Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 11. Apr. 2016 - Au 5 S 16.377

published on 11/04/2016 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 11. Apr. 2016 - Au 5 S 16.377
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine von der Antragsgegnerin verfügte Untersagung für die Vermittlung von Sportwetten als Ereignis- und Live-Wetten und deren Werbung sowie die Androhung mehrerer Zwangsgelder.

Die Antragstellerin betreibt in den Betriebsräumen im Anwesen ... eine Vermittlungsstelle für Sportwetten.

Am 24. November 2015 wurde von der Antragsgegnerin während einer Betriebskontrolle festgestellt, dass die Antragstellerin in den Betriebsräumen ihrer Wettvermittlungsstelle Live- und Ereigniswetten vermittelt. So wurden insbesondere die Wetten „Über/Unter-Wette“, „Torschütze“, „Torerfolg“, „Fantasiefußballspiele“, „Nächstes Tor“, „Über/Unter-Wette in der 1. Halbzeit“, „Restzeit“, „Tore ab jetzt +/-“ unter dem Markennamen „Tipico“ angeboten.

Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. Februar 2016 wurde die Antragstellerin zur beabsichtigten Untersagungsverfügung für die Veranstaltung und Vermittlung von Ereignis- und Live-Wetten angehört.

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 wurde der Antragstellerin die Vermittlung von Sportwetten als Ereignis- und Live-Wetten in den Räumen des Anwesens ... innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides untersagt (Ziffer 1 des Bescheides). Ziffer 1 des Bescheids bestimmt weiter, dass von der Untersagung ausgenommen Ergebniswetten und Live-Endergebniswetten sind. Es folgt eine nicht abschließende Auflistung von Ereignis- und Live-Wetten. In Ziffer 2 des Bescheides wird der Antragstellerin die Werbung für die unter Ziffer 1 des Bescheides genannten Sportwetten untersagt. Das Werbeverbot umfasst dabei auch Hinweise auf solche Sportwettangebote. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung gegen die Untersagung in Ziffer 1 des Bescheides wird der Antragstellerin in Ziffer 3 des Bescheides ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zur Zahlung angedroht. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung gegen Ziffer 2 des Bescheides wurde der Antragstellerin ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR zur Zahlung angedroht (Ziffer 4 des Bescheides). In Ziffer 5 des Bescheids wurden Kosten in Höhe von 3.000,-- EUR festgesetzt.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Stadt ... zum Erlass des Bescheides als Glücksspielaufsichtsbehörde sachlich und örtlich zuständig sei, da die Vermittlung der Sportwetten im Stadtgebiet ... stattfinde. Die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten als Ereignis- und Live-Wetten sowie die Werbung hierfür stütze sich auf Art. 10 des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV) i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV). Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV habe die Stadt... als Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehenden oder aufgrund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlichrechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterblieben. Sie könne nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen, insbesondere nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die von der Antragstellerin angebotenen und vermittelten Ereignis- und Live-Wetten seien Glücksspiele nach § 3 Abs. 1 Satz 1 bis 4 GlüStV. Dieses Glücksspiel sei auch öffentlich i. S. v. § 3 Abs. 2 Altern. 1 GlüStV, da die Teilnahmemöglichkeit für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis bestehe. § 31 Abs. 1 Satz 1 GlüStV benenne abschließend die zugelassenen und damit erlaubnisfähigen Wettarten. Dies seien ausschließlich Ergebniswetten, d. h. Kombinationswetten oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitte von Sportereignissen. Diese Wetten bezögen sich nur auf den offiziellen endgültigen Spielstand oder insbesondere bei Fußballwetten auf den Spielstand zur Halbzeit. Verboten seien demzufolge auch ausdrücklich Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Live-Wetten seien Wetten, die während des laufenden Sportereignisses angeboten und vermittelt würden (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Nach den in den Betriebsräumen der Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin am 24. November 2015 für die Kunden ausliegenden Wettprogrammen würde die Antragstellerin materiell illegale Wettarten anbieten. Die von der Antragstellerin angebotenen Ereigniswetten würden teilweise auch als Live-Wetten angeboten, für die der Gesetzgeber das materielle Verbot noch einmal ausdrücklich in § 21 Abs. 4 Satz 3 GlüStV betont habe. Die Antragstellerin habe damit in ihrer Wettvermittlungsstelle eine Vielzahl materiell illegaler Wettarten angeboten. Die Anordnungen in den Ziffern 1 und 2 des Bescheides würden auch einer pflichtgemäßen Ermessensausübung entsprechen. Bei der gegebenen Sachlage sei ein Einschreiten der Antragsgegnerin sachgerecht und geboten. Aufgrund der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags übe die Antragsgegnerin das ihr in § 9 Abs. 1 GlüStV eingeräumte Ermessen dahingehend aus, dass sie die weitere Vermittlung