Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. März 2016 - Au 2 E 16.158
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. März 2016 - Au 2 E 16.158
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Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. März 2016 - Au 2 E 16.158 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
-
Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. März 2011 - 1 B 2/11 - und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 13. Dezember 2010 - 1 L 1148/10.DA - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 33 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
-
Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. März 2011 - 1 B 2/11 - wird aufgehoben. Die Sache wird an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
-
Damit wird der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. April 2011 - 1 B 508/11.R - gegenstandslos.
-
...
Gründe
-
A.
- 1
-
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen verwaltungsgerichtliche Eilentscheidungen in einem Konkurrentenstreit.
-
I.
- 2
-
Der Beschwerdeführer ist Studiendirektor im Dienste des Landes Hessen.
- 3
-
Er bewarb sich zunächst auf eine 2009 vom Hessischen Kultusministerium unter der Nummer 10316 ausgeschriebene Stelle einer Direktorin beziehungsweise eines Direktors der Gesamtschule H. in F.
- 4
-
2010 wurde die Stelle unter der Ausschreibungsnummer 13603 erneut ausgeschrieben. Wiederum bewarb sich der Beschwerdeführer. Nach einem Überprüfungsverfahren wurde ein - im Ausgangsverfahren beigeladener - Mitbewerber des Beschwerdeführers ausgewählt. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer Widerspruch.
- 5
-
Gleichzeitig beantragte er den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Antrag, dem Land Hessen die Besetzung der Stelle mit einem anderen Bewerber zu untersagen, bevor nicht über seine Bewerbungen bestandskräftig entschieden worden sei. Er berief sich unter anderem darauf, ihm sei nicht mitgeteilt worden, dass das frühere Auswahlverfahren abgebrochen worden sei. Der Abbruch sei mangels sachlichen Grundes rechtswidrig. Allein die Zahl der verbliebenen Bewerber rechtfertige keinen Abbruch, zumindest hätte die mögliche Eignung des verbliebenen Bewerbers in Erwägung gezogen werden müssen. Das Kultusministerium teilte mit, dass im ersten Auswahlverfahren von ursprünglich fünf Bewerbern drei ihre Bewerbungen wieder zurückgezogen hätten. Der Beschwerdeführer habe ausdrücklich die Aufrechterhaltung seiner Bewerbung erklärt. Daher sei beabsichtigt gewesen, das Besetzungsverfahren mit den restlichen zwei Bewerbern durchzuführen. Nachdem unerwartet auch der Mitbewerber seine Bewerbung zurückgezogen und nur noch die Bewerbung des Beschwerdeführers vorgelegen habe, sei entschieden worden, das Verfahren abzubrechen und zur Erweiterung des Bewerberkreises neu auszuschreiben. Schriftliche Aufzeichnungen seien nicht auffindbar. Der Beschwerdeführer sei jedoch fernmündlich über die Neuausschreibung informiert worden.
- 6
-
Mit Beschluss vom 13. Dezember 2010 lehnte das Verwaltungsgericht Darmstadt den Antrag des Beschwerdeführers ab. Der Beschwerdeführer wolle die Besetzung des Dienstpostens unterbinden, weil er aus dem unter Nummer 10316 eingeleiteten Auswahlverfahren für sich einen Anspruch auf Auswahl reklamiere. Ansprüche aus dem - möglicherweise rechtswidrig abgebrochenen - ursprünglichen Auswahlverfahren könnten sich jedoch nicht mehr ergeben, da der Beschwerdeführer in das neue Auswahlverfahren einbezogen worden sei. Ergänzend merkte das Verwaltungsgericht an, der Beschwerdeführer habe die Auswahl des Mitbewerbers in materieller Hinsicht nicht substantiiert beanstandet.
- 7
-
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 1. März 2011 zurück. Wenn der Abbruch eines Auswahlverfahrens mangels sachlichen Grundes den Bewerbungsverfahrensanspruch verletze, dürfe keine Neuausschreibung erfolgen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts würde die Einbeziehung des Bewerbers in das neue Verfahren daran nichts ändern. Vorliegend sei der Bewerbungsverfahrensanspruch des Beschwerdeführers durch den Abbruch aber letztlich nicht verletzt. Nach Nr. 1.12 des Erlasses vom 22. November 2001 (Amtsblatt 2002, S. 8) könne ein Auswahlverfahren zugunsten einer Neuausschreibung abgebrochen werden, wenn - wie hier - nur eine Bewerbung vorliege und zu erwarten sei, dass sich das Bewerberfeld erweitern werde. Die Gründe für den Abbruch seien dem Beschwerdeführer in der erforderlichen schriftlichen Weise jedenfalls im erstinstanzlichen Verfahren mit einem Schriftsatz mitgeteilt worden. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Beschwerdeführers sei auch nicht im Rahmen des zweiten Auswahlverfahrens verletzt worden. Diskrepanzen zwischen den im Auswahlvermerk niedergelegten Tatsachen über das Überprüfungsverfahren und dessen tatsächlichem Ablauf habe der Beschwerdeführer nicht konkret dargelegt. Der Umstand, dass die während des Überprüfungsverfahrens von einer Mitarbeiterin des Ministeriums angefertigten Notizen nicht in der Akte enthalten seien, sei unschädlich. Ein schriftliches Wortprotokoll der schulfachlichen Überprüfung sei nicht erforderlich.
- 8
-
Eine Gehörsrüge des Beschwerdeführers wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. April 2011 zurück.
-
II.
- 9
-
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 33 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 4 GG sowie seiner Menschenwürde.
- 10
-
Er sei weder telefonisch noch in sonstiger Weise vom Abbruch des Auswahlverfahrens unterrichtet oder über die Gründe informiert worden. Nur durch Zufall habe er von der Neuausschreibung erfahren. Schriftliche Unterlagen zu beiden Auswahlverfahren seien verschwunden, so dass die Entscheidungen des Ministeriums nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Bei Einsicht in die nach dem zweiten Verfahren verfassten Auswahlberichte habe er festgestellt, dass seine eigenen Leistungen ersichtlich abqualifiziert worden seien. Seine Einwände hätten anhand des Protokolls der Überprüfung leicht belegt werden können, dieses sei jedoch nicht auffindbar.
- 11
-
Im ersten Auswahlverfahren hätten drei Mitbewerber ihre Bewerbung auf Anraten des Ministeriums zurückgezogen. Er selbst habe seine Bewerbung trotz Drängens des Ministeriums aufrechterhalten. Als der wohl für die Stelle favorisierte Mitbewerber überraschend ebenfalls seine Bewerbung zurückgezogen habe, sei das Verfahren zur Erweiterung des Bewerberkreises abgebrochen worden. Dies sei nicht nachvollziehbar, da das Ministerium selbst für die Verkleinerung des Bewerberkreises gesorgt habe. Die Entscheidung habe sich gegen ihn als noch verbliebenem Bewerber gerichtet, der nicht in die Planung gepasst habe. Mangels Information über den Abbruch habe man provoziert, dass er eine Neuausschreibung verpassen würde.
- 12
-
Nach seinen dienstlichen Beurteilungen hätte er, der Beschwerdeführer, zum Zuge kommen müssen. Die beiden Auswahlverfahren basierten auf unterschiedlichen Anforderungsprofilen. Ein Punkt im ersten Anforderungsprofil, der aufgrund seiner Tätigkeit an einer integrierten Gesamtschule besonders gut auf ihn passe, sei für die zweite Stellenausschreibung abgeändert worden.
-
III.
- 13
-
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Land Hessen und dem Beigeladenen des Ausgangsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Hessische Staatskanzlei trägt vor, die Entscheidung über den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens sei nach der Rechtsprechung rechtzeitig zu dokumentieren. Wie weit dies im ersten Stellenbesetzungsverfahren geschehen sei, lasse sich den Unterlagen nicht entnehmen. Indes werde davon ausgegangen, dass der Dienstherr dieser Verpflichtung nachgekommen sei. Die Verwaltungsakten und die Akten des Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.
-
B.
- 14
-
Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde ist von der Kammer stattzugeben, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen vom Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
-
I.
- 15
-
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
- 16
-
1. Insbesondere ist sie innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG erhoben worden. Die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers (§ 152a VwGO), die der Verwaltungsgerichtshof zum Anlass für eingehende ergänzende Ausführungen nahm, war nicht offensichtlich aussichtslos und konnte daher die Verfassungsbeschwerdefrist offenhalten (vgl. BVerfGE 5, 17 <19 f.>; 16, 1 <2 f.>; 19, 323 <330>).
- 17
-
2. a) Allerdings ist die Rüge der Verletzung des Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG unzulässig, soweit der Beschwerdeführer vorträgt, dass die auf die erneute Stellenausschreibung hin getroffene Auswahlentscheidung inhaltlich fehlerhaft sei. Es fehlt insoweit an einer hinreichenden Begründung im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG, da der Beschwerdeführer die für eine sachgerechte verfassungsrechtliche Beurteilung erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt hat (vgl. BVerfGK 2, 261 <263 f.>; 13, 557 <559>). Der Beschwerdeführer legt den Bericht über das Auswahlverfahren, in welchem der Dienstherr seine Auswahlerwägungen niedergelegt hat, nicht mit vor. Der Inhalt des Auswahlberichts ergibt sich auch nicht genau genug aus den vorgelegten Gerichtsentscheidungen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist auch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer über den Auswahlbericht verfügt oder sich im Rahmen von Akteneinsicht eine Kopie hätte verschaffen können. Unsubstantiiert und damit unzulässig ist auch die Rüge der Verletzung von Art. 1 Abs. 1 GG.
