Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 24. Feb. 2016 - 8 K 247/14
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin ab dem 16. April 2013 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
3Die am X. X. X geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige. Sie reiste am 11. März 2012 erstmals in das Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag. Im Asylverfahren gab sie gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) an, dass Herr B. I. ihr Ehepartner sei. Dieser, der mit der Klägerin und zwei gemeinsamen Kindern zusammen eingereist war, tätigte in seiner Anhörung dieselbe Aussage. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 5. Juli 2012 die Anträge der Klägerin, von Herrn I. und den gemeinsamen Kindern als offensichtlich unbegründet ab. Die Rechtsmittel der Klägerin gegen den Bescheid des Bundeamtes hatten keinen Erfolg.
4Unter dem 16. April 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Sie sei Mutter des am 21. Januar 2013 geborenen Kindes N. I. , das wegen der Vaterschaftsanerkennung durch einen deutschen Staatsangehörigen die deutsche Staatsangehörigkeit besitze und mit ihr in einem Haushalt lebe.
5Das Standesamt der Stadt Aachen übersandte am 18. April 2013 an die Beklagte einen Auszug aus dem serbischen Heiratsregister vom 12. Dezember 2012, wonach die Ehe der Klägerin mit Herrn I. mit Urteil vom 27. Oktober 2011 geschieden worden sei. In dem Urteil wird ausgeführt, dass die Klägerin und Herr I. einvernehmlich am 16. September 2011 die Ehescheidung beantragt hätten. Es sei im Verlaufe der Zeit zu einer Zerrüttung der Ehe gekommen. Die Klägerin sei im Juni 2011 mit einem ihrer Kinder ausgezogen. Seit diesem Zeitpunkt habe die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestanden. Die Stadt Aachen übersandte an die Beklagte zudem die Urkunden über die Anerkennung der Vaterschaft für N. I. und die Erklärung zur gemeinschaftlichen elterlichen Sorge durch den deutschen Staatsangehörigen G. T. vom 19. Februar 2013.
6Am 11. November 2013 erhielt die Ausländerbehörde ein anonymes Schreiben. Danach habe die Tochter der Klägerin keinen deutschen Vater. Die Familie wolle sich durch die Vaterschaftsanerkennung einen Aufenthalt erschleichen und bezahle dem die Vaterschaft anerkennenden Mann hierfür monatlich 200 €.
7Nach einem Vermerk der Ausländerbehörde gab die Klägerin bei einer Vorsprache am 20. Dezember 2013 an, dass sie bei der Einreise in das Bundesgebiet noch mit Herrn I. zusammen gewesen sei. Sie habe Herrn T. Anfang des Jahres 2012 kennengelernt und sei nach mehreren Verabredungen schwanger geworden.
8Am 12. Februar 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.
9Am 13. November 2014 erließ das Amtsgericht Aachen gegen die Klägerin einen Strafbefehl – Cs 804 Js 1343/14 – wegen falscher Verdächtigung in zwei Fällen und setzte eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je 10 € fest. Die Klägerin habe am 20. September 2014 der Wahrheit zuwider bei der Polizei angegeben, dass B. I. versucht habe, sie in der gemeinsamen Wohnung zu vergewaltigen. Die Anzeige habe sie aus der Verärgerung über sein Trinkverhalten erstattet und um ihn aus dem Haus zu bekommen. Am 21. September 2014 habe sie erneut die Polizei alarmiert, da Herr I. sie angeblich mit einem Messer bedroht habe. Auch diesmal habe es sich um bewusst falsche Angaben gehandelt.
10Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend, dass ihr Kind N. I. deutsche Staatsangehörige sei. Die Vaterschaftsanerkennung durch Herrn G. T. habe wirksam erfolgen können, da ihre frühere Ehe mit Herrn I. zuvor geschieden worden sei. Als Mutter eines deutschen Kindes habe sie Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Die Sperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG wegen des erfolglos durchgeführten Asylverfahrens stehe diesem Anspruch nicht entgegen, da eine geringfügige Verurteilung wegen dem Verwandtschaftsverhältnis zu einem deutschen Staatsangehörigen keinen Ausweisungsgrund darstelle. Als serbische Staatsangehörige habe sie für die Einreise auch kein Visum benötigt. Zumindest habe sie einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Die Sperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG greife nicht ein, da das Bundesamt die Ablehnung ihres Asylantrags als offensichtlich unbegründet nicht zweifelsfrei auf § 30 Abs. 3 Asyl(Vf)G gestützt habe.
11Die Klägerin beantragt,
12die Beklagte zu verpflichten, ihr ab Antragstellung eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen,
13hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie führt aus, dass die Untätigkeitsklage bereits unzulässig sei, da die Ausländerbehörde die Entscheidung über den Antrag der Klägerin nicht ohne zureichenden Grund zurückgestellt habe. Mit Schreiben vom 18. Februar 2014 sei die Klägerin um Aufklärung des der Vaterschaft zu Grunde liegenden Sachverhalts gebeten worden, worauf keine Rückmeldung erfolgt sei. Das Kind habe nur dann die deutsche Vaterschaft erwerben können, wenn nicht die Vaterschaft eines anderen Mannes bestehe. Zwar sei die Ehe der Klägerin mit Herrn B. I. offenbar zunächst geschieden worden. Die Klägerin und Herr I. hätten sich im Asylverfahren und auch anschließend jedoch selbst als Eheleute bezeichnet. Soweit die Klägerin und Herr I. im Zeitpunkt der Geburt (erneut) verheiratet gewesen seien, stelle sich die Vaterschaftsanerkennung als schwebend unwirksam dar. Selbst wenn die Vaterschaftsanerkennung wirksam sei, stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Überdies könne eine Aufenthaltserlaubnis für die Ausübung der Personensorge auch wegen der Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf Grund des negativen Abschlusses des Asylverfahrens nicht erteilt werden. Die Sperrwirkung trete nur dann nicht ein, wenn ein Anspruch auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bestehe. Dies sei nicht der Fall, da die Klägerin wegen des Strafbefehls einen Ausweisungsgrund verwirklicht habe. Zudem sei die Klägerin ohne das erforderliche Visum eingereist; die Voraussetzungen des § 39 Nr. 5 AufenthV lägen nicht vor. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Diesem stehe § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegen, da der Asylantrag unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sei.
17Die Kammer hat eine Auskunft bei der Deutschen Botschaft Belgrad eingeholt zu der Frage, ob die von der Klägerin getätigten Angaben zu ihrer Ehescheidung zutreffend sind. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage hat Erfolg.
20Sie ist zulässig.
21Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Klage als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig. Nach dieser Vorschrift ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
22Diese Voraussetzungen liegen vor, da die Klägerin bereits im April 2013 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte, also im Zeitpunkt der Klageerhebung im Februar 2014 mehr als drei Monate seit Antragstellung vergangen sind. Auf die Frage, ob die Beklagte über den Antrag aus einem nicht zureichenden Grund nicht entschieden hat, kommt es für die Zulässigkeit der Klage nicht an. Denn dies ist nach § 75 Satz 3 VwGO nur hinsichtlich der Entscheidung zu berücksichtigen, ob das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aussetzt.
23Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, § 113 Abs. 5 VwGO.
24Die Klägerin hat allerdings keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Nach dieser Vorschrift ist dem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
25Einem Anspruch der Klägerin nach dieser Vorschrift steht die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegen. Gemäß dieser Regelung darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, vor der Ausreise nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 des AufenthG ein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor, da das Asylverfahren der Klägerin nach dem ablehnenden Bescheid des Bundesamtes vom 5. Juli 2012 und der Rücknahme ihrer Klage am 4. Juni 2013 bestandskräftig zu ihren Ungunsten abgeschlossen wurde.
26Die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entfällt auch nicht auf Grund der Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG. Hiernach findet die Sperrwirkung im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung. Ein Anspruch der Klägerin im Sinne der Vorschrift besteht nicht.
27Der von der Vorschrift vorausgesetzte "Anspruch" muss ein strikter Rechtsanspruch sein, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Ein Anspruch aufgrund einer Ermessensvorschrift genügt auch dann nicht, wenn das Ermessen im Einzelfall "auf Null" reduziert ist. Dies ergibt sich aus der Systematik des Aufenthaltsgesetzes, der Entstehungsgeschichte sowie aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Ein strikter Rechtsanspruch besteht ferner dann nicht, wenn bei Fehlen einer allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung aufgrund des Vorliegens einer atypischen Sondersituation ein Ausnahmefall angenommen und so ein Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels bejaht wird. Nach der gesetzlichen Regel ist in diesen Fällen nämlich eine Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nicht zu erteilen. Der Gesetzgeber hat hier gerade keine Entscheidung für ein - zumindest regelmäßig - zu erteilendes Aufenthaltsrecht getroffen, so dass über die Subsumtion unter die zwingenden bzw. regelhaften Voraussetzungen hinaus, zu prüfen ist, ob ein atypischer Fall vorliegt, in dem ausnahmsweise eine Erteilungsvoraussetzung nicht greift,
28vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - 1 C 37/07 -, BVerwGE 132, 382 = juris, Rn. 20 ff., und Beschluss vom 16. Februar 2012 - 1 B 22.11 -, juris, Rn. 4; für die vergleichbare Problematik bei § 5 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. AufenthG vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 1 C 15/14 -, NVwZ-RR 2015, 313 = juris, Rn. 5.
29Ein Anspruch in diesem Sinne liegt nicht vor, da die Klägerin nicht die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Nichtbestehen eines Ausweisungsinteresses) erfüllt.
30Hinsichtlich der Klägerin liegt das Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG vor. Nach dieser Vorschrift besteht ein Ausweisungsinteresse, wenn ein Ausländer einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.
31Gegen die Klägerin wurde ein Strafbefehl wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB) in zwei Fällen erlassen. Hierdurch hat sie einen nicht nur vereinzelten (zwei Fälle) und auch einen nichtgeringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen. Denn eine Geringfügigkeit kann im Fall einer vorsätzlichen Straftat regelmäßig nicht mehr angenommen werden,
32vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63 = juris, Rn. 20.
33Gründe, die es rechtfertigen würden, trotz der vorsätzlichen Begehung ausnahmsweise eine geringfügige Tat anzunehmen, liegen nicht vor. Solche Gründe können insbesondere entgegen der Ansicht der Klägerin nicht darin gesehen werden, dass sie Mutter eines deutschen Kindes sei. Diese Tatsache wäre bei der Bewertung des Bleibeinteresses zu berücksichtigen (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG), steht aber in keinem Zusammenhang zu der Tatbegehung und wirkt sich auf die Beurteilung der Schwere der Tat deshalb nicht aus.
34Die Klägerin kann der Nichterfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung auch nicht damit entgegentreten, dass zumindest wegen ihres deutschen Kindes das Bleibeinteresse das Ausweisungsinteresse überwiege. Denn hierauf kommt es nicht an. Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ist nur das Nichtvorliegen eines (abstrakten) Ausweisungsinteresses. Es stellt sich nicht die Frage, ob die Beklagte nach Abwägung des Ausweisungs- und Bleibeinteresses rechtmäßig eine Ausweisungsverfügung erlassen könnte,
35vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. August 2015 - 11 S 1500/15 -, juris, Rn. 9 (für die ab dem 1. August 2015 geltende Neufassung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG); für die vorherige Fassung der Vorschrift: BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 1 C 15/14 -, a.a.O., Rn. 7; offen gelassen von BayVGH, Urteil vom 9. Dezember 2015 - 19 B 15.1066 -, juris, Rn. 21.
36Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Nach Satz 1 der Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß Satz 2 der Vorschrift soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist.
37Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht die Sperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden, sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG abgelehnt wurde. § 30 Abs. 3 AsylG erlaubt die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet, wenn bei der Asylantragstellung einer der unter den Nrn. 1 bis 6 genannten Missbrauchstatbestände verwirklicht wurde.
38Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG voraus, dass sich aus dem Bescheid des Bundesamts für den Betroffenen eindeutig ergibt, dass der Offensichtlichkeitsausspruch gerade auf diese Vorschrift gestützt wird. Die bloße Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet reicht hierfür nicht aus, weil das Gesetz nicht nur in den Fällen des § 30 Abs. 3 AsylG, sondern auch in anderen Fällen eine derartige Ablehnung vorsieht. So ist nach § 30 Abs. 1 AsylG ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter oder für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, was in Absatz 2 der Vorschrift beispielhaft erläutert wird. Bei Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder § 3 Abs. 2 AsylG schreibt § 30 Abs. 4 AsylG ebenfalls die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet vor. Für eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG ist es deshalb in der Regel erforderlich, dass die Vorschrift, wenn schon nicht im Tenor, so doch zumindest in der Begründung des Bescheides ausdrücklich genannt wird. Angesichts der gravierenden Rechtsfolgen, die § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG an eine solche qualifizierte Ablehnung knüpft und die nur durch Einlegung von Rechtsmitteln gegen diese Ablehnung vermieden werden können, ist es ein Gebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, dass die Rechtsgrundlage für den Offensichtlichkeitsausspruch für den Betroffenen insoweit eindeutig und klar erkennbar ist. Dies ist auch mit Blick auf die Ausländerbehörde geboten, die nach der gesetzlichen Konzeption im aufenthaltsrechtlichen Verfahren an den Bescheid des Bundesamts gebunden ist und ihm ohne eigene inhaltliche Prüfung eindeutig entnehmen können muss, dass der Offensichtlichkeitsausspruch auf einen der Missbrauchstatbestände des § 30 Abs. 3 AsylG gestützt wurde,
39vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 C 30/08 -, BVerwGE 134, 335 = juris, Rn. 19.
40Diesen Anforderungen genügt der Bescheid des Bundesamtes vom 5. Juli 2012 nicht. In der Begründung des Bescheids führt das Bundesamt auf Seite 2 aus:
41„Die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
42Ein unbegründeter Antrag ist gem. § 30 Abs. 3 AsylVfG unter den dort genannten Voraussetzungen als offensichtlich unbegründet abzulehnen.“
43Weitere Ausführungen zu § 30 Abs. 3 AsylG enthält der Bescheid nicht. Zwar nimmt das Bundesamt (anders als in dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Sachverhalt) nicht auf andere Rechtsgrundlagen des AsylG, die eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet rechtfertigen würden, Bezug. Die nur einmalige Nennung der Vorschrift, die nicht im Tenor des Bescheids, sondern in dessen Begründung erfolgt, lässt aber dennoch nicht den sicheren Schluss zu, dass das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet auf diese Vorschrift stützen wollte. Denn der Bescheid ist – trotz der ausdrücklichen Nennung der Vorschrift - deshalb nicht eindeutig, da er weder die Ziffer (Nr. 1 bis 6) des § 30 Abs. 3 AsylG benennt, auf die die Ablehnung gestützt wird, noch die weiteren Ausführungen in dem Bescheids sich auch nur ansatzweise mit den Voraussetzungen von § 30 Abs. 3 AsylG auseinander setzen.
44Die vorstehend zitierten Sätze aus dem Bescheid des Bundesamtes erschöpfen sich in einer bloßen (eingeschränkten) Wiedergabe des Gesetzestextes von § 30 Abs. 3 Asyl(Vf)G. An einer Subsumtion unter die Voraussetzungen der Vorschrift fehlt es hingegen. Das Bundesamt hat als Begründung für die Ablehnung der Asylanträge der Klägerin, ihres vermeintlichen Ehemanns und der beiden gemeinsamen Kinder im Wesentlichen angegeben, dass ihr Vortrag nicht asylrelevant sei und die serbischen Behörden in der Lage seien, Schutz zu bieten. Diese Ausführungen würden aber nur die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1 AsylG (Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft liegen offensichtlich nicht vor) rechtfertigen. Sie lassen sich hingegen nicht unter einen Tatbestand des § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG subsumieren.
45Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass die Ausländerbehörde an das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamts gebunden ist und nach der Entscheidung des Gesetzgebers gerade keine inhaltliche Überprüfung des Bescheids vornehmen soll,
46vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 C 30/08 -, a.a.O., Rn. 19 f.
47Denn dies schließt nur die Möglichkeit bzw. Verpflichtung der Ausländerbehörde aus, im Fall der eindeutigen Ablehnung nach § 30 Abs. 3 AsylG diese materiell auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Soweit ein Asylsuchender sich gegen die Ablehnung seines Antrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG wehren will, muss er dieses Ziel mit einer Klage gegen den Bundesamtsbescheid verfolgen und kann diese ggf. auf die Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils beschränken. Von der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer auf § 30 Abs. 3 AsylG gestützten Entscheidung ist aber die Frage zu unterscheiden, ob das Bundesamt überhaupt eine Entscheidung auf Grundlage dieser Vorschrift getroffen hat. Insofern obliegt der Ausländerbehörde, deren Entscheidung insofern der vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist, eine Prüfpflicht des Bescheids. In einem Zweifelsfall - so wie hier -, in dem die Auslegung des Bescheids nicht eindeutig ergibt, dass das Bundesamt eine Entscheidung nach § 30 Abs. 3 AsylG getroffen hat, tritt die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht ein.
48Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG liegen vor.
49Die Klägerin kann sich auf ein rechtliches Ausreisehindernis nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK wegen der Beziehung zu ihrem deutschen Kind berufen.
50Die sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebenden Schutzpflichten sind zwar vornehmlich in den speziellen Verfahren auf Familiennachzug (§§ 27 ff. AufenthG) geltend zu machen. Ein sich aus Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 8 EMRK ergebendes Abschiebungsverbot ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG aber dann von Bedeutung, wenn sich der Ausländer auf die Ansprüche nach den §§ 27 ff. AufenthG wegen der Sperrwirkungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG oder - wie hier - des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht berufen kann,
51vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. Juni 2011 - 2 O 52/11 -, juris, Rn. 5; VG Aachen, Urteil vom 24. Juli 2013 - 8 K 2210/11 -, juris, Rn. 54; VG Magdeburg, Urteil vom 8. Oktober 2010 - 1 A 70/11-, juris, Rn. 22.
52Art. 6 GG gewährt keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Das Grundgesetz überantwortet die Entscheidung, in welcher Zahl und unter welchen Voraussetzungen Fremden Zugang zum Bundesgebiet ermöglicht werden soll, weitgehend der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt. Dem Ziel der Begrenzung des Zuzugs von Ausländern darf von Verfassungs wegen erhebliches Gewicht beigemessen werden. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren oder über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalls. Bei der erforderlichen Abwägung aller für und gegen den weiteren Aufenthalt sprechenden Gesichtspunkte kommt es unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes u.a. darauf an, ob die Folgen der Beendigung des Aufenthalts im Hinblick auf die schutzwürdigen familiären Bindungen hinnehmbar sind,
53vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. Januar 2009 - 2 BvR 1064/08 -, InfAuslR 2009, 150 = juris Rn. 14, und vom 1. Dezember 2008 - 2 BvR 1830/08 -, juris, Rn. 25 ff.
54Art. 8 EMRK vermittelt ebenfalls keinen unmittelbaren Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht. Jeder Staat hat nach Völkerrecht und gemäß seinen vertraglichen Verpflichtungen die Befugnis, Einreise und Aufenthalt von Fremden in seinem Territorium zu regeln. Die Konvention garantiert Fremden nicht das Recht, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort aufzuhalten. Allerdings muss der Vertragsstaat bei Maßnahmen, die einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK darstellen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. In das Recht auf Achtung des Familienlebens wird nicht nur im Falle einer Ausweisung bzw. Abschiebung, sondern auch im Falle der Verweigerung eines Aufenthaltsrechts eingegriffen, wenn diese zur Aufenthaltsbeendigung führt,
55vgl. EGMR, Urteil vom 31. Januar 2006 - 50435/99 - (da Silva und Hoogkamer), InfAuslR 2006, 298.
56Der Staat muss ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Immigration betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, verletzt eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen Art. 8 EMRK,
57vgl. EGMR, Urteile vom 31. Juli 2008 - 265/07 - (Omoregie), InfAuslR 2008, 421, und vom 28. Juni 2011 - 55597/09 - (Nunez).
58Hier besteht ein rechtliches Ausreisehindernis aus Art. 6 GG, Art. 8 EMRK, da die Führung der familiären Lebensgemeinschaft der Klägerin mit ihrem Kind nur im Bundesgebiet möglich ist. Ihr Kind kann als deutsche Staatsangehörige nicht darauf verwiesen werden, seinen Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets mit der Klägerin zu nehmen.
59Dass das Kind der Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG auf Grund der Anerkennung der Vaterschaft durch den deutschen Staatsangehörigen G. T. erworben hat, steht zur Überzeugung der Kammer fest. Zwar bestehen aus Sicht der Kammer wegen der Ehescheidung kurz vor der Ausreise, den Angaben im Asylverfahren und der Geburt des Kindes nur ca. neun Monate nach der Einreise Zweifel an der biologischen Vaterschaft von Herrn G. T. . Nach der von der Kammer eingeholten Auskunft treffen aber die Angabe der Klägerin über ihre Ehescheidung zu, sodass eine Vaterschaftsanerkennung rechtlich möglich war, da dieser nicht die (vorrangige) Vaterschaft des Ehepartners nach § 1592 Nr. 1 BGB entgegenstand. Aus den von dem Gericht eingeholten Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin nach der Scheidung und vor der Geburt ihres dritten Kindes Herrn I. erneut geheiratet hätte. Sie hat dies in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage auch verneint. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Als (zumindest) rechtlicher Vater vermittelt Herr G. T. seiner Tochter die deutsche Staatsangehörigkeit, ohne dass es darauf ankäme, ob er auch der biologische Vater ist.
60Entgegen der Ansicht der Beklagten steht einem Aufenthaltsrecht der Klägerin auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht entgegen. Selbst wenn Herr G. T. nicht der biologische Vater der Tochter der Klägerin sein und die Vaterschaftsanerkennung nur zur Schaffung eines Aufenthaltsrechts für die Klägerin erfolgt sein sollte, stünde dies dem Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht entgegen. Die Umstände der Vaterschaftsanerkennung muss die Kammer deshalb nicht weiter aufklären.
61Es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage, um eine möglicherweise rechtsmissbräuchliche Vaterschaftsanerkennung zulasten der Klägerin zu berücksichtigen.
62Der Gesetzgeber hat auf die Problematik von missbräuchlichen Vaterschaftsanfechtungen im Jahr 2008 durch die Schaffung der Möglichkeit der Behördenanfechtung in § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB reagiert (Gesetz zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008, BGBl. I S. 313). Hintergrund war der Eindruck des Gesetzgebers, dass das im Familienrecht gezielt voraussetzungsarm ausgestaltete Instrument der Vaterschaftsanerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB) in bestimmten Konstellationen zur Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts genutzt wird. Die Regelungen der Vaterschaftsanerkennung lassen es zu, die Vaterschaft für ein ausländisches Kind anzuerkennen, um beim Kind den automatischen Abstammungserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 oder 3 StAG herbeizuführen und so mittels Familiennachzugs nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ein Aufenthaltsrecht des ausländischen Elternteils zu begründen oder zu stärken,
63vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, BVerfGE 135, 48 = juris, Rn. 2 unter Verweis auf BT-Drs. 16/3291, insbesondere S. 1f., 9 und 11.
64Der Verlust der Staatsangehörigkeit durch Vaterschaftsanfechtung ist zwar nicht ausdrücklich geregelt. Er wird aber aus der generellen Anknüpfung des Abstammungserwerbs der Staatsangehörigkeit an das familienrechtliche Abstammungsrecht abgeleitet. Abstammungsrechtlich fällt die Vaterschaft bei erfolgreicher Anfechtung nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte rückwirkend weg. Mit dem rückwirkenden Wegfall der Vaterschaft entfällt nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ex tunc auch die nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 StAG auf Abstammung gründende deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes. Denn bei rückwirkendem Wegfall der Vaterschaft haben bei nachträglicher Betrachtung auch die Voraussetzungen für den auf die Abstammung gestützten Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes nie vorgelegen,
65vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, a.a.O., Rn. 16, m.w.N.
66Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 - die behördliche Vaterschaftsanerkennung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB jedoch für nichtig erklärt. Damit besteht de lege lata keine Möglichkeit mehr für die Ausländerbehörden, auf der Ebene des Familienrechts gegen missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung vorzugehen.
67Dass der Gesetzgeber sich dazu entschlossen hatte, das Problem der missbräuchlichen Vaterschaftsanfechtung auf der Ebene des Familienrechts zu regeln, steht der von der Beklagten befürworteten Annahme eines Rechtsmissbrauchs auf der Ebene des AufenthG entgegen. Es ist insoweit zunächst zu berücksichtigen, dass das AufenthG detailliert die Voraussetzungen für den Erhalt eines Aufenthaltstitels normiert. Schon dies spricht dagegen, einen Aufenthaltstitel trotz Vorliegens der Voraussetzungen wegen des im AufenthG nicht positiv normierten Grundsatzes des Rechtsmissbrauchs zu versagen. Die Versagung des Aufenthaltstitels würde grundrechtlich armierte Rechte der Mutter und (vor allem) des Kindes aus Art. 6 GG (sowie Rechte aus Art. 8 EMRK) betreffen. Hierfür bedarf es aber unter Berücksichtigung des demokratischen und rechtsstaatlichen Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 2, Abs. 3 GG) einer gesetzgeberischen Entscheidung, die den die Versagung eines Aufenthaltstitels rechtfertigenden Tatbestand eines Rechtsmissbrauchs über einen die Rechtsordnung übergreifenden, allgemeinen Rechtsgrundsatz hinaus, der auch durch § 242 BGB nicht hinreichend bestimmt normiert ist, präzise konturiert. Es obliegt der gesetzgeberischen Abwägung, ob im Fall einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung im Interesse des Kindes wegen dessen deutscher Staatsangehörigkeit die ausländische Mutter eine Aufenthaltserlaubnis erhalten oder ggf. nur geduldet werden soll. Eine Regelung zulasten der ausländischen Mutter hat der Gesetzgeber nicht getroffen.
68Nicht unberücksichtigt bleiben kann hierbei auch, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss über die Nichtigkeit der Behördenanfechtung klar zu erkennen gegeben hat, dass eine verfassungsgemäße Neuregelung der Behördenanfechtung möglich sei,
69vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, a.a.O., Rn. 47 ff.
70Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber aber nicht aufgegriffen. Der Freistaat Bayern hatte beantragt, der Bundesrat möge einen entsprechenden Gesetzesentwurf beschließen (BR-Drs. 330/14 vom 13. Juli 2014). Dies hat der Bundesrat jedoch am 19. September 2014 abgelehnt. Das Land Sachsen-Anhalt hatte zuvor in einer Stellungnahme für eine Regelung keinen Bedarf gesehen, da die behördliche Vaterschaftsanfechtung in der Praxis eine nur sehr untergeordnete Rolle gehabt habe (Plenarprotokoll der 925. Bundesratssitzung, S. 302). Dies spricht dafür, dass (aus Sicht des Bundesrats) missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen hingenommen werden sollen.
71Soweit die Beklagte anführt, dass das Bundesverfassungsgericht eine Vaterschaftsanerkennung, die nur zur Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile vorgenommen worden sei, nicht für schutzwürdig halte,
72vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, a.a.O., Rn. 51,
73trifft dies zwar zu. Dies ändert aber nichts daran, dass es einer gesetzgeberischen Entscheidung bedarf, aus diesem Grund ein Aufenthaltsrecht auszuschließen. Hieran fehlt es. Die Kammer schließt sich aus diesem Grund auch nicht der in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten der Regelung des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB überwiegend vertretenen Auffassung, auf die die Beklagte verweist, an, die bei missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen den Einwand des Rechtsmissbrauchs annahm.
74Eine gesetzgeberische Entscheidung, die erkennen ließe, dass missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen nicht zum Erhalt eines Aufenthaltstitels führen sollen, ist insbesondere nicht in § 27 Abs. 1a AufenthG zu sehen. Nach dieser Vorschrift wird ein Familiennachzug nicht zugelassen, wenn feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen.
75Zweifelhaft ist schon, ob diese Vorschrift nicht nur einen Anspruch auf § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, sondern auch einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG ausschließen würde. Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, da die Vorschrift missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen von vornherein nicht erfasst.
76Zwar lässt der Wortlaut von § 27 Abs. 1a 2. Alt. AufenhG (Schließung eines Verwandtschaftsverhältnisses) es zu, hierunter auch eine Scheinvaterschaft eines ausländischen Staatsangehörigen zu subsumieren. Denn durch die Vaterschaftsanerkennung wird ein Verwandtschaftsverhältnis des Scheinvaters zu dem Kind im Sinne des § 27 Abs. 1a 2. Alt. AufenhG begründet,
77vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. November 2014 - 11 S 1886/14 -, ESVGH 65, 147 = juris, Rn. 17; OVG NRW, Urteil vom 23. August 2012 - 18 A 537/11 -, juris, Rn. 54; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. März 2008 - 7 A 11276/07 -, juris, Rn. 31.
78Diese Fallkonstellation liegt hier aber nicht vor, da nicht das Aufenthaltsrecht des Vaters, sondern der Mutter in Frage steht. § 27 Abs. 1a 2. Alt. AufenthG erfasst (schon dem Wortlaut nach) nicht den Ausschluss eines Aufenthaltsrechts für die ausländische Mutter eines Kindes, für das ein deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft anerkannt hat. Denn durch die Vaterschaftsanerkennung wird weder eine Verwandtschaft der Mutter zu ihrem Kind begründet noch entsteht unmittelbar ein Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht. Dieses resultiert vielmehr allein aus der Tatsache der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes - also nur mittelbar aus der Vaterschaftsanerkennung,
79vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Oktober 2015 - 19 C 15.820 -, NZFam 2016, 44 = juris, Rn. 3.
80Eine analoge Anwendung von § 27 Abs. 1a AufenthG auf die ausländische Mutter, für deren Kind ein deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft missbräuchlich anerkannt hat, scheidet aus. Denn § 27 Abs. 1a AufenthG steht trotz seines Wortlauts auch dem Anspruch eines ausländischen "Scheinvaters" nicht entgegen, kann also auch einen Anspruch der Kindesmutter nicht ausschließen. Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen sind nicht Regelungsgegenstand der Vorschrift,
81vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Oktober 2015 - 19 C 15.820 -, a.a.O., Rn. 3 ff.; OVG NRW, Urteil vom 23. August 2012 - 18 A 537/11 -, a.a.O., Rn. 49 ff.; a.A.: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. November 2014 - 11 S 1886/14 -,a.a.O., Rn. 16 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. März 2008 - 7 A 11276/07 , a.a.O., Rn. 28 ff.
82Dass die Vorschrift die missbräuchliche Vaterschaftsanfechtung nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht erfassen sollte, ergibt sich daraus, dass dieser Problematik ‑ wie vorstehend ausgeführt - allein auf der Ebene des Familienrechts durch die Möglichkeit der Behördenanfechtung begegnet werden sollte,
83vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Oktober 2015 - 19 C 15.820 -, a.a.O., Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 23. August 2012 - 18 A 537/11 -, a.a.O., Rn. 55 ff.; a.A.: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. November 2014 - 11 S 1886/14 -,a.a.O., Rn. 20 ff.
84Zwar ist § 27 Abs. 1a AufenthG schon durch das Richtliniengesetz vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970), also vor der Schaffung der Behördenanfechtung im Jahr 2008, in das Gesetz eingefügt worden. Der Gesetzesentwurf zur Schaffung der Behördenanfechtung war jedoch bereits am 1. September 2006 (BR-Drs. 624/06) vorgelegt worden und damit im Gesetzgebungsverfahren zu § 27 Abs. 1a AufenthG bekannt. Die Gesetzesbegründung von § 27 Abs. 1a AufenthG lässt gerade nicht erkennen, dass hierdurch die missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung erfasst werden sollte. Verhindert werden sollten durch die Vorschrift vielmehr Zweckadoptionen,
85vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 170.
86Dass das Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich die behördliche Vaterschaftsanfechtung für nichtig erklärt hat, rechtfertigt ebenfalls keine andere Bewertung. Denn die Nichtigkeitserklärung einer Vorschrift wäre nur dann für die Auslegung einer anderen Vorschrift erheblich, wenn diese ansonsten nicht mehr rechtmäßig angewandt werden könnte. Das Argument, ein Gesetz bzw. eine Gesetzesbegründung, die übergeordneten Rechtsnormen widerspreche, könne nicht zur Auslegung eines anderen Gesetzes herangezogen werden,
87vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. November 2014 - 11 S 1886/14 -, a.a.O., Rn. 26,
88verkennt die Argumentationslast. Denn da § 27 Abs. 1a AufenthG missbräuchliche Vaterschaftsanfechtungen nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht erfassen soll, würde eine Änderung dieser Auslegung einer erneuten gesetzgeberischen Entscheidung bedürfen, die durch die Nichtigkeitserklärung einer Vorschrift durch das Bundesverfassungsgericht nicht ersetzt wird.
89Eine fehlende Lebensunterhaltssicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG steht dem Anspruch der Klägerin ebenso wenig entgegen wie das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Denn auf Grund des rechtlichen Ausreisehindernisses nach Art. 6 GG liegt insofern ein atypischer Ausnahmefall vor.
90Ein Ausnahmefall von einer Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 AufenthG liegt nur bei besonderen, atypischen Umständen vor, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen. Dies gilt auch dann, wenn entweder aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG oder im Hinblick auf Art. 8 EMRK die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geboten ist. Das setzt eine umfassende grund- bzw. menschenrechtliche Prüfung voraus, in die alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzustellen sind,
91vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juni 2013 - 10 C 16/12 -, NVwZ 2013, 1493 = juris, Rn. 16 ff.; und vom 30. April 2009 - 1 C 3/08 -, NVwZ 2009, 1239 = juris, Rn. 11 ff.
92Gemessen hieran fällt die Abwägung zu Gunsten der Klägerin aus. Denn da von ihrer Tochter wegen der deutschen Staatsangehörigkeit ein Aufenthalt außerhalb des Bundesgebietes nicht verlangt werden kann, kann die familiäre Lebensgemeinschaft nur in Deutschland hergestellt werden. Die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts und das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses wegen einer Verurteilung zu einer Geldstrafe können dieses hohe Interesse nicht überwiegen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis nicht dazu führen würde, dass die Klägerin das Bundesgebiet verlassen müsste. Sie wäre vielmehr wegen eines rechtlichen Ausreisehindernisses aus Art. 6 GG (fortdauernd) zu dulden. Auch in diesem Fall würden also (soweit der Lebensunterhalt weiter nicht gesichert wird) öffentliche Kassen belastet. Es entspricht zudem der Wertung des § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, der die fehlende Lebensunterhaltssicherung der ausländischen Mutter eines deutschen Kindes im Rahmen einer familienbezogenen Aufenthaltserlaubnis zwingend für unbeachtlich erklärt, diese auch nicht im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG zu berücksichtigen. Die erstmalige Verhängung eines Strafbefehls, durch den gegen die Klägerin (nur) eine Geldstrafe ausgesprochen wurde, kann es im Hinblick auf das hohe Gewicht ihres Bleibeinteresses (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG - Ausübung des Personensorgerechts für einen minderjährigen ledigen Deutschen) ebenfalls nicht rechtfertigen, der Klägerin eine Verfestigung ihres Aufenthalts zu verwehren.
93Ob die Vaterschaftsanerkennung nur zur Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile erfolgt ist, kann die Kammer auch im Rahmen der Prüfung eines Ausnahmefalls offen lassen. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte dies nicht zulasten der Klägerin berücksichtigt werden. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass die Verwehrung einer Aufenthaltserlaubnis wegen des bestehenden Ausreisehindernisses eine Abschiebung der Klägerin nicht erlauben würde, also zu ihrer fortdauernden Duldung führen würde. Zwar enthält das AufenthG kein ausdrückliches Verbot von Kettenduldungen,
94vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2014 - 1 B 19/14 -, juris, Rn. 6, BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2006 - 1 C 14/05 -, juris, Rn. 22.
95Es würde jedoch einen nicht auflösbaren Wertungswiderspruch bedeuten, eine Vaterschaftsanerkennung zur Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile wegen einer fehlenden gesetzlichen Normierung zwar nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen, sie dann aber im Rahmen der Prüfung eines Ausnahmefalls von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zulasten der Klägerin zu berücksichtigen. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung von § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, wonach von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen durch Ermessensentscheidung abgesehen werden kann. Zwar wäre es grundsätzlich denkbar, eine Sicherung der grundrechtlich geschützten Beziehung der Klägerin zu ihrer Tochter nicht durch die Annahme eines Ausnahmefalls, sondern durch eine Ermessensentscheidung der Beklagten herzustellen. Dies würde aber hier zu keinem anderen Ergebnis führen, da dann das Ermessen der Beklagten aus den vorstehend genannten Gründen auf Null reduziert wäre.
96Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass sie möglicherweise ohne das nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG erforderliche Visum eingereist ist. Ob die Klägerin ein Visum benötigt hatte, ist fraglich. Zwar gehört Serbien zu den Staaten, deren Staatsangehörige nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 i.V.m. Anhang II von der Visumspflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit sind. Die Visumbefreiung gilt nach Anhang II jedoch nur für Inhaber biometrischer Pässe, sofern diese nicht von der serbischen Koordinierungsdirektion (Serbisch: Koordinaciona uprava) ausgestellt wurden. Dass die Klägerin Inhaberin eines solchen Passes ist, ist aus den Akten nicht eindeutig ersichtlich. Fraglich ist zudem, ob im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG die Nachholung des Visumverfahrens überhaupt gefordert werden kann, oder ob dies aus rechtssystematischen Gründen ausscheidet, da eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an einen Ausländer außerhalb des Bundesgebiets erteilt werden kann,
97vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 1 C 5/10 -, juris, BVerwGE 140, 64 = juris, Rn. 10.
98Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn zumindest ist die Nachholung des Visumverfahrens nach § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AufenthG im konkreten Einzelfall unzumutbar, da die Klägerin Mutter von drei Kindern ist, die zwei, fünf und sieben Jahre alt sind. Es kann wegen deren erforderlichen Betreuung nicht angenommen werden, dass der Klägerin auch nur eine vorrübergehende Trennung von ihren drei Kindern möglich ist. Das der Beklagten eröffnete Ermessen sieht die Kammer deshalb zudem als auf Null reduziert an.
99Da die Abschiebung der Klägerin bereits seit 18 Monaten ausgesetzt ist, verdichtet sich nach der Soll-Vorschrift des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG der Bescheidungsanspruch der Klägerin zu einem gebundenen Anspruch. Gründe, die eine Ausnahme von der Soll-Regelung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
100Die Klägerin hat auch Anspruch auf eine rückwirkende Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ab Antragstellung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Ausländer die Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nach Antragstellung beanspruchen, wenn er hieran ein schutzwürdiges Interesse hat. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die weitere aufenthaltsrechtliche Stellung des Ausländers erheblich sein kann,
101vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2009 - 1 C 7/08 -, NVwZ 2009, 1431 = juris, Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 15. Oktober 2014 - 17 A 1150/13 -, juris, Rn. 37, jeweils m.w.N.
102Hierauf kann die Klägerin sich schon deshalb berufen, da die Dauer des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis von Bedeutung sein kann,
103vgl. in ähnlich gelagerten Fällen auch OVG NRW, Urteil vom 23. August 2012 - 18 A 537/11 -, InfAuslR 2013, 23 = juris, Rn. 39 (zu § 28 Abs. 2 AufenthG); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 8. November 2010 - 11 S 1873/10 -, AuAS 2011, 14 = juris, Rn. 20 (zu § 26 Abs. 4 AufenthG).
104Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 24. Feb. 2016 - 8 K 247/14
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 24. Feb. 2016 - 8 K 247/14 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
- 1.
Ehegatten eines Deutschen, - 2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen, - 3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.
(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.
(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.
(5) (weggefallen)
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn
- 1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, - 2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist, - 3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes, - 4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen, - 5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat, - 6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung, - 7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen, - 8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt, - 9.
er - a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und - b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
- 10.
er - a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und - b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
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er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn
- 1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder - 2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
- 1.
Ehegatten eines Deutschen, - 2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen, - 3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.
(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.
(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.
(5) (weggefallen)
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Zusammenlebens mit seiner deutschen Ehefrau.
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Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Im Dezember 2002 wurde er in Hamburg ohne Aufenthaltserlaubnis aufgegriffen, vorläufig festgenommen und im Februar 2003 wegen illegalen Aufenthalts ausgewiesen. Der Kläger reiste dann nach eigenen Angaben in die Türkei aus. Im April 2011 sprach er erneut bei der Ausländerbehörde der Stadt Hamburg vor und beantragte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, um seine Verlobte, eine deutsche Staatsangehörige, heiraten zu können. Er gab an, im März 2010 mit Hilfe eines Schleppers auf dem Landweg in die Bundesrepublik eingereist zu sein und hier Arbeit gesucht zu haben. Die Beklagte erteilte dem Kläger im April 2011 eine Duldung, die fortwährend verlängert wurde. Im August 2011 heiratete er seine Verlobte. Gegen die Ausweisung aus dem Jahr 2003 erhob der Kläger Widerspruch. Daraufhin teilte ihm die Beklagte mit, sie betrachte die Ausweisungsverfügung aus dem Jahr 2003 als nicht erlassen, da eine ordnungsgemäße Zustellung bis heute nicht erfolgt und auch nicht mehr beabsichtigt sei. Die Ausweisung werde daher im Register gelöscht.
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Durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 11. August 2011 wurde der Kläger wegen illegaler Einreise in Tateinheit mit illegalem Aufenthalt von März 2010 bis April 2011 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Mit Bescheid vom 1. September 2011 lehnte die Beklagte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und nach § 25 Abs. 5 AufenthG ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie zurück.
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Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zu erteilen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 10. April 2014 (InfAuslR 2014, 426) die verwaltungsgerichtliche Entscheidung geändert und die Beklagte verpflichtetet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Den Hilfsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht weiterverfolgt.
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Das Oberverwaltungsgericht hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger erfülle nicht nur die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für die beantragte Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 30 AufenthG, sondern zugleich die für jeden Aufenthaltstitel erforderlichen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG. Dies gelte auch für die Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, dass kein Ausweisungsgrund vorliegen darf. Ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG liege dann vor, wenn einer der Tatbestände der §§ 53 bis 55 AufenthG erfüllt sei. Das sei hier zwar der Fall. Der Kläger habe durch seine illegale Einreise und den illegalen Aufenthalt bis April 2011 einen nicht geringfügigen Rechtsverstoß im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG begangen. Allerdings liege hier eine Ausnahme vom Regelfall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor. Die besonderen, einen atypischen Sachverhalt begründenden Umstände beruhten darauf, dass der Kläger mit einer deutschen Staatsangehörigen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebe und der Ausweisungsgrund allein in der Einreise ohne das erforderliche Visum und dem anschließenden Verstoß gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bestehe. In diesem Fall sei es nicht erforderlich, zur Abwehr von Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit die Aufenthaltserlaubnis zu versagen, weil derartige Beeinträchtigungen nicht mehr zu erwarten seien. Dem Ausweisungsgrund der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthalts komme hier seine typisierte Gefahrenabwehrfunktion nicht mehr zu. Eine zukünftige Wiederholung der Verstöße gegen die Einreisevorschriften sei bei einem deutschverheirateten Ausländer grundsätzlich ausgeschlossen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis scheitere auch nicht daran, dass der Kläger ohne das erforderliche Visum eingereist sei. Zwar erfülle er die weitere Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht. Doch lägen die Voraussetzungen vor, nach denen hiervon gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden könne. Denn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis seien erfüllt. Dies sei auch dann der Fall, wenn zwar eine regelhaft zu erfüllende Anspruchsvoraussetzung - hier nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG - nicht vorliege, dies jedoch unschädlich sei, weil ein Ausnahmefall gegeben sei.
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Die Entscheidung der Beklagten, von der Einhaltung des Visumverfahrens nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG abzusehen, sei fehlerhaft. Die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden das ihr nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG eröffnete Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt. Da eine Ermessensreduzierung auf Null zu Gunsten des Klägers nicht vorliege, sei die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erneut zu entscheiden und dabei das ihr zustehende Ermessen (erneut) auszuüben.
- 7
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Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision. Sie vertritt die Auffassung, das Berufungsurteil beruhe auf einem fehlerhaften Verständnis vom Regelfall eines Ausweisungsgrundes nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Für die Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG komme es nicht darauf an, ob aufgrund der konkreten Umstände eine Ausweisung möglich sein, sondern darauf, ob objektiv und abstrakt einer der gesetzlichen Ausweisungsgründe vorliege. Das sei hier in Gestalt der begangenen Straftat der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthalts der Fall (§ 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Auf die Gefahr der Begehung erneuter Straftaten komme es insoweit nicht an. Auch die Nichteinhaltung des Visumverfahrens stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entgegen.
- 8
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Der Kläger verteidigt die angefochtenen Urteile. Ergänzend weist er darauf hin, dass im vorliegenden Fall vom Erfordernis des Visumverfahrens abgesehen werden könne, weil ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bestehe. Ein Rechtsanspruch liege vor, wenn alle gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen vorlägen, auch wenn es sich um Ausnahmetatbestände handele. Im Übrigen sei die Ermessensentscheidung der Beklagten fehlerhaft, weil sie die persönlichen Interessen des Klägers - u.a. an einer Vermeidung einer langen Trennung infolge des von ihm in der Türkei abzuleistenden Wehrdienstes - nicht zur Kenntnis genommen und bei ihrer Entscheidung berücksichtigt habe. Für den Fall, dass seinem Hauptbegehren auf Zurückweisung der Revision nicht entsprochen werde, beantragt der Kläger hilfsweise die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu mehreren Fragen, die sich auf die Auslegung der Stillstandsklauseln des Assoziationsrechts EWG-Türkei sowie auf Art. 6 und Art. 10 ARB 1/80 beziehen (vgl. den in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatz vom 9. Dezember 2014).
- 9
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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgerichts beteiligt sich an dem Verfahren und schließt sich der Auffassung der Beklagten an, dass dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zustehe.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Einreise des Klägers und sein angestrebter Aufenthalt der Visumpflicht unterliegen (1.). Es hat aber unter Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG erfüllt sind, wenn sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lediglich aus dem Vorliegen einer Ausnahme von einer Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 AufenthG ergibt und deshalb von dem Visumerfordernis abgesehen werden kann (2.). Da es an einer Voraussetzung für den klageweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG fehlt, waren die vorinstanzlichen Urteile zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es nicht (3.).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz. Während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderungen sind allerdings zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, Urteil vom 30. Juli 2013 - BVerwG 1 C 15.12 - BVerwGE 147, 278 = Buchholz 402.242 § 36 AufenthG Nr. 5, jeweils Rn. 7). Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung deshalb zutreffend die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes und anderer registerrechtlicher Vorschriften zum Zweck der Zulassung der elektronischen Antragstellung bei Erteilung einer Registerauskunft vom 6. September 2013 (BGBl I S. 3556), zu Grunde gelegt. Seitdem hat sich die Rechtslage nicht geändert.