von materiell illegalen Sportwetten als Ereignis- und Live-Wetten sowie Werbung hierfür untersage. Das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes habe Vorrang gegenüber dem rein wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin. Die Untersagung richte sich dabei weder gegen den Teil des Wettangebots, der grundsätzlich erlaubnisfähig sein könne, noch handele es sich um ein Vorgreifen der Konzessionsentscheidung. Ebenso liege eine differenzierte Untersagung von Ereignis- und Live-Wetten vor. Die Anordnungen in den Ziffern 1 und 2 des Bescheides stünden auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang. Gleich geeignete, die Antragstellerin weniger belastende Anordnungen kämen nicht in Betracht. Die Anordnungen seien auch angemessen und zumutbar. Die Maßnahmen stellten zwar unstreitig einen Eingriff in die Berufsfreiheit und damit einen finanziellen Schaden für die Antragstellerin dar. Allerdings überwiege das Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung des Gesetzes und des Glücksspielstaatsvertrages sowie der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände. Die Antragsgegnerin habe die Anordnung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Erforderlichkeit getroffen, da die Vermittlung der genannten Wettarten aufgrund des § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV nicht erlaubnisfähig sei. Da die Vermittlung der genannten Wettarten bisher nicht im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens habe versagt werden können, treffe die Antragsgegnerin eine isolierte Anordnung zur Gefahrenabwehr. Bei den Regelungen zu den zulässigen Wettarten bei Sportwetten nach § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV handele es sich auch um monopolunabhängige Regelungen, so dass deren Anwendung auf einen privaten Sportwettvermittler nicht zu einem faktischen Sportwettmonopol führe. Die Antragstellerin als Betreiberin der Wettvermittlungsstelle sei auch der richtige Adressat des Bescheides. Die Androhung der Zwangsgelder unter den Ziffern 3 und 4 des Bescheides stütze sich auf die Art. 18, 19, 29, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Bei der Bemessung der angedrohten Zwangsgelder habe sich die Antragsgegnerin an dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin orientiert und dies berücksichtigt. Die Androhung eines Zwangsgeldes stelle das mildeste taugliche Mittel dar, um die Untersagung der weiteren Vermittlung von Sportwetten als Ereignis- und Live-Wetten und die Werbung hierfür durchsetzen zu können.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 10. März 2016 Klage gegen den vorbezeichneten Bescheid erhoben und beantragt, den Bescheid vom 2. März 2016 aufzuheben (Az. Au 5 K 16.376). Über die vorbezeichnete Klage ist noch nicht entschieden worden.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 10. März 2016 hat die Antragstellerin im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 10. März 2016 gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Ziffern 1 und 2 sowie Ziffer 5 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 anzuordnen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die komplizierte Rechtsfrage, welche Sportwetten materiell erlaubnisfähig seien und welche nicht, nicht für ein Eilverfahren eigne. Welche Wetten im Einzelnen als Wetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder von Abschnitten von Sportereignissen oder als Wetten während eines laufenden Sportereignisses auf das Endergebnis erlaubt werden könnten oder als Wetten auf einzelne Vorgänge während des Sportereignis ausgeschlossen seien, sei in der Rechtsprechung bisher nur für wenige Fälle und nicht höchstrichterlich entschieden. Im vorliegenden Verfahren gehe es um bestimmte Wettarten. Maßgeblich sei insoweit zunächst § 21 Abs. 1 und 3 Satz 2 und 3 GlüStV. Es sei erkennbar, dass es sich bei diesen Regelungen um Vorschriften handle, die in untrennbarem Zusammenhang mit der Durchführung von Erlaubnisverfahren stünden. Diese Vorschriften wiesen einen direkten Bezug zu der Konzessionierung/Erlaubnisvergabe auf. Die unionsrechtlich begründete Erlaubnisfreiheit der Tätigkeit führe dazu, dass die Untersagungsverfügung unionsrechtswidrig sei. Ebenfalls spiele eine Rolle, dass für die Konzessionierung das Land Hessen zuständig sei (§ 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV). Nach der Systematik des Glücksspielstaatsvertrages müsse das Land Hessen daher auch für die Festlegung zuständig sein, welche Wettarten konzessioniert seien und welche nicht. Die Stadt ... sei daher überhaupt nicht zuständig für den Erlass der Untersagungsverfügung. Die Untersagungsverfügung sei schon deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil sie unionsrechtswidrig sei. Dies folge aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Ince“. Das Gebot der Rechtssicherheit fordere ein klares System der Sportwettvermittlung. Ein solches System existiere aber nicht. Es herrsche seit Jahren völlige Unsicherheit unter den Marktteilnehmern. Die bedeute aber gleichsam, dass das gesamte Regulierungssystem, bis hin zum Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV, unionsrechtswidrig sei. Unionsrechtlich mangele