- 18
-
b) Hinreichend substantiiert ist die Rüge der Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG, soweit der Beschwerdeführer den Abbruch des ersten Auswahlverfahrens rügt.
-
II.
- 19
-
Die Verfassungsbeschwerde ist auch offensichtlich begründet. Die Entscheidungen der Fachgerichte verkennen bei der Prüfung, ob der Abbruch des ersten Auswahlverfahrens der nunmehrigen Besetzung der Stelle entgegensteht, den Gehalt des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Beschwerdeführers. Die Ablehnung des Antrags und die Zurückweisung der Beschwerde verletzen den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.
- 20
-
1. a) Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Nach Art. 33 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG kann der unterlegene Bewerber in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen, ob er durch die Auswahlentscheidung in seinem subjektiv-öffentlichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt worden ist (stRspr; vgl. BVerfGK 12, 265 <268 f.>).
- 21
-
b) Die konkrete Stellenausschreibung und das daran anschließende Auswahlverfahren dienen der verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Bewerber (vgl. BVerfGK 10, 355 <357>). Um eine Durchsetzung der in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechte sicherstellen zu können, erfordert der Bewerbungsverfahrensanspruch eine angemessene Gestaltung des Auswahlverfahrens (vgl. BVerfGK 10, 355 <357>; zu Art. 12 Abs. 1 GG vgl. BVerfGE 73, 280 <296>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01 u. a. -, DVBl 2002, S. 1629; BVerfGK 5, 205 <215>).
- 22
-
c) Dem Bewerbungsverfahrensanspruch ist auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGK 5, 205 <215>, zu Art. 12 Abs. 1 GG). Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu (vgl. BVerwGE 101, 112 <115>; BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 172 <173>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Dezember 2008 - 2 BvR 627/08 -, NVwZ-RR 2009, S. 344 <345>). Der Abbruch des Auswahlverfahrens, durch welchen sich die Zusammensetzung des Bewerberkreises steuern lässt (vgl. zu Art. 12 Abs. 1 GG BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01 u. a. -, DVBl 2002, S. 1629; BVerfGK 5, 205 <215>), erfordert jedoch einen sachlichen Grund (vgl. BVerfGK 10, 355 <358>; zu den Rechten von Notarbewerbern aus Art. 12 Abs. 1 GG vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01 u. a. -, DVBl 2002, S. 1629 <1630>; BVerfGK 5, 205 <215>; s. auch BVerwGE 101, 112 <115>; BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 172 <173>). Wird der Abbruch eines Auswahlverfahrens dieser Anforderung nicht gerecht, so darf von Verfassungs wegen keine Neuausschreibung erfolgen. Durch eine Auswahlentscheidung in einem neuen Auswahlverfahren werden die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt.
- 23
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d) Der maßgebliche Grund für den Abbruch muss jedenfalls dann, wenn er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12. Juli 2011 - 1 BvR 1616/11 -, juris, Rn. 26; zu Dokumentationspflichten bei der Auswahlentscheidung vgl. BVerfGK 11, 398 <402 f.>). Die Bewerber werden grundsätzlich nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Erwägungen in die Lage versetzt, etwa anhand von Akteneinsicht sachgerecht darüber befinden zu können, ob die Entscheidung des Dienstherrn ihren Bewerbungsverfahrensanspruch berührt und ob Rechtsschutz in Anspruch genommen werden sollte (vgl. zur Auswahlentscheidung BVerfGK 11, 398 <403>). Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation des sachlichen Grundes für den Abbruch des Auswahlverfahrens dem Gericht die Möglichkeit, die Beweggründe für den Abbruch nachzuvollziehen (vgl. zur Auswahlentscheidung BVerfGK 11, 398 <403>). Die Annahme, die maßgeblichen Erwägungen könnten auch erstmals im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens über die Besetzung der betroffenen Stelle dargelegt werden, mindert die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bewerber in unzumutbarer Weise (vgl. zur Auswahlentscheidung BVerfGK 11, 398 <403>).
- 24
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2. Diesen Anforderungen des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Beschwerdeführers werden die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht.
- 25
-
a) Zwar entspricht der Ausgangspunkt des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die in einem weiteren Auswahlverfahren getroffene Auswahl bei Unwirksamkeit des Abbruchs eines vorherigen Auswahlverfahrens den Bewerbungsverfahrensanspruch des Beschwerdeführers verletzt, im Gegensatz zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Darmstadt den verfassungsrechtlichen Maßstäben. Bei der Prüfung, ob der Abbruch des ersten Auswahlverfahrens auf einem sachlichen Grund basierte, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht beachtet, dass die maßgeblichen Gründe zumindest dann, wenn sie nicht evident sind, in den Akten dokumentiert sein müssen. Er hat vielmehr die erstmalige Darlegung der Gründe im gerichtlichen Eilverfahren für ausreichend gehalten. Damit entfernt sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof nicht nur stillschweigend von der - in der Entscheidung zitierten - eigenen Rechtsprechung, wonach die relevanten Gründe für den Abbruch des Auswahlverfahrens zumindest ansatzweise schriftlich festzuhalten und Argumente, die erst im anhängigen Verfahren vorgetragen würden, nicht zu berücksichtigen seien (HessVGH, Beschluss vom 15. Mai 1992 - 1 TG 2485/91 -, ZBR 1993, S. 337 <338>). Er wird auch dem verfassungsrechtlichen Maßstab der Art. 33 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht gerecht, wonach Bewerber die Möglichkeit haben müssen, das Fehlen eines sachlichen Grundes für den Abbruch eines Auswahlverfahrens in zumutbarer Weise zu rügen.
- 26
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b) Darauf, ob die Gerichte in Evidenzfällen davon absehen können, die fehlende Dokumentation des sachlichen Grundes zu beanstanden, kommt es nicht an. Denn der vom Verwaltungsgerichtshof angenommene sachliche Grund stellt keinen solchen Evidenzfall dar. Der in Nr. 1.12 des Erlasses vom 22. November 2001 geregelte Fall, dass nach der Ausschreibung nur eine Bewerbung vorliegt und zu erwarten ist, dass sich das Bewerberfeld erweitern könnte, erfasst nicht die - nach dem unbestrittenen Vorbringen des Beschwerdeführers im Eilverfahren vorliegende - Konstellation der auf Anregung des Dienstherrn erfolgten Rücknahme von Bewerbungen und damit der künstlichen Verknappung des Bewerberfelds. Dass der Abbruch etwa mit dem Ziel erfolgt wäre, nach der zurückgezogenen Bewerbung des aussichtsreichsten Kandidaten den ursprünglichen Bewerberkreis unter Einbeziehung derjenigen, denen vorher eine Rücknahme ihrer Bewerbungen nahegelegt worden war, wiederherzustellen, ist weder vorgetragen noch gerichtlich geprüft worden. Eine solche Zielsetzung ist auch deshalb nicht evident, weil ungeklärt ist, ob der Beschwerdeführer vom Abbruch und der Neuausschreibung überhaupt benachrichtigt wurde.
-
III.
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-
Die Annahme der zulässigen und begründeten Verfassungsbeschwerde erscheint zur Durchsetzung von Rechten des Beschwerdeführers angezeigt, § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG. Die Verkürzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Beschwerdeführers stellt für diesen einen besonders schweren Nachteil dar. Es ist auch nicht sicher, dass der Beschwerdeführer bei der Konkurrenz um die ausgeschriebene Stelle im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGK 6, 273 <275 f.>). Der Beschwerdeführer hat bei Fortsetzung des ersten Auswahlverfahrens zwar keinen Anspruch darauf, dass dieses zu Ende geführt wird. Der Behörde steht es offen, das Auswahlverfahren für die Zukunft aus sachlichen Gründen zu beenden. Selbst in diesem Fall müsste es jedoch zu einem neuen Auswahlverfahren kommen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer in diesem - etwa aufgrund eines veränderten Anforderungsprofils oder Bewerberkreises - bessere Chancen hat als in dem bisher durchgeführten zweiten Auswahlverfahren.
Tenor
I.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
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Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. März 2011 - 1 B 2/11 - und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 13. Dezember 2010 - 1 L 1148/10.DA - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 33 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. März 2011 - 1 B 2/11 - wird aufgehoben. Die Sache wird an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
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Damit wird der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. April 2011 - 1 B 508/11.R - gegenstandslos.
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Gründe
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A.
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Der Beschwerdeführer wendet sich gegen verwaltungsgerichtliche Eilentscheidungen in einem Konkurrentenstreit.
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I.
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Der Beschwerdeführer ist Studiendirektor im Dienste des Landes Hessen.
