimmenden oder geschmackgebenden Bestandteile angegeben werden sowie andererseits die Merkmale, durch die sich das Lebensmittel von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheidet. Bei den Erzeugnissen der Antragstellerin werden jedoch maßgebliche wertbestimmende Bestandteile nicht angegeben. Da das hier zu beurteilende Lebensmittel ferner kein „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist, aufgrund der äußeren Erscheinung (Fleischdrehspieß) jedoch mit einem solchen Erzeugnis verwechselt werden kann, ist es darüber hinaus erforderlich, in der Verkehrsbezeichnung anzugeben, wie sich das streitgegenständliche Lebensmittel von einem „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ unterscheidet.

Die übliche Zusammensetzung eines „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist im Teil II Nr. 2.511.7 der Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs beschrieben. Ausgangsmaterial ist danach grob entsehntes Geflügelfleisch, welches in dünnen Fleischscheiben auf Drehspieße aufgesteckt wird. Außer Salz und Gewürzen sowie gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt enthält das Produkt keine weiteren Zutaten. Im Gegensatz zu „Döner Kebab(p)“, der aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellt wird, darf bei „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ kein wie Hackfleisch zerkleinertes Fleisch eingesetzt werden. Der maximale Hautanteil beträgt 18%. Die Begrenzung auf die eben aufgeführten Zutaten wie Salz und Gewürze etc. gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des Leitsatzes sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Dass nur diese Zutaten eingesetzt werden dürfen, findet sich im Leitsatz unter dem Gliederungspunkt „besondere Merkmale“. Diese Merkmale beschreiben sowohl aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ als auch „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Der Argumentation der Antragstellerin, wonach die Beschränkung auf die genannten Zutaten ausschließlich für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ gilt, findet im Leitsatz keine Grundlage, weshalb die Kammer ihr nicht zu folgen vermag.

Schließlich hat die Kammer auch keine Zweifel, dass die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission im Hinblick auf Döner-Kebab(p)-Erzeugnisse die Verkehrsauffassung zutreffend wiedergeben. Das Deutsche Lebensmittelbuch ist eine Sammlung von Leitsätzen, in denen Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden (§ 15 Abs. 1 LFGB). Die Leitsätze werden von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission unter Berücksichtigung des von der Bundesregierung anerkannten internationalen Lebensmittelstandards beschlossen (§ 15 Abs. 2 LFGB) und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veröffentlicht (§ 15 Abs. 3 LFGB). Die Leitsätze sind zwar keine Rechtsnormen und daher nicht rechtsverbindlich. Sie dürfen aber aufgrund der ihnen kraft § 15 LFGB zukommenden Legitimation bei der Bestimmung der Beschaffenheitsmerkmale eines Lebensmittels als Auslegungshilfe zugrunde gelegt werden (BverwG vom 27.9.2012, NVwZ-RR 2013, 141; BayVGH vom 13.3.2013, Az. 9 B 09.2135 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 15 LFGB Rn. 21 ff.). Sie begründen als „Sachverständigengutachten von besonderer Qualität“ eine Vermutung, was der Verbraucher von einem nach Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmalen in den Leitsätzen beschriebenen Lebensmittel erwartet, wobei diese Vermutungswirkung im Einzelfall widerlegt werden kann. Gegen die Richtigkeit der Leitsätze kann somit ein Gegenbeweis geführt werden (BverwG vom 10.12.1987, Az. 3 C 18/87 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 13 LFGB, Rn. 30).

Vorliegend hat die Antragstellerin die Bedeutung der Leitsätze für die Feststellung der Verkehrsauffassung nur ganz allgemein angezweifelt. Ein substantiierter Vortrag, aus dem sich ergibt, warum das Deutsche Lebensmittelbuch die für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ bestehende Verkehrsauffassung nicht korrekt wiedergeben soll, fehlt dagegen. Da darüber hinaus auch für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, aufgrund derer die „Richtigkeit“ der im Deutschen Lebensmittelbuch enthaltenen Charakterisierung der fraglichen Erzeugnisse angezweifelt werden könnte, ist die eben beschriebene Vermutungswirkung der Leitsätze nicht erschüttert.

Es mag zwar sein, dass viele Verbraucher keine detaillierten Vorstellungen über die Zusammensetzung von „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ in allen Einzelheiten haben, wie dies die Antragstellerin ausführt. Der Verbraucher wird andererseits jedoch in jedem Fall erwarten dürfen, dass so bezeichnete Produkte die in den Fachkreisen - also im Kreis der redlichen Hersteller derartiger Produkte - als üblich angesehene Beschaffenheit aufweisen (hypothetische Verbrauchererwartung), die wiederum in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben ist (vgl. dazu OVG Lüneburg vom 19.1.1993, 10 L 136/89 ).

Die von der Antragstellerin hergestellten Fleischdrehspieße widersprechen den in den Leitsätzen beschriebenen Anforderungen, da sie neben den dort aufgeführten Bestandteilen weitere (zum Teil wertgebende) Bestandteile enthalten. Insbesondere weisen sie einen hohen Wasseranteil auf und sie enthalten pflanzliches Eiweiß und pflanzliche Fasern. Da es sich insoweit ersichtlich auch um wertbestimmende Bestandteile handelt, ist es unumgänglich, auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung hinzuweisen. Da dies nicht geschehen ist, ist die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ unzureichend, weshalb die Erzeugnisse mit der bestehenden Kennzeichnung nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV.

- Hinzu kommt - worauf das LGL in seinem Gutachten zutreffend hingewiesen hat -, dass die Fantasiebezeichnung „Berlin Döner“ eine Irreführung der Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB bewirkt. Nach dieser Vorschrift ist es unter anderem verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt danach insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden. So liegt der Fall nach den oben gemachten Ausführungen hier; denn die schon aufgrund ihrer äußeren Form mit „echtem“ Döner Kebab verwechselbare Erzeugnisse vermitteln aufgrund der verwendeten Bezeichnung „Berlin Döner“ den Eindruck, dass die Spieße die Merkmale eines „Döner Kebab(p)“ aufweisen oder diesem zumindest sehr ähnlich sind. Dies gilt zumal deshalb, weil „Döner Kebab(p)“ umgangssprachlich auch nur als „Döner“ bezeichnet wird. Diese Verbrauchertäuschung wird auch durch die verwendete (unvollständige) Verkehrsbezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ nicht ausgeschlossen. Dabei kann hier dahinstehen, ob die durch die Bezeichnung „Berlin Döner“ hervorgerufene Täuschung überhaupt durch eine im Rahmen der Kennzeichnung vorgenommene Kenntlichmachung der Abweichung des Produkts von „echtem“ Döner Kebab vermieden werden kann. Da für die Abnehmer der Fleischdrehspieße in der hier konkret zu beurteilenden Aufmachung jedenfalls nicht erkennbar ist, dass den Erzeugnissen Wasser in nicht unerheblichen Mengen sowie pflanzliche Bestandteile hinzugefügt worden sind, liegt es auf der Hand, dass die Aufmachung geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise in die Irre zu führen. Die konkrete Kennzeichnung zielt ersichtlich darauf ab, bei den Abnehmern die Vorstellung zu erzeugen, die Fleischdrehspieße würden der für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ üblichen Rezeptur entsprechen, obwohl Zutaten verwendet worden sind, die das Produkt im Vergleich zum „Original“ qualitativ minderwertiger machen.

ee) Nicht nur die dargestellten Kennzeichnungsmängel führen dazu, dass die streitgegenständlichen Drehspieße nicht verkehrsfähig sind. Die Spieße enthalten auch die für Fleischzubereitungen nicht zugelassenen Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat), weshalb auch ein Verkehrsverbot nach Art. 5 der VO (EG) 1333/2008 besteht.

Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der VO (EG) Nr. 1333/2008 vom 16.12.2008 geregelt, die am 20.1.2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt, in Lebensmitteln verwendet werden. Steht die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden. Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11.11.2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt er ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4.6.2014 mit Wirkung vom 25.6.2014 geändert. Vor diesem Zeitpunkt wurde die Kategorie 08 (Fleisch) in die Unterkategorien 08.1 (nicht verarbeitetes Fleisch) und die Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) eingeteilt. Innerhalb der Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) fand eine weitere Untergliederung in nicht wärmebehandeltes verarbeitetes Fleisch (08.2.1), wärmebehandeltes Fleisch (08.2.2) sowie weitere Kategorien statt. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden (vgl. Erwägungsgrund 5 der VO (EU) Nr. 601/2014). Seit dem 25.6.2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorien 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse). Die Unterkategorie „Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004“ gibt es somit bereits seit dem 1.6.2013, wobei sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage in dieser Kategorie weder die Verwendung von Cellulose (E 460) noch von Phosphaten (E 450, E 451) zulässig ist. Phosphate waren nach alter Rechtslage bei Fleischzubereitungen nur bei „Breakfast sausages“ zugelassen (Anhang II Teil E Kategorie 8.1.2 zur VO (EG) Nr. 1333/2008 in der vor dem 25.6.2014 geltenden Fassung). Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Verwendung von Phosphaten bei weiteren Fleischzubereitungen zugelassen, wie z. B. „Kasseler“ und „Bräte“. Die Verwendung von E 460 (Cellulose) war weder nach alter noch nach neuer Rechtslage in Fleischzubereitungen zulässig.

Insbesondere trifft es nicht zu - wie die Antragstellerin meint - dass Cellulose in Anhang II Teil C für die Verwendung bei allen Lebensmitteln allgemein zugelassen ist. Teil C des Anhangs II enthält lediglich eine Einteilung der Zusatzstoffe in verschiedene Gruppen. Innerhalb bestimmter Lebensmittelkategorien ist dann in Teil E des Anhangs II bestimmt, dass bestimmte Zusatzstoffgruppen verwendet werden dürfen. Bei Cellulose handelt es sich um einen Zusatzstoff der Gruppe I. Diese Gruppe ist sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage nicht bei Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 zugelassen. Sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage darf Cellulose nur bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch benutzt werden, das nach der nunmehr geltenden Einteilung zu den Fleischerzeugnissen zählt. Ferner ist bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage die Verwendung von Phosphaten (E 450, E 451) zugelassen.

Nach alledem kommt es entscheidend darauf an, ob die von der Antragstellerin produzierten Lebensmittel Fleischzubereitungen oder Fleischerzeugnisse im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 sind.

Nach Nr. 1.15 des Anhangs I zu dieser Verordnung versteht man unter „Fleischzubereitungen“ frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen.

Unter „Fleischerzeugnissen“ versteht man dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I zur VO (EG) Nr. 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind.

Entscheidend für die Abgrenzung ist somit die Frage, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Nach Auffassung der entscheidenden Kammer handelt es sich bei den streitgegenständlichen Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen, die im Wesentlichen auch das LGL in seinem Schreiben vom 2.10.2014 zutreffend angestellt hat:

- Bei der VO (EG) Nr. 853/2004 handelt es sich um eine Hygieneverordnung. Bei der Abgrenzung von Fleischzubereitungen zu Fleischerzeugnissen steht somit die mikrobiologische Stabilität des Lebensmittels im Vordergrund. Dementsprechend unterscheiden sich beispielsweise auch die Temperaturanforderungen hinsichtlich der Lagertemperaturen von Fleischerzeugnissen und Fleischzubereitungen (vgl. einerseits die im Abschnitt V des Anhangs III der VO (EG) Nr. 853/2004 geregelten Hygieneanforderungen für Fleischzubereitungen und andererseits die im Abschnitt VI dieses Anhangs geregelten Anforderungen für Fleischerzeugnisse).

In mikrobiologischer Hinsicht hat das LGL im zitierten Schreiben nachvollziehbar ausgeführt, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet sei, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake auf Wasser und/oder Ölbasis. Anders als vom Labor ... dargestellt, werde durch das „Tumbeln“ die Muskeloberfläche vergrößert, was ebenso wie die Verwendung von Gewürzen eine eher verringerte mikrobiologische Stabilität zur Folge habe. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch Tumbeln und Einspritzen von Würzlake, würden nicht ausreichen, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt würden.

Im Übrigen sind die Beteiligten in der Vergangenheit selbst übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei den Fleischspießen um Fleischzubereitungen handelt. Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung wurde nämlich seitens des Landratsamtes für die Lagerung der Fleischspieße stets eine Kerntemperatur von -18 Grad Celsius gefordert. Von der Antragstellerin wurde diese Anforderung zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen. Eine solche Kerntemperatur wird nach dem Anhang III Abschnitt V Kap. III Nr. 2 Buchst. c), ii) der VO (EG) Nr. 853/2004 für Fleischzubereitungen gefordert, die unmittelbar nach der Herstellung zu umhüllen und zu verpacken sind.

- Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18.12.2013. Nach diesem in englischer Sprache verfassten Dokument gehört auch das Erzeugnis „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Nach diesem Dokument wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist, und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch „Döner Spieße“ und „Drehspieße“, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen, und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden.

- Schließlich wird die Zuordnung der Fleischdrehspieße zu den „Fleischzubereitungen“ dadurch gestützt, dass für Produkte wie „Bräte“ und „Kasseler“ innerhalb der Kategorie „Fleischzubereitungen des Anhangs II der VO (EG) Nr. 1333/2008 in der seit dem 25.6.2014 geltenden Fassung nunmehr explizit Phosphatderivate (E 338 bis E 452) zugelassen worden sind. Hier wird ersichtlich, dass der europäische Verordnungsgeber diese Erzeugnisse als „Fleischzubereitungen“ ansieht. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL im Schreiben vom 2.10.2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kasseler wird unter Verwendung von Pökelsalz (Salz, Natriumnitrit) und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch eingebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das „Tumbeln“ als ein „vollständiges Durchmarinieren“ bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Döner Kebab und Drehspießen wird Kasseler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

- Zuletzt ist festzustellen, dass der Betrieb der Antragstellerin von der Regierung von Niederbayern eine Zulassung als „Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen aus Geflügel- und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab Art)“ erhalten hat (Zulassungs-Nr. BY 2. lt. Zulassungsbescheid der Regierung von N. vom 24.4.2013, Gz. 55.2-...). Auch hieraus ergibt sich, dass die von der Antragstellerin produzierten Fleischspieße auch von ihr selbst als Fleischzubereitungen angesehen worden sind. Die Produktion wäre nämlich von der Zulassung überhaupt nicht gedeckt, wenn es sich hierbei um Fleischerzeugnisse handeln würde. Nachdem die Zulassung einen Antrag des Unternehmers voraussetzt, muss davon ausgegangen werden, dass auch die Antragstellerin selbst stets davon ausgegangen ist, dass es sich bei den Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen handelt. Andernfalls würde die Zulassung als Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen keinen Sinn machen.

Schließlich kann das Vorhandensein der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 in den Fleischdrehspießen nicht durch den Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008 gerechtfertigt werden. Danach darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Die Argumentation der Antragstellerin geht dahin, dass die streitgegenständlichen Fleischdrehspieße mit Würzmitteln und Soßen mariniert würden, welche die fraglichen Zusatzstoffe enthalten dürfen. Dementsprechend seien sie auch im Endprodukt zulässig. Dem ist jedoch wie folgt entgegen zu treten:

In „Würzmitteln“ (Teil E Kategorie 12.2.2 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Cellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate sind hier allerdings nicht zugelassen. Bei „Soßen“ (Teil E Kategorie 12.6 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) sind sowohl Cellulose als auch Phosphate zugelassen.

Bei der Herstellung der streitgegenständlichen Fleischspieße werden allerdings keine „Soßen“ in diesem Sinne verwendet. Nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18.12.2013 ist nämlich die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“. Unter die Kategorie 12.6. (Soßen) fallen demnach nur solche Soßen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen werden bei der Herstellung der streitgegenständlichen Lebensmittel jedoch nicht verwendet, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) fällt.

Darüber hinaus findet auch eine Migration von Cellulose über die eingesetzte Würzlake nicht statt, da im konkreten Fall derartige Bestandteile in der von der Antragstellerin bezogenen und für die Würzlake verwendete Würzmischung nicht enthalten sind. Die Cellulose wird seitens der Antragstellerin vielmehr gesondert zugesetzt.

ff) Ob daneben auch die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“ als Einsatz eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes angesehen werden muss, kann hier offen bleiben. Das LGL hat diesbezüglich in seinem Gutachten empfohlen, die Rezeptur der Fleischdrehspieße zu überprüfen, da es sich bei dem Stoff nur dann um einen (nicht zugelassenen) Zusatzstoff handele, wenn er nicht als Ballaststoff eingesetzt werde. Für das Gericht spricht einiges dafür, dass dieser Stoff ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt wird und nicht, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern. Dem braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil sich ein (absolutes) Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischdrehspieße bereits aufgrund des Einsatzes der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 ergibt (vgl. 2 a) ee)).

Nach alledem weisen die vom Antragsgegner beanstandeten Fleischspieße eine Reihe lebensmittelrechtlicher Verstöße auf, die dazu führen, dass die Spieße nicht verkehrsfähig sind.

b) Dementsprechend musste der Antragsgegner gemäß Art. 54 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Antragstellerin Abhilfe schafft. Dem Antragsgegner stand somit ein Auswahlermessen zu, welche von verschiedenen zulässigen Maßnahmen er trifft, wobei der Antragsgegner hier das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) 882/2004 in unterschiedlicher Ausprägung untersagt hat.

aa) In Ziffer I.1. des angegriffenen Bescheides hat das Landratsamt ein generelles In-Verkehrbringungs-Verbot von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr angeordnet, und zwar solange, bis eine Freigabe durch das Landratsamt erfolgt (Ziffer I.2.). Diese Maßnahme ist trotz des angeordneten Freigabeerfordernisses verhältnismäßig. Die Anforderung mag auf den ersten Blick eine nicht zwingend erforderliche Einschränkung der Antragstellerin darstellen; denn es wäre grundsätzlich auch möglich gewesen, nur ein Verkehrsverbot für Produkte auszusprechen, die so aufgemacht und zusammengesetzt sind, wie der vom LGL untersuchte Fleischdrehspieß. Dadurch wäre jedoch nicht sichergestellt worden, dass die Antragstellerin künftig nur noch rechtskonforme Produkte herstellt und in den Verkehr bringt. Gerade im Hinblick auf die komplexe Rechtslage und unter Berücksichtigung der Vielzahl der vorhandenen lebensmittelrechtlichen Verstöße ist das Freigabeerfordernis nicht zu beanstanden. Es liegt im Übrigen auch im berechtigten Interesse der Antragstellerin, da sie dadurch vor weiteren Vermögensschäden bewahrt wird; denn die Anordnung verhindert, dass die Antragstellerin erneut Fleischzubereitungen mit geänderter Rezeptur und Kennzeichnung produziert, von denen sich im Nachhinein herausstellt, dass diese wiederum nicht verkehrsfähig sind. Deshalb bestehen keine Bedenken gegen die Anordnung, sofern die Freigabe bei Rechtskonformität unverzüglich erfolgt. Wie sich den Akten des Antragsgegners entnehmen lässt, wurde eine Freigabe durch das Landratsamt nach mitgeteilter Rezeptur- und Kennzeichnungsänderung, die den lebensmittelrechtlichen Vorschriften aus Sicht des LGL entsprachen, auch bereits erteilt, und zwar bereits am zweiten Tag nach Mitteilung der geänderten Parameter.

bb) Das Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischspieße in Ziffer I.3. des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenso nicht zu beanstanden. Da die Erzeugnisse Zusatzstoffe enthalten, die nach der VO (EG) Nr. 1333/2008 für Fleischzubereitungen nicht zugelassen sind, besteht für diese Erzeugnisse nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008, § 6 Abs. 1 Nr. 1 a) LFGB ein Verbot des In-Verkehr-Bringens für den menschlichen Verzehr. Zwar können Behörden grundsätzlich nach § 68 LFGB Ausnahmen von lebensmittelrechtlichen Verboten zulassen, insbesondere auch zur Vermeidung unbilliger Härten, wenn die nicht rechtskonformen Lebensmittel zu verderben drohen (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB) und eine Gefahr für die menschliche Gesundheit nicht besteht (§ 68 Abs. 3 Hs. 1 LFGB). Diese Voraussetzungen mögen hier unter Umständen gegeben sein. Allerdings bestimmt § 68 Abs. 3 Hs. 2 Nr. 2 LFGB, dass eine Zulassung von Ausnahmen wegen einer unbilligen Härte nach § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB nicht möglich ist für die Verbote des § 6 LFGB (Verbot der Verwendung nicht zugelassener Zusatzstoffe). Hinzu kommt, dass das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln, die nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht verkehrsfähig sind, weil sie nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, den Straftatbestand des § 59 Abs. 2 Nr. 5 c) LFGB erfüllt. Deshalb stand dem Landratsamt als einzige zielführende Maßnahme ein uneingeschränktes Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits hergestellten Erzeugnisse zum menschlichen Verzehr zur Verfügung. Die Anordnung wiederholt im Ergebnis nur die ohnehin geltende Rechtslage.

3. Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des angegriffenen Bescheides hat ihre Rechtsgrundlage in den Art. 18, 19, 29, 30, 34 und 36 VwZVG. Im Tenor des angegriffenen Bescheides ist zwar ausgeführt, dass unmittelbarer Zwang „angeordnet“ werde. Aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Bescheides ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass es sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt. Gewollt - und für die Empfängerin des Bescheides erkennbar - war die Androhung unmittelbaren Zwangs.

4. Die Kostenentscheidung des Gerichts findet ihre Rechtsgrundlage in § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 5 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), denen die Kammer folgt. Im Hauptsacheverfahren ist danach die sich für die Antragstellerin ergebende Bedeutung der Angelegenheit maßgeblich, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dieser Wert nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges zu halbieren ist. Aus Sicht der entscheidenden Kammer richtet sich der wirtschaftliche Wert der Sache in erster Linie nach dem finanziellen Verlust, den die Antragstellerin erleidet, wenn sie die bereits produzierten Fleischdrehspieße (12 Tonnen) nicht mehr in den Verkehr bringen kann. Hinzu kommt, dass sie auch die Bezeichnung „Döner“ nicht verwenden darf, die den Erzeugnissen eine besondere Qualität zuschreibt und der somit auch ein wirtschaftlicher Wert beizumessen ist. Den dadurch eintretenden „Verlust“ für die Antragstellerin schätzt das Gericht auf 160.000,- €. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass aus den 12 Tonnen bereits produzierter Fleischdrehspieße ca. 80.000 Portionen für den Endverbraucher hergestellt werden können.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 1 K 14.1461

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

1. Kammer

..., als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebiets-Nr. 541

Hauptpunkte:

Feststellungsklage, Abgrenzung „Fleischzubereitung“ von „Fleischerzeugnis“ im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004; Verwendung der Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) bei der Herstellung von rohen Fleischdrehspießen; Anwendung des Migrationsgrundsatzes; Abgrenzung „Soße“ von „Würzmittel“; Gleichheitsgrundsatz;

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

wegen lebensmittelrechtlicher Anordnung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 1. Kammer, durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., der ehrenamtliche Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2015

am 14. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Es wird festgestellt, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/08 vereinbar ist.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

Die Klägerin ist Herstellerin von marinierten und gewürzten Fleischdrehspießen. Verschiedene Fleischstücke werden dabei in einem sogenannten „Tumbler“ mit einer Soße/Würzmischung zusammengegeben und mehrere Stunden gemischt. Diese Soße/Würzmischung, welche die Klägerin selbst herstellt oder auch zukauft, enthält neben Wasser, Öl und Gewürzen unter anderem auch die Zusatzstoffe Diphosphat, Triphosphat sowie Zellulose. Sie kann auch gesondert bei der Klägerin erworben werden. Nach dem Vermischen wird der Drehspieß geformt, gesteckt, tiefgefroren, verpackt und im Rohzustand an Imbissbetriebe verkauft. Dort wird der Fleischdrehspieß senkrecht stehend drehend gegrillt und das Fleisch gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher verkauft.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vertritt in einem Gutachten vom 26. August 2014 die Auffassung, dass solche Fleischdrehspieße Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 seien und die Produkte deshalb der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen seien. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 08.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) für Fleischzubereitungen nicht zugelassen.

Aufgrund dieses Gutachtens erließ das Landratsamt ... am 19. September 2014 ein Schreiben, in welchem die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sämtliche in den Betrieben der Klägerin hergestellten Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der Verordnung (EG) 853/2004 einzustufen seien. Diese seien der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß Anhang II Teil E der Verordnung (EG) 1333/2008 zuzuordnen. Deshalb dürften für die Produktion von Fleischdrehspießen keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose verwendet werden. Im Anschluss an diesen Hinweis wurde eine Verpflichtungserklärung von der Klägerin abgegeben, als Zulassungsinhaberin ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten, insbesondere keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose zu verwenden. Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneute darauf hin, dass die oben genannten Zusatzstoffe nicht verwendet werden dürften. Lebensmittel, welche die nicht zugelassenen Zusatzstoffe enthielten, seien nicht mehr verkehrsfähig und würden entsprechend gemaßregelt werden. Beide Schreiben enthielten keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 1. Oktober 2014 ließ die Klägerin gegen beide Schreiben Klage erheben. Der Bevollmächtigte der Klägerin meint, die Verfügungen seien nicht rechtmäßig, weil die Klägerin die benannten Zusatzstoffe verwenden dürfe. Die Zellulose (E 460) sei in Anhang II Teil E der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet und dürfe nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden. Bei den Produkten der Klägerin handle es sich aber nicht um unbehandeltes Fleisch. Die Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat (E 450 und E 451) seien in der Verordnung (EG) Nr. 601/2014 für Fleischerzeugnisse zugelassen. Die Fleischdrehspieße seien als Fleischerzeugnisse einzustufen. Selbst wenn man diese den Fleischzubereitungen zuordnen würde, dürften die Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 zumindest über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) Nr. 1333/2008 (sog. „carry over Grundsatz“) verwendet werden. Nach der Definition von Fleischzubereitung sei die Zugabe von Würzen bzw. Würzmitteln sowie Zusatzstoffen üblich. Dies werde speziell zu Gyros unter Nr. 08.1.2 in den Leitlinien (Guidance document describing the food categories in part E of Annex II to Regulation (EC) No. 1333/2008) ausgeführt. Würden demnach Fleischzubereitungen unter Verwendung von Würzmitteln oder Würzsoßen hergestellt, dürften diese wiederum die für die Würzmittel oder Würzsoßen zugelassenen Zusatzstoffe enthalten. Der Erwägungsgrund (18) der Verordnung (EU) Nr. 601/2014 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 erkläre den Migrationsgrundsatz gemäß Art. 18 Abs. 1 a der EU-Verordnung in Fleischzubereitungen für anwendbar. Zellulose dürfe als Zusatzstoff der Gruppe I einer Würzsoße oder einem Würzmittel zugegeben werden und könne daher ebenfalls über den Migrationsgrundsatz Bestandteil einer Fleischzubereitung werden. Dies bestätige nicht nur das Gutachten des Labors Dr. ..., sondern auch die Stellungnahme des Fachverbandes der Gewürzindustrie. Die Marinade sei eine Soße und kein Würzmittel. Nach Nr. 12.2.2 der Leitlinien würden Würzmittel zu einem Gericht gereicht („added to a meal“). Es stünde dort gerade nicht „added to a foodstuff“. Zwar bestimme die Leitlinie unter Nr. 12.6, dass unter Soßen auch sog. „ready to eat“ Soßen zu subsumieren seien, aber eben auch „concentrated products“, wie die hier verwendete Würzmischung, was sich aus dem Wortlaut „or“ ergebe. Die einschlägige Kommentierung fasse eine Marinade unter den Begriff der Soße.