es an einem hinreichend klaren und bestimmten System der Regulierung des Sportwettmarktes. Dies führe nicht nur zur Unionsrechtswidrigkeit, sondern auch zur Verfassungswidrigkeit der hier streitgegenständlichen Regelungen des § 21 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 3 GlüStV. Die Untersagungsverfügung sei auch aus dem weiteren Grund offensichtlich rechtswidrig, da mit der Stadt ... die unzuständige Behörde gehandelt habe. Der Antragsgegnerin fehle die erforderliche Zuständigkeit, gegenüber der Antragstellerin Regelungen in Bezug auf deren Sportwettangebot zu treffen. Das hessische Ministerium für Inneres und Sport sei zuständig bezüglich des Erlasses solcher Verfügungen, welche die Angebotsgestaltung auf Seiten des Veranstalters beträfen. Dies folge aus der einschlägigen Zuständigkeitsregelung in § 9a Abs. 3 Satz 1 GlüStV. Rechtssystematisch erscheine es als folgerichtig, die Zuständigkeit für die Beurteilung der Erlaubnisfähigkeit derjenigen Behörde zu überlassen, die für die Erlaubniserteilung zuständig sei. Die Untersagungsverfügung sei auch deshalb offensichtlich rechtswidrig, da sie im weiten Maße Wetten verbiete, die dem staatlichen Anbieter „ODDSET“ erlaubt seien bzw. von der halbstaatlichen „Tipp 3“ faktisch und ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet würden. Die Untersagungsverfügung sei damit in sich widersprüchlich. Auch verbiete die Untersagungsverfügung Wettformen, die kraft Gesetzes zulässig seien. Auch bei einer „Wette auf das erste/nächste Tor“ handle es sich um eine ergebnisbezogene Wette. Die Antragstellerin sei insoweit der Ansicht, dass ihr Angebot zulässig sei. Es handle sich bei der Wette auf das nächste Tor um eine Wette, die sowohl gemäß § 21 Abs. 1 GlüStV, als auch nach § 21 Abs. 4 Satz 3 GlüStV zulässig sei. Wetten mit Vorbezug seien entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nach den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages erlaubnisfähig und zwar unabhängig davon, ob sie als Pre-Match-Wette oder als Live-Wette angeboten werde. Denn in beiden Fällen handele es sich letztlich um Wetten auf das Ergebnis eines Sportereignisses im Unterschied zu Wetten auf nicht ergebnisrelevante Ereignisse. Anders als einfache „Ereignisse“ handele es sich beim Erzielen von Toren um das eigentliche Ziel des Spiels. Abzugrenzen seien hiervon „einfache Ereignisse“. Hierbei handelt es sich um bloße sonstige Vorkommnisse, die anlässlich des Spiels stattfänden, auf die das Spiel jedoch nicht gerichtet sei. Entscheidend sei die teleologische Auslegung. Durch das Verbot solle Wettmanipulationen vorgebeugt und so die Integrität des Sportes geschützt werden. Ein empirischer Befund dafür, dass Wettereignisse wie Foulspiele, gelbe oder rote Karten, Elfmeter, Eckbälle und Einwürfe einer erhöhten Manipulationsgefahr oder „Tätigkeit“ unterlägen, existiere nicht. Darüber hinaus seien die weiteren Ziele des Glücksspielstaatsvertrags in Blick zu nehmen. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 GlüStV solle der natürliche Spieltrieb der Bevölkerung durch geeignete Alternativen zum nicht erlaubten Glücksspiel in geordnete Bahnen gelenkt und der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegengewirkt werden. Torbezogene Wetten, wie die Wette auf das nächste Tor, gehörten zu den attraktiven Wetten. Angesichts der bestehenden Nachfrage und der dadurch begründeten Verbreitung könne ein legales Angebot, dass diese Wettformen ausschließe, keine „geeignete Alternative“ darstellen. Die Untersagungsverfügung sei schließlich deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil sie der Antragstellerin Wettformen untersage, die diese überhaupt nicht anbieten würde. Die Untersagungsverfügung sei letztlich auch deshalb rechtswidrig, weil die Antragstellerin nur vereinzelt gegen einzelne Anbieter vorgehe und nicht flächendeckend. Ein gleichmäßiges Vorgehen sei deshalb von existenzieller Bedeutung, weil die Kunden es nicht akzeptierten, wenn sie bestimmte Angebotsformen bei manchen Anbietern vorfinden würden, bei anderen aber nicht. Sie würden dann innerhalb kürzester Zeit den Anbieter wechseln. Letztlich sei die Untersagungsverfügung aber auch unbestimmt und deshalb offensichtlich rechtswidrig. Denn der Antragstellerin sei in Ziffer 1 des Bescheides die Vermittlung von Sportwetten als Ereignis- und Live-Wetten untersagt worden. Von der Untersagung ausgenommen seien Ergebniswetten und Live-Endergebniswetten. Im Übrigen folge nur eine „nicht abschließende“ Auflistung von erfassten Wetten. Damit liefere die Antragsgegnerin aber keine Abgrenzung dessen, was noch zulässig sei oder nicht. Die Antragstellerin werde mit dem zwangsgeldbewehrten Risiko belastet, selbst zu definieren, was eine „Ereignis- und Live-Wette“ und was eine „Ergebniswette und Live-Endergebniswette“ sei. Bei der gebotenen Abwägung überwiege das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Dem Interesse der Antragstellerin, bis zur Entscheidung über ihre Klage im Hauptsacheverfahren weiterhin die untersagten Sportwetten vermitteln zu dürfen, komme erhebliches Gewicht zu. Der Eilantrag wende sich auch gegen die Gebührenfestsetzung, die mit 3.000,00 EUR völlig überhöht sei.