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Er bewarb sich zunächst auf eine 2009 vom Hessischen Kultusministerium unter der Nummer 10316 ausgeschriebene Stelle einer Direktorin beziehungsweise eines Direktors der Gesamtschule H. in F.
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2010 wurde die Stelle unter der Ausschreibungsnummer 13603 erneut ausgeschrieben. Wiederum bewarb sich der Beschwerdeführer. Nach einem Überprüfungsverfahren wurde ein - im Ausgangsverfahren beigeladener - Mitbewerber des Beschwerdeführers ausgewählt. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer Widerspruch.
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Gleichzeitig beantragte er den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Antrag, dem Land Hessen die Besetzung der Stelle mit einem anderen Bewerber zu untersagen, bevor nicht über seine Bewerbungen bestandskräftig entschieden worden sei. Er berief sich unter anderem darauf, ihm sei nicht mitgeteilt worden, dass das frühere Auswahlverfahren abgebrochen worden sei. Der Abbruch sei mangels sachlichen Grundes rechtswidrig. Allein die Zahl der verbliebenen Bewerber rechtfertige keinen Abbruch, zumindest hätte die mögliche Eignung des verbliebenen Bewerbers in Erwägung gezogen werden müssen. Das Kultusministerium teilte mit, dass im ersten Auswahlverfahren von ursprünglich fünf Bewerbern drei ihre Bewerbungen wieder zurückgezogen hätten. Der Beschwerdeführer habe ausdrücklich die Aufrechterhaltung seiner Bewerbung erklärt. Daher sei beabsichtigt gewesen, das Besetzungsverfahren mit den restlichen zwei Bewerbern durchzuführen. Nachdem unerwartet auch der Mitbewerber seine Bewerbung zurückgezogen und nur noch die Bewerbung des Beschwerdeführers vorgelegen habe, sei entschieden worden, das Verfahren abzubrechen und zur Erweiterung des Bewerberkreises neu auszuschreiben. Schriftliche Aufzeichnungen seien nicht auffindbar. Der Beschwerdeführer sei jedoch fernmündlich über die Neuausschreibung informiert worden.
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Mit Beschluss vom 13. Dezember 2010 lehnte das Verwaltungsgericht Darmstadt den Antrag des Beschwerdeführers ab. Der Beschwerdeführer wolle die Besetzung des Dienstpostens unterbinden, weil er aus dem unter Nummer 10316 eingeleiteten Auswahlverfahren für sich einen Anspruch auf Auswahl reklamiere. Ansprüche aus dem - möglicherweise rechtswidrig abgebrochenen - ursprünglichen Auswahlverfahren könnten sich jedoch nicht mehr ergeben, da der Beschwerdeführer in das neue Auswahlverfahren einbezogen worden sei. Ergänzend merkte das Verwaltungsgericht an, der Beschwerdeführer habe die Auswahl des Mitbewerbers in materieller Hinsicht nicht substantiiert beanstandet.
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Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 1. März 2011 zurück. Wenn der Abbruch eines Auswahlverfahrens mangels sachlichen Grundes den Bewerbungsverfahrensanspruch verletze, dürfe keine Neuausschreibung erfolgen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts würde die Einbeziehung des Bewerbers in das neue Verfahren daran nichts ändern. Vorliegend sei der Bewerbungsverfahrensanspruch des Beschwerdeführers durch den Abbruch aber letztlich nicht verletzt. Nach Nr. 1.12 des Erlasses vom 22. November 2001 (Amtsblatt 2002, S. 8) könne ein Auswahlverfahren zugunsten einer Neuausschreibung abgebrochen werden, wenn - wie hier - nur eine Bewerbung vorliege und zu erwarten sei, dass sich das Bewerberfeld erweitern werde. Die Gründe für den Abbruch seien dem Beschwerdeführer in der erforderlichen schriftlichen Weise jedenfalls im erstinstanzlichen Verfahren mit einem Schriftsatz mitgeteilt worden. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Beschwerdeführers sei auch nicht im Rahmen des zweiten Auswahlverfahrens verletzt worden. Diskrepanzen zwischen den im Auswahlvermerk niedergelegten Tatsachen über das Überprüfungsverfahren und dessen tatsächlichem Ablauf habe der Beschwerdeführer nicht konkret dargelegt. Der Umstand, dass die während des Überprüfungsverfahrens von einer Mitarbeiterin des Ministeriums angefertigten Notizen nicht in der Akte enthalten seien, sei unschädlich. Ein schriftliches Wortprotokoll der schulfachlichen Überprüfung sei nicht erforderlich.
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Eine Gehörsrüge des Beschwerdeführers wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. April 2011 zurück.
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Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 33 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 4 GG sowie seiner Menschenwürde.
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Er sei weder telefonisch noch in sonstiger Weise vom Abbruch des Auswahlverfahrens unterrichtet oder über die Gründe informiert worden. Nur durch Zufall habe er von der Neuausschreibung erfahren. Schriftliche Unterlagen zu beiden Auswahlverfahren seien verschwunden, so dass die Entscheidungen des Ministeriums nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Bei Einsicht in die nach dem zweiten Verfahren verfassten Auswahlberichte habe er festgestellt, dass seine eigenen Leistungen ersichtlich abqualifiziert worden seien. Seine Einwände hätten anhand des Protokolls der Überprüfung leicht belegt werden können, dieses sei jedoch nicht auffindbar.
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Im ersten Auswahlverfahren hätten drei Mitbewerber ihre Bewerbung auf Anraten des Ministeriums zurückgezogen. Er selbst habe seine Bewerbung trotz Drängens des Ministeriums aufrechterhalten. Als der wohl für die Stelle favorisierte Mitbewerber überraschend ebenfalls seine Bewerbung zurückgezogen habe, sei das Verfahren zur Erweiterung des Bewerberkreises abgebrochen worden. Dies sei nicht nachvollziehbar, da das Ministerium selbst für die Verkleinerung des Bewerberkreises gesorgt habe. Die Entscheidung habe sich gegen ihn als noch verbliebenem Bewerber gerichtet, der nicht in die Planung gepasst habe. Mangels Information über den Abbruch habe man provoziert, dass er eine Neuausschreibung verpassen würde.
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Nach seinen dienstlichen Beurteilungen hätte er, der Beschwerdeführer, zum Zuge kommen müssen. Die beiden Auswahlverfahren basierten auf unterschiedlichen Anforderungsprofilen. Ein Punkt im ersten Anforderungsprofil, der aufgrund seiner Tätigkeit an einer integrierten Gesamtschule besonders gut auf ihn passe, sei für die zweite Stellenausschreibung abgeändert worden.
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Das Bundesverfassungsgericht hat dem Land Hessen und dem Beigeladenen des Ausgangsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Hessische Staatskanzlei trägt vor, die Entscheidung über den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens sei nach der Rechtsprechung rechtzeitig zu dokumentieren. Wie weit dies im ersten Stellenbesetzungsverfahren geschehen sei, lasse sich den Unterlagen nicht entnehmen. Indes werde davon ausgegangen, dass der Dienstherr dieser Verpflichtung nachgekommen sei. Die Verwaltungsakten und die Akten des Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.
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Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde ist von der Kammer stattzugeben, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen vom Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
- 16
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1. Insbesondere ist sie innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG erhoben worden. Die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers (§ 152a VwGO), die der Verwaltungsgerichtshof zum Anlass für eingehende ergänzende Ausführungen nahm, war nicht offensichtlich aussichtslos und konnte daher die Verfassungsbeschwerdefrist offenhalten (vgl. BVerfGE 5, 17 <19 f.>; 16, 1 <2 f.>; 19, 323 <330>).
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2. a) Allerdings ist die Rüge der Verletzung des Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG unzulässig, soweit der Beschwerdeführer vorträgt, dass die auf die erneute Stellenausschreibung hin getroffene Auswahlentscheidung inhaltlich fehlerhaft sei. Es fehlt insoweit an einer hinreichenden Begründung im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG, da der Beschwerdeführer die für eine sachgerechte verfassungsrechtliche Beurteilung erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt hat (vgl. BVerfGK 2, 261 <263 f.>; 13, 557 <559>). Der Beschwerdeführer legt den Bericht über das Auswahlverfahren, in welchem der Dienstherr seine Auswahlerwägungen niedergelegt hat, nicht mit vor. Der Inhalt des Auswahlberichts ergibt sich auch nicht genau genug aus den vorgelegten Gerichtsentscheidungen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist auch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer über den Auswahlbericht verfügt oder sich im Rahmen von Akteneinsicht eine Kopie hätte verschaffen können. Unsubstantiiert und damit unzulässig ist auch die Rüge der Verletzung von Art. 1 Abs. 1 GG.
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b) Hinreichend substantiiert ist die Rüge der Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG, soweit der Beschwerdeführer den Abbruch des ersten Auswahlverfahrens rügt.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist auch offensichtlich begründet. Die Entscheidungen der Fachgerichte verkennen bei der Prüfung, ob der Abbruch des ersten Auswahlverfahrens der nunmehrigen Besetzung der Stelle entgegensteht, den Gehalt des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Beschwerdeführers. Die Ablehnung des Antrags und die Zurückweisung der Beschwerde verletzen den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.