Die Klägerin beantragte zunächst,

die Bescheide des Beklagten vom 19. September 2014 und vom 22. September 2014 aufzuheben.

Die Klage wurde am 24. November 2014 umgestellt.

Die Klägerin beantragt zuletzt festzustellen,

dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand nicht gegen die Verordnung (EG) 1333/2008 verstößt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es handle sich dann um eine Fleischzubereitung, wenn nur Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben werden oder das Lebensmittel einem Verfahren unterzogen werde, das nicht ausreiche, die innere Muskelstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale des frischen Fleisches zu beseitigen. Sofern ein Herstellungsverfahren sicherstelle, dass die innere Muskelstruktur des Fleisches verändert werde und die Merkmale des frischen Fleisches nicht mehr erfüllt werden, liege ein Fleischerzeugnis nach Anhang I Nr. 7.1 VO (EG) NR. 853/2004 vor. Unter Berufung auf das Gutachten des LGL vom 26. August 2014 gehe der Beklagte davon aus, dass die Fleischdrehspieße als Lebensmittelzubereitung i. S. d. Anhangs I Nr. 1.15 VO (EG) 853/2004 einzustufen seien. Für Fleischzubereitungen seien diese Zusatzstoffe nicht zugelassen. Selbst wenn es ein Fleischerzeugnis sei, müsse eine Erweiterung der EU-Zulassung beantragt werden. Die verwendete Marinade sei ferner keine Soße i. S. d. Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, weshalb die Zusatzstoffe auch nicht über den Migrationsgrundsatz zugelassen werden könnten. Würzmittel würden während des Zubereitungsvorganges hinzugegeben, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher.

Die Klägerin erwiderte, dass sie auch eine Zulassung für Fleischerzeugnisse habe. Der Drehspieß sei zum Verzehr bestimmt. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher sei er durchgegart, weshalb ein Fleischerzeugnis vorliege. Dies bedeute, dass Imbissbetreiber, die in ihrem Betrieb einen Drehspieß herstellten, die in Frage stehenden Zusatzstoffe einsetzen dürften. Dieser Unterschied sei nicht nachvollziehbar, wenn man darauf abstelle, dass der Dönerspieß dafür gemacht sei, nicht roh verzehrt, sondern durchgegart an den Endverbraucher abgegeben zu werden. Für Bräte und Kassler seien die Zusatzstoffe ausdrücklich zugelassen. Warum der Drehspieß nicht aufgeführt sei, sei nicht nachvollziehbar und systemwidrig. Wenn schon in einem Brät (Leberkäse), das dazu bestimmt sei, roh an den Endverbraucher abgegeben zu werden, Phosphate eingesetzt werden dürften, dann sei erst recht der Einsatz von Phosphaten in Lebensmitteln zulässig, die dazu bestimmt seien, durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Die Argumentation, es ginge um gesundheitliche Belange, sei deshalb gekünstelt. Der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 finde Anwendung, weil die Phosphate und die Zellulose für Soßen zugelassen seien. Daneben bestehe die Möglichkeit des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Danach dürfe ein Lebensmittelzusatzstoff in einem Lebensmittel enthalten sein, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet werde, sofern letzteres dieser Verordnung genüge. Sofern Würzmittel und Soßen ausdrücklich für die Zubereitung von Drehspießen bestimmt seien, dürfe dieses Präparat auch alle Zusatzstoffe enthalten, die für die Zubereitung des zusammengesetzten Lebensmittels (gegarter Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei) zugelassen seien. Der Einsatz der Soßen und Würzmittel erfolge, um einen gegarten Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei, herzustellen. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt ... (CVUA) gehe davon aus, dass zur Herstellung von Fleischdrehspießen unter dem Aspekt des „reverse carry over“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Zusatzstoffe verwendet werden dürften, die für die Herstellung von Fleischerzeugnissen zulässig seien. Da in einem Fleischerzeugnis die streitgegenständlichen Zusatzstoffe zugelassen seien, die Zweckbestimmung des Halbfertigprodukts „roher Drehspieß“ aber gerade das Durchgaren voraussetze, um ihn verzehren zu können, müsse bei dem Halbfertigprodukt, das zwar eine Fleischzubereitung darstelle, der Einsatz der streitgegenständlichen Zusatzstoffe auch zulässig sein (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Das Halbfertigprodukt sei nur ein Zwischenprodukt, das gar nicht für den unzubereiteten Verzehr gedacht sei.

Das LGL teilte mit Schreiben vom 2. März 2015 mit, dass der sog. „reverse carry over Grundsatz“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 hier keine Anwendung finden könne, weil anderenfalls viele zusatzstoffrechtlichen Regelungen der Verordnung obsolet wären. Zudem wären bei dieser Betrachtungsweise die bestehenden Sonderregelungen für Halbfabrikate wie Kassler und Bräte überflüssig. Da es auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens ankomme, dürfe für die zusatzstoffrechtliche Beurteilung nicht nur auf die letztendliche Zweckbestimmung des Lebensmittels abgestellt werden, sondern auf die Abgabe als vorverpackte Ware an die Gastronomiebetriebe. Die Zugabe der streitgegenständlichen Zusatzstoffe diene der Bindung größerer Mengen Wasser. Eine technologische Notwendigkeit sei nicht gegeben. Durch die Verbote solle der übermäßige Wasserzusatz zu Fleisch verhindert werden.

Die Klägerin erklärte, ohne die streitigen Zusatzstoffe könne der Drehspieß nicht sachgerecht hergestellt werden. Die Phosphate hätten bereits in der Soße/Würzmischung eine regulierende Wirkung, daneben seien sie von zentraler Bedeutung für die Konsistenz des Spießes. Versuche hätten ergeben, dass ohne die Zusatzstoffe kein Spieß mit der für den weiteren Produktionsprozess erforderlichen Konsistenz hergestellt werden könne. Überdies sei die Wassermenge ein Problem allenfalls der Irreführung.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass dann, wenn der Imbissbetreiber das Fleisch und die Würzmischung selbst mischt und den Fleischdrehspieß selbst steckt, die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe nicht zu beanstanden ist. Die streitgegenständlichen Zusatzstoffe sind bei einer Verwendung in der üblichen Menge auch nicht gesundheitsschädlich. Es wurde ferner unstreitig gestellt, dass die Verwendung von Zellulose in den rohen Fleischdrehspießen über die Anwendung des Migrationsgrundsatzes nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig ist.

Am 14. Juli 2015 fand mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

1. Gegenstand der Klage ist die Feststellung, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

2. Die Klage ist zulässig.

Sie ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Frage, ob die genannten Zusatzstoffe in den von der Klägerin hergestellten Fleischdrehspießen verwendet werden dürfen, stellt ein solches Rechtsverhältnis dar. Auch hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (§ 43 Abs. 1 letzter Hs VwGO). Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe in rohen Fleischdrehspießen zulässig ist. Das Landratsamt ... hat mit Schreiben vom 19. September 2014 darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Produktion ihrer Fleischdrehspieße keinerlei Diphosphat, Triphosphat und Zellulose verwenden darf. Zudem hat sich die Klägerin verpflichtet, ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten (Blatt 14 der Gerichtsakte). Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneut darauf hin, dass die Zusatzstoffe bei der Herstellung von Fleischzubereitungen keinesfalls verwendet werden dürfen. Es wurde ausdrücklich angeführt, dass zukünftig in der Produktion vorgefundene Fleischzubereitungen, die nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, als Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig sind und entsprechend gemaßregelt werden (vgl. Blatt 15 der Gerichtsakte). Die Verwendung unzulässiger Lebensmittelzusatzstoffe ist strafbewehrt. Die Klägerin benötigt nach ihren Angaben die genannten Zusatzstoffe, um die Konsistenz des Fleischdrehspießes sicherzustellen. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, feststellen zu lassen, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe in der Produktion von Fleischdrehspießen zulässig ist oder ob sie gegen Gesetze verstößt und die Klägerin sich damit strafbar macht.

3. Die Klage ist auch begründet.

Bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand ist die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 zu vereinbaren. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 4 i. V. m. Anhang II i. V. m. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 vor.

a) Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008 geregelt, die am 20. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt in Lebensmitteln verwendet und in Verkehr gebracht werden. Steht die Verwendung eines Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden (sog. Verbotsprinzip). Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11. November 2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt der Anhang ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4. Juni 2014 mit Wirkung vom 25. Juni 2014 geändert. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden. Seit dem 25. Juni 2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorie 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse).

b) Nach der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischzubereitungen grundsätzlich nicht zugelassen. Ausnahmsweise sind die streitigen Phosphate in „breakfast sausages“, „Finnischem Weihnachtsschinken“, „burger meat“, „Kassler“ und „Brät“ zugelassen.

Nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 dürfen Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischerzeugnissen verwendet werden.

c) Bei der Beurteilung, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen mit der VO (EG) 1333/2008 vereinbar ist, ist maßgeblich, welchen dieser o.g. Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen rohen Fleischdrehspieße zuzuordnen sind.

Nach Überzeugung der Kammer sind die rohen Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 einzuordnen. Deshalb sind die streitigen Zusatzstoffe grundsätzlich nicht zugelassen.

Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend ist, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Unter Zugrundelegung dieser Definitionen folgt die Kammer - wie auch das Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) - insoweit der überzeugenden fachlichen Einschätzung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 26. August 2014 bzw. vom 2. Oktober 2014. Die rohen Fleischdrehspieße sind demnach als Fleischzubereitung einzuordnen, weil das Mischen des Fleisches mit der Würzlake in einem sog. Tumbler nicht geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Das LGL führt nachvollziehbar aus, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake aus Wasser und/oder Öl. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch das Tumbeln und Einspritzen einer Würzlake, reichen nicht aus, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt werden. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18. Dezember 2013. Nach diesem in englischer Sprache abgefassten Dokument gehört auch das Produkt „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Demnach wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch Fleischdrehspieße, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden. Auch Kassler und Brät werden als Fleischzubereitung eingestuft. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kassler wird unter Verwendung von Pökelsalz und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch gebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das Tumbeln als ein vollständiges Durchmarinieren bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Fleischdrehspießen wird Kassler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

Maßgebend ist hierbei der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fleischdrehspießes. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 ist das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies ist hier die Abgabe des Fleischdrehspießes in rohem Zustand an die Imbissbetreiber. Deshalb vermag das Argument des Bevollmächtigten der Klägerin, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissbetreiber zerstört und es handle sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis, nicht zu überzeugen. Es ist zwar richtig und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich bei dem gegarten Fleischdrehspieß um ein Fleischerzeugnis handelt, in dem die streitigen Zusatzstoffe zugelassen sind. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den einzelnen Imbissbetrieb ist der Fleischdrehspieß aber noch roh und die Fleischstruktur ist noch zu erkennen. Auf diesen Zeitpunkt kommt es maßgeblich an. Im Übrigen gehen auch die von dem Bevollmächtigten zitierten Gutachter davon aus, dass der rohe Fleischdrehspieß eine Fleischzubereitung ist (vgl. Schreiben des Labor ... vom 24.9.2014 Blatt 19 der Gerichtsakte; Aufsatz von ..., Vom Fleisch bis zum Kassler Blatt 66 ff. der Gerichtsakte; Schreiben des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) ... vom 26.1.2015, Blatt 68 der Gerichtsakte; Schreiben des CVUA ... vom 29. Januar 2015 Blatt 98 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679).

d) Die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat ist zunächst auch nicht ausnahmsweise über den sog. Migrationsgrundsatz („carry over Grundsatz“) nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig. Die Verwendung von Zellulose ist hingegen - zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig - über Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 möglich.

aa) Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 ist grundsätzlich anwendbar. In Tabelle 1 des Anhangs II Teil A der VO (EG) 1333/2008 sind die Lebensmittel aufgeführt, in denen nach dem Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a der VO (EG) 1333/2008 Zusatzstoffe nicht zugelassen werden dürfen. Ausdrücklich ausgenommen sind Fleischzubereitungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Dies bedeutet, dass Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei Fleischzubereitungen grundsätzlich Anwendung findet.

bb) Nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Der rohe Fleischdrehspieß ist ein zusammengesetztes Lebensmittel, das nicht in Anhang II aufgeführt ist. Es kommt damit entscheidend darauf an, ob die von der Klägerin verwendete Würzlake als „Soße“ oder „Würzmittel“ einzustufen ist.

In „Soßen“ der Kategorie 12.6 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 sind sowohl Zellulose als auch Diphosphate und Triphosphate zugelassen. In „Würzmitteln“ der Kategorie 12.2.2 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Zellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate dürfen hingegen nicht verwendet werden.

Die Klägerin argumentiert damit, dass die von ihr verwendete Würzmarinade eine „Soße“ sei, in welcher die Zusatzstoffe erlaubt seien. Deshalb dürften die streitigen Zusatzstoffe auch in dem rohen Fleischdrehspieß vorhanden sein. Die Klägerin meint, Würzmittel würden nach den Leitlinien 12.2.2 zu einem Gerichte gereicht („added to a meal“). Die Vorgabe, welche das LGL herauslesen wolle, dass ein Würzmittel zur Herstellung eines Lebensmittels gedacht sei, würde lauten „added to a foodstuff“. Dieser Wortlaut finde sich aber gerade nicht in den Leitlinien. Das Fleisch werde in der Soße mariniert, d. h. diese Soße werde zur Herstellung des Fleischdrehspießes verwendet und nicht zum Fleischdrehspieß verzehrt. Zu Soßen gehörten zwar auch „ready to eat“ Soßen, aber eben auch „konzentrierte Produkte“ („concentrated products“), wie die verwendete Würzmischung. Das werde durch das Wort „or“ deutlich. Dies übersehe das LGL.

Dieser Argumentation folgt die Kammer nicht.

Übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und dem Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) ist die Kammer der Überzeugung, dass die von der Klägerin verwendete Würzlake nicht als „Soße“ im Sinne der Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, sondern vielmehr als „Würzmittel“ im Sinne der Nr. 12.2.2 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008 zu erfassen ist.

Das „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 umschreibt unter Nr. 12.6 „Sauces“ wie folgt:

„This category covers ready-to-eat, dehydrated or concentrated products, including sauce, gravy, mayonnaise, ketchup and tomato-based sauces, salad cream, dressing, marinades and similar products. (…).“

„Seasonings and condiments“ nach Nr. 12.2.2 werden wie folgt beschrieben:

„A seasoning is a blend of food ingredients added as necessary to achieve an improvement in taste, eating quality and/or functionality of a food. It typically contains one or more herbs and/or spices and other flavor-enhancing or flavor-imparting ingredients. A condiment is usually added to a meal to provide a particular taste or enhance its flavor. (…).“

Das LGL führt in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 nachvollziehbar aus, dass nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“ ist. Demnach seien unter die Kategorie 12.6 „Soßen“ nur solche Soßen einzuordnen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen würden bei der Herstellung der Fleischdrehspieße nicht verwendet werden, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) falle (vgl. VG Regensburg, B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635; BayVGH, B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521).

Die Kammer folgt insoweit der fachlichen Einschätzung des LGL. Die Leitlinien sind in englischer Sprache gefasst. Die Kammer berücksichtigt, dass es möglicherweise sprachliche Unterschiede gibt und dass Begriffe je nach Land unterschiedlich weit gefasst werden können. Die Kammer bezieht deshalb in ihre Erwägungen neben den Leitlinien, die nur als Anhaltspunkt dienen können und nicht bindend sind, auch den allgemeinen Sprachgebrauch und die allgemeine Verkehrsauffassung mit ein. Demnach sind nach Auffassung der Kammer Soßen nach der Umschreibung in den Leitlinien (ready to eat) und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung verzehrfertig und können als solche auch verzehrt werden. Soßen sind eigenständig und werden in dieser Funktion getrennt zu einem Gericht gereicht und üblicherweise nicht zur Herstellung eines Gerichts verwendet. Dem Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass Würzmittel üblicherweise während des Zubereitungsvorgangs zugegeben werden, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher. Zwar mag es sein, dass es Würzmittel gibt, die als Würzsoßen bezeichnet werden. Diese werden aber nicht als eigenständiges Produkt zu einem Gericht gereicht, sondern zur Würzung zugegeben. Maßgebend ist die konkrete Zweckbestimmung der von der Klägerin verwendeten Würzlake im dafür vorgesehenen Produktionsablauf. Abzustellen ist nicht darauf, ob das Produkt abstrakt als Soße kategorisiert werden könnte, sondern darauf, wie das Produkt im konkreten Herstellungsvorgang verwendet wird. Im hier zu entscheidenden Fall wird die Würzlake zum rohen Fleisch gegeben und in einem Tumbler mehrere Stunden vermengt. Die Würzlake wird zum Einlegen und Marinieren von rohem Fleisch verwendet und nicht als Soße zum gegarten Fleischprodukt gegessen. Demnach handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein Würzmittel und nicht um eine Soße, weshalb die Phosphate nicht zugelassen sind. Die Ansicht in der Kommentierung (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band III, Stand Juli 2014, C 120 § 2 Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, Rn. 422) die eine Würzsoße als Soße eingruppiert, teilt die Kammer aus obigen Gründen nicht.

cc) In Würzmitteln ist Zellulose zulässig (siehe oben). Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 60 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung ist die Zellulose in der Würzmischung enthalten und wird nicht - wie im Fall des Verwaltungsgerichts Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) - gesondert hinzugegeben. Deshalb darf Zellulose - wie die Vertreterin des LGL auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat - über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen des rohen Fleischdrehspießes verwendet werden. Es findet eine „Migration“ von Zellulose über die eingesetzte Würzlake statt.

e) Nach Überzeugung der Kammer ist die Verwendung von Diphosphaten und Triphosphaten über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“) mit der Verordnung in Einklang zu bringen.

aa) Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 regelt den umgekehrten Fall zu Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008. Ein Lebensmittelzusatzstoff darf danach enthalten sein in einem Lebensmittel, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet wird, sofern Letzteres dieser Verordnung genügt.

aaa) Die Würzlake der Klägerin, welche als Würzmittel zu kategorisieren ist (siehe oben), ist ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. Lebensmittel sind demnach alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwarten werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. In der Lebensmittelkategorie Würzmittel sind Phosphate nicht zugelassen (siehe oben).

bbb) Die von der Klägerin verwendete Würzlake wird auch ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels, des Fleischdrehspießes, verwendet.

ccc) Das Würzmittel wird nach Auffassung der Kammer objektiv gesehen alleine dafür verwendet, ein Fleischerzeugnis herzustellen. In Fleischerzeugnissen nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Phosphate zugelassen (siehe oben). Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 unter dem Begriff des „zusammengesetzten Lebensmittels“ auf den rohen Fleischdrehspieß (=Fleischzubereitung) oder auf den gegarten Fleischdrehspieß (=Fleischerzeugnis) abgestellt werden muss. Nach Überzeugung der Kammer muss hierbei auf den gegarten Fleischdrehspieß abgestellt werden.

Das LGL vertritt hierbei die Ansicht, dass im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ einzig auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden könne. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 stelle auf das Inverkehrbringen ab. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 sei das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies sei im Fall der Klägerin die Abgabe des rohen Fleischdrehspießes an den Imbissbetreiber. Würde man dies anders sehen und die Phosphate über den umgekehrten Migrationsgrundsatz zulassen, dann wären viele zusatzstoffrechtliche Regelungen der VO (EG) 1333/2008 obsolet.

Dieser Auffassung folgt die Kammer aus folgenden Erwägungen nicht:

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 spricht von „Zubereitung“ eines zusammengesetzten Lebensmittels. Der Begriff „Zubereitung“ ist nach Ansicht der Kammer weit zu fassen. Eine Speise ist zubereitet, wenn sie verzehrfertig ist. Die Zubereitung kann somit auch das Endprodukt erfassen, in dem Fall hier streitigen Fall der Klägerin den gegarten Fleischdrehspieß. Der Wortlaut der Norm zwingt nicht zu einer engen Auslegung der Gestalt, dass nur auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden darf. Vielmehr lässt der Wortlaut auch eine weitere Auslegung im Hinblick auf das Endprodukt zu.

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 stellt auch nicht ausdrücklich auf das „Inverkehrbringen“ ab. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin als Herstellerin den rohen Fleischdrehspieß erstmals durch die Abgabe an den Imbissbetreiber in Verkehr bringt. Und es ist dem Beklagten auch darin zuzustimmen, dass die Verordnung in Art. 5 VO (EG) 1333/2008 auf das „Inverkehrbringen“ abstellt. Die Tatsache, dass das Tatbestandsmerkmal „Inverkehrbringen“ im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 fehlt und vor dem Hintergrund, dass der Gesetzeswortlaut den Begriff „Zubereitung“ enthält, legt nahe, den Anwendungsbereich des umgekehrten Migrationsgrundsatzes weiter zu fassen, als dies der Beklagte vertritt. Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 rechtfertigt eine solche enge Auslegung, wie sie der Beklagte fordert, nicht.

Dass Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 einer weiten Auslegung zugänglich ist und es sachgerecht ist, auf das Enderzeugnis abzustellen, wird auch durch die Ausführungen unter Nr. 2 c des Guidance document on the carry-over principle gestützt; dort heißt es auszugsweise:

„This provision is in particular important for food ingredients that are sold between business operators. In such a case the use of additives can be permitted in foods (such as intermediary products), in which they would not otherwise be permitted, provided that those foods are to be used solely in the preparation of a compound food that will be conform to the relevant Regulations.“

Die Leitlinien nehmen somit ausdrücklich auf die Handelskette zwischen zwei Unternehmern Bezug und stellen darauf ab, dass genau in diesen Fällen die Vorschrift des „reverse carry over Grundsatzes“ besonders wichtig wird. Dabei wird ausdrücklich auf sog. „intermediary products“ Bezug genommen, die im Deutschen als „Zwischenprodukte“ übersetzt werden können.

Auch der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch den direkten Zusatz auch durch die Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt. Der Gesetzgeber schreibt ausdrücklich „Enderzeugnis“ in die Erwägungsgründe. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß, abgestellt werden kann.

Für das Abstellen auf den Endverbraucher und in diesem Zusammenhang auf das Fleischerzeugnis spricht auch der Sinn und Zweck der VO (EG) 1333/2008. Art. 1 dieser Verordnung bestimmt, dass die Regelungen ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit der Menschen und ein hohes Niveau des Schutzes der Verbraucher einschließlich des Schutzes der Verbraucherinteressen gewährleisten sollen. Auch Art. 6 der Verordnung stellt den Verbraucherschutz in den Vordergrund: Der Lebensmittelzusatzstoff muss bei der vorgeschlagenen Dosis für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich sein. Auch die Erwägungsgründe (2), (3) und (7) der VO (EG) 1333/2008 stellen maßgeblich auf den Verbraucherschutz ab. Der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch direkten Zusatz auch durch Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt.

Der Verbraucher- und Gesundheitsschutz ist im hier zu entscheidenden Fall durch die Anwendung des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 gewährleistet. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß enthalten sein dürfen. So führt das LGL in seinem Schreiben vom 2. März 2015 ausdrücklich aus: „Zwar darf ein Gastronom beispielsweise Phosphate und Zellulose einem Drehspieß zusetzen, welchen er selbst in seinem Betrieb produziert, wenn dieses Produkt im gegarten Zustand ausschließlich in diesem Betrieb in den Verkehr gebracht wird, da dieses zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens als Fleischerzeugnis einzustufen ist“ (vgl. Blatt 83 der Gerichtsakte). Es ist nicht ersichtlich, weshalb unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes der Endverbraucher im Falle eines zwischengeschalteten Fleischdrehspießherstellers die Zusatzstoffe nicht konsumieren dürfte, im Falle der Eigenproduktion des Imbissbetreibers aber schon. Wenn die Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß zugelassen sind, macht es für den Verbraucher keinen Unterschied, wenn diese auch im rohen Fleischdrehspieß enthalten sind. Auch der Einwand des LGL, der Imbissbetreiber, der den Fleischdrehspieß selbst produziert, bräuchte die Zusatzstoffe nicht, weil eine Wasserbindung in diesem Fall nicht sinnvoll sei, überzeugt nicht. Denn zum einen könnte der Imbissbetreiber die Spieße auf Vorrat produzieren, einfrieren, später durchgaren und an den Endverbraucher verkaufen. Auch in diesem Fall wären die Zusatzstoffe für die Festigkeit und Bindung des Spießes nützlich. Weil die Fleischdrehspieße in diesem Fall erstmalig durch den Verkauf an den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden, dürfte der Fleischdrehspieß mit den Zusatzstoffen versetzt sein. Zum anderen ist maßgebend, dass der Imbissbetreiber nach der Verordnung die streitigen Zusatzstoffe zulässigerweise verwenden dürfte. Ob dies sinnvoll ist oder nicht, ist unerheblich. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe nicht gesundheitsgefährdend sind. Es ist auch unstreitig, dass die Zusatzstoffe angegeben werden und es deshalb zu keiner Irreführung kommt. Es wurde auch nie beanstandet, dass die Klägerin zu viel Wasser in ihren Fleischdrehspießen verarbeitet.