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1. Der Kläger erfüllt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwar die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte einer Deutschen nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Es fehlt jedoch an der allgemeinen Voraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen Visum gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.
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Der Kläger ist im Jahr 2010 ohne Visum nach Deutschland eingereist. Er unterliegt als türkischer Staatsangehöriger aber der Visumpflicht für die Einreise und den Aufenthalt sowohl zum Zweck der Arbeitsaufnahme als auch zum Zweck der Familienzusammenführung nach §§ 4, 6 Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 (ABI EG Nr. L 81 S. 1) und deren Anhang I. Welches Visum im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG als das erforderliche Visum anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck, der mit der im Bundesgebiet beantragten Aufenthaltserlaubnis verfolgt wird (Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 17.09 - BVerwGE 138, 122 = Buchholz 402.242 § 6 AufenthG Nr. 1, jeweils Rn. 19).
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a) Der Kläger war von der Visumpflicht nicht nach den Standstill-Regelungen des Assoziationsrechts EWG-Türkei befreit. Auf die Stillhalteklausel des Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen vom 12. September 1963 (BGBl 1972 II S. 385) - Zusatzprotokoll (ZP) - kann der Kläger sich nicht berufen, denn er beabsichtigte zu keiner Zeit, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er strebt vielmehr die Aufnahme einer unselbständigen Arbeit an, wie vom Berufungsgericht festgestellt und vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt wurde. Die für türkische Arbeitnehmer geschaffenen Stillhalteregelungen des Art. 7 ARB 2/76 und des Art. 13 ARB 1/80 setzen jedoch einen ordnungsgemäßen Aufenthalt des Arbeitnehmers im Aufnahmestaat voraus, über den der Kläger nicht verfügt. Denn er ist illegal nach Deutschland eingereist, besitzt keine Aufenthaltserlaubnis und wird hier nur vorübergehend geduldet. Ein ordnungsgemäßer Aufenthalt liegt aber nur dann vor, wenn der türkische Staatsangehörige die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats über die Einreise, den Aufenthalt und gegebenenfalls die Beschäftigung beachtet hat, so dass seine Lage im Hoheitsgebiet dieses Staates rechtmäßig ist (so EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - Rs. C-225/12, Demir - NVwZ-RR 2014, 115 Rn. 35 m.w.N.). Der Kläger kann auch von seiner Ehefrau kein Recht auf Beachtung der Stillhalteklausel des Art. 7 ARB 2/76 oder des Art. 13 ARB 1/80 ableiten mit der Folge, dass es allein auf deren ordnungsgemäßen Aufenthalt ankäme (vgl. dazu Urteil vom 6. November 2014 - BVerwG 1 C 4.14 - Rn. 15). Denn die Ehefrau ist deutsche und nicht türkische Staatsangehörige und kann daher ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht vermitteln. Damit kommt es nicht auf die Frage an, ob sich die Rechtslage hinsichtlich der Visumpflicht für türkische Staatsangehörige seit Inkrafttreten der Stillstandsregelungen zu Lasten der Betroffenen verändert hat.
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b) Der Kläger kann die Aufenthaltserlaubnis auch nicht abweichend von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nach § 39 Nr. 5 AufenthV ohne vorherige Ausreise erlangen. Gemäß § 39 Nr. 5 AufenthV kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn seine Abschiebung nach § 60a AufenthG ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung im Bundesgebiet während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat. Es kann offenbleiben, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 60a AufenthG erfüllt, denn er hat während seines Aufenthalts in Deutschland keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben, wie dies § 39 Nr. 5 AufenthV voraussetzt. Denn unter einem „Anspruch“ im Sinne von § 39 Nr. 5 AufenthV ist - ebenso wie bei § 39 Nr. 3 AufenthV - grundsätzlich nur ein strikter Rechtsanspruch zu verstehen. Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (vgl. Urteil vom 16. November 2010 a.a.O., jeweils Rn. 24 m.w.N.). Einen solchen Anspruch hat der Kläger jedoch nicht erworben, da er die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt (dazu im Einzelnen Rn. 18 ff.). Auch insoweit kann sich der Kläger aus den oben ausgeführten Gründen nicht auf eine für ihn mögliche Veränderung der Rechtslage unter dem Gesichtspunkt des assoziationsrechtlichen Stand-Still berufen.
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2. Vom Visumerfordernis kann - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - im vorliegenden Fall auch nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden.
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a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass es für den Kläger nicht im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG unzumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich nicht aus der verfahrensbedingten Trennung des Klägers von seiner Ehefrau. Zwar ist es möglich, dass es infolge der Nachholung des Visumverfahrens zu einer Trennung der Eheleute von 15 Monaten kommt, wenn der Kläger das Verfahren von der Türkei und nicht von einem Drittland zu betreiben hat und dann in der Türkei seiner Verpflichtung zur Wehrdienstleistung nachkommen muss. Der Senat verkennt nicht, dass eine mögliche Trennungszeit von dieser Dauer einen nicht unerheblichen Eingriff in die durch Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK geschützte eheliche Lebensgemeinschaft darstellt. Das Oberverwaltungsgericht sieht diesen Eingriff aber mit Recht als nicht unverhältnismäßig an. Denn der Kläger kommt mit der Wehrdienstleistung einer staatsbürgerlichen Pflicht nach, die auch bei Eheführung im Heimatland zu einer entsprechenden Trennung der Eheleute führen kann. Zudem war den Eheleuten bei Eingehung der Ehe bekannt, dass es wegen des noch nicht geleisteten Wehrdienstes in der Türkei zu einer hierdurch bedingten, zeitlich begrenzten Trennung kommen könnte - worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat. Der Kläger hat keine Gegenrügen gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erhoben, aus denen es das Fehlen von Gründen für eine Unzumutbarkeit im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG abgeleitet hat.
- 18
-
b) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass ein Absehen vom Erfordernis der Durchführung des vorgeschriebenen Visumverfahrens auch deshalb nicht in Betracht kommt, weil hier kein Anspruch auf Erteilung der erstrebten Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG vorliegt.
- 19
-
Unter einem „Anspruch“ im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist ebenso wie bei vergleichbaren Formulierungen im Aufenthaltsrecht - etwa in § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG oder in § 39 Nr. 3 AufenthV - grundsätzlich nur ein strikter Rechtsanspruch zu verstehen. Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (vgl. Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 17.09 - BVerwGE 138, 122 = Buchholz 402.242 § 6 AufenthG Nr. 1, jeweils Rn. 24 zu § 39 Nr. 3 AufenthV; Urteil vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 C 37.07 - BVerwGE 132, 382 = Buchholz 402.242 § 10 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 21 ff. zu § 10 Abs. 3 AufenthG). Von dieser Rechtsprechung des Senats weicht das Berufungsurteil ab, indem es auch im Fall einer Ausnahme von einer regelhaft zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzung einen Anspruch im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG bejaht (UA S. 24).
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Das in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vorgeschriebene Visumverfahren dient dem Zweck, die Zuwanderung nach Deutschland wirksam steuern und begrenzen zu können (vgl. Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 23.09 - BVerwGE 138, 353 = Buchholz 402.242 § 6 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 20 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in BTDrucks 15/420 S. 70). Ausgehend von diesem Zweck sind Ausnahmen von der Visumpflicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG prinzipiell eng auszulegen (so auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: August 2013, § 5 Rn. 121). Das bedeutet für die Auslegung des Ausnahmetatbestands des Vorliegens eines gesetzlichen Anspruchs auf Erteilung der angestrebten Aufenthaltserlaubnis, dass sich ein solcher aus der typisierten gesetzlichen Regelung ergeben muss und Ausnahmetatbestände insoweit unberücksichtigt bleiben müssen. § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG wirkt auf diese Weise generalpräventiv dem Anreiz entgegen, nach illegaler Einreise Bleibegründe zu schaffen mit der Folge, dieses Verhalten mit einem Verzicht auf das vom Ausland durchzuführende Visumverfahren zu honorieren. Die bewusste Umgehung des Visumverfahrens darf nicht folgenlos bleiben, um dieses wichtige Steuerungsinstrument der Zuwanderung nicht zu entwerten (so schon Urteil vom 11. Januar 2011 a.a.O., jeweils Rn. 25).
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Für den vorliegenden Fall kann daher offenbleiben, ob die vom Berufungsgericht als bedeutsam gewerteten Umstände der ehelichen Lebensgemeinschaft des Klägers mit einer Deutschen und die dadurch verminderte oder ganz entfallene Gefahr, dass der Kläger erneut Verstöße gegen Einreisevorschriften begehen wird, eine Ausnahme vom Regelerfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG begründen. Denn es fehlt jedenfalls an der Regelvoraussetzung dieser Vorschrift, dass kein Ausweisungsgrund vorliegen darf, da der Kläger durch seine illegale Einreise und den illegalen Aufenthalt den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt (vgl. Urteil vom 16. Juli 2002 - BVerwG 1 C 8.02 - BVerwGE 116, 378 <385> = Buchholz 402.240 § 21 AuslG Nr. 1 S. 6). Deswegen ist er im Übrigen auch strafgerichtlich verurteilt worden und diese Verurteilung ist auch noch nicht im Bundeszentralregister getilgt.
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3. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es nicht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Vorlage mehrerer Fragen an den Gerichtshof für den Fall angeregt, dass die Revision der Beklagten nicht zurückgewiesen wird. Die ersten drei Fragestellungen (1a, b und c) beziehen sich auf die Vereinbarkeit bestimmter nationaler Regelungen zur Visumerteilung und zu den Folgen von visumrechtlichen Verstößen mit den Stillhalteklauseln des Art. 13 ARB 1/80 und des Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziationsabkommen EWG-Türkei. Die Voraussetzungen für die Einholung einer Vorabentscheidung zu diesen Fragen liegen jedoch nicht vor, weil sie nicht entscheidungserheblich sind. Wie oben bereits ausgeführt (Rn. 14) kann sich der Kläger auf die assoziationsrechtlichen Stillhalteregelungen nicht berufen. Art. 41 des Zusatzprotokolls findet auf ihn keine Anwendung, denn er hatte zu keiner Zeit die Absicht, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Zur Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 7 ARB 2/76 und Art. 13 ARB 1/80 fehlt es am ordnungsgemäßen Aufenthalt des Klägers in Deutschland. Mit der vierten Fragestellung (Frage 2) möchte der Kläger geklärt wissen, ob bestimmte Verfahrensregeln in einem zukünftigen Visumverfahren bei einem subjektiven Anspruch auf Familienzusammenführung zu beachten seien. Eine Anrufung des Gerichtshofs zu dieser Frage scheidet deshalb aus, weil die rechtlichen Rahmenbedingungen eines künftigen Visumverfahrens nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage sind. Diese ist vielmehr auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne Durchführung eines Visumverfahrens gerichtet.
- 23
-
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, - 1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten - a)
gegen das Leben, - b)
gegen die körperliche Unversehrtheit, - c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches, - d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder - e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
- 1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand, - 3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, - 4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder - 5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, - a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt, - b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder - c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.
(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer
- 1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist, - 2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, - 3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht, - 4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht, - 5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben, - 6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist, - 7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde, - 8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland - a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder - b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
- 9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.
(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.
(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die falsche Verdächtigung begeht, um eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe nach § 46b dieses Gesetzes, § 31 des Betäubungsmittelgesetzes oder § 4a des Anti-Doping-Gesetzes zu erlangen. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, - 4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder - 5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.
(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn
- 1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, - 2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält, - 3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt, - 4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält, - 5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder - 6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.
(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 11. Juni 2015 - 6 K 2550/13 - wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Zusammenlebens mit seiner deutschen Ehefrau.
- 2
-
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Im Dezember 2002 wurde er in Hamburg ohne Aufenthaltserlaubnis aufgegriffen, vorläufig festgenommen und im Februar 2003 wegen illegalen Aufenthalts ausgewiesen. Der Kläger reiste dann nach eigenen Angaben in die Türkei aus. Im April 2011 sprach er erneut bei der Ausländerbehörde der Stadt Hamburg vor und beantragte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, um seine Verlobte, eine deutsche Staatsangehörige, heiraten zu können. Er gab an, im März 2010 mit Hilfe eines Schleppers auf dem Landweg in die Bundesrepublik eingereist zu sein und hier Arbeit gesucht zu haben. Die Beklagte erteilte dem Kläger im April 2011 eine Duldung, die fortwährend verlängert wurde. Im August 2011 heiratete er seine Verlobte. Gegen die Ausweisung aus dem Jahr 2003 erhob der Kläger Widerspruch. Daraufhin teilte ihm die Beklagte mit, sie betrachte die Ausweisungsverfügung aus dem Jahr 2003 als nicht erlassen, da eine ordnungsgemäße Zustellung bis heute nicht erfolgt und auch nicht mehr beabsichtigt sei. Die Ausweisung werde daher im Register gelöscht.
- 3
-
Durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 11. August 2011 wurde der Kläger wegen illegaler Einreise in Tateinheit mit illegalem Aufenthalt von März 2010 bis April 2011 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Mit Bescheid vom 1. September 2011 lehnte die Beklagte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und nach § 25 Abs. 5 AufenthG ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie zurück.
- 4
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Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zu erteilen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 10. April 2014 (InfAuslR 2014, 426) die verwaltungsgerichtliche Entscheidung geändert und die Beklagte verpflichtetet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Den Hilfsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht weiterverfolgt.
- 5
-
Das Oberverwaltungsgericht hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger erfülle nicht nur die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für die beantragte Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 30 AufenthG, sondern zugleich die für jeden Aufenthaltstitel erforderlichen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG. Dies gelte auch für die Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, dass kein Ausweisungsgrund vorliegen darf. Ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG liege dann vor, wenn einer der Tatbestände der §§ 53 bis 55 AufenthG erfüllt sei. Das sei hier zwar der Fall. Der Kläger habe durch seine illegale Einreise und den illegalen Aufenthalt bis April 2011 einen nicht geringfügigen Rechtsverstoß im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG begangen. Allerdings liege hier eine Ausnahme vom Regelfall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor. Die besonderen, einen atypischen Sachverhalt begründenden Umstände beruhten darauf, dass der Kläger mit einer deutschen Staatsangehörigen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebe und der Ausweisungsgrund allein in der Einreise ohne das erforderliche Visum und dem anschließenden Verstoß gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bestehe. In diesem Fall sei es nicht erforderlich, zur Abwehr von Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit die Aufenthaltserlaubnis zu versagen, weil derartige Beeinträchtigungen nicht mehr zu erwarten seien. Dem Ausweisungsgrund der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthalts komme hier seine typisierte Gefahrenabwehrfunktion nicht mehr zu. Eine zukünftige Wiederholung der Verstöße gegen die Einreisevorschriften sei bei einem deutschverheirateten Ausländer grundsätzlich ausgeschlossen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis scheitere auch nicht daran, dass der Kläger ohne das erforderliche Visum eingereist sei. Zwar erfülle er die weitere Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht. Doch lägen die Voraussetzungen vor, nach denen hiervon gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden könne. Denn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis seien erfüllt. Dies sei auch dann der Fall, wenn zwar eine regelhaft zu erfüllende Anspruchsvoraussetzung - hier nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG - nicht vorliege, dies jedoch unschädlich sei, weil ein Ausnahmefall gegeben sei.
- 6
-
Die Entscheidung der Beklagten, von der Einhaltung des Visumverfahrens nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG abzusehen, sei fehlerhaft. Die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden das ihr nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG eröffnete Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt. Da eine Ermessensreduzierung auf Null zu Gunsten des Klägers nicht vorliege, sei die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erneut zu entscheiden und dabei das ihr zustehende Ermessen (erneut) auszuüben.
- 7
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Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision. Sie vertritt die Auffassung, das Berufungsurteil beruhe auf einem fehlerhaften Verständnis vom Regelfall eines Ausweisungsgrundes nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Für die Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG komme es nicht darauf an, ob aufgrund der konkreten Umstände eine Ausweisung möglich sein, sondern darauf, ob objektiv und abstrakt einer der gesetzlichen Ausweisungsgründe vorliege. Das sei hier in Gestalt der begangenen Straftat der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthalts der Fall (§ 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Auf die Gefahr der Begehung erneuter Straftaten komme es insoweit nicht an. Auch die Nichteinhaltung des Visumverfahrens stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entgegen.
- 8
-
Der Kläger verteidigt die angefochtenen Urteile. Ergänzend weist er darauf hin, dass im vorliegenden Fall vom Erfordernis des Visumverfahrens abgesehen werden könne, weil ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bestehe. Ein Rechtsanspruch liege vor, wenn alle gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen vorlägen, auch wenn es sich um Ausnahmetatbestände handele. Im Übrigen sei die Ermessensentscheidung der Beklagten fehlerhaft, weil sie die persönlichen Interessen des Klägers - u.a. an einer Vermeidung einer langen Trennung infolge des von ihm in der Türkei abzuleistenden Wehrdienstes - nicht zur Kenntnis genommen und bei ihrer Entscheidung berücksichtigt habe. Für den Fall, dass seinem Hauptbegehren auf Zurückweisung der Revision nicht entsprochen werde, beantragt der Kläger hilfsweise die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu mehreren Fragen, die sich auf die Auslegung der Stillstandsklauseln des Assoziationsrechts EWG-Türkei sowie auf Art. 6 und Art. 10 ARB 1/80 beziehen (vgl. den in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatz vom 9. Dezember 2014).
- 9
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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgerichts beteiligt sich an dem Verfahren und schließt sich der Auffassung der Beklagten an, dass dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zustehe.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Einreise des Klägers und sein angestrebter Aufenthalt der Visumpflicht unterliegen (1.). Es hat aber unter Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG erfüllt sind, wenn sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lediglich aus dem Vorliegen einer Ausnahme von einer Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 AufenthG ergibt und deshalb von dem Visumerfordernis abgesehen werden kann (2.). Da es an einer Voraussetzung für den klageweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG fehlt, waren die vorinstanzlichen Urteile zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es nicht (3.).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz. Während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderungen sind allerdings zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, Urteil vom 30. Juli 2013 - BVerwG 1 C 15.12 - BVerwGE 147, 278 = Buchholz 402.242 § 36 AufenthG Nr. 5, jeweils Rn. 7). Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung deshalb zutreffend die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes und anderer registerrechtlicher Vorschriften zum Zweck der Zulassung der elektronischen Antragstellung bei Erteilung einer Registerauskunft vom 6. September 2013 (BGBl I S. 3556), zu Grunde gelegt. Seitdem hat sich die Rechtslage nicht geändert.
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1. Der Kläger erfüllt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwar die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte einer Deutschen nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Es fehlt jedoch an der allgemeinen Voraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen Visum gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.
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Der Kläger ist im Jahr 2010 ohne Visum nach Deutschland eingereist. Er unterliegt als türkischer Staatsangehöriger aber der Visumpflicht für die Einreise und den Aufenthalt sowohl zum Zweck der Arbeitsaufnahme als auch zum Zweck der Familienzusammenführung nach §§ 4, 6 Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 (ABI EG Nr. L 81 S. 1) und deren Anhang I. Welches Visum im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG als das erforderliche Visum anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck, der mit der im Bundesgebiet beantragten Aufenthaltserlaubnis verfolgt wird (Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 17.09 - BVerwGE 138, 122 = Buchholz 402.242 § 6 AufenthG Nr. 1, jeweils Rn. 19).
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a) Der Kläger war von der Visumpflicht nicht nach den Standstill-Regelungen des Assoziationsrechts EWG-Türkei befreit. Auf die Stillhalteklausel des Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen vom 12. September 1963 (BGBl 1972 II S. 385) - Zusatzprotokoll (ZP) - kann der Kläger sich nicht berufen, denn er beabsichtigte zu keiner Zeit, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er strebt vielmehr die Aufnahme einer unselbständigen Arbeit an, wie vom Berufungsgericht festgestellt und vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt wurde. Die für türkische Arbeitnehmer geschaffenen Stillhalteregelungen des Art. 7 ARB 2/76 und des Art. 13 ARB 1/80 setzen jedoch einen ordnungsgemäßen Aufenthalt des Arbeitnehmers im Aufnahmestaat voraus, über den der Kläger nicht verfügt. Denn er ist illegal nach Deutschland eingereist, besitzt keine Aufenthaltserlaubnis und wird hier nur vorübergehend geduldet. Ein ordnungsgemäßer Aufenthalt liegt aber nur dann vor, wenn der türkische Staatsangehörige die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats über die Einreise, den Aufenthalt und gegebenenfalls die Beschäftigung beachtet hat, so dass seine Lage im Hoheitsgebiet dieses Staates rechtmäßig ist (so EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - Rs. C-225/12, Demir - NVwZ-RR 2014, 115 Rn. 35 m.w.N.). Der Kläger kann auch von seiner Ehefrau kein Recht auf Beachtung der Stillhalteklausel des Art. 7 ARB 2/76 oder des Art. 13 ARB 1/80 ableiten mit der Folge, dass es allein auf deren ordnungsgemäßen Aufenthalt ankäme (vgl. dazu Urteil vom 6. November 2014 - BVerwG 1 C 4.14 - Rn. 15). Denn die Ehefrau ist deutsche und nicht türkische Staatsangehörige und kann daher ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht vermitteln. Damit kommt es nicht auf die Frage an, ob sich die Rechtslage hinsichtlich der Visumpflicht für türkische Staatsangehörige seit Inkrafttreten der Stillstandsregelungen zu Lasten der Betroffenen verändert hat.
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b) Der Kläger kann die Aufenthaltserlaubnis auch nicht abweichend von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nach § 39 Nr. 5 AufenthV ohne vorherige Ausreise erlangen. Gemäß § 39 Nr. 5 AufenthV kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn seine Abschiebung nach § 60a AufenthG ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung im Bundesgebiet während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat. Es kann offenbleiben, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 60a AufenthG erfüllt, denn er hat während seines Aufenthalts in Deutschland keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben, wie dies § 39 Nr. 5 AufenthV voraussetzt. Denn unter einem „Anspruch“ im Sinne von § 39 Nr. 5 AufenthV ist - ebenso wie bei § 39 Nr. 3 AufenthV - grundsätzlich nur ein strikter Rechtsanspruch zu verstehen. Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (vgl. Urteil vom 16. November 2010 a.a.O., jeweils Rn. 24 m.w.N.). Einen solchen Anspruch hat der Kläger jedoch nicht erworben, da er die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt (dazu im Einzelnen Rn. 18 ff.). Auch insoweit kann sich der Kläger aus den oben ausgeführten Gründen nicht auf eine für ihn mögliche Veränderung der Rechtslage unter dem Gesichtspunkt des assoziationsrechtlichen Stand-Still berufen.
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2. Vom Visumerfordernis kann - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - im vorliegenden Fall auch nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden.
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a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass es für den Kläger nicht im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG unzumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich nicht aus der verfahrensbedingten Trennung des Klägers von seiner Ehefrau. Zwar ist es möglich, dass es infolge der Nachholung des Visumverfahrens zu einer Trennung der Eheleute von 15 Monaten kommt, wenn der Kläger das Verfahren von der Türkei und nicht von einem Drittland zu betreiben hat und dann in der Türkei seiner Verpflichtung zur Wehrdienstleistung nachkommen muss. Der Senat verkennt nicht, dass eine mögliche Trennungszeit von dieser Dauer einen nicht unerheblichen Eingriff in die durch Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK geschützte eheliche Lebensgemeinschaft darstellt. Das Oberverwaltungsgericht sieht diesen Eingriff aber mit Recht als nicht unverhältnismäßig an. Denn der Kläger kommt mit der Wehrdienstleistung einer staatsbürgerlichen Pflicht nach, die auch bei Eheführung im Heimatland zu einer entsprechenden Trennung der Eheleute führen kann. Zudem war den Eheleuten bei Eingehung der Ehe bekannt, dass es wegen des noch nicht geleisteten Wehrdienstes in der Türkei zu einer hierdurch bedingten, zeitlich begrenzten Trennung kommen könnte - worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat. Der Kläger hat keine Gegenrügen gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erhoben, aus denen es das Fehlen von Gründen für eine Unzumutbarkeit im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG abgeleitet hat.
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b) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass ein Absehen vom Erfordernis der Durchführung des vorgeschriebenen Visumverfahrens auch deshalb nicht in Betracht kommt, weil hier kein Anspruch auf Erteilung der erstrebten Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG vorliegt.
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Unter einem „Anspruch“ im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist ebenso wie bei vergleichbaren Formulierungen im Aufenthaltsrecht - etwa in § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG oder in § 39 Nr. 3 AufenthV - grundsätzlich nur ein strikter Rechtsanspruch zu verstehen. Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (vgl. Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 17.09 - BVerwGE 138, 122 = Buchholz 402.242 § 6 AufenthG Nr. 1, jeweils Rn. 24 zu § 39 Nr. 3 AufenthV; Urteil vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 C 37.07 - BVerwGE 132, 382 = Buchholz 402.242 § 10 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 21 ff. zu § 10 Abs. 3 AufenthG). Von dieser Rechtsprechung des Senats weicht das Berufungsurteil ab, indem es auch im Fall einer Ausnahme von einer regelhaft zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzung einen Anspruch im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG bejaht (UA S. 24).
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Das in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vorgeschriebene Visumverfahren dient dem Zweck, die Zuwanderung nach Deutschland wirksam steuern und begrenzen zu können (vgl. Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 23.09 - BVerwGE 138, 353 = Buchholz 402.242 § 6 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 20 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in BTDrucks 15/420 S. 70). Ausgehend von diesem Zweck sind Ausnahmen von der Visumpflicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG prinzipiell eng auszulegen (so auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: August 2013, § 5 Rn. 121). Das bedeutet für die Auslegung des Ausnahmetatbestands des Vorliegens eines gesetzlichen Anspruchs auf Erteilung der angestrebten Aufenthaltserlaubnis, dass sich ein solcher aus der typisierten gesetzlichen Regelung ergeben muss und Ausnahmetatbestände insoweit unberücksichtigt bleiben müssen. § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG wirkt auf diese Weise generalpräventiv dem Anreiz entgegen, nach illegaler Einreise Bleibegründe zu schaffen mit der Folge, dieses Verhalten mit einem Verzicht auf das vom Ausland durchzuführende Visumverfahren zu honorieren. Die bewusste Umgehung des Visumverfahrens darf nicht folgenlos bleiben, um dieses wichtige Steuerungsinstrument der Zuwanderung nicht zu entwerten (so schon Urteil vom 11. Januar 2011 a.a.O., jeweils Rn. 25).
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Für den vorliegenden Fall kann daher offenbleiben, ob die vom Berufungsgericht als bedeutsam gewerteten Umstände der ehelichen Lebensgemeinschaft des Klägers mit einer Deutschen und die dadurch verminderte oder ganz entfallene Gefahr, dass der Kläger erneut Verstöße gegen Einreisevorschriften begehen wird, eine Ausnahme vom Regelerfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG begründen. Denn es fehlt jedenfalls an der Regelvoraussetzung dieser Vorschrift, dass kein Ausweisungsgrund vorliegen darf, da der Kläger durch seine illegale Einreise und den illegalen Aufenthalt den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt (vgl. Urteil vom 16. Juli 2002 - BVerwG 1 C 8.02 - BVerwGE 116, 378 <385> = Buchholz 402.240 § 21 AuslG Nr. 1 S. 6). Deswegen ist er im Übrigen auch strafgerichtlich verurteilt worden und diese Verurteilung ist auch noch nicht im Bundeszentralregister getilgt.
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3. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es nicht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Vorlage mehrerer Fragen an den Gerichtshof für den Fall angeregt, dass die Revision der Beklagten nicht zurückgewiesen wird. Die ersten drei Fragestellungen (1a, b und c) beziehen sich auf die Vereinbarkeit bestimmter nationaler Regelungen zur Visumerteilung und zu den Folgen von visumrechtlichen Verstößen mit den Stillhalteklauseln des Art. 13 ARB 1/80 und des Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziationsabkommen EWG-Türkei. Die Voraussetzungen für die Einholung einer Vorabentscheidung zu diesen Fragen liegen jedoch nicht vor, weil sie nicht entscheidungserheblich sind. Wie oben bereits ausgeführt (Rn. 14) kann sich der Kläger auf die assoziationsrechtlichen Stillhalteregelungen nicht berufen. Art. 41 des Zusatzprotokolls findet auf ihn keine Anwendung, denn er hatte zu keiner Zeit die Absicht, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Zur Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 7 ARB 2/76 und Art. 13 ARB 1/80 fehlt es am ordnungsgemäßen Aufenthalt des Klägers in Deutschland. Mit der vierten Fragestellung (Frage 2) möchte der Kläger geklärt wissen, ob bestimmte Verfahrensregeln in einem zukünftigen Visumverfahren bei einem subjektiven Anspruch auf Familienzusammenführung zu beachten seien. Eine Anrufung des Gerichtshofs zu dieser Frage scheidet deshalb aus, weil die rechtlichen Rahmenbedingungen eines künftigen Visumverfahrens nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage sind. Diese ist vielmehr auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne Durchführung eines Visumverfahrens gerichtet.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Gründe
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Aktenzeichen: 19 B 15.1066
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 9. Dezember 2015
(VG Würzburg, Entscheidung vom 27. Januar 2014, Az.: W 7 K 13.365)
19. Senat
Sachgebietsschlüssel: 600
Hauptpunkte:
Aufenthaltsrecht
Eigenständiges Aufenthaltsrecht des geschiedenen
Ehegatten nach einem Jahr (hier: verneint)
Ausweisungsgrund
Ausweisungsinteresse
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
...
gegen
Stadt ..., vertreten durch den Oberbürgermeister, ...
- Beklagte -
beteiligt: Landesanwaltschaft ..., als Vertreter des öffentlichen Interesses,
wegen Ausländerrechts;
hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 19. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Herrmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Thumann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof König aufgrund mündlicher Verhandlung am 24. November und am 9. Dezember 2015 folgendes Urteil:
I.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Entscheidungsgründe:
Rechtsmittelbelehrung
Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt (§§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG).
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.
(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.
(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Ein Kind, das im Inland aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Kind eines Deutschen. Satz 1 ist auf ein vertraulich geborenes Kind nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil
- 1.
seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und - 2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt.
(4) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach Absatz 1 erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos. Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird; zur Fristwahrung genügt es auch, wenn der Antrag in dieser Frist bei der zuständigen Auslandsvertretung eingeht. Sind beide Elternteile deutsche Staatsangehörige, so tritt die Rechtsfolge des Satzes 1 nur ein, wenn beide die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Für den Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes und nach § 15 ist die Rechtsfolge nach Satz 1 unbeachtlich.
(5) Absatz 4 Satz 1 gilt nicht
- 1.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 erworben hat, und - 2.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, wenn dieser ohne den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einen Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 gehabt hätte.
Vater eines Kindes ist der Mann,
- 1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, - 2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder - 3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.
(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:
- 1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht, - 2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, - 3.
die Mutter und - 4.
das Kind.
(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.
(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.
(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.
Vater eines Kindes ist der Mann,
- 1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, - 2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder - 3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.
(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Ein Kind, das im Inland aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Kind eines Deutschen. Satz 1 ist auf ein vertraulich geborenes Kind nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil
- 1.
seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und - 2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt.
(4) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach Absatz 1 erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos. Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird; zur Fristwahrung genügt es auch, wenn der Antrag in dieser Frist bei der zuständigen Auslandsvertretung eingeht. Sind beide Elternteile deutsche Staatsangehörige, so tritt die Rechtsfolge des Satzes 1 nur ein, wenn beide die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Für den Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes und nach § 15 ist die Rechtsfolge nach Satz 1 unbeachtlich.
(5) Absatz 4 Satz 1 gilt nicht
- 1.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 erworben hat, und - 2.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, wenn dieser ohne den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einen Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 gehabt hätte.
(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
- 1.
Ehegatten eines Deutschen, - 2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen, - 3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.
(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.
(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.
(5) (weggefallen)
Tenor
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§ 1600 Absatz 1 Nummer 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 313) und Artikel 229 § 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 313) verstoßen gegen Artikel 16 Absatz 1, gegen Artikel 6 Absatz 2 Satz 1, gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 und gegen Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.
Gründe
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A.
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Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Regeln zur sogenannten Behördenanfechtung, welche die Vaterschaft und die durch Vaterschaftsanerkennung begründete deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes rückwirkend entfallen lässt, mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
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I.
- 2
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1. Das in § 1600 ff. BGB geregelte Recht der Vaterschaftsanfechtung wurde im Jahr 2008 um die hier zu überprüfenden Regeln zur Behördenanfechtung ergänzt. Hintergrund war der Eindruck des Gesetzgebers, dass das im Familienrecht gezielt voraussetzungsarm ausgestaltete Instrument der Vaterschaftsanerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB) in bestimmten Konstellationen zur Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts genutzt wird. Die Regelungen der Vaterschaftsanerkennung lassen es zu, die Vaterschaft für ein ausländisches Kind anzuerkennen, um beim Kind den automatischen Abstammungserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 oder 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (im Folgenden: StAG) herbeizuführen und so mittels Familiennachzugs nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Aufenthaltsgesetzes (Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet, im Folgenden: AufenthG) ein Aufenthaltsrecht des ausländischen Elternteils zu begründen oder zu stärken (vgl. BTDrucks 16/3291, insbesondere S. 1 f., 9 und 11).
- 3
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2. a) Die Anfechtungsberechtigung der Behörde und die materiellen Anfechtungsvoraussetzungen sind in § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 und 4 BGB geregelt:
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(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:
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[…]
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5. die zuständige Behörde (anfechtungsberechtigte Behörde) in den Fällen des § 1592 Nr. 2.
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(3) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 5 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat und durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils geschaffen werden.
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(4) Eine sozial-familiäre Beziehung nach den Absätzen 2 und 3 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.
- 5
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b) Die Anfechtungsfristen und der Beginn der Anfechtungsfrist sind in § 1600b BGB geregelt:
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(1) Die Vaterschaft kann binnen zwei Jahren gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen; das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 2 erste Alternative hindert den Lauf der Frist nicht.
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(1a) Im Fall des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 kann die Vaterschaft binnen eines Jahres gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt, wenn die anfechtungsberechtigte Behörde von den Tatsachen Kenntnis erlangt, die die Annahme rechtfertigen, dass die Voraussetzungen für ihr Anfechtungsrecht vorliegen. Die Anfechtung ist spätestens nach Ablauf von fünf Jahren seit der Wirksamkeit der Anerkennung der Vaterschaft für ein im Bundesgebiet geborenes Kind ausgeschlossen; ansonsten spätestens fünf Jahre nach der Einreise des Kindes.
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(2) Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes und nicht, bevor die Anerkennung wirksam geworden ist.
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c) Die Überleitungsvorschrift lautet:
- 8
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Art. 229 § 16 EGBGB
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Im Fall der Anfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beginnt die Frist für die Anfechtung gemäß § 1600b Abs. 1a des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht vor dem 1. Juni 2008.
-
II.
- 9
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Die zu überprüfenden Regelungen sind Teil des Abstammungsrechts (§§ 1591 ff. BGB), das die rechtliche Zugehörigkeit eines Kindes zu seinen Eltern regelt.
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1. Nach § 1592 BGB ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist (Nr. 1), der die Vaterschaft anerkannt hat (Nr. 2) oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde (Nr. 3). Eine behördliche Anfechtung der Vaterschaft kommt nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nur in Betracht, wenn die Vaterschaft durch Vaterschaftsanerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB begründet wurde. Die Anerkennung begründet die Vaterschaft mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Geburt (vgl. Rauscher, in: Staudinger BGB, 2011, §§ 1589-1600d, § 1594, Rn. 9; Schmidt-Recla, in: Soergel BGB, Band 19/1, 13. Aufl. 2012, § 1594, Rn. 14; Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 8, 6. Aufl. 2012, § 1594, Rn. 16). Materiellrechtliche Voraussetzung der Vaterschaftsanerkennung ist nach § 1594 Abs. 2 BGB lediglich, dass nicht die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Die Anerkennung ist ansonsten nach §§ 1595 ff. BGB nur an formelle Anforderungen, insbesondere an die Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs. 1 BGB) geknüpft. Die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung hängt nicht von der biologischen Abstammung des Kindes ab. Auch eine im Wissen um die fehlende biologische Vaterschaft erfolgte Anerkennung ist wirksam. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, einem Kind durch Vaterschaftsanerkennung die deutsche Staatsangehörigkeit zu verschaffen, um aufenthaltsrechtliche Vorteile für das Kind und den ausländischen Elternteil zu begründen (s.u., III.1.).
- 11
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2. Die hier zu überprüfenden Regelungen über die behördliche Anfechtung der Vaterschaft ergänzen bereits bestehende Anfechtungsmöglichkeiten. Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BGB kann eine rechtliche Vaterschaft, die auf der Ehe des Mannes mit der Kindesmutter oder einer Vaterschaftsanerkennung beruht - die mithin ohne Rücksicht auf die biologischen Abstammungsverhältnisse entstanden ist - mit dem Argument angefochten werden, der rechtliche Vater sei nicht der biologische Vater des Kindes. Anfechtungsberechtigt sind nach heutiger Rechtslage der rechtliche Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB), der mutmaßliche biologische Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB), die Mutter (§ 1600 Abs. 1 Nr. 3 BGB), das Kind (§ 1600 Abs. 1 Nr. 4 BGB) und nunmehr die zuständige Behörde (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB).
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Im Fall der Behördenanfechtung setzt die Anfechtung voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat und dass durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils geschaffen werden (§ 1600 Abs. 3 BGB).
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Die Voraussetzungen der Behördenanfechtung sind im Wesentlichen der Regelung der Anfechtung durch den mutmaßlichen biologischen Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nachgebildet, beziehungsweise mit dieser zusammengefasst (§ 1600 Abs. 3 und Abs. 4 BGB). Der Gesetzgeber hatte früher im Interesse des Kindes und der rechtlich-sozialen Familie ein Anfechtungsrecht des mutmaßlichen biologischen Vaters wiederholt abgelehnt (vgl. BTDrucks V/2370, S. 32; BTDrucks 13/4899, S. 57 f.). Das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch im Jahr 2003, es verstoße gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, dem biologischen, aber nicht rechtlichen Vater eines Kindes ausnahmslos das Anfechtungsrecht zu verweigern (BVerfGE 108, 82 ff.). Daraufhin wurde im Jahr 2004 die Anfechtungsmöglichkeit des mutmaßlichen biologischen Vaters in § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB eingeführt, wobei der Gesetzgeber allerdings dem Bestand einer sozial gelebten Eltern-Kind-Beziehung mit dem rechtlichen Vater den Vorrang gegenüber der rechtlichen Zuordnung des Kindes zum biologischen Vater einräumte. Männer, die eidesstattlich versichern, der Kindesmutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, können die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes nur anfechten, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater keine "sozial-familiäre Beziehung" besteht (§ 1600 Abs. 2 BGB). Dieses negative Tatbestandsmerkmal wurde später bei der hier zur Prüfung gestellten Regelung der Behördenanfechtung aufgegriffen (§ 1600 Abs. 3 BGB) und ist in § 1600 Abs. 4 BGB für beide Fälle einheitlich konkretisiert.
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III.
- 14
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Da die Behördenanfechtung letztlich darauf gerichtet ist, die Umgehung gesetzlicher Bedingungen des Aufenthaltsrechts durch eine Vaterschaftsanerkennung zu verhindern, richten sich die Voraussetzungen (1.) und Folgen (2.) der Behördenanfechtung auch nach dem Aufenthalts- und dem Staatsangehörigkeitsrecht.
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1. Die anfechtungsberechtigte Behörde kann die Vaterschaft gerichtlich anfechten, wenn durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt eines Beteiligten geschaffen werden (§ 1600 Abs. 3 BGB). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, wenn "für das Kind oder einen Elternteil ein ausländerrechtlicher Vorteil entstanden ist" (BTDrucks 16/3291, S. 14). Ein solcher Vorteil entsteht durch die Vaterschaftsanerkennung, wenn das Kind auf diese Weise die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt und damit auch einem Elternteil einen günstigeren Aufenthaltsstatus vermittelt. Praktisch stehen dabei zwei Konstellationen im Vordergrund: Erkennt ein deutscher Mann die Vaterschaft für das Kind einer unverheirateten ausländischen Mutter an, erwirbt das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 4 Abs. 1 StAG) und damit die Berechtigung zum Aufenthalt in Deutschland. Für die Kindesmutter ergibt sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge aus § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Auch wenn ein ausländischer Mann mit unbefristetem Aufenthaltsrecht, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, die Vaterschaft für das Kind einer ausländischen Staatsangehörigen anerkennt, erwirbt das Kind über den Vater die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 4 Abs. 3 StAG). Die Kindesmutter hat wiederum einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.
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2. Hat die Vaterschaftsanfechtungsklage Erfolg, entfallen die durch die Vaterschaftsanerkennung begründete Staatsangehörigkeit des Kindes und das Aufenthaltsrecht der Mutter. Mit der formellen Rechtskraft der Entscheidung über das Nichtbestehen der Vaterschaft fallen rückwirkend auf den Tag der Geburt des Kindes sowohl die bisherige Vaterschaftszuordnung als auch die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes weg. Der Verlust der Staatsangehörigkeit durch Vaterschaftsanfechtung ist zwar nicht ausdrücklich geregelt. Er wird aber aus der generellen Anknüpfung des Abstammungserwerbs der Staatsangehörigkeit an das familienrechtliche Abstammungsrecht abgeleitet. Abstammungsrechtlich fällt die Vaterschaft bei erfolgreicher Anfechtung nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte rückwirkend weg (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 194/09 -, NJW 2012, S. 852;stRspr). Mit dem rückwirkenden Wegfall der Vaterschaft entfällt nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ex tunc auch die nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 StAG auf Abstammung gründende deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes. Denn bei rückwirkendem Wegfall der Vaterschaft haben bei nachträglicher Betrachtung auch die Voraussetzungen für den auf die Abstammung gestützten Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes nie vorgelegen (vgl. nur VG Düsseldorf, Urteil vom 10. September 1985 - 17 K 10.419/85 -, NJW 1986, S. 676; VG Gießen, Urteil vom 8. November 1999 - 10 E 960/99 -, juris, Rn. 14; OVG Hamburg, Beschluss vom 10. Februar 2004 - 3 Bf 238/03 -, NVwZ-RR 2005, S. 212 <213>; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 2 M 441/04 -, juris, Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2007 - 18 A 2065/06 -, juris, Rn. 8; Bay. VGH, Beschluss vom 11. September 2007 - 5 CS 07.1921 -, juris, Rn. 3). Mit dem Wegfall der Staatsangehörigkeit des Kindes verliert nicht nur dieses sein mit der Staatsangehörigkeit verbundenes Aufenthaltsrecht, vielmehr entfällt auch das Aufenthaltsrecht seiner Mutter, das die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes voraussetzt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG). Gerade dies ist der Zweck der Behördenanfechtung.
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IV.
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1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Behörde für Inneres, focht mit ihrer Klage gegen den Beklagten zu 1) des Ausgangsverfahrens, ein minderjähriges Kind, und den Beklagten zu 2), den Mann, der die Vaterschaft für den Beklagten zu 1) anerkannt hat, dessen Vaterschaft an, indem sie beim Amtsgericht Hamburg-Altona beantragte festzustellen, dass der Beklagte zu 2) nicht der Vater des Beklagten zu 1) ist.
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Der Beklagte zu 1) wurde 2005 in Deutschland geboren. Seine Mutter ist vietnamesische Staatsangehörige und war im Zeitpunkt der Geburt mit einem Vietnamesen verheiratet, von dem sie später geschieden wurde. Das Kind besaß ebenfalls die vietnamesische Staatsangehörigkeit. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet war unerlaubt, der seiner Mutter geduldet. Der Beklagte zu 2) ist deutscher Staatsangehöriger. Er erkannte bereits vor der Geburt des Kindes die Vaterschaft durch notarielle Urkunde an. Die Kindesmutter und der damalige Ehemann der Kindesmutter stimmten der Vaterschaftsanerkennung zu. Mit Rechtskraft des Scheidungsurteils wurde die Anerkennung gemäß § 1599 Abs. 2 BGB wirksam.
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Weil der Beklagte zu 2) deutscher Staatsangehöriger ist, erwarb das Kind durch die Vaterschaftsanerkennung nach § 4 Abs. 1 StAG ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit. Zum Zweck des Zusammenlebens mit ihrem deutschen Kind wurde der Mutter des Beklagten zu 1) eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilt.
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Bei einer Befragung des Beklagten zu 2) vor der Ausländerbehörde der Stadtverwaltung über das Kennenlernen der Kindesmutter erklärte er zunächst seine Bereitschaft zu einem Vaterschaftstest, widerrief diese aber in einem späteren Schreiben. Er hatte und hat mit dem Kind und dessen Mutter keine gemeinsame Wohnung. Ein gerichtlich eingeholtes Abstammungsgutachten ergab, dass er nicht der biologische Vater des Kindes ist.
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2. Mit Beschluss vom 15. April 2010 hat das Amtsgericht das Verfahren gegen die Beklagten zu 1) und 2) ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 16 EGBGB mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
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Die Frage sei entscheidungserheblich, da die Klage abzuweisen sei, wenn die Vorschriften verfassungswidrig wären. Aus einfachrechtlicher Sicht lägen die Voraussetzungen einer Behördenanfechtung vor. Der Beklagte zu 2) habe die Vaterschaft für das Kind zwar bereits 2005 anerkannt. Der zum 1. Juni 2008 eingeführte § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB finde aber gemäß Art. 229 § 16 EGBGB auch auf Altfälle Anwendung. Zwischen den Beklagten zu 1) und zu 2) habe keine sozial-familiäre Beziehung im Zeitpunkt der Anerkennung bestanden und durch die Anerkennung seien die rechtlichen Voraussetzungen für den erlaubten Aufenthalt des Kindes und der Kindesmutter geschaffen worden.