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1. a) Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Nach Art. 33 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG kann der unterlegene Bewerber in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen, ob er durch die Auswahlentscheidung in seinem subjektiv-öffentlichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt worden ist (stRspr; vgl. BVerfGK 12, 265 <268 f.>).
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b) Die konkrete Stellenausschreibung und das daran anschließende Auswahlverfahren dienen der verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Bewerber (vgl. BVerfGK 10, 355 <357>). Um eine Durchsetzung der in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechte sicherstellen zu können, erfordert der Bewerbungsverfahrensanspruch eine angemessene Gestaltung des Auswahlverfahrens (vgl. BVerfGK 10, 355 <357>; zu Art. 12 Abs. 1 GG vgl. BVerfGE 73, 280 <296>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01 u. a. -, DVBl 2002, S. 1629; BVerfGK 5, 205 <215>).
- 22
-
c) Dem Bewerbungsverfahrensanspruch ist auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGK 5, 205 <215>, zu Art. 12 Abs. 1 GG). Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu (vgl. BVerwGE 101, 112 <115>; BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 172 <173>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Dezember 2008 - 2 BvR 627/08 -, NVwZ-RR 2009, S. 344 <345>). Der Abbruch des Auswahlverfahrens, durch welchen sich die Zusammensetzung des Bewerberkreises steuern lässt (vgl. zu Art. 12 Abs. 1 GG BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01 u. a. -, DVBl 2002, S. 1629; BVerfGK 5, 205 <215>), erfordert jedoch einen sachlichen Grund (vgl. BVerfGK 10, 355 <358>; zu den Rechten von Notarbewerbern aus Art. 12 Abs. 1 GG vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01 u. a. -, DVBl 2002, S. 1629 <1630>; BVerfGK 5, 205 <215>; s. auch BVerwGE 101, 112 <115>; BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 172 <173>). Wird der Abbruch eines Auswahlverfahrens dieser Anforderung nicht gerecht, so darf von Verfassungs wegen keine Neuausschreibung erfolgen. Durch eine Auswahlentscheidung in einem neuen Auswahlverfahren werden die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt.
- 23
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d) Der maßgebliche Grund für den Abbruch muss jedenfalls dann, wenn er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 12. Juli 2011 - 1 BvR 1616/11 -, juris, Rn. 26; zu Dokumentationspflichten bei der Auswahlentscheidung vgl. BVerfGK 11, 398 <402 f.>). Die Bewerber werden grundsätzlich nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Erwägungen in die Lage versetzt, etwa anhand von Akteneinsicht sachgerecht darüber befinden zu können, ob die Entscheidung des Dienstherrn ihren Bewerbungsverfahrensanspruch berührt und ob Rechtsschutz in Anspruch genommen werden sollte (vgl. zur Auswahlentscheidung BVerfGK 11, 398 <403>). Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation des sachlichen Grundes für den Abbruch des Auswahlverfahrens dem Gericht die Möglichkeit, die Beweggründe für den Abbruch nachzuvollziehen (vgl. zur Auswahlentscheidung BVerfGK 11, 398 <403>). Die Annahme, die maßgeblichen Erwägungen könnten auch erstmals im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens über die Besetzung der betroffenen Stelle dargelegt werden, mindert die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bewerber in unzumutbarer Weise (vgl. zur Auswahlentscheidung BVerfGK 11, 398 <403>).
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2. Diesen Anforderungen des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Beschwerdeführers werden die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht.
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a) Zwar entspricht der Ausgangspunkt des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die in einem weiteren Auswahlverfahren getroffene Auswahl bei Unwirksamkeit des Abbruchs eines vorherigen Auswahlverfahrens den Bewerbungsverfahrensanspruch des Beschwerdeführers verletzt, im Gegensatz zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Darmstadt den verfassungsrechtlichen Maßstäben. Bei der Prüfung, ob der Abbruch des ersten Auswahlverfahrens auf einem sachlichen Grund basierte, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht beachtet, dass die maßgeblichen Gründe zumindest dann, wenn sie nicht evident sind, in den Akten dokumentiert sein müssen. Er hat vielmehr die erstmalige Darlegung der Gründe im gerichtlichen Eilverfahren für ausreichend gehalten. Damit entfernt sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof nicht nur stillschweigend von der - in der Entscheidung zitierten - eigenen Rechtsprechung, wonach die relevanten Gründe für den Abbruch des Auswahlverfahrens zumindest ansatzweise schriftlich festzuhalten und Argumente, die erst im anhängigen Verfahren vorgetragen würden, nicht zu berücksichtigen seien (HessVGH, Beschluss vom 15. Mai 1992 - 1 TG 2485/91 -, ZBR 1993, S. 337 <338>). Er wird auch dem verfassungsrechtlichen Maßstab der Art. 33 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht gerecht, wonach Bewerber die Möglichkeit haben müssen, das Fehlen eines sachlichen Grundes für den Abbruch eines Auswahlverfahrens in zumutbarer Weise zu rügen.
- 26
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b) Darauf, ob die Gerichte in Evidenzfällen davon absehen können, die fehlende Dokumentation des sachlichen Grundes zu beanstanden, kommt es nicht an. Denn der vom Verwaltungsgerichtshof angenommene sachliche Grund stellt keinen solchen Evidenzfall dar. Der in Nr. 1.12 des Erlasses vom 22. November 2001 geregelte Fall, dass nach der Ausschreibung nur eine Bewerbung vorliegt und zu erwarten ist, dass sich das Bewerberfeld erweitern könnte, erfasst nicht die - nach dem unbestrittenen Vorbringen des Beschwerdeführers im Eilverfahren vorliegende - Konstellation der auf Anregung des Dienstherrn erfolgten Rücknahme von Bewerbungen und damit der künstlichen Verknappung des Bewerberfelds. Dass der Abbruch etwa mit dem Ziel erfolgt wäre, nach der zurückgezogenen Bewerbung des aussichtsreichsten Kandidaten den ursprünglichen Bewerberkreis unter Einbeziehung derjenigen, denen vorher eine Rücknahme ihrer Bewerbungen nahegelegt worden war, wiederherzustellen, ist weder vorgetragen noch gerichtlich geprüft worden. Eine solche Zielsetzung ist auch deshalb nicht evident, weil ungeklärt ist, ob der Beschwerdeführer vom Abbruch und der Neuausschreibung überhaupt benachrichtigt wurde.
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III.
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-
Die Annahme der zulässigen und begründeten Verfassungsbeschwerde erscheint zur Durchsetzung von Rechten des Beschwerdeführers angezeigt, § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG. Die Verkürzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Beschwerdeführers stellt für diesen einen besonders schweren Nachteil dar. Es ist auch nicht sicher, dass der Beschwerdeführer bei der Konkurrenz um die ausgeschriebene Stelle im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGK 6, 273 <275 f.>). Der Beschwerdeführer hat bei Fortsetzung des ersten Auswahlverfahrens zwar keinen Anspruch darauf, dass dieses zu Ende geführt wird. Der Behörde steht es offen, das Auswahlverfahren für die Zukunft aus sachlichen Gründen zu beenden. Selbst in diesem Fall müsste es jedoch zu einem neuen Auswahlverfahren kommen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer in diesem - etwa aufgrund eines veränderten Anforderungsprofils oder Bewerberkreises - bessere Chancen hat als in dem bisher durchgeführten zweiten Auswahlverfahren.
Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
III.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
IV.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und für das erstinstanzliche Verfahren wird auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Gründe
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A.
- 1
-
Der Beschwerdeführer ist Richter am Bundesfinanzhof und wendet sich gegen den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens betreffend die Stelle eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin am Bundesfinanzhof.
-
I.
- 2
-
Unter dem 23. Oktober 2013 schrieb der Präsident des Bundesfinanzhofs unter Hinweis darauf, dass der Vorsitzende des III. Senats in den Ruhestand treten werde, hausintern das Amt einer Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters am Bundesfinanzhof aus. Daraufhin bewarben sich der Beschwerdeführer und Frau Prof. Dr. J., die ebenfalls Richterin am Bundesfinanzhof ist (im Folgenden: die Beigeladene). Dem Beschwerdeführer wurde am 11. März 2014 mitgeteilt, dass die Beigeladene für die ausgeschriebene Stelle ausgewählt worden sei. Auf seinen Antrag untersagte daraufhin das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 16. Juni 2014 − M 5 E 14.1291 − der Antragsgegnerin des fachgerichtlichen Verfahrens, die ausgeschriebene Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Beschwerdeführers bestandskräftig entschieden worden sei. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Auswahlentscheidung sei fehlerhaft, da der Auswahlvermerk in sich widersprüchlich sei und auf einer nicht mehr aktuellen Anlassbeurteilung des Beschwerdeführers beruhe.
- 3
-
Daraufhin hat der Präsident des Bundesfinanzhofs beide Bewerber erneut beurteilt und auf dieser Grundlage dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (im Folgenden: Ministerium) einen auf den 28. Juli 2014 datierten Besetzungsbericht vorgelegt, in dem er wiederum die Beigeladene für die zu besetzende Stelle vorschlug. Der Beschwerdeführer legte gegen seine Beurteilung zunächst Widerspruch ein und erhob, nachdem dieser nur zu einem Teil Erfolg hatte, später auch Klage zum Verwaltungsgericht, über die bislang nicht entschieden ist.