Auch das CVUA ... weist in einem Schreiben vom 26. Januar 2015 (Blatt 68 der Gerichtsakte) darauf hin, dass zur Herstellung eines Fleischdrehspießes die Zusatzstoffe unter dem Aspekt des „reverse carry over Grundsatzes“ (Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008) zulässig sind. Das CVUA legt seiner Beurteilung zugrunde, dass der rohe Fleischdrehspieß ein sog. Halbfabrikat darstellt. Dieses Halbfabrikat sei hinsichtlich seines Verwendungszwecks (i.d.R. „vor dem Verzehr durchgaren“) eindeutig zu kennzeichnen. Regelungen bezüglich der Höchstmenge, Kennzeichnung und Kenntlichmachung seien zu beachten.

Daraus folgt, dass das auch CVUA im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß abstellt, welches ein Fleischerzeugnis ist.

Das CVUA ... erteilte in einem Schreiben vom 29. Januar 2015 (Blatt 96 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679) die Auskunft, dass der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auch auf Halbfabrikate und Zwischenprodukte angewandt werden könne. Bei den Drehspießen, die als Halbfabrikate angesehen werden, finde der sog. „reverse carry over Grundsatz“ Anwendung, weshalb der Zusatz der Phosphate zulässig sei. Die Erwägungsgründe (7) der VO (EG) 1333/2008 und (11) der VO (EU) Nr. 601/2014 stellen auf den Verbraucherschutz ab. Ob der Herstellungsprozess durch die Abgabe eines Halbfabrikats an eine andere Person, die den Herstellungsprozess beende, unterbrochen werde, spiele hier keine Rolle. Der Zweckbestimmung des Halbfabrikats komme hier eine besondere Bedeutung zu. Das Lebensmittel dürfe in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nur in der zweckbestimmten Form - in der Regel der Verzehr als Fleischerzeugnis - Verwendung finden. Die Halbfabrikate seien bezüglich ihres Verwendungszwecks eindeutig zu kennzeichnen und ein Verzehr als Halbfabrikat sei dabei faktisch auszuschließen.

Die Kammer folgt diesem Ansatz, dass im Falle eines Halbfabrikats im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt abgestellt werden muss. Der rohe Fleischdrehspieß ist einzig dazu bestimmt, im gegarten Zustand vom Verbraucher konsumiert zu werden. Ein Verzehr im rohen Zustand ist nicht vorgesehen. Sinn und Zweck der Verordnung ist der Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Abzustellen ist daher auf den Endkonsumenten, der ein Fleischerzeugnis zu sich nimmt. Dürfen die Zusatzstoffe im Endprodukt enthalten sein, dann ist es sachgerecht, dass sie auch im Zwischenprodukt oder Halbfabrikat enthalten sein können. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Herstellungsvorgang des rohen Fleischdrehspießes beendet ist. Der Fleischdrehspieß muss lediglich noch in einem letzten Verarbeitungsschritt durchgegart werden, so dass durch das Durchgaren aus der Fleischzubereitung ein Fleischerzeugnis wird. Die strikte und enge Auslegung des Migrationsgrundsatzes, welche das LGL vertritt, ist im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nicht angelegt und auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung nicht zu rechtfertigen. Dem Verbraucher- und Gesundheitsschutz wird im Falle des Abstellens auf den gegarten Fleischdrehspieß Rechnung getragen. Die Vertreterin des LGL führt auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hierzu aus, dass die Zusatzstoffe in der zugelassenen Menge nicht gesundheitsgefährdend sind.

Entscheidend für das Abstellen auf den gegarten Fleischdrehspieß im Rahmen der Anwendung des „reverse carry over Grundsatzes“ spricht auch, dass anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 20 EU-GR-Charta vorliegt, der nicht gerechtfertigt ist. Die Anwendung von europäischem Sekundärrecht muss mit europäischem Primärrecht in Einklang stehen. Deshalb ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Grundrechtecharta EU zu beachten. Der Fleischdrehspießhersteller, der einen rohen Fleischdrehspieß und damit eine Fleischzubereitung herstellt und in Verkehr bringt, darf die Zusatzstoffe nicht verwenden. Der Gastronom, der den Fleischdrehspieß selbst herstellt, dürfte die Zusatzstoffe verwenden, weil er das Produkt im gegarten Zustand, also ein Fleischerzeugnis, in Verkehr bringt. Dies stellt nach Auffassung der Kammer eine Ungleichbehandlung dar. Gleiches ist grundsätzlich gleich zu behandeln. Fleischdrehspieße werden aber sowohl im Falle der Herstellung als Halbfabrikat als auch im Falle der Herstellung unmittelbar am Ort des Durchgarens dazu bestimmungsgemäß hergestellt, um durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. In Betracht käme als Rechtfertigung der Verbraucher- und Gesundheitsschutz, welcher Sinn und Zweck der Verordnung ist (siehe oben). Da aber der Verbraucher, der einen gegarten Drehspieß isst, die Zusatzstoffe nach der Verordnung konsumieren darf, ist nicht ersichtlich, wie über den Verbraucherschutz ein Verbot der Verwendung von Di- und Triphosphaten bei der Herstellung und dem Inverkehrbringen von rohen Fleischdrehspießen gerechtfertigt werden könnte. Andere Rechtfertigungsgründe als der Verbraucher- und Gesundheitsschutz sind von dem Beklagten weder vorgetragen worden noch sind diese ersichtlich. Deshalb ist es nach Ansicht der Kammer wegen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sachgerecht und geboten, im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf den gegarten Fleischdrehspieß als Fleischerzeugnis abzustellen. Die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwingt den Gesetzesanwender dazu, im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zusammengesetztes Lebensmittel“ in Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt, welches ein Fleischerzeugnis ist, abzustellen.

bb) Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 60 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung sind die Zusatzstoffe in der Würzmischung enthalten und werden nicht gesondert hinzugegeben, weshalb eine „Migration“ über den „reverse carry over Grundsatz“ möglich ist.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i. V. m.

§§ 708 ff. ZPO.

6. Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist, über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgeht und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 124 Rn. 10). Es besteht ein Bedürfnis, höchstrichterlich zu klären, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist. Bisher gibt es keinen bundeseinheitlichen Vollzug. Die Behördenpraxis in Bayern zeigt, dass eine große Unsicherheit besteht, wie mit der Änderung der Verordnung umzugehen ist. Ein Teil der Behörden erlässt Verbote mit der Anordnung des Sofortvollzugs, andere Behörden warten ab oder erteilen - so wie im hiesigen Fall - lediglich Hinweise. Es bedarf einer höchstrichterlichen Klärung, um diesen Zustand der Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach:Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Berufungsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 1 K 14.1466

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

1. Kammer

..., als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebiets-Nr. 541

Hauptpunkte:

Feststellungsklage, Abgrenzung „Fleischzubereitung“ von „Fleischerzeugnis“ im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004; Verwendung der Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) bei der Herstellung von rohen Fleischdrehspießen; Anwendung des Migrationsgrundsatzes; Abgrenzung „Soße“ von „Würzmittel“; Gleichheitsgrundsatz;

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

wegen lebensmittelrechtlicher Anordnung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 1. Kammer, durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2015

am 14. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Es wird festgestellt, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/08 vereinbar ist.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

Die Klägerin ist Herstellerin von marinierten und gewürzten Fleischdrehspießen. Verschiedene Fleischstücke werden dabei in einem sogenannten „Tumbler“ mit einer Soße/Würzmischung zusammengegeben und mehrere Stunden gemischt. Diese Soße/Würzmischung, welche die Klägerin selbst herstellt oder auch zukauft, enthält neben Wasser, Öl und Gewürzen unter anderem auch die Zusatzstoffe Diphosphat, Triphosphat sowie Zellulose. Sie kann auch gesondert bei der Klägerin erworben werden. Nach dem Vermischen wird der Drehspieß geformt, gesteckt, tiefgefroren, verpackt und im Rohzustand an Imbissbetriebe verkauft. Dort wird der Fleischdrehspieß senkrecht stehend drehend gegrillt und das Fleisch gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher verkauft.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vertritt in einem Gutachten vom 26. August 2014 die Auffassung, dass solche Fleischdrehspieße Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 seien und die Produkte deshalb der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen seien. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 08.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) für Fleischzubereitungen nicht zugelassen.

Aufgrund dieses Gutachtens erließ das Landratsamt ... am 19. September 2014 ein Schreiben, in welchem die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sämtliche in den Betrieben der Klägerin hergestellten Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der Verordnung (EG) 853/2004 einzustufen seien. Diese seien der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß Anhang II Teil E der Verordnung (EG) 1333/2008 zuzuordnen. Deshalb dürften für die Produktion von Fleischdrehspießen keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose verwendet werden. Im Anschluss an diesen Hinweis wurde eine Verpflichtungserklärung von der Klägerin abgegeben, als Zulassungsinhaberin ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten, insbesondere keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose zu verwenden. Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneute darauf hin, dass die oben genannten Zusatzstoffe nicht verwendet werden dürften. Lebensmittel, welche die nicht zugelassenen Zusatzstoffe enthielten, seien nicht mehr verkehrsfähig und würden entsprechend gemaßregelt werden. Beide Schreiben enthielten keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 2. Oktober 2014 ließ die Klägerin gegen das Schreiben vom 22. September 2014 Klage erheben. Der Bevollmächtigte der Klägerin meint, die Verfügung sei nicht rechtmäßig, weil die Klägerin die benannten Zusatzstoffe verwenden dürfe. Die Zellulose (E 460) sei in Anhang II Teil E der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet und dürfe nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden. Bei den Produkten der Klägerin handle es sich aber nicht um unbehandeltes Fleisch. Die Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat (E 450 und E 451) seien in der Verordnung (EG) Nr. 601/2014 für Fleischerzeugnisse zugelassen. Die Fleischdrehspieße seien als Fleischerzeugnisse einzustufen. Selbst wenn man diese den Fleischzubereitungen zuordnen würde, dürften die Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 zumindest über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) Nr. 1333/2008 (sog. „carry over Grundsatz“) verwendet werden. Nach der Definition von Fleischzubereitung sei die Zugabe von Würzen bzw. Würzmitteln sowie Zusatzstoffen üblich. Dies werde speziell zu Gyros unter Nr. 08.1.2 in den Leitlinien (Guidance document describing the food categories in part E of Annex II to Regulation (EC) No. 1333/2008) ausgeführt. Würden demnach Fleischzubereitungen unter Verwendung von Würzmitteln oder Würzsoßen hergestellt, dürften diese wiederum die für die Würzmittel oder Würzsoßen zugelassenen Zusatzstoffe enthalten. Der Erwägungsgrund (18) der Verordnung (EU) Nr. 601/2014 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 erkläre den Migrationsgrundsatz gemäß Art. 18 Abs. 1 a der EU-Verordnung in Fleischzubereitungen für anwendbar. Zellulose dürfe als Zusatzstoff der Gruppe I einer Würzsoße oder einem Würzmittel zugegeben werden und könne daher ebenfalls über den Migrationsgrundsatz Bestandteil einer Fleischzubereitung werden. Dies bestätige nicht nur das Gutachten des Labors Dr. ..., sondern auch die Stellungnahme des Fachverbandes der Gewürzindustrie. Die Marinade sei eine Soße und kein Würzmittel. Nach Nr. 12.2.2 der Leitlinien würden Würzmittel zu einem Gericht gereicht („added to a meal“). Es stünde dort gerade nicht „added to a foodstuff“. Zwar bestimme die Leitlinie unter Nr. 12.6, dass unter Soßen auch sog. „ready to eat“ Soßen zu subsumieren seien, aber eben auch „concentrated products“, wie die hier verwendete Würzmischung, was sich aus dem Wortlaut „or“ ergebe. Die einschlägige Kommentierung fasse eine Marinade unter den Begriff der Soße.

Die Klägerin beantragte zunächst,

den Bescheid des Beklagten vom 22. September 2014 aufzuheben.

Die Klage wurde am 24. November 2014 umgestellt. Die Klägerin beantragt zuletzt

festzustellen, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand nicht gegen die Verordnung (EG) 1333/2008 verstößt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es handle sich dann um eine Fleischzubereitung, wenn nur Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben werden oder das Lebensmittel einem Verfahren unterzogen werde, das nicht ausreiche, die innere Muskelstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale des frischen Fleisches zu beseitigen. Sofern ein Herstellungsverfahren sicherstelle, dass die innere Muskelstruktur des Fleisches verändert werde und die Merkmale des frischen Fleisches nicht mehr erfüllt werden, liege ein Fleischerzeugnis nach Anhang I Nr. 7.1 VO (EG) NR. 853/2004 vor. Unter Berufung auf das Gutachten des LGL vom 26. August 2014 gehe der Beklagte davon aus, dass die Fleischdrehspieße als Lebensmittelzubereitung i. S. d. Anhangs I Nr. 1.15 VO (EG) 853/2004 einzustufen seien. Für Fleischzubereitungen seien diese Zusatzstoffe nicht zugelassen. Selbst wenn es ein Fleischerzeugnis sei, müsse eine Erweiterung der EU-Zulassung beantragt werden. Die verwendete Marinade sei ferner keine Soße i. S. d. Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, weshalb die Zusatzstoffe auch nicht über den Migrationsgrundsatz zugelassen werden könnten. Würzmittel würden während des Zubereitungsvorganges hinzugegeben, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher.

Die Klägerin erwiderte, dass der Drehspieß zum Verzehr bestimmt sei. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher sei er durchgegart, weshalb ein Fleischerzeugnis vorliege. Dies bedeute, dass Imbissbetreiber, die in ihrem Betrieb einen Drehspieß herstellten, die in Frage stehenden Zusatzstoffe einsetzen dürften. Dieser Unterschied sei nicht nachvollziehbar, wenn man darauf abstelle, dass der Dönerspieß dafür gemacht sei, nicht roh verzehrt, sondern durchgegart an den Endverbraucher abgegeben zu werden. Für Bräte und Kassler seien die Zusatzstoffe ausdrücklich zugelassen. Warum der Drehspieß nicht aufgeführt sei, sei nicht nachvollziehbar und systemwidrig. Wenn schon in einem Brät (Leberkäse), das dazu bestimmt sei, roh an den Endverbraucher abgegeben zu werden, Phosphate eingesetzt werden dürften, dann sei erst recht der Einsatz von Phosphaten in Lebensmitteln zulässig, die dazu bestimmt seien, durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Die Argumentation, es ginge um gesundheitliche Belange, sei deshalb gekünstelt. Der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 finde Anwendung, weil die Phosphate und die Zellulose für Soßen zugelassen seien. Daneben bestehe die Möglichkeit des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Danach dürfe ein Lebensmittelzusatzstoff in einem Lebensmittel enthalten sein, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet werde, sofern letzteres dieser Verordnung genüge. Sofern Würzmittel und Soßen ausdrücklich für die Zubereitung von Drehspießen bestimmt seien, dürfe dieses Präparat auch alle Zusatzstoffe enthalten, die für die Zubereitung des zusammengesetzten Lebensmittels (gegarter Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei) zugelassen seien. Der Einsatz der Soßen und Würzmittel erfolge, um einen gegarten Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei, herzustellen. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt ... (CVUA) gehe davon aus, dass zur Herstellung von Fleischdrehspießen unter dem Aspekt des „reverse carry over“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Zusatzstoffe verwendet werden dürften, die für die Herstellung von Fleischerzeugnissen zulässig seien. Da in einem Fleischerzeugnis die streitgegenständlichen Zusatzstoffe zugelassen seien, die Zweckbestimmung des Halbfertigprodukts „roher Drehspieß“ aber gerade das Durchgaren voraussetze, um ihn verzehren zu können, müsse bei dem Halbfertigprodukt, das zwar eine Fleischzubereitung darstelle, der Einsatz der streitgegenständlichen Zusatzstoffe auch zulässig sein (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Das Halbfertigprodukt sei nur ein Zwischenprodukt, das gar nicht für den unzubereiteten Verzehr gedacht sei.

Das LGL teilte mit Schreiben vom 2. März 2015 mit, dass der sog. „reverse carry over Grundsatz“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 hier keine Anwendung finden könne, weil anderenfalls viele zusatzstoffrechtlichen Regelungen der Verordnung obsolet wären. Zudem wären bei dieser Betrachtungsweise die bestehenden Sonderregelungen für Halbfabrikate wie Kassler und Bräte überflüssig. Da es auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens ankomme, dürfe für die zusatzstoffrechtliche Beurteilung nicht nur auf die letztendliche Zweckbestimmung des Lebensmittels abgestellt werden, sondern auf die Abgabe als vorverpackte Ware an die Gastronomiebetriebe. Die Zugabe der streitgegenständlichen Zusatzstoffe diene der Bindung größerer Mengen Wasser. Eine technologische Notwendigkeit sei nicht gegeben. Durch die Verbote solle der übermäßige Wasserzusatz zu Fleisch verhindert werden.

Die Klägerin erklärte, ohne die streitigen Zusatzstoffe könne der Drehspieß nicht sachgerecht hergestellt werden. Die Phosphate hätten bereits in der Soße/Würzmischung eine regulierende Wirkung, daneben seien sie von zentraler Bedeutung für die Konsistenz des Spießes. Versuche hätten ergeben, dass ohne die Zusatzstoffe kein Spieß mit der für den weiteren Produktionsprozess erforderlichen Konsistenz hergestellt werden könne. Überdies sei die Wassermenge ein Problem allenfalls der Irreführung.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass dann, wenn der Imbissbetreiber das Fleisch und die Würzmischung selbst mischt und den Fleischdrehspieß selbst steckt, die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe nicht zu beanstanden ist. Die streitgegenständlichen Zusatzstoffe sind bei einer Verwendung in der üblichen Menge auch nicht gesundheitsschädlich. Es wurde ferner unstreitig gestellt, dass die Verwendung von Zellulose in den rohen Fleischdrehspießen über die Anwendung des Migrationsgrundsatzes nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig ist.

Am 14. Juli 2015 fand mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

1. Gegenstand der Klage ist die Feststellung, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

2. Die Klage ist zulässig.

Sie ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Frage, ob die genannten Zusatzstoffe in den von der Klägerin hergestellten Fleischdrehspießen verwendet werden dürfen, stellt ein solches Rechtsverhältnis dar. Auch hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (§ 43 Abs. 1 letzter Hs VwGO). Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe in rohen Fleischdrehspießen zulässig ist. Das Landratsamt ... hat mit Schreiben vom 19. September 2014 darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Produktion ihrer Fleischdrehspieße keinerlei Diphosphat, Triphosphat und Zellulose verwenden darf. Zudem hat sich die Klägerin verpflichtet, ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten (Blatt 13 der Gerichtsakte). Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneut darauf hin, dass die Zusatzstoffe bei der Herstellung von Fleischzubereitungen keinesfalls verwendet werden dürfen. Es wurde ausdrücklich angeführt, dass zukünftig in der Produktion vorgefundene Fleischzubereitungen, die nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, als Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig sind und entsprechend gemaßregelt werden (vgl. Blatt 14 der Gerichtsakte). Die Verwendung unzulässiger Lebensmittelzusatzstoffe ist strafbewehrt. Die Klägerin benötigt nach ihren Angaben die genannten Zusatzstoffe, um die Konsistenz des Fleischdrehspießes sicherzustellen. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, feststellen zu lassen, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe in der Produktion von Fleischdrehspießen zulässig ist oder ob sie gegen Gesetze verstößt und die Klägerin sich damit strafbar macht.

3. Die Klage ist auch begründet.

Bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand ist die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 zu vereinbaren. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 4 i. V. m. Anhang II i. V. m. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 vor.

a) Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008 geregelt, die am 20. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt in Lebensmitteln verwendet und in Verkehr gebracht werden. Steht die Verwendung eines Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden (sog. Verbotsprinzip). Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11. November 2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt der Anhang ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4. Juni 2014 mit Wirkung vom 25. Juni 2014 geändert. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden. Seit dem 25. Juni 2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorie 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse).

b) Nach der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischzubereitungen grundsätzlich nicht zugelassen. Ausnahmsweise sind die streitigen Phosphate in „breakfast sausages“, „Finnischem Weihnachtsschinken“, „burger meat“, „Kassler“ und „Brät“ zugelassen.

Nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 dürfen Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischerzeugnissen verwendet werden.

c) Bei der Beurteilung, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen mit der VO (EG) 1333/2008 vereinbar ist, ist maßgeblich, welchen dieser o.g. Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen rohen Fleischdrehspieße zuzuordnen sind.

Nach Überzeugung der Kammer sind die rohen Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 einzuordnen. Deshalb sind die streitigen Zusatzstoffe grundsätzlich nicht zugelassen.

Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend ist, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Unter Zugrundelegung dieser Definitionen folgt die Kammer - wie auch das Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) - insoweit der überzeugenden fachlichen Einschätzung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 26. August 2014 bzw. vom 2. Oktober 2014. Die rohen Fleischdrehspieße sind demnach als Fleischzubereitung einzuordnen, weil das Mischen des Fleisches mit der Würzlake in einem sog. Tumbler nicht geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Das LGL führt nachvollziehbar aus, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake aus Wasser und/oder Öl. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch das Tumbeln und Einspritzen einer Würzlake, reichen nicht aus, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt werden. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18. Dezember 2013. Nach diesem in englischer Sprache abgefassten Dokument gehört auch das Produkt „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Demnach wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch Fleischdrehspieße, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden. Auch Kassler und Brät werden als Fleischzubereitung eingestuft. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kassler wird unter Verwendung von Pökelsalz und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch gebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das Tumbeln als ein vollständiges Durchmarinieren bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Fleischdrehspießen wird Kassler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

Maßgebend ist hierbei der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fleischdrehspießes. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 ist das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies ist hier die Abgabe des Fleischdrehspießes in rohem Zustand an die Imbissbetreiber. Deshalb vermag das Argument des Bevollmächtigten der Klägerin, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissbetreiber zerstört und es handle sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis, nicht zu überzeugen. Es ist zwar richtig und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich bei dem gegarten Fleischdrehspieß um ein Fleischerzeugnis handelt, in dem die streitigen Zusatzstoffe zugelassen sind. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den einzelnen Imbissbetrieb ist der Fleischdrehspieß aber noch roh und die Fleischstruktur ist noch zu erkennen. Auf diesen Zeitpunkt kommt es maßgeblich an. Im Übrigen gehen auch die von dem Bevollmächtigten zitierten Gutachter davon aus, dass der rohe Fleischdrehspieß eine Fleischzubereitung ist (vgl. Schreiben des Labor ... vom 24.9.2014 Blatt 15 der Gerichtsakte; Aufsatz von ..., Vom Fleisch bis zum Kassler Blatt 73 ff. der Gerichtsakte; Schreiben des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) ... vom 26.1.2015, Blatt 75 der Gerichtsakte; Schreiben des CVUA ... vom 29. Januar 2015 Blatt 98 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679).

d) Die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat ist zunächst auch nicht ausnahmsweise über den sog. Migrationsgrundsatz („carry over Grundsatz“) nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig. Die Verwendung von Zellulose ist hingegen - zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig - über Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 möglich.

aa) Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 ist grundsätzlich anwendbar. In Tabelle 1 des Anhangs II Teil A der VO (EG) 1333/2008 sind die Lebensmittel aufgeführt, in denen nach dem Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a der VO (EG) 1333/2008 Zusatzstoffe nicht zugelassen werden dürfen. Ausdrücklich ausgenommen sind Fleischzubereitungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Dies bedeutet, dass Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei Fleischzubereitungen grundsätzlich Anwendung findet.

bb) Nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Der rohe Fleischdrehspieß ist ein zusammengesetztes Lebensmittel, das nicht in Anhang II aufgeführt ist. Es kommt damit entscheidend darauf an, ob die von der Klägerin verwendete Würzlake als „Soße“ oder „Würzmittel“ einzustufen ist.

In „Soßen“ der Kategorie 12.6 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 sind sowohl Zellulose als auch Diphosphate und Triphosphate zugelassen. In „Würzmitteln“ der Kategorie 12.2.2 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Zellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate dürfen hingegen nicht verwendet werden.

Die Klägerin argumentiert damit, dass die von ihr verwendete Würzmarinade eine „Soße“ sei, in welcher die Zusatzstoffe erlaubt seien. Deshalb dürften die streitigen Zusatzstoffe auch in dem rohen Fleischdrehspieß vorhanden seien. Die Klägerin meint, Würzmittel würden nach den Leitlinien 12.2.2 zu einem Gerichte gereicht („added to a meal“). Die Vorgabe, welche das LGL herauslesen wolle, dass ein Würzmittel zur Herstellung eines Lebensmittels gedacht sei, würde lauten „added to a foodstuff“. Dieser Wortlaut finde sich aber gerade nicht in den Leitlinien. Das Fleisch werde in der Soße mariniert, d. h. diese Soße werde zur Herstellung des Fleischdrehspießes verwendet und nicht zum Fleischdrehspieß verzehrt. Zu Soßen gehörten zwar auch „ready to eat“ Soßen, aber eben auch „konzentrierte Produkte“ („concentrated products“), wie die verwendete Würzmischung. Das werde durch das Wort „or“ deutlich. Dies übersehe das LGL.

Dieser Argumentation folgt die Kammer nicht.

Übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und dem Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) ist die Kammer der Überzeugung, dass die von der Klägerin verwendete Würzlake nicht als „Soße“ im Sinne der Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, sondern vielmehr als „Würzmittel“ im Sinne der Nr. 12.2.2 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008 zu erfassen ist.

Das „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 umschreibt unter Nr. 12.6 „Sauces“ wie folgt:

„This category covers ready-to-eat, dehydrated or concentrated products, including sauce, gravy, mayonnaise, ketchup and tomato-based sauces, salad cream, dressing, marinades and similar products. (…).“

„Seasonings and condiments“ nach Nr. 12.2.2 werden wie folgt beschrieben:

„A seasoning is a blend of food ingredients added as necessary to achieve an improvement in taste, eating quality and/or functionality of a food. It typically contains one or more herbs and/or spices and other flavor-enhancing or flavor-imparting ingredients. A condiment is usually added to a meal to provide a particular taste or enhance its flavor. (…).“

Das LGL führt in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 nachvollziehbar aus, dass nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“ ist. Demnach seien unter die Kategorie 12.6 „Soßen“ nur solche Soßen einzuordnen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen würden bei der Herstellung der Fleischdrehspieße nicht verwendet werden, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) falle (vgl. VG Regensburg, B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635; BayVGH, B.v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521).

