Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 06. März 2015 - B 3 S 15.50031
Gericht
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller, geb. ...1972, syrischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit, reiste eigenen Angaben zufolge am ...2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag.
Er gab im Wesentlichen an, am ...2014 sein Heimatland in Richtung Türkei verlassen zu haben und über die Bulgarien, Serbien und Ungarn in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein. In Ungarn sei er festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt worden. Ungarn sei nicht in der Lage, seine eigene Bevölkerung zu ernähren. Deshalb möchte er in Deutschland bleiben.
Ungarn erklärte mit Schreiben vom ...2014 den Antragsteller gem. Art. 18 Abs. 1b Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig sei, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Auch der Einwand, Ungarn könne seine eigene Bevölkerung nicht ernähren, könne nicht dazu führen. Auf die ausführliche Darstellung der allgemeinen Situation in Ungarn wird Bezug genommen.
Dieser Bescheid wurde ausweislich der Kopie der Postzustellungsurkunde dem Antragsteller am
Der gegen diesen Bescheid erhobene Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 04.02.2015 (Az. B 3 K 15.50028) anzuordnen, lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 11.02.2015 ab (Az. B 3 S 15.50027).
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 13.02.2015, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, beantragt der Antragsteller erneut,
die aufschiebende Wirkung der im Verfahren B 3 K 15.50028 erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid der Antragsgegnerin vom
Zur Begründung wird auf eine gegenwärtige Reiseunfähigkeit des Antragstellers verwiesen.
Dem Antrag beigefügt war eine ärztliche Stellungnahme des ...-klinikums ... vom ...2015. Darin wird über die ambulante Untersuchung des Antragstellers am ...2015 berichtet. Als Diagnose ist eine posttraumatische Belastungsstörung, F43.1, aufgeführt. Der Patient zeige typische Symptome einer PTBS mit massiven Schlafstörungen, Albträumen, Flashbacks und Schuldgefühlen sowie Symptome einer schweren depressiven Episode mit depressiver Verstimmung, Appetitlosigkeit, Anhaedonis, Antriebsschwäche und Konzentrationsstörungen. Es wird dargelegt, dass nach Schilderung der Vorgeschichte des Antragstellers mit Geschehnissen in Syrien mit einer medikamentösen Therapie sowie einer ambulanten Psychotherapie begonnen worden sei. Der Patient befinde sich derzeit in einem instabilen Zustand. Eine Abschiebung könne zu einer weiteren Verschlimmerung seiner Erkrankung führen. Ergänzend wird in der ärztlichen Stellungnahme des ...-klinikums ... vom ...2015 erklärt, der Patient sei zurzeit aus psychiatrischer Sicht reiseunfähig.
Das Landratsamt ... erklärte als zuständige Ausländerbehörde mit Schriftsatz vom ...2015, dass aufgrund der übersandten Stellungnahme des ...-klinikums ... vom ...2015 derzeit keine Abschiebungsmaßnahmen geplant oder veranlasst seien. Eine Entscheidung über die Abschiebung nach Ungarn werde erst nach Abschluss der Behandlung am ...-klinikum und einer entsprechenden ärztlichen Stellungnahme erfolgen.
Die Antragsgegnerin entgegnet mit Schriftsatz vom
Im Schriftsatz vom 13.02.2015 beantragte der Kläger darüber hinaus, unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts, AZ. B 3 S 15.50027 vom 12.02.2015 (gemeint wohl 11.02.2015), den Antragsgegner anzuhalten, jegliche Abschiebungsmaßnahmen einstweilen zu untersagen. Dieser Antrag ist unter dem Aktenzeichen B 3 E 15.50032 registriert. Er wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen über Anträge nach Absatz 5 wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
Der vorgelegten ärztlichen Stellungnahme vom ... und ...2015 kann ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG im engeren Sinne nicht entnommen werden.
Eine solche liegt vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche außerhalb des Transportvorgangs eine erhebliche, konkrete Gesundheitsgefährdung für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn, BayVGH
Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte vor, sind diese zum Beweis der Reiseunfähigkeit nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methodik der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes sowie die Folgen daraus darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalles richten (vgl. BayVGH
Gemessen daran mangelt es bei den vorgelegten Attesten an der Darlegung der Folgen, die sich aus ärztlicher Sicht aus der Erkrankung ergeben, und deren Auswirkungen auf die Reisefähigkeit des Antragstellers. Es wird weder dargelegt, aus welchen Gründen sich aus der Erkrankung des Antragstellers eine Transportunfähigkeit ergeben soll oder dass die Abschiebung als solche seinen Gesundheitszustand wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Die Atteste enthalten keine nachvollziehbaren tatsächlichen Umstände bezüglich der Erkrankung des Antragstellers, die die Prognose zuließen, dass sich die Krankheit wegen der bevorstehenden Abschiebung massiv verschlechtern werde und medikamentös nicht beherrschbar wäre. Die geschilderten traumatischen Ereignisse in Syrien werden durch die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers in Ungarn grundsätzlich weder positiv noch negativ beeinflusst. Dazu kommt, dass selbst bei einer - hier nicht behaupteten oder substantiiert dargelegten - Suizidgefahr wegen der Überstellung nach Ungarn, einer solchen gegebenenfalls durch eine entsprechende ärztliche Versorgung während einer solchen begegnet werden kann.
In Ergänzung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth
Soweit dargestellt werden soll, dass ausschließlich der erstrebte Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit dem hiesigen medizinischen Standard zu einer Genesung des Antragstellers führen könnte, so läge diese Verknüpfung außerhalb der Reichweite der angestrebten Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.
Nach alledem ist der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 159 VwGO, § 83 b AsylVfG abzulehnen.
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.