- 4
-
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2014 und 7. Februar 2015 bat Richter am BFH Dr. W. darum, seine Bewerbung um das Amt eines Vorsitzenden des II. Senats des BFH auch bei der Besetzung der Vorsitzendenstelle des III. Senats zu berücksichtigen.
- 5
-
Mit Schreiben vom 16. März 2015 teilte der Präsident des BFH dem Beschwerdeführer mit, dass sich auf die ausgeschriebene Vorsitzendenstelle im III. Senat nach Ablauf der Bewerbungsfrist, aber noch vor einer "abschließenden Auswahlentscheidung" ein weiterer Richter beworben habe, dessen Bewerbung zu berücksichtigen wäre; deshalb bestehe auch kein sachlicher Grund, mögliche zeitnahe weitere Bewerbungen zurückzuweisen. Zudem habe das Besetzungsverfahren so lange gedauert, dass inzwischen drei weitere Vorsitzendenstellen zur Besetzung anstünden. Um allen Richterinnen und Richtern des Bundesfinanzhofs Zugang zu der Bewerberauswahl bei jeder dieser vier Stellen zu ermöglichen, werde das laufende Besetzungsverfahren abgebrochen und diese Stelle zusammen mit den weiteren Stellen neu ausgeschrieben werden. Von Seiten des Ministeriums wurde der Abbruch des Auswahlverfahrens am 16. März 2015 telefonisch gebilligt und der Neuausschreibung der Vorsitzendenstelle des III. Senats sowie der Ausschreibung der Vorsitzendenstelle des I., II. und VIII. Senats zugestimmt.
- 6
-
Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 5. Juni 2015 − M 5 E 15.1577 − entsprochen und die Antragsgegnerin verpflichtet, das Verfahren zur Besetzung der am 23. Oktober 2013 ausgeschriebenen Stelle eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin am Bundesfinanzhof (Vorsitz III. Senat) mit den bisherigen Bewerbern vorläufig fortzusetzen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens sei zu Unrecht durch den Präsidenten des Bundesfinanzhofs erfolgt.
- 7
-
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin des fachgerichtlichen Verfahrens hatte vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Erfolg (Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. August 2015 − 6 CE 15.1379). Der Dienstherr habe das durch Ausschreibung vom 23. Oktober 2013 eröffnete Auswahlverfahren in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig abgebrochen.
- 8
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Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe die zuständige Behörde den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens verfügt. Der Präsident des Bundesfinanzhofs habe mit Schreiben vom 16. März 2015 lediglich dem Ministerium vorgeschlagen, das Verfahren zur Besetzung einer Stelle als Vorsitzende Richterin/Vorsitzender Richter abzubrechen und die Stelle zusammen mit drei weiteren Vorsitzendenstellen neu auszuschreiben. Das Ministerium habe diesen Vorschlag ausweislich eines bei den Behördenakten befindlichen Vermerks wegen der Eilbedürftigkeit noch am selben Tag gebilligt und den Präsidenten des Bundesfinanzhofs davon telefonisch unterrichtet. Insoweit habe das Ministerium die Entscheidung über den Abbruch des Auswahlverfahrens und die Neuausschreibung der Stelle vielmehr selbst getroffen. Der dafür maßgebende Grund sei ausreichend in dem Schreiben des Präsidenten des Bundesfinanzhofs vom 16. März 2015 dokumentiert, das sich das Ministerium in vollem Umfang zu Eigen gemacht habe. Bei diesem Schreiben handele es sich nicht etwa um die Entscheidung selbst, sondern lediglich die Unterrichtung der Bewerber über den - durch das Ministerium verfügten - Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens. Das Ministerium, das ausweislich der Akten dieses Schreiben bereits im Entwurf gekannt und ebenfalls gebilligt habe, sei nicht gehindert, seine Entscheidung den Betroffenen durch den Präsidenten des Bundesfinanzhofs mitteilen zu lassen.
- 9
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Der Abbruch des Verfahrens sei auch sachlich gerechtfertigt. Der Dienstherr habe die nachträgliche Bewerbung des Richters Dr. W. zum Anlass genommen, das Auswahlverfahren abzubrechen, damit in einem anschließenden neuen Verfahren aufgrund eines aktualisierten Bewerberkreises eine dem Art. 33 Abs. 2 GG genügende Entscheidung getroffen werden könne. Der Dienstherr sei nicht gehindert, die Suche nach dem am besten geeigneten Bewerber auch nach Ablauf der Bewerbungsfrist fortzuführen. Er dürfe sogar einen Bewerber nicht bereits deshalb zurückweisen, weil dessen Bewerbung nach Fristablauf eingegangen sei. Ein Bewerber habe vielmehr immer dann einen Anspruch auf Einbeziehung in ein laufendes Stellenbesetzungsverfahren trotz Ablaufs der Bewerbungsfrist, wenn dies zu keiner nennenswerten Verzögerung des Verfahrens führe. Eine solche sei nicht zu erwarten gewesen. Der Auswahlvermerk vom 25. Februar 2014, mit dem sich der Dienstherr für die Beigeladene entschieden habe, sei vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. Juni 2014 als rechtsfehlerhaft bemängelt worden und habe damit keine taugliche Grundlage für eine Bewerberauswahl mehr abgeben können. Bei Eingang der weiteren Bewerbung von Richter Dr. W. habe noch kein neuer Auswahlvermerk des Ministeriums vorgelegen. Zwar habe der Präsident des Bundesfinanzhofs unter dem 28. Juli 2014 bereits einen neuen Besetzungsvorschlag auf der Grundlage neuer dienstlicher (Anlass-)Beurteilungen des Beschwerdeführers und der Beigeladenen erstellt und dem Ministerium übersandt. Dort sei das Auswahlverfahren aber zunächst nicht weitergeführt worden, weil der Beschwerdeführer gegen seine Beurteilung Widerspruch eingelegt habe und zunächst dessen Ausgang abgewartet werden solle. Nachdem der Präsident des Bundesfinanzhofs dem Widerspruch teilweise abgeholfen hätte (Teilabhilfebescheid vom 27. November 2014), habe das Ministerium den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2015 zurückgewiesen. Über die vom Beschwerdeführer hiergegen erhobene Klage sei bislang nicht entschieden. Bei Eingang der weiteren Bewerbung vom 28. Dezember 2014 und ihrer Bekräftigung durch Erinnerungsschreiben vom 7. Februar 2015 habe mithin zunächst noch ein - hinsichtlich der Erwägungen im Teilabhilfebescheid - aktualisierter Besetzungsvorschlag des Präsidenten des Bundesfinanzhofs ausgestanden, auf dessen Grundlage dann das Ministerium eine neue Auswahlentscheidung hätte treffen müssen. Selbst Anfang Februar 2015 habe es demnach weiterhin an der Entscheidungsreife gefehlt, weshalb der Dienstherr die nachträgliche Bewerbung von Richter Dr. W. nicht nur berücksichtigen durfte, sondern musste. Angesichts dieses Verfahrensablaufs sei der Dienstherr auch mit Blick auf die bisherige Verfahrensdauer von mehr als einem Jahr berechtigt gewesen, den Eingang der neuen Bewerbung zum Anlass zu nehmen, das Auswahlverfahren nunmehr abzubrechen. Das gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass das Verwaltungsgericht untersagt habe, die Beigeladene zu ernennen. Denn der Dienstherr sei insbesondere dann zum Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens berechtigt, wenn er erkannt habe, dass es fehlerbehaftet sei. Es sei kein Grund ersichtlich, dass der Abbruch sachwidrig allein der Benachteiligung oder der Bevorzugung eines Bewerbers habe dienen können.
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II.