Die Kammer folgt insoweit der fachlichen Einschätzung des LGL. Die Leitlinien sind in englischer Sprache gefasst. Die Kammer berücksichtigt, dass es möglicherweise sprachliche Unterschiede gibt und dass Begriffe je nach Land unterschiedlich weit gefasst werden können. Die Kammer bezieht deshalb in ihre Erwägungen neben den Leitlinien, die nur als Anhaltspunkt dienen können und nicht bindend sind, auch den allgemeinen Sprachgebrauch und die allgemeine Verkehrsauffassung mit ein. Demnach sind nach Auffassung der Kammer Soßen nach der Umschreibung in den Leitlinien (ready to eat) und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung verzehrfertig und können als solche auch verzehrt werden. Soßen sind eigenständig und werden in dieser Funktion getrennt zu einem Gericht gereicht und üblicherweise nicht zur Herstellung eines Gerichts verwendet. Dem Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass Würzmittel üblicherweise während des Zubereitungsvorgangs zugegeben werden, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher. Zwar mag es sein, dass es Würzmittel gibt, die als Würzsoßen bezeichnet werden. Diese werden aber nicht als eigenständiges Produkt zu einem Gericht gereicht, sondern zur Würzung zugegeben. Maßgebend ist die konkrete Zweckbestimmung der von der Klägerin verwendeten Würzlake im dafür vorgesehenen Produktionsablauf. Abzustellen ist nicht darauf, ob das Produkt abstrakt als Soße kategorisiert werden könnte, sondern darauf, wie das Produkt im konkreten Herstellungsvorgang verwendet wird. Im hier zu entscheidenden Fall wird die Würzlake zum rohen Fleisch gegeben und in einem Tumbler mehrere Stunden vermengt. Die Würzlake wird zum Einlegen und Marinieren von rohem Fleisch verwendet und nicht als Soße zum gegarten Fleischprodukt gegessen. Demnach handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein Würzmittel und nicht um eine Soße, weshalb die Phosphate nicht zugelassen sind. Die Ansicht in der Kommentierung (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band III, Stand Juli 2014, C 120 § 2 Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, Rn. 422) die eine Würzsoße als Soße eingruppiert, teilt die Kammer aus obigen Gründen nicht.

cc) In Würzmitteln ist Zellulose zulässig (siehe oben). Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 67 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung ist die Zellulose in der Würzmischung enthalten und wird nicht - wie im Fall des Verwaltungsgerichts Regensburg (B.v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) - gesondert hinzugegeben. Deshalb darf Zellulose - wie die Vertreterin des LGL auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat - über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen des rohen Fleischdrehspießes verwendet werden. Es findet eine „Migration“ von Zellulose über die eingesetzte Würzlake statt.

e) Nach Überzeugung der Kammer ist die Verwendung von Diphosphaten und Triphosphaten über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“) mit der Verordnung in Einklang zu bringen.

aa) Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 regelt den umgekehrten Fall zu Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008. Ein Lebensmittelzusatzstoff darf danach enthalten sein in einem Lebensmittel, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet wird, sofern Letzteres dieser Verordnung genügt.

aaa) Die Würzlake der Klägerin, welche als Würzmittel zu kategorisieren ist (siehe oben), ist ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. Lebensmittel sind demnach alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwarten werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. In der Lebensmittelkategorie Würzmittel sind Phosphate nicht zugelassen (siehe oben).

bbb) Die von der Klägerin verwendete Würzlake wird auch ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels, des Fleischdrehspießes, verwendet.

ccc) Das Würzmittel wird nach Auffassung der Kammer objektiv gesehen alleine dafür verwendet, ein Fleischerzeugnis herzustellen. In Fleischerzeugnissen nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Phosphate zugelassen (siehe oben). Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 unter dem Begriff des „zusammengesetzten Lebensmittels“ auf den rohen Fleischdrehspieß (=Fleischzubereitung) oder auf den gegarten Fleischdrehspieß (=Fleischerzeugnis) abgestellt werden muss. Nach Überzeugung der Kammer muss hierbei auf den gegarten Fleischdrehspieß abgestellt werden.

Das LGL vertritt hierbei die Ansicht, dass im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ einzig auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden könne. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 stelle auf das Inverkehrbringen ab. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 sei das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies sei im Fall der Klägerin die Abgabe des rohen Fleischdrehspießes an den Imbissbetreiber. Würde man dies anders sehen und die Phosphate über den umgekehrten Migrationsgrundsatz zulassen, dann wären viele zusatzstoffrechtliche Regelungen der VO (EG) 1333/2008 obsolet.

Dieser Auffassung folgt die Kammer aus folgenden Erwägungen nicht:

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 spricht von „Zubereitung“ eines zusammengesetzten Lebensmittels. Der Begriff „Zubereitung“ ist nach Ansicht der Kammer weit zu fassen. Eine Speise ist zubereitet, wenn sie verzehrfertig ist. Die Zubereitung kann somit auch das Endprodukt erfassen, in dem Fall hier streitigen Fall der Klägerin den gegarten Fleischdrehspieß. Der Wortlaut der Norm zwingt nicht zu einer engen Auslegung der Gestalt, dass nur auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden darf. Vielmehr lässt der Wortlaut auch eine weitere Auslegung im Hinblick auf das Endprodukt zu.

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 stellt auch nicht ausdrücklich auf das „Inverkehrbringen“ ab. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin als Herstellerin den rohen Fleischdrehspieß erstmals durch die Abgabe an den Imbissbetreiber in Verkehr bringt. Und es ist dem Beklagten auch darin zuzustimmen, dass die Verordnung in Art. 5 VO (EG) 1333/2008 auf das „Inverkehrbringen“ abstellt. Die Tatsache, dass das Tatbestandsmerkmal „Inverkehrbringen“ im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 fehlt und vor dem Hintergrund, dass der Gesetzeswortlaut den Begriff „Zubereitung“ enthält, legt nahe, den Anwendungsbereich des umgekehrten Migrationsgrundsatzes weiter zu fassen, als dies der Beklagte vertritt. Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 rechtfertigt eine solche enge Auslegung, wie sie der Beklagte fordert, nicht.

Dass Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 einer weiten Auslegung zugänglich ist und es sachgerecht ist, auf das Enderzeugnis abzustellen, wird auch durch die Ausführungen unter Nr. 2 c des Guidance document on the carry-over principle gestützt; dort heißt es auszugsweise:

„This provision is in particular important for food ingredients that are sold between business operators. In such a case the use of additives can be permitted in foods (such as intermediary products), in which they would not otherwise be permitted, provided that those foods are to be used solely in the preparation of a compound food that will be conform to the relevant Regulations.“

Die Leitlinien nehmen somit ausdrücklich auf die Handelskette zwischen zwei Unternehmern Bezug und stellen darauf ab, dass genau in diesen Fällen die Vorschrift des „reverse carry over Grundsatzes“ besonders wichtig wird. Dabei wird ausdrücklich auf sog. „intermediary products“ Bezug genommen, die im Deutschen als „Zwischenprodukte“ übersetzt werden können.

Auch der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch den direkten Zusatz auch durch die Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt. Der Gesetzgeber schreibt ausdrücklich „Enderzeugnis“ in die Erwägungsgründe. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß, abgestellt werden kann.

Für das Abstellen auf den Endverbraucher und in diesem Zusammenhang auf das Fleischerzeugnis spricht auch der Sinn und Zweck der VO (EG) 1333/2008. Art. 1 dieser Verordnung bestimmt, dass die Regelungen ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit der Menschen und ein hohes Niveau des Schutzes der Verbraucher einschließlich des Schutzes der Verbraucherinteressen gewährleisten sollen. Auch Art. 6 der Verordnung stellt den Verbraucherschutz in den Vordergrund: Der Lebensmittelzusatzstoff muss bei der vorgeschlagenen Dosis für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich sein. Auch die Erwägungsgründe (2), (3) und (7) der VO (EG) 1333/2008 stellen maßgeblich auf den Verbraucherschutz ab. Der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch direkten Zusatz auch durch Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt.

Der Verbraucher- und Gesundheitsschutz ist im hier zu entscheidenden Fall durch die Anwendung des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 gewährleistet. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß enthalten sein dürfen. So führt das LGL in seinem Schreiben vom 2. März 2015 ausdrücklich aus: „Zwar darf ein Gastronom beispielsweise Phosphate und Zellulose einem Drehspieß zusetzen, welchen er selbst in seinem Betrieb produziert, wenn dieses Produkt im gegarten Zustand ausschließlich in diesem Betrieb in den Verkehr gebracht wird, da dieses zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens als Fleischerzeugnis einzustufen ist“ (vgl. Blatt 86 der Gerichtsakte). Es ist nicht ersichtlich, weshalb unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes der Endverbraucher im Falle eines zwischengeschalteten Fleischdrehspießherstellers die Zusatzstoffe nicht konsumieren dürfte, im Falle der Eigenproduktion des Imbissbetreibers aber schon. Wenn die Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß zugelassen sind, macht es für den Verbraucher keinen Unterschied, wenn diese auch im rohen Fleischdrehspieß enthalten sind. Auch der Einwand des LGL, der Imbissbetreiber, der den Fleischdrehspieß selbst produziert, bräuchte die Zusatzstoffe nicht, weil eine Wasserbindung in diesem Fall nicht sinnvoll sei, überzeugt nicht. Denn zum einen könnte der Imbissbetreiber die Spieße auf Vorrat produzieren, einfrieren, später durchgaren und an den Endverbraucher verkaufen. Auch in diesem Fall wären die Zusatzstoffe für die Festigkeit und Bindung des Spießes nützlich. Weil die Fleischdrehspieße in diesem Fall erstmalig durch den Verkauf an den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden, dürfte der Fleischdrehspieß mit den Zusatzstoffen versetzt sein. Zum anderen ist maßgebend, dass der Imbissbetreiber nach der Verordnung die streitigen Zusatzstoffe zulässigerweise verwenden dürfte. Ob dies sinnvoll ist oder nicht, ist unerheblich. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe nicht gesundheitsgefährdend sind. Es ist auch unstreitig, dass die Zusatzstoffe angegeben werden und es deshalb zu keiner Irreführung kommt. Es wurde auch nie beanstandet, dass die Klägerin zu viel Wasser in ihren Fleischdrehspießen verarbeitet.

Auch das CVUA ... weist in einem Schreiben vom 26. Januar 2015 (Blatt 75 der Gerichtsakte) darauf hin, dass zur Herstellung eines Fleischdrehspießes die Zusatzstoffe unter dem Aspekt des „reverse carry over Grundsatzes“ (Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008) zulässig sind. Das CVUA legt seiner Beurteilung zugrunde, dass der rohe Fleischdrehspieß ein sog. Halbfabrikat darstellt. Dieses Halbfabrikat sei hinsichtlich seines Verwendungszwecks (i.d.R. „vor dem Verzehr durchgaren“) eindeutig zu kennzeichnen. Regelungen bezüglich der Höchstmenge, Kennzeichnung und Kenntlichmachung seien zu beachten.

Daraus folgt, dass das auch CVUA im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß abstellt, welches ein Fleischerzeugnis ist.

Das CVUA ... erteilte in einem Schreiben vom 29. Januar 2015 (Blatt 96 ff. der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1679) die Auskunft, dass der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auch auf Halbfabrikate und Zwischenprodukte angewandt werden könne. Bei den Drehspießen, die als Halbfabrikate angesehen werden, finde der sog. „reverse carry over Grundsatz“ Anwendung, weshalb der Zusatz der Phosphate zulässig sei. Die Erwägungsgründe (7) der VO (EG) 1333/2008 und (11) der VO (EU) Nr. 601/2014 stellen auf den Verbraucherschutz ab. Ob der Herstellungsprozess durch die Abgabe eines Halbfabrikats an eine andere Person, die den Herstellungsprozess beende, unterbrochen werde, spiele hier keine Rolle. Der Zweckbestimmung des Halbfabrikats komme hier eine besondere Bedeutung zu. Das Lebensmittel dürfe in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nur in der zweckbestimmten Form - in der Regel der Verzehr als Fleischerzeugnis - Verwendung finden. Die Halbfabrikate seien bezüglich ihres Verwendungszwecks eindeutig zu kennzeichnen und ein Verzehr als Halbfabrikat sei dabei faktisch auszuschließen.

Die Kammer folgt diesem Ansatz, dass im Falle eines Halbfabrikats im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt abgestellt werden muss. Der rohe Fleischdrehspieß ist einzig dazu bestimmt, im gegarten Zustand vom Verbraucher konsumiert zu werden. Ein Verzehr im rohen Zustand ist nicht vorgesehen. Sinn und Zweck der Verordnung ist der Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Abzustellen ist daher auf den Endkonsumenten, der ein Fleischerzeugnis zu sich nimmt. Dürfen die Zusatzstoffe im Endprodukt enthalten sein, dann ist es sachgerecht, dass sie auch im Zwischenprodukt oder Halbfabrikat enthalten sein können. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Herstellungsvorgang des rohen Fleischdrehspießes beendet ist. Der Fleischdrehspieß muss lediglich noch in einem letzten Verarbeitungsschritt durchgegart werden, so dass durch das Durchgaren aus der Fleischzubereitung ein Fleischerzeugnis wird. Die strikte und enge Auslegung des Migrationsgrundsatzes, welche das LGL vertritt, ist im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nicht angelegt und auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung nicht zu rechtfertigen. Dem Verbraucher- und Gesundheitsschutz wird im Falle des Abstellens auf den gegarten Fleischdrehspieß Rechnung getragen. Die Vertreterin des LGL führt auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hierzu aus, dass die Zusatzstoffe in der zugelassenen Menge nicht gesundheitsgefährdend sind.

Entscheidend für das Abstellen auf den gegarten Fleischdrehspieß im Rahmen der Anwendung des „reverse carry over Grundsatzes“ spricht auch, dass anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 20 EU-GR-Charta vorliegt, der nicht gerechtfertigt ist. Die Anwendung von europäischem Sekundärrecht muss mit europäischem Primärrecht in Einklang stehen. Deshalb ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Grundrechtecharta EU zu beachten. Der Fleischdrehspießhersteller, der einen rohen Fleischdrehspieß und damit eine Fleischzubereitung herstellt und in Verkehr bringt, darf die Zusatzstoffe nicht verwenden. Der Gastronom, der den Fleischdrehspieß selbst herstellt, dürfte die Zusatzstoffe verwenden, weil er das Produkt im gegarten Zustand, also ein Fleischerzeugnis, in Verkehr bringt. Dies stellt nach Auffassung der Kammer eine Ungleichbehandlung dar. Gleiches ist grundsätzlich gleich zu behandeln. Fleischdrehspieße werden aber sowohl im Falle der Herstellung als Halbfabrikat als auch im Falle der Herstellung unmittelbar am Ort des Durchgarens dazu bestimmungsgemäß hergestellt, um durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. In Betracht käme als Rechtfertigung der Verbraucher- und Gesundheitsschutz, welcher Sinn und Zweck der Verordnung ist (siehe oben). Da aber der Verbraucher, der einen gegarten Drehspieß isst, die Zusatzstoffe nach der Verordnung konsumieren darf, ist nicht ersichtlich, wie über den Verbraucherschutz ein Verbot der Verwendung von Di- und Triphosphaten bei der Herstellung und dem Inverkehrbringen von rohen Fleischdrehspießen gerechtfertigt werden könnte. Andere Rechtfertigungsgründe als der Verbraucher- und Gesundheitsschutz sind von dem Beklagten weder vorgetragen worden noch sind diese ersichtlich. Deshalb ist es nach Ansicht der Kammer wegen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sachgerecht und geboten, im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf den gegarten Fleischdrehspieß als Fleischerzeugnis abzustellen. Die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwingt den Gesetzesanwender dazu, im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zusammengesetztes Lebensmittel“ in Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt, welches ein Fleischerzeugnis ist, abzustellen.

bb) Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 67 f. der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung sind die Zusatzstoffe in der Würzmischung enthalten und werden nicht gesondert hinzugegeben, weshalb eine „Migration“ über den „reverse carry over Grundsatz“ möglich ist.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i. V. m.

§§ 708 ff. ZPO.

6. Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist, über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgeht und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 124 Rn. 10). Es besteht ein Bedürfnis, höchstrichterlich zu klären, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist. Bisher gibt es keinen bundeseinheitlichen Vollzug. Die Behördenpraxis in Bayern zeigt, dass eine große Unsicherheit besteht, wie mit der Änderung der Verordnung umzugehen ist. Ein Teil der Behörden erlässt Verbote mit der Anordnung des Sofortvollzugs, andere Behörden warten ab oder erteilen - so wie im hiesigen Fall - lediglich Hinweise. Es bedarf einer höchstrichterlichen Klärung, um diesen Zustand der Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Aktenzeichen: Au 1 K 14.1679

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 14. Juli 2015

1. Kammer

Sachgebiets-Nr. 541

Hauptpunkte:

Feststellungsklage,

Abgrenzung „Fleischzubereitung“ von „Fleischerzeugnis“ im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004;

Verwendung der Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) bei der Herstellung von rohen Fleischdrehspießen;

Anwendung des Migrationsgrundsatzes;

Abgrenzung „Soße“ von „Würzmittel“;

Gleichheitsgrundsatz;

Rechtsquellen:

Leitsätze

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

wegen lebensmittelrechtlicher Anordnung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 1. Kammer,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2015 am 14. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Es wird festgestellt, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/08 vereinbar ist.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

Die Klägerin ist Herstellerin von marinierten und gewürzten Fleischdrehspießen. Verschiedene Fleischstücke werden dabei in einem sogenannten „Tumbler“ mit einer Soße/Würzmischung zusammengegeben und mehrere Stunden gemischt. Diese Soße/Würzmischung, welche die Klägerin selbst herstellt oder auch zukauft, enthält neben Wasser, Öl und Gewürzen unter anderem auch die Zusatzstoffe Diphosphat, Triphosphat sowie Zellulose. Sie kann auch gesondert bei der Klägerin erworben werden. Nach dem Vermischen wird der Drehspieß geformt, gesteckt, tiefgefroren, verpackt und im Rohzustand an Imbissbetriebe verkauft. Dort wird der Fleischdrehspieß senkrecht stehend drehend gegrillt und das Fleisch gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher verkauft.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vertritt in einem Gutachten vom 26. August 2014 die Auffassung, dass solche Fleischdrehspieße Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 seien und die Produkte deshalb der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen seien. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 08.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die Zusatzstoffe Zellulose (E 460), Diphosphat (E 450) und Triphosphat (E 451) für Fleischzubereitungen nicht zugelassen.

Aufgrund dieses Gutachtens erließ das Landratsamt ... am 19. September 2014 ein Schreiben, in welchem die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sämtliche in den Betrieben der Klägerin hergestellten Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der Verordnung (EG) 853/2004 einzustufen seien. Diese seien der Lebensmittelkategorie 08.2 gemäß Anhang II Teil E der Verordnung (EG) 1333/2008 zuzuordnen. Deshalb dürften für die Produktion von Fleischdrehspießen keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose verwendet werden. Im Anschluss an diesen Hinweis wurde eine Verpflichtungserklärung von der Klägerin abgegeben, als Zulassungsinhaberin ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten, insbesondere keinerlei Diphosphate, Triphosphate oder Zellulose zu verwenden. Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneute darauf hin, dass die oben genannten Zusatzstoffe nicht verwendet werden dürften. Lebensmittel, welche die nicht zugelassenen Zusatzstoffe enthielten, seien nicht mehr verkehrsfähig und würden entsprechend gemaßregelt werden. Beide Schreiben enthielten keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 21. November 2014 ließ die Klägerin gegen das Schreiben vom 19. September 2014 Klage erheben. Der Bevollmächtigte der Klägerin meint, die Verfügungen seien nicht rechtmäßig, weil die Klägerin die benannten Zusatzstoffe verwenden dürfe. Die Zellulose (E 460) sei in Anhang II Teil E der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet und dürfe nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden. Bei den Produkten der Klägerin handle es sich aber nicht um unbehandeltes Fleisch. Die Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat (E 450 und E 451) seien in der Verordnung (EG) Nr. 601/2014 für Fleischerzeugnisse zugelassen. Die Fleischdrehspieße seien als Fleischerzeugnisse einzustufen. Selbst wenn man diese den Fleischzubereitungen zuordnen würde, dürften die Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 zumindest über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) Nr. 1333/2008 (sog. „carry over Grundsatz“) verwendet werden. Nach der Definition von Fleischzubereitung sei die Zugabe von Würzen bzw. Würzmitteln sowie Zusatzstoffen üblich. Dies werde speziell zu Gyros unter Nr. 08.1.2 in den Leitlinien (Guidance document describing the food categories in part E of Annex II to Regulation (EC) No. 1333/2008) ausgeführt. Würden demnach Fleischzubereitungen unter Verwendung von Würzmitteln oder Würzsoßen hergestellt, dürften diese wiederum die für die Würzmittel oder Würzsoßen zugelassenen Zusatzstoffe enthalten. Der Erwägungsgrund (18) der Verordnung (EU) Nr. 601/2014 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 erkläre den Migrationsgrundsatz gemäß Art. 18 Abs. 1 a der EU-Verordnung in Fleischzubereitungen für anwendbar. Zellulose dürfe als Zusatzstoff der Gruppe I einer Würzsoße oder einem Würzmittel zugegeben werden und könne daher ebenfalls über den Migrationsgrundsatz Bestandteil einer Fleischzubereitung werden. Die Marinade sei eine Soße und kein Würzmittel. Nach Nr. 12.2.2 der Leitlinien würden Würzmittel zu einem Gericht gereicht („added to a meal“). Es stünde dort gerade nicht „added to a foodstuff“. Die Begriffe „seasoning/condiment“ erfassten ausweislich der Definition keine Soßen. Würzmittel würden auch einer Mahlzeit zugesetzt. Zwar bestimme die Leitlinie unter Nr. 12.6, dass unter Soßen auch sog. „ready to eat“ Soßen zu subsumieren seien, aber eben auch „concentrated products“, wie die hier verwendete Würzmischung, was sich aus dem Wortlaut „or“ ergebe. Das LGL verkenne, dass das Kriterium der unmittelbaren Verzehrfähigkeit („ready to eat“) lediglich als Abgrenzungskriterium zu „dehydrated/concentrated products“ erwähnt werde. Des Weiteren werde in den Leitlinien der Begriff „marinades“ ausdrücklich genannt. Die einschlägige Kommentierung fasse eine Marinade unter den Begriff der Soße. Zudem biete die Klägerin die Soße auch gesondert zum Verkauf an. Durch den Produktionsverlauf entstehe eine brätähnliche Substanz. Für Brät sei aber die Zugabe von Phosphaten unstreitig zugelassen. Daneben bestehe die Möglichkeit des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Danach dürfe ein Lebensmittelzusatzstoff in einem Lebensmittel enthalten sein, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet werde, sofern letzteres dieser Verordnung genüge. Sofern Würzmittel und Soßen ausdrücklich für die Zubereitung von Drehspießen bestimmt seien, dürfe dieses Präparat auch alle Zusatzstoffe enthalten, die für die Zubereitung des zusammengesetzten Lebensmittels (gegarter Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei) zugelassen seien. Der Einsatz der Soßen und Würzmittel erfolge, um einen gegarten Drehspieß, der ein Fleischerzeugnis sei, herzustellen. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) und das CVUA Rhein-Ruhr-Wupper gingen davon aus, dass zur Herstellung von Fleischdrehspießen unter dem Aspekt des „reverse carry over“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Zusatzstoffe verwendet werden dürften, die für die Herstellung von Fleischerzeugnissen zulässig seien. Da in einem Fleischerzeugnis die streitgegenständlichen Zusatzstoffe zugelassen seien, die Zweckbestimmung des Halbfertigprodukts „roher Drehspieß“ aber gerade das Durchgaren voraussetze, um ihn verzehren zu können, müsse bei dem Halbfertigprodukt, das zwar eine Fleischzubereitung darstelle, der Einsatz der streitgegenständlichen Zusatzstoffe auch zulässig sein (sog. „reverse carry over Grundsatz“). Das Halbfertigprodukt sei nur ein Zwischenprodukt, das gar nicht für den unzubereiteten Verzehr gedacht sei. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher sei er durchgegart, weshalb ein Fleischerzeugnis vorliege. Dies bedeute, dass Imbissbetreiber, die in ihrem Betrieb einen Drehspieß herstellten, die in Frage stehenden Zusatzstoffe einsetzen dürften. Dieser Unterschied sei nicht nachvollziehbar, wenn man darauf abstelle, dass der Dönerspieß dafür gemacht sei, nicht roh verzehrt, sondern durchgegart an den Endverbraucher abgegeben zu werden. Für Bräte und Kassler seien die Zusatzstoffe ausdrücklich zugelassen. Warum der Drehspieß nicht aufgeführt sei, sei nicht nachvollziehbar und systemwidrig. Wenn schon in einem Brät (Leberkäse), das dazu bestimmt sei, roh an den Endverbraucher abgegeben zu werden, Phosphate eingesetzt werden dürften, dann sei erst recht der Einsatz von Phosphaten in Lebensmitteln zulässig, die dazu bestimmt seien, durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Die Argumentation, es ginge um gesundheitliche Belange, sei deshalb gekünstelt. Das in der bayerischen Vollzugspraxis normierte Verwendungsverbot von Zusatzstoffen in Fleischdrehspießen stelle ein nicht zu rechtfertigendes Berufsausübungsverbot dar und verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz.

Die Klägerin beantragte zunächst,

den Verwaltungsakt des Beklagten vom 19. September 2014 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass die Verwendung von Zusatzstoffen wie Diphosphat, Triphosphat und Zellulose in den Fleischdrehspießen der Klägerin zulässig ist.