Auf den weiteren Inhalt des Antragschriftsatzes vom 10. März 2016 wird ergänzend verwiesen.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 4. April 2016 entgegengetreten und beantragt,

den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sei abzulehnen, da eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergebe, dass die Klage in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg habe. Die Untersagung der Vermittlung der im Bescheid vom 2. März 2016 genannten Sportwetten sei nicht zu beanstanden, da diese Untersagung zu Recht erfolgt sei. Eine Zuständigkeit des Landes Hessen für die Untersagung sei nicht ersichtlich. Es gehe keinesfalls um eine Erlaubnis oder einen „Teil“ einer Erlaubnis. Die Frage der Erlaubnispflicht stelle sich hier überhaupt nicht, da § 21 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 Halbsatz 2 GlüStV keinen Erlaubnisvorbehalt enthielten, sondern die im Bescheid vom 2. März 2016 enthaltenen Wettarten generell für unzulässig erachteten. Die Antragstellerin vermittle in der streitgegenständlichen Betriebsstätte Sportwetten, die gegen materielles Recht verstießen und in keinem Fall erlaubnisfähig seien. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV benenne abschließend die zugelassenen und damit erlaubnisfähigen Wettarten. Dies seien ausschließlich Ergebniswetten, d. h. Kombinationswetten oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Diese Wetten bezögen sich nur auf den offiziellen endgültigen Spielstand oder insbesondere bei Fußballwetten auf den Spielstand zur Halbzeit. Diese Vorgaben dienten einem kontrollierten Angebot privater Sportwetten, einer engmaschigen Kontrolle, der Verknappung des Wettangebots sowie dem vorbeugenden Schutz der Allgemeinheit und der Spieler sowie den Zielen des § 1 GlüStV. Verboten seien demzufolge aber ausdrücklich Live-Wetten und Ereigniswetten. Live-Wetten seien Wetten, die während des laufenden Sportereignisses angeboten und vermittelt würden. Unter Live-Endergebniswetten seien Wetten zu verstehen, die auf das Endergebnis während des laufenden Sportereignisses abgegeben würden. Ereigniswetten seien Wetten - unabhängig vom Zeitpunkt der Wettabgabe -, auf einzelne Geschehnisse, die im Laufe eines Sportereignisses entstünden. Nach § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV seien Wetten während laufenden Sportereignissen unzulässig. Daher reguliere der Glücksspielstaatsvertrag, was materiell legal und daher derzeit vor Abschluss des Konzessionierungsverfahrens möglich sein dürfe. Ergebniswetten würden durch das breite Angebot der illegalen Wettangebote uninteressant. Viel aufregender und umsatzträchtiger und damit suchtgefährdender seien Live-Wetten, in denen darauf gesetzt werden könne, wer eingewechselt werde, wer den nächsten Einwurf mache, wer das nächste Foul begehe oder welcher Spieler gar wegen einer Tätlichkeit vom Platz fliege. Die erhöhte Suchtgefahr sei nicht zu leugnen, insbesondere da auch Personen gefährdet seien, die ansonsten mit Glücksspiel nicht in Berührung kämen (rein Sportbegeisterte). Bekämpft werde daher außerdem die Spielmanipulation, die die Wettleidenschaft mit sich bringe. Vergleichende Untersuchungen seien zu dem Schluss gelangt, dass das Gefährdungspotential bei Sportwetten größer sei als bei vielen anderen Glücksspielarten. Hier gebe es einen erhöhten Anteil von sogenannten „Problemspielern“, was nicht zuletzt daran liege, dass hier Personen mit Glücksspiel konfrontiert würden, die dies sonst nicht in Erwägung ziehen würden. Die Antragsgegnerin werde nach und nach unter Berücksichtigung der personellen Kapazitäten die Sportwettenanbieter im Stadtgebiet überprüfen und den Sportwettenvermittlern, die materiell illegale Wetten anböten, diese untersagen. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin weiterhin berechtigt sei, Sportwetten anzubieten. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid seien lediglich einzelne materiell illegale Wetten untersagt worden, die auch im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens nach dem GlüStV nicht genehmigungsfähig seien. Die Ausführungen der Antragstellerin zu § 21 GlüStV gingen fehl. Es sei nicht zutreffend, dass die Vorschriften des § 21 GlüStV untrennbar verbunden seien mit dem derzeit nicht durchgeführten Konzessionsverfahren. § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV regle eindeutig und ohne Ausnahme, dass Wetten während des laufenden Sportereignisses unzulässig seien. Ausnahmen regle Satz 4 lediglich für Wetten auf das Endergebnis (Endergebniswetten). Live-Wetten auf Zwischenergebnisse oder Ereignisse und Ereigniswetten überhaupt schließe die Regelung des § 21 Abs. 4 GlüStV von vorne herein gänzlich aus. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache „Ince“ habe im vorliegenden Fall keinen Einfluss auf die Untersagungsanordnung, da diese gerade nicht aufgrund einer fehlenden Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten getroffen werde, sondern zur Gefahrenabwehr wegen der Vermittlung materiell nicht erlaubnisfähiger Wettarten. Die Antragsgegnerin habe vorliegend nicht die Vermittlung von Sportwetten ohne notwendige Erlaubnis geahndet. Die Untersagungsverfügung stütze sich auch nicht auf die formelle Illegalität der Wettvermittlung. Damit untersage die Antragsgegnerin der Antragstellerin überhaupt nichts, was möglicherweise genehmigungsfähig wäre, sondern lediglich das, was nach dem eindeutigen Wortlaut des § 21 Abs. 4 GlüStV ohnehin unzulässig sei.