- 23
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§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 16 EGBGB sei verfassungswidrig. Die Normen verstießen wegen unzulässiger Rückwirkung gegen Art. 20 Abs. 3 GG. Bei der Neueinführung der Anfechtungsberechtigung auch für Altfälle handle es sich um eine unzulässige echte Rückwirkung, die aber auch als unechte Rückwirkung nicht zu rechtfertigen sei, weil bereits die Einführung der Behördenanfechtung selbst wegen der damit verbundenen Grundrechtsverletzungen verfassungswidrig sei. Insbesondere sei nicht belegt, dass die Einführung eines Anfechtungsrechts der Behörde erforderlich gewesen sei. Das Interesse des Gesetzgebers, missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen entgegenzuwirken, um Verbleibensrechte von Ausländern und damit verbundene sozialstaatliche Belastungen der Allgemeinheit zu verhindern, habe zwar grundsätzlich einen hohen Stellenwert. Dieser relativiere sich jedoch, weil die vorgelegte statistische Erhebung nicht belege, in wie vielen Fällen es sich tatsächlich um eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung handele und binationale Verbindungen und ausländische Familien unter einen Generalverdacht gestellt würden. Dem stehe das Vertrauen des anerkannten Kindes auf die mit der Abstammung verbundenen unterhalts-, erb-, steuer- und sozialrechtlichen Folgen sowie insbesondere das Vertrauen auf die Auswirkungen auf sein Statusrecht gegenüber. Das Kind sei insbesondere in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 5 GG verletzt. Kinder, die während einer bestehenden Ehe geboren würden, seien von dem behördlichen Anfechtungsrecht nicht betroffen, obwohl insbesondere bei einer Scheinehe anzunehmen sei, dass das Kindschaftsverhältnis ebenfalls missbräuchlich herbeigeführt worden sei. Die Ungleichbehandlung sei dabei jedenfalls mittelbar an das Merkmal der Unehelichkeit geknüpft. Eine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich.
- 24
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3. In ihren schriftlichen Stellungnahmen vertreten die Bundesregierung wie auch die Freie und Hansestadt Hamburg als Klägerin des Ausgangsverfahrens die Auffassung, die Vorschrift des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 16 EGBGB sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Hingegen halten der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V., das Deutsche Rote Kreuz e.V. und das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. die Regelungen für verfassungswidrig. Der Deutsche Familiengerichtstag e.V. hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung, soweit die Anfechtung ältere Kinder betreffen kann, hält die Regelungen im Übrigen aber für verfassungsgemäß.
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B.
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Die Regelungen über die Behördenanfechtung (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB und Art. 229 § 16 EGBGB) sind verfassungswidrig. Sie verstoßen gegen Art. 16 Abs. 1 GG (I.), gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (II.), gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (III.) und gegen Art. 6 Abs. 1 GG (IV.). Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 5 GG liegt hingegen nicht vor (V.).
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I.
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Die Regelung der behördlichen Vaterschaftsanfechtung verstößt in ihrer konkreten Ausgestaltung gegen Art. 16 Abs. 1 GG, weil sie in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes herbeiführt. Durch die Vaterschaftsanfechtung wird in die durch Art. 16 Abs. 1 GG geschützte (1.) Staatsangehörigkeit des Kindes eingegriffen (2.). Der Grundrechtseingriff ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Art. 16 Abs. 1 GG unterscheidet zwischen der Entziehung der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG) und einem sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG) und stellt an beide Verlustformen unterschiedliche verfassungsrechtliche Anforderungen. Die Entziehung ist nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ausnahmslos verboten. Im Gegensatz dazu kann ein sonstiger Verlust der Staatsangehörigkeit nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG unter Umständen verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. In ihrer konkreten Ausgestaltung sind die Regelungen über die Behördenanfechtung als nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG absolut verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit anzusehen (3.), weil der Staatsangehörigkeitsverlust durch die Betroffenen nicht oder nicht in zumutbarer Weise beeinflussbar war. Zwar wäre es angesichts der Umstände eines Staatsangehörigkeitserwerbs durch anfechtbare Vaterschaftsanerkennung denkbar, den Kindern die hierbei bestehenden Einflussmöglichkeiten ihrer Eltern zuzurechnen (3.a) und b)). Der Staatsangehörigkeitsverlust entzieht sich jedoch auch dem Einfluss der Eltern, soweit die Behördenanfechtung Vaterschaftsanerkennungen betrifft, die vor Inkrafttreten der zu überprüfenden Normen erfolgten (3.c)). Darüber hinaus ist eine Beeinflussung des Staatsangehörigkeitsverlusts durch Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung nicht zumutbar, wenn die Vaterschaftsanerkennung nicht gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielt (3.d)). Dessen ungeachtet genügen die Regelungen auch nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG an einen sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit (4.), weil sie keine Möglichkeit bieten zu berücksichtigen, ob das Kind staatenlos wird (4.a)) und weil es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des Staatsangehörigkeitsverlusts (4.b)) sowie an einer angemessenen Fristen- und Altersregelung fehlt, die verhindern könnte, dass auch ältere Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit über einen längeren Zeitraum besessen haben, diese noch verlieren können (4.c)).
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1. Art. 16 Abs. 1 GG schützt vor dem Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit. Dieser Schutz kommt auch Kindern zu, die die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 oder 3 StAG aufgrund einer Vaterschaftsanerkennung erworben haben. Dem verfassungsrechtlichen Schutz der Staatsangehörigkeit steht nicht entgegen, dass die den Staatsangehörigkeitserwerb auslösende Vaterschaft behördlicher Anfechtung unterliegt. Die gerichtliche Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft, an die der Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes geknüpft ist, beseitigt eine zuvor bestehende deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes und nicht etwa nur den Schein einer solchen. Nach § 1592 Nr. 2 BGB ist der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, Vater dieses Kindes. Bis zur Rechtskraft eines auf Anfechtung hin ergehenden Urteils, in dem das Nichtbestehen der Vaterschaft festgestellt wird, besteht im Rechtssinne die Vaterschaft dieses Mannes. Die durch Anerkennung erworbene Vaterschaft ist eine rechtlich vollwertige Vaterschaft, keine bloße Scheinvaterschaft. Schon deshalb ist auch die nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 oder 3 StAG von ihr abgeleitete deutsche Staatsangehörigkeit keine bloße Scheinstaatsangehörigkeit (vgl. BVerfGK 9, 381 <383 f.> entsprechend zur Vaterschaftsanfechtung durch den rechtlichen Vater nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Am verfassungsrechtlichen Schutz der zwischenzeitlich bestehenden deutschen Staatsangehörigkeit ändert auch der Umstand nichts, dass der Verlust der Staatsangehörigkeit durch Vaterschaftsanfechtung einfachrechtlich als anfängliche Unwirksamkeit der Vaterschaft und Staatsangehörigkeit konstruiert wird und damit rückwirkend entfällt. Es handelt sich insoweit lediglich um eine Regelungstechnik zur nachträglichen Korrektur eines bestimmten Ergebnisses, das die zwischenzeitlich Realität gewordene rechtliche Anerkennung von Vaterschaft beziehungsweise Staatsangehörigkeit nicht ungeschehen und ihre Schutzwürdigkeit nicht automatisch hinfällig macht (vgl. BVerfGE 116, 24 <46>).
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2. Eine erfolgreiche Behördenanfechtung der Vaterschaft greift in die grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG ein. Die Vaterschaftsanfechtung führt beim betroffenen Kind zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, wenn das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit allein von dem Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, also dem bisherigen rechtlichen Vater, ableitet. Zwar verhält sich das von der Behörde durch die Vaterschaftsanfechtung erwirkte familiengerichtliche Urteil ausdrücklich allein zur Vaterschaft. Mit dem nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte rückwirkenden Wegfall der Vaterschaft tritt jedoch, ohne dass dies gesetzlich ausdrücklich geregelt wäre, nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte automatisch auch der Verlust der Staatsangehörigkeit ein (s.o., A.III.2.), der an Art. 16 Abs. 1 GG zu messen ist. Der Senat legt seiner Beurteilung regelmäßig die Auslegung der zu prüfenden Vorschrift nach der Auffassung des vorlegenden Gerichts zugrunde. Dieses geht hier davon aus, dass bereits die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung nach § 1600 Abs. 1 BGB einen Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes herbeiführen kann. Obwohl sich diese Rechtsfolge nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm ergibt, geht der Senat angesichts der nicht unvertretbaren Ansicht des Gerichts in seiner Prüfung ebenfalls von dieser Annahme aus.
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Ein Eingriff in Art. 16 Abs. 1 GG ist auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Verlust der Staatsangehörigkeit nur eine ungewollte Nebenfolge der behördlichen Vaterschaftsanfechtung wäre. Abgesehen davon, dass eine solche Einordnung der Behördenanfechtung nicht ihren Eingriffscharakter nähme, trifft sie auch in der Sache nicht zu; die Beseitigung der Staatsangehörigkeit des Kindes ist das eigentliche Ziel der Maßnahme, da die aufenthaltsrechtlichen Vorteile für den anderen Elternteil, die damit beseitigt werden sollen, gerade aus dem Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes resultieren.
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3. Der Grundrechtseingriff ist verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, weil die Regelungen über die Behördenanfechtung als absolut verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen sind.
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Eine Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ist "jede Verlustzufügung, die die - für den Einzelnen und für die Gesellschaft gleichermaßen bedeutsame - Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung der Verlässlichkeit und Gleichheit des Zugehörigkeitsstatus liegt insbesondere in jeder Verlustzufügung, die der Betroffene nicht oder nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann" (BVerfGE 116, 24 <44> m.w.N.).
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Die Regelung über die Behördenanfechtung ist als verfassungswidrige Entziehung der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG) anzusehen, weil die Betroffenen den Staatsangehörigkeitsverlust teils gar nicht, teils nicht in zumutbarer Weise beeinflussen können: Die Kinder selbst können den Staatsangehörigkeitsverlust ohnehin nicht selbst beeinflussen (a). Angesichts der Umstände eines Staatsangehörigkeitserwerbs durch anfechtbare Vaterschaftsanerkennung käme in Betracht, den Kindern die hierbei bestehenden Einflussmöglichkeiten ihrer Eltern zuzurechnen (b). Die Eltern hatten jedoch selbst keinen Einfluss auf den Staatsangehörigkeitsverlust, soweit die Regelungen auf Vaterschaften angewendet werden, die vor Inkrafttreten von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB anerkannt wurden (c). Außerdem ist den Eltern die Wahrnehmung ihrer Einflussnahmemöglichkeit nicht zumutbar, soweit die Vaterschaftsanerkennung nicht gerade darauf zielt, durch den Abstammungserwerb der Staatsangehörigkeit des Kindes (§ 4 Abs. 1 und 3 StAG) aufenthaltsrechtliche Vorteile zu erlangen (d).
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a) Die betroffenen Kinder können den infolge der Behördenanfechtung eintretenden Verlust der Staatsangehörigkeit nicht selbst beeinflussen. Die Vaterschaftsanfechtung liegt in der Hand der Behörde und des Gerichts. Der Staatsangehörigkeitsverlust vollzieht sich nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichteautomatisch. Ob die Voraussetzungen für eine Behördenanfechtung vorliegen, ist durch das Kind nicht nennenswert beeinflussbar. Auch der durch die Vaterschaftsanerkennung vermittelte Staatsangehörigkeitserwerb selbst, den rückgängig zu machen das eigentliche Ziel der Behördenanfechtung ist, entzieht sich regelmäßig dem Einfluss des Kindes. Die Vaterschaftsanerkennung liegt in den Händen der Eltern, der Staatsangehörigkeitserwerb vollzieht sich infolge der Vaterschaftsanerkennung automatisch von Gesetzes wegen.
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b) Grundsätzlich kommt in Betracht, den Kindern Einflussmöglichkeiten ihrer Eltern (aa) zuzurechnen (bb).
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aa) Auch die Eltern können den Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes nicht direkt beeinflussen, der bei erfolgreicher Behördenanfechtung automatisch eintritt.
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Der Vorwurf einer nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG verbotenen Entziehung der Staatsangehörigkeit lässt sich auch nicht schon mit dem Hinweis ausräumen, die Eltern hätten zur Vermeidung des Staatsangehörigkeitsverlusts bereits auf den Staatsangehörigkeitserwerb verzichten können.
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Besondere Umstände des Staatsangehörigkeitserwerbs können es allerdings erlauben, den Einfluss auf den Erwerbsvorgang ausnahmsweise auch als Einfluss auf den Staatsangehörigkeitsverlust zu werten (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>). Tragen die Betroffenen bereits beim Erwerb Verantwortung für eine spezifische Instabilität der Staatsangehörigkeit, hatten sie die Situation, die schließlich zum Verlust der Staatsangehörigkeit führt, in der eigenen Hand, so dass der Verlust als beeinflussbar gelten kann (vgl. Kämmerer, in: Bonner Kommentar, August 2005, Art. 16 Rn. 51; Masing, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2004, Art. 16 Rn. 74). Eine solche Instabilität kann daraus resultieren, dass die Art und Weise des Staatsangehörigkeitserwerbs rechtlich missbilligt ist und der Gesetzgeber Regelungen getroffen hat, nach denen der rechtlich missbilligte Staatsangehörigkeitserwerb rückgängig gemacht werden kann. Führen die Betroffenen unter diesen Voraussetzungen den Erwerb einer rechtlich bemakelten Staatsangehörigkeit herbei, tragen sie Verantwortung für deren Instabilität und müssen sich dies als Einfluss auf den Staatsangehörigkeitsverlust zurechnen lassen.
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In den Fällen der Behördenanfechtung ist die Einflussmöglichkeit der Eltern danach darin zu sehen, dass sie auf die Anerkennung einer nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB anfechtbaren Vaterschaft verzichten und damit vermeiden können, dass eine Situation entsteht, die später zum Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes führt (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>). Die Beteiligten bereits zum Verzicht auf eine im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB bemakelte Vaterschaftsanerkennung zu bewegen, ist letztlich auch Ziel der gesetzlichen Einräumung einer behördlichen Anfechtungsbefugnis. Die Zumutbarkeit eines solchen Verzichts bedarf allerdings gesonderter Betrachtung (s.u., d)).
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bb) Soweit ein mittelbarer Einfluss der Eltern auf den Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes besteht, kann er diesem unter bestimmten Bedingungen zugerechnet werden. Dann ist der Staatsangehörigkeitsverlust als durch das Kind beeinflussbar zu werten und eine unzulässige Entziehung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG auszuschließen (vgl. BVerfGE 116, 24 <60>). Zwar muss das Kind so mit dem Staatsangehörigkeitsverlust eine schwerwiegende Folge des Handelns seiner Eltern tragen, auf das es tatsächlich keinen eigenen Einfluss hat. Sinn und Zweck des Verbots der Entziehung der Staatsangehörigkeit lassen eine Zurechnung des Elternverhaltens gleichwohl zu. Dem durch das Entziehungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG bezweckten Schutz vor willkürlicher Instrumentalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts ist bereits dadurch Rechnung getragen, dass der Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes von den Eltern beeinflusst werden kann und damit der freien Verfügung des Staates entzogen ist. Der Wegfall der Staatsangehörigkeit entspringt dann nicht einem einseitigen Willensakt des Staates, sondern ist Folge der von den Eltern herbeigeführten anfechtbaren Vaterschaftsanerkennung (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>). Dass das Kind keinen eigenen Einfluss auf den Verlust der Staatsangehörigkeit nehmen kann, darf indessen bei der verfassungsrechtlichen Würdigung eines Staatsangehörigkeitsverlusts nicht unbeachtet bleiben. Dies wird in der Prüfung am Maßstab des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG berücksichtigt.
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Ob eine Zurechnung elterlichen Verhaltens in den Fällen der Behördenanfechtung altersunabhängig und damit auch bei größeren, zunehmend eigenständigen Kindern möglich ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da es im Ergebnis teilweise bereits an der Einflussnahmemöglichkeit der Eltern (s.u., c)), beziehungsweise an der Zumutbarkeit fehlt, die bestehende Einflussmöglichkeit zu nutzen (s.u., d)).
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c) An der Möglichkeit der Eltern, den Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes dadurch zu beeinflussen, dass sie auf eine Vaterschaftsanerkennung verzichten, wenn die zur Behördenanfechtung berechtigenden Voraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB vorliegen, fehlt es, soweit die Anfechtung gemäß Art. 229 § 16 EGBGB Fälle erfasst, in denen die Vaterschaftsanerkennung und damit der Staatsangehörigkeitserwerb vor Inkrafttreten des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB am 1. Juni 2008 erfolgten - das heißt zu einem Zeitpunkt, in dem die zur Nichtigkeit des Staatsangehörigkeitserwerbs führende Anfechtungsregelung noch nicht existierte. Eine den Entziehungstatbestand des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ausschließende Einflussmöglichkeit der Eltern ist insoweit mangels Vorhersehbarkeit zu verneinen.
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aa) Wird eine Regelung, welche die Staatsangehörigkeit entfallen lässt, nachträglich in Kraft gesetzt, so ist dies als verbotene Entziehung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen. Die Betroffenen haben nur dann Einfluss auf den Verlust der Staatsangehörigkeit, wenn sie im Zeitpunkt ihres Handelns wissen oder wenigstens wissen können, dass sie damit die Voraussetzungen für den Verlust der Staatsangehörigkeit schaffen. Zur Verlässlichkeit des Staatsangehörigkeitsstatus gehört auch die Vorhersehbarkeit eines Verlusts und damit ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Bereich der staatsangehörigkeitsrechtlichen Verlustregelungen (BVerfGE 116, 24 <45>).
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Erfolgte die Anerkennung einer nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB anfechtbaren Vaterschaft vor Inkrafttreten des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB, konnten die Eltern nicht wissen, dass sie mit dieser Vaterschaftsanerkennung zugleich die Voraussetzung des späteren Verlusts schaffen, weil es die Möglichkeit der Behördenanfechtung zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab. Die betroffenen Eltern durften bis zur Einführung der Behördenanfechtung davon ausgehen, dass die Vaterschaftsanerkennung unabhängig vom damit verfolgten Zweck wirksam war und die Grundlage für den Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes bildete. Die Vaterschaftsanerkennung schafft eine vollgültige, mit allen Rechten und Pflichten verbundene Vaterschaft, auch wenn weder ein biologisches Abstammungsverhältnis noch eine sozial-familiäre Beziehung zwischen anerkennendem Vater und Kind existieren. Erst mit dem Inkrafttreten von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB konnte die zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken erfolgende Vaterschaftsanerkennung angefochten und damit die deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend zum Wegfall gebracht werden. Erst seitdem können die Eltern durch Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung den späteren Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes durch Behördenanfechtung bewusst verhindern. Bis dahin mussten sie hingegen nicht mit einer Vaterschaftsanfechtung durch die Behörde rechnen.
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bb) Ob Art. 229 § 16 EGBGB gegen das Rückwirkungsverbot verstößt, bedarf darüber hinaus keiner Entscheidung.
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d) Soweit die Behördenanfechtung Vaterschaftsanerkennungen betrifft, die nach Inkrafttreten der zu überprüfenden Normen erfolgten, waren die Anfechtung und der dadurch vermittelte Staatsangehörigkeitsverlust zwar vorhersehbar und konnten von den Eltern durch den Verzicht auf Vaterschaftsanerkennung beeinflusst werden. Einen Staatsangehörigkeitsverlust durch den Verzicht auf eine behördlich anfechtbare Vaterschaftsanerkennung zu beeinflussen, ist jedoch nicht ohne Weiteres zumutbar.
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Der Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung ist nur dann zumutbar, wenn die Vaterschaftsanerkennung gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielt (aa). Die in § 1600 Abs. 3 und Abs. 4 BGB geregelten Anfechtungsvoraussetzungen sind jedoch so weit formuliert, dass sie nicht hinreichend genau allein solche Vaterschaftsanerkennungen erfassen (bb). Der Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung ist den Betroffenen in diesen Fällen auch nicht deshalb zuzumuten, weil dem Gesetzgeber keine andere Möglichkeit der Regelung der Behördenanfechtung zur Verfügung stünde und das Interesse an der Behördenanfechtung eindeutig die Interessen derjenigen überwöge, die auf eine, nicht der Umgehung gesetzlicher Aufenthaltsvoraussetzungen dienende, anfechtbare Vaterschaftsanerkennung verzichten müssten (cc).
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aa) Der Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung ist nur dann zumutbar, wenn die Vaterschaftsanerkennung gerade auf die Erlangung eines besseren Aufenthaltsstatus unter Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen zielt. Andernfalls kann den Eltern ein Verzicht nicht zugemutet werden, weil ihnen damit eine Form familienrechtlicher Statusbegründung genommen würde, die allen anderen Paaren in gleicher Lage ohne Weiteres offen steht.
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(1) Nach dem Recht der Vaterschaftsanerkennung ist diese für ein rechtlich vaterloses Kind mit Zustimmung der Mutter unabhängig von der biologischen Vaterschaft ohne jede weitere Voraussetzung möglich. Der Gesetzgeber hat die Vaterschaftsanerkennung der autonomen Entscheidung der Eltern überlassen und hat gerade dies bei der Einführung von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nochmals bekräftigt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 1 und 11). Er hat darauf verzichtet, die Gründe für eine konkrete Anerkennung zu erforschen oder zu reglementieren. Die Betroffenen können eine Vaterschaft durch Anerkennung aus beliebigen Motiven herbeiführen; das gilt auch dann, wenn sie damit rechnen oder sogar wissen, dass der Anerkennende nicht biologischer Vater des Kindes ist. Die Regelung statuiert keine rechtliche Erwartung, auf bestimmte Vaterschaftsanerkennungen zu verzichten.
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(2) Demgegenüber verlangt die hier zur Prüfung gestellte Regelung den Betroffenen ab, unter den Voraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB auf eine Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, wenn sie nicht später den anfechtungsbedingten Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes riskieren wollen. Betroffen sind nur binationale und ausländische Paare, von denen mindestens ein Elternteil keinen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzt, weil die Anfechtung nach § 1600 Abs. 3 BGB erfordert, dass durch die Vaterschaftsanerkennung objektiv aufenthaltsrechtliche Vorteile geschaffen werden.
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(3) Es ist den Betroffenen nicht ohne Weiteres zumutbar, auf eine allen anderen Paaren offenstehende Vaterschaftsanerkennung nur deshalb zu verzichten, weil ein Elternteil weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch einen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzt.
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(a) Zumutbar ist allerdings, unter den in § 1600 Abs. 3 BGB genannten Voraussetzungen auf eine Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, soweit diese gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielt. Wollen die Mutter und der Anerkennungswillige mit der Vaterschaftsanerkennung gerade die Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils schaffen, bedienen sie sich des familienrechtlichen Instruments der Vaterschaftsanerkennung, um aufenthaltsrechtliche Vorteile herbeizuführen, die das Aufenthaltsrecht an und für sich nicht gewährt. Dass § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nun diesen fachrechtlich nicht vorgesehenen Weg, Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsrecht zu erwerben, beschränkt, dient der Verwirklichung der Steuerungsziele des Staatsangehörigkeits- und des Aufenthaltsrechts. Auf eine Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, die gerade darauf zielt, aufenthaltsrechtliche Vorteile zu erlangen, die das einschlägige Fachrecht zulässigerweise nicht gewährt, ist zumutbar, zumal die in diesem Fall schwachen familiären Interessen an der Vaterschaft das Anfechtungsinteresse nicht überwinden könnten.
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(b) Erfolgt die Vaterschaftsanerkennung hingegen nicht gezielt gerade zur Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts, rechtfertigen es das staatsangehörigkeits- und das aufenthaltsrechtliche Gesetzesziel der Regelungen zur Behördenanfechtung nicht, den Betroffenen zuzumuten, auf die vom Gesetzgeber ansonsten ohne Ansehung der Motive eingeräumte Möglichkeit der Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, die allen anderen Paaren in genau gleicher Lage offensteht.
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bb) Kann demnach der Verlust der Staatsangehörigkeit nur dann als rechtfertigungsfähiger Verlust, nicht aber als strikt verbotene Entziehung angesehen werden, wenn die Vaterschaftsanerkennung gerade auf die Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts zielt, muss die Möglichkeit der Behördenanfechtung auf die Fälle spezifisch aufenthaltsrechtlich motivierter Vaterschaftsanerkennungen begrenzt bleiben. Diese Begrenzung vermögen die vom Gesetzgeber gewählten Anfechtungsvoraussetzungen nicht hinreichend zuverlässig zu leisten.
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(1) Zwar darf sich der Gesetzgeber bei der Statuierung der Voraussetzungen für die behördliche Anfechtung einer gerade aufenthaltsrechtlich motivierten Vaterschaft aus Praktikabilitätsgründen objektiver Merkmale bedienen, die eine entsprechende subjektive Motivlage beispielhaft und widerlegbar indizieren können. Objektive Anhaltspunkte könnten neben einem Geständnis der Eltern etwa sein, dass der anerkennende Vater bereits mehrfach Kinder verschiedener ausländischer Mütter anerkannt hat oder dass eine Geldzahlung anlässlich der Vaterschaftsanerkennung bekannt wird (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 16).
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(2) Die objektiv gefassten Anfechtungsvoraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen jedoch nicht.
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(a) Nach § 1600 Abs. 3 BGB setzt die Behördenanfechtung voraus, dass zwischen Kind und Anerkennendem nicht zu bestimmten Zeitpunkten eine sozial-familiäre Beziehung besteht oder bestanden hat und dass durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt geschaffen werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat das Gericht im Falle fehlender biologischer Vaterschaft das Nichtbestehen der Vaterschaft festzustellen, ohne dass es weitere Belege dafür verlangen müsste oder auch nur dürfte, dass die Vaterschaftsanerkennung tatsächlich gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielte. Dies wird beim Fehlen einer sozial-familiären Beziehung vielmehr unwiderlegbar unterstellt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 14).
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(b) Die objektiv formulierten Voraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB sind als Anhaltspunkte für eine spezifisch aufenthaltsrechtlich motivierte Vaterschaftsanerkennung nicht hinreichend aussagekräftig.
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(aa) Die Voraussetzung der Schaffung von Einreise- oder Aufenthaltsvoraussetzungen ist für sich genommen nicht zu einer den Anforderungen von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG genügenden Eingrenzung der Anfechtungsfälle geeignet, weil sie alle Fälle der Vaterschaftsanerkennung einbezieht, in denen die Mutter einen ungesicherten Aufenthaltsstatus hatte. Dass die Vaterschaftsanerkennung in diesen Fällen generell gerade zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken erfolgt, ist weder im Gesetzgebungsverfahren dargelegt worden noch sind dafür sonst Anhaltspunkte erkennbar.
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(bb) Auch das Fehleneiner sozial-familiären Beziehung zwischen Vater und Kind ist kein zuverlässiger Indikator dafür, dass eine, den Aufenthaltsstatus der Beteiligten objektiv verbessernde, Vaterschaftsanerkennung gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile zielt. Nach § 1600 Abs. 4 BGB besteht eine sozial-familiäre Beziehung, wenn der Vater zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat, was in der Regel der Fall ist, wenn der Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. Die erste Alternative scheidet hier schon deshalb aus, weil die Eltern in Fällen der Vaterschaftsanerkennung in aller Regel nicht miteinander verheiratet sind. Die zweite Alternative fasst die sozial-familiäre Beziehung zu eng, als dass deren Fehlen bereits die aufenthaltsrechtliche Motivlage indizieren könnte (vgl. Löhning, FamRZ 2008, S. 1130 <1131>; Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>; Grün, FuR 2007, S. 12 <13>; Helms, StAZ 2007, S. 69 <73>). Das Erfordernis einer häuslichen Gemeinschaft ist streng und geht deutlich über das Maß an sozialen Vater-Kind-Kontakten hinaus, das ansonsten zwischen nichtehelichen Kindern und ihren Vätern praktisch üblich ist. So kam eine im Gesetzgebungsverfahren zum Kindschaftsrechts-Reformgesetz von 1998 in Auftrag gegebene Untersuchung zur Lebenslage nichtehelicher Kinder zu dem Ergebnis, dass nur knapp ein Viertel aller unverheirateten Eltern in einer häuslichen Gemeinschaft lebten; demgegenüber lebten etwa drei Viertel aller Väter nichtehelicher Kinder nicht mit diesen im selben Haushalt (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 50). Das Fehlen einer häuslichen Gemeinschaft ist damit kein zuverlässiger Indikator einer gerade aufenthaltsrechtlich motivierten Vaterschaftsanerkennung (vgl. Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>).
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Dabei wird nicht verkannt, dass in Fallkonstellationen, in denen keine häusliche Gemeinschaft zwischen Vater und Kind begründet wird, Vaterschaftsanerkennungen zu einem gewissen Anteil tatsächlich gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile zielen werden. Gleichwohl eröffnet der generalisierende Schluss vom Fehlen häuslicher Gemeinschaft auf die aufenthaltsrechtliche Motivlage zu weitgehende Anfechtungsmöglichkeiten, die durch Verzicht auf die Vaterschaftsanerkennung zu vermeiden den Betroffenen nicht zuzumuten ist (s.u., cc)).
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(3) Freilich könnte § 1600 Abs. 4 Satz 2 BGB als nicht abschließende Aufzählung von Beispielen verstanden werden. Dann wäre davon auszugehen, dass auch in anderen als den dort genannten Fällen der Ehe und der häuslichen Gemeinschaft eine tatsächliche Verantwortungsübernahme - und damit eine sozial-familiäre Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 3 BGB - vorliegen kann. Der Schutz der durch Anerkennung begründeten rechtlichen Vater-Kind-Beziehung vor behördlicher Anfechtung reichte dann weiter.
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Dem Wortlaut ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Regelvermutungen die denkbaren Fälle einer sozial-familiären Gemeinschaft abschließend bezeichnen oder lediglich als Beispiele gedacht sind. Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte die Aufzählung nicht abschließend sein. Dort heißt es, neben dem gesetzlichen Regelfall der häuslichen Gemeinschaft könne der Vater tatsächliche Verantwortung auch übernehmen, indem er "typische Elternrechte und -pflichten" wahrnimmt, etwa regelmäßigen Umgang mit dem Kind, Betreuung und Erziehung des Kindes oder die Leistung von Unterhalt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 13). Darüber hinaus verweist die Begründung des Regierungsentwurfs in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Oktober 2005 - 2 BvR 1001/04 -, FamRZ 2006, S. 187 <188>), in der festgestellt wurde, eine verantwortungsvoll gelebte Eltern-Kind-Gemeinschaft lasse sich nicht allein quantitativ etwa nach Daten und Uhrzeiten des persönlichen Kontakts oder genauem Inhalt der einzelnen Betreuungshandlungen bestimmen. Die Entwicklung eines Kindes werde nicht nur durch quantifizierbare Betreuungsbeiträge der Eltern, sondern auch durch die geistige und emotionale Auseinandersetzung geprägt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 13 f.).
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Auch im Fachschrifttum wird im Rahmen der Behördenanfechtung eine weite Auslegung des negativen Tatbestandsmerkmals der sozial-familiären Beziehung befürwortet, weil es allein darum gehe, die Missbrauchsfälle herauszufiltern (vgl. Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 8, 6. Aufl. 2012, § 1600 Rn. 21; Löhning, FamRZ 2008, S. 1130 <1131>; Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>). An einer sozial-familiären Beziehung fehle es nicht automatisch dann schon, wenn keine persönlichen Kontakte zwischen dem Anerkennenden und dem Kind bestünden. Ein Mangel an persönlichem Kontakt könne durchaus auf Umständen beruhen, auf die der Anerkennende keinen Einfluss habe, so etwa wenn tatsächliche Umstände (z.B. eine große räumliche Distanz zwischen Kind und Anerkennendem, Erkrankungen des Anerkennenden oder des Kindes oder die Verbüßung einer Strafhaft) das persönliche Zusammentreffen nicht möglich machten (vgl. Grün, FuR 2007, S. 12 f.; ders., FPR 2011, S. 382 <383 f.>).
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(4) Die verfassungsrechtlichen Defizite der Norm lassen sich jedoch angesichts der Gesetzessystematik nicht durch Auslegung beheben.
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Die sozial-familiäre Beziehung ist zugleich negatives Tatbestandsmerkmal der bereits im Jahr 2004 eingeführten Vaterschaftsanfechtung durch den biologischen Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Gesetzgeber hatte bei der Regelung der Anfechtung durch den biologischen Vater mit der Aufnahme dieses Negativmerkmals (§ 1600 Abs. 2 BGB) im Wesentlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der bestehenden rechtlichen Familie umgesetzt (vgl. BVerfGE 108, 82). Für die Behördenanfechtung wurde das Kriterium später in diesen anderen Zusammenhang schlicht übernommen (§ 1600 Abs. 3 BGB). Die sozial-familiäre Beziehung ist dabei für beide Anfechtungskonstellationen einheitlich in § 1600 Abs. 4 BGB definiert. Die Doppelfunktion des negativen Tatbestandsmerkmals der sozial-familiären Beziehung lässt es hier im Ergebnis nicht zu, dieses Tatbestandsmerkmal im Zusammenhang mit der Behördenanfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB den Erfordernissen des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG gemäß weit auszulegen, weil dasselbe Tatbestandsmerkmal im Rahmen der Anfechtung durch den mutmaßlichen biologischen Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB) aus verfassungsrechtlichen Gründen eng auszulegen ist.
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Das negative Tatbestandsmerkmal der sozial-familiären Beziehung steht in den beiden Anfechtungskonstellationen in unterschiedlichem Kontext und hat bei der Anfechtung durch den biologischen Vater eine völlig andere Funktion als bei der Anfechtung durch die Behörde (vgl. van Els, FPR 2011, S. 380 <381>; Löhning, FamRZ 2008, S. 1130 <1131>; Grün, FuR 2007, S. 12 <13>; Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>; Helms, StAZ 2007, S. 69 <72 f.>).
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Bei der Anfechtung durch den biologischen Vater soll die bestehende Vaterschaft des rechtlichen Vaters durch die des biologischen Vaters ersetzt werden. Das Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung zum rechtlichen Vater dient im Interesse des Kindes dem Schutz der bestehenden sozialen Familie (vgl. BVerfGE 108, 82 <109 f.>). Der Schutzbedarf ist jedoch begrenzt, weil das Kind nicht vaterlos wird, sondern den biologischen Vater als rechtlichen Vater erhält, woran das Kind ein eigenes Interesse hat, das das Interesse an der Erhaltung der rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung zum bisherigen Vater überwiegen kann. Um die Anfechtung nicht übermäßig zu erschweren, ist mit der sozial-familiären Beziehung ein negatives Tatbestandsmerkmal gewählt, das der Anfechtung durch den biologischen Vater Raum gewährt und diese nur dann scheitern lässt, wenn Kind und rechtlicher Vater tatsächlich gemeinsam ein soziales Familienleben führen, welches durch die rechtliche Neuordnung der Vaterschaft gestört würde. Bei der Behördenanfechtung hingegen soll eine rechtliche Vater-Kind-Zuordnung im öffentlichen Interesse aufgehoben werden, ohne dass für die Feststellung einer neuen, biologisch zutreffenden Vaterschaft Sorge getragen wäre. Die Anfechtung dient - anders als im Fall der Anfechtung durch den biologischen Vater - nicht dem Schutz der Grundrechte der Betroffenen, sondern der Durchsetzung staatsangehörigkeits- und aufenthaltsrechtlicher Steuerungsziele. Durch die Behördenanfechtung wird weder ein Vater in sein Recht gesetzt noch hat das Kind hierdurch Vorteile. Vielmehr verliert es neben der deutschen Staatsangehörigkeit ersatzlos einen rechtlich vollwertigen Elternteil.
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Demgemäß kommt dem Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung bei der Behördenanfechtung eine andere Funktion zu als bei der Anfechtung durch den biologischen Vater. Während es bei der Anfechtung durch die Behörde vor allem dazu dient, eine gerade aufenthaltsrechtlich motivierte Vaterschaftsanerkennung zu identifizieren, geht es bei der Anfechtung durch den biologischen Vater nur darum, festzustellen, ob der Anfechtung eine verfassungsrechtlich schützenswerte, sozial gehaltvolle Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater entgegensteht.
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Verfassungsrechtlich unzulässig wäre es, das für beide Anfechtungskonstellationen relevante Tatbestandsmerkmal der sozial-familiären Beziehung, das in § 1600 Abs. 4 BGB eine einheitliche Definition erfahren hat, je nach Kontext unterschiedlich auszulegen, indem man es als Voraussetzung der Behördenanfechtung weit interpretierte, ihm aber bei der Anfechtung durch den biologischen Vater eine enge Bedeutung beilegte (kritisch Helms, StAZ 2007, S. 69<73>). Ein und dasselbe, durch eine Norm einheitlich definierte Tatbestandsmerkmal kann hier nicht, je nachdem, mit welcher Anfechtungsnorm es in Verbindung gebracht wird, einmal eng und einmal weit interpretiert werden. Angesichts der erheblichen Grundrechtseingriffe, die mit der Vaterschaftsanfechtung in beiden Fällen verbunden sind, wäre dies unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten der Normverständlichkeit nicht zu akzeptieren.
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cc) Es ist den Betroffenen auch nicht deshalb zuzumuten, bereits im Fall des Fehlens einer sozial-familiären Beziehung im engeren Sinne auf die Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, weil sich das behördliche Anfechtungsrecht mangels äußerer Unterscheidbarkeit gerade aufenthaltsrechtlich motivierter Vaterschaftsanerkennungen von anderen Vaterschaftsanerkennungen nur auf diese Weise durchsetzen ließe und das Interesse an der Vaterschaftsanerkennung hinter dem Anfechtungsinteresse zurücktreten müsste. Es ist nicht ausgeschlossen, treffgenauere Kriterien als das Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung zu verwenden (s.o., bb)(1)). Selbst wenn diese nicht alle Fälle aufenthaltsrechtlich motivierter Vaterschaftsanerkennung vollständig erfassen sollten, wäre das hinnehmbar, zumal eine besondere Dringlichkeit, aufenthaltsrechtlich motivierte Vaterschaftsanerkennungen zu bekämpfen, nicht erkennbar geworden ist.
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So konnte die für den Zeitraum vom 1. April 2003 bis 31. März 2004 erhobene Zahl von 1.694 Aufenthaltstiteln, die an unverheiratete ausländische Mütter eines deutschen Kindes erteilt wurden, die im Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig waren, nach eigener Einschätzung der Bundesregierung "nicht belegen, in wie vielen Fällen es sich tatsächlich um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen handelt" (BTDrucks 16/3291, S. 11). Es ist wahrscheinlich, dass ein ganz erheblicher Anteil der Fälle keine Anfechtungsfälle waren, denn in die Erhebung waren insbesondere auch die Fälle einbezogen, in denen die biologische Vaterschaft oder aber wenigstens eine sozial-familiäre Beziehung zwischen Vater und Kind bestand, mithin reguläre Vaterschaftsanerkennungen, auf die die Behördenanfechtung nicht zielt und die sie auch nicht erfasst.
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Dass sich die Vaterschaftsanerkennung praktisch nicht zum extensiv genutzten Instrument der Aufenthaltssicherung unter Umgehung aufenthaltsrechtlicher Voraussetzungen entwickelt hat, dürfte nicht zuletzt darauf beruhen, dass die anerkennenden Väter ein erhebliches Risiko eingehen, dauerhaft unterhaltsrechtlich belangt zu werden. Die Vaterschaftsanerkennung führt zur rechtlich vollgültigen Vaterschaft. Mit ihr ist auch und gerade im Fall fehlender häuslicher Gemeinschaft eine unter Umständen lang währende Pflicht zur Zahlung von Kindesunterhalt verbunden, die gegebenenfalls staatlich durchsetzbar ist. Mittellosigkeit schützt den Vater allenfalls begrenzt vor dieser Zahlungspflicht. Der Vater eines minderjährigen Kindes ist gemäß § 1601, § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigert unterhaltspflichtig und deshalb verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Unterhalt zahlen zu können. Dies zwingt den Unterhaltspflichtigen zur Übernahme jeder ihm zumutbaren Arbeit, wobei zur Sicherung des Unterhalts minderjähriger Kinder auch Aushilfs- und Gelegenheitsarbeiten zumutbar sind und ein Orts- und Berufswechsel verlangt werden kann. Unterlässt es der Unterhaltsverpflichtete, einer ihm möglichen und zumutbaren Erwerbstätigkeit nachzugehen, werden ihm auch fiktiv erzielbare Einkünfte zugerechnet (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 -, juris, Rn. 20 ff.; stRspr).
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Im Übrigen stehen dem Staat auch jenseits des familiengerichtlichen Unterhaltsverfahrens des unterhaltsberechtigten Kindes Mittel zur Verfügung, die Unterhaltspflichten durchzusetzen und so indirekt Druck gegen eine Praxis aufenthaltsrechtlich motivierter Gefälligkeitsanerkennungen zu entfalten. Die Verletzung der Unterhaltspflicht ist nach § 170 StGB strafbewehrt. Zudem haben die Sozialbehörden im Fall der Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch das Kind Mittel an der Hand, die unterhaltsrechtlichen Folgen einer Vaterschaftsanerkennung spürbar werden zu lassen, indem sie die auf sie übergehenden Unterhaltsforderungen gegenüber dem Anerkennenden durchsetzen.
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4. Die zu überprüfenden Normen verstoßen darüber hinaus gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie genügen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG an einen sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit stellt, weil sie keine Möglichkeit bieten, zu berücksichtigen, ob das Kind staatenlos wird (a), weil es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des Staatsangehörigkeitsverlusts fehlt (b) und weil keine angemessene Fristen- und Altersregelung getroffen wurde, die verhindern könnte, dass auch ältere Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit über einen längeren Zeitraum besessen haben, diese noch verlieren (c).
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a) § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist insofern verfassungswidrig, als dem über die Anfechtung entscheidenden Gericht weder aufgegeben noch ermöglicht ist, Rücksicht darauf zu nehmen, ob das betroffene Kind infolge der Behördenanfechtung staatenlos wird. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG darf der Verlust der Staatsangehörigkeit gegen den Willen der Betroffenen nur dann eintreten, wenn diese dadurch nicht staatenlos werden. Weil der Verlust der Staatsangehörigkeit im Fall der Behördenanfechtung in aller Regel gegen den Willen des betroffenen Kindes eintritt, hätte der Gesetzgeber eine Vorkehrung für den Fall der Staatenlosigkeit treffen müssen. Für eine verfassungskonforme Auslegung bietet der Wortlaut keinen Anknüpfungspunkt.
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aa) Es ist nicht auszuschließen, dass Kinder infolge der Behördenanfechtung staatenlos werden. Welche Auswirkungen der Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit für die weitere Staatsangehörigkeit des Kindes hat, bestimmt sich nach ausländischem Staatsangehörigkeitsrecht. Das deutsche Recht kann Erwerb, Fortbestand oder Wiederaufleben der mütterlich vermittelten ausländischen Staatsangehörigkeit nicht steuern.
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bb) Eine Rechtfertigung der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit kommt nicht in Betracht. Der Wortlaut des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG sieht abgesehen vom Willenskriterium keine weitere Einschränkung des Verbots der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit vor; das Staatenlosigkeitsverbot ist strikt formuliert.
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Zwar wurde eine Inkaufnahme der Staatenlosigkeit im Fall der Rücknahme einer durch bewusst falsche Angaben erwirkten rechtswidrigen Einbürgerung für verfassungsrechtlich zulässig gehalten (vgl. BVerfGE 116, 24 <45 ff.>). Wegen des strikt formulierten Verbots des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG ist jedoch bei einer Weiterung der für den Rücknahmefall angestellten Rechtfertigungsüberlegungen auf andere Konstellationen äußerste Zurückhaltung geboten. In der hier zu beurteilenden Konstellation greifen die zur Rücknahme einer durch Täuschung erschlichenen Einbürgerung angestellten Erwägungen jedenfalls nicht. Dort stand im Zentrum, dass sich die Betroffenen über die Rechtsordnung hinweggesetzt und durch willentliche Täuschung eine rechtswidrige Einbürgerung erreicht haben. Im Fall der Behördenanfechtung liegen die Dinge anders.
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Durch die Vaterschaftsanerkennung haben sich die Eltern weder über die Rechtsordnung hinweggesetzt, noch haben sie irgendjemanden über irgendetwas getäuscht, noch haben sie eine rechtswidrige Entscheidung herbeigeführt. Wegen der geringen Voraussetzungen, die das deutsche Abstammungsrecht an eine Vaterschaftsanerkennung stellt, welche insbesondere keine biologische Vaterschaft erfordert, gibt es nichts, worüber die Eltern täuschen könnten. Von einer rechtlichen Missbilligung des Staatsangehörigkeitserwerbs durch Vaterschaftsanerkennung kann ohnehin allenfalls bei Vaterschaftsanerkennungen die Rede sein, die nach Inkrafttreten von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB erfolgten. Auch dann ist die Bemakelung der durch Vaterschaftsanerkennung erlangten Staatsangehörigkeit jedoch mit einer durch rechtswidriges Verhalten oder Täuschung erschlichenen Einbürgerung nicht vergleichbar und rechtfertigt nicht die Überwindung des Verbots der Herbeiführung von Staatenlosigkeit. In dieser Konstellation setzte sich die deutsche Rechtsordnung durch eine Inkaufnahme der Staatenlosigkeit auch in Widerspruch zu völkerrechtlichen Bestimmungen zur Staatenlosigkeit (Art. 8 Abs. 1 und 2 der Konvention zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. August 1961, BGBl II 1977, S. 598, United Nations, Treaty Series, vol. 989, p. 175; Art. 7 Abs. 3 des Europäischen Übereinkommens über Staatsangehörigkeit vom 6. November 1997, BGBl II 2004, S. 579; BGBl II 2006, S. 1351,United Nations, Treaty Series, vol. 2135, p. 215).
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Vor allem aber treten hier der Verlust der Staatsangehörigkeit und damit gegebenenfalls die Staatenlosigkeit beim Kind ein, das selbst an der Erlangung der Staatsangehörigkeit nicht aktiv beteiligt war. Anders als bei der Abgrenzung von Entziehung und Verlust der Staatsangehörigkeit (s.o., 3.b)bb)) ist es angesichts des klaren Verbots der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit hier nicht möglich, dem Kind ein Verhalten der Eltern zuzurechnen.
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b) Darüber hinaus liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vor. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt zur Legitimierung eines unfreiwilligen Verlusts der Staatsangehörigkeit eine gesetzliche Grundlage (vgl. BVerfGE 116, 24 <52 ff.>). Dabei gebietet Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG, den Verlust der Staatsangehörigkeit so bestimmt zu regeln, dass die für den Einzelnen und für die Gesellschaft gleichermaßen bedeutsame Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit nicht beeinträchtigt wird (vgl. BVerfGE 116, 24 <61>). Dem genügen die Regelungen über die Behördenanfechtung nicht, weil der Umstand, dass die Staatsangehörigkeit infolge der Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft wegfällt, nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist. Damit liegt zugleich ein Verstoß gegen das Zitiergebot vor (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG).