Die Klage wurde am 19. Januar 2015 umgestellt. Die Klägerin beantragt zuletzt

festzustellen, dass die Verwendung von Diphosphaten, Triphosphaten sowie Zellulose bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand nicht gegen die Verordnung (EG) 1333/2008 verstößt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es handle sich dann um eine Fleischzubereitung, wenn nur Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben werden oder das Lebensmittel einem Verfahren unterzogen werde, das nicht ausreiche, die innere Muskelstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale des frischen Fleisches zu beseitigen. Sofern ein Herstellungsverfahren sicherstelle, dass die innere Muskelstruktur des Fleisches verändert werde und die Merkmale des frischen Fleisches nicht mehr erfüllt werden, liege ein Fleischerzeugnis nach Anhang I Nr. 7.1 VO (EG) NR. 853/2004 vor. Unter Berufung auf das Gutachten des LGL vom 26. August 2014 gehe der Beklagte davon aus, dass die Fleischdrehspieße als Lebensmittelzubereitung i. S. d. Anhangs I Nr. 1.15 VO (EG) 853/2004 einzustufen seien. Für Fleischzubereitungen seien diese Zusatzstoffe nicht zugelassen. Selbst wenn es ein Fleischerzeugnis sei, müsse eine Erweiterung der EU-Zulassung beantragt werden. Die verwendete Marinade sei ferner keine Soße i. S. d. Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, weshalb die Zusatzstoffe auch nicht über den Migrationsgrundsatz zugelassen werden könnten. Würzmittel würden während des Zubereitungsvorganges hinzugegeben, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher.

Das LGL teilte mit Schreiben vom 2. März 2015 mit, dass der sog. „reverse carry over Grundsatz“ nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 hier keine Anwendung finden könne, weil anderenfalls viele zusatzstoffrechtlichen Regelungen der Verordnung obsolet wären. Zudem wären bei dieser Betrachtungsweise die bestehenden Sonderregelungen für Halbfabrikate wie Kassler und Bräte überflüssig. Da es auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens ankomme, dürfe für die zusatzstoffrechtliche Beurteilung nicht nur auf die letztendliche Zweckbestimmung des Lebensmittels abgestellt werden, sondern auf die Abgabe als vorverpackte Ware an die Gastronomiebetriebe. Die Zugabe der streitgegenständlichen Zusatzstoffe diene der Bindung größerer Mengen Wasser. Eine technologische Notwendigkeit sei nicht gegeben. Durch die Verbote solle der übermäßige Wasserzusatz zu Fleisch verhindert werden.

Die Klägerin erwiderte, die Ausführungen unter Nr. 2 c des Guidance document on the carry-over principle betonten die Anwendung des „reverse carry over Grundsatzes“ im Hinblick auf den Verkauf von Händler zu Händler. Die Zusatzstoffe seien im gegarten Zustand unstreitig zulässig. Damit sei deren Verwendung auch im Halbfertigerzeugnis erlaubt. Die Vollzugspraxis des Beklagten stelle einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Grundfreiheiten dar. Je nach Art der Produktion bzw. der Herstellungsweise wären in ein und demselben Produkt, das der Verbraucher verzehrt, einmal Zusatzstoffe verboten sowie ein anderes Mal erlaubt. Mit dem Verbraucherschutz könne man dies nicht rechtfertigen. Solch ein Verbot sei auch unverhältnismäßig, da unstreitig keine Gesundheitsgefahr bestehe. Eine geeignete Etikettierung, die den Verbraucher über die Zusammensetzung des Lebensmittels informiere, sei ein deutlich milderes Mittel.

Die Klägerin erklärte weiter, ohne die streitigen Zusatzstoffe könne der Drehspieß nicht sachgerecht hergestellt werden. Die Phosphate hätten bereits in der Soße/Würzmischung eine regulierende Wirkung, daneben seien sie von zentraler Bedeutung für die Konsistenz des Spießes. Versuche hätten ergeben, dass ohne die Zusatzstoffe kein Spieß mit der für den weiteren Produktionsprozess erforderlichen Konsistenz hergestellt werden könne. Überdies sei die Wassermenge ein Problem allenfalls der Irreführung.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass dann, wenn der Imbissbetreiber das Fleisch und die Würzmischung selbst mischt und den Fleischdrehspieß selbst steckt, die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe nicht zu beanstanden ist. Die streitgegenständlichen Zusatzstoffe sind bei einer Verwendung in der üblichen Menge auch nicht gesundheitsschädlich. Es wurde ferner unstreitig gestellt, dass die Verwendung von Zellulose in den rohen Fleischdrehspießen über die Anwendung des Migrationsgrundsatzes nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig ist.

Am 14. Juli 2015 fand mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

1. Gegenstand der Klage ist die Feststellung, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist.

2. Die Klage ist zulässig.

Sie ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Frage, ob die genannten Zusatzstoffe in den von der Klägerin hergestellten Fleischdrehspießen verwendet werden dürfen, stellt ein solches Rechtsverhältnis dar. Auch hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung (§ 43 Abs. 1 letzter Hs VwGO). Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Verwendung bestimmter Zusatzstoffe in rohen Fleischdrehspießen zulässig ist. Das Landratsamt ... hat mit Schreiben vom 19. September 2014 darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Produktion ihrer Fleischdrehspieße keinerlei Diphosphat, Triphosphat und Zellulose verwenden darf. Zudem hat sich die Klägerin verpflichtet, ab sofort auf jeglichen Einsatz von nicht zugelassenen Zusatzstoffen zu verzichten (Blatt 8 der Gerichtsakte). Mit Schreiben vom 22. September 2014 wies das Landratsamt ... erneut darauf hin, dass die Zusatzstoffe bei der Herstellung von Fleischzubereitungen keinesfalls verwendet werden dürfen. Es wurde ausdrücklich angeführt, dass zukünftig in der Produktion vorgefundene Fleischzubereitungen, die nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, als Lebensmittel nicht mehr verkehrsfähig sind und entsprechend gemaßregelt werden (vgl. Blatt 53 der Gerichtsakte). Die Verwendung unzulässiger Lebensmittelzusatzstoffe ist strafbewehrt. Die Klägerin benötigt nach ihren Angaben die genannten Zusatzstoffe, um die Konsistenz des Fleischdrehspießes sicherzustellen. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, feststellen zu lassen, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe in der Produktion von Fleischdrehspießen zulässig ist oder ob sie gegen Gesetze verstößt und die Klägerin sich damit strafbar macht.

3. Die Klage ist auch begründet.

Bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand ist die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) mit der Verordnung (VO) (EG) 1333/2008 zu vereinbaren. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 4 i. V. m. Anhang II i. V. m. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 vor.

a) Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 vom 16. Dezember 2008 geregelt, die am 20. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt in Lebensmitteln verwendet und in Verkehr gebracht werden. Steht die Verwendung eines Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden (sog. Verbotsprinzip). Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11. November 2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt der Anhang ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4. Juni 2014 mit Wirkung vom 25. Juni 2014 geändert. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden. Seit dem 25. Juni 2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorie 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse).

b) Nach der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischzubereitungen grundsätzlich nicht zugelassen. Ausnahmsweise sind die streitigen Phosphate in „breakfast sausages“, „Finnischem Weihnachtsschinken“, „burger meat“, „Kassler“ und „Brät“ zugelassen.

Nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 dürfen Diphosphate, Triphosphate und Zellulose in Fleischerzeugnissen verwendet werden.

c) Bei der Beurteilung, ob die Verwendung der streitigen Zusatzstoffe bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen mit der VO (EG) 1333/2008 vereinbar ist, ist maßgeblich, welchen dieser o. g. Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen rohen Fleischdrehspieße zuzuordnen sind.

Nach Überzeugung der Kammer sind die rohen Fleischdrehspieße als Fleischzubereitung im Sinne der Nr. 08.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 einzuordnen. Deshalb sind die streitigen Zusatzstoffe grundsätzlich nicht zugelassen.

Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I der VO (EG) 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend ist, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Unter Zugrundelegung dieser Definitionen folgt die Kammer - wie auch das Verwaltungsgericht Regensburg (B. v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) - insoweit der überzeugenden fachlichen Einschätzung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 26. August 2014 bzw. vom 2. Oktober 2014. Die rohen Fleischdrehspieße sind demnach als Fleischzubereitung einzuordnen, weil das Mischen des Fleisches mit der Würzlake in einem sog. Tumbler nicht geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Das LGL führt nachvollziehbar aus, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet ist, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake aus Wasser und/oder Öl. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch das Tumbeln und Einspritzen einer Würzlake, reichen nicht aus, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt werden. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18. Dezember 2013. Nach diesem in englischer Sprache abgefassten Dokument gehört auch das Produkt „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Demnach wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch Fleischdrehspieße, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden. Auch Kassler und Brät werden als Fleischzubereitung eingestuft. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kassler wird unter Verwendung von Pökelsalz und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch gebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das Tumbeln als ein vollständiges Durchmarinieren bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Fleischdrehspießen wird Kassler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

Maßgebend ist hierbei der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fleischdrehspießes. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 ist das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies ist hier die Abgabe des Fleischdrehspießes in rohem Zustand an die Imbissbetreiber. Deshalb vermag das Argument des Bevollmächtigten der Klägerin, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissbetreiber zerstört und es handle sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis, nicht zu überzeugen. Es ist zwar richtig und zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich bei dem gegarten Fleischdrehspieß um ein Fleischerzeugnis handelt, in dem die streitigen Zusatzstoffe zugelassen sind. Zum Zeitpunkt der Abgabe an den einzelnen Imbissbetrieb ist der Fleischdrehspieß aber noch roh und die Fleischstruktur ist noch zu erkennen. Auf diesen Zeitpunkt kommt es maßgeblich an. Im Übrigen gehen auch die von dem Bevollmächtigten zitierten Gutachter davon aus, dass der rohe Fleischdrehspieß eine Fleischzubereitung ist (vgl. Schreiben des Labor ... vom 24.9.2014 Blatt 19 der Gerichtsakte im parallel laufenden Verfahren Au 1 K 14.1461; Aufsatz von ..., Vom Fleisch bis zum Kassler Blatt 92 ff. der Gerichtsakte; Schreiben des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Stuttgart vom 26.1.2015, Blatt 99 f. der Gerichtsakte; Schreiben des CVUA Rhein-Ruhr-Wupper vom 29. Januar 2015 Blatt 96 ff. der Gerichtsakte).

d) Die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat und Triphosphat ist zunächst auch nicht ausnahmsweise über den sog. Migrationsgrundsatz („carry over Grundsatz“) nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 zulässig. Die Verwendung von Zellulose ist hingegen - zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig - über Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 möglich.

aa) Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 ist grundsätzlich anwendbar. In Tabelle 1 des Anhangs II Teil A der VO (EG) 1333/2008 sind die Lebensmittel aufgeführt, in denen nach dem Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 a der VO (EG) 1333/2008 Zusatzstoffe nicht zugelassen werden dürfen. Ausdrücklich ausgenommen sind Fleischzubereitungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Dies bedeutet, dass Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei Fleischzubereitungen grundsätzlich Anwendung findet.

bb) Nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Der rohe Fleischdrehspieß ist ein zusammengesetztes Lebensmittel, das nicht in Anhang II aufgeführt ist. Es kommt damit entscheidend darauf an, ob die von der Klägerin verwendete Würzlake als „Soße“ oder „Würzmittel“ einzustufen ist.

In „Soßen“ der Kategorie 12.6 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 sind sowohl Zellulose als auch Diphosphate und Triphosphate zugelassen. In „Würzmitteln“ der Kategorie 12.2.2 des Anhangs II Teil E zur VO (EG) Nr. 1333/2008 dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Zellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate dürfen hingegen nicht verwendet werden.

Die Klägerin argumentiert damit, dass die von ihr verwendete Würzmarinade eine „Soße“ sei, in welcher die Zusatzstoffe erlaubt seien. Deshalb dürften die streitigen Zusatzstoffe auch in dem rohen Fleischdrehspieß vorhanden seien. Die Klägerin meint, Würzmittel würden nach den Leitlinien 12.2.2 zu einem Gerichte gereicht („added to a meal“). Die Vorgabe, welche das LGL herauslesen wolle, dass ein Würzmittel zur Herstellung eines Lebensmittels gedacht sei, würde lauten „added to a foodstuff“. Dieser Wortlaut finde sich aber gerade nicht in den Leitlinien. Das Fleisch werde in der Soße mariniert, d. h. diese Soße werde zur Herstellung des Fleischdrehspießes verwendet und nicht zum Fleischdrehspieß verzehrt. Zu Soßen gehörten zwar auch „ready to eat“ Soßen, aber eben auch „konzentrierte Produkte“ („concentrated products“), wie die verwendete Würzmischung. Das werde durch das Wort „or“ deutlich. Das LGL verkenne, dass das Kriterium der unmittelbaren Verzehrfähigkeit lediglich als Abgrenzungskriterium zu „dehydrated/concentrated products“ erwähnt werde. Des Weiteren werde in den Leitlinien der Begriff „marinades“ ausdrücklich genannt. Die Klägerin biete die Soße auch gesondert zum Verkauf an.

Dieser Argumentation folgt die Kammer nicht.

Übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht Regensburg (B. v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) und dem Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521) ist die Kammer der Überzeugung, dass die von der Klägerin verwendete Würzlake nicht als „Soße“ im Sinne der Nr. 12.6 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008, sondern vielmehr als „Würzmittel“ im Sinne der Nr. 12.2.2 Anhang II Teil E der VO (EG) 1333/2008 zu erfassen ist.

Das „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 umschreibt unter Nr. 12.6 „Sauces“ wie folgt:

„This category covers ready-to-eat, dehydrated or concentrated products, including sauce, gravy, mayonnaise, ketchup and tomato-based sauces, salad cream, dressing, marinades and similar products. (…).“

„Seasonings and condiments“ nach Nr. 12.2.2 werden wie folgt beschrieben:

„A seasoning is a blend of food ingredients added as necessary to achieve an improvement in taste, eating quality and/or functionality of a food. It typically contains one or more herbs and/or spices and other flavor-enhancing or flavor-imparting ingredients. A condiment is usually added to a meal to provide a particular taste or enhance its flavor. (…).“

Das LGL führt in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2014 nachvollziehbar aus, dass nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18. Dezember 2013 die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“ ist. Demnach seien unter die Kategorie 12.6 „Soßen“ nur solche Soßen einzuordnen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen würden bei der Herstellung der Fleischdrehspieße nicht verwendet werden, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) falle (vgl. VG Regensburg, B. v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635; BayVGH, B. v. vom 20.1.2015 - 20 CS 14.2521).

Die Kammer folgt insoweit der fachlichen Einschätzung des LGL. Die Leitlinien sind in englischer Sprache gefasst. Die Kammer berücksichtigt, dass es möglicherweise sprachliche Unterschiede gibt und dass Begriffe je nach Land unterschiedlich weit gefasst werden können. Die Kammer bezieht deshalb in ihre Erwägungen neben den Leitlinien, die nur als Anhaltspunkt dienen können und nicht bindend sind, auch den allgemeinen Sprachgebrauch und die allgemeine Verkehrsauffassung mit ein. Demnach sind nach Auffassung der Kammer Soßen nach der Umschreibung in den Leitlinien (ready to eat) und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung verzehrfertig und können als solche auch verzehrt werden. Soßen sind eigenständig und werden in dieser Funktion getrennt zu einem Gericht gereicht und üblicherweise nicht zur Herstellung eines Gerichts verwendet. Dem Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass Würzmittel üblicherweise während des Zubereitungsvorgangs zugegeben werden, Soßen hingegen erst vom Endverbraucher. Zwar mag es sein, dass es Würzmittel gibt, die als Würzsoßen bezeichnet werden. Diese werden aber nicht als eigenständiges Produkt zu einem Gericht gereicht, sondern zur Würzung zugegeben. Maßgebend ist die konkrete Zweckbestimmung der von der Klägerin verwendeten Würzlake im dafür vorgesehenen Produktionsablauf. Abzustellen ist nicht darauf, ob das Produkt abstrakt als Soße kategorisiert werden könnte, sondern darauf, wie das Produkt im konkreten Herstellungsvorgang verwendet wird. Deshalb ist es unerheblich, dass die Klägerin die Würzlake auch gesondert verkauft. Im hier zu entscheidenden Fall wird die Würzlake zum rohen Fleisch gegeben und in einem Tumbler mehrere Stunden vermengt. Die Würzlake wird zum Einlegen und Marinieren von rohem Fleisch verwendet und nicht als Soße zum gegarten Fleischprodukt gegessen. Demnach handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein Würzmittel und nicht um eine Soße, weshalb die Phosphate nicht zugelassen sind. Die Ansicht in der Kommentierung (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band III, Stand Juli 2014, C 120 § 2 Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, Rn. 422) die eine Würzsoße als Soße eingruppiert, teilt die Kammer aus obigen Gründen nicht.

cc) In Würzmitteln ist Zellulose zulässig (siehe oben). Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 36 der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung ist die Zellulose in der Würzmischung enthalten und wird nicht - wie im Fall des Verwaltungsgerichts Regensburg (B. v. 3.11.2014 - RN 5 S 14.1635) - gesondert hinzugegeben. Deshalb darf Zellulose - wie die Vertreterin des LGL auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat - über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008 bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen des rohen Fleischdrehspießes verwendet werden. Es findet eine „Migration“ von Zellulose über die eingesetzte Würzlake statt.

e) Nach Überzeugung der Kammer ist die Verwendung von Diphosphaten und Triphosphaten über den Migrationsgrundsatz nach Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 (sog. „reverse carry over Grundsatz“) mit der Verordnung in Einklang zu bringen.

aa) Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 regelt den umgekehrten Fall zu Art. 18 Abs. 1 a VO (EG) 1333/2008. Ein Lebensmittelzusatzstoff darf danach enthalten sein in einem Lebensmittel, das ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendet wird, sofern Letzteres dieser Verordnung genügt.

aaa) Die Würzlake der Klägerin, welche als Würzmittel zu kategorisieren ist (siehe oben), ist ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 VO (EG) Nr. 178/2002. Lebensmittel sind demnach alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwarten werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. In der Lebensmittelkategorie Würzmittel sind Phosphate nicht zugelassen (siehe oben).

bbb) Die von der Klägerin verwendete Würzlake wird auch ausschließlich für die Zubereitung eines zusammengesetzten Lebensmittels, des Fleischdrehspießes, verwendet.

Zwar bietet die Klägerin die Würzlake auch gesondert zum Kauf an. Maßgebend ist aber, dass die Würzlake im konkreten Produktionsverlauf ausschließlich dafür bestimmt ist, mit dem Fleisch vermengt zu werden. Die Zweckbestimmung der Würzmarinade ist das Marinieren von rohem Fleisch und wird in diesem Sinne ausschließlich für die Zubereitung des Fleischdrehspießes verwendet. Ein zusätzlicher gesonderter Verkauf der Würzmarinade ist ein Nebeneffekt, der hier nicht beachtlich ins Gewicht fällt.

ccc) Das Würzmittel wird nach Auffassung der Kammer objektiv gesehen alleine dafür verwendet, ein Fleischerzeugnis herzustellen. In Fleischerzeugnissen nach Nr. 08.3 des Anhangs II Teil E der VO (EG) 1333/2008 sind Phosphate zugelassen (siehe oben). Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 unter dem Begriff des „zusammengesetzten Lebensmittels“ auf den rohen Fleischdrehspieß (=Fleischzubereitung) oder auf den gegarten Fleischdrehspieß (=Fleischerzeugnis) abgestellt werden muss. Nach Überzeugung der Kammer muss hierbei auf den gegarten Fleischdrehspieß abgestellt werden.

Das LGL vertritt hierbei die Ansicht, dass im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ einzig auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden könne. Art. 5 VO (EG) 1333/2008 stelle auf das Inverkehrbringen ab. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1333/2008 sei das „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Dies sei im Fall der Klägerin die Abgabe des rohen Fleischdrehspießes an den Imbissbetreiber. Würde man dies anders sehen und die Phosphate über den umgekehrten Migrationsgrundsatz zulassen, dann wären viele zusatzstoffrechtliche Regelungen der VO (EG) 1333/2008 obsolet.

Dieser Auffassung folgt die Kammer aus folgenden Erwägungen nicht:

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 spricht von „Zubereitung“ eines zusammengesetzten Lebensmittels. Der Begriff „Zubereitung“ ist nach Ansicht der Kammer weit zu fassen. Eine Speise ist zubereitet, wenn sie verzehrfertig ist. Die Zubereitung kann somit auch das Endprodukt erfassen, in dem Fall hier streitigen Fall der Klägerin den gegarten Fleischdrehspieß. Der Wortlaut der Norm zwingt nicht zu einer engen Auslegung der Gestalt, dass nur auf den rohen Fleischdrehspieß abgestellt werden darf. Vielmehr lässt der Wortlaut auch eine weitere Auslegung im Hinblick auf das Endprodukt zu.

Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 stellt auch nicht ausdrücklich auf das „Inverkehrbringen“ ab. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin als Herstellerin den rohen Fleischdrehspieß erstmals durch die Abgabe an den Imbissbetreiber in Verkehr bringt. Und es ist dem Beklagten auch darin zuzustimmen, dass die Verordnung in Art. 5 VO (EG) 1333/2008 auf das „Inverkehrbringen“ abstellt. Die Tatsache, dass das Tatbestandsmerkmal „Inverkehrbringen“ im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 fehlt und vor dem Hintergrund, dass der Gesetzeswortlaut den Begriff „Zubereitung“ enthält, legt nahe, den Anwendungsbereich des umgekehrten Migrationsgrundsatzes weiter zu fassen, als dies der Beklagte vertritt. Der Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 rechtfertigt eine solche enge Auslegung, wie sie der Beklagte fordert, nicht.

Dass Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 einer weiten Auslegung zugänglich ist und es sachgerecht ist, auf das Enderzeugnis abzustellen, wird auch durch die Ausführungen unter Nr. 2 c des Guidance document on the carry-over principle gestützt; dort heißt es auszugsweise:

„This provision is in particular important for food ingredients that are sold between business operators. In such a case the use of additives can be permitted in foods (such as intermediary products), in which they would not otherwise be permitted, provided that those foods are to be used solely in the preparation of a compound food that will be conform to the relevant Regulations.“

Die Leitlinien nehmen somit ausdrücklich auf die Handelskette zwischen zwei Unternehmern Bezug und stellen darauf ab, dass genau in diesen Fällen die Vorschrift des „reverse carry over Grundsatzes“ besonders wichtig wird. Dabei wird ausdrücklich auf sog. „intermediary products“ Bezug genommen, die im Deutschen als „Zwischenprodukte“ übersetzt werden können.

Auch der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch den direkten Zusatz auch durch die Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt. Der Gesetzgeber schreibt ausdrücklich „Enderzeugnis“ in die Erwägungsgründe. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß, abgestellt werden kann.

Für das Abstellen auf den Endverbraucher und in diesem Zusammenhang auf das Fleischerzeugnis spricht auch der Sinn und Zweck der VO (EG) 1333/2008. Art. 1 dieser Verordnung bestimmt, dass die Regelungen ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit der Menschen und ein hohes Niveau des Schutzes der Verbraucher einschließlich des Schutzes der Verbraucherinteressen gewährleisten sollen. Auch Art. 6 der Verordnung stellt den Verbraucherschutz in den Vordergrund: Der Lebensmittelzusatzstoff muss bei der vorgeschlagenen Dosis für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich sein. Auch die Erwägungsgründe (2), (3) und (7) der VO (EG) 1333/2008 stellen maßgeblich auf den Verbraucherschutz ab. Der Erwägungsgrund (16) weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusatzstoff in Lebensmitteln außer durch direkten Zusatz auch durch Übertragung aus Zutaten, in denen der Zusatzstoff zugelassen ist, enthalten sein darf, sofern der Zusatzstoffgehalt im Enderzeugnis die Menge, die bei Einhaltung sachgerechter technologischer Bedingungen und einer guten Herstellungspraxis zugeführt würde, nicht übersteigt.

Der Verbraucher- und Gesundheitsschutz ist im hier zu entscheidenden Fall durch die Anwendung des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 gewährleistet. Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß enthalten sein dürfen. So führt das LGL in seinem Schreiben vom 2. März 2015 ausdrücklich aus: „Zwar darf ein Gastronom beispielsweise Phosphate und Zellulose einem Drehspieß zusetzen, welchen er selbst in seinem Betrieb produziert, wenn dieses Produkt im gegarten Zustand ausschließlich in diesem Betrieb in den Verkehr gebracht wird, da dieses zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens als Fleischerzeugnis einzustufen ist“ (vgl. Blatt 116 der Gerichtsakte). Es ist nicht ersichtlich, weshalb unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes der Endverbraucher im Falle eines zwischengeschalteten Fleischdrehspießherstellers die Zusatzstoffe nicht konsumieren dürfte, im Falle der Eigenproduktion des Imbissbetreibers aber schon. Wenn die Zusatzstoffe im gegarten Fleischdrehspieß zugelassen sind, macht es für den Verbraucher keinen Unterschied, wenn diese auch im rohen Fleischdrehspieß enthalten sind. Auch der Einwand des LGL, der Imbissbetreiber, der den Fleischdrehspieß selbst produziert, bräuchte die Zusatzstoffe nicht, weil eine Wasserbindung in diesem Fall nicht sinnvoll sei, überzeugt nicht. Denn zum einen könnte der Imbissbetreiber die Spieße auf Vorrat produzieren, einfrieren, später durchgaren und an den Endverbraucher verkaufen. Auch in diesem Fall wären die Zusatzstoffe für die Festigkeit und Bindung des Spießes nützlich. Weil die Fleischdrehspieße in diesem Fall erstmalig durch den Verkauf an den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden, dürfte der Fleischdrehspieß mit den Zusatzstoffen versetzt sein. Zum anderen ist maßgebend, dass der Imbissbetreiber nach der Verordnung die streitigen Zusatzstoffe zulässigerweise verwenden dürfte. Ob dies sinnvoll ist oder nicht, ist unerheblich. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die streitigen Zusatzstoffe nicht gesundheitsgefährdend sind. Es ist auch unstreitig, dass die Zusatzstoffe angegeben werden und es deshalb zu keiner Irreführung kommt. Es wurde auch nie beanstandet, dass die Klägerin zu viel Wasser in ihren Fleischdrehspießen verarbeitet.

Auch das CVUA Stuttgart weist in einem Schreiben vom 26. Januar 2015 (Blatt 99 der Gerichtsakte) darauf hin, dass zur Herstellung eines Fleischdrehspießes die Zusatzstoffe unter dem Aspekt des „reverse carry over Grundsatzes“ (Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008) zulässig sind. Das CVUA legt seiner Beurteilung zugrunde, dass der rohe Fleischdrehspieß ein sog. Halbfabrikat darstellt. Dieses Halbfabrikat sei hinsichtlich seines Verwendungszwecks (i.d.R. „vor dem Verzehr durchgaren“) eindeutig zu kennzeichnen. Regelungen bezüglich der Höchstmenge, Kennzeichnung und Kenntlichmachung seien zu beachten.