Auf den weiteren Inhalt des Antragserwiderungsschriftsatzes der Antragsgegnerin vom 4. April 2016 wird ergänzend Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Akte des Verfahrens Au 5 K 16.376 und die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom2. März 2016 anzuordnen, ist zwar zulässig, jedoch in der Sache unbegründet.

1. Der Antrag ist zulässig.

Der Antrag ist insbesondere statthaft. Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 Glückspielstaatsvertrag (GlüStV) haben nach Art. 10 Satz 2 Halbs. 2 des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV) i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV keine aufschiebende Wirkung (BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 10 CS 13.2300 - juris-Leitsatz). Die Androhung eines Zwangsgeldes ist nach Art. 21a Satz 1 Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) ebenfalls kraft Gesetzes sofort vollziehbar.

2. Der Antrag ist in der Sache nicht begründet.

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das Aussetzungsinteresse des Betroffenen, welches darin besteht, dass bis zur Entscheidung in der Hauptsache der Bescheid nicht vollzogen wird, gegeneinander abzuwägen. Hierbei hat das Gericht die Erfolgsaussichten der Klage, soweit sie im Rahmen der summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes überschaubar sind, zu berücksichtigen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, hat eine reine Interessenabwägung stattzufinden.

Die demnach zu treffende Abwägungsentscheidung führt zu dem Ergebnis, dass sich die Untersagungsverfügung nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im Hauptsacheverfahren als voraussichtlich rechtmäßig erweisen wird und die Antragstellerin voraussichtlich nicht in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Rechtsgrundlage für die Anordnung in Ziffer 1 des Bescheides ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Danach kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagt werden. Die zuständige Behörde des jeweiligen Landes kann gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen.

aa) Nach summarischer Prüfung ist der gegenständliche Bescheid formell rechtmäßig.

Gemäß § 9 Abs. 1 GlüStV i. V. m. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV sind die Gemeinden u. a. zuständige Aufsichtsbehörden für Glücksspiel. Die Zuständigkeit ist vorliegend nicht durch § 9a Abs. 3 GlüStV ausgeschlossen. Für die gegenständliche Anordnung ist nicht das Land Hessen gemäß § 9a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV zuständig. Diese Vorschrift betrifft die Zuständigkeit für die Erteilung von Konzessionen für Sportwetten nach § 4a GlüStV sowie für die Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 GlüStV gegenüber den Erlaubnis- und Konzessionsnehmern. Sie betrifft dagegen nicht Anordnungen gegenüber Vermittlern von Sportwetten (vgl. VG Stade, B.v. 13.10.2014 - 6 B 1462/14 -, juris; VG Regensburg, B.v. 17.11.2014 - RN 5 S 14.1494 -, juris). Die Antragstellerin ist als Vermittlerin nicht von dieser Zuständigkeit umfasst. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm, Vermittler der Wetten sind gerade keine „Konzessionsnehmer“. Aber ebenso ist der Veranstalter der gegenständlichen Wetten vorliegend kein „Konzessionsnehmer“, da eine Konzession gerade noch nicht erteilt ist. Des Weiteren spricht dafür auch Sinn und Zweck der Norm. Gerade wenn noch keine Konzession erteilt wurde, ist der erforderliche Zusammenhang mit der Konzessionserteilung nicht gegeben. Dieser Zusammenhang mit der erteilten Konzession ergibt sich aus § 9a Abs. 3 Satz 2 GlüStV als Beispiel für Anordnungen im Rahmen des ländereinheitlichen Verfahrens.

Eine länderübergreifende Zuständigkeit des Landes Hessen ergibt sich auch nicht aus der vorliegend in Frage stehenden Abgrenzung zwischen Ergebnis- und Ereigniswetten. Zur Auslegung und zum Vollzug der Vorschriften des GlüStV ist die jeweils zuständige Behörde des jeweiligen Landes berufen. Aufgabe dieser Behörde ist es, im Einzelfall zu klären, welche Arten von Wettangeboten materiell erlaubnisfähig und welche als materiell illegal zu untersagen sind. § 9a GlüStV sieht keine entsprechende Zuständigkeitsregelung für den Fall auslegungsbedürftiger Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages vor (vgl. VG Stade, B.v. 13.10.2014, a. a. O., juris Rn. 13).

bb) Ebenso erweist sich der Bescheid vom 2. März 2016 bei summarischer Prüfung als materiell rechtmäßig. Die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten als Ereignis- und Livewetten erweist sich als voraussichtlich rechtmäßig.

(1) Mit dem vorliegenden Bescheid wurden unerlaubte Glücksspiele untersagt. Die betroffenen Live- und Ereigniswetten sind nach § 21 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 GlüStV unzulässig.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ist ein Glücksspiel gegeben, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV sind Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisse Glücksspiele.

Sportwetten sind dabei gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Vorliegend handelt es sich um den Erwerb einer Gewinnchance bezogen auf die Ergebnisse von Sportereignissen, insbesondere Fußballspielen. Es wird dabei ein Entgelt vereinbart und die Quoten bezüglich der Gewinnchancen sind vorher festgelegt.