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Die familienrechtlichen Vorschriften zur Behördenanfechtung zielen zwar ersichtlich darauf, die durch Vaterschaftsanerkennung erworbene deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes zu Fall zu bringen, um so die nicht gewollten aufenthaltsrechtlichen Folgen der Vaterschaftsanerkennung zu beseitigen. Jedoch regeln sie die Auswirkungen auf die Staatsangehörigkeit des Kindes nicht ausdrücklich. Auch im Staatsangehörigkeitsrecht findet sich keine gesetzliche Regelung, die den Verlust der Staatsangehörigkeit infolge der die Vaterschaft beendenden Behördenanfechtung anordnet. In der Aufzählung der Verlustgründe (§ 17 Abs. 1 StAG) ist diese Verlustform nicht enthalten. Der Wegfall ergibt sich vielmehr aus der Anwendung zweier ungeschriebener Rechtsregeln, an die § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB unausgesprochen anknüpft. Zugrunde liegen erstens die Annahme der Rückwirkung der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung auf den Zeitpunkt der Geburt und zweitens die Annahme, dass das Staatsangehörigkeitsrecht in vollem Umfang den familienrechtlichen Abstammungsvorschriften folgt, so dass die staatsangehörigkeitsrechtlichen Erwerbsvoraussetzungen einheitlich mit der Vaterschaft rückwirkend entfallen (s.o., A.III.2.). Der Gesetzgeber hat dies vorausgesetzt, jedoch nicht klar erkennbar geregelt.
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Zwar hat die staatsangehörigkeitsrechtliche Folge der behördlichen Vaterschaftsanfechtung im Februar 2009 mittelbar Niederschlag im Gesetz gefunden, indem der Gesetzgeber in § 17 Abs. 2 und 3 StAG für den Staatsangehörigkeitsverlust drittbetroffener Kinder eine Altersgrenze festgesetzt und dabei die Behördenanfechtung ausdrücklich von der Geltung dieser Altersgrenze ausgenommen hat. Diese Bestimmung impliziert, dass die Behördenanfechtung zum Verlust der Staatsangehörigkeit führt. Den strengen Anforderungen, die der Gesetzesvorbehalt an die Regelung der Staatsangehörigkeit stellt, genügt diese nur mittelbare Regelung jedoch nicht.
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c) Die Regelung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie verfolgt zwar einen legitimen Zweck, genügt jedoch nicht den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die Regelung zielt legitimer Weise auf die Effektivierung der gesetzlichen Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts, deren zielgerichtete Umgehung im Wege einer Vaterschaftsanerkennung verhindert werden soll (s.o.,3.d)aa)(3)(a)). Angesichts des Gewichts des Staatsangehörigkeitsverlusts (aa), das mit Alter und Dauer der Inhaberschaft der deutschen Staatsangehörigkeit steigt (bb), und verbleibender Zweifel an der Dringlichkeit des mit der Behördenanfechtung verfolgten Ziels (cc) ist die konkrete Ausgestaltung der Behördenanfechtung jedoch unverhältnismäßig im engeren Sinne, weil es an einer angemessenen Fristen- und Altersregelung fehlt (dd). Das gilt auch für Fälle, in denen die Vaterschaftsanerkennung tatsächlich zur Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts erfolgte. Sofern die Anfechtung Vaterschaftsanerkennungen erfasst, die nicht gerade zum Zweck der Umgehung des Aufenthaltsrechts erfolgten, sind sie ohnehin verfassungswidrig, weil sie gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG verstoßen (s.o., 3.d)).
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aa) Die staatliche Herbeiführung des Staatsangehörigkeitsverlusts ist aus Sicht des betroffenen Kindes ein gravierender Grundrechtseingriff. Die deutsche Staatsangehörigkeit ermöglicht dem Kind den weiteren Verbleib in Deutschland und die gleichberechtigte Teilhabe an Gütern und Rechten und damit die volle Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik. Mit dem Wegfall der Staatsangehörigkeit entschwinden Lebenschancen, auf die sich das Kind je nach Alter eingerichtet hat (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306> m.w.N.). Dabei fällt auch ins Gewicht, dass Kinder von der Behördenanfechtung als Außenstehende betroffen sind, die an dem bemakelten Staatsangehörigkeitserwerb nicht beteiligt waren und darum mit der Vaterschaftsanfechtung die Folgen des Handelns ihrer Eltern tragen müssen.
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bb) Die Belastungswirkung des mit dem Staatsangehörigkeitsverlust durch Behördenanfechtung verbundenen Grundrechtseingriffs nimmt mit dem Alter des betroffenen Kindes und mit der Zeitspanne zu, während der das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit innehatte. Mit dem altersgemäß steigenden Bewusstsein seiner Staatsangehörigkeit wächst das Vertrauen des Kindes auf den Bestand der Staatsangehörigkeit und der mit der deutschen Staatsangehörigkeit verbundenen faktischen und rechtlichen Folgen. Neben dem Alter erhöht auch die Dauer der Inhaberschaft der deutschen Staatsangehörigkeit die Belastungswirkung ihres Entfallens. Je länger sich ein Kind auf ein Leben in Deutschland eingerichtet und sich, insbesondere durch Teilhabe am deutschen Bildungssystem, in die deutsche Gesellschaft integriert hat, umso gravierender ist der mit dem Staatsangehörigkeitsverlust verbundene Grundrechtseingriff (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>).
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cc) Auf der anderen Seite ist ungeachtet der legitimen Zielsetzung der Behördenanfechtung eine konkrete Dringlichkeit, in Umgehungsabsicht erfolgte Vaterschaftsanerkennungen zu bekämpfen, nicht erkennbar (s.o., 3.d)cc)).
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dd) Wegen der erheblichen Belastungswirkung des Staatsangehörigkeitsverlusts, die mit dem Alter des Kindes und mit der Dauer der Staatsangehörigkeit steigt, sind dem Staatsangehörigkeitsverlust jenseits des relativ frühen Kindesalters zeitliche Grenzen zu setzen. Dass damit nicht jede zu Umgehungszwecken erfolgte Vaterschaftsanerkennung im Wege der Behördenanfechtung rückgängig gemacht werden kann, ist auch angesichts der Zweifel an deren Dringlichkeit hinnehmbar.
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(1) Dem Vertrauen von Kindern in den Bestand der deutschen Staatsangehörigkeit ist durch spezifische Regelungen Rechnung zu tragen, die die Möglichkeit des Staatsangehörigkeitsverlusts einschränken (vgl. BVerfGE 116, 24 <60>). Dementsprechend hat der Gesetzgeber Altersgrenzen für den Verlust der Staatsangehörigkeit bei Kindern geschaffen. Nach der Regelung in § 17 Abs. 2 und 3 Satz 1 StAG berühren Entscheidungen nach anderen Gesetzen, die den rückwirkenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Dritter zur Folge hätten, nicht die deutsche Staatsangehörigkeit von Kindern, die mindestens fünf Jahre alt sind. Exemplarisch nennt § 17 Abs. 3 StAG die Rücknahme der Einbürgerung oder einer Niederlassungserlaubnis der Eltern sowie die Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft. Zur Begründung führte die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren aus, sie wolle Kinder, die am nachträglichen Wegfall der Erwerbsvoraussetzungen für ihre Staatsangehörigkeit nicht beteiligt sind, gegen einen automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit schützen. Man gehe aber davon aus, dass ein Kind bis zum Alter von fünf Jahren noch kein eigenes Bewusstsein von seiner Staatsangehörigkeit und kein eigenes Vertrauen auf deren Bestand habe (vgl. BTDrucks 16/10528, S. 6 f.).
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(2) Die damit geschaffene absolute Altersgrenze von fünf Jahren gilt jedoch nach § 17 Abs. 3 Satz 2 StAG nicht für den Wegfall der Staatsangehörigkeit nach einer Behördenanfechtung. Der Gesetzgeber verweist zur Begründung des Verzichts auf ein Alterskriterium bei der Behördenanfechtung auf den seiner Ansicht nach ausreichenden Schutz dieser Kinder durch die in § 1600b Abs. 1a Satz 3 BGB enthaltene Anfechtungsfrist von fünf Jahren nach Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung oder Einreise des Kindes in das Bundesgebiet (vgl. BTDrucks 16/10528, S. 7).
- 91
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Die Staatsangehörigkeit kann jedoch durch Behördenanfechtung auch bei einem älteren Kind verloren gehen, das die deutsche Staatsangehörigkeit über einen langen Zeitraum innehatte. Zwar schließt § 1600b Abs. 1a BGB den Staatsangehörigkeitsverlust bei älteren Kindern in den Fällen aus, in denen eine Vaterschaftsanerkennung in zeitlicher Nähe zur Geburt des Kindes erfolgte. Die Behördenanfechtung trifft gleichwohl auch ältere Kinder. Zum einen ist die Behördenanfechtung auch in Fällen möglich, in denen die Vaterschaftsanerkennung in vorgerücktem Kindesalter erfolgte. Zum anderen wird durch die Ausschlussfrist des § 1600b Abs. 1a Satz 3, 2. Alt. BGB die Behördenanfechtung auch solcher Vaterschaftsanerkennungen ermöglicht, die bereits vor Jahren wirksam wurden, sofern das Kind erst deutlich später in die Bundesrepublik einreist. Aufgrund der langen Anfechtungsfrist von fünf Jahren trifft die Behördenanfechtung zudem auch (ältere) Kinder, die bereits seit vielen Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit innehatten und demgemäß als Deutsche gelebt haben. Es kommt hinzu, dass die Fünfjahresfrist auf die Anfechtung bezogen ist und nicht auf die Rechtskraft des das Nichtbestehen der Vaterschaft feststellenden Urteils, die nochmals Jahre später eintreten kann.
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(3) Soweit die Behördenanfechtung wegen der altersunabhängigen Fünfjahresfrist ältere Kinder trifft, deren Staatsangehörigkeitserwerb möglicherweise schon viele Jahre zurückliegt, so dass sie bereits ein Bewusstsein für ihre Staatsangehörigkeit und die damit verbundenen Folgen entwickelt haben und in für die Entfaltung ihrer Persönlichkeit entscheidenden Jahren davon ausgingen, deutsche Staatsangehörige zu sein, ist die Regelung übermäßig hart, zumal die betroffenen Kinder zur Bemakelung ihres Staatsangehörigkeitserwerbs nicht selbst beigetragen haben. Nach der Einschätzung und Wertung des Gesetzgebers setzt das Bewusstsein für die eigene Staatsangehörigkeit bei Kindern ein, die älter sind als fünf Jahre. Verfassungsrechtlich ist auch für die Behördenanfechtung für Kinder, die älter als fünf Jahre sind, eine deutliche Verkürzung der Anfechtungsfrist geboten.
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II.
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Die Regelungen über die Behördenanfechtung verstoßen gegen das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Elternrecht.
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1. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG schützt als Grundlage und Kern des Elternrechts auch den Bestand der Elternschaft. Die Behördenanfechtung betrifft das Bestandsinteresse des Vaters wie auch das ebenfalls geschützte (vgl. BVerfGE 38, 241 <252>) Interesse der Mutter am Fortbestand einer zuvor willentlich begründeten gemeinsamen Elternschaft.
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Eine verfassungsrechtlich geschützte Elternschaft besteht auch dann, wenn die Vaterschaft durch Anerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB begründet wurde und der Anerkennende - wie in § 1600 Abs. 3 BGB vorausgesetzt - weder der biologische Vater des Kindes ist noch eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind begründet hat. Die durch Vaterschaftsanerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB erlangte Vaterstellung macht den anerkennenden Mann unabhängig von den biologischen Abstammungsverhältnissen zugleich zum Träger des verfassungsrechtlichen Elternrechts des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, ohne dass es auf die Begründung einer sozial-familiären Beziehung ankäme. Freilich hängt die Intensität des durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Schutzes davon ab, ob die rechtliche Vaterschaft auch sozial gelebt wird.
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2. Die Behördenanfechtung beendet die rechtliche Vaterschaft rückwirkend gegen den Willen der Familienmitglieder (s.o., A.III.2.) und greift so in das Bestandsinteresse beider Eltern ein.
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3. Der Eingriff ist nicht zu rechtfertigen, weil er unverhältnismäßig ist.
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a) Das Elterngrundrecht enthält keinen allgemeinen Gesetzesvorbehalt. Eine Beschränkung des Elterngrundrechts kann indessen aufgrund verfassungsimmanenter Schranken erfolgen. Die Behördenanfechtung dient der Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Steuerungszwecke und verfolgt damit ein legitimes Ziel (s.o., I.3.d)aa)(3)(a)), das eine verfassungsimmanente Schranke des Elterngrundrechts bildet. Zwar erteilt das Grundgesetz dem Gesetzgeber nicht ausdrücklich den Auftrag, den Zuzug ausländischer Staatsangehöriger zu regeln. Die Eröffnung beziehungsweise Verwehrung von Zuzugsmöglichkeiten berührt das Gemeinwesen jedoch im Kern und bedarf darum rechtlicher Steuerung.
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b) Zielte die Vaterschaftsanerkennung gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile, ist die Schutzwürdigkeit der Elternposition gering. Der Eingriff durch eine behördliche Anfechtung ist insoweit angesichts ihrer legitimen Zwecksetzung verhältnismäßig. Soweit die Behördenanfechtung hingegen nach den zu breit formulierten Voraussetzungen des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB Vaterschaften erfasst, die nicht zur Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts anerkannt wurden (s.o., I.3.d)bb)), ist sie nicht vom Gesetzeszweck getragen und ist darum im Hinblick auf das Elterngrundrecht unverhältnismäßig.
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III.
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Die überprüften Regelungen verstoßen gegen das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht des Kindes auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung.
- 101
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1. Kinder, denen ein eigenes Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zukommt (Art. 2 Abs. 1 GG), bedürfen des Schutzes und der Hilfe, um sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten innerhalb der sozialen Gemeinschaft entwickeln zu können. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verleiht dem Kind darum ein Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 19. Februar 2013 - 1 BvL 1/11 und 1 BvR 31 BvR 3247/09 -, juris, Rn. 41 ff.) und schützt Kinder zugleich dagegen, durch staatliche Maßnahmen von der spezifisch elterlichen Hinwendung abgeschnitten zu werden.
- 102
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2. Ist die behördliche Anfechtungsklage erfolgreich, entfällt rückwirkend auf den Tag der Geburt des Kindes die bisherige Vaterschaftszuordnung. Dem Kind wird mit der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtungsklage durch eine staatliche Behörde der rechtliche Vater genommen. Dies greift in das Recht des Kindes auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung ein.
- 103
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3. Der Eingriff in das Recht des Kindes ist unverhältnismäßig, sofern die Behördenanfechtung Vaterschaftsanerkennungen betrifft, die nicht zur Umgehung des Aufenthaltsrechts erfolgt sind (s.o., I.3.d)bb)). Wurde die Vaterschaftsanerkennung hingegen allein zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken vorgenommen, ist der soziale Gehalt der Vaterschaft für das Kind typischerweise nicht hoch. Dass der Gesetzgeber demgegenüber dem Interesse an der Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Zielsetzungen den Vorrang gegeben hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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IV.
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Ein - nur in Teilen durch verfassungskonforme Auslegung zu vermeidender - Verstoß gegen das allgemeine Familiengrundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG liegt vor, weil die Regelung ein tatsächlich bestehendes Familienleben im Rahmen des Anfechtungsverfahrens nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB unnötig mit behördlichen und gerichtlichen Ausforschungen belastet.
- 105
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1. Belastungen resultieren aus der Abstammungsklärung. Die erfolgreiche Behördenanfechtung setzt wie alle anderen Formen der Vaterschaftsanfechtung voraus, dass der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, nicht der biologische Vater des Kindes ist. Daher muss die Abstammung des Kindes im Rahmen des Anfechtungsverfahrens geklärt werden. Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass diese Abstammungsklärung erst dann erfolgen dürfte, wenn sichergestellt ist, dass die sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen. Eltern und Kinder könnten sich der Abstammungsklärung folglich auch dann unterziehen müssen, wenn die Behördenanfechtung schließlich an den sonstigen Voraussetzungen scheitert. Obwohl die Behördenanfechtung dann im Ergebnis wegen des Bestehens einer sozial-familiären Beziehung erfolglos bleibt, greift bereits die Abstammungsklärung an sich in das Recht des Kindes und der Eltern aus Art. 6 Abs. 1 GG ein. Denn falls eine sozial-familiäre Beziehung zum Vater besteht, belastet die Durchführung des familiengerichtlichen Anfechtungsverfahrens, in dem die gesamte familiäre Situation einer staatlichen Prüfung unterzogen und die biologische Vaterschaft in Frage gestellt wird, die soziale Beziehung zwischen den Betroffenen. Die Belastung ist besonders groß, wenn sich bei der Abstammungsklärung herausstellt, dass der rechtliche Vater trotz sozial-familiärer Beziehung nicht biologischer Vater des Kindes ist (vgl. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, August 2005, S. 378).
- 106
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Insoweit stehen die vorgelegten Regelungen einer verfassungskonformen Anwendung jedoch nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat nicht geregelt, in welcher Reihenfolge das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen zu klären ist. Wegen der familiären Auswirkungen der Abstammungsklärung kann es zur Vermeidung unnötiger Eingriffe in das Familiengrundrecht geboten sein, die Abstammungsklärung erst dann herbeizuführen, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt ist, dass die sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen. Ist hingegen absehbar, dass die Klärung der sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen für die Betroffenen - etwa wegen der Breitenwirkung der dafür erforderlichen Ermittlungen - ungleich belastender ist, kann es umgekehrt geboten sein, zuerst die Abstammungsklärung vorzunehmen. Die Regelungen zur Behördenanfechtung lassen die Berücksichtigung dieser verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte zu.
- 107
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2. Indessen setzt die Beeinträchtigung des Familienlebens durch die mit einem Anfechtungsverfahren verbundene Ausforschung nicht erst mit der gerichtlichen Abstammungsklärung ein. Vielmehr belasten schon die vorausgehenden behördlichen Ermittlungen die sozialen Beziehungen der Familie, weil sie die Beteiligten bereits mit dem Verdacht des fehlenden biologischen Abstammungsverhältnisses zwischen Vater und Kind und mit der Gefahr einer Auflösung der rechtlichen Vater-Kind-Beziehung konfrontieren und weil sie unter Umständen Details des Familienlebens ausleuchten und damit dessen unbeschwerte Fortführung hemmen. Die behördlichen Ermittlungen nehmen den Beteiligten Gewissheit und Vertrauen in ihre familiären Beziehungen, indem sie deren tatsächliche und rechtliche Grundlagen in Frage stellen. Dies kann selbst dann der Fall sein, wenn zwischen Vater und Kind keine sozial-familiäre Beziehung besteht, denn die behördliche Infragestellung der Vaterschaft belastet auch die familiäre Beziehung zwischen Mutter und Kind.
- 108
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Die Belastungen sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt, sofern die Maßnahmen der Anfechtung einer gerade aufenthaltsrechtlich motivierten Vaterschaftsanerkennung dienen. Grundsätzlich ist auch hinzunehmen, dass in die behördlichen Ermittlungen Familien einbezogen werden, bei denen die behördlichen Aufklärungen am Ende ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Vaterschaftsanfechtung nicht vorliegen. Eben dies kann sich unter Umständen erst durch behördliche Nachforschung erweisen.
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Verfassungsrechtlich nicht hinzunehmen ist jedoch, dass die in § 1600 Abs. 4 BGB unnötig weit gefassten Anfechtungsvoraussetzungen nicht verheiratete, ausländische oder binationale Elternpaare, die keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, generell dem Verdacht aussetzen, die Vaterschaftsanerkennung allein aus aufenthaltsrechtlichen Gründen vorgenommen zu haben und deren Familienleben damit ohne Weiteres mit behördlichen Nachforschungen belasten (vgl. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, August 2005, S. 378). Auch wegen Art. 6 Abs. 1 GG wäre insoweit eine präzisere Fassung der Anfechtungsvoraussetzungen verfassungsrechtlich geboten.
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V.
- 110
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Die Regelungen verstoßen nicht gegen Art. 6 Abs. 5 GG.
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Art. 6 Abs. 5 GG setzt als Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes und als Schutznorm zugunsten nichtehelicher Kinder der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit Grenzen (vgl. BVerfGE 84, 168 <184 f.>). Auch eine mittelbare Schlechterstellung nichtehelicher Kinder im Verhältnis zu ehelichen Kindern ist durch Art. 6 Abs. 5 GG verboten (vgl. BVerfGE 118, 45 <62> m.w.N.). Eine ungleiche Behandlung nichtehelicher Kinder, die sich als Benachteiligung gegenüber ehelichen Kindern auswirkt, bedarf stets einer überzeugenden Begründung (vgl. BVerfGE 84, 168 <185>).
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Die Behördenanfechtung kann nur bei nichtehelichen Kindern zur Anwendung kommen und benachteiligt diese daher mittelbar (1.). Dies lässt sich jedoch rechtfertigen (2.).
- 113
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1. Die Regelungen über die Behördenanfechtung bewirken mittelbar eine Benachteiligung nichtehelicher Kinder. Der Gesetzgeber hat die rechtliche Vaterschaft kraft Anerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB), nicht aber die rechtliche Vaterschaft kraft Ehe (§ 1592 Nr. 1 BGB) behördlicher Anfechtung unterworfen, obwohl auch im Fall der auf Ehe beruhenden Vaterschaft eine lediglich rechtliche Vaterschaft ohne biologische Abstammungsbeziehung vorliegen kann, die unter Umständen - ähnlich wie die Vaterschaftsanerkennung - einen besseren Aufenthaltsstatus vermittelt. Die Behördenanfechtung im Fall der Vaterschaftsanerkennung knüpft zwar nicht an das Merkmal der Nichtehelichkeit des Kindes an. Praktisch trifft sie jedoch gerade die nichtehelichen Kinder und führt so zu einer (mittelbaren) Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder rechtlicher Väter gegenüber ehelichen Kindern von rechtlichen Vätern. Zwar sieht das Gesetz in § 1314 Abs. 2 Nr. 5, § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Möglichkeit eines behördlichen Antrags auf Aufhebung einer zu Aufenthaltszwecken geschlossenen Ehe vor. Die Aufhebung der Ehe führt jedoch nicht zur Beendigung der Vaterschaft eines in der Ehe geborenen Kindes, obwohl das Kind auch hier - wie im Fall der Behördenanfechtung - dem ausländischen Elternteil weiterhin über § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG einen besseren Aufenthaltsstatus vermitteln kann. Eine Anfechtung der durch eine zu Aufenthaltszwecken geschlossenen Ehe begründeten Vaterschaft sieht das Gesetz nicht vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Ehe gemäß § 1313, § 1314 Abs. 2 Nr. 5, § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB aufgehoben wurde.
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2. Die Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder, deren rechtliches Verhältnis zum Vater auf Anerkennung beruht (§ 1592 Nr. 2 BGB) und ehelicher Kinder, deren rechtliches Verhältnis zum Vater auf der Ehe der Mutter beruht (§ 1592 Nr. 1 BGB), ist gerechtfertigt.
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Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gezwungen, behördliches Einschreiten in allen Konstellationen allein rechtlicher Vater-Kind-Beziehungen anzuordnen, die den Beteiligten aufenthaltsrechtliche Vorteile bringen. Vielmehr steht ihm ein politischer Spielraum zu, sich auf Konstellationen zu beschränken, in denen er besonderen Handlungsbedarf sieht. Offenbar hat der Gesetzgeber den Handlungsbedarf bei einer durch Aufenthaltsehe begründeten Vaterschaft für geringer gehalten als bei auf Anerkennung beruhender Vaterschaft. Dabei ist der Gesetzgeber auch bezüglich aufenthaltsrechtlich motivierter Ehen nicht untätig geblieben, sondern hat, wie gesehen, die Aufenthaltsehe behördlicher Aufhebung unterworfen. Freilich hat er darauf verzichtet, auch die durch diese aufgehobene Ehe vermittelte Vaterschaft für Kinder des ausländischen Elternteils der Anfechtung zu unterwerfen.
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Dass der Gesetzgeber sich darauf konzentriert hat, die Aufhebung der Aufenthaltsehe zu ermöglichen, nicht aber dadurch etwa vermittelte Vaterschaften aufheben wollte, ist hinreichend plausibel und darum verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die auf einer Ehe beruhende Vaterschaft hat im Vergleich zur durch Anerkennung begründeten Vaterschaft quantitativ ein deutlich geringeres Potenzial, anderen Personen einen besseren Aufenthaltsstatus zu vermitteln: Ein Mann kann in Deutschland gleichzeitig nur mit einer Frau die Ehe eingehen; er kann aber jederzeit für zahlreiche Kinder die Vaterschaft anerkennen. Zudem kann im Wege der Ehe nur künftig auf die Welt kommenden Kindern die Vaterschaft vermittelt werden, wohingegen die Anerkennung der Vaterschaft auch für früher geborene Kinder möglich ist. Ein einzelner Mann kann darum mittels Vaterschaftsanerkennung sehr viel mehr Personen zu einer aufenthaltsrechtlich vorteilhaften Position verhelfen als ihm durch Eingehung einer Ehe möglich wäre.
(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Ein Kind, das im Inland aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Kind eines Deutschen. Satz 1 ist auf ein vertraulich geborenes Kind nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil
- 1.
seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und - 2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt.
(4) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach Absatz 1 erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos. Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird; zur Fristwahrung genügt es auch, wenn der Antrag in dieser Frist bei der zuständigen Auslandsvertretung eingeht. Sind beide Elternteile deutsche Staatsangehörige, so tritt die Rechtsfolge des Satzes 1 nur ein, wenn beide die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Für den Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes und nach § 15 ist die Rechtsfolge nach Satz 1 unbeachtlich.
(5) Absatz 4 Satz 1 gilt nicht
- 1.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 erworben hat, und - 2.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, wenn dieser ohne den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einen Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 gehabt hätte.
Tenor
-
§ 1600 Absatz 1 Nummer 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 313) und Artikel 229 § 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 313) verstoßen gegen Artikel 16 Absatz 1, gegen Artikel 6 Absatz 2 Satz 1, gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 und gegen Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.
Gründe
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A.
- 1
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Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Regeln zur sogenannten Behördenanfechtung, welche die Vaterschaft und die durch Vaterschaftsanerkennung begründete deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes rückwirkend entfallen lässt, mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
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I.
- 2
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1. Das in § 1600 ff. BGB geregelte Recht der Vaterschaftsanfechtung wurde im Jahr 2008 um die hier zu überprüfenden Regeln zur Behördenanfechtung ergänzt. Hintergrund war der Eindruck des Gesetzgebers, dass das im Familienrecht gezielt voraussetzungsarm ausgestaltete Instrument der Vaterschaftsanerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB) in bestimmten Konstellationen zur Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts genutzt wird. Die Regelungen der Vaterschaftsanerkennung lassen es zu, die Vaterschaft für ein ausländisches Kind anzuerkennen, um beim Kind den automatischen Abstammungserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 oder 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (im Folgenden: StAG) herbeizuführen und so mittels Familiennachzugs nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Aufenthaltsgesetzes (Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet, im Folgenden: AufenthG) ein Aufenthaltsrecht des ausländischen Elternteils zu begründen oder zu stärken (vgl. BTDrucks 16/3291, insbesondere S. 1 f., 9 und 11).
- 3
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2. a) Die Anfechtungsberechtigung der Behörde und die materiellen Anfechtungsvoraussetzungen sind in § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 und 4 BGB geregelt:
-
(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:
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[…]
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5. die zuständige Behörde (anfechtungsberechtigte Behörde) in den Fällen des § 1592 Nr. 2.
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(3) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 5 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat und durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils geschaffen werden.
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(4) Eine sozial-familiäre Beziehung nach den Absätzen 2 und 3 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.
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b) Die Anfechtungsfristen und der Beginn der Anfechtungsfrist sind in § 1600b BGB geregelt:
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(1) Die Vaterschaft kann binnen zwei Jahren gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen; das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 2 erste Alternative hindert den Lauf der Frist nicht.
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(1a) Im Fall des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 kann die Vaterschaft binnen eines Jahres gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt, wenn die anfechtungsberechtigte Behörde von den Tatsachen Kenntnis erlangt, die die Annahme rechtfertigen, dass die Voraussetzungen für ihr Anfechtungsrecht vorliegen. Die Anfechtung ist spätestens nach Ablauf von fünf Jahren seit der Wirksamkeit der Anerkennung der Vaterschaft für ein im Bundesgebiet geborenes Kind ausgeschlossen; ansonsten spätestens fünf Jahre nach der Einreise des Kindes.
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(2) Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes und nicht, bevor die Anerkennung wirksam geworden ist.
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c) Die Überleitungsvorschrift lautet:
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Art. 229 § 16 EGBGB
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Im Fall der Anfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beginnt die Frist für die Anfechtung gemäß § 1600b Abs. 1a des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht vor dem 1. Juni 2008.
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II.
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Die zu überprüfenden Regelungen sind Teil des Abstammungsrechts (§§ 1591 ff. BGB), das die rechtliche Zugehörigkeit eines Kindes zu seinen Eltern regelt.
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1. Nach § 1592 BGB ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist (Nr. 1), der die Vaterschaft anerkannt hat (Nr. 2) oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde (Nr. 3). Eine behördliche Anfechtung der Vaterschaft kommt nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nur in Betracht, wenn die Vaterschaft durch Vaterschaftsanerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB begründet wurde. Die Anerkennung begründet die Vaterschaft mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Geburt (vgl. Rauscher, in: Staudinger BGB, 2011, §§ 1589-1600d, § 1594, Rn. 9; Schmidt-Recla, in: Soergel BGB, Band 19/1, 13. Aufl. 2012, § 1594, Rn. 14; Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 8, 6. Aufl. 2012, § 1594, Rn. 16). Materiellrechtliche Voraussetzung der Vaterschaftsanerkennung ist nach § 1594 Abs. 2 BGB lediglich, dass nicht die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Die Anerkennung ist ansonsten nach §§ 1595 ff. BGB nur an formelle Anforderungen, insbesondere an die Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs. 1 BGB) geknüpft. Die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung hängt nicht von der biologischen Abstammung des Kindes ab. Auch eine im Wissen um die fehlende biologische Vaterschaft erfolgte Anerkennung ist wirksam. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, einem Kind durch Vaterschaftsanerkennung die deutsche Staatsangehörigkeit zu verschaffen, um aufenthaltsrechtliche Vorteile für das Kind und den ausländischen Elternteil zu begründen (s.u., III.1.).
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2. Die hier zu überprüfenden Regelungen über die behördliche Anfechtung der Vaterschaft ergänzen bereits bestehende Anfechtungsmöglichkeiten. Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BGB kann eine rechtliche Vaterschaft, die auf der Ehe des Mannes mit der Kindesmutter oder einer Vaterschaftsanerkennung beruht - die mithin ohne Rücksicht auf die biologischen Abstammungsverhältnisse entstanden ist - mit dem Argument angefochten werden, der rechtliche Vater sei nicht der biologische Vater des Kindes. Anfechtungsberechtigt sind nach heutiger Rechtslage der rechtliche Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB), der mutmaßliche biologische Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB), die Mutter (§ 1600 Abs. 1 Nr. 3 BGB), das Kind (§ 1600 Abs. 1 Nr. 4 BGB) und nunmehr die zuständige Behörde (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB).
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Im Fall der Behördenanfechtung setzt die Anfechtung voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat und dass durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils geschaffen werden (§ 1600 Abs. 3 BGB).
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Die Voraussetzungen der Behördenanfechtung sind im Wesentlichen der Regelung der Anfechtung durch den mutmaßlichen biologischen Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nachgebildet, beziehungsweise mit dieser zusammengefasst (§ 1600 Abs. 3 und Abs. 4 BGB). Der Gesetzgeber hatte früher im Interesse des Kindes und der rechtlich-sozialen Familie ein Anfechtungsrecht des mutmaßlichen biologischen Vaters wiederholt abgelehnt (vgl. BTDrucks V/2370, S. 32; BTDrucks 13/4899, S. 57 f.). Das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch im Jahr 2003, es verstoße gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, dem biologischen, aber nicht rechtlichen Vater eines Kindes ausnahmslos das Anfechtungsrecht zu verweigern (BVerfGE 108, 82 ff.). Daraufhin wurde im Jahr 2004 die Anfechtungsmöglichkeit des mutmaßlichen biologischen Vaters in § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB eingeführt, wobei der Gesetzgeber allerdings dem Bestand einer sozial gelebten Eltern-Kind-Beziehung mit dem rechtlichen Vater den Vorrang gegenüber der rechtlichen Zuordnung des Kindes zum biologischen Vater einräumte. Männer, die eidesstattlich versichern, der Kindesmutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, können die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes nur anfechten, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater keine "sozial-familiäre Beziehung" besteht (§ 1600 Abs. 2 BGB). Dieses negative Tatbestandsmerkmal wurde später bei der hier zur Prüfung gestellten Regelung der Behördenanfechtung aufgegriffen (§ 1600 Abs. 3 BGB) und ist in § 1600 Abs. 4 BGB für beide Fälle einheitlich konkretisiert.
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III.
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Da die Behördenanfechtung letztlich darauf gerichtet ist, die Umgehung gesetzlicher Bedingungen des Aufenthaltsrechts durch eine Vaterschaftsanerkennung zu verhindern, richten sich die Voraussetzungen (1.) und Folgen (2.) der Behördenanfechtung auch nach dem Aufenthalts- und dem Staatsangehörigkeitsrecht.
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1. Die anfechtungsberechtigte Behörde kann die Vaterschaft gerichtlich anfechten, wenn durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt eines Beteiligten geschaffen werden (§ 1600 Abs. 3 BGB). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, wenn "für das Kind oder einen Elternteil ein ausländerrechtlicher Vorteil entstanden ist" (BTDrucks 16/3291, S. 14). Ein solcher Vorteil entsteht durch die Vaterschaftsanerkennung, wenn das Kind auf diese Weise die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt und damit auch einem Elternteil einen günstigeren Aufenthaltsstatus vermittelt. Praktisch stehen dabei zwei Konstellationen im Vordergrund: Erkennt ein deutscher Mann die Vaterschaft für das Kind einer unverheirateten ausländischen Mutter an, erwirbt das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 4 Abs. 1 StAG) und damit die Berechtigung zum Aufenthalt in Deutschland. Für die Kindesmutter ergibt sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge aus § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Auch wenn ein ausländischer Mann mit unbefristetem Aufenthaltsrecht, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, die Vaterschaft für das Kind einer ausländischen Staatsangehörigen anerkennt, erwirbt das Kind über den Vater die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 4 Abs. 3 StAG). Die Kindesmutter hat wiederum einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.
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2. Hat die Vaterschaftsanfechtungsklage Erfolg, entfallen die durch die Vaterschaftsanerkennung begründete Staatsangehörigkeit des Kindes und das Aufenthaltsrecht der Mutter. Mit der formellen Rechtskraft der Entscheidung über das Nichtbestehen der Vaterschaft fallen rückwirkend auf den Tag der Geburt des Kindes sowohl die bisherige Vaterschaftszuordnung als auch die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes weg. Der Verlust der Staatsangehörigkeit durch Vaterschaftsanfechtung ist zwar nicht ausdrücklich geregelt. Er wird aber aus der generellen Anknüpfung des Abstammungserwerbs der Staatsangehörigkeit an das familienrechtliche Abstammungsrecht abgeleitet. Abstammungsrechtlich fällt die Vaterschaft bei erfolgreicher Anfechtung nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte rückwirkend weg (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 194/09 -, NJW 2012, S. 852;stRspr). Mit dem rückwirkenden Wegfall der Vaterschaft entfällt nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ex tunc auch die nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 StAG auf Abstammung gründende deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes. Denn bei rückwirkendem Wegfall der Vaterschaft haben bei nachträglicher Betrachtung auch die Voraussetzungen für den auf die Abstammung gestützten Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes nie vorgelegen (vgl. nur VG Düsseldorf, Urteil vom 10. September 1985 - 17 K 10.419/85 -, NJW 1986, S. 676; VG Gießen, Urteil vom 8. November 1999 - 10 E 960/99 -, juris, Rn. 14; OVG Hamburg, Beschluss vom 10. Februar 2004 - 3 Bf 238/03 -, NVwZ-RR 2005, S. 212 <213>; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 2 M 441/04 -, juris, Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2007 - 18 A 2065/06 -, juris, Rn. 8; Bay. VGH, Beschluss vom 11. September 2007 - 5 CS 07.1921 -, juris, Rn. 3). Mit dem Wegfall der Staatsangehörigkeit des Kindes verliert nicht nur dieses sein mit der Staatsangehörigkeit verbundenes Aufenthaltsrecht, vielmehr entfällt auch das Aufenthaltsrecht seiner Mutter, das die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes voraussetzt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG). Gerade dies ist der Zweck der Behördenanfechtung.
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IV.
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1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Behörde für Inneres, focht mit ihrer Klage gegen den Beklagten zu 1) des Ausgangsverfahrens, ein minderjähriges Kind, und den Beklagten zu 2), den Mann, der die Vaterschaft für den Beklagten zu 1) anerkannt hat, dessen Vaterschaft an, indem sie beim Amtsgericht Hamburg-Altona beantragte festzustellen, dass der Beklagte zu 2) nicht der Vater des Beklagten zu 1) ist.
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Der Beklagte zu 1) wurde 2005 in Deutschland geboren. Seine Mutter ist vietnamesische Staatsangehörige und war im Zeitpunkt der Geburt mit einem Vietnamesen verheiratet, von dem sie später geschieden wurde. Das Kind besaß ebenfalls die vietnamesische Staatsangehörigkeit. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet war unerlaubt, der seiner Mutter geduldet. Der Beklagte zu 2) ist deutscher Staatsangehöriger. Er erkannte bereits vor der Geburt des Kindes die Vaterschaft durch notarielle Urkunde an. Die Kindesmutter und der damalige Ehemann der Kindesmutter stimmten der Vaterschaftsanerkennung zu. Mit Rechtskraft des Scheidungsurteils wurde die Anerkennung gemäß § 1599 Abs. 2 BGB wirksam.
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Weil der Beklagte zu 2) deutscher Staatsangehöriger ist, erwarb das Kind durch die Vaterschaftsanerkennung nach § 4 Abs. 1 StAG ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit. Zum Zweck des Zusammenlebens mit ihrem deutschen Kind wurde der Mutter des Beklagten zu 1) eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilt.
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Bei einer Befragung des Beklagten zu 2) vor der Ausländerbehörde der Stadtverwaltung über das Kennenlernen der Kindesmutter erklärte er zunächst seine Bereitschaft zu einem Vaterschaftstest, widerrief diese aber in einem späteren Schreiben. Er hatte und hat mit dem Kind und dessen Mutter keine gemeinsame Wohnung. Ein gerichtlich eingeholtes Abstammungsgutachten ergab, dass er nicht der biologische Vater des Kindes ist.
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2. Mit Beschluss vom 15. April 2010 hat das Amtsgericht das Verfahren gegen die Beklagten zu 1) und 2) ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 16 EGBGB mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
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Die Frage sei entscheidungserheblich, da die Klage abzuweisen sei, wenn die Vorschriften verfassungswidrig wären. Aus einfachrechtlicher Sicht lägen die Voraussetzungen einer Behördenanfechtung vor. Der Beklagte zu 2) habe die Vaterschaft für das Kind zwar bereits 2005 anerkannt. Der zum 1. Juni 2008 eingeführte § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB finde aber gemäß Art. 229 § 16 EGBGB auch auf Altfälle Anwendung. Zwischen den Beklagten zu 1) und zu 2) habe keine sozial-familiäre Beziehung im Zeitpunkt der Anerkennung bestanden und durch die Anerkennung seien die rechtlichen Voraussetzungen für den erlaubten Aufenthalt des Kindes und der Kindesmutter geschaffen worden.
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§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 16 EGBGB sei verfassungswidrig. Die Normen verstießen wegen unzulässiger Rückwirkung gegen Art. 20 Abs. 3 GG. Bei der Neueinführung der Anfechtungsberechtigung auch für Altfälle handle es sich um eine unzulässige echte Rückwirkung, die aber auch als unechte Rückwirkung nicht zu rechtfertigen sei, weil bereits die Einführung der Behördenanfechtung selbst wegen der damit verbundenen Grundrechtsverletzungen verfassungswidrig sei. Insbesondere sei nicht belegt, dass die Einführung eines Anfechtungsrechts der Behörde erforderlich gewesen sei. Das Interesse des Gesetzgebers, missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen entgegenzuwirken, um Verbleibensrechte von Ausländern und damit verbundene sozialstaatliche Belastungen der Allgemeinheit zu verhindern, habe zwar grundsätzlich einen hohen Stellenwert. Dieser relativiere sich jedoch, weil die vorgelegte statistische Erhebung nicht belege, in wie vielen Fällen es sich tatsächlich um eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung handele und binationale Verbindungen und ausländische Familien unter einen Generalverdacht gestellt würden. Dem stehe das Vertrauen des anerkannten Kindes auf die mit der Abstammung verbundenen unterhalts-, erb-, steuer- und sozialrechtlichen Folgen sowie insbesondere das Vertrauen auf die Auswirkungen auf sein Statusrecht gegenüber. Das Kind sei insbesondere in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 5 GG verletzt. Kinder, die während einer bestehenden Ehe geboren würden, seien von dem behördlichen Anfechtungsrecht nicht betroffen, obwohl insbesondere bei einer Scheinehe anzunehmen sei, dass das Kindschaftsverhältnis ebenfalls missbräuchlich herbeigeführt worden sei. Die Ungleichbehandlung sei dabei jedenfalls mittelbar an das Merkmal der Unehelichkeit geknüpft. Eine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich.
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3. In ihren schriftlichen Stellungnahmen vertreten die Bundesregierung wie auch die Freie und Hansestadt Hamburg als Klägerin des Ausgangsverfahrens die Auffassung, die Vorschrift des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 16 EGBGB sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Hingegen halten der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V., das Deutsche Rote Kreuz e.V. und das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. die Regelungen für verfassungswidrig. Der Deutsche Familiengerichtstag e.V. hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung, soweit die Anfechtung ältere Kinder betreffen kann, hält die Regelungen im Übrigen aber für verfassungsgemäß.
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B.
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Die Regelungen über die Behördenanfechtung (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB und Art. 229 § 16 EGBGB) sind verfassungswidrig. Sie verstoßen gegen Art. 16 Abs. 1 GG (I.), gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (II.), gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (III.) und gegen Art. 6 Abs. 1 GG (IV.). Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 5 GG liegt hingegen nicht vor (V.).
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I.
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Die Regelung der behördlichen Vaterschaftsanfechtung verstößt in ihrer konkreten Ausgestaltung gegen Art. 16 Abs. 1 GG, weil sie in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes herbeiführt. Durch die Vaterschaftsanfechtung wird in die durch Art. 16 Abs. 1 GG geschützte (1.) Staatsangehörigkeit des Kindes eingegriffen (2.). Der Grundrechtseingriff ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Art. 16 Abs. 1 GG unterscheidet zwischen der Entziehung der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG) und einem sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG) und stellt an beide Verlustformen unterschiedliche verfassungsrechtliche Anforderungen. Die Entziehung ist nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ausnahmslos verboten. Im Gegensatz dazu kann ein sonstiger Verlust der Staatsangehörigkeit nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG unter Umständen verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. In ihrer konkreten Ausgestaltung sind die Regelungen über die Behördenanfechtung als nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG absolut verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit anzusehen (3.), weil der Staatsangehörigkeitsverlust durch die Betroffenen nicht oder nicht in zumutbarer Weise beeinflussbar war. Zwar wäre es angesichts der Umstände eines Staatsangehörigkeitserwerbs durch anfechtbare Vaterschaftsanerkennung denkbar, den Kindern die hierbei bestehenden Einflussmöglichkeiten ihrer Eltern zuzurechnen (3.a) und b)). Der Staatsangehörigkeitsverlust entzieht sich jedoch auch dem Einfluss der Eltern, soweit die Behördenanfechtung Vaterschaftsanerkennungen betrifft, die vor Inkrafttreten der zu überprüfenden Normen erfolgten (3.c)). Darüber hinaus ist eine Beeinflussung des Staatsangehörigkeitsverlusts durch Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung nicht zumutbar, wenn die Vaterschaftsanerkennung nicht gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielt (3.d)). Dessen ungeachtet genügen die Regelungen auch nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG an einen sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit (4.), weil sie keine Möglichkeit bieten zu berücksichtigen, ob das Kind staatenlos wird (4.a)) und weil es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des Staatsangehörigkeitsverlusts (4.b)) sowie an einer angemessenen Fristen- und Altersregelung fehlt, die verhindern könnte, dass auch ältere Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit über einen längeren Zeitraum besessen haben, diese noch verlieren können (4.c)).
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1. Art. 16 Abs. 1 GG schützt vor dem Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit. Dieser Schutz kommt auch Kindern zu, die die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 oder 3 StAG aufgrund einer Vaterschaftsanerkennung erworben haben. Dem verfassungsrechtlichen Schutz der Staatsangehörigkeit steht nicht entgegen, dass die den Staatsangehörigkeitserwerb auslösende Vaterschaft behördlicher Anfechtung unterliegt. Die gerichtliche Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft, an die der Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes geknüpft ist, beseitigt eine zuvor bestehende deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes und nicht etwa nur den Schein einer solchen. Nach § 1592 Nr. 2 BGB ist der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, Vater dieses Kindes. Bis zur Rechtskraft eines auf Anfechtung hin ergehenden Urteils, in dem das Nichtbestehen der Vaterschaft festgestellt wird, besteht im Rechtssinne die Vaterschaft dieses Mannes. Die durch Anerkennung erworbene Vaterschaft ist eine rechtlich vollwertige Vaterschaft, keine bloße Scheinvaterschaft. Schon deshalb ist auch die nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 oder 3 StAG von ihr abgeleitete deutsche Staatsangehörigkeit keine bloße Scheinstaatsangehörigkeit (vgl. BVerfGK 9, 381 <383 f.> entsprechend zur Vaterschaftsanfechtung durch den rechtlichen Vater nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Am verfassungsrechtlichen Schutz der zwischenzeitlich bestehenden deutschen Staatsangehörigkeit ändert auch der Umstand nichts, dass der Verlust der Staatsangehörigkeit durch Vaterschaftsanfechtung einfachrechtlich als anfängliche Unwirksamkeit der Vaterschaft und Staatsangehörigkeit konstruiert wird und damit rückwirkend entfällt. Es handelt sich insoweit lediglich um eine Regelungstechnik zur nachträglichen Korrektur eines bestimmten Ergebnisses, das die zwischenzeitlich Realität gewordene rechtliche Anerkennung von Vaterschaft beziehungsweise Staatsangehörigkeit nicht ungeschehen und ihre Schutzwürdigkeit nicht automatisch hinfällig macht (vgl. BVerfGE 116, 24 <46>).