Daraus folgt, dass das auch CVUA im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Enderzeugnis, den gegarten Fleischdrehspieß abstellt, welches ein Fleischerzeugnis ist.

Das CVUA Rhein-Ruhr-Wupper erteilte in einem Schreiben vom 29. Januar 2015 (Blatt 96 ff. der Gerichtsakte) die Auskunft, dass der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auch auf Halbfabrikate und Zwischenprodukte angewandt werden könne. Bei den Drehspießen, die als Halbfabrikate angesehen werden, finde der sog. „reverse carry over Grundsatz“ Anwendung, weshalb der Zusatz der Phosphate zulässig sei. Die Erwägungsgründe (7) der VO (EG) 1333/2008 und (11) der VO (EU) Nr. 601/2014 stellen auf den Verbraucherschutz ab. Ob der Herstellungsprozess durch die Abgabe eines Halbfabrikats an eine andere Person, die den Herstellungsprozess beende, unterbrochen werde, spiele hier keine Rolle. Der Zweckbestimmung des Halbfabrikats komme hier eine besondere Bedeutung zu. Das Lebensmittel dürfe in den Fällen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nur in der zweckbestimmten Form - in der Regel der Verzehr als Fleischerzeugnis - Verwendung finden. Die Halbfabrikate seien bezüglich ihres Verwendungszwecks eindeutig zu kennzeichnen und ein Verzehr als Halbfabrikat sei dabei faktisch auszuschließen.

Die Kammer folgt diesem Ansatz, dass im Falle eines Halbfabrikats im Rahmen des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt abgestellt werden muss. Der rohe Fleischdrehspieß ist einzig dazu bestimmt, im gegarten Zustand vom Verbraucher konsumiert zu werden. Ein Verzehr im rohen Zustand ist nicht vorgesehen. Sinn und Zweck der Verordnung ist der Verbraucher- und Gesundheitsschutz. Abzustellen ist daher auf den Endkonsumenten, der ein Fleischerzeugnis zu sich nimmt. Dürfen die Zusatzstoffe im Endprodukt enthalten sein, dann ist es sachgerecht, dass sie auch im Zwischenprodukt oder Halbfabrikat enthalten sein können. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Herstellungsvorgang des rohen Fleischdrehspießes beendet ist. Der Fleischdrehspieß muss lediglich noch in einem letzten Verarbeitungsschritt durchgegart werden, so dass durch das Durchgaren aus der Fleischzubereitung ein Fleischerzeugnis wird. Die strikte und enge Auslegung des Migrationsgrundsatzes, welche das LGL vertritt, ist im Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 nicht angelegt und auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung nicht zu rechtfertigen. Dem Verbraucher- und Gesundheitsschutz wird im Falle des Abstellens auf den gegarten Fleischdrehspieß Rechnung getragen. Die Vertreterin des LGL führt auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hierzu aus, dass die Zusatzstoffe in der zugelassenen Menge nicht gesundheitsgefährdend sind.

Entscheidend für das Abstellen auf den gegarten Fleischdrehspieß im Rahmen der Anwendung des „reverse carry over Grundsatzes“ spricht auch, dass anderenfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 20 EU-GR-Charta vorliegt, der nicht gerechtfertigt ist. Die Anwendung von europäischem Sekundärrecht muss mit europäischem Primärrecht in Einklang stehen. Deshalb ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 die Grundrechtecharta EU zu beachten. Der Fleischdrehspießhersteller, der einen rohen Fleischdrehspieß und damit eine Fleischzubereitung herstellt und in Verkehr bringt, darf die Zusatzstoffe nicht verwenden. Der Gastronom, der den Fleischdrehspieß selbst herstellt, dürfte die Zusatzstoffe verwenden, weil er das Produkt im gegarten Zustand, also ein Fleischerzeugnis, in Verkehr bringt. Dies stellt nach Auffassung der Kammer eine Ungleichbehandlung dar. Gleiches ist grundsätzlich gleich zu behandeln. Fleischdrehspieße werden aber sowohl im Falle der Herstellung als Halbfabrikat als auch im Falle der Herstellung unmittelbar am Ort des Durchgarens dazu bestimmungsgemäß hergestellt, um durchgegart an den Verbraucher abgegeben zu werden. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. In Betracht käme als Rechtfertigung der Verbraucher- und Gesundheitsschutz, welcher Sinn und Zweck der Verordnung ist (siehe oben). Da aber der Verbraucher, der einen gegarten Drehspieß isst, die Zusatzstoffe nach der Verordnung konsumieren darf, ist nicht ersichtlich, wie über den Verbraucherschutz ein Verbot der Verwendung von Di- und Triphosphaten bei der Herstellung und dem Inverkehrbringen von rohen Fleischdrehspießen gerechtfertigt werden könnte. Andere Rechtfertigungsgründe als der Verbraucher- und Gesundheitsschutz sind von dem Beklagten weder vorgetragen worden noch sind diese ersichtlich. Deshalb ist es nach Ansicht der Kammer wegen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sachgerecht und geboten, im Rahmen des sog. „reverse carry over Grundsatzes“ des Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf den gegarten Fleischdrehspieß als Fleischerzeugnis abzustellen. Die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwingt den Gesetzesanwender dazu, im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zusammengesetztes Lebensmittel“ in Art. 18 Abs. 1 c VO (EG) 1333/2008 auf das Endprodukt, welches ein Fleischerzeugnis ist, abzustellen.

bb) Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. Januar 2015 (Blatt 36 der Gerichtsakte) und den Angaben in der mündlichen Verhandlung sind die Zusatzstoffe in der Würzmischung enthalten und werden nicht gesondert hinzugegeben, weshalb eine „Migration“ über den „reverse carry over Grundsatz“ möglich ist.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

6. Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist, über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgeht und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 124 Rn. 10). Es besteht ein Bedürfnis, höchstrichterlich zu klären, ob die Verwendung der Zusatzstoffe Diphosphat (E 450), Triphosphat (E 451) und Zellulose (E 460) bei der Herstellung und dem anschließenden Inverkehrbringen von Fleischdrehspießen im Rohzustand mit der Verordnung (EG) 1333/2008 vereinbar ist. Bisher gibt es keinen bundeseinheitlichen Vollzug. Die Behördenpraxis in Bayern zeigt, dass eine große Unsicherheit besteht, wie mit der Änderung der Verordnung umzugehen ist. Ein Teil der Behörden erlässt Verbote mit der Anordnung des Sofortvollzugs, andere Behörden warten ab oder erteilen - so wie im hiesigen Fall - lediglich Hinweise. Es bedarf einer höchstrichterlichen Klärung, um diesen Zustand der Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Berufungsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind:

1.
Herstellen: das Gewinnen, einschließlich des Schlachtens oder Erlegens lebender Tiere, deren Fleisch als Lebensmittel zu dienen bestimmt ist, das Herstellen, das Zubereiten, das Be- und Verarbeiten und das Mischen,
2.
Behandeln: das Wiegen, Messen, Um- und Abfüllen, Stempeln, Bedrucken, Verpacken, Kühlen, Gefrieren, Tiefgefrieren, Auftauen, Lagern, Aufbewahren, Befördern sowie jede sonstige Tätigkeit, die nicht als Herstellen oder Inverkehrbringen anzusehen ist,
3.
Verzehren: das Aufnehmen von Lebensmitteln durch den Menschen durch Essen, Kauen, Trinken sowie durch jede sonstige Zufuhr von Stoffen in den Magen,
4.
Auslösewert: Grenzwert für den Gehalt an einem gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, bei dessen Überschreitung Untersuchungen vorgenommen werden müssen, um die Ursachen für das Vorhandensein des jeweiligen Stoffs mit dem Ziel zu ermitteln, Maßnahmen zu seiner Verringerung oder Beseitigung einzuleiten,
5.
mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte: Produkte, die zwar keine Lebensmittel sind, bei denen jedoch aufgrund ihrer Form, ihres Geruchs, ihrer Farbe, ihres Aussehens, ihrer Aufmachung, ihrer Kennzeichnung, ihres Volumens oder ihrer Größe vorhersehbar ist, dass sie von den Endverbrauchern, insbesondere von Kindern, mit Lebensmitteln verwechselt werden und deshalb zum Mund geführt, gelutscht oder geschluckt werden, wodurch insbesondere die Gefahr des Erstickens, der Vergiftung, der Perforation oder des Verschlusses des Verdauungskanals entstehen kann; ausgenommen sind Arzneimittel, die einem Zulassungs- oder Registrierungsverfahren unterliegen,
6.
unerwünschte Stoffe: Stoffe – außer Tierseuchenerregern –, die in oder auf Futtermitteln enthalten sind und
a)
als Rückstände in von Nutztieren gewonnenen Lebensmitteln oder sonstigen Produkten eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen,
b)
eine Gefahr für die tierische Gesundheit darstellen,
c)
vom Tier ausgeschieden werden und als solche eine Gefahr für den Naturhaushalt darstellen oder
d)
die Leistung von Nutztieren oder als Rückstände in von Nutztieren gewonnenen Lebensmitteln oder sonstigen Produkten die Qualität dieser Lebensmittel oder Produkte nachteilig beeinflussen
können,
7.
Mittelrückstände: Rückstände an Pflanzenschutzmitteln im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes, Vorratsschutzmitteln oder Schädlingsbekämpfungsmitteln, soweit sie in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes aufgeführt sind und die in oder auf Futtermitteln vorhanden sind,
8.
Naturhaushalt: seine Bestandteile Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen,
9.
Nutztiere: Tiere einer Art, die üblicherweise zum Zweck der Gewinnung von Lebensmitteln oder sonstigen Produkten gehalten wird, sowie Pferde,
10.
Aktionsgrenzwert: Grenzwert für den Gehalt an einem unerwünschten Stoff, bei dessen Überschreitung Untersuchungen vorgenommen werden müssen, um die Ursachen für das Vorhandensein des unerwünschten Stoffs mit dem Ziel zu ermitteln, Maßnahmen zu seiner Verringerung oder Beseitigung einzuleiten.

(2) Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes umfasst der Begriff des Verwendens eines Mittels zum Tätowieren auch die Tätigkeit des Tätowierens.

(3) Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes gelten die Begriffsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 mit den Maßgaben, dass

1.
Futtermittelunternehmen im Sinne des Artikels 3 Nummer 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch Unternehmen sind, deren Tätigkeit sich auf Futtermittel bezieht, die zur oralen Tierfütterung von nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren bestimmt sind,
2.
Futtermittelunternehmer im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch derjenige ist, dessen Verantwortung sich auf Futtermittel bezieht, die zur oralen Tierfütterung von nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren bestimmt sind,
3.
für das Inverkehrbringen von Mitteln zum Tätowieren, Bedarfsgegenständen und mit Lebensmitteln verwechselbaren Produkten Artikel 3 Nummer 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 entsprechend gilt,
4.
Endverbraucher im Sinne von Artikel 3 Nummer 18 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch eine Person ist, an die ein Mittel zum Tätowieren oder ein Bedarfsgegenstand zur persönlichen Verwendung oder zur Verwendung im eigenen Haushalt abgegeben wird, wobei Gewerbetreibende, soweit sie ein Mittel zum Tätowieren oder einen Bedarfsgegenstand zum Verbrauch innerhalb ihrer Betriebsstätte beziehen, dem Endverbraucher gleichstehen.

(4) Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes gelten Verpflegungseinrichtungen der Bundeswehr auch dann, wenn sie nicht gewerblich tätig sind, als Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 18; L 331 vom 18.11.2014, S. 41; L 50 vom 21.2.2015, S. 48; L 266 vom 30.9.2016, S. 7), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2283 (ABl. L 327 vom 11.12.2015, S. 1) geändert worden ist.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für beide Rechtszüge auf 17.801,80 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 5. September 2014 abgelehnt hat.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass Rechtsgrundlage für die in diesem Bescheid getroffenen Anordnungen unter Ziffern I.1. und I.3. Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004 ist. Danach trifft die zuständige Behörde bei einem Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Es kommt insbesondere die Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens der Lebensmittel in Betracht.

Soweit das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss verschiedene Verstöße gegen die Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) festgestellt hat, hat die Antragstellerin die Beschwerde bereits nicht hinreichend begründet. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Begründung des Verwaltungsgerichts aufgegriffen und konkret dargelegt werden, weshalb diese unrichtig sein soll (vgl. BayVGH B. v. 16.1.2003 - 1 CS 02.1922 - juris = BayVBl. 2004, 59; siehe auch Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 146 Rn. 22 bis 24). Diesen Anforderungen ist die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung nicht nachgekommen. Der Verweis auf ihre Ausführungen in der Klageschrift ist in diesem Zusammenhang nicht ansatzweise ausreichend. Nachdem die Antragstellerin aber in ihrer Beschwerdebegründung angeboten hat, durch eine neue Kennzeichnung, die wohl von dem Antragsgegner nicht beanstandet wird, die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel insoweit herzustellen, ist die Beschwerde nicht als unzulässig zu verwerfen, sondern in der Sache zu entscheiden.

Folglich kommt es nunmehr entscheidend darauf an, ob auch ein Verkehrsverbot nach Art. 5 der VO (EG) 1333/2008 besteht. Danach darf niemand einen Lebensmittelzusatzstoff oder ein Lebensmittel, in dem ein Lebensmittelzusatzstoff vorhanden ist, in Verkehr bringen, wenn die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffs nicht mit dieser Verordnung in Einklang steht. Die Fleischdrehspieße enthalten auch die für Fleischzubereitungen nicht zugelassenen Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat). Diese Zusatzstoffe sind nach Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1333/2008 i. V. m. dem Anhang II der Verordnung in Fleischzubereitungen unzulässig, wogegen sie in Fleischerzeugnissen zugelassen sind. Damit ist maßgeblich, welchen dieser Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen Drehspieße zuzuordnen sind. Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15. des Anhangs I der VO 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I zur VO (EG) Nr. 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend für die Abgrenzung ist somit, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat, die Frage, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt. Hier hat das Verwaltungsgericht, unter Bezugnahme auf das Gutachten des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 26. August 2008 die Fleischspieße mit nachvollziehbarer Begründung den Fleischzubereitungen zugeordnet. Der Beschwerdebegründung ist es nicht gelungen, diese Einschätzung glaubhaft in Frage zu stellen. Deren Einwand, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissvertreiber zerstört und es sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis handelt, verfängt nicht. Denn § 4 Abs. 1 der VO 1333/2008 stellt auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln ab. Nachdem Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung u. a. auf die Begriffsbestimmungen der VO 178/2002 verweist, ist nach deren Art. 3 Nr. 8 unter dem „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst, zu verstehen. Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist nicht ersichtlich, dass hierunter nur der Verkauf oder die Weitergabe an den Endverbraucher zu verstehen ist. Vielmehr ist bereits der erste Verkaufs- oder Weitergabevorgang bei der Abgabe der Drehspieße an die Kunden der Antragstellerin ausreichend. Soweit die Antragstellerin meint, dass auch bei Kasseler und Bräten nach dem Anhang II eine Zugabe von Phosphaten zulässig sei und es folglich den Anschein habe, als sei es vergessen worden, die streitgegenständlichen Drehspieße in die Liste aufzunehmen, so kann dieser Frage in dem auf eine summarische Prüfung ausgelegten einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht nachgegangen werden.

Weiter stellt sich das Verwaltungsgericht zu Recht auf den Standpunkt, dass sich die Antragstellerin nicht auf den sog. Migrationsgrundsatz nach Art. 18 VO 1333/2008 berufen kann. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und b erlauben unter bestimmten Voraussetzungen die Weiterverarbeitung von Zutaten mit einem zugesetzten Lebensmittelzusatzstoff zu einem zusammengesetzten Lebensmittel auch dann, wenn der Lebensmittelzusatzstoff für das zusammengesetzte Lebensmittel nicht zugelassen ist. Abs. 1 Buchst. c erlaubt den umgekehrten Fall, nämlich den Zusatz eines Lebensmittelzusatzstoffes zu einer Zutat, zu der er nicht zugelassen ist, wenn diese Zutat zu einem zusammengesetzten Lebensmittel verarbeitet wird, für das der Lebensmittelzusatzstoff zugelassen ist. Das Verwaltungsgericht führt hierzu aus: „In „Würzmitteln“ (Teil E Kategorie 12.2.2 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Cellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate sind hier allerdings nicht zugelassen. Bei „Soßen“ (Teil E Kategorie 12.6 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) sind sowohl Cellulose als auch Phosphate zugelassen. Bei der Herstellung der streitgegenständlichen Fleischspieße werden allerdings keine „Soßen“ in diesem Sinne verwendet. Nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) VO 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18.12.2013 ist nämlich die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“. Unter die Kategorie 12.6. (Soßen) fallen demnach nur solche Soßen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen werden bei der Herstellung der streitgegenständlichen Lebensmittel jedoch nicht verwendet, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) fällt. Darüber hinaus findet auch eine Migration von Cellulose über die eingesetzte Würzlake nicht statt, da im konkreten Fall derartige Bestandteile in der von der Antragstellerin bezogenen und für die Würzlake verwendete Würzmischung nicht enthalten sind. Die Cellulose wird seitens der Antragstellerin vielmehr gesondert zugesetzt.“

Diesen konkreten Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist die Antragstellerin nur mit allgemeinen Erwägungen entgegengetreten, welche eine andere Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht rechtfertigen. Im Hauptsacheverfahren kann auch geklärt werden, ob die pflanzlichen Fasern ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt wurden und nicht, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern.

Schließlich ist das Verbot des Inverkehrbringens der Nummer 3 des angefochtenen Bescheids nicht unverhältnismäßig. Geht man davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004 erfüllt sind, so sind keine gleich geeigneten Mittel von der Beschwerdeführerin vorgetragen und auch nicht ersichtlich, um den gesetzlichen Zweck des § 4 Abs. 1 1333/2008, nur in Lebensmitteln zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe in Verkehr zu bringen, zu erreichen.

Die Kostentscheidung folgt § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 80.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen lebensmittelrechtlichen Bescheid des Antragsgegners, mit dem In-Verkehr-Bringungsverbote für Fleischzubereitungen sowie von bereits produzierten Fleischdrehspießen in sofort vollziehbarer Weise angeordnet wurden und durch den für den Fall der Nichtbeachtung der Verbote die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht wurde.

Am 4.6.2014 entnahm das Landratsamt ... im Betrieb der Antragstellerin einen sogenannten „Berlin-Döner“. Laut Etikett handele es sich dabei um einen „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die von der Antragstellerin produzierten Fleischdrehspieße sind dazu gemacht, um an Imbissbetriebe verkauft zu werden. Dort werden sie senkrecht stehend und drehend gegrillt und gegart. Die äußeren Fleischschichten werden dann nach und nach abgeschnitten und unter anderem in Fladenbrottaschen gefüllt und mit Gemüse und Soßen an den Endverbraucher abgegeben. Der entnommene Drehspieß wurde seitens des Landratsamts zum Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Oberschleißheim zur Untersuchung verbracht.

Ausweislich des vom LGL erstellten Gutachtens vom 26.8.2014 über die durchgeführte Untersuchung habe der Drehspieß in mehrerlei Hinsicht nicht den geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprochen. Im Einzelnen enthält das Gutachten folgende Beanstandungen:

- Das auf der Fertigpackung befindliche Verzeichnis der Zutaten entspreche nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV). Beim untersuchten Erzeugnis sei aufgrund der Analyseergebnisse ein Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt worden. Die Zutat Wasser sei in der Zutatenliste angegeben. Allerdings werde die Zutat an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Wasser sei jedoch mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten.

- Auch sei ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 LMKV festzustellen, wonach eine zusammengesetzte Zutat (§ 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV) im Zutatenverzeichnis nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils angegeben werden könne, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich sei und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folge. In der Zutatenliste des Fleischspießes sei die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt. Dahinter in Klammern würden die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ der zusammengesetzten Zutat genannt. Diese Aufzählung sei nicht vollständig. Laut den vorliegenden Informationen des Würzmittelherstellers seien in dem verwendeten Würzmittel beispielsweise auch die Zutat „Geschmacksverstärker E 621“ sowie weitere Zutaten, die in der Klammer nicht genannt würden, enthalten. Die Aufzählung sei mithin unvollständig. - Schließlich sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 LMKV die Mengenkennzeichnung der Zutaten für alle Lebensmittel in Fertigpackungen verbindlich vorgeschrieben. Demnach seien die „wertbestimmenden“ oder „verkaufsentscheidenden“ Zutaten mengenmäßig anzugeben. Im Fall des streitgegenständlichen Spießes fehle jedoch die mengenmäßige Angabe des Anteils an Fleisch.

- Ferner wird in dem Gutachten die Verkehrsbezeichnung beanstandet. Auf dem Originaletikett werde das untersuchte Erzeugnis als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ (Schriftgröße ca. 3 mm n-Höhe)“ bezeichnet. In unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung werde blickfangmäßig und in besonderer Schrift (ca. 4 mm n-Höhe) die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Nach den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches (Teil II Nr. 2.511.7) enthalte „Hähnchen-/Puten-Döner Kebab(p)“ außer Salz, Gewürzen und gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt keine weiteren Zutaten. Nach den Angaben im Zutatenverzeichnis des untersuchten Fleischspießes würden bei der Herstellung des Erzeugnisses jedoch auch Stärke, modifizierte Stärke, pflanzliches Eiweiß (Soja, Erbse), Gluten und Dextrose etc. verwendet. Analytisch sei Sojaprotein in einer Größenordnung von 0,6% nachgewiesen worden. Dementsprechend weiche das Produkt von der allgemeinen Verkehrsauffassung ab. Außerdem werde laut Etikett „PflanlichFasern(Weizen)“ verwendet. Diese Zutat diene offenbar zur Bindung von Wasser. Entsprechendes gelte für die laut Etikett zugesetzte Cellulose (E 460). Darüber hinaus sei dem Produkt ein Anteil von mindestens 12% Wasser zugesetzt worden, was bei einem „Döner Kebab“ ebenfalls nicht verkehrsüblich sei. Hier zeige es sich, dass das Erzeugnis der Verkehrsauffassung eines „Döner Kebab“ widerspreche. Es handele sich aufgrund seiner Zusammensetzung um ein anderes Produkt (Aliud). Die Bezeichnung „Döner“ oder „Döner Kebab“ sei unzutreffend und dürfe nicht verwendet werden. Erforderlich sei nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV die Angabe einer Beschreibung des Lebensmittels, die es dem Verbraucher ermögliche, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Zwar werde das Erzeugnis auch als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet, allerdings werde in unmittelbarer Nähe der Produktbezeichnung blickfangmäßig und in größerer Schrift die Angabe „Berlin Döner“ gemacht. Durch die räumliche Nähe erscheine letztere Bezeichnung als die Verkehrsbezeichnung, die mit den Worten „Hähnchen-Puten Drehspieß“ näher erklärt werde. Die Aufmachung suggeriere daher, dass es sich bei dem Produkt um einen „Döner“ handele. Da dies jedoch nicht der Fall sei, sei die Aufmachung geeignet, den Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) in die Irre zu führen.

Im Übrigen wird im Gutachten darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ als Verkehrsbezeichnung unzureichend sei. Das Produkt beinhalte Fremdeiweiße (Soja, Erbse) und zugesetztes Wasser. Diese Bestandteile seien wertbestimmend, weshalb ein Hinweis auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung erforderlich sei.

- Beanstandet wird zudem die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“. Darunter seien vermutlich Weizenhalmfasern zu verstehen. Diese würden aller Voraussicht nach nicht als Ballaststoff zugesetzt, so dass es sich nicht um einen Nährstoff handele, sondern um einen Zusatzstoff, weil die Beimengung offensichtlich dazu diene, eine technologische Wirkung (Bindung von Wasser) zu erzielen. Zur eindeutigen Klärung des Sachverhalts werde eine Rezepturüberprüfung empfohlen.

- Schließlich wird beanstandet, dass die Fleischdrehspieße die Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat) enthalten. Da es sich bei den von der Antragstellerin hergestellten Produkte um Fleischzubereitungen im Sinne des Anhangs I Nr. 1.15 der VO (EG) Nr. 853/2004 handele, seien die Produkte der Lebensmittelkategorie 8.2 gemäß des Anhangs II Teil D der VO (EG) Nr. 1333/2008 zuzuordnen. Gemäß Anhang II Teil E Nr. 8.2 der VO (EG) Nr. 1333/2008 seien die genannten Zusatzstoffe für Fleischzubereitung nicht zugelassen, weshalb sie gemäß Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden dürften.

Aufgrund dieses Gutachtens ordnete das Landratsamt ... am 3.9.2014 gegenüber der Antragstellerin mündlich an, dass bis auf Weiteres sämtliche Fleischzubereitungen, welche mit den Zusatzstoffen E 460, E 450 und E 451 behandelt wurden, nicht für den menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Mit schriftlichem Bescheid vom 5.9.2014 ordnete das Landratsamt unter Ziffer I. Folgendes an:

1. Dem Betrieb B. KG, H... in ... O., wird namentlich ab sofort das In-Verkehr-Bringen von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr so lange untersagt, bis eine Freigabe durch das Landratsamt ... - Veterinärwesen - erfolgt.

2. Mit einer Freigabe des In-Verkehr-Bringens von Fleischzubereitungen durch die Behörde ist erst dann wieder zu rechnen, wenn eine ordnungsgemäße Kennzeichnung sowie eine verkehrsfähige Rezepturänderung erfolgt.

3. Die in der Bestandsliste (Anlage 2) aufgeführten produzierten bzw. derzeit im Betrieb lagernden Fleischzubereitungen dürfen nicht mehr zum menschlichen Verzehr in den Verkehr gebracht werden, diese Untersagung wurde dem Betrieb bereits am 3.9.2014 mündlich mitgeteilt.

Jegliche weitere Vorgehensweise (z. B. Entsorgung) bezüglich dieser Fleischzubereitungen ist dem Landratsamt ... - Veterinärwesen - spätestens zwei Werktage vor der geplanten Maßnahme schriftlich mitzuteilen.

Unter Ziffer II. wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 3 angeordnet.