Es handelt sich ebenfalls um öffentliches Glücksspiel gemäß § 3 Abs. 2 GlüStV, da im Rahmen des Wettlokals ein weites Publikum angesprochen wird, das heißt ein größerer, nicht geschlossener Personenkreis an den Wetten teilnehmen kann.

(2) Nach § 21 Abs. 1 GlüStV sind Wetten als Kombinationswetten oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen erlaubnisfähig.

§ 21 Abs. 4 GlüStV untersagt in Satz 2 Wetten während des laufenden Sportereignisses (Live-Wetten), soweit sie nicht nach Satz 3 Wetten auf das Endergebnis sind (Endergebniswetten). Nicht zulässig sind nach Satz 3 Halbsatz 2 Wetten, die sich auf einzelne Vorgänge während des Sportereignisses beziehen (Ereigniswetten).

Bei der Kontrolle vor Ort am 24. November 2015 wurden in der Betriebsstätte der Antragstellerin gemäß dem Aktenvermerk der Beklagten die Angebote von folgenden Wetten festgestellt: Handicapwette, Über/Unter-Wette, Torschütze, Torerfolg, Fantasy Fußballspiele, Spieler Über/Unter Punkte, Tie-Break im Match, Nächstes Tor, Wette auf die Restzeit, Live-Wetten auf Abschnitte, wie Halbzeit oder Satzgewinn. Diese Erkenntnisse ergeben sich aus den tipico-Wettbeschreibungen sowie den installierten Wettbildschirmen und Wettterminals.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin erfasst das gesetzliche Verbot die im Bescheid untersagten Wetten. Diese sind zum Teil Ereigniswetten, da sie sich nicht auf den Ausgang des Sportereignisses oder eines Abschnitts des Sportereignisses beziehen. Abschnitte des Sportereignisses sind nur solche, die sich im Regelwerk des betreffenden Sportes wiederfinden, wie z. B. die Halbzeit. Weitergehende Unterteilungen sind nicht möglich, da sie sonst dem Verbot in § 21 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GlüStV widersprächen. Zum anderen handelt es sich um unerlaubte Live-Wetten, da sie während des laufenden Spielvorgangs erfolgen und keine Wetten auf das Endergebnis darstellen.

An diesen Maßstäben gemessen ist insbesondere auch die Wette „Nächstes Tor“ unzulässig. Ein bloßer Einfluss auf das Endergebnis ist nicht ausreichend, um eine zulässige Endergebniswette darzustellen. Denn dass sich dieses Teilereignis eines Sportwettkampfes in irgendeiner Form im Endergebnis niederschlägt, kann zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen. Mit einer derartigen Betrachtungsweise würde man das in § 21 GlüStV zugrunde gelegte differenzierte System von zulässigen und unzulässigen Sportwetten konterkarieren. Auch wäre ein Vollzug bei einer derartigen Auslegungsweise kaum praktizierbar. Würde man eine Teil-Ereigniswette während eines Sportwettkampfes als Wette auf das Endergebnis werten, würde dies zu einer generellen Legalisierung von Ereigniswetten führen, wie sie die differenzierte Bestimmung in § 21 GlüStV gerade verhindern wollte. Der Wortlaut des § 21 GlüStV ermöglicht dahingehend eine klare Abgrenzung. Erlaubt sind Wetten auf den Ausgang eines Spiels oder Spielabschnitts, nicht jedoch Wetten auf einzelne Vorgänge. Live-Wetten sind mit Ausnahme von Endergebnislivewetten untersagt. Dies entspricht der Zielsetzung des Gesetzes in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV, Spiel- und Wettsucht zu verhindern. Durch die Unterteilung in beliebig viele Vorgänge während des Sportereignisses könnten zahlreiche Wettmöglichkeiten innerhalb kürzester Zeit geschaffen werden. Dies würde eine erhöhte Suchtgefahr bewirken.

(3) Demgemäß ist der Bescheid auch hinreichend bestimmt. Er bezieht sich auf das gesetzliche Verbot von Live- und Ereigniswetten und zählt entsprechende Beispiele für solch unzulässige Wetten auf. Daraus kann die Antragstellerin als Adressatin entnehmen, welche Handlungen untersagt sind. Die Abgrenzung der Wetten ist in dem Bescheid genau vorgegeben. Endergebniswetten sind von der Untersagung explizit ausgenommen.

Die Untersagung der bisher nicht angebotenen Ereigniswetten und Livewetten, die keine Endergebniswetten sind, ist ebenfalls voraussichtlich rechtmäßig. Aus dem Umfang und der Art der angebotenen Wetten ergibt sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass weitere Wetten dieser Art in Zukunft angeboten werden.