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2. Eine erfolgreiche Behördenanfechtung der Vaterschaft greift in die grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG ein. Die Vaterschaftsanfechtung führt beim betroffenen Kind zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, wenn das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit allein von dem Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, also dem bisherigen rechtlichen Vater, ableitet. Zwar verhält sich das von der Behörde durch die Vaterschaftsanfechtung erwirkte familiengerichtliche Urteil ausdrücklich allein zur Vaterschaft. Mit dem nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte rückwirkenden Wegfall der Vaterschaft tritt jedoch, ohne dass dies gesetzlich ausdrücklich geregelt wäre, nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte automatisch auch der Verlust der Staatsangehörigkeit ein (s.o., A.III.2.), der an Art. 16 Abs. 1 GG zu messen ist. Der Senat legt seiner Beurteilung regelmäßig die Auslegung der zu prüfenden Vorschrift nach der Auffassung des vorlegenden Gerichts zugrunde. Dieses geht hier davon aus, dass bereits die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung nach § 1600 Abs. 1 BGB einen Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes herbeiführen kann. Obwohl sich diese Rechtsfolge nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm ergibt, geht der Senat angesichts der nicht unvertretbaren Ansicht des Gerichts in seiner Prüfung ebenfalls von dieser Annahme aus.
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Ein Eingriff in Art. 16 Abs. 1 GG ist auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Verlust der Staatsangehörigkeit nur eine ungewollte Nebenfolge der behördlichen Vaterschaftsanfechtung wäre. Abgesehen davon, dass eine solche Einordnung der Behördenanfechtung nicht ihren Eingriffscharakter nähme, trifft sie auch in der Sache nicht zu; die Beseitigung der Staatsangehörigkeit des Kindes ist das eigentliche Ziel der Maßnahme, da die aufenthaltsrechtlichen Vorteile für den anderen Elternteil, die damit beseitigt werden sollen, gerade aus dem Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes resultieren.
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3. Der Grundrechtseingriff ist verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, weil die Regelungen über die Behördenanfechtung als absolut verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen sind.
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Eine Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ist "jede Verlustzufügung, die die - für den Einzelnen und für die Gesellschaft gleichermaßen bedeutsame - Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung der Verlässlichkeit und Gleichheit des Zugehörigkeitsstatus liegt insbesondere in jeder Verlustzufügung, die der Betroffene nicht oder nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann" (BVerfGE 116, 24 <44> m.w.N.).
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Die Regelung über die Behördenanfechtung ist als verfassungswidrige Entziehung der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG) anzusehen, weil die Betroffenen den Staatsangehörigkeitsverlust teils gar nicht, teils nicht in zumutbarer Weise beeinflussen können: Die Kinder selbst können den Staatsangehörigkeitsverlust ohnehin nicht selbst beeinflussen (a). Angesichts der Umstände eines Staatsangehörigkeitserwerbs durch anfechtbare Vaterschaftsanerkennung käme in Betracht, den Kindern die hierbei bestehenden Einflussmöglichkeiten ihrer Eltern zuzurechnen (b). Die Eltern hatten jedoch selbst keinen Einfluss auf den Staatsangehörigkeitsverlust, soweit die Regelungen auf Vaterschaften angewendet werden, die vor Inkrafttreten von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB anerkannt wurden (c). Außerdem ist den Eltern die Wahrnehmung ihrer Einflussnahmemöglichkeit nicht zumutbar, soweit die Vaterschaftsanerkennung nicht gerade darauf zielt, durch den Abstammungserwerb der Staatsangehörigkeit des Kindes (§ 4 Abs. 1 und 3 StAG) aufenthaltsrechtliche Vorteile zu erlangen (d).
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a) Die betroffenen Kinder können den infolge der Behördenanfechtung eintretenden Verlust der Staatsangehörigkeit nicht selbst beeinflussen. Die Vaterschaftsanfechtung liegt in der Hand der Behörde und des Gerichts. Der Staatsangehörigkeitsverlust vollzieht sich nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichteautomatisch. Ob die Voraussetzungen für eine Behördenanfechtung vorliegen, ist durch das Kind nicht nennenswert beeinflussbar. Auch der durch die Vaterschaftsanerkennung vermittelte Staatsangehörigkeitserwerb selbst, den rückgängig zu machen das eigentliche Ziel der Behördenanfechtung ist, entzieht sich regelmäßig dem Einfluss des Kindes. Die Vaterschaftsanerkennung liegt in den Händen der Eltern, der Staatsangehörigkeitserwerb vollzieht sich infolge der Vaterschaftsanerkennung automatisch von Gesetzes wegen.
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b) Grundsätzlich kommt in Betracht, den Kindern Einflussmöglichkeiten ihrer Eltern (aa) zuzurechnen (bb).
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aa) Auch die Eltern können den Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes nicht direkt beeinflussen, der bei erfolgreicher Behördenanfechtung automatisch eintritt.
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Der Vorwurf einer nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG verbotenen Entziehung der Staatsangehörigkeit lässt sich auch nicht schon mit dem Hinweis ausräumen, die Eltern hätten zur Vermeidung des Staatsangehörigkeitsverlusts bereits auf den Staatsangehörigkeitserwerb verzichten können.
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Besondere Umstände des Staatsangehörigkeitserwerbs können es allerdings erlauben, den Einfluss auf den Erwerbsvorgang ausnahmsweise auch als Einfluss auf den Staatsangehörigkeitsverlust zu werten (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>). Tragen die Betroffenen bereits beim Erwerb Verantwortung für eine spezifische Instabilität der Staatsangehörigkeit, hatten sie die Situation, die schließlich zum Verlust der Staatsangehörigkeit führt, in der eigenen Hand, so dass der Verlust als beeinflussbar gelten kann (vgl. Kämmerer, in: Bonner Kommentar, August 2005, Art. 16 Rn. 51; Masing, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2004, Art. 16 Rn. 74). Eine solche Instabilität kann daraus resultieren, dass die Art und Weise des Staatsangehörigkeitserwerbs rechtlich missbilligt ist und der Gesetzgeber Regelungen getroffen hat, nach denen der rechtlich missbilligte Staatsangehörigkeitserwerb rückgängig gemacht werden kann. Führen die Betroffenen unter diesen Voraussetzungen den Erwerb einer rechtlich bemakelten Staatsangehörigkeit herbei, tragen sie Verantwortung für deren Instabilität und müssen sich dies als Einfluss auf den Staatsangehörigkeitsverlust zurechnen lassen.
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In den Fällen der Behördenanfechtung ist die Einflussmöglichkeit der Eltern danach darin zu sehen, dass sie auf die Anerkennung einer nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB anfechtbaren Vaterschaft verzichten und damit vermeiden können, dass eine Situation entsteht, die später zum Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes führt (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>). Die Beteiligten bereits zum Verzicht auf eine im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB bemakelte Vaterschaftsanerkennung zu bewegen, ist letztlich auch Ziel der gesetzlichen Einräumung einer behördlichen Anfechtungsbefugnis. Die Zumutbarkeit eines solchen Verzichts bedarf allerdings gesonderter Betrachtung (s.u., d)).
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bb) Soweit ein mittelbarer Einfluss der Eltern auf den Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes besteht, kann er diesem unter bestimmten Bedingungen zugerechnet werden. Dann ist der Staatsangehörigkeitsverlust als durch das Kind beeinflussbar zu werten und eine unzulässige Entziehung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG auszuschließen (vgl. BVerfGE 116, 24 <60>). Zwar muss das Kind so mit dem Staatsangehörigkeitsverlust eine schwerwiegende Folge des Handelns seiner Eltern tragen, auf das es tatsächlich keinen eigenen Einfluss hat. Sinn und Zweck des Verbots der Entziehung der Staatsangehörigkeit lassen eine Zurechnung des Elternverhaltens gleichwohl zu. Dem durch das Entziehungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG bezweckten Schutz vor willkürlicher Instrumentalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts ist bereits dadurch Rechnung getragen, dass der Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes von den Eltern beeinflusst werden kann und damit der freien Verfügung des Staates entzogen ist. Der Wegfall der Staatsangehörigkeit entspringt dann nicht einem einseitigen Willensakt des Staates, sondern ist Folge der von den Eltern herbeigeführten anfechtbaren Vaterschaftsanerkennung (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>). Dass das Kind keinen eigenen Einfluss auf den Verlust der Staatsangehörigkeit nehmen kann, darf indessen bei der verfassungsrechtlichen Würdigung eines Staatsangehörigkeitsverlusts nicht unbeachtet bleiben. Dies wird in der Prüfung am Maßstab des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG berücksichtigt.
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Ob eine Zurechnung elterlichen Verhaltens in den Fällen der Behördenanfechtung altersunabhängig und damit auch bei größeren, zunehmend eigenständigen Kindern möglich ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da es im Ergebnis teilweise bereits an der Einflussnahmemöglichkeit der Eltern (s.u., c)), beziehungsweise an der Zumutbarkeit fehlt, die bestehende Einflussmöglichkeit zu nutzen (s.u., d)).
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c) An der Möglichkeit der Eltern, den Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes dadurch zu beeinflussen, dass sie auf eine Vaterschaftsanerkennung verzichten, wenn die zur Behördenanfechtung berechtigenden Voraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB vorliegen, fehlt es, soweit die Anfechtung gemäß Art. 229 § 16 EGBGB Fälle erfasst, in denen die Vaterschaftsanerkennung und damit der Staatsangehörigkeitserwerb vor Inkrafttreten des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB am 1. Juni 2008 erfolgten - das heißt zu einem Zeitpunkt, in dem die zur Nichtigkeit des Staatsangehörigkeitserwerbs führende Anfechtungsregelung noch nicht existierte. Eine den Entziehungstatbestand des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ausschließende Einflussmöglichkeit der Eltern ist insoweit mangels Vorhersehbarkeit zu verneinen.
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aa) Wird eine Regelung, welche die Staatsangehörigkeit entfallen lässt, nachträglich in Kraft gesetzt, so ist dies als verbotene Entziehung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen. Die Betroffenen haben nur dann Einfluss auf den Verlust der Staatsangehörigkeit, wenn sie im Zeitpunkt ihres Handelns wissen oder wenigstens wissen können, dass sie damit die Voraussetzungen für den Verlust der Staatsangehörigkeit schaffen. Zur Verlässlichkeit des Staatsangehörigkeitsstatus gehört auch die Vorhersehbarkeit eines Verlusts und damit ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Bereich der staatsangehörigkeitsrechtlichen Verlustregelungen (BVerfGE 116, 24 <45>).
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Erfolgte die Anerkennung einer nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB anfechtbaren Vaterschaft vor Inkrafttreten des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB, konnten die Eltern nicht wissen, dass sie mit dieser Vaterschaftsanerkennung zugleich die Voraussetzung des späteren Verlusts schaffen, weil es die Möglichkeit der Behördenanfechtung zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab. Die betroffenen Eltern durften bis zur Einführung der Behördenanfechtung davon ausgehen, dass die Vaterschaftsanerkennung unabhängig vom damit verfolgten Zweck wirksam war und die Grundlage für den Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes bildete. Die Vaterschaftsanerkennung schafft eine vollgültige, mit allen Rechten und Pflichten verbundene Vaterschaft, auch wenn weder ein biologisches Abstammungsverhältnis noch eine sozial-familiäre Beziehung zwischen anerkennendem Vater und Kind existieren. Erst mit dem Inkrafttreten von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB konnte die zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken erfolgende Vaterschaftsanerkennung angefochten und damit die deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend zum Wegfall gebracht werden. Erst seitdem können die Eltern durch Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung den späteren Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes durch Behördenanfechtung bewusst verhindern. Bis dahin mussten sie hingegen nicht mit einer Vaterschaftsanfechtung durch die Behörde rechnen.
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bb) Ob Art. 229 § 16 EGBGB gegen das Rückwirkungsverbot verstößt, bedarf darüber hinaus keiner Entscheidung.
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d) Soweit die Behördenanfechtung Vaterschaftsanerkennungen betrifft, die nach Inkrafttreten der zu überprüfenden Normen erfolgten, waren die Anfechtung und der dadurch vermittelte Staatsangehörigkeitsverlust zwar vorhersehbar und konnten von den Eltern durch den Verzicht auf Vaterschaftsanerkennung beeinflusst werden. Einen Staatsangehörigkeitsverlust durch den Verzicht auf eine behördlich anfechtbare Vaterschaftsanerkennung zu beeinflussen, ist jedoch nicht ohne Weiteres zumutbar.
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Der Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung ist nur dann zumutbar, wenn die Vaterschaftsanerkennung gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielt (aa). Die in § 1600 Abs. 3 und Abs. 4 BGB geregelten Anfechtungsvoraussetzungen sind jedoch so weit formuliert, dass sie nicht hinreichend genau allein solche Vaterschaftsanerkennungen erfassen (bb). Der Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung ist den Betroffenen in diesen Fällen auch nicht deshalb zuzumuten, weil dem Gesetzgeber keine andere Möglichkeit der Regelung der Behördenanfechtung zur Verfügung stünde und das Interesse an der Behördenanfechtung eindeutig die Interessen derjenigen überwöge, die auf eine, nicht der Umgehung gesetzlicher Aufenthaltsvoraussetzungen dienende, anfechtbare Vaterschaftsanerkennung verzichten müssten (cc).
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aa) Der Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung ist nur dann zumutbar, wenn die Vaterschaftsanerkennung gerade auf die Erlangung eines besseren Aufenthaltsstatus unter Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen zielt. Andernfalls kann den Eltern ein Verzicht nicht zugemutet werden, weil ihnen damit eine Form familienrechtlicher Statusbegründung genommen würde, die allen anderen Paaren in gleicher Lage ohne Weiteres offen steht.
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(1) Nach dem Recht der Vaterschaftsanerkennung ist diese für ein rechtlich vaterloses Kind mit Zustimmung der Mutter unabhängig von der biologischen Vaterschaft ohne jede weitere Voraussetzung möglich. Der Gesetzgeber hat die Vaterschaftsanerkennung der autonomen Entscheidung der Eltern überlassen und hat gerade dies bei der Einführung von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nochmals bekräftigt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 1 und 11). Er hat darauf verzichtet, die Gründe für eine konkrete Anerkennung zu erforschen oder zu reglementieren. Die Betroffenen können eine Vaterschaft durch Anerkennung aus beliebigen Motiven herbeiführen; das gilt auch dann, wenn sie damit rechnen oder sogar wissen, dass der Anerkennende nicht biologischer Vater des Kindes ist. Die Regelung statuiert keine rechtliche Erwartung, auf bestimmte Vaterschaftsanerkennungen zu verzichten.
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(2) Demgegenüber verlangt die hier zur Prüfung gestellte Regelung den Betroffenen ab, unter den Voraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB auf eine Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, wenn sie nicht später den anfechtungsbedingten Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes riskieren wollen. Betroffen sind nur binationale und ausländische Paare, von denen mindestens ein Elternteil keinen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzt, weil die Anfechtung nach § 1600 Abs. 3 BGB erfordert, dass durch die Vaterschaftsanerkennung objektiv aufenthaltsrechtliche Vorteile geschaffen werden.
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(3) Es ist den Betroffenen nicht ohne Weiteres zumutbar, auf eine allen anderen Paaren offenstehende Vaterschaftsanerkennung nur deshalb zu verzichten, weil ein Elternteil weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch einen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzt.
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(a) Zumutbar ist allerdings, unter den in § 1600 Abs. 3 BGB genannten Voraussetzungen auf eine Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, soweit diese gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielt. Wollen die Mutter und der Anerkennungswillige mit der Vaterschaftsanerkennung gerade die Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils schaffen, bedienen sie sich des familienrechtlichen Instruments der Vaterschaftsanerkennung, um aufenthaltsrechtliche Vorteile herbeizuführen, die das Aufenthaltsrecht an und für sich nicht gewährt. Dass § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nun diesen fachrechtlich nicht vorgesehenen Weg, Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsrecht zu erwerben, beschränkt, dient der Verwirklichung der Steuerungsziele des Staatsangehörigkeits- und des Aufenthaltsrechts. Auf eine Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, die gerade darauf zielt, aufenthaltsrechtliche Vorteile zu erlangen, die das einschlägige Fachrecht zulässigerweise nicht gewährt, ist zumutbar, zumal die in diesem Fall schwachen familiären Interessen an der Vaterschaft das Anfechtungsinteresse nicht überwinden könnten.
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(b) Erfolgt die Vaterschaftsanerkennung hingegen nicht gezielt gerade zur Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts, rechtfertigen es das staatsangehörigkeits- und das aufenthaltsrechtliche Gesetzesziel der Regelungen zur Behördenanfechtung nicht, den Betroffenen zuzumuten, auf die vom Gesetzgeber ansonsten ohne Ansehung der Motive eingeräumte Möglichkeit der Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, die allen anderen Paaren in genau gleicher Lage offensteht.
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bb) Kann demnach der Verlust der Staatsangehörigkeit nur dann als rechtfertigungsfähiger Verlust, nicht aber als strikt verbotene Entziehung angesehen werden, wenn die Vaterschaftsanerkennung gerade auf die Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts zielt, muss die Möglichkeit der Behördenanfechtung auf die Fälle spezifisch aufenthaltsrechtlich motivierter Vaterschaftsanerkennungen begrenzt bleiben. Diese Begrenzung vermögen die vom Gesetzgeber gewählten Anfechtungsvoraussetzungen nicht hinreichend zuverlässig zu leisten.
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(1) Zwar darf sich der Gesetzgeber bei der Statuierung der Voraussetzungen für die behördliche Anfechtung einer gerade aufenthaltsrechtlich motivierten Vaterschaft aus Praktikabilitätsgründen objektiver Merkmale bedienen, die eine entsprechende subjektive Motivlage beispielhaft und widerlegbar indizieren können. Objektive Anhaltspunkte könnten neben einem Geständnis der Eltern etwa sein, dass der anerkennende Vater bereits mehrfach Kinder verschiedener ausländischer Mütter anerkannt hat oder dass eine Geldzahlung anlässlich der Vaterschaftsanerkennung bekannt wird (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 16).
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(2) Die objektiv gefassten Anfechtungsvoraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen jedoch nicht.
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(a) Nach § 1600 Abs. 3 BGB setzt die Behördenanfechtung voraus, dass zwischen Kind und Anerkennendem nicht zu bestimmten Zeitpunkten eine sozial-familiäre Beziehung besteht oder bestanden hat und dass durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt geschaffen werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat das Gericht im Falle fehlender biologischer Vaterschaft das Nichtbestehen der Vaterschaft festzustellen, ohne dass es weitere Belege dafür verlangen müsste oder auch nur dürfte, dass die Vaterschaftsanerkennung tatsächlich gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielte. Dies wird beim Fehlen einer sozial-familiären Beziehung vielmehr unwiderlegbar unterstellt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 14).
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(b) Die objektiv formulierten Voraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB sind als Anhaltspunkte für eine spezifisch aufenthaltsrechtlich motivierte Vaterschaftsanerkennung nicht hinreichend aussagekräftig.
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(aa) Die Voraussetzung der Schaffung von Einreise- oder Aufenthaltsvoraussetzungen ist für sich genommen nicht zu einer den Anforderungen von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG genügenden Eingrenzung der Anfechtungsfälle geeignet, weil sie alle Fälle der Vaterschaftsanerkennung einbezieht, in denen die Mutter einen ungesicherten Aufenthaltsstatus hatte. Dass die Vaterschaftsanerkennung in diesen Fällen generell gerade zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken erfolgt, ist weder im Gesetzgebungsverfahren dargelegt worden noch sind dafür sonst Anhaltspunkte erkennbar.
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(bb) Auch das Fehleneiner sozial-familiären Beziehung zwischen Vater und Kind ist kein zuverlässiger Indikator dafür, dass eine, den Aufenthaltsstatus der Beteiligten objektiv verbessernde, Vaterschaftsanerkennung gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile zielt. Nach § 1600 Abs. 4 BGB besteht eine sozial-familiäre Beziehung, wenn der Vater zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat, was in der Regel der Fall ist, wenn der Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. Die erste Alternative scheidet hier schon deshalb aus, weil die Eltern in Fällen der Vaterschaftsanerkennung in aller Regel nicht miteinander verheiratet sind. Die zweite Alternative fasst die sozial-familiäre Beziehung zu eng, als dass deren Fehlen bereits die aufenthaltsrechtliche Motivlage indizieren könnte (vgl. Löhning, FamRZ 2008, S. 1130 <1131>; Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>; Grün, FuR 2007, S. 12 <13>; Helms, StAZ 2007, S. 69 <73>). Das Erfordernis einer häuslichen Gemeinschaft ist streng und geht deutlich über das Maß an sozialen Vater-Kind-Kontakten hinaus, das ansonsten zwischen nichtehelichen Kindern und ihren Vätern praktisch üblich ist. So kam eine im Gesetzgebungsverfahren zum Kindschaftsrechts-Reformgesetz von 1998 in Auftrag gegebene Untersuchung zur Lebenslage nichtehelicher Kinder zu dem Ergebnis, dass nur knapp ein Viertel aller unverheirateten Eltern in einer häuslichen Gemeinschaft lebten; demgegenüber lebten etwa drei Viertel aller Väter nichtehelicher Kinder nicht mit diesen im selben Haushalt (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 50). Das Fehlen einer häuslichen Gemeinschaft ist damit kein zuverlässiger Indikator einer gerade aufenthaltsrechtlich motivierten Vaterschaftsanerkennung (vgl. Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>).
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Dabei wird nicht verkannt, dass in Fallkonstellationen, in denen keine häusliche Gemeinschaft zwischen Vater und Kind begründet wird, Vaterschaftsanerkennungen zu einem gewissen Anteil tatsächlich gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile zielen werden. Gleichwohl eröffnet der generalisierende Schluss vom Fehlen häuslicher Gemeinschaft auf die aufenthaltsrechtliche Motivlage zu weitgehende Anfechtungsmöglichkeiten, die durch Verzicht auf die Vaterschaftsanerkennung zu vermeiden den Betroffenen nicht zuzumuten ist (s.u., cc)).
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(3) Freilich könnte § 1600 Abs. 4 Satz 2 BGB als nicht abschließende Aufzählung von Beispielen verstanden werden. Dann wäre davon auszugehen, dass auch in anderen als den dort genannten Fällen der Ehe und der häuslichen Gemeinschaft eine tatsächliche Verantwortungsübernahme - und damit eine sozial-familiäre Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 3 BGB - vorliegen kann. Der Schutz der durch Anerkennung begründeten rechtlichen Vater-Kind-Beziehung vor behördlicher Anfechtung reichte dann weiter.
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Dem Wortlaut ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Regelvermutungen die denkbaren Fälle einer sozial-familiären Gemeinschaft abschließend bezeichnen oder lediglich als Beispiele gedacht sind. Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte die Aufzählung nicht abschließend sein. Dort heißt es, neben dem gesetzlichen Regelfall der häuslichen Gemeinschaft könne der Vater tatsächliche Verantwortung auch übernehmen, indem er "typische Elternrechte und -pflichten" wahrnimmt, etwa regelmäßigen Umgang mit dem Kind, Betreuung und Erziehung des Kindes oder die Leistung von Unterhalt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 13). Darüber hinaus verweist die Begründung des Regierungsentwurfs in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Oktober 2005 - 2 BvR 1001/04 -, FamRZ 2006, S. 187 <188>), in der festgestellt wurde, eine verantwortungsvoll gelebte Eltern-Kind-Gemeinschaft lasse sich nicht allein quantitativ etwa nach Daten und Uhrzeiten des persönlichen Kontakts oder genauem Inhalt der einzelnen Betreuungshandlungen bestimmen. Die Entwicklung eines Kindes werde nicht nur durch quantifizierbare Betreuungsbeiträge der Eltern, sondern auch durch die geistige und emotionale Auseinandersetzung geprägt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 13 f.).
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Auch im Fachschrifttum wird im Rahmen der Behördenanfechtung eine weite Auslegung des negativen Tatbestandsmerkmals der sozial-familiären Beziehung befürwortet, weil es allein darum gehe, die Missbrauchsfälle herauszufiltern (vgl. Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 8, 6. Aufl. 2012, § 1600 Rn. 21; Löhning, FamRZ 2008, S. 1130 <1131>; Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>). An einer sozial-familiären Beziehung fehle es nicht automatisch dann schon, wenn keine persönlichen Kontakte zwischen dem Anerkennenden und dem Kind bestünden. Ein Mangel an persönlichem Kontakt könne durchaus auf Umständen beruhen, auf die der Anerkennende keinen Einfluss habe, so etwa wenn tatsächliche Umstände (z.B. eine große räumliche Distanz zwischen Kind und Anerkennendem, Erkrankungen des Anerkennenden oder des Kindes oder die Verbüßung einer Strafhaft) das persönliche Zusammentreffen nicht möglich machten (vgl. Grün, FuR 2007, S. 12 f.; ders., FPR 2011, S. 382 <383 f.>).
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(4) Die verfassungsrechtlichen Defizite der Norm lassen sich jedoch angesichts der Gesetzessystematik nicht durch Auslegung beheben.
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Die sozial-familiäre Beziehung ist zugleich negatives Tatbestandsmerkmal der bereits im Jahr 2004 eingeführten Vaterschaftsanfechtung durch den biologischen Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Gesetzgeber hatte bei der Regelung der Anfechtung durch den biologischen Vater mit der Aufnahme dieses Negativmerkmals (§ 1600 Abs. 2 BGB) im Wesentlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der bestehenden rechtlichen Familie umgesetzt (vgl. BVerfGE 108, 82). Für die Behördenanfechtung wurde das Kriterium später in diesen anderen Zusammenhang schlicht übernommen (§ 1600 Abs. 3 BGB). Die sozial-familiäre Beziehung ist dabei für beide Anfechtungskonstellationen einheitlich in § 1600 Abs. 4 BGB definiert. Die Doppelfunktion des negativen Tatbestandsmerkmals der sozial-familiären Beziehung lässt es hier im Ergebnis nicht zu, dieses Tatbestandsmerkmal im Zusammenhang mit der Behördenanfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB den Erfordernissen des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG gemäß weit auszulegen, weil dasselbe Tatbestandsmerkmal im Rahmen der Anfechtung durch den mutmaßlichen biologischen Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB) aus verfassungsrechtlichen Gründen eng auszulegen ist.
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Das negative Tatbestandsmerkmal der sozial-familiären Beziehung steht in den beiden Anfechtungskonstellationen in unterschiedlichem Kontext und hat bei der Anfechtung durch den biologischen Vater eine völlig andere Funktion als bei der Anfechtung durch die Behörde (vgl. van Els, FPR 2011, S. 380 <381>; Löhning, FamRZ 2008, S. 1130 <1131>; Grün, FuR 2007, S. 12 <13>; Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>; Helms, StAZ 2007, S. 69 <72 f.>).
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Bei der Anfechtung durch den biologischen Vater soll die bestehende Vaterschaft des rechtlichen Vaters durch die des biologischen Vaters ersetzt werden. Das Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung zum rechtlichen Vater dient im Interesse des Kindes dem Schutz der bestehenden sozialen Familie (vgl. BVerfGE 108, 82 <109 f.>). Der Schutzbedarf ist jedoch begrenzt, weil das Kind nicht vaterlos wird, sondern den biologischen Vater als rechtlichen Vater erhält, woran das Kind ein eigenes Interesse hat, das das Interesse an der Erhaltung der rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung zum bisherigen Vater überwiegen kann. Um die Anfechtung nicht übermäßig zu erschweren, ist mit der sozial-familiären Beziehung ein negatives Tatbestandsmerkmal gewählt, das der Anfechtung durch den biologischen Vater Raum gewährt und diese nur dann scheitern lässt, wenn Kind und rechtlicher Vater tatsächlich gemeinsam ein soziales Familienleben führen, welches durch die rechtliche Neuordnung der Vaterschaft gestört würde. Bei der Behördenanfechtung hingegen soll eine rechtliche Vater-Kind-Zuordnung im öffentlichen Interesse aufgehoben werden, ohne dass für die Feststellung einer neuen, biologisch zutreffenden Vaterschaft Sorge getragen wäre. Die Anfechtung dient - anders als im Fall der Anfechtung durch den biologischen Vater - nicht dem Schutz der Grundrechte der Betroffenen, sondern der Durchsetzung staatsangehörigkeits- und aufenthaltsrechtlicher Steuerungsziele. Durch die Behördenanfechtung wird weder ein Vater in sein Recht gesetzt noch hat das Kind hierdurch Vorteile. Vielmehr verliert es neben der deutschen Staatsangehörigkeit ersatzlos einen rechtlich vollwertigen Elternteil.
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Demgemäß kommt dem Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung bei der Behördenanfechtung eine andere Funktion zu als bei der Anfechtung durch den biologischen Vater. Während es bei der Anfechtung durch die Behörde vor allem dazu dient, eine gerade aufenthaltsrechtlich motivierte Vaterschaftsanerkennung zu identifizieren, geht es bei der Anfechtung durch den biologischen Vater nur darum, festzustellen, ob der Anfechtung eine verfassungsrechtlich schützenswerte, sozial gehaltvolle Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater entgegensteht.
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Verfassungsrechtlich unzulässig wäre es, das für beide Anfechtungskonstellationen relevante Tatbestandsmerkmal der sozial-familiären Beziehung, das in § 1600 Abs. 4 BGB eine einheitliche Definition erfahren hat, je nach Kontext unterschiedlich auszulegen, indem man es als Voraussetzung der Behördenanfechtung weit interpretierte, ihm aber bei der Anfechtung durch den biologischen Vater eine enge Bedeutung beilegte (kritisch Helms, StAZ 2007, S. 69<73>). Ein und dasselbe, durch eine Norm einheitlich definierte Tatbestandsmerkmal kann hier nicht, je nachdem, mit welcher Anfechtungsnorm es in Verbindung gebracht wird, einmal eng und einmal weit interpretiert werden. Angesichts der erheblichen Grundrechtseingriffe, die mit der Vaterschaftsanfechtung in beiden Fällen verbunden sind, wäre dies unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten der Normverständlichkeit nicht zu akzeptieren.
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cc) Es ist den Betroffenen auch nicht deshalb zuzumuten, bereits im Fall des Fehlens einer sozial-familiären Beziehung im engeren Sinne auf die Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, weil sich das behördliche Anfechtungsrecht mangels äußerer Unterscheidbarkeit gerade aufenthaltsrechtlich motivierter Vaterschaftsanerkennungen von anderen Vaterschaftsanerkennungen nur auf diese Weise durchsetzen ließe und das Interesse an der Vaterschaftsanerkennung hinter dem Anfechtungsinteresse zurücktreten müsste. Es ist nicht ausgeschlossen, treffgenauere Kriterien als das Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung zu verwenden (s.o., bb)(1)). Selbst wenn diese nicht alle Fälle aufenthaltsrechtlich motivierter Vaterschaftsanerkennung vollständig erfassen sollten, wäre das hinnehmbar, zumal eine besondere Dringlichkeit, aufenthaltsrechtlich motivierte Vaterschaftsanerkennungen zu bekämpfen, nicht erkennbar geworden ist.
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So konnte die für den Zeitraum vom 1. April 2003 bis 31. März 2004 erhobene Zahl von 1.694 Aufenthaltstiteln, die an unverheiratete ausländische Mütter eines deutschen Kindes erteilt wurden, die im Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig waren, nach eigener Einschätzung der Bundesregierung "nicht belegen, in wie vielen Fällen es sich tatsächlich um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen handelt" (BTDrucks 16/3291, S. 11). Es ist wahrscheinlich, dass ein ganz erheblicher Anteil der Fälle keine Anfechtungsfälle waren, denn in die Erhebung waren insbesondere auch die Fälle einbezogen, in denen die biologische Vaterschaft oder aber wenigstens eine sozial-familiäre Beziehung zwischen Vater und Kind bestand, mithin reguläre Vaterschaftsanerkennungen, auf die die Behördenanfechtung nicht zielt und die sie auch nicht erfasst.
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Dass sich die Vaterschaftsanerkennung praktisch nicht zum extensiv genutzten Instrument der Aufenthaltssicherung unter Umgehung aufenthaltsrechtlicher Voraussetzungen entwickelt hat, dürfte nicht zuletzt darauf beruhen, dass die anerkennenden Väter ein erhebliches Risiko eingehen, dauerhaft unterhaltsrechtlich belangt zu werden. Die Vaterschaftsanerkennung führt zur rechtlich vollgültigen Vaterschaft. Mit ihr ist auch und gerade im Fall fehlender häuslicher Gemeinschaft eine unter Umständen lang währende Pflicht zur Zahlung von Kindesunterhalt verbunden, die gegebenenfalls staatlich durchsetzbar ist. Mittellosigkeit schützt den Vater allenfalls begrenzt vor dieser Zahlungspflicht. Der Vater eines minderjährigen Kindes ist gemäß § 1601, § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigert unterhaltspflichtig und deshalb verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Unterhalt zahlen zu können. Dies zwingt den Unterhaltspflichtigen zur Übernahme jeder ihm zumutbaren Arbeit, wobei zur Sicherung des Unterhalts minderjähriger Kinder auch Aushilfs- und Gelegenheitsarbeiten zumutbar sind und ein Orts- und Berufswechsel verlangt werden kann. Unterlässt es der Unterhaltsverpflichtete, einer ihm möglichen und zumutbaren Erwerbstätigkeit nachzugehen, werden ihm auch fiktiv erzielbare Einkünfte zugerechnet (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 -, juris, Rn. 20 ff.; stRspr).
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Im Übrigen stehen dem Staat auch jenseits des familiengerichtlichen Unterhaltsverfahrens des unterhaltsberechtigten Kindes Mittel zur Verfügung, die Unterhaltspflichten durchzusetzen und so indirekt Druck gegen eine Praxis aufenthaltsrechtlich motivierter Gefälligkeitsanerkennungen zu entfalten. Die Verletzung der Unterhaltspflicht ist nach § 170 StGB strafbewehrt. Zudem haben die Sozialbehörden im Fall der Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch das Kind Mittel an der Hand, die unterhaltsrechtlichen Folgen einer Vaterschaftsanerkennung spürbar werden zu lassen, indem sie die auf sie übergehenden Unterhaltsforderungen gegenüber dem Anerkennenden durchsetzen.
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4. Die zu überprüfenden Normen verstoßen darüber hinaus gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie genügen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG an einen sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit stellt, weil sie keine Möglichkeit bieten, zu berücksichtigen, ob das Kind staatenlos wird (a), weil es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des Staatsangehörigkeitsverlusts fehlt (b) und weil keine angemessene Fristen- und Altersregelung getroffen wurde, die verhindern könnte, dass auch ältere Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit über einen längeren Zeitraum besessen haben, diese noch verlieren (c).
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a) § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist insofern verfassungswidrig, als dem über die Anfechtung entscheidenden Gericht weder aufgegeben noch ermöglicht ist, Rücksicht darauf zu nehmen, ob das betroffene Kind infolge der Behördenanfechtung staatenlos wird. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG darf der Verlust der Staatsangehörigkeit gegen den Willen der Betroffenen nur dann eintreten, wenn diese dadurch nicht staatenlos werden. Weil der Verlust der Staatsangehörigkeit im Fall der Behördenanfechtung in aller Regel gegen den Willen des betroffenen Kindes eintritt, hätte der Gesetzgeber eine Vorkehrung für den Fall der Staatenlosigkeit treffen müssen. Für eine verfassungskonforme Auslegung bietet der Wortlaut keinen Anknüpfungspunkt.
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aa) Es ist nicht auszuschließen, dass Kinder infolge der Behördenanfechtung staatenlos werden. Welche Auswirkungen der Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit für die weitere Staatsangehörigkeit des Kindes hat, bestimmt sich nach ausländischem Staatsangehörigkeitsrecht. Das deutsche Recht kann Erwerb, Fortbestand oder Wiederaufleben der mütterlich vermittelten ausländischen Staatsangehörigkeit nicht steuern.
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bb) Eine Rechtfertigung der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit kommt nicht in Betracht. Der Wortlaut des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG sieht abgesehen vom Willenskriterium keine weitere Einschränkung des Verbots der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit vor; das Staatenlosigkeitsverbot ist strikt formuliert.
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Zwar wurde eine Inkaufnahme der Staatenlosigkeit im Fall der Rücknahme einer durch bewusst falsche Angaben erwirkten rechtswidrigen Einbürgerung für verfassungsrechtlich zulässig gehalten (vgl. BVerfGE 116, 24 <45 ff.>). Wegen des strikt formulierten Verbots des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG ist jedoch bei einer Weiterung der für den Rücknahmefall angestellten Rechtfertigungsüberlegungen auf andere Konstellationen äußerste Zurückhaltung geboten. In der hier zu beurteilenden Konstellation greifen die zur Rücknahme einer durch Täuschung erschlichenen Einbürgerung angestellten Erwägungen jedenfalls nicht. Dort stand im Zentrum, dass sich die Betroffenen über die Rechtsordnung hinweggesetzt und durch willentliche Täuschung eine rechtswidrige Einbürgerung erreicht haben. Im Fall der Behördenanfechtung liegen die Dinge anders.
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Durch die Vaterschaftsanerkennung haben sich die Eltern weder über die Rechtsordnung hinweggesetzt, noch haben sie irgendjemanden über irgendetwas getäuscht, noch haben sie eine rechtswidrige Entscheidung herbeigeführt. Wegen der geringen Voraussetzungen, die das deutsche Abstammungsrecht an eine Vaterschaftsanerkennung stellt, welche insbesondere keine biologische Vaterschaft erfordert, gibt es nichts, worüber die Eltern täuschen könnten. Von einer rechtlichen Missbilligung des Staatsangehörigkeitserwerbs durch Vaterschaftsanerkennung kann ohnehin allenfalls bei Vaterschaftsanerkennungen die Rede sein, die nach Inkrafttreten von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB erfolgten. Auch dann ist die Bemakelung der durch Vaterschaftsanerkennung erlangten Staatsangehörigkeit jedoch mit einer durch rechtswidriges Verhalten oder Täuschung erschlichenen Einbürgerung nicht vergleichbar und rechtfertigt nicht die Überwindung des Verbots der Herbeiführung von Staatenlosigkeit. In dieser Konstellation setzte sich die deutsche Rechtsordnung durch eine Inkaufnahme der Staatenlosigkeit auch in Widerspruch zu völkerrechtlichen Bestimmungen zur Staatenlosigkeit (Art. 8 Abs. 1 und 2 der Konvention zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. August 1961, BGBl II 1977, S. 598, United Nations, Treaty Series, vol. 989, p. 175; Art. 7 Abs. 3 des Europäischen Übereinkommens über Staatsangehörigkeit vom 6. November 1997, BGBl II 2004, S. 579; BGBl II 2006, S. 1351,United Nations, Treaty Series, vol. 2135, p. 215).
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Vor allem aber treten hier der Verlust der Staatsangehörigkeit und damit gegebenenfalls die Staatenlosigkeit beim Kind ein, das selbst an der Erlangung der Staatsangehörigkeit nicht aktiv beteiligt war. Anders als bei der Abgrenzung von Entziehung und Verlust der Staatsangehörigkeit (s.o., 3.b)bb)) ist es angesichts des klaren Verbots der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit hier nicht möglich, dem Kind ein Verhalten der Eltern zuzurechnen.
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b) Darüber hinaus liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vor. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt zur Legitimierung eines unfreiwilligen Verlusts der Staatsangehörigkeit eine gesetzliche Grundlage (vgl. BVerfGE 116, 24 <52 ff.>). Dabei gebietet Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG, den Verlust der Staatsangehörigkeit so bestimmt zu regeln, dass die für den Einzelnen und für die Gesellschaft gleichermaßen bedeutsame Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit nicht beeinträchtigt wird (vgl. BVerfGE 116, 24 <61>). Dem genügen die Regelungen über die Behördenanfechtung nicht, weil der Umstand, dass die Staatsangehörigkeit infolge der Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft wegfällt, nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist. Damit liegt zugleich ein Verstoß gegen das Zitiergebot vor (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG).
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Die familienrechtlichen Vorschriften zur Behördenanfechtung zielen zwar ersichtlich darauf, die durch Vaterschaftsanerkennung erworbene deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes zu Fall zu bringen, um so die nicht gewollten aufenthaltsrechtlichen Folgen der Vaterschaftsanerkennung zu beseitigen. Jedoch regeln sie die Auswirkungen auf die Staatsangehörigkeit des Kindes nicht ausdrücklich. Auch im Staatsangehörigkeitsrecht findet sich keine gesetzliche Regelung, die den Verlust der Staatsangehörigkeit infolge der die Vaterschaft beendenden Behördenanfechtung anordnet. In der Aufzählung der Verlustgründe (§ 17 Abs. 1 StAG) ist diese Verlustform nicht enthalten. Der Wegfall ergibt sich vielmehr aus der Anwendung zweier ungeschriebener Rechtsregeln, an die § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB unausgesprochen anknüpft. Zugrunde liegen erstens die Annahme der Rückwirkung der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung auf den Zeitpunkt der Geburt und zweitens die Annahme, dass das Staatsangehörigkeitsrecht in vollem Umfang den familienrechtlichen Abstammungsvorschriften folgt, so dass die staatsangehörigkeitsrechtlichen Erwerbsvoraussetzungen einheitlich mit der Vaterschaft rückwirkend entfallen (s.o., A.III.2.). Der Gesetzgeber hat dies vorausgesetzt, jedoch nicht klar erkennbar geregelt.
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Zwar hat die staatsangehörigkeitsrechtliche Folge der behördlichen Vaterschaftsanfechtung im Februar 2009 mittelbar Niederschlag im Gesetz gefunden, indem der Gesetzgeber in § 17 Abs. 2 und 3 StAG für den Staatsangehörigkeitsverlust drittbetroffener Kinder eine Altersgrenze festgesetzt und dabei die Behördenanfechtung ausdrücklich von der Geltung dieser Altersgrenze ausgenommen hat. Diese Bestimmung impliziert, dass die Behördenanfechtung zum Verlust der Staatsangehörigkeit führt. Den strengen Anforderungen, die der Gesetzesvorbehalt an die Regelung der Staatsangehörigkeit stellt, genügt diese nur mittelbare Regelung jedoch nicht.
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c) Die Regelung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie verfolgt zwar einen legitimen Zweck, genügt jedoch nicht den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die Regelung zielt legitimer Weise auf die Effektivierung der gesetzlichen Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts, deren zielgerichtete Umgehung im Wege einer Vaterschaftsanerkennung verhindert werden soll (s.o.,3.d)aa)(3)(a)). Angesichts des Gewichts des Staatsangehörigkeitsverlusts (aa), das mit Alter und Dauer der Inhaberschaft der deutschen Staatsangehörigkeit steigt (bb), und verbleibender Zweifel an der Dringlichkeit des mit der Behördenanfechtung verfolgten Ziels (cc) ist die konkrete Ausgestaltung der Behördenanfechtung jedoch unverhältnismäßig im engeren Sinne, weil es an einer angemessenen Fristen- und Altersregelung fehlt (dd). Das gilt auch für Fälle, in denen die Vaterschaftsanerkennung tatsächlich zur Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts erfolgte. Sofern die Anfechtung Vaterschaftsanerkennungen erfasst, die nicht gerade zum Zweck der Umgehung des Aufenthaltsrechts erfolgten, sind sie ohnehin verfassungswidrig, weil sie gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG verstoßen (s.o., 3.d)).
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aa) Die staatliche Herbeiführung des Staatsangehörigkeitsverlusts ist aus Sicht des betroffenen Kindes ein gravierender Grundrechtseingriff. Die deutsche Staatsangehörigkeit ermöglicht dem Kind den weiteren Verbleib in Deutschland und die gleichberechtigte Teilhabe an Gütern und Rechten und damit die volle Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik. Mit dem Wegfall der Staatsangehörigkeit entschwinden Lebenschancen, auf die sich das Kind je nach Alter eingerichtet hat (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306> m.w.N.). Dabei fällt auch ins Gewicht, dass Kinder von der Behördenanfechtung als Außenstehende betroffen sind, die an dem bemakelten Staatsangehörigkeitserwerb nicht beteiligt waren und darum mit der Vaterschaftsanfechtung die Folgen des Handelns ihrer Eltern tragen müssen.
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bb) Die Belastungswirkung des mit dem Staatsangehörigkeitsverlust durch Behördenanfechtung verbundenen Grundrechtseingriffs nimmt mit dem Alter des betroffenen Kindes und mit der Zeitspanne zu, während der das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit innehatte. Mit dem altersgemäß steigenden Bewusstsein seiner Staatsangehörigkeit wächst das Vertrauen des Kindes auf den Bestand der Staatsangehörigkeit und der mit der deutschen Staatsangehörigkeit verbundenen faktischen und rechtlichen Folgen. Neben dem Alter erhöht auch die Dauer der Inhaberschaft der deutschen Staatsangehörigkeit die Belastungswirkung ihres Entfallens. Je länger sich ein Kind auf ein Leben in Deutschland eingerichtet und sich, insbesondere durch Teilhabe am deutschen Bildungssystem, in die deutsche Gesellschaft integriert hat, umso gravierender ist der mit dem Staatsangehörigkeitsverlust verbundene Grundrechtseingriff (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>).
- 87
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cc) Auf der anderen Seite ist ungeachtet der legitimen Zielsetzung der Behördenanfechtung eine konkrete Dringlichkeit, in Umgehungsabsicht erfolgte Vaterschaftsanerkennungen zu bekämpfen, nicht erkennbar (s.o., 3.d)cc)).
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dd) Wegen der erheblichen Belastungswirkung des Staatsangehörigkeitsverlusts, die mit dem Alter des Kindes und mit der Dauer der Staatsangehörigkeit steigt, sind dem Staatsangehörigkeitsverlust jenseits des relativ frühen Kindesalters zeitliche Grenzen zu setzen. Dass damit nicht jede zu Umgehungszwecken erfolgte Vaterschaftsanerkennung im Wege der Behördenanfechtung rückgängig gemacht werden kann, ist auch angesichts der Zweifel an deren Dringlichkeit hinnehmbar.
- 89
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(1) Dem Vertrauen von Kindern in den Bestand der deutschen Staatsangehörigkeit ist durch spezifische Regelungen Rechnung zu tragen, die die Möglichkeit des Staatsangehörigkeitsverlusts einschränken (vgl. BVerfGE 116, 24 <60>). Dementsprechend hat der Gesetzgeber Altersgrenzen für den Verlust der Staatsangehörigkeit bei Kindern geschaffen. Nach der Regelung in § 17 Abs. 2 und 3 Satz 1 StAG berühren Entscheidungen nach anderen Gesetzen, die den rückwirkenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Dritter zur Folge hätten, nicht die deutsche Staatsangehörigkeit von Kindern, die mindestens fünf Jahre alt sind. Exemplarisch nennt § 17 Abs. 3 StAG die Rücknahme der Einbürgerung oder einer Niederlassungserlaubnis der Eltern sowie die Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft. Zur Begründung führte die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren aus, sie wolle Kinder, die am nachträglichen Wegfall der Erwerbsvoraussetzungen für ihre Staatsangehörigkeit nicht beteiligt sind, gegen einen automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit schützen. Man gehe aber davon aus, dass ein Kind bis zum Alter von fünf Jahren noch kein eigenes Bewusstsein von seiner Staatsangehörigkeit und kein eigenes Vertrauen auf deren Bestand habe (vgl. BTDrucks 16/10528, S. 6 f.).
