I.
Der Antragsteller begehrt die Abänderung des Beschlusses vom 31. März 2015 im Verfahren Au 2 S 15.50115, mit dem dessen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt wurde. Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gründe des Beschlusses vom 31. März 2015 verwiesen.
Mit Schreiben vom 28. April 2015 hat der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 7 VwGO beantragt,
den Beschluss vom 31. März 2015 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts vom 30. Januar 2015 unter Nr. 2. enthaltene Abschiebungsanordnung anzuordnen.
Zur Begründung hat der Antragsteller dargelegt, dass er an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer schweren depressiven Episode leide. Dazu hat er auf eine fachärztliche Stellungnahme der Ärztin für Psychosomatik und Psychotherapie ... vom 26. April 2015 verwiesen. Er hat vorgetragen, dass er akut suizidgefährdet und nicht reisefähig sei. Er sei in Ungarn misshandelt und retraumatisiert worden und habe von dort wegen Gefahr für Leib und Leben fliehen müssen. Die Rückführung nach Ungarn würde zu einer drastischen Verschlechterung seines Gesundheitszustands führen.
Das Bundesamt hat sich nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs jederzeit ändern oder aufheben; jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO). Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist kein Rechtsmittelverfahren, sondern ein gegenüber dem ersten Eilverfahren selbstständiges neues Verfahren, dessen Gegenstand nicht die Überprüfung dieser Entscheidung, sondern die neue Regelung der Vollziehung des Verwaltungsakts für die Zukunft in einem abweichenden Sinn ist (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 224).
Ein Anspruch auf Abänderung des Beschlusses vom 31. März 2015 nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO wäre im vorliegenden Fall gegeben, wenn sich nach der gerichtlichen Entscheidung eine Veränderung der für die Entscheidung maßgeblichen Sach- oder Rechtslage ergeben hätte und nach den veränderten Umständen zumindest die Möglichkeit einer Abänderung der früheren Eilentscheidung zugunsten des Antragstellers bestünde (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 197). Der zur Stützung des Abänderungsantrags vorgetragene Sachverhalt begründet jedoch keine zugunsten des Antragstellers geänderte Sach- und Rechtslage, die nunmehr die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung rechtfertigen könnte. Deshalb ist nach wie vor vom Überwiegen des Vollzugsinteresses auszugehen.
Die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn ist nach wie vor rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat, hier Ungarn, an, sobald feststeht, dass diese durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier trotz der im Attest vom 26. April 2015 der Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie benannten Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung mit schwerer depressiver Episode und einer daraus abgeleiteten Reiseunfähigkeit des Antragstellers vor.
Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in Gestalt einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit liegt vor, wenn krankheitsbedingt keine Transportfähigkeit besteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) oder wenn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich verschlechtern wird (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne) (BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - juris Rn.11).
Bei einer psychischen Erkrankung, wie sie hier in Rede steht, kann vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engeren Sinne nur dann ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Ausländers droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann, oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als mittelbare Folge davon konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings - in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen - nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf. Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt (OVG NW, B. v. 29.11.2010 - 18 B 910/10 - juris Rn. 15 f. m. w. N.).
Einen diesen Anforderungen genügenden Nachweis einer Vorerkrankung, die zur Annahme einer Reiseunfähigkeit führen könnte, hat der Antragsteller nicht erbracht. Zwar hat die ihn untersuchende Ärztin eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwere depressive Episode diagnostiziert und daraus geschlossen, dass „eine Abschiebung nach Ungarn aus fachärztlicher Sicht nicht vertretbar“ sei. Allerdings genügt diese ärztliche Bescheinigung vom 26. April 2015 schon nicht den Anforderungen, die an die Substantiierung eines Vorbringens bezüglich einer solchen Erkrankung zu stellen sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 11.9.2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251; U. v. 11.9.2007 - 10 C 17.07 - juris Rn. 15) gehört zur Substantiierung eines Vorbringens bei einer Erkrankung an posttraumatischer Belastungsstörung (sowie eines entsprechenden Beweisantrages) angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
Das vorgelegte „fachärztliche Attest“ vom 26. April 2015 vermag diese Anforderungen indes nicht zu erfüllen.