In Ziffer III. wurde für den Fall der Nicht- oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Nr. 1 und 3 der unmittelbare Zwang, z. B. durch Versiegelung der Betriebsräume, angeordnet (gemeint: angedroht).

Zur materiellen Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des Gutachtens des LGL vom 26.8.2014 wiederholt, welches dem Bescheid als Anlage beigegeben wurde. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Gegen diesen der Antragstellerin am 6.9.2014 zugestellten Bescheid ließ diese am 1.10.2014 Klage erheben, die unter dem Az. RN 5 K 14.1637 geführt wird. Zugleich stellte sie einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.

Die Beanstandungen im streitgegenständlichen Bescheid seien rechtswidrig, weshalb das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege.

So enthielten die Fleischspieße keine nicht zugelassenen Zusatzstoffe. Das Zusatzstoffrecht sei durch die VO (EG) Nr. 1333/2008 geregelt. Der aktuelle Anhang II dieser Verordnung differenziere bei der Zulassung von Zusatzstoffen bei Fleisch zwischen unbehandeltem Fleisch, Fleischzubereitungen und Fleischerzeugnissen. Bezüglich der beanstandeten Zusatzstoffe sei festzustellen, dass der Zusatzstoff E 460 (Cellulose) in Anhang II Teil C als allgemein zugelassener Zusatzstoff gelistet sei und nur in unbehandeltem Fleisch nicht eingesetzt werden dürfe. Ein marinierter Fleischdrehspieß sei jedoch behandelt.

Die Zusatzstoffe E 450 und E 451 (Phosphate) seien nach der VO (EU) Nr. 601/2014, welche den Anhang II der VO (EG) Nr. 1333/2008 im Juni 2014 geändert habe, für Fleischerzeugnisse zugelassen. Ein Verbot der Zusatzstoffe bestehe lediglich bei den meisten Fleischzubereitungen. Bei den Spießen der Antragstellerin handele es sich aber um Fleischerzeugnisse, was sich aus einem Gutachten des Labors ... vom 8.9.2014 ergebe. Werde danach ein Fleischspieß so hergestellt, dass Lebensmittel, Salz, Gewürze und Zusatzstoffe mit Wasser zu einer „Lake“ (Marinade) aufbereitet werden, welche durch Indizieren oder Tumbeln im Fleisch gleichmäßig verteilt werde, so werde das Fleisch vollständig durchmariniert. Ein solches Erzeugnis zähle zu den Fleischerzeugnissen, da Marinieren als Teil der Verarbeitung definiert sei und dieser Vorgang zu einer Denaturierung der Eiweiße in den Muskelfasern führe, wodurch sich die interne Muskelfaserstruktur ändere und die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr zu erkennen seien.

Selbst wenn man jedoch die Drehspieße als Fleischzubereitung ansehen wolle, liege kein Verstoß gegen das Zusatzstoffrecht vor. Es gelte nämlich der Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008. Danach dürfe ein Zusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten seien, wenn der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen sei. Vorliegend sei zu bedenken, dass die fraglichen Zusatzstoffe in Würzen/Würzmitteln bzw. in Soßen zugelassen seien, weshalb sie auch im Endprodukt (Fleischspieß) enthalten sein dürften.

Ferner sei auch die Kennzeichnung der Drehspieße nicht zu beanstanden. Die Verkehrsbezeichnung laute tatsächlich „Hähnchen-Puten Drehspieß tiefgefroren“. Die Bezeichnung „Berlin Döner“ sei lediglich eine Fantasiebezeichnung. Die Verkehrsbezeichnung werde für die Zusammensetzung im Übrigen durch das Zutatenverzeichnis ergänzt. Auch durch die Verwendung der Bezeichnung „Berlin Döner“ könne es nicht zu einer Verwechslung mit „Döner Kebab“ kommen, weil ja eine Erläuterung durch die Verkehrsbezeichnung erfolge. Eine gegebenenfalls bestehende konkrete Erwartung an einen Döner Kebab werde durch diese Verkehrsbezeichnung zerstört. Die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ sei für das Produkt in seiner Zusammensetzung auch die zutreffende Verkehrsbezeichnung. Ein Verbraucher oder ein Gastwirt, der einen „Döner Kebab“ erwerben wolle und dessen Zusammensetzung erwarte, werde dann auch einen als „Döner Kebab“ bezeichneten Spieß erwerben. Dieser Verbraucher werde nicht zu einem als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichneten Erzeugnis greifen, weil dieser Artikel bereits von seiner Bezeichnung her kein „Döner Kebab“ sei. Der durchschnittlich informierte Verbraucher werde beim Produkt der Antragstellerin keinen „Döner Kebab“ erwarten. Die Zusammensetzung des Produkts im Einzelnen ergebe sich im Übrigen aus der Zutatenliste. Hinzu komme, dass die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches als Instrument zur Ermittlung der maßgeblichen Verkehrsauffassung zunehmend in Frage gestellt würden. Der normale Durchschnittsverbraucher werde im Regelfall keine genauen Vorstellungen über die konkrete Zusammensetzung eines Produkts haben, weshalb er keine Verbrauchererwartung entwickeln könne, die bei der Verwendung einer vom Lebensmittelbuch abweichenden Rezeptur enttäuscht werden könne. Im Übrigen gelte die Beschränkung der Zutaten auf Salz, Gewürze und gegebenenfalls Eier, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches nur für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellten „Döner Kebab(p)“ und nicht auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“.

Selbst wenn man jedoch von einer Fehlbezeichnung des Produkts ausgehen wolle, habe das Landratsamt jedenfalls kein Verbot des In-Verkehr-Bringens anordnen dürfen. Etwaige Mängel könnten vielmehr durch eine Änderung der Kennzeichnung behoben werden.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Ziffern I.1., I.3. sowie III. des Bescheides des Antragsgegners vom 5.9.2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auch wenn im Falle der beanstandeten Zusatzstoffe keine akute Gesundheitsgefährdung bestanden habe, so seien für die EU bei dem Verbot dieser Zusatzstoffe in Fleischzubereitungen auch gesundheitliche Aspekte maßgeblich gewesen. Das In-Verkehr-Bringen der produzierten Drehspieße sei in erster Linie aufgrund des Nachweises nicht zugelassener Zusatzstoffe untersagt worden. Dieser Verstoß könne durch eine neue Kennzeichnung nicht geheilt werden. Aus einer fachlichen Bewertung des LGL vom 2.10.2014 zu den Ausführungen des Labors ... ergebe sich, dass es sich bei den fraglichen Drehspießen um „Fleischzubereitungen“ im Sinne der Kategorie 8.2 des Anhangs II Teil E der VO (EG) Nr. 1333/2008 handele. Die fraglichen Zusatzstoffe seien somit nicht zugelassen.

Für E 460 (Cellulose) würde beim streitgegenständlichen Produkt zwar das „Carry-Over-Prinzip“ gelten, falls Cellulose ein Teil der verwendeten Würzmischung wäre. Allerdings werde im Falle der Antragstellerin die Cellulose direkt zugesetzt, um die Wasserbindungsfähigkeit der Drehspieße zu erhöhen. Phosphate seien dagegen auch in Würzmischungen nicht zugelassen.

Ferner verweist der Antragsgegner darauf, dass die Antragstellerin seit dem 24.4.2013 die Zulassung als Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und als Herstellungsbetrieb von Fleischzubereitungen aus Geflügelfleisch und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab-Art) besitzt, nicht aber für Fleischerzeugnisse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Hauptsacheverfahren (RN 5 K 14.1637) und im Eilrechtsschutzverfahren sowie auf die Akten des Landratsamtes ..., die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg, weil die sofort vollziehbaren Anordnungen unter den Ziffern I.1, I.3. und III. des angegriffenen Bescheides aller Voraussicht nach rechtmäßig sind.

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat, wie dies bezüglich der Ziffern I.1 und I.3. des streitgegenständlichen Bescheides geschehen ist. Gleiches gilt, wenn sich der Rechtsbehelf gegen eine kraft Gesetzes sofort vollziehbare Maßnahme richtet, was bei der Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheides der Fall ist. Insoweit handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung, die nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, Art. 21a VwZVG sofort vollziehbar ist. Im Falle der behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs kann das Gericht die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen wiederherstellen und im Falle des kraft Gesetzes bestehenden Sofortvollzugs kann es diese anordnen.

Bei seiner Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene, originäre Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei eine Interessenabwägung vorzunehmen, im Rahmen derer die Interessen der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kommt den Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine besondere Bedeutung zu, soweit diese im Rahmen der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung bereits beurteilt werden können.

1. Ist der Sofortvollzug behördlicherseits angeordnet worden - wie hier für die Ziffern I.1. und I.3. - muss das Gericht zunächst prüfen, ob die behördliche Begründung dieser Anordnung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Danach hat die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht hat eine Warn- und Unterrichtungsfunktion. Die Begründung soll nachvollziehbar machen, warum nach Auffassung der Behörde mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes nicht bis zu seiner Bestandskraft bzw. bis zu dem Zeitpunkt zugewartet werden kann, in dem der Verwaltungsakt gemäß § 80b Abs. 1 VwGO kraft Gesetzes vollziehbar wird. Ferner soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter von Entscheidungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse im Raum steht, welches es rechtfertigt, das Prinzip der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen zu durchbrechen (vgl. nur: Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 84 ff.). Insoweit ist jedoch auch anerkannt, dass bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen können (Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 85). In solchen Fällen ist es nicht zwingend geboten, eine ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Begründung zu geben. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung des Sofortvollzugs aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH vom 27.10.2005, Az. 11 CS 05.1967 und vom 4.1.2006, Az. 11 CS 05.1878 ).

Die vom Antragsgegner gegebene Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs ist zwar knapp, nach den eben dargestellten Maßgaben jedoch ausreichend. Das Landratsamt hat dargestellt, dass die betroffenen Verbraucher vor Irreführungen zu schützen seien und dass die Anordnungen auch aus Gründen des vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit erfolgt seien und die Interessen der Antragstellerin hinter diesen Belangen zurücktreten müssten.

2. Rechtsgrundlage für die Anordnungen unter Ziffern I.1. und I.3. ist Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004. Die vom Antragsgegner darüber hinaus zitierte Vorschrift des § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 LFGB ist nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 882/2004 gilt wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unmittelbar und verdrängt die nationale Vorschrift des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 mit ausführlicher Begründung; Streinz in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, B Einführung, Rn. 38b).

§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind im Übrigen ähnlich aufgebaut. Sie bestehen aus einer Generalklausel und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen. Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen im vorliegend gegebenen Anwendungsfall relevante Unterschiede auf (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 ).

Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 setzt zunächst voraus, dass die zuständige Behörde einen Verstoß (gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften) feststellt. Ist dies der Fall, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. In Art. 54 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 882/2004 sind sodann beispielartig Maßnahmen aufgelistet, die getroffen werden können. Hier wird ersichtlich, dass der Behörde kein Entschließungsermessen zusteht. Stellt sie einen Verstoß fest, so muss sie einschreiten. Nur hinsichtlich der im Einzelfall konkret zu treffenden Maßnahmen kann die Behörde unter verschiedenen möglichen Maßnahmen auswählen, wobei sie insoweit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen muss (vgl. dazu unten 2. b)).

a) Die von der Antragstellerin vertriebenen Fleischdrehspieße verstoßen in mehrerlei Hinsicht gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften, weshalb ein Einschreiten des Antragsgegners geboten war. Im Einzelnen:

aa) Zutreffend hat der Antragsgegner unter Bezugnahme auf das Gutachten des LGL vom 26.8.2014 die sich auf dem Etikett befindliche Zutatenliste beanstandet.

Die streitgegenständlichen Drehspieße sind unstreitig in Fertigpackungen im Sinne des § 6 Abs. 1 des Eichgesetzes (EichG) verpackt. Sie sind darüber hinaus bestimmt, an eine dem Verbraucher gleichgestellte Einrichtung - nämlich an Gaststätten, Imbisse etc. - abgegeben zu werden, weshalb die Kennzeichnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 LMKV den Anforderungen der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung genügen muss.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 LMKV i. V. m. § 6 Abs. 1 LMKV ist ein Zutatenverzeichnis anzugeben, das aus einer Aufzählung der Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels besteht. Abweichend hiervon sind gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 LMKV zugefügtes Wasser und flüchtige Zutaten nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils am Enderzeugnis anzugeben, wobei der Anteil des zugefügten Wassers durch Abzug der Summe der Gewichtsanteile aller anderen verwendeten Zutaten von der Gesamtmenge des Enderzeugnisse ermittelt wird; die Angabe kann entfallen, sofern der errechnete Anteil nicht mehr als 5 Gewichtshundertteile beträgt.

Aufgrund der Analyse des eingesandten Drehspießes hat das LGL einen Anteil an zugesetztem Wasser von mindestens 12% ermittelt. Gleichwohl wird die Zutat Wasser in der Zutatenliste an letzter Stelle nach den Zusatzstoffen aufgeführt. Zutreffend hat das LGL festgestellt, dass Wasser nach den obigen Vorgaben mengenmäßig noch vor Speisesalz aufzulisten ist.

bb) Gemäß § 6 Abs. 2 LMKV kann eine zusammengesetzte Zutat im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 LMKV nach Maßgabe ihres Gewichtsanteils im Zutatenverzeichnis angegeben werden, sofern für sie eine Verkehrsbezeichnung durch Rechtsvorschrift festgelegt oder nach allgemeiner Verkehrsauffassung üblich ist und ihr eine Aufzählung ihrer Zutaten in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei ihrer Herstellung unmittelbar folgt. Diesbezüglich haben die Untersuchungen des LGL ergeben, dass in der Zutatenliste zwar die zusammengesetzte Zutat „Würzmittel“ aufgeführt ist. Dahinter werden in Klammern lediglich die Zutaten „Maltodextrin, Aroma, Sellerie“ angegeben. Die weiterhin im Würzmittel vorhandenen Zutaten „Geschmacksverstärker E 621“ sowie andere Zutaten, die nach der Artikelspezifikation des Würzmittelherstellers vom 8.11.2012 vorhanden sind, finden sich in der Zutatenliste nicht. Insoweit ist das Zutatenverzeichnis unvollständig.

cc) Schließlich hat das LGL zutreffend beanstandet, dass hinsichtlich der Zutat „Fleisch“ die Mengenkennzeichnung fehlt. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 LMKV i. V. m. § 8 Abs. 1, 4 LMKV ist die Menge einer bei der Herstellung eines zusammengesetzten Lebensmittels verwendeten Zutat unter anderem dann anzugeben, wenn die Bezeichnung der Zutat in der Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels angegeben ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 LMKV) bzw. wenn die Verkehrsbezeichnung darauf hindeutet, dass das Lebensmittel die Zutat enthält (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 LMKV). Gleiches gilt nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 LMKV, wenn die Zutat auf dem Etikett durch Worte, Bilder oder eine grafische Darstellung hervorgehoben ist. Nachdem das streitgegenständliche Produkt als „Hähnchen-Puten Drehspieß“ bezeichnet wird, ist es somit geboten, die Menge des Fleischanteils nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 LMKV anzugeben, was bei dem beanstandeten Spieß nicht der Fall war.

dd) Nach Auffassung des entscheidenden Gerichts sind darüber hinaus die auf dem Etikett angebrachten Bezeichnungen „Berlin Döner“ und „Hähnchen-Puten Drehspieß“ zu beanstanden.

 Insoweit ist der Antragstellerin zwar zuzugeben, dass die Bezeichnung „Berlin Döner“ nicht als Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LMKV angesehen werden kann. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV ist die Angabe einer Verkehrsbezeichnung zwingende Voraussetzung beim gewerbsmäßigen In-Verkehr-Bringen eines Lebensmittels. Nach § 4 Abs. 1 LMKV ist die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels die in Rechtsvorschriften festgelegte Bezeichnung, bei deren Fehlen die nach allgemeiner Verkehrsauffassung übliche Bezeichnung (Nr. 1) oder eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung (Nr. 2), die es dem Verbraucher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu unterscheiden.

Das Gericht geht zwar davon, dass sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ eine allgemeine Verkehrsauffassung besteht, was sich schon daraus ergibt, dass diese Lebensmittel in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben sind (vgl. dort Teil II Nr. 2.511.7). Die dort genannten Bezeichnungen werden aber von der Antragstellerin gerade nicht verwendet. Sie benutzt nur einen Teil dieser Bezeichnungen (Döner) und bringt ihre Fleischspieße als „Berlin Döner“ in den Verkehr. Ein Produkt mit dieser Bezeichnung ist in den Leitsätzen nicht beschrieben. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass es eine allgemeine Verkehrsauffassung für ein so bezeichnetes Lebensmittel geben könnte, weshalb es sich um eine Fantasiebezeichnung handelt, die allerdings eine irreführende Assoziation zu „Döner Kebab(p)“ herstellt (vgl. dazu den übernächsten Gliederungspunkt).

- Die Verkehrsbezeichnung kann somit ausschließlich in der Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ gesehen werden. Insoweit handelt es sich um eine Beschreibung des Lebensmittels, die jedoch den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMKV nicht genügt. Die amtliche Begründung zu § 4 LMKV (BR-Drucks. 418/81) nennt zwei Anforderungen, denen eine beschreibende Verkehrsbezeichnung genügen muss. Es müssen einerseits die wertbestimmenden oder geschmackgebenden Bestandteile angegeben werden sowie andererseits die Merkmale, durch die sich das Lebensmittel von verwechselbaren Erzeugnissen unterscheidet. Bei den Erzeugnissen der Antragstellerin werden jedoch maßgebliche wertbestimmende Bestandteile nicht angegeben. Da das hier zu beurteilende Lebensmittel ferner kein „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist, aufgrund der äußeren Erscheinung (Fleischdrehspieß) jedoch mit einem solchen Erzeugnis verwechselt werden kann, ist es darüber hinaus erforderlich, in der Verkehrsbezeichnung anzugeben, wie sich das streitgegenständliche Lebensmittel von einem „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ unterscheidet.

Die übliche Zusammensetzung eines „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ ist im Teil II Nr. 2.511.7 der Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs beschrieben. Ausgangsmaterial ist danach grob entsehntes Geflügelfleisch, welches in dünnen Fleischscheiben auf Drehspieße aufgesteckt wird. Außer Salz und Gewürzen sowie gegebenenfalls Eiern, Zwiebeln, Öl, Milch und Joghurt enthält das Produkt keine weiteren Zutaten. Im Gegensatz zu „Döner Kebab(p)“, der aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestellt wird, darf bei „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ kein wie Hackfleisch zerkleinertes Fleisch eingesetzt werden. Der maximale Hautanteil beträgt 18%. Die Begrenzung auf die eben aufgeführten Zutaten wie Salz und Gewürze etc. gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des Leitsatzes sowohl für „Döner Kebab(p)“ als auch für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Dass nur diese Zutaten eingesetzt werden dürfen, findet sich im Leitsatz unter dem Gliederungspunkt „besondere Merkmale“. Diese Merkmale beschreiben sowohl aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ als auch „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“. Der Argumentation der Antragstellerin, wonach die Beschränkung auf die genannten Zutaten ausschließlich für aus Schaf- und/oder Rindfleisch hergestelltes „Döner Kebab(p)“ gilt, findet im Leitsatz keine Grundlage, weshalb die Kammer ihr nicht zu folgen vermag.

Schließlich hat die Kammer auch keine Zweifel, dass die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission im Hinblick auf Döner-Kebab(p)-Erzeugnisse die Verkehrsauffassung zutreffend wiedergeben. Das Deutsche Lebensmittelbuch ist eine Sammlung von Leitsätzen, in denen Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden (§ 15 Abs. 1 LFGB). Die Leitsätze werden von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission unter Berücksichtigung des von der Bundesregierung anerkannten internationalen Lebensmittelstandards beschlossen (§ 15 Abs. 2 LFGB) und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie veröffentlicht (§ 15 Abs. 3 LFGB). Die Leitsätze sind zwar keine Rechtsnormen und daher nicht rechtsverbindlich. Sie dürfen aber aufgrund der ihnen kraft § 15 LFGB zukommenden Legitimation bei der Bestimmung der Beschaffenheitsmerkmale eines Lebensmittels als Auslegungshilfe zugrunde gelegt werden (BverwG vom 27.9.2012, NVwZ-RR 2013, 141; BayVGH vom 13.3.2013, Az. 9 B 09.2135 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 15 LFGB Rn. 21 ff.). Sie begründen als „Sachverständigengutachten von besonderer Qualität“ eine Vermutung, was der Verbraucher von einem nach Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmalen in den Leitsätzen beschriebenen Lebensmittel erwartet, wobei diese Vermutungswirkung im Einzelfall widerlegt werden kann. Gegen die Richtigkeit der Leitsätze kann somit ein Gegenbeweis geführt werden (BverwG vom 10.12.1987, Az. 3 C 18/87 ; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 13 LFGB, Rn. 30).

Vorliegend hat die Antragstellerin die Bedeutung der Leitsätze für die Feststellung der Verkehrsauffassung nur ganz allgemein angezweifelt. Ein substantiierter Vortrag, aus dem sich ergibt, warum das Deutsche Lebensmittelbuch die für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ bestehende Verkehrsauffassung nicht korrekt wiedergeben soll, fehlt dagegen. Da darüber hinaus auch für das Gericht keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, aufgrund derer die „Richtigkeit“ der im Deutschen Lebensmittelbuch enthaltenen Charakterisierung der fraglichen Erzeugnisse angezweifelt werden könnte, ist die eben beschriebene Vermutungswirkung der Leitsätze nicht erschüttert.

Es mag zwar sein, dass viele Verbraucher keine detaillierten Vorstellungen über die Zusammensetzung von „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ in allen Einzelheiten haben, wie dies die Antragstellerin ausführt. Der Verbraucher wird andererseits jedoch in jedem Fall erwarten dürfen, dass so bezeichnete Produkte die in den Fachkreisen - also im Kreis der redlichen Hersteller derartiger Produkte - als üblich angesehene Beschaffenheit aufweisen (hypothetische Verbrauchererwartung), die wiederum in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben ist (vgl. dazu OVG Lüneburg vom 19.1.1993, 10 L 136/89 ).

Die von der Antragstellerin hergestellten Fleischdrehspieße widersprechen den in den Leitsätzen beschriebenen Anforderungen, da sie neben den dort aufgeführten Bestandteilen weitere (zum Teil wertgebende) Bestandteile enthalten. Insbesondere weisen sie einen hohen Wasseranteil auf und sie enthalten pflanzliches Eiweiß und pflanzliche Fasern. Da es sich insoweit ersichtlich auch um wertbestimmende Bestandteile handelt, ist es unumgänglich, auf diese Bestandteile in der Verkehrsbezeichnung hinzuweisen. Da dies nicht geschehen ist, ist die Bezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ unzureichend, weshalb die Erzeugnisse mit der bestehenden Kennzeichnung nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, § 3 Abs. 1 Nr. 1 LMKV.

- Hinzu kommt - worauf das LGL in seinem Gutachten zutreffend hingewiesen hat -, dass die Fantasiebezeichnung „Berlin Döner“ eine Irreführung der Verbraucher im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB bewirkt. Nach dieser Vorschrift ist es unter anderem verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt danach insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden. So liegt der Fall nach den oben gemachten Ausführungen hier; denn die schon aufgrund ihrer äußeren Form mit „echtem“ Döner Kebab verwechselbare Erzeugnisse vermitteln aufgrund der verwendeten Bezeichnung „Berlin Döner“ den Eindruck, dass die Spieße die Merkmale eines „Döner Kebab(p)“ aufweisen oder diesem zumindest sehr ähnlich sind. Dies gilt zumal deshalb, weil „Döner Kebab(p)“ umgangssprachlich auch nur als „Döner“ bezeichnet wird. Diese Verbrauchertäuschung wird auch durch die verwendete (unvollständige) Verkehrsbezeichnung „Hähnchen-Puten Drehspieß“ nicht ausgeschlossen. Dabei kann hier dahinstehen, ob die durch die Bezeichnung „Berlin Döner“ hervorgerufene Täuschung überhaupt durch eine im Rahmen der Kennzeichnung vorgenommene Kenntlichmachung der Abweichung des Produkts von „echtem“ Döner Kebab vermieden werden kann. Da für die Abnehmer der Fleischdrehspieße in der hier konkret zu beurteilenden Aufmachung jedenfalls nicht erkennbar ist, dass den Erzeugnissen Wasser in nicht unerheblichen Mengen sowie pflanzliche Bestandteile hinzugefügt worden sind, liegt es auf der Hand, dass die Aufmachung geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise in die Irre zu führen. Die konkrete Kennzeichnung zielt ersichtlich darauf ab, bei den Abnehmern die Vorstellung zu erzeugen, die Fleischdrehspieße würden der für „Hähnchen-Puten-Döner Kebab(p)“ üblichen Rezeptur entsprechen, obwohl Zutaten verwendet worden sind, die das Produkt im Vergleich zum „Original“ qualitativ minderwertiger machen.

ee) Nicht nur die dargestellten Kennzeichnungsmängel führen dazu, dass die streitgegenständlichen Drehspieße nicht verkehrsfähig sind. Die Spieße enthalten auch die für Fleischzubereitungen nicht zugelassenen Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat), weshalb auch ein Verkehrsverbot nach Art. 5 der VO (EG) 1333/2008 besteht.