- 90
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(2) Die damit geschaffene absolute Altersgrenze von fünf Jahren gilt jedoch nach § 17 Abs. 3 Satz 2 StAG nicht für den Wegfall der Staatsangehörigkeit nach einer Behördenanfechtung. Der Gesetzgeber verweist zur Begründung des Verzichts auf ein Alterskriterium bei der Behördenanfechtung auf den seiner Ansicht nach ausreichenden Schutz dieser Kinder durch die in § 1600b Abs. 1a Satz 3 BGB enthaltene Anfechtungsfrist von fünf Jahren nach Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung oder Einreise des Kindes in das Bundesgebiet (vgl. BTDrucks 16/10528, S. 7).
- 91
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Die Staatsangehörigkeit kann jedoch durch Behördenanfechtung auch bei einem älteren Kind verloren gehen, das die deutsche Staatsangehörigkeit über einen langen Zeitraum innehatte. Zwar schließt § 1600b Abs. 1a BGB den Staatsangehörigkeitsverlust bei älteren Kindern in den Fällen aus, in denen eine Vaterschaftsanerkennung in zeitlicher Nähe zur Geburt des Kindes erfolgte. Die Behördenanfechtung trifft gleichwohl auch ältere Kinder. Zum einen ist die Behördenanfechtung auch in Fällen möglich, in denen die Vaterschaftsanerkennung in vorgerücktem Kindesalter erfolgte. Zum anderen wird durch die Ausschlussfrist des § 1600b Abs. 1a Satz 3, 2. Alt. BGB die Behördenanfechtung auch solcher Vaterschaftsanerkennungen ermöglicht, die bereits vor Jahren wirksam wurden, sofern das Kind erst deutlich später in die Bundesrepublik einreist. Aufgrund der langen Anfechtungsfrist von fünf Jahren trifft die Behördenanfechtung zudem auch (ältere) Kinder, die bereits seit vielen Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit innehatten und demgemäß als Deutsche gelebt haben. Es kommt hinzu, dass die Fünfjahresfrist auf die Anfechtung bezogen ist und nicht auf die Rechtskraft des das Nichtbestehen der Vaterschaft feststellenden Urteils, die nochmals Jahre später eintreten kann.
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(3) Soweit die Behördenanfechtung wegen der altersunabhängigen Fünfjahresfrist ältere Kinder trifft, deren Staatsangehörigkeitserwerb möglicherweise schon viele Jahre zurückliegt, so dass sie bereits ein Bewusstsein für ihre Staatsangehörigkeit und die damit verbundenen Folgen entwickelt haben und in für die Entfaltung ihrer Persönlichkeit entscheidenden Jahren davon ausgingen, deutsche Staatsangehörige zu sein, ist die Regelung übermäßig hart, zumal die betroffenen Kinder zur Bemakelung ihres Staatsangehörigkeitserwerbs nicht selbst beigetragen haben. Nach der Einschätzung und Wertung des Gesetzgebers setzt das Bewusstsein für die eigene Staatsangehörigkeit bei Kindern ein, die älter sind als fünf Jahre. Verfassungsrechtlich ist auch für die Behördenanfechtung für Kinder, die älter als fünf Jahre sind, eine deutliche Verkürzung der Anfechtungsfrist geboten.
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II.
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Die Regelungen über die Behördenanfechtung verstoßen gegen das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Elternrecht.
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1. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG schützt als Grundlage und Kern des Elternrechts auch den Bestand der Elternschaft. Die Behördenanfechtung betrifft das Bestandsinteresse des Vaters wie auch das ebenfalls geschützte (vgl. BVerfGE 38, 241 <252>) Interesse der Mutter am Fortbestand einer zuvor willentlich begründeten gemeinsamen Elternschaft.
- 95
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Eine verfassungsrechtlich geschützte Elternschaft besteht auch dann, wenn die Vaterschaft durch Anerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB begründet wurde und der Anerkennende - wie in § 1600 Abs. 3 BGB vorausgesetzt - weder der biologische Vater des Kindes ist noch eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind begründet hat. Die durch Vaterschaftsanerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB erlangte Vaterstellung macht den anerkennenden Mann unabhängig von den biologischen Abstammungsverhältnissen zugleich zum Träger des verfassungsrechtlichen Elternrechts des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, ohne dass es auf die Begründung einer sozial-familiären Beziehung ankäme. Freilich hängt die Intensität des durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Schutzes davon ab, ob die rechtliche Vaterschaft auch sozial gelebt wird.
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2. Die Behördenanfechtung beendet die rechtliche Vaterschaft rückwirkend gegen den Willen der Familienmitglieder (s.o., A.III.2.) und greift so in das Bestandsinteresse beider Eltern ein.
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3. Der Eingriff ist nicht zu rechtfertigen, weil er unverhältnismäßig ist.
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a) Das Elterngrundrecht enthält keinen allgemeinen Gesetzesvorbehalt. Eine Beschränkung des Elterngrundrechts kann indessen aufgrund verfassungsimmanenter Schranken erfolgen. Die Behördenanfechtung dient der Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Steuerungszwecke und verfolgt damit ein legitimes Ziel (s.o., I.3.d)aa)(3)(a)), das eine verfassungsimmanente Schranke des Elterngrundrechts bildet. Zwar erteilt das Grundgesetz dem Gesetzgeber nicht ausdrücklich den Auftrag, den Zuzug ausländischer Staatsangehöriger zu regeln. Die Eröffnung beziehungsweise Verwehrung von Zuzugsmöglichkeiten berührt das Gemeinwesen jedoch im Kern und bedarf darum rechtlicher Steuerung.
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b) Zielte die Vaterschaftsanerkennung gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile, ist die Schutzwürdigkeit der Elternposition gering. Der Eingriff durch eine behördliche Anfechtung ist insoweit angesichts ihrer legitimen Zwecksetzung verhältnismäßig. Soweit die Behördenanfechtung hingegen nach den zu breit formulierten Voraussetzungen des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB Vaterschaften erfasst, die nicht zur Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts anerkannt wurden (s.o., I.3.d)bb)), ist sie nicht vom Gesetzeszweck getragen und ist darum im Hinblick auf das Elterngrundrecht unverhältnismäßig.
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III.
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Die überprüften Regelungen verstoßen gegen das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht des Kindes auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung.
- 101
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1. Kinder, denen ein eigenes Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zukommt (Art. 2 Abs. 1 GG), bedürfen des Schutzes und der Hilfe, um sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten innerhalb der sozialen Gemeinschaft entwickeln zu können. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verleiht dem Kind darum ein Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 19. Februar 2013 - 1 BvL 1/11 und 1 BvR 31 BvR 3247/09 -, juris, Rn. 41 ff.) und schützt Kinder zugleich dagegen, durch staatliche Maßnahmen von der spezifisch elterlichen Hinwendung abgeschnitten zu werden.
- 102
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2. Ist die behördliche Anfechtungsklage erfolgreich, entfällt rückwirkend auf den Tag der Geburt des Kindes die bisherige Vaterschaftszuordnung. Dem Kind wird mit der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtungsklage durch eine staatliche Behörde der rechtliche Vater genommen. Dies greift in das Recht des Kindes auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung ein.
- 103
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3. Der Eingriff in das Recht des Kindes ist unverhältnismäßig, sofern die Behördenanfechtung Vaterschaftsanerkennungen betrifft, die nicht zur Umgehung des Aufenthaltsrechts erfolgt sind (s.o., I.3.d)bb)). Wurde die Vaterschaftsanerkennung hingegen allein zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken vorgenommen, ist der soziale Gehalt der Vaterschaft für das Kind typischerweise nicht hoch. Dass der Gesetzgeber demgegenüber dem Interesse an der Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Zielsetzungen den Vorrang gegeben hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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IV.
- 104
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Ein - nur in Teilen durch verfassungskonforme Auslegung zu vermeidender - Verstoß gegen das allgemeine Familiengrundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG liegt vor, weil die Regelung ein tatsächlich bestehendes Familienleben im Rahmen des Anfechtungsverfahrens nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB unnötig mit behördlichen und gerichtlichen Ausforschungen belastet.
- 105
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1. Belastungen resultieren aus der Abstammungsklärung. Die erfolgreiche Behördenanfechtung setzt wie alle anderen Formen der Vaterschaftsanfechtung voraus, dass der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, nicht der biologische Vater des Kindes ist. Daher muss die Abstammung des Kindes im Rahmen des Anfechtungsverfahrens geklärt werden. Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass diese Abstammungsklärung erst dann erfolgen dürfte, wenn sichergestellt ist, dass die sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen. Eltern und Kinder könnten sich der Abstammungsklärung folglich auch dann unterziehen müssen, wenn die Behördenanfechtung schließlich an den sonstigen Voraussetzungen scheitert. Obwohl die Behördenanfechtung dann im Ergebnis wegen des Bestehens einer sozial-familiären Beziehung erfolglos bleibt, greift bereits die Abstammungsklärung an sich in das Recht des Kindes und der Eltern aus Art. 6 Abs. 1 GG ein. Denn falls eine sozial-familiäre Beziehung zum Vater besteht, belastet die Durchführung des familiengerichtlichen Anfechtungsverfahrens, in dem die gesamte familiäre Situation einer staatlichen Prüfung unterzogen und die biologische Vaterschaft in Frage gestellt wird, die soziale Beziehung zwischen den Betroffenen. Die Belastung ist besonders groß, wenn sich bei der Abstammungsklärung herausstellt, dass der rechtliche Vater trotz sozial-familiärer Beziehung nicht biologischer Vater des Kindes ist (vgl. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, August 2005, S. 378).
- 106
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Insoweit stehen die vorgelegten Regelungen einer verfassungskonformen Anwendung jedoch nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat nicht geregelt, in welcher Reihenfolge das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen zu klären ist. Wegen der familiären Auswirkungen der Abstammungsklärung kann es zur Vermeidung unnötiger Eingriffe in das Familiengrundrecht geboten sein, die Abstammungsklärung erst dann herbeizuführen, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt ist, dass die sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen. Ist hingegen absehbar, dass die Klärung der sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen für die Betroffenen - etwa wegen der Breitenwirkung der dafür erforderlichen Ermittlungen - ungleich belastender ist, kann es umgekehrt geboten sein, zuerst die Abstammungsklärung vorzunehmen. Die Regelungen zur Behördenanfechtung lassen die Berücksichtigung dieser verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte zu.
- 107
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2. Indessen setzt die Beeinträchtigung des Familienlebens durch die mit einem Anfechtungsverfahren verbundene Ausforschung nicht erst mit der gerichtlichen Abstammungsklärung ein. Vielmehr belasten schon die vorausgehenden behördlichen Ermittlungen die sozialen Beziehungen der Familie, weil sie die Beteiligten bereits mit dem Verdacht des fehlenden biologischen Abstammungsverhältnisses zwischen Vater und Kind und mit der Gefahr einer Auflösung der rechtlichen Vater-Kind-Beziehung konfrontieren und weil sie unter Umständen Details des Familienlebens ausleuchten und damit dessen unbeschwerte Fortführung hemmen. Die behördlichen Ermittlungen nehmen den Beteiligten Gewissheit und Vertrauen in ihre familiären Beziehungen, indem sie deren tatsächliche und rechtliche Grundlagen in Frage stellen. Dies kann selbst dann der Fall sein, wenn zwischen Vater und Kind keine sozial-familiäre Beziehung besteht, denn die behördliche Infragestellung der Vaterschaft belastet auch die familiäre Beziehung zwischen Mutter und Kind.
- 108
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Die Belastungen sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt, sofern die Maßnahmen der Anfechtung einer gerade aufenthaltsrechtlich motivierten Vaterschaftsanerkennung dienen. Grundsätzlich ist auch hinzunehmen, dass in die behördlichen Ermittlungen Familien einbezogen werden, bei denen die behördlichen Aufklärungen am Ende ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Vaterschaftsanfechtung nicht vorliegen. Eben dies kann sich unter Umständen erst durch behördliche Nachforschung erweisen.
- 109
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Verfassungsrechtlich nicht hinzunehmen ist jedoch, dass die in § 1600 Abs. 4 BGB unnötig weit gefassten Anfechtungsvoraussetzungen nicht verheiratete, ausländische oder binationale Elternpaare, die keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, generell dem Verdacht aussetzen, die Vaterschaftsanerkennung allein aus aufenthaltsrechtlichen Gründen vorgenommen zu haben und deren Familienleben damit ohne Weiteres mit behördlichen Nachforschungen belasten (vgl. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, August 2005, S. 378). Auch wegen Art. 6 Abs. 1 GG wäre insoweit eine präzisere Fassung der Anfechtungsvoraussetzungen verfassungsrechtlich geboten.
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V.
- 110
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Die Regelungen verstoßen nicht gegen Art. 6 Abs. 5 GG.
- 111
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Art. 6 Abs. 5 GG setzt als Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes und als Schutznorm zugunsten nichtehelicher Kinder der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit Grenzen (vgl. BVerfGE 84, 168 <184 f.>). Auch eine mittelbare Schlechterstellung nichtehelicher Kinder im Verhältnis zu ehelichen Kindern ist durch Art. 6 Abs. 5 GG verboten (vgl. BVerfGE 118, 45 <62> m.w.N.). Eine ungleiche Behandlung nichtehelicher Kinder, die sich als Benachteiligung gegenüber ehelichen Kindern auswirkt, bedarf stets einer überzeugenden Begründung (vgl. BVerfGE 84, 168 <185>).
- 112
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Die Behördenanfechtung kann nur bei nichtehelichen Kindern zur Anwendung kommen und benachteiligt diese daher mittelbar (1.). Dies lässt sich jedoch rechtfertigen (2.).
- 113
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1. Die Regelungen über die Behördenanfechtung bewirken mittelbar eine Benachteiligung nichtehelicher Kinder. Der Gesetzgeber hat die rechtliche Vaterschaft kraft Anerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB), nicht aber die rechtliche Vaterschaft kraft Ehe (§ 1592 Nr. 1 BGB) behördlicher Anfechtung unterworfen, obwohl auch im Fall der auf Ehe beruhenden Vaterschaft eine lediglich rechtliche Vaterschaft ohne biologische Abstammungsbeziehung vorliegen kann, die unter Umständen - ähnlich wie die Vaterschaftsanerkennung - einen besseren Aufenthaltsstatus vermittelt. Die Behördenanfechtung im Fall der Vaterschaftsanerkennung knüpft zwar nicht an das Merkmal der Nichtehelichkeit des Kindes an. Praktisch trifft sie jedoch gerade die nichtehelichen Kinder und führt so zu einer (mittelbaren) Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder rechtlicher Väter gegenüber ehelichen Kindern von rechtlichen Vätern. Zwar sieht das Gesetz in § 1314 Abs. 2 Nr. 5, § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Möglichkeit eines behördlichen Antrags auf Aufhebung einer zu Aufenthaltszwecken geschlossenen Ehe vor. Die Aufhebung der Ehe führt jedoch nicht zur Beendigung der Vaterschaft eines in der Ehe geborenen Kindes, obwohl das Kind auch hier - wie im Fall der Behördenanfechtung - dem ausländischen Elternteil weiterhin über § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG einen besseren Aufenthaltsstatus vermitteln kann. Eine Anfechtung der durch eine zu Aufenthaltszwecken geschlossenen Ehe begründeten Vaterschaft sieht das Gesetz nicht vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Ehe gemäß § 1313, § 1314 Abs. 2 Nr. 5, § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB aufgehoben wurde.
- 114
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2. Die Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder, deren rechtliches Verhältnis zum Vater auf Anerkennung beruht (§ 1592 Nr. 2 BGB) und ehelicher Kinder, deren rechtliches Verhältnis zum Vater auf der Ehe der Mutter beruht (§ 1592 Nr. 1 BGB), ist gerechtfertigt.
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Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gezwungen, behördliches Einschreiten in allen Konstellationen allein rechtlicher Vater-Kind-Beziehungen anzuordnen, die den Beteiligten aufenthaltsrechtliche Vorteile bringen. Vielmehr steht ihm ein politischer Spielraum zu, sich auf Konstellationen zu beschränken, in denen er besonderen Handlungsbedarf sieht. Offenbar hat der Gesetzgeber den Handlungsbedarf bei einer durch Aufenthaltsehe begründeten Vaterschaft für geringer gehalten als bei auf Anerkennung beruhender Vaterschaft. Dabei ist der Gesetzgeber auch bezüglich aufenthaltsrechtlich motivierter Ehen nicht untätig geblieben, sondern hat, wie gesehen, die Aufenthaltsehe behördlicher Aufhebung unterworfen. Freilich hat er darauf verzichtet, auch die durch diese aufgehobene Ehe vermittelte Vaterschaft für Kinder des ausländischen Elternteils der Anfechtung zu unterwerfen.
- 116
-
Dass der Gesetzgeber sich darauf konzentriert hat, die Aufhebung der Aufenthaltsehe zu ermöglichen, nicht aber dadurch etwa vermittelte Vaterschaften aufheben wollte, ist hinreichend plausibel und darum verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die auf einer Ehe beruhende Vaterschaft hat im Vergleich zur durch Anerkennung begründeten Vaterschaft quantitativ ein deutlich geringeres Potenzial, anderen Personen einen besseren Aufenthaltsstatus zu vermitteln: Ein Mann kann in Deutschland gleichzeitig nur mit einer Frau die Ehe eingehen; er kann aber jederzeit für zahlreiche Kinder die Vaterschaft anerkennen. Zudem kann im Wege der Ehe nur künftig auf die Welt kommenden Kindern die Vaterschaft vermittelt werden, wohingegen die Anerkennung der Vaterschaft auch für früher geborene Kinder möglich ist. Ein einzelner Mann kann darum mittels Vaterschaftsanerkennung sehr viel mehr Personen zu einer aufenthaltsrechtlich vorteilhaften Position verhelfen als ihm durch Eingehung einer Ehe möglich wäre.
(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:
- 1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht, - 2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, - 3.
die Mutter und - 4.
das Kind.
(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.
(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.
(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
-
§ 1600 Absatz 1 Nummer 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 313) und Artikel 229 § 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 313) verstoßen gegen Artikel 16 Absatz 1, gegen Artikel 6 Absatz 2 Satz 1, gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 und gegen Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.
Gründe
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A.
- 1
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Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Regeln zur sogenannten Behördenanfechtung, welche die Vaterschaft und die durch Vaterschaftsanerkennung begründete deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes rückwirkend entfallen lässt, mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
-
I.
- 2
-
1. Das in § 1600 ff. BGB geregelte Recht der Vaterschaftsanfechtung wurde im Jahr 2008 um die hier zu überprüfenden Regeln zur Behördenanfechtung ergänzt. Hintergrund war der Eindruck des Gesetzgebers, dass das im Familienrecht gezielt voraussetzungsarm ausgestaltete Instrument der Vaterschaftsanerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB) in bestimmten Konstellationen zur Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts genutzt wird. Die Regelungen der Vaterschaftsanerkennung lassen es zu, die Vaterschaft für ein ausländisches Kind anzuerkennen, um beim Kind den automatischen Abstammungserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 oder 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (im Folgenden: StAG) herbeizuführen und so mittels Familiennachzugs nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Aufenthaltsgesetzes (Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet, im Folgenden: AufenthG) ein Aufenthaltsrecht des ausländischen Elternteils zu begründen oder zu stärken (vgl. BTDrucks 16/3291, insbesondere S. 1 f., 9 und 11).
- 3
-
2. a) Die Anfechtungsberechtigung der Behörde und die materiellen Anfechtungsvoraussetzungen sind in § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 und 4 BGB geregelt:
-
(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:
-
[…]
-
5. die zuständige Behörde (anfechtungsberechtigte Behörde) in den Fällen des § 1592 Nr. 2.
-
(3) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 5 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat und durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils geschaffen werden.
-
(4) Eine sozial-familiäre Beziehung nach den Absätzen 2 und 3 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.
- 5
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b) Die Anfechtungsfristen und der Beginn der Anfechtungsfrist sind in § 1600b BGB geregelt:
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(1) Die Vaterschaft kann binnen zwei Jahren gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen; das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 2 erste Alternative hindert den Lauf der Frist nicht.
-
(1a) Im Fall des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 kann die Vaterschaft binnen eines Jahres gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt, wenn die anfechtungsberechtigte Behörde von den Tatsachen Kenntnis erlangt, die die Annahme rechtfertigen, dass die Voraussetzungen für ihr Anfechtungsrecht vorliegen. Die Anfechtung ist spätestens nach Ablauf von fünf Jahren seit der Wirksamkeit der Anerkennung der Vaterschaft für ein im Bundesgebiet geborenes Kind ausgeschlossen; ansonsten spätestens fünf Jahre nach der Einreise des Kindes.
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(2) Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes und nicht, bevor die Anerkennung wirksam geworden ist.
- 7
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c) Die Überleitungsvorschrift lautet:
- 8
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Art. 229 § 16 EGBGB
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Im Fall der Anfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beginnt die Frist für die Anfechtung gemäß § 1600b Abs. 1a des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht vor dem 1. Juni 2008.
-
II.
- 9
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Die zu überprüfenden Regelungen sind Teil des Abstammungsrechts (§§ 1591 ff. BGB), das die rechtliche Zugehörigkeit eines Kindes zu seinen Eltern regelt.
- 10
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1. Nach § 1592 BGB ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist (Nr. 1), der die Vaterschaft anerkannt hat (Nr. 2) oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde (Nr. 3). Eine behördliche Anfechtung der Vaterschaft kommt nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nur in Betracht, wenn die Vaterschaft durch Vaterschaftsanerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB begründet wurde. Die Anerkennung begründet die Vaterschaft mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Geburt (vgl. Rauscher, in: Staudinger BGB, 2011, §§ 1589-1600d, § 1594, Rn. 9; Schmidt-Recla, in: Soergel BGB, Band 19/1, 13. Aufl. 2012, § 1594, Rn. 14; Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 8, 6. Aufl. 2012, § 1594, Rn. 16). Materiellrechtliche Voraussetzung der Vaterschaftsanerkennung ist nach § 1594 Abs. 2 BGB lediglich, dass nicht die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Die Anerkennung ist ansonsten nach §§ 1595 ff. BGB nur an formelle Anforderungen, insbesondere an die Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs. 1 BGB) geknüpft. Die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung hängt nicht von der biologischen Abstammung des Kindes ab. Auch eine im Wissen um die fehlende biologische Vaterschaft erfolgte Anerkennung ist wirksam. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, einem Kind durch Vaterschaftsanerkennung die deutsche Staatsangehörigkeit zu verschaffen, um aufenthaltsrechtliche Vorteile für das Kind und den ausländischen Elternteil zu begründen (s.u., III.1.).
- 11
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2. Die hier zu überprüfenden Regelungen über die behördliche Anfechtung der Vaterschaft ergänzen bereits bestehende Anfechtungsmöglichkeiten. Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BGB kann eine rechtliche Vaterschaft, die auf der Ehe des Mannes mit der Kindesmutter oder einer Vaterschaftsanerkennung beruht - die mithin ohne Rücksicht auf die biologischen Abstammungsverhältnisse entstanden ist - mit dem Argument angefochten werden, der rechtliche Vater sei nicht der biologische Vater des Kindes. Anfechtungsberechtigt sind nach heutiger Rechtslage der rechtliche Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB), der mutmaßliche biologische Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB), die Mutter (§ 1600 Abs. 1 Nr. 3 BGB), das Kind (§ 1600 Abs. 1 Nr. 4 BGB) und nunmehr die zuständige Behörde (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB).
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Im Fall der Behördenanfechtung setzt die Anfechtung voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat und dass durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils geschaffen werden (§ 1600 Abs. 3 BGB).
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Die Voraussetzungen der Behördenanfechtung sind im Wesentlichen der Regelung der Anfechtung durch den mutmaßlichen biologischen Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nachgebildet, beziehungsweise mit dieser zusammengefasst (§ 1600 Abs. 3 und Abs. 4 BGB). Der Gesetzgeber hatte früher im Interesse des Kindes und der rechtlich-sozialen Familie ein Anfechtungsrecht des mutmaßlichen biologischen Vaters wiederholt abgelehnt (vgl. BTDrucks V/2370, S. 32; BTDrucks 13/4899, S. 57 f.). Das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch im Jahr 2003, es verstoße gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, dem biologischen, aber nicht rechtlichen Vater eines Kindes ausnahmslos das Anfechtungsrecht zu verweigern (BVerfGE 108, 82 ff.). Daraufhin wurde im Jahr 2004 die Anfechtungsmöglichkeit des mutmaßlichen biologischen Vaters in § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB eingeführt, wobei der Gesetzgeber allerdings dem Bestand einer sozial gelebten Eltern-Kind-Beziehung mit dem rechtlichen Vater den Vorrang gegenüber der rechtlichen Zuordnung des Kindes zum biologischen Vater einräumte. Männer, die eidesstattlich versichern, der Kindesmutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, können die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes nur anfechten, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater keine "sozial-familiäre Beziehung" besteht (§ 1600 Abs. 2 BGB). Dieses negative Tatbestandsmerkmal wurde später bei der hier zur Prüfung gestellten Regelung der Behördenanfechtung aufgegriffen (§ 1600 Abs. 3 BGB) und ist in § 1600 Abs. 4 BGB für beide Fälle einheitlich konkretisiert.
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III.
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Da die Behördenanfechtung letztlich darauf gerichtet ist, die Umgehung gesetzlicher Bedingungen des Aufenthaltsrechts durch eine Vaterschaftsanerkennung zu verhindern, richten sich die Voraussetzungen (1.) und Folgen (2.) der Behördenanfechtung auch nach dem Aufenthalts- und dem Staatsangehörigkeitsrecht.
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1. Die anfechtungsberechtigte Behörde kann die Vaterschaft gerichtlich anfechten, wenn durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt eines Beteiligten geschaffen werden (§ 1600 Abs. 3 BGB). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, wenn "für das Kind oder einen Elternteil ein ausländerrechtlicher Vorteil entstanden ist" (BTDrucks 16/3291, S. 14). Ein solcher Vorteil entsteht durch die Vaterschaftsanerkennung, wenn das Kind auf diese Weise die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt und damit auch einem Elternteil einen günstigeren Aufenthaltsstatus vermittelt. Praktisch stehen dabei zwei Konstellationen im Vordergrund: Erkennt ein deutscher Mann die Vaterschaft für das Kind einer unverheirateten ausländischen Mutter an, erwirbt das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 4 Abs. 1 StAG) und damit die Berechtigung zum Aufenthalt in Deutschland. Für die Kindesmutter ergibt sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge aus § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Auch wenn ein ausländischer Mann mit unbefristetem Aufenthaltsrecht, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, die Vaterschaft für das Kind einer ausländischen Staatsangehörigen anerkennt, erwirbt das Kind über den Vater die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 4 Abs. 3 StAG). Die Kindesmutter hat wiederum einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.
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2. Hat die Vaterschaftsanfechtungsklage Erfolg, entfallen die durch die Vaterschaftsanerkennung begründete Staatsangehörigkeit des Kindes und das Aufenthaltsrecht der Mutter. Mit der formellen Rechtskraft der Entscheidung über das Nichtbestehen der Vaterschaft fallen rückwirkend auf den Tag der Geburt des Kindes sowohl die bisherige Vaterschaftszuordnung als auch die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes weg. Der Verlust der Staatsangehörigkeit durch Vaterschaftsanfechtung ist zwar nicht ausdrücklich geregelt. Er wird aber aus der generellen Anknüpfung des Abstammungserwerbs der Staatsangehörigkeit an das familienrechtliche Abstammungsrecht abgeleitet. Abstammungsrechtlich fällt die Vaterschaft bei erfolgreicher Anfechtung nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte rückwirkend weg (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 194/09 -, NJW 2012, S. 852;stRspr). Mit dem rückwirkenden Wegfall der Vaterschaft entfällt nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ex tunc auch die nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 StAG auf Abstammung gründende deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes. Denn bei rückwirkendem Wegfall der Vaterschaft haben bei nachträglicher Betrachtung auch die Voraussetzungen für den auf die Abstammung gestützten Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes nie vorgelegen (vgl. nur VG Düsseldorf, Urteil vom 10. September 1985 - 17 K 10.419/85 -, NJW 1986, S. 676; VG Gießen, Urteil vom 8. November 1999 - 10 E 960/99 -, juris, Rn. 14; OVG Hamburg, Beschluss vom 10. Februar 2004 - 3 Bf 238/03 -, NVwZ-RR 2005, S. 212 <213>; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 2 M 441/04 -, juris, Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2007 - 18 A 2065/06 -, juris, Rn. 8; Bay. VGH, Beschluss vom 11. September 2007 - 5 CS 07.1921 -, juris, Rn. 3). Mit dem Wegfall der Staatsangehörigkeit des Kindes verliert nicht nur dieses sein mit der Staatsangehörigkeit verbundenes Aufenthaltsrecht, vielmehr entfällt auch das Aufenthaltsrecht seiner Mutter, das die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes voraussetzt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG). Gerade dies ist der Zweck der Behördenanfechtung.
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IV.
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1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Behörde für Inneres, focht mit ihrer Klage gegen den Beklagten zu 1) des Ausgangsverfahrens, ein minderjähriges Kind, und den Beklagten zu 2), den Mann, der die Vaterschaft für den Beklagten zu 1) anerkannt hat, dessen Vaterschaft an, indem sie beim Amtsgericht Hamburg-Altona beantragte festzustellen, dass der Beklagte zu 2) nicht der Vater des Beklagten zu 1) ist.
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Der Beklagte zu 1) wurde 2005 in Deutschland geboren. Seine Mutter ist vietnamesische Staatsangehörige und war im Zeitpunkt der Geburt mit einem Vietnamesen verheiratet, von dem sie später geschieden wurde. Das Kind besaß ebenfalls die vietnamesische Staatsangehörigkeit. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet war unerlaubt, der seiner Mutter geduldet. Der Beklagte zu 2) ist deutscher Staatsangehöriger. Er erkannte bereits vor der Geburt des Kindes die Vaterschaft durch notarielle Urkunde an. Die Kindesmutter und der damalige Ehemann der Kindesmutter stimmten der Vaterschaftsanerkennung zu. Mit Rechtskraft des Scheidungsurteils wurde die Anerkennung gemäß § 1599 Abs. 2 BGB wirksam.
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Weil der Beklagte zu 2) deutscher Staatsangehöriger ist, erwarb das Kind durch die Vaterschaftsanerkennung nach § 4 Abs. 1 StAG ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit. Zum Zweck des Zusammenlebens mit ihrem deutschen Kind wurde der Mutter des Beklagten zu 1) eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilt.
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Bei einer Befragung des Beklagten zu 2) vor der Ausländerbehörde der Stadtverwaltung über das Kennenlernen der Kindesmutter erklärte er zunächst seine Bereitschaft zu einem Vaterschaftstest, widerrief diese aber in einem späteren Schreiben. Er hatte und hat mit dem Kind und dessen Mutter keine gemeinsame Wohnung. Ein gerichtlich eingeholtes Abstammungsgutachten ergab, dass er nicht der biologische Vater des Kindes ist.
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2. Mit Beschluss vom 15. April 2010 hat das Amtsgericht das Verfahren gegen die Beklagten zu 1) und 2) ausgesetzt, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 16 EGBGB mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
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Die Frage sei entscheidungserheblich, da die Klage abzuweisen sei, wenn die Vorschriften verfassungswidrig wären. Aus einfachrechtlicher Sicht lägen die Voraussetzungen einer Behördenanfechtung vor. Der Beklagte zu 2) habe die Vaterschaft für das Kind zwar bereits 2005 anerkannt. Der zum 1. Juni 2008 eingeführte § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB finde aber gemäß Art. 229 § 16 EGBGB auch auf Altfälle Anwendung. Zwischen den Beklagten zu 1) und zu 2) habe keine sozial-familiäre Beziehung im Zeitpunkt der Anerkennung bestanden und durch die Anerkennung seien die rechtlichen Voraussetzungen für den erlaubten Aufenthalt des Kindes und der Kindesmutter geschaffen worden.
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§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 16 EGBGB sei verfassungswidrig. Die Normen verstießen wegen unzulässiger Rückwirkung gegen Art. 20 Abs. 3 GG. Bei der Neueinführung der Anfechtungsberechtigung auch für Altfälle handle es sich um eine unzulässige echte Rückwirkung, die aber auch als unechte Rückwirkung nicht zu rechtfertigen sei, weil bereits die Einführung der Behördenanfechtung selbst wegen der damit verbundenen Grundrechtsverletzungen verfassungswidrig sei. Insbesondere sei nicht belegt, dass die Einführung eines Anfechtungsrechts der Behörde erforderlich gewesen sei. Das Interesse des Gesetzgebers, missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen entgegenzuwirken, um Verbleibensrechte von Ausländern und damit verbundene sozialstaatliche Belastungen der Allgemeinheit zu verhindern, habe zwar grundsätzlich einen hohen Stellenwert. Dieser relativiere sich jedoch, weil die vorgelegte statistische Erhebung nicht belege, in wie vielen Fällen es sich tatsächlich um eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung handele und binationale Verbindungen und ausländische Familien unter einen Generalverdacht gestellt würden. Dem stehe das Vertrauen des anerkannten Kindes auf die mit der Abstammung verbundenen unterhalts-, erb-, steuer- und sozialrechtlichen Folgen sowie insbesondere das Vertrauen auf die Auswirkungen auf sein Statusrecht gegenüber. Das Kind sei insbesondere in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 5 GG verletzt. Kinder, die während einer bestehenden Ehe geboren würden, seien von dem behördlichen Anfechtungsrecht nicht betroffen, obwohl insbesondere bei einer Scheinehe anzunehmen sei, dass das Kindschaftsverhältnis ebenfalls missbräuchlich herbeigeführt worden sei. Die Ungleichbehandlung sei dabei jedenfalls mittelbar an das Merkmal der Unehelichkeit geknüpft. Eine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich.
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3. In ihren schriftlichen Stellungnahmen vertreten die Bundesregierung wie auch die Freie und Hansestadt Hamburg als Klägerin des Ausgangsverfahrens die Auffassung, die Vorschrift des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 16 EGBGB sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Hingegen halten der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V., der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V., das Deutsche Rote Kreuz e.V. und das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. die Regelungen für verfassungswidrig. Der Deutsche Familiengerichtstag e.V. hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung, soweit die Anfechtung ältere Kinder betreffen kann, hält die Regelungen im Übrigen aber für verfassungsgemäß.
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B.
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Die Regelungen über die Behördenanfechtung (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB und Art. 229 § 16 EGBGB) sind verfassungswidrig. Sie verstoßen gegen Art. 16 Abs. 1 GG (I.), gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (II.), gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (III.) und gegen Art. 6 Abs. 1 GG (IV.). Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 5 GG liegt hingegen nicht vor (V.).
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I.
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Die Regelung der behördlichen Vaterschaftsanfechtung verstößt in ihrer konkreten Ausgestaltung gegen Art. 16 Abs. 1 GG, weil sie in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes herbeiführt. Durch die Vaterschaftsanfechtung wird in die durch Art. 16 Abs. 1 GG geschützte (1.) Staatsangehörigkeit des Kindes eingegriffen (2.). Der Grundrechtseingriff ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Art. 16 Abs. 1 GG unterscheidet zwischen der Entziehung der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG) und einem sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG) und stellt an beide Verlustformen unterschiedliche verfassungsrechtliche Anforderungen. Die Entziehung ist nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ausnahmslos verboten. Im Gegensatz dazu kann ein sonstiger Verlust der Staatsangehörigkeit nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG unter Umständen verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. In ihrer konkreten Ausgestaltung sind die Regelungen über die Behördenanfechtung als nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG absolut verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit anzusehen (3.), weil der Staatsangehörigkeitsverlust durch die Betroffenen nicht oder nicht in zumutbarer Weise beeinflussbar war. Zwar wäre es angesichts der Umstände eines Staatsangehörigkeitserwerbs durch anfechtbare Vaterschaftsanerkennung denkbar, den Kindern die hierbei bestehenden Einflussmöglichkeiten ihrer Eltern zuzurechnen (3.a) und b)). Der Staatsangehörigkeitsverlust entzieht sich jedoch auch dem Einfluss der Eltern, soweit die Behördenanfechtung Vaterschaftsanerkennungen betrifft, die vor Inkrafttreten der zu überprüfenden Normen erfolgten (3.c)). Darüber hinaus ist eine Beeinflussung des Staatsangehörigkeitsverlusts durch Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung nicht zumutbar, wenn die Vaterschaftsanerkennung nicht gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielt (3.d)). Dessen ungeachtet genügen die Regelungen auch nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG an einen sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit (4.), weil sie keine Möglichkeit bieten zu berücksichtigen, ob das Kind staatenlos wird (4.a)) und weil es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des Staatsangehörigkeitsverlusts (4.b)) sowie an einer angemessenen Fristen- und Altersregelung fehlt, die verhindern könnte, dass auch ältere Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit über einen längeren Zeitraum besessen haben, diese noch verlieren können (4.c)).
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1. Art. 16 Abs. 1 GG schützt vor dem Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit. Dieser Schutz kommt auch Kindern zu, die die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 oder 3 StAG aufgrund einer Vaterschaftsanerkennung erworben haben. Dem verfassungsrechtlichen Schutz der Staatsangehörigkeit steht nicht entgegen, dass die den Staatsangehörigkeitserwerb auslösende Vaterschaft behördlicher Anfechtung unterliegt. Die gerichtliche Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft, an die der Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes geknüpft ist, beseitigt eine zuvor bestehende deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes und nicht etwa nur den Schein einer solchen. Nach § 1592 Nr. 2 BGB ist der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, Vater dieses Kindes. Bis zur Rechtskraft eines auf Anfechtung hin ergehenden Urteils, in dem das Nichtbestehen der Vaterschaft festgestellt wird, besteht im Rechtssinne die Vaterschaft dieses Mannes. Die durch Anerkennung erworbene Vaterschaft ist eine rechtlich vollwertige Vaterschaft, keine bloße Scheinvaterschaft. Schon deshalb ist auch die nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 oder 3 StAG von ihr abgeleitete deutsche Staatsangehörigkeit keine bloße Scheinstaatsangehörigkeit (vgl. BVerfGK 9, 381 <383 f.> entsprechend zur Vaterschaftsanfechtung durch den rechtlichen Vater nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Am verfassungsrechtlichen Schutz der zwischenzeitlich bestehenden deutschen Staatsangehörigkeit ändert auch der Umstand nichts, dass der Verlust der Staatsangehörigkeit durch Vaterschaftsanfechtung einfachrechtlich als anfängliche Unwirksamkeit der Vaterschaft und Staatsangehörigkeit konstruiert wird und damit rückwirkend entfällt. Es handelt sich insoweit lediglich um eine Regelungstechnik zur nachträglichen Korrektur eines bestimmten Ergebnisses, das die zwischenzeitlich Realität gewordene rechtliche Anerkennung von Vaterschaft beziehungsweise Staatsangehörigkeit nicht ungeschehen und ihre Schutzwürdigkeit nicht automatisch hinfällig macht (vgl. BVerfGE 116, 24 <46>).
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2. Eine erfolgreiche Behördenanfechtung der Vaterschaft greift in die grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 16 Abs. 1 GG ein. Die Vaterschaftsanfechtung führt beim betroffenen Kind zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, wenn das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit allein von dem Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, also dem bisherigen rechtlichen Vater, ableitet. Zwar verhält sich das von der Behörde durch die Vaterschaftsanfechtung erwirkte familiengerichtliche Urteil ausdrücklich allein zur Vaterschaft. Mit dem nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte rückwirkenden Wegfall der Vaterschaft tritt jedoch, ohne dass dies gesetzlich ausdrücklich geregelt wäre, nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte automatisch auch der Verlust der Staatsangehörigkeit ein (s.o., A.III.2.), der an Art. 16 Abs. 1 GG zu messen ist. Der Senat legt seiner Beurteilung regelmäßig die Auslegung der zu prüfenden Vorschrift nach der Auffassung des vorlegenden Gerichts zugrunde. Dieses geht hier davon aus, dass bereits die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung nach § 1600 Abs. 1 BGB einen Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes herbeiführen kann. Obwohl sich diese Rechtsfolge nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm ergibt, geht der Senat angesichts der nicht unvertretbaren Ansicht des Gerichts in seiner Prüfung ebenfalls von dieser Annahme aus.
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Ein Eingriff in Art. 16 Abs. 1 GG ist auch nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Verlust der Staatsangehörigkeit nur eine ungewollte Nebenfolge der behördlichen Vaterschaftsanfechtung wäre. Abgesehen davon, dass eine solche Einordnung der Behördenanfechtung nicht ihren Eingriffscharakter nähme, trifft sie auch in der Sache nicht zu; die Beseitigung der Staatsangehörigkeit des Kindes ist das eigentliche Ziel der Maßnahme, da die aufenthaltsrechtlichen Vorteile für den anderen Elternteil, die damit beseitigt werden sollen, gerade aus dem Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes resultieren.
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3. Der Grundrechtseingriff ist verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, weil die Regelungen über die Behördenanfechtung als absolut verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen sind.
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Eine Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ist "jede Verlustzufügung, die die - für den Einzelnen und für die Gesellschaft gleichermaßen bedeutsame - Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung der Verlässlichkeit und Gleichheit des Zugehörigkeitsstatus liegt insbesondere in jeder Verlustzufügung, die der Betroffene nicht oder nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann" (BVerfGE 116, 24 <44> m.w.N.).
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Die Regelung über die Behördenanfechtung ist als verfassungswidrige Entziehung der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG) anzusehen, weil die Betroffenen den Staatsangehörigkeitsverlust teils gar nicht, teils nicht in zumutbarer Weise beeinflussen können: Die Kinder selbst können den Staatsangehörigkeitsverlust ohnehin nicht selbst beeinflussen (a). Angesichts der Umstände eines Staatsangehörigkeitserwerbs durch anfechtbare Vaterschaftsanerkennung käme in Betracht, den Kindern die hierbei bestehenden Einflussmöglichkeiten ihrer Eltern zuzurechnen (b). Die Eltern hatten jedoch selbst keinen Einfluss auf den Staatsangehörigkeitsverlust, soweit die Regelungen auf Vaterschaften angewendet werden, die vor Inkrafttreten von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB anerkannt wurden (c). Außerdem ist den Eltern die Wahrnehmung ihrer Einflussnahmemöglichkeit nicht zumutbar, soweit die Vaterschaftsanerkennung nicht gerade darauf zielt, durch den Abstammungserwerb der Staatsangehörigkeit des Kindes (§ 4 Abs. 1 und 3 StAG) aufenthaltsrechtliche Vorteile zu erlangen (d).
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a) Die betroffenen Kinder können den infolge der Behördenanfechtung eintretenden Verlust der Staatsangehörigkeit nicht selbst beeinflussen. Die Vaterschaftsanfechtung liegt in der Hand der Behörde und des Gerichts. Der Staatsangehörigkeitsverlust vollzieht sich nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichteautomatisch. Ob die Voraussetzungen für eine Behördenanfechtung vorliegen, ist durch das Kind nicht nennenswert beeinflussbar. Auch der durch die Vaterschaftsanerkennung vermittelte Staatsangehörigkeitserwerb selbst, den rückgängig zu machen das eigentliche Ziel der Behördenanfechtung ist, entzieht sich regelmäßig dem Einfluss des Kindes. Die Vaterschaftsanerkennung liegt in den Händen der Eltern, der Staatsangehörigkeitserwerb vollzieht sich infolge der Vaterschaftsanerkennung automatisch von Gesetzes wegen.
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b) Grundsätzlich kommt in Betracht, den Kindern Einflussmöglichkeiten ihrer Eltern (aa) zuzurechnen (bb).
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aa) Auch die Eltern können den Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes nicht direkt beeinflussen, der bei erfolgreicher Behördenanfechtung automatisch eintritt.
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Der Vorwurf einer nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG verbotenen Entziehung der Staatsangehörigkeit lässt sich auch nicht schon mit dem Hinweis ausräumen, die Eltern hätten zur Vermeidung des Staatsangehörigkeitsverlusts bereits auf den Staatsangehörigkeitserwerb verzichten können.
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Besondere Umstände des Staatsangehörigkeitserwerbs können es allerdings erlauben, den Einfluss auf den Erwerbsvorgang ausnahmsweise auch als Einfluss auf den Staatsangehörigkeitsverlust zu werten (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>). Tragen die Betroffenen bereits beim Erwerb Verantwortung für eine spezifische Instabilität der Staatsangehörigkeit, hatten sie die Situation, die schließlich zum Verlust der Staatsangehörigkeit führt, in der eigenen Hand, so dass der Verlust als beeinflussbar gelten kann (vgl. Kämmerer, in: Bonner Kommentar, August 2005, Art. 16 Rn. 51; Masing, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2004, Art. 16 Rn. 74). Eine solche Instabilität kann daraus resultieren, dass die Art und Weise des Staatsangehörigkeitserwerbs rechtlich missbilligt ist und der Gesetzgeber Regelungen getroffen hat, nach denen der rechtlich missbilligte Staatsangehörigkeitserwerb rückgängig gemacht werden kann. Führen die Betroffenen unter diesen Voraussetzungen den Erwerb einer rechtlich bemakelten Staatsangehörigkeit herbei, tragen sie Verantwortung für deren Instabilität und müssen sich dies als Einfluss auf den Staatsangehörigkeitsverlust zurechnen lassen.
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In den Fällen der Behördenanfechtung ist die Einflussmöglichkeit der Eltern danach darin zu sehen, dass sie auf die Anerkennung einer nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB anfechtbaren Vaterschaft verzichten und damit vermeiden können, dass eine Situation entsteht, die später zum Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes führt (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>). Die Beteiligten bereits zum Verzicht auf eine im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB bemakelte Vaterschaftsanerkennung zu bewegen, ist letztlich auch Ziel der gesetzlichen Einräumung einer behördlichen Anfechtungsbefugnis. Die Zumutbarkeit eines solchen Verzichts bedarf allerdings gesonderter Betrachtung (s.u., d)).