(4) Damit liegt keine bloße formelle Illegalität der Sportwettenvermittlung vor, auf die unter Umständen eine Untersagungsverfügung nicht hätte isoliert gestützt werden können (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris), sondern es fehlt (zusätzlich) an der materiellen Erlaubnisfähigkeit. Vor diesem Hintergrund bleibt auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache „...“ (U.v. 4.2.2016 - C-336/14, NVwZ 2016, 369) ohne Einfluss auf die hier zu treffende Entscheidung. Der Bescheid verstößt demnach nach Ansicht der Kammer nicht gegen Unionsrecht. Die Rechtsprechung des EuGH betrifft Rügen bezüglich der Konzessionserteilung und damit der formellen Legalität von Wetten. Dies wurde mit der Problematik der Monopolstellung der staatlichen Wettstellen begründet. Nicht davon erfasst sind jedoch gesetzliche Verbote, die unabhängig von der Monopolstellung des Staats gelten. Bei einem generell geltenden Verbot, wie es hier bezüglich der Live- und Ereigniswetten angeordnet ist, ergibt sich keine Unionsrechtswidrigkeit. Demgemäß darf sich eine Untersagung nicht auf die formelle Illegalität wegen der fehlenden Konzession stützen, eine solche wegen materieller Illegalität darf dagegen erfolgen.

cc) Die Antragstellerin ist auch die richtige Adressatin der Untersagung. Die Anordnung nach § 9 Abs. 1 GlüStV kann sowohl an den Veranstalter als auch an den Vermittler von Sportwetten gerichtet werden. Es sind nach §§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i. V. m. 21 Abs. 4 GlüStV sowohl Veranstaltung als auch Vermittlung dieser Wettarten unzulässig.

Die gesetzte Frist von zwei Wochen ist ebenfalls angemessen. Die Einstellung der materiell illegalen Wetten ist innerhalb dieser Zeit umsetzbar.

dd) Das in § 9 Abs.1 GlüStV eröffnete Ermessen wurde rechtsfehlerfrei ausgeübt. Der gerichtliche Prüfungsumfang ist hinsichtlich des Ermessens nach § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkt. Die Antragsgegnerin hat das ihr eingeräumte Ermessen erkannt und ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Durch die Untersagungsverfügung wird nicht gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 GG verstoßen. Die Antragstellerin kann sich grundsätzlich nicht auf „Gleichheit im Unrecht“ berufen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2008 - 4 ZB 08.258 -, juris; BVerwG, U.v. 26.2.1993 - 8 C 20/92, BVerwGE 92, 153)

ee) Das in § 21 Abs. 4 Sätze 2 und 3 GlüStV geregelte grundsätzliche Verbot von Wetten während eines laufenden Sportereignisses (Live-Wetten) mit der Ausnahme von Sportwetten, die Wetten lediglich auf das Endergebnis sind (Live-Endergebniswetten), ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz (GG) vor. Da hier lediglich ein Teilbereich der Sportwettvermittlung gegenüber der Antragstellerin untersagt worden ist, liegt ein Eingriff in die Berufsausübung vor. Nach der sogenannten Drei-Stufen-Lehre des Bundesverfassungsgerichts (BVerwG, U.v. 11.6.1958 - 1 BvR 596/56 - BVerwGE 7, 377 ff. - Apothekenurteil) stellt dies den schwächsten Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit dar, der auch schon mit bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen im Interesse anderer legitimer Gemeinwohlziele verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein kann, wenn bei der gesetzlichen Regelung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird.

§ 21 GlüStV mit seiner differenzierten Regelung entspricht diesen Anforderungen. Ereigniswetten sind nicht nur extrem anfällig für Manipulationen (vgl. Amtliche Begründung Landtag Drs.Bay 16.11995, 30), sie bergen auch eine deutlich höhere Suchtgefahr als die einfache Sportwette, weil sich auf diese Weise durch die „Zerstückelung“ eines Ereignisses eine Vielzahl verwertbarer Einzelereignisse als Wetten im Sekundentakt anbieten lassen (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - BzGA -, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland, S. 7; Amtliche Begründung Landtag Drs.Bay 16.11995, 18). Live-Ereigniswetten weisen aufgrund der hohen Ereignisfrequenz und der Schnelligkeit der Wettplatzierungen eine hohe Suchtgefahr auf. Das Spielbedürfnis wird über die fortwährende Einführung neuer Spielanreize stimuliert. Es besteht ein beachtlicher Zusammenhang zwischen dem Angebot von Wetten und der Häufigkeit ihrer Nutzung sowie einer möglichen Abhängigkeit. Eine Ausweitung des Wettangebots zieht die Gefahr einer Verbreitung der Wettsucht nach sich (BVerwG, U.v. 24.11.2010 - 8 C 14/09 - NVwZ 2011, 554 ff.). Hinzu kommt, dass Live-Ereigniswetten relativ leicht durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des bewetteten Ereignisses beeinflusst werden können und sie daher besonders manipulationsanfällig sind. Daraus folgt eine hohe Gefahr des Wettbetrugs und der Begleitkriminalität. Auch Live-Abschnittswetten weisen eine hohe Sucht-, Manipulations- und Kriminalitätsgefahr auf (VG Stade, B.v. 13.10.2014, a. a. O., juris Rn. 29).

ff) Ebenfalls liegt kein Verstoß gegen Unionsrecht vor. Die in § 21 Abs. 4 Sätze 2 und 3 GlüStV geregelte Beschränkung der Ausübung der Dienstleistungsfreiheit ist aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt.

Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung im Glücksspielbereich bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen und zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten im Glückspielbereich vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu kontrollieren. Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahme ist allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 8 C 2/10 - NVwZ 2011, 1328; U.v. 24.11.2010, a. a. O.). Vorausgesetzt ist lediglich, dass der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgt. Zudem darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 - 8 C 39/12 - juris Rn. 67 ff.).

Beschränkungen der Spieltätigkeiten, wie sie hier inmitten stehen, können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung, die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen gerechtfertigt sein (vgl. EuGH, U.v. 12.6.2014 - C-156/13 - NVwZ 214, 1001; EuGH, U.v. 6.3.2007 - C-338/04 - NVwZ 2007, 675). Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sind ebenso wie die Begrenzung des Glücksspielangebots, die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und das Anliegen der Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung (§ 1 Nr. 4 GlüStV) zwingende Gründe des Allgemeininteresses, die eine Einschränkung auch der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen können (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2010, a. a. O.).

b) Die Untersagung der Werbung in Ziffer 2 des Bescheides ist ebenfalls nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Nach § 5 Abs. 5 GlüStV ist die Werbung für unerlaubte Glücksspiele verboten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV kann neben der Veranstaltung und Vermittlung auch die Werbung hierfür untersagt werden. Auch ist die dafür gesetzte Frist von zwei Wochen angemessen.

c) Die in Ziffern 3 und 4 des Bescheides enthaltenen Zwangsgeldandrohungen für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 und 2 des Bescheides angeordnete Einstellung der Vermittlung von Wetten und Werbung genügen den rechtlichen Anforderungen der Art. 31 und 36 Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Die Zwangsgeldandrohung ist jeweils hinreichend bestimmt formuliert. Für die Antragstellerin ist klar ersichtlich, dass Zuwiderhandlungen mit einem Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 bzw. 2.000,00 Euro bedroht sind. Die Höhe des jeweils angedrohten Zwangsgeldes hält sich in dem in Art. 31 Abs. 2 VwZVG eröffneten Rahmen. Die jeweilige Höhe ist, bezogen auf das wirtschaftliche Interesse an der Vermittlung der Wetten, angemessen.

d) Die Kostenfestsetzung in Ziffer 5 des Bescheides erweist sich voraussichtlich ebenfalls als rechtmäßig. Insbesondere ist die Gebührenbemessung nach Art. 6 Kostengesetz (KG) voraussichtlich rechtsfehlerfrei. Zunächst erscheint es sachgerecht, dass die Antragsgegnerin gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 2 KG den Gebührenrahmen zugrunde gelegt hat, der in Tarif-Nr. 2.IV.1/3.2 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz (KVz) gilt. In dem eröffneten Gebührenrahmen von 500,00 EUR bis 50.000,00 EUR wurde die Gebühr im unteren Bereich festgesetzt. Ebenfalls gilt es zu berücksichtigen, dass Kriterium für die Festsetzung der Gebührenhöhe neben dem Verwaltungsaufwand auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG ist. Zutreffend hat die Antragsgegnerin auch auf den entsprechend hohen Verwaltungsaufwand zur Kontrolle der jeweiligen Betriebsstätten mit Wettangeboten hingewiesen.

3. Nach allem erweist sich der mit der Klage angegriffene Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 als voraussichtlich rechtmäßig und die Klage damit als voraussichtlich ohne Erfolg.

Selbst wenn man jedoch davon ausgehen würde, dass die Erfolgsaussichten der im Hauptsacheverfahren erhobenen Klage derzeit offen sind, muss eine reine Interessenabwägung ebenfalls zulasten der Antragstellerin ausgehen. Das öffentliche Interesse, vor den oben genannten glücksspielbedingten Gefahren geschützt zu werden, die von Ereigniswetten und Livewetten, die sich nicht auf das Endergebnis beziehen, ausgehen, überwiegt das rein wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin, bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache von der streitgegenständlichen Anordnung verschont zu bleiben. Auch bleibt zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin nicht die gesamte Sportwettenvermittlung, sondern lediglich die nach § 21 Abs. 4 Sätze 2 und 3 GlüStV verbotene und nicht erlaubnisfähige Vermittlung von Live- und Ereigniswetten sowie die Werbung hierfür untersagt hat. Eine Schließung der Betriebsstätte ist nicht zwangsläufige Folge der mit der Klage angegriffenen Verfügung vom 2. März 2016. Die in Ziffer 1 und 2 des Bescheides getroffenen Anordnungen schaffen damit auch keine irreversiblen Zustände.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der in der Hauptsache gebotene Streitwert in Höhe von 20.000,- EUR war im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 17/11/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 20.000,- € festgesetzt. Gründe
published on 20/06/2013 00:00

Tenor Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit - in Bezug auf den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2007 für die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt
published on 01/06/2011 00:00

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten an einen ausländischen privaten Wettanbieter.
published on 24/11/2010 00:00

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten an einen ausländischen privaten Wettanbieter.
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published on 02/11/2016 00:00

Tenor I. Der Antragsgegnerin wird es untersagt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in den Verwaltungsstreitsachen Au 5 K 16.376 und Au 5 K 16.1026 Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Antragstellerin zu ergreifen. II. Di
published on 29/01/2018 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller wendet
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.