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Der Beschwerdeführer wendet sich gegen das Schreiben des Präsidenten des Bundesfinanzhofs vom 16. März 2015 sowie gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs und rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG. Der Verwaltungsgerichtshof verkenne, dass mit der Auswahlentscheidung des Ministeriums vom 25. Februar 2014 in Verbindung mit der Konkurrentenmitteilung vom 11. März 2014 das Bewerbungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen oder jedenfalls so weit fortgeschritten sei, dass dies die Berücksichtigung der Bewerbung/Interessenbekundung von Dr. W. vom 28. Dezember 2014 hätte ausschließen müssen; stattdessen sei eine unangemessene Verzögerung eingetreten. Die Begründung des Verwaltungsgerichtshofs, der Auswahlvermerk vom 25. Februar 2014 könne nicht mehr taugliche Grundlage für eine Bewerberauswahl sein, nachdem das Verwaltungsgericht ihn als rechtsfehlerhaft bemängelt habe, lasse außer Acht, dass die einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts lediglich den Vollzug der ministeriellen Auswahlentscheidung hindere, ihr aber nicht den Charakter der verfahrensrechtlichen Rechtsgrundlage für die Ernennung nähme, wenn der Antrag rechtskräftig abgewiesen worden wäre. Gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Auswahlentscheidung nicht mehr als taugliche Entscheidungsgrundlage diene, spreche auch, dass das Ministerium an dieser Auswahlentscheidung festgehalten habe, indem es seinen Widerspruch gegen die Beurteilung durch Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2015 zurückgewiesen habe. Stattdessen hätten sich der Präsident des Bundesfinanzhofs und das Ministerium an die "Reparatur" der Auswahlentscheidung gemacht. Angesichts dessen sei die Bewerbung von Richter Dr. W. als nicht mehr berücksichtigungsfähig anzusehen. Außerdem hätte dessen Bewerbung allein eine Fortsetzung des Verfahrens, nicht aber den Abbruch des Verfahrens zur Folge haben dürfen. Wenn in einem laufenden Verfahren - wie hier die Beigeladene - zumindest eine(r) der BewerberInnen als geeignet angesehen werde, sei es auch nicht gerechtfertigt "zur Aktualisierung des Bewerberkreises", das Verfahren abzubrechen, weil damit ermöglicht würde, die Ergebnisse des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu unterlaufen und die Durchsetzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs zu erschweren. Auch der Hinweis des Verwaltungsgerichtshofs auf die Dauer des Stellenbesetzungsverfahrens von mehr als einem Jahr vermöge einen Abbruch nicht zu rechtfertigen, weil diese Dauer verfahrenstypisch sei. Der Beschluss könne auch keinen Bestand haben, weil er zur Rechtfertigung Gründe anführe (Aktualisierung des Bewerberkreises angesichts der Verfahrensdauer von mehr als einem Jahr; Erkennen der Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens; Neuausschreibung im Zusammenhang mit der Neuausschreibung von drei weiteren Vorsitzendenstellen), mit denen der Präsident des Bundesfinanzhofs seine Entscheidung gar nicht begründet habe. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei auch verletzt, weil die Abbruchsentscheidung durch den dafür nicht zuständigen Präsidenten des Bundesfinanzhofs getroffen worden sei. Die Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs sei schon nicht mit der eigenen Wahrnehmung des Ministeriums zu der von ihm erklärten Billigung vereinbar. Die fehlende Sachzuständigkeit werde auch nicht durch die "Vorabbilligung" der Abbruchsentscheidung geheilt, weil eine vorherige oder nachträgliche Billigung durch die zuständige Behörde nicht zu den Heilungsgründen nach § 45 VwVfG zähle. Im Übrigen habe eine Anhörung vor der Abbruchsentscheidung nicht stattgefunden.
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B.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Annahmevoraussetzungen nicht vorliegen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), da die für ihre Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden sind. Sie ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil sie unbegründet ist und daher insgesamt keine Aussicht auf Erfolg hat. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.
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I.
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Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Nach Art. 33 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG kann der unterlegene Bewerber in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen, ob er durch die Auswahlentscheidung in seinem subjektiv-öffentlichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt worden ist (stRspr; vgl. BVerfGK 12, 265 <268 f.>).
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Die konkrete Stellenausschreibung und das daran anschließende Auswahlverfahren dienen der verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Bewerber (vgl. BVerfGK 10, 355 <357>). Um eine Durchsetzung der in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechte sicherstellen zu können, erfordert der Bewerbungsverfahrensanspruch eine angemessene Gestaltung des Auswahlverfahrens (vgl. BVerfGK 10, 355 <357>).
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Dem Bewerbungsverfahrensanspruch ist auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGK 5, 205 <215>, zu Art. 12 Abs. 1 GG). Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Dezember 2008 - 2 BvR 627/08 -, juris, Rn. 8 f.) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu (vgl. aus der neueren Rechtsprechung BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 C 6/11 -, juris, Rn. 16). Der Abbruch des Auswahlverfahrens, durch welchen sich die Zusammensetzung des Bewerberkreises steuern lässt, erfordert jedoch einen sachlichen Grund (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 -, NVwZ 2012, S. 366 <367>; BVerfGK 10, 355 <358>). Wird der Abbruch eines Auswahlverfahrens dieser Anforderung nicht gerecht, so darf von Verfassungs wegen keine Neuausschreibung erfolgen. Durch eine Auswahlentscheidung in einem neuen Auswahlverfahren werden die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 -, NVwZ 2012, S. 366 <367>). Der maßgebliche Grund für den Abbruch muss jedenfalls dann, wenn er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 -, NVwZ 2012, S. 366 <367>).
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Diesen Anforderungen des Bewerbungsverfahrensanspruchs werden die Entscheidung über den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens und der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs gerecht.
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1. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit der Abbruchsentscheidung bestehen nicht. Es ist weder in der Beschwerdeschrift dargetan noch sonst ersichtlich, dass die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Würdigung des Geschehens willkürlich erfolgte. Der Vortrag des Beschwerdeführers erschöpft sich darin, seine eigene Wertung der Abläufe an die Stelle derjenigen des Verwaltungsgerichtshofs zu setzen und als einen Verstoß gegen einfachrechtliche Vorschriften zu subsumieren. Letztlich lassen die Ausführungen des Beschwerdeführers aber nicht einmal ansatzweise erkennen, weshalb eine formell rechtswidrige Abbruchsentscheidung ihn zugleich in seinem verfassungsrechtlich gewährten Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt.
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2. Auch in materieller Hinsicht sind die Abbruchsentscheidung und ihre Billigung durch den Verwaltungsgerichtshof verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 C 6/11 -, juris, Rn. 20) geht das Gericht davon aus, dass in der Regel ein Abbruch jedenfalls dann sachlich gerechtfertigt ist, wenn dem Dienstherrn im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt wurde, den von ihm ausgewählten Bewerber zu ernennen. Diese Rechtsprechung kann mit dem von Art. 33 Abs. 2 GG angestrebten Ziel der Bestenauslese in Einklang gebracht werden. Die Beendigung eines Auswahlverfahrens, das verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnet, ist jedenfalls dann sachgerecht, wenn - wie hier - das zugehörige vorläufige Rechtsschutzverfahren rechtskräftig zu Ungunsten des Dienstherrn abgeschlossen wurde. Mit vertretbarer Argumentation geht der Verwaltungsgerichtshof darüber hinaus davon aus, dass der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens nicht allein der Benachteiligung des Beschwerdeführers beziehungsweise der Bevorzugung anderer Bewerber diente. Das Verwaltungsgericht hatte nämlich in seiner einstweiligen Anordnung im Konkurrentenstreitverfahren die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung deutlich herausgearbeitet, ohne zugleich einen Eignungsvorsprung des Beschwerdeführers zu konstatieren. Dass dieser Abbruchsgrund in dem Schreiben vom 16. März 2015 nicht dezidiert erwähnt wird, ist ausnahmsweise unschädlich, da er sich evident aus dem bisherigen Ablauf des Bewerbungsverfahrens für den Beschwerdeführer ergeben konnte.
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b) Keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet darüber hinaus, dass der Verwaltungsgerichtshof den in dem Schreiben vom 16. März 2015 dokumentierten Abbruchsgrund, nämlich die nachträgliche beziehungsweise erneuerte Bewerbung des Richters Dr. W., gebilligt hat. Ungeachtet des bereits fortgeschrittenen Stellenbesetzungsverfahrens war es zur Gewährleistung des Grundsatzes der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) wenn nicht geboten, so doch gerechtfertigt, einen weiteren Bewerber, dessen Eignung für das angestrebte Amt nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, wofür vorliegend nichts spricht, zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls, wenn das Stellenbesetzungsverfahren ohnehin aufgrund einer einstweiligen Anordnung "angehalten" wurde. Nicht zu überzeugen vermag das Argument des Beschwerdeführers, es sei zu einer Verzögerung des Verfahrens gekommen, da eine Auswahlentscheidung des Dienstherrn vorliege und somit eine Entscheidungsreife eingetreten sei. Angesichts der rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts in dem Konkurrentenstreitverfahren, in der das Gericht die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung monierte, und wegen der noch anhängigen Rechtsstreitigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Beurteilung war es zum Zeitpunkt des Abbruchs nicht zu erwarten, dass die ursprüngliche Auswahlentscheidung weiterhin als Grundlage für einen Besetzungsvorschlag dienen würde.
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c) Nicht nachvollziehbar ist der Einwand des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof führe zur Rechtfertigung des Abbruchs Gründe an, die sich in dem Schreiben des Präsidenten des Bundesfinanzhofs vom 16. März 2015 nicht wiederfänden. Ebenso wie der Präsident zieht der Verwaltungsgerichtshof den Eingang einer neuen Bewerbung als maßgeblichen Abbruchsgrund heran und führt dies weiter aus, ohne eigenständig nicht dokumentierte Gründe, soweit sie nicht ohnehin evident sind (siehe oben II. 2. a), hinzuzufügen.
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d) Inwieweit die unterbliebene Anhörung des Beschwerdeführers vor der Abbruchsentscheidung ihn in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt, ist weder dargetan noch ersichtlich.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens.