Die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist weitestgehend in der VO (EG) Nr. 1333/2008 vom 16.12.2008 geregelt, die am 20.1.2010 in Kraft getreten ist. Nach Art. 4 dieser Verordnung dürfen Zusatzstoffe nur wie im Anhang II der Verordnung geregelt, in Lebensmitteln verwendet werden. Steht die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffes nicht mit dieser Verordnung in Einklang, so darf ein Lebensmittel, in dem ein Zusatzstoff vorhanden ist, nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht in den Verkehr gebracht werden. Der Anhang II zu der genannten Verordnung wurde durch die VO (EU) Nr. 1129/2011 vom 11.11.2011 in die VO (EG) Nr. 1333/2008 eingefügt. Nach Art. 2 der VO (EU) Nr. 1129/2011 gilt er ab dem 1. Juni 2013. Für die Kategorie 08 (Fleisch) wurde der Anhang II durch die VO (EU) Nr. 601/2014 vom 4.6.2014 mit Wirkung vom 25.6.2014 geändert. Vor diesem Zeitpunkt wurde die Kategorie 08 (Fleisch) in die Unterkategorien 08.1 (nicht verarbeitetes Fleisch) und die Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) eingeteilt. Innerhalb der Unterkategorie 08.2 (verarbeitetes Fleisch) fand eine weitere Untergliederung in nicht wärmebehandeltes verarbeitetes Fleisch (08.2.1), wärmebehandeltes Fleisch (08.2.2) sowie weitere Kategorien statt. Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Kategorie 08 im Interesse der Rechtsklarheit neu gegliedert. Anstelle der bisherigen Begriffe erschien es angezeigt, die Begriffe „frisches Fleisch“, „Fleischzubereitungen“ und „Fleischerzeugnisse“ gemäß den Definitionen in der VO (EG) Nr. 853/2004 zu verwenden (vgl. Erwägungsgrund 5 der VO (EU) Nr. 601/2014). Seit dem 25.6.2014 gibt es nunmehr innerhalb der Kategorie 08 (Fleisch) die Unterkategorien 08.1 (frisches Fleisch, ausgenommen Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004), 08.2 (Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004) sowie 08.3 (Fleischerzeugnisse). Die Unterkategorie „Fleischzubereitungen gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004“ gibt es somit bereits seit dem 1.6.2013, wobei sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage in dieser Kategorie weder die Verwendung von Cellulose (E 460) noch von Phosphaten (E 450, E 451) zulässig ist. Phosphate waren nach alter Rechtslage bei Fleischzubereitungen nur bei „Breakfast sausages“ zugelassen (Anhang II Teil E Kategorie 8.1.2 zur VO (EG) Nr. 1333/2008 in der vor dem 25.6.2014 geltenden Fassung). Durch die VO (EU) Nr. 601/2014 wurde die Verwendung von Phosphaten bei weiteren Fleischzubereitungen zugelassen, wie z. B. „Kasseler“ und „Bräte“. Die Verwendung von E 460 (Cellulose) war weder nach alter noch nach neuer Rechtslage in Fleischzubereitungen zulässig.

Insbesondere trifft es nicht zu - wie die Antragstellerin meint - dass Cellulose in Anhang II Teil C für die Verwendung bei allen Lebensmitteln allgemein zugelassen ist. Teil C des Anhangs II enthält lediglich eine Einteilung der Zusatzstoffe in verschiedene Gruppen. Innerhalb bestimmter Lebensmittelkategorien ist dann in Teil E des Anhangs II bestimmt, dass bestimmte Zusatzstoffgruppen verwendet werden dürfen. Bei Cellulose handelt es sich um einen Zusatzstoff der Gruppe I. Diese Gruppe ist sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage nicht bei Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 zugelassen. Sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage darf Cellulose nur bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch benutzt werden, das nach der nunmehr geltenden Einteilung zu den Fleischerzeugnissen zählt. Ferner ist bei nicht wärmebehandeltem verarbeitetem Fleisch sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage die Verwendung von Phosphaten (E 450, E 451) zugelassen.

Nach alledem kommt es entscheidend darauf an, ob die von der Antragstellerin produzierten Lebensmittel Fleischzubereitungen oder Fleischerzeugnisse im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004 sind.

Nach Nr. 1.15 des Anhangs I zu dieser Verordnung versteht man unter „Fleischzubereitungen“ frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen.

Unter „Fleischerzeugnissen“ versteht man dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I zur VO (EG) Nr. 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind.

Entscheidend für die Abgrenzung ist somit die Frage, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt.

Nach Auffassung der entscheidenden Kammer handelt es sich bei den streitgegenständlichen Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen, die im Wesentlichen auch das LGL in seinem Schreiben vom 2.10.2014 zutreffend angestellt hat:

- Bei der VO (EG) Nr. 853/2004 handelt es sich um eine Hygieneverordnung. Bei der Abgrenzung von Fleischzubereitungen zu Fleischerzeugnissen steht somit die mikrobiologische Stabilität des Lebensmittels im Vordergrund. Dementsprechend unterscheiden sich beispielsweise auch die Temperaturanforderungen hinsichtlich der Lagertemperaturen von Fleischerzeugnissen und Fleischzubereitungen (vgl. einerseits die im Abschnitt V des Anhangs III der VO (EG) Nr. 853/2004 geregelten Hygieneanforderungen für Fleischzubereitungen und andererseits die im Abschnitt VI dieses Anhangs geregelten Anforderungen für Fleischerzeugnisse).

In mikrobiologischer Hinsicht hat das LGL im zitierten Schreiben nachvollziehbar ausgeführt, dass das „Tumbeln“ ebenso wenig geeignet sei, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen wie eine Lake auf Wasser und/oder Ölbasis. Anders als vom Labor ... dargestellt, werde durch das „Tumbeln“ die Muskeloberfläche vergrößert, was ebenso wie die Verwendung von Gewürzen eine eher verringerte mikrobiologische Stabilität zur Folge habe. Die üblicherweise angewandten Herstellungsverfahren, darunter auch Tumbeln und Einspritzen von Würzlake, würden nicht ausreichen, die Struktur des Fleisches derart zu verändern, dass die Merkmale frischen Fleisches beseitigt würden.

Im Übrigen sind die Beteiligten in der Vergangenheit selbst übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei den Fleischspießen um Fleischzubereitungen handelt. Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung wurde nämlich seitens des Landratsamtes für die Lagerung der Fleischspieße stets eine Kerntemperatur von -18 Grad Celsius gefordert. Von der Antragstellerin wurde diese Anforderung zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen. Eine solche Kerntemperatur wird nach dem Anhang III Abschnitt V Kap. III Nr. 2 Buchst. c), ii) der VO (EG) Nr. 853/2004 für Fleischzubereitungen gefordert, die unmittelbar nach der Herstellung zu umhüllen und zu verpacken sind.

- Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Erläuterungen der EU-Kommission in ihrem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ vom 18.12.2013. Nach diesem in englischer Sprache verfassten Dokument gehört auch das Erzeugnis „Gyros“ zur Kategorie der Fleischzubereitungen im Sinne der VO (EG) Nr. 853/2004. Nach diesem Dokument wird Gyros, obwohl es mit trockenen oder flüssigen Gewürzmitteln mariniert ist, und auch wenn es in gegartem Zustand an den Verbraucher abgegeben wird, als „Fleischzubereitung“ eingestuft. Folglich müssen auch „Döner Spieße“ und „Drehspieße“, die eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Gyros aufweisen, und mit der gleichen Technologie hergestellt werden, als Fleischzubereitungen angesehen werden.

- Schließlich wird die Zuordnung der Fleischdrehspieße zu den „Fleischzubereitungen“ dadurch gestützt, dass für Produkte wie „Bräte“ und „Kasseler“ innerhalb der Kategorie „Fleischzubereitungen des Anhangs II der VO (EG) Nr. 1333/2008 in der seit dem 25.6.2014 geltenden Fassung nunmehr explizit Phosphatderivate (E 338 bis E 452) zugelassen worden sind. Hier wird ersichtlich, dass der europäische Verordnungsgeber diese Erzeugnisse als „Fleischzubereitungen“ ansieht. Auch bei diesen Lebensmitteln erfolgt - wie das LGL im Schreiben vom 2.10.2014 festgestellt hat - ein Mariniervorgang, der mit der Herstellungsweise der streitgegenständlichen Fleischdrehspieße vergleichbar ist. Gyros wird mit trockenen oder flüssigen Würzmitteln mariniert und weist eine ähnliche Zusammensetzung wie die Fleischdrehspieße auf. Kasseler wird unter Verwendung von Pökelsalz (Salz, Natriumnitrit) und Phosphatderivaten hergestellt. Auch Citrate, Acetate oder Ascorbate können zum Einsatz kommen. Die Zusatzstoffe werden in Form einer Lake durch Einspritzen in das Fleisch eingebracht. Diese Behandlung, die man eher noch als das „Tumbeln“ als ein „vollständiges Durchmarinieren“ bezeichnen könnte, reicht jedoch nach der Vorstellung des Verordnungsgebers nicht aus, die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. Im Gegensatz zu Döner Kebab und Drehspießen wird Kasseler sogar durch Pökelstoffe umgerötet, wodurch das Fleisch einen vollständig anderen Geschmackscharakter bekommt. Trotzdem gehört es der Kategorie der Fleischzubereitungen an.

- Zuletzt ist festzustellen, dass der Betrieb der Antragstellerin von der Regierung von Niederbayern eine Zulassung als „Zerlegebetrieb von Geflügelfleisch und Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen aus Geflügel- und Rindfleisch (Fleischspieße nach Döner Kebab Art)“ erhalten hat (Zulassungs-Nr. BY 2. lt. Zulassungsbescheid der Regierung von N. vom 24.4.2013, Gz. 55.2-...). Auch hieraus ergibt sich, dass die von der Antragstellerin produzierten Fleischspieße auch von ihr selbst als Fleischzubereitungen angesehen worden sind. Die Produktion wäre nämlich von der Zulassung überhaupt nicht gedeckt, wenn es sich hierbei um Fleischerzeugnisse handeln würde. Nachdem die Zulassung einen Antrag des Unternehmers voraussetzt, muss davon ausgegangen werden, dass auch die Antragstellerin selbst stets davon ausgegangen ist, dass es sich bei den Fleischdrehspießen um Fleischzubereitungen handelt. Andernfalls würde die Zulassung als Herstellungsbetrieb für Fleischzubereitungen keinen Sinn machen.

Schließlich kann das Vorhandensein der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 in den Fleischdrehspießen nicht durch den Migrationsgrundsatz des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 1333/2008 gerechtfertigt werden. Danach darf ein Lebensmittelzusatzstoff in einem zusammengesetzten Lebensmittel enthalten sein, das nicht in Anhang II aufgeführt ist, falls der Zusatzstoff in einer der Zutaten des zusammengesetzten Lebensmittels zugelassen ist. Die Argumentation der Antragstellerin geht dahin, dass die streitgegenständlichen Fleischdrehspieße mit Würzmitteln und Soßen mariniert würden, welche die fraglichen Zusatzstoffe enthalten dürfen. Dementsprechend seien sie auch im Endprodukt zulässig. Dem ist jedoch wie folgt entgegen zu treten:

In „Würzmitteln“ (Teil E Kategorie 12.2.2 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Cellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate sind hier allerdings nicht zugelassen. Bei „Soßen“ (Teil E Kategorie 12.6 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) sind sowohl Cellulose als auch Phosphate zugelassen.

Bei der Herstellung der streitgegenständlichen Fleischspieße werden allerdings keine „Soßen“ in diesem Sinne verwendet. Nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18.12.2013 ist nämlich die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“. Unter die Kategorie 12.6. (Soßen) fallen demnach nur solche Soßen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen werden bei der Herstellung der streitgegenständlichen Lebensmittel jedoch nicht verwendet, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) fällt.

Darüber hinaus findet auch eine Migration von Cellulose über die eingesetzte Würzlake nicht statt, da im konkreten Fall derartige Bestandteile in der von der Antragstellerin bezogenen und für die Würzlake verwendete Würzmischung nicht enthalten sind. Die Cellulose wird seitens der Antragstellerin vielmehr gesondert zugesetzt.

ff) Ob daneben auch die Verwendung von „PflanlichFasern(Weizen)“ als Einsatz eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes angesehen werden muss, kann hier offen bleiben. Das LGL hat diesbezüglich in seinem Gutachten empfohlen, die Rezeptur der Fleischdrehspieße zu überprüfen, da es sich bei dem Stoff nur dann um einen (nicht zugelassenen) Zusatzstoff handele, wenn er nicht als Ballaststoff eingesetzt werde. Für das Gericht spricht einiges dafür, dass dieser Stoff ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt wird und nicht, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern. Dem braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, weil sich ein (absolutes) Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischdrehspieße bereits aufgrund des Einsatzes der Zusatzstoffe E 460, E 450 und E 451 ergibt (vgl. 2 a) ee)).

Nach alledem weisen die vom Antragsgegner beanstandeten Fleischspieße eine Reihe lebensmittelrechtlicher Verstöße auf, die dazu führen, dass die Spieße nicht verkehrsfähig sind.

b) Dementsprechend musste der Antragsgegner gemäß Art. 54 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 882/2004 die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Antragstellerin Abhilfe schafft. Dem Antragsgegner stand somit ein Auswahlermessen zu, welche von verschiedenen zulässigen Maßnahmen er trifft, wobei der Antragsgegner hier das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) 882/2004 in unterschiedlicher Ausprägung untersagt hat.

aa) In Ziffer I.1. des angegriffenen Bescheides hat das Landratsamt ein generelles In-Verkehrbringungs-Verbot von Fleischzubereitungen für den menschlichen Verzehr angeordnet, und zwar solange, bis eine Freigabe durch das Landratsamt erfolgt (Ziffer I.2.). Diese Maßnahme ist trotz des angeordneten Freigabeerfordernisses verhältnismäßig. Die Anforderung mag auf den ersten Blick eine nicht zwingend erforderliche Einschränkung der Antragstellerin darstellen; denn es wäre grundsätzlich auch möglich gewesen, nur ein Verkehrsverbot für Produkte auszusprechen, die so aufgemacht und zusammengesetzt sind, wie der vom LGL untersuchte Fleischdrehspieß. Dadurch wäre jedoch nicht sichergestellt worden, dass die Antragstellerin künftig nur noch rechtskonforme Produkte herstellt und in den Verkehr bringt. Gerade im Hinblick auf die komplexe Rechtslage und unter Berücksichtigung der Vielzahl der vorhandenen lebensmittelrechtlichen Verstöße ist das Freigabeerfordernis nicht zu beanstanden. Es liegt im Übrigen auch im berechtigten Interesse der Antragstellerin, da sie dadurch vor weiteren Vermögensschäden bewahrt wird; denn die Anordnung verhindert, dass die Antragstellerin erneut Fleischzubereitungen mit geänderter Rezeptur und Kennzeichnung produziert, von denen sich im Nachhinein herausstellt, dass diese wiederum nicht verkehrsfähig sind. Deshalb bestehen keine Bedenken gegen die Anordnung, sofern die Freigabe bei Rechtskonformität unverzüglich erfolgt. Wie sich den Akten des Antragsgegners entnehmen lässt, wurde eine Freigabe durch das Landratsamt nach mitgeteilter Rezeptur- und Kennzeichnungsänderung, die den lebensmittelrechtlichen Vorschriften aus Sicht des LGL entsprachen, auch bereits erteilt, und zwar bereits am zweiten Tag nach Mitteilung der geänderten Parameter.

bb) Das Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits produzierten Fleischspieße in Ziffer I.3. des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenso nicht zu beanstanden. Da die Erzeugnisse Zusatzstoffe enthalten, die nach der VO (EG) Nr. 1333/2008 für Fleischzubereitungen nicht zugelassen sind, besteht für diese Erzeugnisse nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008, § 6 Abs. 1 Nr. 1 a) LFGB ein Verbot des In-Verkehr-Bringens für den menschlichen Verzehr. Zwar können Behörden grundsätzlich nach § 68 LFGB Ausnahmen von lebensmittelrechtlichen Verboten zulassen, insbesondere auch zur Vermeidung unbilliger Härten, wenn die nicht rechtskonformen Lebensmittel zu verderben drohen (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB) und eine Gefahr für die menschliche Gesundheit nicht besteht (§ 68 Abs. 3 Hs. 1 LFGB). Diese Voraussetzungen mögen hier unter Umständen gegeben sein. Allerdings bestimmt § 68 Abs. 3 Hs. 2 Nr. 2 LFGB, dass eine Zulassung von Ausnahmen wegen einer unbilligen Härte nach § 68 Abs. 2 Nr. 4 LFGB nicht möglich ist für die Verbote des § 6 LFGB (Verbot der Verwendung nicht zugelassener Zusatzstoffe). Hinzu kommt, dass das In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln, die nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1333/2008 nicht verkehrsfähig sind, weil sie nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten, den Straftatbestand des § 59 Abs. 2 Nr. 5 c) LFGB erfüllt. Deshalb stand dem Landratsamt als einzige zielführende Maßnahme ein uneingeschränktes Verbot des In-Verkehr-Bringens der bereits hergestellten Erzeugnisse zum menschlichen Verzehr zur Verfügung. Die Anordnung wiederholt im Ergebnis nur die ohnehin geltende Rechtslage.

3. Die Androhung unmittelbaren Zwangs in Ziffer III. des angegriffenen Bescheides hat ihre Rechtsgrundlage in den Art. 18, 19, 29, 30, 34 und 36 VwZVG. Im Tenor des angegriffenen Bescheides ist zwar ausgeführt, dass unmittelbarer Zwang „angeordnet“ werde. Aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Bescheides ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass es sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt. Gewollt - und für die Empfängerin des Bescheides erkennbar - war die Androhung unmittelbaren Zwangs.

4. Die Kostenentscheidung des Gerichts findet ihre Rechtsgrundlage in § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 5 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), denen die Kammer folgt. Im Hauptsacheverfahren ist danach die sich für die Antragstellerin ergebende Bedeutung der Angelegenheit maßgeblich, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dieser Wert nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges zu halbieren ist. Aus Sicht der entscheidenden Kammer richtet sich der wirtschaftliche Wert der Sache in erster Linie nach dem finanziellen Verlust, den die Antragstellerin erleidet, wenn sie die bereits produzierten Fleischdrehspieße (12 Tonnen) nicht mehr in den Verkehr bringen kann. Hinzu kommt, dass sie auch die Bezeichnung „Döner“ nicht verwenden darf, die den Erzeugnissen eine besondere Qualität zuschreibt und der somit auch ein wirtschaftlicher Wert beizumessen ist. Den dadurch eintretenden „Verlust“ für die Antragstellerin schätzt das Gericht auf 160.000,- €. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass aus den 12 Tonnen bereits produzierter Fleischdrehspieße ca. 80.000 Portionen für den Endverbraucher hergestellt werden können.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren für beide Rechtszüge auf 17.801,80 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 5. September 2014 abgelehnt hat.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass Rechtsgrundlage für die in diesem Bescheid getroffenen Anordnungen unter Ziffern I.1. und I.3. Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004 ist. Danach trifft die zuständige Behörde bei einem Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Es kommt insbesondere die Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens der Lebensmittel in Betracht.

Soweit das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss verschiedene Verstöße gegen die Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) festgestellt hat, hat die Antragstellerin die Beschwerde bereits nicht hinreichend begründet. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Begründung des Verwaltungsgerichts aufgegriffen und konkret dargelegt werden, weshalb diese unrichtig sein soll (vgl. BayVGH B. v. 16.1.2003 - 1 CS 02.1922 - juris = BayVBl. 2004, 59; siehe auch Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 146 Rn. 22 bis 24). Diesen Anforderungen ist die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung nicht nachgekommen. Der Verweis auf ihre Ausführungen in der Klageschrift ist in diesem Zusammenhang nicht ansatzweise ausreichend. Nachdem die Antragstellerin aber in ihrer Beschwerdebegründung angeboten hat, durch eine neue Kennzeichnung, die wohl von dem Antragsgegner nicht beanstandet wird, die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel insoweit herzustellen, ist die Beschwerde nicht als unzulässig zu verwerfen, sondern in der Sache zu entscheiden.

Folglich kommt es nunmehr entscheidend darauf an, ob auch ein Verkehrsverbot nach Art. 5 der VO (EG) 1333/2008 besteht. Danach darf niemand einen Lebensmittelzusatzstoff oder ein Lebensmittel, in dem ein Lebensmittelzusatzstoff vorhanden ist, in Verkehr bringen, wenn die Verwendung des Lebensmittelzusatzstoffs nicht mit dieser Verordnung in Einklang steht. Die Fleischdrehspieße enthalten auch die für Fleischzubereitungen nicht zugelassenen Zusatzstoffe E 460 (Cellulose), E 450 (Diphosphat) und E 451 (Triphosphat). Diese Zusatzstoffe sind nach Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1333/2008 i. V. m. dem Anhang II der Verordnung in Fleischzubereitungen unzulässig, wogegen sie in Fleischerzeugnissen zugelassen sind. Damit ist maßgeblich, welchen dieser Lebensmitteluntergruppen die streitgegenständlichen Drehspieße zuzuordnen sind. Unter „Fleischzubereitung“ versteht Nr. 1.15. des Anhangs I der VO 853/2004 frisches Fleisch, einschließlich Fleisch, das zerkleinert wurde, dem Lebensmittel, Würzstoffe oder Zusatzstoffe zugegeben wurden oder das einem Bearbeitungsverfahren unterzogen wurde, das nicht ausreicht, die innere Muskelfaserstruktur des Fleisches zu verändern und so die Merkmale frischen Fleisches zu beseitigen. „Fleischerzeugnisse“ sind dagegen nach Nr. 7.1 des Anhangs I zur VO (EG) Nr. 853/2004 verarbeitete Erzeugnisse, die aus der Verarbeitung von Fleisch oder der Weiterverarbeitung solcher verarbeiteter Erzeugnisse so gewonnen werden, dass bei einem Schnitt durch den Kern die Schnittfläche die Feststellung erlaubt, dass die Merkmale von frischem Fleisch nicht mehr vorhanden sind. Entscheidend für die Abgrenzung ist somit, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat, die Frage, ob frisches Fleisch einem Bearbeitungsverfahren unterzogen worden ist, welches die innere Muskelfaserstruktur verändert und so die Merkmale frischen Fleisches beseitigt. Hier hat das Verwaltungsgericht, unter Bezugnahme auf das Gutachten des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 26. August 2008 die Fleischspieße mit nachvollziehbarer Begründung den Fleischzubereitungen zugeordnet. Der Beschwerdebegründung ist es nicht gelungen, diese Einschätzung glaubhaft in Frage zu stellen. Deren Einwand, die innere Struktur des Fleisches werde durch den Garvorgang beim Imbissvertreiber zerstört und es sich damit bei der Abgabe an den Endverbraucher um ein Fleischerzeugnis handelt, verfängt nicht. Denn § 4 Abs. 1 der VO 1333/2008 stellt auf das Inverkehrbringen von Lebensmitteln ab. Nachdem Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung u. a. auf die Begriffsbestimmungen der VO 178/2002 verweist, ist nach deren Art. 3 Nr. 8 unter dem „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst, zu verstehen. Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist nicht ersichtlich, dass hierunter nur der Verkauf oder die Weitergabe an den Endverbraucher zu verstehen ist. Vielmehr ist bereits der erste Verkaufs- oder Weitergabevorgang bei der Abgabe der Drehspieße an die Kunden der Antragstellerin ausreichend. Soweit die Antragstellerin meint, dass auch bei Kasseler und Bräten nach dem Anhang II eine Zugabe von Phosphaten zulässig sei und es folglich den Anschein habe, als sei es vergessen worden, die streitgegenständlichen Drehspieße in die Liste aufzunehmen, so kann dieser Frage in dem auf eine summarische Prüfung ausgelegten einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht nachgegangen werden.

Weiter stellt sich das Verwaltungsgericht zu Recht auf den Standpunkt, dass sich die Antragstellerin nicht auf den sog. Migrationsgrundsatz nach Art. 18 VO 1333/2008 berufen kann. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und b erlauben unter bestimmten Voraussetzungen die Weiterverarbeitung von Zutaten mit einem zugesetzten Lebensmittelzusatzstoff zu einem zusammengesetzten Lebensmittel auch dann, wenn der Lebensmittelzusatzstoff für das zusammengesetzte Lebensmittel nicht zugelassen ist. Abs. 1 Buchst. c erlaubt den umgekehrten Fall, nämlich den Zusatz eines Lebensmittelzusatzstoffes zu einer Zutat, zu der er nicht zugelassen ist, wenn diese Zutat zu einem zusammengesetzten Lebensmittel verarbeitet wird, für das der Lebensmittelzusatzstoff zugelassen ist. Das Verwaltungsgericht führt hierzu aus: „In „Würzmitteln“ (Teil E Kategorie 12.2.2 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) dürfen Zusatzstoffe der Gruppe I, also auch E 460 (Cellulose) enthalten sein (vgl. Teil C des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008). Phosphate sind hier allerdings nicht zugelassen. Bei „Soßen“ (Teil E Kategorie 12.6 des Anhangs II zur VO (EG) Nr. 1333/2008) sind sowohl Cellulose als auch Phosphate zugelassen. Bei der Herstellung der streitgegenständlichen Fleischspieße werden allerdings keine „Soßen“ in diesem Sinne verwendet. Nach dem „Guidance document describing the food categories in Part E of Annex II to Regulation (EC) VO 1333/2008 on Food Additives“ der EU-Kommission vom 18.12.2013 ist nämlich die Zweckbestimmung bzw. die Art und Weise des Gebrauchs entscheidend für die Eingruppierung verwendeter Marinaden in die Kategorien „Würzmittel“ oder „Soßen“. Unter die Kategorie 12.6. (Soßen) fallen demnach nur solche Soßen, die verzehrfertig sind und als solche auch verzehrt werden können (z. B. Ketchup). Derartige Soßen werden bei der Herstellung der streitgegenständlichen Lebensmittel jedoch nicht verwendet, sondern nur eine Würzlake, die unter die Kategorie 12.2.2 (Würzmittel) fällt. Darüber hinaus findet auch eine Migration von Cellulose über die eingesetzte Würzlake nicht statt, da im konkreten Fall derartige Bestandteile in der von der Antragstellerin bezogenen und für die Würzlake verwendete Würzmischung nicht enthalten sind. Die Cellulose wird seitens der Antragstellerin vielmehr gesondert zugesetzt.“

Diesen konkreten Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist die Antragstellerin nur mit allgemeinen Erwägungen entgegengetreten, welche eine andere Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht rechtfertigen. Im Hauptsacheverfahren kann auch geklärt werden, ob die pflanzlichen Fasern ausschließlich aus technologischen Gründen eingesetzt wurden und nicht, um das Lebensmittel mit Nährstoffen anzureichern.

Schließlich ist das Verbot des Inverkehrbringens der Nummer 3 des angefochtenen Bescheids nicht unverhältnismäßig. Geht man davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b) der VO (EG) Nr. 882/2004 erfüllt sind, so sind keine gleich geeigneten Mittel von der Beschwerdeführerin vorgetragen und auch nicht ersichtlich, um den gesetzlichen Zweck des § 4 Abs. 1 1333/2008, nur in Lebensmitteln zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe in Verkehr zu bringen, zu erreichen.

Die Kostentscheidung folgt § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.