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bb) Soweit ein mittelbarer Einfluss der Eltern auf den Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes besteht, kann er diesem unter bestimmten Bedingungen zugerechnet werden. Dann ist der Staatsangehörigkeitsverlust als durch das Kind beeinflussbar zu werten und eine unzulässige Entziehung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG auszuschließen (vgl. BVerfGE 116, 24 <60>). Zwar muss das Kind so mit dem Staatsangehörigkeitsverlust eine schwerwiegende Folge des Handelns seiner Eltern tragen, auf das es tatsächlich keinen eigenen Einfluss hat. Sinn und Zweck des Verbots der Entziehung der Staatsangehörigkeit lassen eine Zurechnung des Elternverhaltens gleichwohl zu. Dem durch das Entziehungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG bezweckten Schutz vor willkürlicher Instrumentalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts ist bereits dadurch Rechnung getragen, dass der Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes von den Eltern beeinflusst werden kann und damit der freien Verfügung des Staates entzogen ist. Der Wegfall der Staatsangehörigkeit entspringt dann nicht einem einseitigen Willensakt des Staates, sondern ist Folge der von den Eltern herbeigeführten anfechtbaren Vaterschaftsanerkennung (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>). Dass das Kind keinen eigenen Einfluss auf den Verlust der Staatsangehörigkeit nehmen kann, darf indessen bei der verfassungsrechtlichen Würdigung eines Staatsangehörigkeitsverlusts nicht unbeachtet bleiben. Dies wird in der Prüfung am Maßstab des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG berücksichtigt.
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Ob eine Zurechnung elterlichen Verhaltens in den Fällen der Behördenanfechtung altersunabhängig und damit auch bei größeren, zunehmend eigenständigen Kindern möglich ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da es im Ergebnis teilweise bereits an der Einflussnahmemöglichkeit der Eltern (s.u., c)), beziehungsweise an der Zumutbarkeit fehlt, die bestehende Einflussmöglichkeit zu nutzen (s.u., d)).
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c) An der Möglichkeit der Eltern, den Staatsangehörigkeitsverlust des Kindes dadurch zu beeinflussen, dass sie auf eine Vaterschaftsanerkennung verzichten, wenn die zur Behördenanfechtung berechtigenden Voraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB vorliegen, fehlt es, soweit die Anfechtung gemäß Art. 229 § 16 EGBGB Fälle erfasst, in denen die Vaterschaftsanerkennung und damit der Staatsangehörigkeitserwerb vor Inkrafttreten des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB am 1. Juni 2008 erfolgten - das heißt zu einem Zeitpunkt, in dem die zur Nichtigkeit des Staatsangehörigkeitserwerbs führende Anfechtungsregelung noch nicht existierte. Eine den Entziehungstatbestand des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ausschließende Einflussmöglichkeit der Eltern ist insoweit mangels Vorhersehbarkeit zu verneinen.
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aa) Wird eine Regelung, welche die Staatsangehörigkeit entfallen lässt, nachträglich in Kraft gesetzt, so ist dies als verbotene Entziehung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen. Die Betroffenen haben nur dann Einfluss auf den Verlust der Staatsangehörigkeit, wenn sie im Zeitpunkt ihres Handelns wissen oder wenigstens wissen können, dass sie damit die Voraussetzungen für den Verlust der Staatsangehörigkeit schaffen. Zur Verlässlichkeit des Staatsangehörigkeitsstatus gehört auch die Vorhersehbarkeit eines Verlusts und damit ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Bereich der staatsangehörigkeitsrechtlichen Verlustregelungen (BVerfGE 116, 24 <45>).
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Erfolgte die Anerkennung einer nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 BGB anfechtbaren Vaterschaft vor Inkrafttreten des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB, konnten die Eltern nicht wissen, dass sie mit dieser Vaterschaftsanerkennung zugleich die Voraussetzung des späteren Verlusts schaffen, weil es die Möglichkeit der Behördenanfechtung zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab. Die betroffenen Eltern durften bis zur Einführung der Behördenanfechtung davon ausgehen, dass die Vaterschaftsanerkennung unabhängig vom damit verfolgten Zweck wirksam war und die Grundlage für den Staatsangehörigkeitserwerb des Kindes bildete. Die Vaterschaftsanerkennung schafft eine vollgültige, mit allen Rechten und Pflichten verbundene Vaterschaft, auch wenn weder ein biologisches Abstammungsverhältnis noch eine sozial-familiäre Beziehung zwischen anerkennendem Vater und Kind existieren. Erst mit dem Inkrafttreten von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB konnte die zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken erfolgende Vaterschaftsanerkennung angefochten und damit die deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend zum Wegfall gebracht werden. Erst seitdem können die Eltern durch Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung den späteren Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes durch Behördenanfechtung bewusst verhindern. Bis dahin mussten sie hingegen nicht mit einer Vaterschaftsanfechtung durch die Behörde rechnen.
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bb) Ob Art. 229 § 16 EGBGB gegen das Rückwirkungsverbot verstößt, bedarf darüber hinaus keiner Entscheidung.
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d) Soweit die Behördenanfechtung Vaterschaftsanerkennungen betrifft, die nach Inkrafttreten der zu überprüfenden Normen erfolgten, waren die Anfechtung und der dadurch vermittelte Staatsangehörigkeitsverlust zwar vorhersehbar und konnten von den Eltern durch den Verzicht auf Vaterschaftsanerkennung beeinflusst werden. Einen Staatsangehörigkeitsverlust durch den Verzicht auf eine behördlich anfechtbare Vaterschaftsanerkennung zu beeinflussen, ist jedoch nicht ohne Weiteres zumutbar.
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Der Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung ist nur dann zumutbar, wenn die Vaterschaftsanerkennung gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielt (aa). Die in § 1600 Abs. 3 und Abs. 4 BGB geregelten Anfechtungsvoraussetzungen sind jedoch so weit formuliert, dass sie nicht hinreichend genau allein solche Vaterschaftsanerkennungen erfassen (bb). Der Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung ist den Betroffenen in diesen Fällen auch nicht deshalb zuzumuten, weil dem Gesetzgeber keine andere Möglichkeit der Regelung der Behördenanfechtung zur Verfügung stünde und das Interesse an der Behördenanfechtung eindeutig die Interessen derjenigen überwöge, die auf eine, nicht der Umgehung gesetzlicher Aufenthaltsvoraussetzungen dienende, anfechtbare Vaterschaftsanerkennung verzichten müssten (cc).
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aa) Der Verzicht auf eine anfechtbare Vaterschaftsanerkennung ist nur dann zumutbar, wenn die Vaterschaftsanerkennung gerade auf die Erlangung eines besseren Aufenthaltsstatus unter Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen zielt. Andernfalls kann den Eltern ein Verzicht nicht zugemutet werden, weil ihnen damit eine Form familienrechtlicher Statusbegründung genommen würde, die allen anderen Paaren in gleicher Lage ohne Weiteres offen steht.
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(1) Nach dem Recht der Vaterschaftsanerkennung ist diese für ein rechtlich vaterloses Kind mit Zustimmung der Mutter unabhängig von der biologischen Vaterschaft ohne jede weitere Voraussetzung möglich. Der Gesetzgeber hat die Vaterschaftsanerkennung der autonomen Entscheidung der Eltern überlassen und hat gerade dies bei der Einführung von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nochmals bekräftigt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 1 und 11). Er hat darauf verzichtet, die Gründe für eine konkrete Anerkennung zu erforschen oder zu reglementieren. Die Betroffenen können eine Vaterschaft durch Anerkennung aus beliebigen Motiven herbeiführen; das gilt auch dann, wenn sie damit rechnen oder sogar wissen, dass der Anerkennende nicht biologischer Vater des Kindes ist. Die Regelung statuiert keine rechtliche Erwartung, auf bestimmte Vaterschaftsanerkennungen zu verzichten.
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(2) Demgegenüber verlangt die hier zur Prüfung gestellte Regelung den Betroffenen ab, unter den Voraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB auf eine Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, wenn sie nicht später den anfechtungsbedingten Verlust der Staatsangehörigkeit des Kindes riskieren wollen. Betroffen sind nur binationale und ausländische Paare, von denen mindestens ein Elternteil keinen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzt, weil die Anfechtung nach § 1600 Abs. 3 BGB erfordert, dass durch die Vaterschaftsanerkennung objektiv aufenthaltsrechtliche Vorteile geschaffen werden.
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(3) Es ist den Betroffenen nicht ohne Weiteres zumutbar, auf eine allen anderen Paaren offenstehende Vaterschaftsanerkennung nur deshalb zu verzichten, weil ein Elternteil weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch einen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzt.
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(a) Zumutbar ist allerdings, unter den in § 1600 Abs. 3 BGB genannten Voraussetzungen auf eine Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, soweit diese gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielt. Wollen die Mutter und der Anerkennungswillige mit der Vaterschaftsanerkennung gerade die Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils schaffen, bedienen sie sich des familienrechtlichen Instruments der Vaterschaftsanerkennung, um aufenthaltsrechtliche Vorteile herbeizuführen, die das Aufenthaltsrecht an und für sich nicht gewährt. Dass § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB nun diesen fachrechtlich nicht vorgesehenen Weg, Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsrecht zu erwerben, beschränkt, dient der Verwirklichung der Steuerungsziele des Staatsangehörigkeits- und des Aufenthaltsrechts. Auf eine Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, die gerade darauf zielt, aufenthaltsrechtliche Vorteile zu erlangen, die das einschlägige Fachrecht zulässigerweise nicht gewährt, ist zumutbar, zumal die in diesem Fall schwachen familiären Interessen an der Vaterschaft das Anfechtungsinteresse nicht überwinden könnten.
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(b) Erfolgt die Vaterschaftsanerkennung hingegen nicht gezielt gerade zur Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts, rechtfertigen es das staatsangehörigkeits- und das aufenthaltsrechtliche Gesetzesziel der Regelungen zur Behördenanfechtung nicht, den Betroffenen zuzumuten, auf die vom Gesetzgeber ansonsten ohne Ansehung der Motive eingeräumte Möglichkeit der Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, die allen anderen Paaren in genau gleicher Lage offensteht.
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bb) Kann demnach der Verlust der Staatsangehörigkeit nur dann als rechtfertigungsfähiger Verlust, nicht aber als strikt verbotene Entziehung angesehen werden, wenn die Vaterschaftsanerkennung gerade auf die Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts zielt, muss die Möglichkeit der Behördenanfechtung auf die Fälle spezifisch aufenthaltsrechtlich motivierter Vaterschaftsanerkennungen begrenzt bleiben. Diese Begrenzung vermögen die vom Gesetzgeber gewählten Anfechtungsvoraussetzungen nicht hinreichend zuverlässig zu leisten.
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(1) Zwar darf sich der Gesetzgeber bei der Statuierung der Voraussetzungen für die behördliche Anfechtung einer gerade aufenthaltsrechtlich motivierten Vaterschaft aus Praktikabilitätsgründen objektiver Merkmale bedienen, die eine entsprechende subjektive Motivlage beispielhaft und widerlegbar indizieren können. Objektive Anhaltspunkte könnten neben einem Geständnis der Eltern etwa sein, dass der anerkennende Vater bereits mehrfach Kinder verschiedener ausländischer Mütter anerkannt hat oder dass eine Geldzahlung anlässlich der Vaterschaftsanerkennung bekannt wird (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 16).
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(2) Die objektiv gefassten Anfechtungsvoraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen jedoch nicht.
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(a) Nach § 1600 Abs. 3 BGB setzt die Behördenanfechtung voraus, dass zwischen Kind und Anerkennendem nicht zu bestimmten Zeitpunkten eine sozial-familiäre Beziehung besteht oder bestanden hat und dass durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt geschaffen werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat das Gericht im Falle fehlender biologischer Vaterschaft das Nichtbestehen der Vaterschaft festzustellen, ohne dass es weitere Belege dafür verlangen müsste oder auch nur dürfte, dass die Vaterschaftsanerkennung tatsächlich gerade auf die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile zielte. Dies wird beim Fehlen einer sozial-familiären Beziehung vielmehr unwiderlegbar unterstellt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 14).
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(b) Die objektiv formulierten Voraussetzungen des § 1600 Abs. 3 BGB sind als Anhaltspunkte für eine spezifisch aufenthaltsrechtlich motivierte Vaterschaftsanerkennung nicht hinreichend aussagekräftig.
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(aa) Die Voraussetzung der Schaffung von Einreise- oder Aufenthaltsvoraussetzungen ist für sich genommen nicht zu einer den Anforderungen von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG genügenden Eingrenzung der Anfechtungsfälle geeignet, weil sie alle Fälle der Vaterschaftsanerkennung einbezieht, in denen die Mutter einen ungesicherten Aufenthaltsstatus hatte. Dass die Vaterschaftsanerkennung in diesen Fällen generell gerade zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken erfolgt, ist weder im Gesetzgebungsverfahren dargelegt worden noch sind dafür sonst Anhaltspunkte erkennbar.
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(bb) Auch das Fehleneiner sozial-familiären Beziehung zwischen Vater und Kind ist kein zuverlässiger Indikator dafür, dass eine, den Aufenthaltsstatus der Beteiligten objektiv verbessernde, Vaterschaftsanerkennung gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile zielt. Nach § 1600 Abs. 4 BGB besteht eine sozial-familiäre Beziehung, wenn der Vater zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat, was in der Regel der Fall ist, wenn der Vater mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. Die erste Alternative scheidet hier schon deshalb aus, weil die Eltern in Fällen der Vaterschaftsanerkennung in aller Regel nicht miteinander verheiratet sind. Die zweite Alternative fasst die sozial-familiäre Beziehung zu eng, als dass deren Fehlen bereits die aufenthaltsrechtliche Motivlage indizieren könnte (vgl. Löhning, FamRZ 2008, S. 1130 <1131>; Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>; Grün, FuR 2007, S. 12 <13>; Helms, StAZ 2007, S. 69 <73>). Das Erfordernis einer häuslichen Gemeinschaft ist streng und geht deutlich über das Maß an sozialen Vater-Kind-Kontakten hinaus, das ansonsten zwischen nichtehelichen Kindern und ihren Vätern praktisch üblich ist. So kam eine im Gesetzgebungsverfahren zum Kindschaftsrechts-Reformgesetz von 1998 in Auftrag gegebene Untersuchung zur Lebenslage nichtehelicher Kinder zu dem Ergebnis, dass nur knapp ein Viertel aller unverheirateten Eltern in einer häuslichen Gemeinschaft lebten; demgegenüber lebten etwa drei Viertel aller Väter nichtehelicher Kinder nicht mit diesen im selben Haushalt (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 50). Das Fehlen einer häuslichen Gemeinschaft ist damit kein zuverlässiger Indikator einer gerade aufenthaltsrechtlich motivierten Vaterschaftsanerkennung (vgl. Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>).
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Dabei wird nicht verkannt, dass in Fallkonstellationen, in denen keine häusliche Gemeinschaft zwischen Vater und Kind begründet wird, Vaterschaftsanerkennungen zu einem gewissen Anteil tatsächlich gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile zielen werden. Gleichwohl eröffnet der generalisierende Schluss vom Fehlen häuslicher Gemeinschaft auf die aufenthaltsrechtliche Motivlage zu weitgehende Anfechtungsmöglichkeiten, die durch Verzicht auf die Vaterschaftsanerkennung zu vermeiden den Betroffenen nicht zuzumuten ist (s.u., cc)).
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(3) Freilich könnte § 1600 Abs. 4 Satz 2 BGB als nicht abschließende Aufzählung von Beispielen verstanden werden. Dann wäre davon auszugehen, dass auch in anderen als den dort genannten Fällen der Ehe und der häuslichen Gemeinschaft eine tatsächliche Verantwortungsübernahme - und damit eine sozial-familiäre Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 3 BGB - vorliegen kann. Der Schutz der durch Anerkennung begründeten rechtlichen Vater-Kind-Beziehung vor behördlicher Anfechtung reichte dann weiter.
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Dem Wortlaut ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Regelvermutungen die denkbaren Fälle einer sozial-familiären Gemeinschaft abschließend bezeichnen oder lediglich als Beispiele gedacht sind. Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte die Aufzählung nicht abschließend sein. Dort heißt es, neben dem gesetzlichen Regelfall der häuslichen Gemeinschaft könne der Vater tatsächliche Verantwortung auch übernehmen, indem er "typische Elternrechte und -pflichten" wahrnimmt, etwa regelmäßigen Umgang mit dem Kind, Betreuung und Erziehung des Kindes oder die Leistung von Unterhalt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 13). Darüber hinaus verweist die Begründung des Regierungsentwurfs in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Oktober 2005 - 2 BvR 1001/04 -, FamRZ 2006, S. 187 <188>), in der festgestellt wurde, eine verantwortungsvoll gelebte Eltern-Kind-Gemeinschaft lasse sich nicht allein quantitativ etwa nach Daten und Uhrzeiten des persönlichen Kontakts oder genauem Inhalt der einzelnen Betreuungshandlungen bestimmen. Die Entwicklung eines Kindes werde nicht nur durch quantifizierbare Betreuungsbeiträge der Eltern, sondern auch durch die geistige und emotionale Auseinandersetzung geprägt (vgl. BTDrucks 16/3291, S. 13 f.).
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Auch im Fachschrifttum wird im Rahmen der Behördenanfechtung eine weite Auslegung des negativen Tatbestandsmerkmals der sozial-familiären Beziehung befürwortet, weil es allein darum gehe, die Missbrauchsfälle herauszufiltern (vgl. Wellenhofer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 8, 6. Aufl. 2012, § 1600 Rn. 21; Löhning, FamRZ 2008, S. 1130 <1131>; Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>). An einer sozial-familiären Beziehung fehle es nicht automatisch dann schon, wenn keine persönlichen Kontakte zwischen dem Anerkennenden und dem Kind bestünden. Ein Mangel an persönlichem Kontakt könne durchaus auf Umständen beruhen, auf die der Anerkennende keinen Einfluss habe, so etwa wenn tatsächliche Umstände (z.B. eine große räumliche Distanz zwischen Kind und Anerkennendem, Erkrankungen des Anerkennenden oder des Kindes oder die Verbüßung einer Strafhaft) das persönliche Zusammentreffen nicht möglich machten (vgl. Grün, FuR 2007, S. 12 f.; ders., FPR 2011, S. 382 <383 f.>).
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(4) Die verfassungsrechtlichen Defizite der Norm lassen sich jedoch angesichts der Gesetzessystematik nicht durch Auslegung beheben.
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Die sozial-familiäre Beziehung ist zugleich negatives Tatbestandsmerkmal der bereits im Jahr 2004 eingeführten Vaterschaftsanfechtung durch den biologischen Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Gesetzgeber hatte bei der Regelung der Anfechtung durch den biologischen Vater mit der Aufnahme dieses Negativmerkmals (§ 1600 Abs. 2 BGB) im Wesentlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der bestehenden rechtlichen Familie umgesetzt (vgl. BVerfGE 108, 82). Für die Behördenanfechtung wurde das Kriterium später in diesen anderen Zusammenhang schlicht übernommen (§ 1600 Abs. 3 BGB). Die sozial-familiäre Beziehung ist dabei für beide Anfechtungskonstellationen einheitlich in § 1600 Abs. 4 BGB definiert. Die Doppelfunktion des negativen Tatbestandsmerkmals der sozial-familiären Beziehung lässt es hier im Ergebnis nicht zu, dieses Tatbestandsmerkmal im Zusammenhang mit der Behördenanfechtung nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB den Erfordernissen des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG gemäß weit auszulegen, weil dasselbe Tatbestandsmerkmal im Rahmen der Anfechtung durch den mutmaßlichen biologischen Vater (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB) aus verfassungsrechtlichen Gründen eng auszulegen ist.
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Das negative Tatbestandsmerkmal der sozial-familiären Beziehung steht in den beiden Anfechtungskonstellationen in unterschiedlichem Kontext und hat bei der Anfechtung durch den biologischen Vater eine völlig andere Funktion als bei der Anfechtung durch die Behörde (vgl. van Els, FPR 2011, S. 380 <381>; Löhning, FamRZ 2008, S. 1130 <1131>; Grün, FuR 2007, S. 12 <13>; Arendt-Rojahn, FPR 2007, S. 395 <397>; Helms, StAZ 2007, S. 69 <72 f.>).
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Bei der Anfechtung durch den biologischen Vater soll die bestehende Vaterschaft des rechtlichen Vaters durch die des biologischen Vaters ersetzt werden. Das Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung zum rechtlichen Vater dient im Interesse des Kindes dem Schutz der bestehenden sozialen Familie (vgl. BVerfGE 108, 82 <109 f.>). Der Schutzbedarf ist jedoch begrenzt, weil das Kind nicht vaterlos wird, sondern den biologischen Vater als rechtlichen Vater erhält, woran das Kind ein eigenes Interesse hat, das das Interesse an der Erhaltung der rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung zum bisherigen Vater überwiegen kann. Um die Anfechtung nicht übermäßig zu erschweren, ist mit der sozial-familiären Beziehung ein negatives Tatbestandsmerkmal gewählt, das der Anfechtung durch den biologischen Vater Raum gewährt und diese nur dann scheitern lässt, wenn Kind und rechtlicher Vater tatsächlich gemeinsam ein soziales Familienleben führen, welches durch die rechtliche Neuordnung der Vaterschaft gestört würde. Bei der Behördenanfechtung hingegen soll eine rechtliche Vater-Kind-Zuordnung im öffentlichen Interesse aufgehoben werden, ohne dass für die Feststellung einer neuen, biologisch zutreffenden Vaterschaft Sorge getragen wäre. Die Anfechtung dient - anders als im Fall der Anfechtung durch den biologischen Vater - nicht dem Schutz der Grundrechte der Betroffenen, sondern der Durchsetzung staatsangehörigkeits- und aufenthaltsrechtlicher Steuerungsziele. Durch die Behördenanfechtung wird weder ein Vater in sein Recht gesetzt noch hat das Kind hierdurch Vorteile. Vielmehr verliert es neben der deutschen Staatsangehörigkeit ersatzlos einen rechtlich vollwertigen Elternteil.
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Demgemäß kommt dem Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung bei der Behördenanfechtung eine andere Funktion zu als bei der Anfechtung durch den biologischen Vater. Während es bei der Anfechtung durch die Behörde vor allem dazu dient, eine gerade aufenthaltsrechtlich motivierte Vaterschaftsanerkennung zu identifizieren, geht es bei der Anfechtung durch den biologischen Vater nur darum, festzustellen, ob der Anfechtung eine verfassungsrechtlich schützenswerte, sozial gehaltvolle Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater entgegensteht.
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Verfassungsrechtlich unzulässig wäre es, das für beide Anfechtungskonstellationen relevante Tatbestandsmerkmal der sozial-familiären Beziehung, das in § 1600 Abs. 4 BGB eine einheitliche Definition erfahren hat, je nach Kontext unterschiedlich auszulegen, indem man es als Voraussetzung der Behördenanfechtung weit interpretierte, ihm aber bei der Anfechtung durch den biologischen Vater eine enge Bedeutung beilegte (kritisch Helms, StAZ 2007, S. 69<73>). Ein und dasselbe, durch eine Norm einheitlich definierte Tatbestandsmerkmal kann hier nicht, je nachdem, mit welcher Anfechtungsnorm es in Verbindung gebracht wird, einmal eng und einmal weit interpretiert werden. Angesichts der erheblichen Grundrechtseingriffe, die mit der Vaterschaftsanfechtung in beiden Fällen verbunden sind, wäre dies unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten der Normverständlichkeit nicht zu akzeptieren.
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cc) Es ist den Betroffenen auch nicht deshalb zuzumuten, bereits im Fall des Fehlens einer sozial-familiären Beziehung im engeren Sinne auf die Vaterschaftsanerkennung zu verzichten, weil sich das behördliche Anfechtungsrecht mangels äußerer Unterscheidbarkeit gerade aufenthaltsrechtlich motivierter Vaterschaftsanerkennungen von anderen Vaterschaftsanerkennungen nur auf diese Weise durchsetzen ließe und das Interesse an der Vaterschaftsanerkennung hinter dem Anfechtungsinteresse zurücktreten müsste. Es ist nicht ausgeschlossen, treffgenauere Kriterien als das Negativmerkmal der sozial-familiären Beziehung zu verwenden (s.o., bb)(1)). Selbst wenn diese nicht alle Fälle aufenthaltsrechtlich motivierter Vaterschaftsanerkennung vollständig erfassen sollten, wäre das hinnehmbar, zumal eine besondere Dringlichkeit, aufenthaltsrechtlich motivierte Vaterschaftsanerkennungen zu bekämpfen, nicht erkennbar geworden ist.
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So konnte die für den Zeitraum vom 1. April 2003 bis 31. März 2004 erhobene Zahl von 1.694 Aufenthaltstiteln, die an unverheiratete ausländische Mütter eines deutschen Kindes erteilt wurden, die im Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung ausreisepflichtig waren, nach eigener Einschätzung der Bundesregierung "nicht belegen, in wie vielen Fällen es sich tatsächlich um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen handelt" (BTDrucks 16/3291, S. 11). Es ist wahrscheinlich, dass ein ganz erheblicher Anteil der Fälle keine Anfechtungsfälle waren, denn in die Erhebung waren insbesondere auch die Fälle einbezogen, in denen die biologische Vaterschaft oder aber wenigstens eine sozial-familiäre Beziehung zwischen Vater und Kind bestand, mithin reguläre Vaterschaftsanerkennungen, auf die die Behördenanfechtung nicht zielt und die sie auch nicht erfasst.
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Dass sich die Vaterschaftsanerkennung praktisch nicht zum extensiv genutzten Instrument der Aufenthaltssicherung unter Umgehung aufenthaltsrechtlicher Voraussetzungen entwickelt hat, dürfte nicht zuletzt darauf beruhen, dass die anerkennenden Väter ein erhebliches Risiko eingehen, dauerhaft unterhaltsrechtlich belangt zu werden. Die Vaterschaftsanerkennung führt zur rechtlich vollgültigen Vaterschaft. Mit ihr ist auch und gerade im Fall fehlender häuslicher Gemeinschaft eine unter Umständen lang währende Pflicht zur Zahlung von Kindesunterhalt verbunden, die gegebenenfalls staatlich durchsetzbar ist. Mittellosigkeit schützt den Vater allenfalls begrenzt vor dieser Zahlungspflicht. Der Vater eines minderjährigen Kindes ist gemäß § 1601, § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigert unterhaltspflichtig und deshalb verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Unterhalt zahlen zu können. Dies zwingt den Unterhaltspflichtigen zur Übernahme jeder ihm zumutbaren Arbeit, wobei zur Sicherung des Unterhalts minderjähriger Kinder auch Aushilfs- und Gelegenheitsarbeiten zumutbar sind und ein Orts- und Berufswechsel verlangt werden kann. Unterlässt es der Unterhaltsverpflichtete, einer ihm möglichen und zumutbaren Erwerbstätigkeit nachzugehen, werden ihm auch fiktiv erzielbare Einkünfte zugerechnet (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 - XII ZR 182/06 -, juris, Rn. 20 ff.; stRspr).
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Im Übrigen stehen dem Staat auch jenseits des familiengerichtlichen Unterhaltsverfahrens des unterhaltsberechtigten Kindes Mittel zur Verfügung, die Unterhaltspflichten durchzusetzen und so indirekt Druck gegen eine Praxis aufenthaltsrechtlich motivierter Gefälligkeitsanerkennungen zu entfalten. Die Verletzung der Unterhaltspflicht ist nach § 170 StGB strafbewehrt. Zudem haben die Sozialbehörden im Fall der Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch das Kind Mittel an der Hand, die unterhaltsrechtlichen Folgen einer Vaterschaftsanerkennung spürbar werden zu lassen, indem sie die auf sie übergehenden Unterhaltsforderungen gegenüber dem Anerkennenden durchsetzen.
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4. Die zu überprüfenden Normen verstoßen darüber hinaus gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie genügen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG an einen sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit stellt, weil sie keine Möglichkeit bieten, zu berücksichtigen, ob das Kind staatenlos wird (a), weil es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des Staatsangehörigkeitsverlusts fehlt (b) und weil keine angemessene Fristen- und Altersregelung getroffen wurde, die verhindern könnte, dass auch ältere Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit über einen längeren Zeitraum besessen haben, diese noch verlieren (c).
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a) § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist insofern verfassungswidrig, als dem über die Anfechtung entscheidenden Gericht weder aufgegeben noch ermöglicht ist, Rücksicht darauf zu nehmen, ob das betroffene Kind infolge der Behördenanfechtung staatenlos wird. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG darf der Verlust der Staatsangehörigkeit gegen den Willen der Betroffenen nur dann eintreten, wenn diese dadurch nicht staatenlos werden. Weil der Verlust der Staatsangehörigkeit im Fall der Behördenanfechtung in aller Regel gegen den Willen des betroffenen Kindes eintritt, hätte der Gesetzgeber eine Vorkehrung für den Fall der Staatenlosigkeit treffen müssen. Für eine verfassungskonforme Auslegung bietet der Wortlaut keinen Anknüpfungspunkt.
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aa) Es ist nicht auszuschließen, dass Kinder infolge der Behördenanfechtung staatenlos werden. Welche Auswirkungen der Wegfall der deutschen Staatsangehörigkeit für die weitere Staatsangehörigkeit des Kindes hat, bestimmt sich nach ausländischem Staatsangehörigkeitsrecht. Das deutsche Recht kann Erwerb, Fortbestand oder Wiederaufleben der mütterlich vermittelten ausländischen Staatsangehörigkeit nicht steuern.
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bb) Eine Rechtfertigung der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit kommt nicht in Betracht. Der Wortlaut des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG sieht abgesehen vom Willenskriterium keine weitere Einschränkung des Verbots der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit vor; das Staatenlosigkeitsverbot ist strikt formuliert.
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Zwar wurde eine Inkaufnahme der Staatenlosigkeit im Fall der Rücknahme einer durch bewusst falsche Angaben erwirkten rechtswidrigen Einbürgerung für verfassungsrechtlich zulässig gehalten (vgl. BVerfGE 116, 24 <45 ff.>). Wegen des strikt formulierten Verbots des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG ist jedoch bei einer Weiterung der für den Rücknahmefall angestellten Rechtfertigungsüberlegungen auf andere Konstellationen äußerste Zurückhaltung geboten. In der hier zu beurteilenden Konstellation greifen die zur Rücknahme einer durch Täuschung erschlichenen Einbürgerung angestellten Erwägungen jedenfalls nicht. Dort stand im Zentrum, dass sich die Betroffenen über die Rechtsordnung hinweggesetzt und durch willentliche Täuschung eine rechtswidrige Einbürgerung erreicht haben. Im Fall der Behördenanfechtung liegen die Dinge anders.
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Durch die Vaterschaftsanerkennung haben sich die Eltern weder über die Rechtsordnung hinweggesetzt, noch haben sie irgendjemanden über irgendetwas getäuscht, noch haben sie eine rechtswidrige Entscheidung herbeigeführt. Wegen der geringen Voraussetzungen, die das deutsche Abstammungsrecht an eine Vaterschaftsanerkennung stellt, welche insbesondere keine biologische Vaterschaft erfordert, gibt es nichts, worüber die Eltern täuschen könnten. Von einer rechtlichen Missbilligung des Staatsangehörigkeitserwerbs durch Vaterschaftsanerkennung kann ohnehin allenfalls bei Vaterschaftsanerkennungen die Rede sein, die nach Inkrafttreten von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB erfolgten. Auch dann ist die Bemakelung der durch Vaterschaftsanerkennung erlangten Staatsangehörigkeit jedoch mit einer durch rechtswidriges Verhalten oder Täuschung erschlichenen Einbürgerung nicht vergleichbar und rechtfertigt nicht die Überwindung des Verbots der Herbeiführung von Staatenlosigkeit. In dieser Konstellation setzte sich die deutsche Rechtsordnung durch eine Inkaufnahme der Staatenlosigkeit auch in Widerspruch zu völkerrechtlichen Bestimmungen zur Staatenlosigkeit (Art. 8 Abs. 1 und 2 der Konvention zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. August 1961, BGBl II 1977, S. 598, United Nations, Treaty Series, vol. 989, p. 175; Art. 7 Abs. 3 des Europäischen Übereinkommens über Staatsangehörigkeit vom 6. November 1997, BGBl II 2004, S. 579; BGBl II 2006, S. 1351,United Nations, Treaty Series, vol. 2135, p. 215).
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Vor allem aber treten hier der Verlust der Staatsangehörigkeit und damit gegebenenfalls die Staatenlosigkeit beim Kind ein, das selbst an der Erlangung der Staatsangehörigkeit nicht aktiv beteiligt war. Anders als bei der Abgrenzung von Entziehung und Verlust der Staatsangehörigkeit (s.o., 3.b)bb)) ist es angesichts des klaren Verbots der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit hier nicht möglich, dem Kind ein Verhalten der Eltern zuzurechnen.
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b) Darüber hinaus liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vor. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt zur Legitimierung eines unfreiwilligen Verlusts der Staatsangehörigkeit eine gesetzliche Grundlage (vgl. BVerfGE 116, 24 <52 ff.>). Dabei gebietet Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG, den Verlust der Staatsangehörigkeit so bestimmt zu regeln, dass die für den Einzelnen und für die Gesellschaft gleichermaßen bedeutsame Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit nicht beeinträchtigt wird (vgl. BVerfGE 116, 24 <61>). Dem genügen die Regelungen über die Behördenanfechtung nicht, weil der Umstand, dass die Staatsangehörigkeit infolge der Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft wegfällt, nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist. Damit liegt zugleich ein Verstoß gegen das Zitiergebot vor (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG).
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Die familienrechtlichen Vorschriften zur Behördenanfechtung zielen zwar ersichtlich darauf, die durch Vaterschaftsanerkennung erworbene deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes zu Fall zu bringen, um so die nicht gewollten aufenthaltsrechtlichen Folgen der Vaterschaftsanerkennung zu beseitigen. Jedoch regeln sie die Auswirkungen auf die Staatsangehörigkeit des Kindes nicht ausdrücklich. Auch im Staatsangehörigkeitsrecht findet sich keine gesetzliche Regelung, die den Verlust der Staatsangehörigkeit infolge der die Vaterschaft beendenden Behördenanfechtung anordnet. In der Aufzählung der Verlustgründe (§ 17 Abs. 1 StAG) ist diese Verlustform nicht enthalten. Der Wegfall ergibt sich vielmehr aus der Anwendung zweier ungeschriebener Rechtsregeln, an die § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB unausgesprochen anknüpft. Zugrunde liegen erstens die Annahme der Rückwirkung der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung auf den Zeitpunkt der Geburt und zweitens die Annahme, dass das Staatsangehörigkeitsrecht in vollem Umfang den familienrechtlichen Abstammungsvorschriften folgt, so dass die staatsangehörigkeitsrechtlichen Erwerbsvoraussetzungen einheitlich mit der Vaterschaft rückwirkend entfallen (s.o., A.III.2.). Der Gesetzgeber hat dies vorausgesetzt, jedoch nicht klar erkennbar geregelt.
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Zwar hat die staatsangehörigkeitsrechtliche Folge der behördlichen Vaterschaftsanfechtung im Februar 2009 mittelbar Niederschlag im Gesetz gefunden, indem der Gesetzgeber in § 17 Abs. 2 und 3 StAG für den Staatsangehörigkeitsverlust drittbetroffener Kinder eine Altersgrenze festgesetzt und dabei die Behördenanfechtung ausdrücklich von der Geltung dieser Altersgrenze ausgenommen hat. Diese Bestimmung impliziert, dass die Behördenanfechtung zum Verlust der Staatsangehörigkeit führt. Den strengen Anforderungen, die der Gesetzesvorbehalt an die Regelung der Staatsangehörigkeit stellt, genügt diese nur mittelbare Regelung jedoch nicht.
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c) Die Regelung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie verfolgt zwar einen legitimen Zweck, genügt jedoch nicht den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die Regelung zielt legitimer Weise auf die Effektivierung der gesetzlichen Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts, deren zielgerichtete Umgehung im Wege einer Vaterschaftsanerkennung verhindert werden soll (s.o.,3.d)aa)(3)(a)). Angesichts des Gewichts des Staatsangehörigkeitsverlusts (aa), das mit Alter und Dauer der Inhaberschaft der deutschen Staatsangehörigkeit steigt (bb), und verbleibender Zweifel an der Dringlichkeit des mit der Behördenanfechtung verfolgten Ziels (cc) ist die konkrete Ausgestaltung der Behördenanfechtung jedoch unverhältnismäßig im engeren Sinne, weil es an einer angemessenen Fristen- und Altersregelung fehlt (dd). Das gilt auch für Fälle, in denen die Vaterschaftsanerkennung tatsächlich zur Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts erfolgte. Sofern die Anfechtung Vaterschaftsanerkennungen erfasst, die nicht gerade zum Zweck der Umgehung des Aufenthaltsrechts erfolgten, sind sie ohnehin verfassungswidrig, weil sie gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG verstoßen (s.o., 3.d)).
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aa) Die staatliche Herbeiführung des Staatsangehörigkeitsverlusts ist aus Sicht des betroffenen Kindes ein gravierender Grundrechtseingriff. Die deutsche Staatsangehörigkeit ermöglicht dem Kind den weiteren Verbleib in Deutschland und die gleichberechtigte Teilhabe an Gütern und Rechten und damit die volle Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik. Mit dem Wegfall der Staatsangehörigkeit entschwinden Lebenschancen, auf die sich das Kind je nach Alter eingerichtet hat (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306> m.w.N.). Dabei fällt auch ins Gewicht, dass Kinder von der Behördenanfechtung als Außenstehende betroffen sind, die an dem bemakelten Staatsangehörigkeitserwerb nicht beteiligt waren und darum mit der Vaterschaftsanfechtung die Folgen des Handelns ihrer Eltern tragen müssen.
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bb) Die Belastungswirkung des mit dem Staatsangehörigkeitsverlust durch Behördenanfechtung verbundenen Grundrechtseingriffs nimmt mit dem Alter des betroffenen Kindes und mit der Zeitspanne zu, während der das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit innehatte. Mit dem altersgemäß steigenden Bewusstsein seiner Staatsangehörigkeit wächst das Vertrauen des Kindes auf den Bestand der Staatsangehörigkeit und der mit der deutschen Staatsangehörigkeit verbundenen faktischen und rechtlichen Folgen. Neben dem Alter erhöht auch die Dauer der Inhaberschaft der deutschen Staatsangehörigkeit die Belastungswirkung ihres Entfallens. Je länger sich ein Kind auf ein Leben in Deutschland eingerichtet und sich, insbesondere durch Teilhabe am deutschen Bildungssystem, in die deutsche Gesellschaft integriert hat, umso gravierender ist der mit dem Staatsangehörigkeitsverlust verbundene Grundrechtseingriff (vgl. Becker, NVwZ 2006, S. 304 <306>).
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cc) Auf der anderen Seite ist ungeachtet der legitimen Zielsetzung der Behördenanfechtung eine konkrete Dringlichkeit, in Umgehungsabsicht erfolgte Vaterschaftsanerkennungen zu bekämpfen, nicht erkennbar (s.o., 3.d)cc)).
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dd) Wegen der erheblichen Belastungswirkung des Staatsangehörigkeitsverlusts, die mit dem Alter des Kindes und mit der Dauer der Staatsangehörigkeit steigt, sind dem Staatsangehörigkeitsverlust jenseits des relativ frühen Kindesalters zeitliche Grenzen zu setzen. Dass damit nicht jede zu Umgehungszwecken erfolgte Vaterschaftsanerkennung im Wege der Behördenanfechtung rückgängig gemacht werden kann, ist auch angesichts der Zweifel an deren Dringlichkeit hinnehmbar.
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(1) Dem Vertrauen von Kindern in den Bestand der deutschen Staatsangehörigkeit ist durch spezifische Regelungen Rechnung zu tragen, die die Möglichkeit des Staatsangehörigkeitsverlusts einschränken (vgl. BVerfGE 116, 24 <60>). Dementsprechend hat der Gesetzgeber Altersgrenzen für den Verlust der Staatsangehörigkeit bei Kindern geschaffen. Nach der Regelung in § 17 Abs. 2 und 3 Satz 1 StAG berühren Entscheidungen nach anderen Gesetzen, die den rückwirkenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit Dritter zur Folge hätten, nicht die deutsche Staatsangehörigkeit von Kindern, die mindestens fünf Jahre alt sind. Exemplarisch nennt § 17 Abs. 3 StAG die Rücknahme der Einbürgerung oder einer Niederlassungserlaubnis der Eltern sowie die Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft. Zur Begründung führte die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren aus, sie wolle Kinder, die am nachträglichen Wegfall der Erwerbsvoraussetzungen für ihre Staatsangehörigkeit nicht beteiligt sind, gegen einen automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit schützen. Man gehe aber davon aus, dass ein Kind bis zum Alter von fünf Jahren noch kein eigenes Bewusstsein von seiner Staatsangehörigkeit und kein eigenes Vertrauen auf deren Bestand habe (vgl. BTDrucks 16/10528, S. 6 f.).
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(2) Die damit geschaffene absolute Altersgrenze von fünf Jahren gilt jedoch nach § 17 Abs. 3 Satz 2 StAG nicht für den Wegfall der Staatsangehörigkeit nach einer Behördenanfechtung. Der Gesetzgeber verweist zur Begründung des Verzichts auf ein Alterskriterium bei der Behördenanfechtung auf den seiner Ansicht nach ausreichenden Schutz dieser Kinder durch die in § 1600b Abs. 1a Satz 3 BGB enthaltene Anfechtungsfrist von fünf Jahren nach Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung oder Einreise des Kindes in das Bundesgebiet (vgl. BTDrucks 16/10528, S. 7).
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Die Staatsangehörigkeit kann jedoch durch Behördenanfechtung auch bei einem älteren Kind verloren gehen, das die deutsche Staatsangehörigkeit über einen langen Zeitraum innehatte. Zwar schließt § 1600b Abs. 1a BGB den Staatsangehörigkeitsverlust bei älteren Kindern in den Fällen aus, in denen eine Vaterschaftsanerkennung in zeitlicher Nähe zur Geburt des Kindes erfolgte. Die Behördenanfechtung trifft gleichwohl auch ältere Kinder. Zum einen ist die Behördenanfechtung auch in Fällen möglich, in denen die Vaterschaftsanerkennung in vorgerücktem Kindesalter erfolgte. Zum anderen wird durch die Ausschlussfrist des § 1600b Abs. 1a Satz 3, 2. Alt. BGB die Behördenanfechtung auch solcher Vaterschaftsanerkennungen ermöglicht, die bereits vor Jahren wirksam wurden, sofern das Kind erst deutlich später in die Bundesrepublik einreist. Aufgrund der langen Anfechtungsfrist von fünf Jahren trifft die Behördenanfechtung zudem auch (ältere) Kinder, die bereits seit vielen Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit innehatten und demgemäß als Deutsche gelebt haben. Es kommt hinzu, dass die Fünfjahresfrist auf die Anfechtung bezogen ist und nicht auf die Rechtskraft des das Nichtbestehen der Vaterschaft feststellenden Urteils, die nochmals Jahre später eintreten kann.
- 92
-
(3) Soweit die Behördenanfechtung wegen der altersunabhängigen Fünfjahresfrist ältere Kinder trifft, deren Staatsangehörigkeitserwerb möglicherweise schon viele Jahre zurückliegt, so dass sie bereits ein Bewusstsein für ihre Staatsangehörigkeit und die damit verbundenen Folgen entwickelt haben und in für die Entfaltung ihrer Persönlichkeit entscheidenden Jahren davon ausgingen, deutsche Staatsangehörige zu sein, ist die Regelung übermäßig hart, zumal die betroffenen Kinder zur Bemakelung ihres Staatsangehörigkeitserwerbs nicht selbst beigetragen haben. Nach der Einschätzung und Wertung des Gesetzgebers setzt das Bewusstsein für die eigene Staatsangehörigkeit bei Kindern ein, die älter sind als fünf Jahre. Verfassungsrechtlich ist auch für die Behördenanfechtung für Kinder, die älter als fünf Jahre sind, eine deutliche Verkürzung der Anfechtungsfrist geboten.
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II.
- 93
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Die Regelungen über die Behördenanfechtung verstoßen gegen das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Elternrecht.
- 94
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1. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG schützt als Grundlage und Kern des Elternrechts auch den Bestand der Elternschaft. Die Behördenanfechtung betrifft das Bestandsinteresse des Vaters wie auch das ebenfalls geschützte (vgl. BVerfGE 38, 241 <252>) Interesse der Mutter am Fortbestand einer zuvor willentlich begründeten gemeinsamen Elternschaft.
- 95
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Eine verfassungsrechtlich geschützte Elternschaft besteht auch dann, wenn die Vaterschaft durch Anerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB begründet wurde und der Anerkennende - wie in § 1600 Abs. 3 BGB vorausgesetzt - weder der biologische Vater des Kindes ist noch eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind begründet hat. Die durch Vaterschaftsanerkennung nach § 1592 Nr. 2 BGB erlangte Vaterstellung macht den anerkennenden Mann unabhängig von den biologischen Abstammungsverhältnissen zugleich zum Träger des verfassungsrechtlichen Elternrechts des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, ohne dass es auf die Begründung einer sozial-familiären Beziehung ankäme. Freilich hängt die Intensität des durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Schutzes davon ab, ob die rechtliche Vaterschaft auch sozial gelebt wird.
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2. Die Behördenanfechtung beendet die rechtliche Vaterschaft rückwirkend gegen den Willen der Familienmitglieder (s.o., A.III.2.) und greift so in das Bestandsinteresse beider Eltern ein.
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3. Der Eingriff ist nicht zu rechtfertigen, weil er unverhältnismäßig ist.
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a) Das Elterngrundrecht enthält keinen allgemeinen Gesetzesvorbehalt. Eine Beschränkung des Elterngrundrechts kann indessen aufgrund verfassungsimmanenter Schranken erfolgen. Die Behördenanfechtung dient der Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Steuerungszwecke und verfolgt damit ein legitimes Ziel (s.o., I.3.d)aa)(3)(a)), das eine verfassungsimmanente Schranke des Elterngrundrechts bildet. Zwar erteilt das Grundgesetz dem Gesetzgeber nicht ausdrücklich den Auftrag, den Zuzug ausländischer Staatsangehöriger zu regeln. Die Eröffnung beziehungsweise Verwehrung von Zuzugsmöglichkeiten berührt das Gemeinwesen jedoch im Kern und bedarf darum rechtlicher Steuerung.
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b) Zielte die Vaterschaftsanerkennung gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile, ist die Schutzwürdigkeit der Elternposition gering. Der Eingriff durch eine behördliche Anfechtung ist insoweit angesichts ihrer legitimen Zwecksetzung verhältnismäßig. Soweit die Behördenanfechtung hingegen nach den zu breit formulierten Voraussetzungen des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB Vaterschaften erfasst, die nicht zur Umgehung gesetzlicher Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts anerkannt wurden (s.o., I.3.d)bb)), ist sie nicht vom Gesetzeszweck getragen und ist darum im Hinblick auf das Elterngrundrecht unverhältnismäßig.
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III.
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Die überprüften Regelungen verstoßen gegen das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht des Kindes auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung.