4Im Juni 2015 schrieb die Antragsgegnerin den Dienstposten der Leiterin/ des Leiters der Verwaltungsabteilung im Tiefbauamt ( Kennziffer 66-98, bewertet nach A 13 h.D.) aus. Die Antragstellerin, die als Stadtamtsrätin seit 2007 ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 ÜBesG NRW innehat, bewarb sich neben drei weiteren Beamten um diesen Dienstposten. Die Antragsgegnerin legte in dem von ihr durchgeführten Auswahlverfahren die letzten dienstlichen Beurteilungen der drei nach dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung in Betracht kommenden Bewerber zugrunde. Dabei berücksichtigte sie die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin zum 15. August 2012, die mit dem Gesamturteil „übertroffen ( eine hervorragende Leistung und Befähigung )“ abschloss. In dieser aus Anlass einer Bewerbung erstellten dienstlichen Beurteilung, die keinen Beurteilungszeitraum ausweist, wurde die Antragstellerin in ihrer Funktion als Sachbearbeiterin im Verwaltungsbereich des Tiefbauamtes im statusrechtlichen Amt einer Stadtamtsrätin dienstlich beurteilt. Im Februar 2014 wurde der Antragstellerin die Stelle der Sachgebietsleitung „Allgemeine Verwaltungsangelegenheiten“ im Tiefbauamt übertragen. Ein weiterer Bewerber wurde unter Zugrundelegung seiner dienstlichen Regelbeurteilung vom November 2012 für den Zeitraum vom 01. Juni 2009 bis 30. September 2012, die mit dem Gesamturteil „übertroffen ( eine hervortretende Leistung und Befähigung)“ abschloss, am Auswahlverfahren beteiligt. Dieser Bewerber nahm zum Zeitpunkt der Erstellung der Regelbeurteilung die Aufgaben „Beratung und Betreuung der Fachämter in allen Fragen der Informationstechnologie (IT), Erstellen von Machbarkeitsanalysen und Angeboten, inhaltliche Vorbereitung von Verträgen u.a.“ wahr. Seit Juni 2013 ist er als Sachbearbeiter im Zentralen Projektmanagement tätig. Der dritte Bewerber wurde unter Zugrundelegung der Regelbeurteilung vom April 2015 für den Zeitraum vom 01. Juni 2009 bis 30. September 2012, die mit dem Gesamturteil „übertroffen (eine hervortretende Leistung und Befähigung)“ abschließt, am Auswahlverfahren beteiligt. Dieser Bewerber nahm sowohl im Beurteilungszeitraum als auch im Zeitpunkt des Auswahlverfahrens die Funktion eines Sachgebietsleiters (HKR und Zuschussangelegenheiten) wahr. Die Antragsgegnerin ging davon aus, dass nach den herangezogenen Beurteilungen keiner der Bewerber einen erheblichen Eignungsvorsprung aufweise und führte deshalb am 09. September 2015 Auswahlgespräche durch. Ausweislich des Auswahlvermerks kam das Auswahlgremium zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin für die Besetzung der Stelle am geeignetsten erscheine. Dieses Ergebnis wurde den Bewerbern vorab fernmündlich mitgeteilt. Eine schriftliche Bestätigung (Konkurrentenmitteilung) sollte erst nach der Beteiligung des Personalrats erfolgen.
5Am 23. September 2015 – nachdem einer der unterlegenen Bewerber um die Zusendung der in Aussicht gestellten Konkurrentenmitteilung nachgesucht hatte – entschied die Antragsgegnerin, das Besetzungsverfahren abzubrechen. Zur Begründung ist in dem entsprechenden Vermerk ausgeführt, es seien Zweifel aufgetreten, ob die zugrundegelegten dienstlichen Beurteilungen zur Begründung der Auswahlentscheidung herangezogen werden könnten. Dies gelte insbesondere unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Aktualität. Der insoweit noch zu akzeptierende Zeitraum von drei Jahren werde grenzwertig erreicht. Der Stichtag für die nächsten Regelbeurteilungen sei Oktober 2015. Entscheidend sei hier jedoch, dass der Antragstellerin seit Februar 2014 die Funktion einer Sachgebietsleitung „Verwaltung“ im Tiefbauamt übertragen worden sei. Diese im Vergleich zu der zum Zeitpunkt der Beurteilung aus dem Jahr 2012 wahrgenommene andere Funktion sei auch über einen beachtenswerten Zeitraum ( über ein Jahr ) bis zur Auswahlentscheidung wahrgenommen worden. Damit sei die der Auswahlentscheidung zugrundegelegte Beurteilung der Antragstellerin nicht mehr hinreichend aktuell und könne somit als Grundlage für die Auswahlentscheidung nicht mehr herangezogen werden. Um einen Vergleich zwischen den Bewerbern herbeizuführen, seien aktuelle ggf. Bedarfsbeurteilungen bzw. die zum Stichtag 10/2015 zu erstellenden Regelbeurteilungen heranzuziehen. Das Stellenbesetzungsverfahren könne nicht mehr rechtsfehlerfrei fortgesetzt werden. Daher sei der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens aus einem sachlichen Grund geboten.
6Mit Schreiben vom 24. September 2015 unterrichtete die Antragsgegnerin die Bewerber, dass das Stellenbesetzungsverfahren „Abteilungsleitung Verwaltung“ im Tiefbauamt abgebrochen worden sei. Zur Begründung heißt es: „Der Abbruch des Verfahrens beruht auf dem sachlichen Grund, dass das Verfahren nicht bzw. nicht mehr „rechtsfehlerfrei“ beendet werden kann, da die im Rahmen der Bestenauslese zu Grunde zu legenden Beurteilungen im Bewerberinnen-/Bewerbervergleich nicht hinreichend „aktuell“ sind.“ Wann dieses Schreiben die Antragstellerin erreicht hat, ist den Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen.
7Mit dem am 23. Oktober 2015 zur Post gegebenen und am 26. Oktober 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 22. Oktober 2015 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
8Sie trägt vor, es liege kein sachlicher Grund vor, der einen Abbruch des Auswahlverfahrens rechtfertige. Sie habe bei Übergabe ihres Bewerbungsschreibens darauf hingewiesen, dass ihre letzte dienstliche Beurteilung ein gewisses Alter habe. Daraufhin sei ihr mitgeteilt worden, dass die Notwendigkeit einer aktuellen Beurteilung nicht gesehen werde. An dieser Erklärung des zuständigen Sachbearbeiters müsse sich die Antragsgegnerin festhalten lassen. Allein der Umstand, dass die dienstliche Beurteilung etwa drei Jahre alt sei, führe nicht dazu, dass sie nunmehr nicht mehr herangezogen werden könne. Eine Unmöglichkeit der rechtsfehlerfreien Fortführung des Auswahlverfahrens resultiere daraus nicht. Selbst wenn mit der Antragsgegnerin davon ausgegangen werde, dass die zugrundegelegten dienstlichen Beurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell seien, rechtfertige dies den Abbruch des Auswahlverfahrens nicht. In diesem Fall wäre die Antragsgegnerin gehalten, nach Einholung aktueller dienstliche Beurteilungen lediglich eine neue Auswahlentscheidung zwischen den vorhandenen Bewerbern zu treffen. Eine Neuausschreibung mit der Möglichkeit, dass sich daraus ein anderer Bewerberkreis ergibt, sei nicht zulässig.
9Die Antragstellerin beantragt,
10der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, das Stellenbesetzungsverfahren betreffend die Stelle als Leiterin / als Leiter der Verwaltungsabteilung im Tiefbauamt ( Kennziffer 66-98 ) fortzuführen und über die Bewerbung der Antragstellerin auf die vorgenannte Stelle erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
11Die Antragsgegnerin beantragt,
12den Antrag abzulehnen.
13Zur Begründung verweist sie darauf, dass ein sachlicher Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens vorliege. Beim abschließenden Vergleich der Beurteilungen der Bewerber sei aufgefallen, dass diejenige der Antragstellerin nicht hinreichend aktuell gewesen sei. Da sie aus dem Jahre 2012 stamme, treffe sie keinerlei Aussagen zu dem Umstand, dass der Beamtin bereits im Februar 2014 eine Führungsstelle übertragen worden sei. Daher fehle es an einer hinreichenden Vergleichbarkeit der vorliegenden Beurteilungen. Demgegenüber sei das Verfahren entgegen dem Vortrag der Antragstellerin nicht deshalb aufgehoben worden, weil die Antragsgegnerin Bedenken allein im Hinblick auf die zeitliche Komponente gehabt habe. Vor dem Hintergrund, dass die zu besetzende Stelle Führungsaufgaben beinhalte und auch ein Mitbewerber seit Jahren über Führungserfahrung verfüge, welche auch in die Beurteilung eingeflossen sei, sei das laufende Verfahren nicht mehr rechtssicher zu beenden gewesen. Da zu diesem Zeitpunkt unklar gewesen sei, ob nun – wegen der eintretenden Verzögerung bis zur Erstellung der Beurteilungen – der Dienstposten erneut ausgeschrieben werde oder ob im Tiefbauamt ggf. eine Lösung über eine interne Umorganisation erfolgen sollte, sei das Verfahren aufgehoben worden. Ein bloßes Zurückversetzen des Verfahrens hätte diesen neuen Überlegungen nicht entsprochen.
14II.