Zunächst fehlt es an einer ausreichenden Exploration, da die Diagnose ausschließlich auf der Grundlage eines einzigen Gesprächstermins und einer „psychologischen Testung“ getroffen worden ist und allein auf den nicht weiter überprüften und hinterfragten, durch einen Dolmetscher vermittelten Angaben des Antragstellers zu seinem Verfolgungsschicksal beruht, die dieser erstmals der Ärztin gegenüber gemacht hat und denen diese ohne weiteres Glauben geschenkt hat. Dies wird durch die in dem Attest verwendeten Formulierungen veranschaulicht. So heißt es unter anderem im Anschluss an die Wiedergabe der Schilderung des Antragstellers:
„Das hilflose Beobachten der Ermordung seiner Brüder (in Syrien) ist ein Ereignis katastrophenartigen Ausmaßes, das bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde … Da er in Ungarn durch die Verhaftung und o.g. Behandlung retraumatisiert wurde, erlebt er Ungarn als äußerst bedrohlich und hat panische Angst, dorthin abgeschoben zu werden.“
Gleichfalls fehlt es an einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung hinsichtlich der Einschätzung der Ärztin, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn aus ärztlicher Sicht nicht zu vertreten sei. Dem Gericht erschließt sich nicht ohne weiteres, weshalb eine Abschiebung „die psychische Symptomatik dramatisch verschlechtern“ würde und „von Suizidalität auszugehen“ sei. Diese völlig unsubstantiierte Einschätzung bzw. Vorausschau lässt sich insbesondere nicht aus den vom Antragsteller gegenüber der Ärztin geschilderten Erlebnissen ableiten, da nicht nachvollziehbar ist, inwiefern der Antragsteller allein aufgrund einer angeblich fünftägigen Inhaftierung in Ungarn (wohl wegen illegalen Grenzübertritts) erneut traumatisiert oder gar suizidgefährdet hätte werden können. Es besteht der Eindruck, dass das ärztliche Attest keine hinreichende Differenzierung zwischen den Schilderungen des Antragstellers zu seinen Erfahrungen in Syrien und in Ungarn vorgenommen, sondern diese weitgehend vermengt hat. Es ist daher nicht verständlich, aus welchem Grund der Antragsteller „Ungarn als äußerst bedrohlich erlebt“ und „panische Angst“ haben könnte, dorthin abgeschoben zu werden.
Das vorgelegte Attest enthält des Weiteren keine Angaben zum bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie), sondern lediglich den Hinweis, dass der Antragsteller erstmals am 21. April 2015, wenige Tage vor der Ausstellung und Vorlage des Attests bei Gericht, untersucht worden sei. Ferner fehlt es an einer hinreichend substantiierten Darlegung der weiteren Behandlungsbedürftigkeit. Die hierzu getätigte Aussage, dass der Antragsteller „dringend … eine traumaspezifische Behandlung“ benötige, ist sehr allgemein und vage gehalten. Inwiefern eine solche Behandlung, gegebenenfalls wie lange und in welchen zeitlichen Abständen zu erfolgen habe, ob darüber hinaus eine Medikation erforderlich sei oder gar eine stationäre Behandlung in Betracht zu ziehen wäre, bleibt offen.
Schließlich fehlt es auch an einer Begründung des Antragstellers, warum er seine Erkrankung nicht schon früher geltend gemacht hat. Dem Bundesamt gegenüber hat er bei seiner Anhörung am 24. November 2014 keine Gründe angegeben, die seiner Rückführung nach Ungarn entgegenstünden. Vielmehr hat er die dahingehend gestellte Frage verneint. Indes wäre zu erwarten gewesen, dass Ausführungen zum Gesundheitszustand des Antragstellers bei Vorliegen einer tatsächlichen psychischen Erkrankung bereits zu diesem Zeitpunkt gemacht worden wären; spätestens hätten sie aber im Rahmen der Begründung der Klage (Verfahren Au 2 K 15.50114) bzw. des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO (Au 2 S 15.50115) vorgetragen werden müssen. Dass der Antragsteller Abschiebungshindernisse erstmals im Rahmen des hier gegenständlichen Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO geltend gemacht hat, trägt daher nicht zur Glaubhaftigkeit seiner Angaben bei.
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses sind ebenfalls nicht ersichtlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass dem Antragsteller in Ungarn grundsätzlich eine seinem Gesundheitszustand angemessene medizinische Versorgung zur Verfügung steht. Nach den vorliegenden Berichten und Auskünften wird in Ungarn eine ausreichende Gesundheitsversorgung westlichen Standards gewährleistet. So ist auch eine medizinische Notfallversorgung gesichert (VG Bayreuth, B. v. 6.3.2015 - B 3 S 15.50031 - juris Rn. 22; VG Augsburg, B. v. 17.3.2015 - Au 2 S 15.50120 - n. v. Rn. 27; B. v. 5.12.2013 - Au 7 S 13.30454 - juris; VG Ansbach, B. v. 06.09.2013 - AN 10 S 13.30604 - juris; B. v. 11.09.2013 - AN 2 S 13.30685 und AN 2 E 13.30664 - juris; VG München, B. v. 27.03.2014 - M 21 S 14.30551 - juris m. w. N.). Nach Auskunft des Auswärtigen Amts vom 2. März 2015 an das Verwaltungsgericht München können die ungarischen Behörden von den ausländischen Behörden über die Dubliner Koordinationsabteilung schon vor Übernahme einer Person Informationen über deren Gesundheitszustand und eventuelle Bedürfnisse einholen. In den offenen und den geschlossenen Aufnahmeeinrichtungen wird die ärztliche Grundversorgung durch Ärzte und Medikamente sichergestellt. In einigen Aufnahmeeinrichtungen wird zudem psychologische Betreuung durch Spezialisten und Psychologen der Cordelia Stiftung gewährt. Die Kosten trägt der ungarische Staat. Falls notwendig, ist auch eine Unterbringung im Krankenhaus möglich (VG Düsseldorf, B. v. 1.4.2015, a. a. O. Rn. 97, 101; VG Würzburg, B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275 - juris Rn. 32 m. w. N.; VG Bayreuth, B. v. 6.3.2015, a. a. O.).
Da damit auch nach dem neuen Sachvortrag des Antragstellers im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamts vom 30. Januar 2015 nicht veranlasst ist, war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).