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1. Kinder, denen ein eigenes Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zukommt (Art. 2 Abs. 1 GG), bedürfen des Schutzes und der Hilfe, um sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten innerhalb der sozialen Gemeinschaft entwickeln zu können. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verleiht dem Kind darum ein Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 19. Februar 2013 - 1 BvL 1/11 und 1 BvR 31 BvR 3247/09 -, juris, Rn. 41 ff.) und schützt Kinder zugleich dagegen, durch staatliche Maßnahmen von der spezifisch elterlichen Hinwendung abgeschnitten zu werden.
- 102
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2. Ist die behördliche Anfechtungsklage erfolgreich, entfällt rückwirkend auf den Tag der Geburt des Kindes die bisherige Vaterschaftszuordnung. Dem Kind wird mit der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtungsklage durch eine staatliche Behörde der rechtliche Vater genommen. Dies greift in das Recht des Kindes auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung ein.
- 103
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3. Der Eingriff in das Recht des Kindes ist unverhältnismäßig, sofern die Behördenanfechtung Vaterschaftsanerkennungen betrifft, die nicht zur Umgehung des Aufenthaltsrechts erfolgt sind (s.o., I.3.d)bb)). Wurde die Vaterschaftsanerkennung hingegen allein zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken vorgenommen, ist der soziale Gehalt der Vaterschaft für das Kind typischerweise nicht hoch. Dass der Gesetzgeber demgegenüber dem Interesse an der Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Zielsetzungen den Vorrang gegeben hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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IV.
- 104
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Ein - nur in Teilen durch verfassungskonforme Auslegung zu vermeidender - Verstoß gegen das allgemeine Familiengrundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG liegt vor, weil die Regelung ein tatsächlich bestehendes Familienleben im Rahmen des Anfechtungsverfahrens nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB unnötig mit behördlichen und gerichtlichen Ausforschungen belastet.
- 105
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1. Belastungen resultieren aus der Abstammungsklärung. Die erfolgreiche Behördenanfechtung setzt wie alle anderen Formen der Vaterschaftsanfechtung voraus, dass der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, nicht der biologische Vater des Kindes ist. Daher muss die Abstammung des Kindes im Rahmen des Anfechtungsverfahrens geklärt werden. Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass diese Abstammungsklärung erst dann erfolgen dürfte, wenn sichergestellt ist, dass die sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen. Eltern und Kinder könnten sich der Abstammungsklärung folglich auch dann unterziehen müssen, wenn die Behördenanfechtung schließlich an den sonstigen Voraussetzungen scheitert. Obwohl die Behördenanfechtung dann im Ergebnis wegen des Bestehens einer sozial-familiären Beziehung erfolglos bleibt, greift bereits die Abstammungsklärung an sich in das Recht des Kindes und der Eltern aus Art. 6 Abs. 1 GG ein. Denn falls eine sozial-familiäre Beziehung zum Vater besteht, belastet die Durchführung des familiengerichtlichen Anfechtungsverfahrens, in dem die gesamte familiäre Situation einer staatlichen Prüfung unterzogen und die biologische Vaterschaft in Frage gestellt wird, die soziale Beziehung zwischen den Betroffenen. Die Belastung ist besonders groß, wenn sich bei der Abstammungsklärung herausstellt, dass der rechtliche Vater trotz sozial-familiärer Beziehung nicht biologischer Vater des Kindes ist (vgl. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, August 2005, S. 378).
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Insoweit stehen die vorgelegten Regelungen einer verfassungskonformen Anwendung jedoch nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat nicht geregelt, in welcher Reihenfolge das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen zu klären ist. Wegen der familiären Auswirkungen der Abstammungsklärung kann es zur Vermeidung unnötiger Eingriffe in das Familiengrundrecht geboten sein, die Abstammungsklärung erst dann herbeizuführen, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt ist, dass die sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen. Ist hingegen absehbar, dass die Klärung der sonstigen Anfechtungsvoraussetzungen für die Betroffenen - etwa wegen der Breitenwirkung der dafür erforderlichen Ermittlungen - ungleich belastender ist, kann es umgekehrt geboten sein, zuerst die Abstammungsklärung vorzunehmen. Die Regelungen zur Behördenanfechtung lassen die Berücksichtigung dieser verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte zu.
- 107
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2. Indessen setzt die Beeinträchtigung des Familienlebens durch die mit einem Anfechtungsverfahren verbundene Ausforschung nicht erst mit der gerichtlichen Abstammungsklärung ein. Vielmehr belasten schon die vorausgehenden behördlichen Ermittlungen die sozialen Beziehungen der Familie, weil sie die Beteiligten bereits mit dem Verdacht des fehlenden biologischen Abstammungsverhältnisses zwischen Vater und Kind und mit der Gefahr einer Auflösung der rechtlichen Vater-Kind-Beziehung konfrontieren und weil sie unter Umständen Details des Familienlebens ausleuchten und damit dessen unbeschwerte Fortführung hemmen. Die behördlichen Ermittlungen nehmen den Beteiligten Gewissheit und Vertrauen in ihre familiären Beziehungen, indem sie deren tatsächliche und rechtliche Grundlagen in Frage stellen. Dies kann selbst dann der Fall sein, wenn zwischen Vater und Kind keine sozial-familiäre Beziehung besteht, denn die behördliche Infragestellung der Vaterschaft belastet auch die familiäre Beziehung zwischen Mutter und Kind.
- 108
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Die Belastungen sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt, sofern die Maßnahmen der Anfechtung einer gerade aufenthaltsrechtlich motivierten Vaterschaftsanerkennung dienen. Grundsätzlich ist auch hinzunehmen, dass in die behördlichen Ermittlungen Familien einbezogen werden, bei denen die behördlichen Aufklärungen am Ende ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Vaterschaftsanfechtung nicht vorliegen. Eben dies kann sich unter Umständen erst durch behördliche Nachforschung erweisen.
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Verfassungsrechtlich nicht hinzunehmen ist jedoch, dass die in § 1600 Abs. 4 BGB unnötig weit gefassten Anfechtungsvoraussetzungen nicht verheiratete, ausländische oder binationale Elternpaare, die keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, generell dem Verdacht aussetzen, die Vaterschaftsanerkennung allein aus aufenthaltsrechtlichen Gründen vorgenommen zu haben und deren Familienleben damit ohne Weiteres mit behördlichen Nachforschungen belasten (vgl. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland, August 2005, S. 378). Auch wegen Art. 6 Abs. 1 GG wäre insoweit eine präzisere Fassung der Anfechtungsvoraussetzungen verfassungsrechtlich geboten.
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V.
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Die Regelungen verstoßen nicht gegen Art. 6 Abs. 5 GG.
- 111
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Art. 6 Abs. 5 GG setzt als Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes und als Schutznorm zugunsten nichtehelicher Kinder der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit Grenzen (vgl. BVerfGE 84, 168 <184 f.>). Auch eine mittelbare Schlechterstellung nichtehelicher Kinder im Verhältnis zu ehelichen Kindern ist durch Art. 6 Abs. 5 GG verboten (vgl. BVerfGE 118, 45 <62> m.w.N.). Eine ungleiche Behandlung nichtehelicher Kinder, die sich als Benachteiligung gegenüber ehelichen Kindern auswirkt, bedarf stets einer überzeugenden Begründung (vgl. BVerfGE 84, 168 <185>).
- 112
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Die Behördenanfechtung kann nur bei nichtehelichen Kindern zur Anwendung kommen und benachteiligt diese daher mittelbar (1.). Dies lässt sich jedoch rechtfertigen (2.).
- 113
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1. Die Regelungen über die Behördenanfechtung bewirken mittelbar eine Benachteiligung nichtehelicher Kinder. Der Gesetzgeber hat die rechtliche Vaterschaft kraft Anerkennung (§ 1592 Nr. 2 BGB), nicht aber die rechtliche Vaterschaft kraft Ehe (§ 1592 Nr. 1 BGB) behördlicher Anfechtung unterworfen, obwohl auch im Fall der auf Ehe beruhenden Vaterschaft eine lediglich rechtliche Vaterschaft ohne biologische Abstammungsbeziehung vorliegen kann, die unter Umständen - ähnlich wie die Vaterschaftsanerkennung - einen besseren Aufenthaltsstatus vermittelt. Die Behördenanfechtung im Fall der Vaterschaftsanerkennung knüpft zwar nicht an das Merkmal der Nichtehelichkeit des Kindes an. Praktisch trifft sie jedoch gerade die nichtehelichen Kinder und führt so zu einer (mittelbaren) Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder rechtlicher Väter gegenüber ehelichen Kindern von rechtlichen Vätern. Zwar sieht das Gesetz in § 1314 Abs. 2 Nr. 5, § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Möglichkeit eines behördlichen Antrags auf Aufhebung einer zu Aufenthaltszwecken geschlossenen Ehe vor. Die Aufhebung der Ehe führt jedoch nicht zur Beendigung der Vaterschaft eines in der Ehe geborenen Kindes, obwohl das Kind auch hier - wie im Fall der Behördenanfechtung - dem ausländischen Elternteil weiterhin über § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG einen besseren Aufenthaltsstatus vermitteln kann. Eine Anfechtung der durch eine zu Aufenthaltszwecken geschlossenen Ehe begründeten Vaterschaft sieht das Gesetz nicht vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Ehe gemäß § 1313, § 1314 Abs. 2 Nr. 5, § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB aufgehoben wurde.
- 114
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2. Die Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder, deren rechtliches Verhältnis zum Vater auf Anerkennung beruht (§ 1592 Nr. 2 BGB) und ehelicher Kinder, deren rechtliches Verhältnis zum Vater auf der Ehe der Mutter beruht (§ 1592 Nr. 1 BGB), ist gerechtfertigt.
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Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gezwungen, behördliches Einschreiten in allen Konstellationen allein rechtlicher Vater-Kind-Beziehungen anzuordnen, die den Beteiligten aufenthaltsrechtliche Vorteile bringen. Vielmehr steht ihm ein politischer Spielraum zu, sich auf Konstellationen zu beschränken, in denen er besonderen Handlungsbedarf sieht. Offenbar hat der Gesetzgeber den Handlungsbedarf bei einer durch Aufenthaltsehe begründeten Vaterschaft für geringer gehalten als bei auf Anerkennung beruhender Vaterschaft. Dabei ist der Gesetzgeber auch bezüglich aufenthaltsrechtlich motivierter Ehen nicht untätig geblieben, sondern hat, wie gesehen, die Aufenthaltsehe behördlicher Aufhebung unterworfen. Freilich hat er darauf verzichtet, auch die durch diese aufgehobene Ehe vermittelte Vaterschaft für Kinder des ausländischen Elternteils der Anfechtung zu unterwerfen.
- 116
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Dass der Gesetzgeber sich darauf konzentriert hat, die Aufhebung der Aufenthaltsehe zu ermöglichen, nicht aber dadurch etwa vermittelte Vaterschaften aufheben wollte, ist hinreichend plausibel und darum verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die auf einer Ehe beruhende Vaterschaft hat im Vergleich zur durch Anerkennung begründeten Vaterschaft quantitativ ein deutlich geringeres Potenzial, anderen Personen einen besseren Aufenthaltsstatus zu vermitteln: Ein Mann kann in Deutschland gleichzeitig nur mit einer Frau die Ehe eingehen; er kann aber jederzeit für zahlreiche Kinder die Vaterschaft anerkennen. Zudem kann im Wege der Ehe nur künftig auf die Welt kommenden Kindern die Vaterschaft vermittelt werden, wohingegen die Anerkennung der Vaterschaft auch für früher geborene Kinder möglich ist. Ein einzelner Mann kann darum mittels Vaterschaftsanerkennung sehr viel mehr Personen zu einer aufenthaltsrechtlich vorteilhaften Position verhelfen als ihm durch Eingehung einer Ehe möglich wäre.
(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:
- 1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht, - 2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, - 3.
die Mutter und - 4.
das Kind.
(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.
(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.
(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.
(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.
(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn
- 1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder - 2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.
(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.
(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,
- 1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat, - 2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, - 3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder - 4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, - a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt, - b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder - c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.
(5) (weggefallen)
(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
- 1.
Ehegatten eines Deutschen, - 2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen, - 3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.
(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.
(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.
(5) (weggefallen)
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. August 2014 - 1 K 1465/14 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 5. März 2015 wird der Klägerin Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren bewilligt und Rechtsanwalt Becker, Nürnberg, beigeordnet.
Gründe
(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.
(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn
- 1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder - 2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.
(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.
(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,
- 1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat, - 2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, - 3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder - 4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, - a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt, - b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder - c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.
(5) (weggefallen)
Tenor
Unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 5. März 2015 wird der Klägerin Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren bewilligt und Rechtsanwalt Becker, Nürnberg, beigeordnet.
Gründe
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. August 2014 - 1 K 1465/14 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 5. März 2015 wird der Klägerin Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren bewilligt und Rechtsanwalt Becker, Nürnberg, beigeordnet.
Gründe
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. August 2014 - 1 K 1465/14 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.
(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn
- 1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder - 2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.
(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.
(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,
- 1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat, - 2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, - 3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder - 4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, - a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt, - b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder - c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.
(5) (weggefallen)
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. August 2014 - 1 K 1465/14 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.
(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn
- 1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder - 2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.
(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.
(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,
- 1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat, - 2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet, - 3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder - 4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, - a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt, - b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder - c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.
(5) (weggefallen)
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
- 1.
Ehegatten eines Deutschen, - 2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen, - 3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.
(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.
(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.
(5) (weggefallen)
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer
- 1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, - 3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, - 4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder - 5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.
(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn
- 1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, - 2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält, - 3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt, - 4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält, - 5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder - 6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.
(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.
(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass
- 1.
der Lebensunterhalt gesichert ist, - 1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist, - 2.
kein Ausweisungsinteresse besteht, - 3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und - 4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.
(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer
- 1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und - 2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.
(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin zu 1. bezüglich ihres Antrags vom 27. Januar 2011 auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zu 1. zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Kläger zu 2. bis 4. zu je 1/4 sowie die Klägerin zu 1. und die Beklagte zu je 1/8. Die Gerichtskosten des Berufungszulassungsverfahrens tragen die Kläger zu 2. bis 4. zu je 1/3. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1. und die Beklagte zu je 1/2.
Von den in beiden Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten tragen die Kläger zu 2. bis 4. ihre eigenen und jeweils 1/4 derjenigen der Beklagten. Die Klägerin zu 1. trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten und 1/8 derjenigen der Beklagten. Die Beklagte trägt 1/8 ihrer eigenen Kosten und die Hälfte derjenigen der Klägerin zu 1.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin zu 1. erstrebt die Erteilung einer rückwirkenden Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen und hieran anschließend einer Niederlassungserlaubnis. Hilfsweise begehrt sie die Bescheidung ihres Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis aus humanitären Gründen. Parallele Klagebegehren ihrer Geschwister – der Kläger zu 2. und 3. – und ihrer Mutter – der Klägerin zu 4. – sind erfolglos geblieben; insoweit ist noch über die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu entscheiden.
3Die Klägerin zu 1. ist am 1. April 2000 in B. geboren. Ihre Eltern stammen aus dem Kosovo.
4Der Vater der Klägerin zu 1., Herr C. C1. , reiste erstmals 1993 nach Deutschland ein. Noch im selben Jahr wurde er als Asylberechtigter anerkannt und kehrte kurz darauf wegen des Todes seines Vaters in sein Heimatland zurück. Nach Wiedereinreise im Jahr 1994 stellte er einen Asylfolgeantrag, der zunächst erfolglos blieb. Auf entsprechende gerichtliche Verurteilung stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 26. Juli 1999 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG fest. Dem Vater der Klägerin zu 1. wurde daraufhin am 30. August 1999 ein Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt und am 2. September 1999 eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG erteilt. Am 16. Oktober 2002 erhielt er eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die am 10. Juni 2009 als Niederlassungerlaubnis gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG in seinen am 1. September 2008 ausgestellten kosovarischen Reisepass übertragen wurde. Am 14. Januar 2012 ist der Vater der Klägerin zu 1. verstorben.
5Die Klägerin zu 4. reiste 1999 nach Deutschland ein. Ihr im April 2000 für sich und die Klägerin zu 1. gestellter Asylantrag wurde im Mai 2000 bestandskräftig abgelehnt. In der Folgezeit wurde der Aufenthalt der Klägerinnen zu 1. und 4., die gemeinsam mit dem Kindesvater und dessen Ehefrau, Frau S. C1. , in einem Haushalt lebten, wegen Reiseunfähigkeit zunächst geduldet. In einem Aktenvermerk vom 30. August 2001 hielt die Beklagte fest: Aufenthaltsbefugnisse nach § 31 AuslG könnten nicht erteilt werden, da die Klägerin zu 4. nicht mit dem Kindesvater verheiratet sei und sie mangels eigener Aufenthaltsbefugnis der Klägerin zu 1. keinen diesbezüglichen Anspruch vermitteln könne.
6Mit Schreiben vom 15. November 2001 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger, den Klägerinnen zu 1., 2. und 4. Aufenthaltsbefugnisse zu erteilen. Zur Begründung machte er geltend, die Klägerin zu 1. sei durch ihre extreme Frühgeburt beeinträchtigt; zudem leide sie an Epilepsie und an einem angeborenen Herzfehler. Nachdem das Gesundheitsamt im Juli 2002 eine mindestens zweijährige Reiseunfähigkeit der Klägerin zu 1. bestätigt hatte, gab die Beklagte dem Antrag statt. Der Klägerin zu 1. erteilte sie am 13. März 2003 eine bis zum 16. Dezember 2004 gültige Aufenthaltsbefugnis.
7Unter dem 30. November 2004 beantragte die Klägerin zu 1. formblattmäßig die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis. Den Aufenthaltszweck bezeichnete sie mit „Familie“, als Aufenthaltsdauer gab sie an „für immer“, die Verlängerung sollte „unbefristet“ erfolgen. Im Juni 2005 teilte das Gesundheitsamt mit, dass die Klägerin zu 1. für weitere zwei Jahre und voraussichtlich auch auf Dauer nicht reisefähig sei. Daraufhin bat der damalige Verfahrensbevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 16. September 2005, „über den Antrag meiner Mandanten auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnis bzw. auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Aufenthaltsgesetz“ zu entscheiden. Unter dem 7. Oktober 2005 erteilte die Beklagte der Klägerin zu 1. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG mit Gültigkeitsdauer bis zum 8. September 2007.
8Die Aufenthaltserlaubnis wurde in der Folgezeit fortlaufend – nach einem viermonatigen Auslandsaufenthalt im Jahr 2010 auch rückwirkend – verlängert. Die zugrundeliegenden formblattmäßigen Verlängerungsanträge bezeichneten den Aufenthaltszweck jeweils mit „Familie“. Die Erteilung des Visums zur Wiedereinreise im Jahr 2010 erfolgte mit Vorabzustimmung der Beklagten „ausschließlich zum Zwecke der Fortführung des bereits bestehenden humanitären Aufenthaltszwecks“.
9Auch den übrigen Klägern wurden seit 2002 bzw. 2003 fortlaufend humanitäre Aufenthaltstitel erteilt.
10Mit Schreiben vom 27. Januar 2011 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger, den Klägern zu 1. bis 3. Niederlassungserlaubnisse, hilfsweise Aufenthaltserlaubnisse zu familiären Zwecken „ab Anspruch“ zu erteilen. Zur Begründung machte er unter dem 14. Februar 2011 geltend: Die Beklagte habe ihre Beratungsverpflichtung nicht ernst genommen. Ansonsten hätte sie schon zu einem früheren Zeitpunkt andere Aufenthaltstitel erteilen müssen. Es sei immer nur die kranke Klägerin zu 1. in den Blick genommen worden, nicht aber der Status ihres Vaters. Eine Niederlassungserlaubnis könne zum einen erteilt werden auf der Grundlage von § 26 Abs. 4 AufenthG, wobei gemäß Satz 4 der Vorschrift i.V.m. § 35 Abs. 1 AufenthG von der nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG erforderlichen Lebensunterhaltssicherung abgesehen werden könne. Auch die Voraussetzungen von § 104 Abs. 7 AufenthG lägen vor. Zum anderen könne die Niederlassungerlaubnis nach § 9 AufenthG beansprucht werden, da die Kläger zu 1. bis 3. so zu stellen seien, als wären sie seit spätestens 1. Januar 2005 im Besitz familiärer Aufenthaltstitel; hilfsweise seien diese rückwirkend zu erteilen. Seit dem genannten Zeitpunkt hätten die Voraussetzungen für einen Kindernachzug sowohl nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 als auch nach Nr. 2 AufenthG vorgelegen, da der Kindesvater eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG und die Klägerin zu 4. eine Aufenthaltserlaubnis besitze. Von dem Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung sei jedenfalls bezüglich der Klägerin zu 1. abzusehen, da sie aufgrund ihrer geistigen Behinderung hierzu nicht in der Lage sei.
11Die Kläger haben am 13. Mai 2011 Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung führten sie unter ergänzender Bezugnahme auf ihr vorprozessuales Vorbringen aus:
12Es bestehe ein rechtlich geschütztes Interesse an der rückwirkenden Erteilung familiärer Aufenthaltstitel, da hierdurch die Rechtsstellung der Kläger in Hinblick auf § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG verbessert werde. Diesbezügliche Anträge seien in der Vergangenheit gestellt und nicht beschieden worden; die Erteilung eines „falschen“ Aufenthaltstitels impliziere nicht die Versagung des „richtigen“. Gehe man hingegen davon aus, dass eine Beantragung familiärer Aufenthaltstitel unterblieben sei, müsse man in Anbetracht der Nichtbeachtung von § 82 Abs. 3 AufenthG durch die Beklagte über einen „Herstellungsanspruch“ bzw. einen Folgenbeseitigungsanspruch „nachdenken“. Die Nachzugsvoraussetzung des § 32 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG sei erfüllt, da die dem Kindesvater vor dem 1. Januar 2005 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis als Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG fortgelte; die abweichende Notifikation seitens der Beklagten („Abs. 4“) sei unzutreffend. Seine Flüchtlingseigenschaft sei durch die Annahme eines kosovarischen Reisepasses nicht erloschen. Der Anwendbarkeit von § 32 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG stehe nicht entgegen, dass die Aufenthaltserlaubnis der Klägerin zu 4. auf § 25 Abs. 5 AufenthG beruhe. Ein Anspruch auf Erteilung familiärer Aufenthaltstitel ergebe sich auch aus § 104 Abs. 3 AufenthG i.V.m. § 20 AuslG. Der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG an unter 16 Jahre alte Ausländer stehe die in § 35 Abs. 1 Satz 1 AufenthG normierte Altersgrenze nicht entgegen, da diese Vorschrift den Charakter einer begünstigenden Sonderregelung habe.
13Die Kläger haben beantragt,
14die Beklagte zu verpflichten, den Klägern zu 1. bis 3. rückwirkend ab dem 1. Januar 2005 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß Kapitel 2 Abschnitt 6 AufenthG (familiäre Gründe) zu erteilen,
15sowie,
16die Beklagte zu verpflichten, den Klägern zu 1. bis 3. hieran anschließend ab dem 15. Februar 2011eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen,
17hilfsweise,
18die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag der Kläger vom 15. Februar 2011 auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie hat vorgetragen:
22Das Aufenthaltsgesetz sehe eine auf einen Zeitpunkt vor Antragstellung bezogene rückwirkende Erteilung familiärer Aufenthaltserlaubnissen nicht vor. Sie würde die Rechtsstellung der Kläger zu 1. bis 3. auch nicht verbessern, da die von ihnen letztlich erstrebte Niederlassungserlaubnis nach § 35 AufenthG nicht vor Vollendung des 16. Lebensjahres in Betracht komme und zu diesem Zeitpunkt bei durchgehendem Besitz humanitärer Aufenthaltserlaubnisse die Niederlassungerlaubnis nach § 26 Abs. 4 i.V.m. § 35 AufenthG erteilt werden könne. Im Übrigen seien die Voraussetzungen für die Erteilung familiärer Aufenthaltserlaubnisse nicht gegeben. Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 i.V.m. § 9 AufenthG komme vor Vollendung des 16. Lebensjahres nicht in Betracht, da der in der erstgenannten Vorschrift enthaltene Verweis auf § 35 AufenthG einen Rückgriff auf § 9 Abs. 2 AufenthG sperre. Dem gesetzgeberischen Anliegen einer Gleichbehandlung von Flüchtlings- und Migrantenkindern würde es zuwiderlaufen, wenn Erstere früher als Letztere eine Niederlassungserlaubnis erlangen könnten.
23Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, abgewiesen. Der Senat hat durch Beschluss vom 28. August 2013 die Berufung der Klägerin zu 1. zugelassen. Den Zulassungsantrag der übrigen Kläger hat er abgelehnt und die Kostenentscheidung der Entscheidung im Berufungsverfahren vorbehalten.
24Die Klägerin zu 1. macht geltend:
25Sie habe durch entsprechende Einträge in den Antragsformularen der Beklagten wiederholt dargetan, dass sie einen unbefristeten Aufenthaltstitel für familiäre Zwecke begehre. Diese Anträge seien nicht beschieden worden. Zu Lebzeiten ihres Vaters sei § 32 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG einschlägig gewesen, da er als anerkannter Flüchtling im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG gewesen sei. Infolgedessen habe gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AufenthG von dem Regelerfordernis der Lebensunterhaltssicherung abgesehen werden können. Die Beklagte habe das ihr hiernach zustehende Ermessen nicht ausgeübt. Gleiches gelte in Bezug auf die in § 33 AufenthG normierte Erteilungsermächtigung. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Absatz 2 Satz 3 AufenthG greife zugunsten der Klägerin zu 1. unbeschadet ihrer Behinderung nicht Platz, sei verfehlt.
26Die Klägerin zu 1. beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
27das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr rückwirkend ab dem 1. Januar 2005 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß Kapitel 2 Abschnitt 6 AufenthG (familiäre Gründe) sowie hieran anschließend eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen,
28hilfsweise,
29die Beklagte zu verpflichten, über ihren Antrag vom 27. Januar 2011 auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
30Die Beklagte beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
33Die Klägerin zu 1. besucht seit 2007 eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung. Die Klägerin zu 4. leidet an diversen Erkrankungen und ist nach ärztlicher Einschätzung eine „hilflose Person“. Seit Juni 2013 beträgt der Grad ihrer Behinderung 100. Das Amtsgericht B. – Familiengericht – stellte durch Beschluss vom 20. März 2014 – 220 F 114/13 – das Ruhen der elterlichen Sorge fest und setzte Frau S. C1. als Vormundin ein.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe:
36Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da sie über ihren Prozessbevollmächtigten, der unbeschadet der von ihm mitgeteilten Mandatsbeendigung dem Gericht gegenüber weiterhin als bestellt gilt, §§ 173 Satz 1VwGO, 87 Abs. 1 ZPO, ordnungsgemäß geladen waren.
37Die Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
381. Sie ist nicht begründet, soweit sie den mit ihr weiterverfolgten Hauptantrag betrifft. Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin zu 1. hat keinen Anspruch auf rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen und anschließende Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.
39a) Ein Ausländer kann die Erteilung eines Aufenthaltstitels für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nach der Antragstellung nur beanspruchen, wenn er ein schutzwürdiges Interesse hieran hat. Das ist insbesondere der Fall, wenn die rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die weitere aufenthaltsrechtliche Stellung des Ausländers erheblich sein kann.
40BVerwG, Urteil vom 09. Juni 2009 – 1 C 7.08 –, NVwZ 2009, 1431 = juris, Rdn. 13; Beschluss vom 02. September 2010 – 1 B 18.10 –, Buchholz 402.242 § 27 AufenthG Nr. 3 = juris, Rdn. 9; Urteil vom 26. Oktober 2010 – 1 C 19.09 –, NVwZ 2011, 236 = juris, Rdn. 13.
41Die Klägerin zu 1. macht insoweit geltend, im Falle der rückwirkenden Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen ab dem 1. Januar 2005 erwüchse ihr ein Anspruch auf Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG. Die Beklagte tritt dem entgegen mit der Begründung, die allgemeine Vorschrift des § 9 AufenthG werde bei Ausländern, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen seien, vor Vollendung des 16. Lebensjahres durch die Sonderregelung in § 35 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gesperrt.
42Diese Frage bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn es steht kein unbeschiedener Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindesnachzug im Raum, dessen rückwirkende Stattgabe zur Folge hätte, dass die Klägerin zu 1. im Zeitpunkt des Ablebens ihres Vaters die Verfestigungsvoraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG – fünfjähriger Besitz der Aufenthaltserlaubnis – erfüllt hätte.
43Die Maßgeblichkeit des genannten Zeitpunkts für die Eingrenzung des in Betracht kommenden Antragszeitraums ergibt sich aus dem Umstand, dass eine zu Lebzeiten des Vaters – unterstellt – zu erteilen gewesene Aufenthaltserlaubnis zum Kindesnachzug über dessen Tod hinaus nicht hätte verlängert werden können. Die insoweit einschlägige Regelung des § 34 Abs. 1 AufenthG setzt nämlich unter anderem voraus, dass ein personensorgeberechtigter Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis oder einen anderen der genannten Aufenthaltstitel besitzt. Zwar verfügte und verfügt die Mutter der Klägerin zu 1. – die Klägerin zu 4. – über eine Aufenthaltserlaubnis. Diese beruht jedoch auf § 25 Abs. 5 AufenthG und unterliegt damit der Einschränkung des § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG. Nach dieser Vorschrift wird unter anderem in den Fällen des § 25 Abs. 5 AufenthG ein Familiennachzug nicht gewährt. Das schließt nicht nur die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindesnachzug aus, sondern auch die Verlängerung einer solchen Aufenthaltserlaubnis, die in Anknüpfung an das Aufenthaltsrecht des anderen, zwischenzeitlich verstorbenen Elternteils erteilt worden war. Für die Anwendbarkeit des § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG auch im Rahmen von § 34 Abs. 1 AufenthG spricht, dass letztgenannte Vorschrift bezüglich § 29 AufenthG eine Abweichung allein in Hinblick auf dessen Abs. 1 Nr. 2 zulässt; hieraus ist zu schließen, dass die sonstigen in § 29 AufenthG geregelten Vorgaben und Beschränkungen auch für die Verlängerung einer aus familiären Gründen erteilten Aufenthaltserlaubnis gelten sollen.
44Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Oktober 2006 – 11 S 387/06 –, juris, Rdn. 19; ebenso zu § 33 AufenthG: Hamburgisches OVG, Beschluss vom 2. Juni 2008 – 3 Bf 35/05 –, AuAS 2008, 170 = juris, Rdn. 14.
45Da der Vater der Klägerin zu 1. am 14. Januar 2012 verstorben ist, kommt ein schutzwürdiges Interesse an der rückwirkenden Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen nur in Betracht, wenn bis spätestens zum 14. Januar 2007 ein entsprechender Antrag gestellt worden ist, der in der Folgezeit weder beschieden noch fallen gelassen worden ist. Hieran fehlt es.
46Gemäß dem Antrag ihres Prozessbevollmächtigten ist der Klägerin zu 1. am 13. März 2003 in Hinblick auf ihren Gesundheitszustand ein humanitärer Aufenthaltstitel in Gestalt der seinerzeitigen Aufenthaltsbefugnis mit Gültigkeit bis zum 16. Dezember 2004 erteilt worden. Ihr unter dem 30. November 2004 gestellter formblattmäßiger Verlängerungsantrag enthält zwar die handschriftlichen Eintragungen „Familie“, „für immer“ und „unbefristet“. Hieraus lässt sich indes nicht entnehmen, dass es der Klägerin zu 1. bzw. der für sie handelnden Klägerin zu 4. um einen Wechsel des Aufenthaltszwecks zu tun gewesen wäre. Dagegen spricht bereits die Bezeichnung des Antragsziels als „Verlängerung“ des vorgenannten – humanitären – Aufenthaltstitels. Dass die Klägerin zu 1. ihren Antrag in diesem Sinne verstanden wissen wollte, erhellt im Übrigen aus dem Umstand, dass der seinerzeit von ihr und den übrigen Klägern mandatierte Rechtsanwalt Haack mit Schreiben vom 16. September 2005 an die Beklagte darum bat, „über den Antrag meiner Mandanten auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnis bzw. auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Aufenthaltsgesetz“ zu entscheiden. Dem entspricht es, dass nach am 7. Oktober 2005 erfolgter Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG weder die Klägerin zu 1. noch ihr damaliger Verfahrensbevollmächtigter Anlass sahen, eine fehlerhafte oder unvollständige Bescheidung des Antrags vom 30. November 2004 zu beanstanden.
47Der unter dem 24. Oktober 2006 gestellte weitere formblattmäßige Verlängerungsantrag ist in gleicher Weise formuliert wie derjenige vom 30. November 2004. Für sein Verständnis gilt daher Entsprechendes. Vor dem Hintergrund des vorausgegangenen Verlängerungsverfahrens, der dort erfolgten anwaltlichen Konkretisierung des nämlichen Antragsziels und der anstandslosen Akzeptanz des daraufhin erteilten humanitären Aufenthaltstitels bestand aus Sicht der Beklagten keine Veranlassung zu der Annahme, dass die Klägerin zu 1. nunmehr einen familiären Aufenthaltstitel begehren könnte. Derartiges hat sie auch im Anschluss an die noch am Tag der Antragstellung erfolgte Verlängerung nicht verlautbart.
48Weitere Verlängerungsanträge sind erst nach dem 14. Januar 2007 und damit weniger als fünf Jahre vor dem Tod des Kindesvaters gestellt worden mit der ‑ oben dargelegten ‑ Folge, dass sie als Anknüpfungspunkt für eine potentielle Aufenthaltsverfestigung nach Maßgabe von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht in Betracht kommen.
49Die von der Klägerin zu 1. erwogene „Fiktion“ eines – bis spätestens zum 14. Januar 2007 gestellten – Antrags auf Erteilung einer familiären Aufenthaltserlaubnis kommt nicht in Betracht. Ihrer Erwägung liegt die Annahme zugrunde, die Beklagte habe ihre Beratungspflicht, § 82 Abs. 3 AufenthG, verletzt mit der Folge, dass über einen „Herstellungsanspruch“ bzw. einen Folgenbeseitigungsanspruch „nachzudenken“ sei. Diese Annahme geht aus doppeltem Grunde fehl: Zum einen besteht in Anbetracht der seinerzeitigen fachkundigen anwaltlichen Vertretung der Klägerin zu 1. kein Anhalt für eine Verletzung behördlicher Beratungspflichten. Zum anderen tragen die geltend gemachten Anspruchsgrundlagen nicht die postulierte Rechtsfolge. Gegenstand eines Folgenbeseitigungsanspruchs ist nicht die Einräumung derjenigen Rechtsposition, die der Betroffene bei rechtsfehlerfreiem Verwaltungshandeln erlangt haben würde. Er ist vielmehr lediglich auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitlichen Eingriff veränderten Zustands gerichtet.
50BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2011 – 9 C 4.10 –, BVerwGE 140, 34 ff. = juris, Rdn. 18 m.w.N.; Beschluss vom 14. Juli 2010 – 1 B 13.10 –, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 35 = juris, Rdn. 3.
51Ein Herstellungsanspruch, der darauf gerichtet ist, so gestellt zu werden, wie der Betreffende bei rechtmäßigem Behördenhandeln stehen würde, hat in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, zumal auf dem Gebiet des Ausländerrechts, bislang keine Anerkennung gefunden.
52Vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juli 2012 – 17 B 591/12 –, juris; Rdn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2009 – 18 B 1100/09 –, m.w.N.
53Die rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis von Amts wegen nach § 33 AufenthG ist schon deshalb nicht möglich, weil diese Vorschrift im Zeitpunkt der Geburt der Klägerin zu 1. noch nicht existierte. Im Übrigen lagen die in der Norm genannten Voraussetzungen seinerzeit nicht vor. Letzteres gilt auch in Bezug auf die bei Geburt der Klägerin zu 1. gültig gewesene Vorgängerregelung in § 21 Abs. 1 AuslG 1990.
54b) In Ermangelung eines Anspruchs auf rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen kommt auch eine hieran anschließende Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 9 AufenthG nicht in Betracht.
552. Die Berufung ist begründet, soweit sie den mit ihr weiterverfolgten Hilfsantrag betrifft. Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin zu 1. kann beanspruchen, dass die Beklagte über ihren Antrag vom 27. Januar 2011 auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entscheidet.
56a) Entgegen der Ansicht der Beklagten setzt die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG nicht zwingend die Vollendung des 16. Lebensjahres voraus. Eine dahingehende Einschränkung ergibt sich namentlich nicht aus Satz 4 der Vorschrift. Hiernach kann für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, § 35 AufenthG entsprechend angewandt werden. Die in der letztgenannten Vorschrift normierte Altersgrenze für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis abweichend von § 9 Abs. 2 AufenthG hindert indes nicht daran, vor Erreichen der Altersgrenze eine Niederlassungserlaubnisin Gemäßheit von § 9 Abs. 2 AufenthG zu erteilen, wenn die dort genannten Voraussetzungen – und im Fall des § 26 Abs. 4 AufenthG zusätzlich die verlängerte Mindestfrist von sieben Jahren – gegeben sind. Denn § 35 AufenthG beinhaltet eine begünstigende Sonderregelung,
57so ausdrücklich Nr. 35.0.1 AVV-AufenthG; ebenso: Dienelt, in: Renner u.a. (Hrsg.), Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, Rdn. 4 zu § 35 AufenthG; Eberle, in: Storr u.a. (Hrsg.), Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Auflage 2008, Rdn. 3 zu § 35 AufenthG; HK-AuslR/Ober-häuser, 2008, Rdn. 3 zu § 35 AufenthG,
58und schließt eine unmittelbar auf § 9 AufenthG gestützte Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht aus,
59so ausdrücklich Nr. 9.2.0 AVV-AufenthG; ebenso: Hailbronner, Ausländerrecht, Rdn. 5 zu § 35 AufenthG (Stand: November 2012); Marx, in: GK-AufenthG, Rdn. 16 zu § 35 (Stand: Juni 2008); HK-AuslR/Müller, 2008, Rdn. 4 zu § 9 AufenthG.
60Aus dem von der Beklagten angeführten
61Beschluss des OVG NRW vom 06. Juli 2006 – 18 E 1500/05 –, InfAuslR 2006, 407
62ergibt sich nichts anderes. Die dort getroffene Feststellung, dass § 9 Abs. 2 AufenthG keine Anwendung findet, sofern hinsichtlich eines bestimmten Aufenthaltszwecks Sonderregelungen für die Erlangung einer Niederlassungserlaubnis bestehen, betraf die Frage der Herleitbarkeit eines Versagungsgrundes aus § 9 Abs. 2 AufenthG, wenn sämtliche Voraussetzungen der Spezialregelung – im zugrunde liegenden Fall: § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG – vorliegen. Darum geht es im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht. Es stellt sich hier vielmehr die umgekehrte Frage, ob bei Nichterfüllung der Voraussetzungen einer von den Anforderungen des § 9 Abs. 2 AufenthG dispensierenden Spezialregelung die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG möglich ist, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen. Hierzu verhält sich der Beschluss nicht.
63b) Nach § 26 Abs. 4 AufenthG kann einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach Abschnitt 5 besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 AufenthG gilt entsprechend.
64Die hiernach erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis liegen vor:
65Die Klägerin zu 1. besitzt seit – mehr als – sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Die Besitzkette weist jedenfalls seit dem 24. Oktober 2006 keine Unterbrechungen auf. Zwar wurde der Verlängerungsantrag zweimal verspätet gestellt (am 4. September 2009 und am 15. November 2010) mit der Folge, dass jeweils die Fortbestehensfiktion, § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, nicht Platz griff. Indes hat die Beklagte in beiden Fällen die zunächst entstandene Lücke in der Legalität des Aufenthalts durch rückwirkende Verlängerungen der Aufenthaltserlaubnis (am 4. September 2009 per 21. August 2009 und am 22. Dezember 2010 per 21. August 2010) geschlossen.
66Die Anforderungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 8 AufenthG finden auf die Klägerin zu 1. gemäß § 104 Abs. 2 Satz 2 AufenthG keine Anwendung, da sie vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis war. Die Erfordernisse des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und 6 AufenthG sind nicht einschlägig, da die Klägerin zu 1. nicht Arbeitnehmerin ist.
67Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AufenthG und des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AufenthG i.V.m. § 2 Abs. 4 AufenthG werden erfüllt.
68Die Anforderungen an das sprachliche Vermögen, § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AufenthG, sind bei Ausländern, die – wie die Klägerin zu 1. – vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis waren, gemäß § 104 Abs. 2 Satz 1 AufenthG dahin abgesenkt, dass sie sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich müssen verständigen können. Dass die Klägerin zu 1., die ausweislich des schulärztlichen Gutachtens gemäß § 12 Abs. 3 AO-SF vom 18. Juni 2007 zweisprachig Albanisch / Deutsch aufwächst und seit 2007 eine Förderschule besucht, hierzu in der Lage ist, wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt.
69Allerdings fehlt es an der nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG erforderlichen Lebensunterhaltssicherung. Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann, § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Zu einer eigenständigen Lebensunterhaltssicherung ist die Klägerin zu 1. nach übereinstimmender Einschätzung der Beteiligten aufgrund ihrer Behinderung gegenwärtig und in Zukunft nicht in der Lage. Aus ebendiesem Grund kommt ihr jedoch die Rechtswohltat des – gemäß § 26 Abs. 4 Satz 2 AufenthG entsprechend geltenden – § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG zugute. Hiernach wird unter anderem von der Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG abgesehen, wenn der Ausländer sie aus den in Satz 3 genannten Gründen, also wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung, nicht erfüllen kann. So liegt es im Fall der Klägerin zu 1.
70Der Umstand, dass sie gegenwärtig auch wegen ihres Alters zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht in der Lage ist, steht der Einschlägigkeit von § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG nicht entgegen. Denn der Norm ist nicht zu entnehmen, dass die dort in Bezug genommenen Gründe alleinursächlich sein müssen. Der Wortlaut der Vorschrift enthält keinen dahingehenden Vorbehalt. Auch ihr Zweck gibt nichts her für ein solches Normverständnis. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zur Ausnahmevorschrift des heutigen § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG ergibt sich, dass „behinderten Ausländern" eine Aufenthaltsverfestigung ermöglicht und verhindert werden soll, dass „Behinderte" benachteiligt werden, wenn sie wegen ihrer Behinderung nicht arbeiten können (vgl. BT-Drs. 15/420 S. 72). Dieser Schutzzweck greift unabhängig davon Platz, ob der betroffene Ausländer auch aus anderen Gründen an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Dies gilt namentlich dann, wenn der weitere Hinderungsgrund – wie vorliegend das noch jugendliche Lebensalter – temporärer Natur ist. Es besteht kein sachlicher Grund, einem Ausländer, der behinderungsbedingt niemals seinen Lebensunterhalt eigenständig wird sicherstellen können, die Rechtswohltat des § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG zu versagen, weil er vorübergehend auch altersbedingt hierzu nicht in der Lage ist.
71Der Senat teilt auch nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Satz 3 AufenthG finde auf die Klägerin zu 1. keine Anwendung, weil die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Klägerin zu 4. ihrerseits nicht durch die dort genannten Gründe an der Ausübung einer den Lebensunterhalt der Familie sicherstellenden Erwerbstätigkeit gehindert und daher die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit der Klägerin zu 1. „nicht (…) kausal“ für die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts sei.
72Abgesehen davon, dass die Klägerin zu 4. inzwischen nach ärztlicher Einschätzung selbst eine „hilflose Person“ ist und ihr ein Grad der Behinderung von 100 bescheinigt ist, findet diese Betrachtungsweise im Wortlaut von § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG keine Stütze. Dieser stellt allein darauf ab, dass der Ausländer die Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung aus den in Satz 3 genannten Gründen nicht erfüllen kann,
73zur Maßgeblichkeit der Verhältnisse in der Person des Ausländers vgl. auch BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – 1 C 34.07 –, NVwZ 2009, 246 = juris, Rdn. 15;
74ob derartige Gründe auch in der Person eines anderen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft vorliegen, ist danach ohne Bedeutung.
75Nichts anderes ergibt sich aus der vom Verwaltungsgericht angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
76Urteile vom 16. November 2010 – 1 C 21.09 –, BVerwGE 138, 148 = juris, Rdn. 14 ff., und vom 16. August 2011 – 1 C 4.10 –, NVwZ-RR 2012, 333 = juris, Rdn. 14.
77Hiernach ist bei der Prüfung der Voraussetzung der Lebensunterhaltsicherung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht allein auf den Bedarf des die Niederlassungserlaubnis erstrebenden Ausländers, sondern auf den Gesamtbedarf der in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenlebenden Kernfamilie abzustellen. Der vom Verwaltungsgericht hieraus gezogene Umkehrschluss, dass die Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht nur durch eigene Erwerbstätigkeit des Ausländers, sondern auch durch Unterhaltsleistungen eines in Bedarfsgemeinschaft mit dem Ausländer lebenden Familienangehörigen erfüllt werden kann, ist zwar zutreffend,
78zur Sicherung des Lebensunterhalts eines Ausländers durch Unterhaltsleistungen von Familienangehörigen vgl. etwa Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. Juni 2013 – 10 C 13.881 –, juris, Rdn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Rdn. 94 zu § 2 (Stand: Mai 2014); ebenso Nr. 2.3.4.1 AVV-AufenthG.
79Hieraus folgt indes nicht, dass im Falle des Ausbleibens von Unterhaltsleistungen eine krankheits- oder behinderungsbedingte Erwerbsunfähigkeit des Ausländers „nicht kausal“ für die fehlende Lebensunterhaltssicherung und daher die Einschlägigkeit von § 9 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Satz 3 AufenthG zu verneinen wäre.
80Auch der oben dargestellte Zweck dieser Vorschrift vermag die vom Verwaltungsgericht vorgenommene einschränkende Auslegung nicht zu tragen. Der hiernach intendierte Schutz „behinderter Ausländer" vor einer aufenthaltsrechtlichen Benachteiligung liefe leer, wenn der behinderungsbedingt erwerbsunfähige Ausländer deshalb von der Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung ausgeschlossen wäre, weil ein mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebendes anderes Mitglied der Kernfamilie davon absieht, den Lebensunterhalt der Familie durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen.
81Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kläger zu 2. bis 4. auf § 154 Abs. 2 VwGO und im Übrigen auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
82Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
83Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
- 1.
Ehegatten eines Deutschen, - 2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen, - 3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.
(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.
(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.
(5) (weggefallen)
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Juni 2010 – 12 K 1141/09 – geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Aufenthaltserlaubnis vom 11.03.2010 auch rückwirkend für Zeit vom 19.08.2008 bis 10.03.2010 zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.
(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.
(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
- 1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird, - 2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen, - 3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist, - 4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und - 5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
- 1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird, - 2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen, - 3.
er die deutsche Sprache beherrscht, - 4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und - 5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.