15Der statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung,
16vgl. insoweit die neuere Rechtsprechung des BVerwG,Urteil vom 03. Dezember 2014 – 2 A 3/13,
17hat keinen Erfolg.
18Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ist nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 und § 294 der Zivilprozessordnung – ZPO –, dass der Antragsteller einen Anspruch auf eine bestimmte Leistung glaubhaft macht (Anordnungsanspruch) sowie, dass dieser Anspruch gefährdet und durch eine vorläufige Maßnahme zu sichern ist (Anordnungsgrund).
19Der Antragsstellerin steht kein Anordnungsanspruch zur Seite. Die Antragsgegnerin hat das durch die Ausschreibung des Dienstpostens Leiterin/Leiter der Verwaltungsabteilung im Tiefbauamt ( Kennziffer 66-98 ) eröffnete Stellenbesetzungsverfahren aus sachlichen Gründen und damit rechtmäßig abgebrochen. Damit ist der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin, dessen Sicherung hier streitgegenständlich ist, erloschen.
20Der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch gibt Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in eine Bewerberauswahl. Die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Der Bewerbungsverfahrensanspruch ist auf ein konkretes Stellenbesetzungsverfahren für die Vergabe eines bestimmten höheren Statusamtes gerichtet, das möglichst zeitnah nach der Auswahlentscheidung durch Beförderung des ausgewählten Bewerbers besetzt werden soll. Aus dieser Verfahrensabhängigkeit folgt, dass der Anspruch erlischt, wenn das Verfahren beendet wird. Das kann auch dadurch geschehen, dass der Dienstherr das Verfahren rechtsbeständig abbricht.
21Vgl. VG München, Beschluss vom 04. August 2015 – M 21 E 15.2666 -, mit weiteren Nachweisen u.a. auf die Rechtsprechung des BVerwG, juris.
22In formeller Hinsicht ist insoweit erforderlich, dass die Gründe des Abbruchs in den Akten dokumentiert und die Bewerber darüber in geeigneter Form informiert werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Aktenvermerk vom 23. September 2015 die Entscheidung, das Stellenbesetzungsverfahren für die streitgegenständliche Stelle aufzuheben, sowie die Hintergründe hierfür aktenkundig gemacht. Die Abbruchentscheidung wurde der Antragstellerin sowie den Mitbewerbern mit Schreiben vom 24. September 2015 bekannt gegeben.
23In materieller Hinsicht besteht bei der Entscheidung über den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen des Dienstherrn. Allerdings ist dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen. Es bedarf eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG genügt. Der Dienstherr kann demnach das Auswahlverfahren u.a. abbrechen, wenn es fehlerhaft ist und nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen kann. Genügt die Abbruchentscheidung diesen Vorgaben nicht, ist sie unwirksam und das in Gang gesetzte Auswahlverfahren nach dessen Maßgaben fortzuführen. Eine Neuausschreibung ist dann unzulässig.
24Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11. August 2015 – 6 CE 15.1379 – mit weiteren Nach-weisen, juris.
25Gemessen an diesem Vorgaben ist der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens auch materiell nicht zu beanstanden.
26Die von der Antragsgegnerin angeführte Begründung stellt einen sachlichen Grund dar, der auch vor dem Hintergrund des Art. 33 Abs. 2 GG den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens rechtfertigt. Die von ihr als Grundlage der Auswahlentscheidung herangezogenen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber waren nicht hinreichend aktuell, so dass diese voraussichtlich rechtswidrig gewesen wären. Dieser Mangel resultiert – wie von der Antragsgegnerin auch erkannt – zwar nicht schon daraus, dass die dienstlichen Beurteilungen der Bewerber lediglich den Zeitraum bis August bzw. September 2012 abdecken. Denn im Grundsatz kann für den auf einen Beurteilungsstichtag ( hier der 30. September 2012 bzw. 15. August 2012 ) folgenden Dreijahreszeitraum von einer hinreichenden Aktualität einer dienstlichen Beurteilung für eine zu treffende Auswahlentscheidung in zeitlicher Hinsicht noch ausgegangen werden.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2011 –1 WB 59/10– , juris.
28Etwas anderes gilt ausnahmsweise jedoch dann, wenn sachliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die herangezogene dienstliche Beurteilung eines Bewerbers eine hinreichend verlässliche Aussage zu Eignung, Leistung und Befähigung des Beurteilten zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht mehr zulässt. Das ist u.a. dann der Fall, wenn ein Beamter nach dem Beurteilungsstichtag der zugrundegelegten dienstlichen Beurteilung während eines beachtenswerten Zeitraums grundlegend andere Aufgaben wahrgenommen hat.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 07. November 2013 – 6 B 1035/13 –, juris.
30Davon ist hier auszugehen.
31Zum Zeitpunkt der Erstellung der der Auswahlentscheidung zugrundegelegten dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin zum Beurteilungsstichtag 15. August 2012 war sie als Sachbearbeiterin im Tiefbauamt eingesetzt. Mit Wirkung von Februar 2014 wurde ihr eine andere Funktion, nämlich die Sachgebietsleitung „Verwaltung“ im Tiefbauamt übertragen. Mit dieser neuen Funktion ist eine Führungsverantwortlichkeit – worauf die Antragstellerin in ihrer Bewerbung hingewiesen hat – für vierundzwanzig Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verbunden. Diese Tätigkeit, die die Antragstellerin im Zeitpunkt der anstehenden Auswahlentscheidung über einen Zeitraum von etwa 19 Monaten durchgehend ausgeübt hat, unterscheidet sich grundlegend von ihrer vorherigen Tätigkeit als Sachbearbeiterin ( ohne entsprechende Führungsverantwortlichkeit ). Angesichts dieser nach dem Beurteilungsstichtag eingetretenen und sich über einen erheblichen Zeitraum erstreckenden wesentlichen Veränderung stellt die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin zum 15. August 2012 keine hinreichend verlässliche Grundlage für die Einschätzung ihrer Eignung für den ausgeschriebenen Dienstposten im September 2015 und damit für die zu treffende Auswahlentscheidung mehr dar.
32Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob ein sachlicher Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahren auch daraus resultieren könnte, dass die Beurteilungen der Antragstellerin und der sonstigen in die engere Wahl einbezogenen Bewerber deswegen nicht vergleichbar sein könnten, weil es sich bei der Beurteilung der Antragstellerin um eine Anlassbeurteilung und bei denen der sonstigen Bewerber um Regelbeurteilungen handelt. Zumindest aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass sich die Beurteilungen auf einen vergleichbaren Zeitraum erstrecken. Angesichts der obigen Ausführungen ist es für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens jedoch unerheblich, ob hier vergleichbare Beurteilungszeiträume vorliegen und ob seitens des Gerichts festgestellte, vom Dienstherrn bei seiner Abbruchentscheidung nicht ausdrücklich angeführten Mängel im Auswahlverfahren, im hier gegebenen Zusammenhang berücksichtigt werden könnten.
33Soweit die Antragstellerin vorgetragen hat, selbst bei Vorliegen eines sachlichen Grundes sei die Antragsgegnerin gehalten, das Verfahren nicht abzubrechen, sondern nach Einholung der von ihr für erforderlich gehaltenen aktuellen dienstlichen Beurteilungen mit dem nach der Ausschreibung gegebenen Bewerberfeld fortzuführen, so kann dem nicht gefolgt werden. Wie oben dargestellt, ist die Behörde bei Vorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen grundsätzlich zum Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens, das damit in Gänze und nicht nur in korrigierbaren Teilabschnitten beendet ist, berechtigt. Ob sie davon Gebrauch macht oder ob sie – nach Beseitigung der erkannten Mängel – das Stellenbesetzungsverfahren fortführt, steht in ihrem pflichtgemäßen weiten organisatorischen Ermessen. Dass die Antragsgegnerin sich diesbezüglich ermessensfehlerhaft verhalten haben könnte, ist weder glaubhaft gemacht noch ansonsten ersichtlich. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens allein auf eine Benachteiligung der Antragstellerin abzielte und somit willkürlich war. Die Antragsgegnerin hat diesbezüglich ausgeführt, dass sie prüfen wolle, ob der ausgeschriebene Beförderungsdienstposten eventuell durch eine Umorganisation im Tiefbauamt eingespart werden könne. Dass dieses Argument lediglich vorgeschoben ist, wird auch von der Antragstellerin nicht vorgetragen.
34Der Antrag war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
35Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Der Auffangwert und nicht der sich aus § 52 Abs. 6 GKG ergebende Wert ist in Ansatz gebracht worden, weil mit dem vorliegenden Antrag noch nicht eine Entscheidung über die Beförderung, sondern lediglich (auf der Vorstufe) die Überwindung des mit der Abbruchentscheidung geschaffenen Hindernisses für die Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens angestrebt wird. Eine den grundsätzlich vorläufigen Charakter des Eilverfahrens berücksichtigende Verminderung des sich danach ergebenden Streitwertes ist nicht geboten, da der für die Streitwertbemessung maßgebliche Rechtsschutzantrag hier auf die zumindest vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2008– 6 B 560/08 –, juris.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Tenor
I.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
III.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
IV.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und für das erstinstanzliche Verfahren wird auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.