Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 26. Okt. 2015 - 7 K 1523/14
Gericht
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden hälftig geteilt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Am 16.07.2014 wurde der Bruder der Klägerin, Herr U. M. , tot in seiner Wohnung in B. aufgefunden. Es war bereits Leichenstarre an allen Extremitäten und am Kiefer stark ausgeprägt eingetreten und Leichenflecke waren stark ausgebildet. Zuletzt hatte ein Mitbewohner den Verstorbenen am 09.07.2014 lebend gesehen. Durch Erkundigungen bei Einwohnermeldeämtern, Standesämtern etc. konnte die Beklagte die Anschrift der Klägerin, als Schwester des Verstorbenen ermitteln und feststellen, dass zwei Geschwistern des Verstorbenen vorverstorben waren. Die Telefonnummer der Klägerin, war mangels Eintragung im öffentlichen Telefonregister zunächst nicht bekannt. Die Beklagte veranlasste daher zunächst eine Notversorgung des Leichnams durch das Bestattungsunternehmen T. -N. .
3Mit der streitbefangenen Ordnungsverfügung vom 17.07.2014, zugestellt am 19.07.2014, forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine Bestattung bis spätestens 24.07.2014 - 12.00 Uhr - in Auftrag zu geben und drohte zugleich eine Ersatzvornahme an, wobei sich die Kosten voraussichtlich auf 2.574,- € belaufen würden.
4Hierauf teilte die Klägerin am 21.07.2014 fernmündlich mit, dass sie zu dem Verstorbenen keinen Kontakt gehabt habe und nicht zu einer Bestattungsregelung bereit sei. Frau N. vom Bestattungsunternehmen T. -N. berichtete unter dem 24.07.2014, dass kein Bestattungsauftrag durch die Klägerin erfolgt sei.
5Mit Bescheid vom 24.07.2014, zugestellt am 26.07.2014, erfolgte gegenüber der Klägerin eine Festsetzung der Ersatzvornahme mit der Begründung, die Klägerin habe die Frist zu einer Beauftragung einer Bestattung verstreichen lassen. Ebenfalls am 24.07.2014 gab die Beklagte bei dem Bestattungsunternehmen im Wege der Ersatzvornahme eine Erdbestattung ohne Trauerhallennutzung in Auftrag und bat darum einen Freund des Verstorbenen zu informieren. Per E-Mail vom 24.07.2014 (13.15 Uhr) unterrichtete die Beklagte den Leiter des Gemeindebüros der Evangelischen Kirchengemeinde B. darüber, dass das Bestattungsinstitut beauftragt worden sei.
6Die Klägerin hat am 14.08.2014 Klage erhoben und trägt vor, die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 sowie die Festsetzung der Ersatzvornahme vom 24.07.2014 seien rechtswidrig. Sie habe bereits am 21.07.2014 mitgeteilt, dass sie seit mehr als 35 Jahren keinen Kontakt zu dem Verstorbenen mehr gehabt habe. Da seine Lebensumstände ihr nicht bekannt seien, habe sie keine Möglichkeit zu prüfen, ob sie überhaupt als Bestattungspflichtige in Anspruch genommen werden könne. Zudem lebten zumindest zwei weitere Geschwister, die gleichrangig verpflichtet wären. Sie habe bei der Beklagten vergeblich um Aushändigung einer Sterbeurkunde und Angabe des Todestages gebeten.
7Eine Ordnungsverfügung müsse nach ihrem Mindestinhalt den Betroffenen in die Lage versetzen, aufgrund des mitgeteilten Sachverhalts entscheiden zu können, ob er im Rahmen eines hoheitlichen Aktes tatsächlich in Anspruch genommen werden kann. Hieran mangele es vorliegend sowohl bei Durchsicht der Ordnungsverfügung als auch der Festsetzungsverfügung. Auch nach Akteneinsicht sei die Klägerin nicht in der Lage, ihre nachrangige Bestattungspflicht zu überprüfen. Die Beklagte habe bislang keine Ermittlung nach vorrangig bestattungspflichtigen Personen aufgenommen.
8Es sei fraglich, ob die Beklagte sich zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 zu deren Begründung noch auf § 13 Abs. 3 BestG NRW berufen könne. Da der Tag der Leichenauffindung nicht der Todestag gewesen sein könne, spreche einiges dafür, dass bei Erlass der Ordnungsverfügung bereits eine subsidiäre Bestattungspflicht der Beklagten eingetreten gewesen sei. Dieses bestattungsrechtliche Subsidiaritätsprinzip müsse zwangsläufig auch dann eintreten, wenn feststehe, dass bestattungspflichtige Angehörige die Frist aus § 13 Abs. 3 BestG NRW nicht einhalten könnten. Mangels Vorlage einer Sterbeurkunde könne die Klägerin nicht prüfen, ob die subsidiäre Bestattungspflicht der Beklagten bereits eingetreten sei.
9Dem Verwaltungsvorgang ließen sich keine Recherchen der Beklagten bezüglich eines Lebenspartners des Verstorbenen, Kindern oder Eltern entnehmen. Es finde sich lediglich der Vermerk, das Standesamt H. habe nicht mitgeteilt, ob die Eltern noch lebten. Vor diesem Hintergrund hätte die Klägerin ohne weitere Recherchen der Beklagten nicht in Anspruch genommen werden dürfen. Im Übrigen habe die Beklagte zwei noch lebende Geschwister der Klägerin nicht ausfindig gemacht. Die Klägerin reichte mit Schreiben vom 19.05.2015 eine Mitteilung der Gemeinde X. nach, wonach ihr Bruder - Herr N1. N2. . - im Jahre 1994 nach N3. verzogen sei.
10Die streitbefangene Ordnungsverfügung sei unzureichend gewesen. Der Klägerin könne nicht entgegengehalten werden, wenn die Beklagte von den Standesämtern falsche Auskünfte erhalten habe, wobei der Inhalt der Telefonate mit den Standesämtern nicht dokumentiert worden sei.
11Nach Hinweis des Gerichts auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 02.02.2015 - 11 A 2729/13 -, die sich auf den Übergang vom gestreckten Verfahren zum Sofortvollzug bezieht, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtstreit betreffend der Festsetzungsverfügung vom 24.07.2014 unter Verweigerung gegen die Kostenlast übereinstimmend für erledigt erklärt.
12Die Klägerin beantragt nunmehr,
13den Bescheid der Beklagten vom 17.07.2014 aufzuheben.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie trägt vor, der Bescheid vom 17.07.2014 sei rechtmäßig; gleiches gelte hinsichtlich des (erledigten) Festsetzungsbescheides vom 24.07.2014. In der nachgereichten Sterbeurkunde vom 10.10.2014 sei als Zeitpunkt des Todes ein Zeitraum zwischen dem 09.07.2014 (12.00 Uhr) und 16.07.2014 (10.50 Uhr) angegeben. Am 16.07.2014 habe die Beklagte zunächst nur die Klägerin als lebende nahe Angehörige (Schwester) ermitteln können; zwei weitere Schwestern seien vorverstorben. Weitere gleichrangige Hinterbliebene oder vorrangig bestattungspflichtige Personen hätten nicht ermittelt werden können. Die Ordnungsverfügung sei rechtmäßig. Die Beklagte sei als örtliche Ordnungsbehörde befugt gewesen, der bestattungspflichtigen Klägerin die Bestattung ihres verstorbenen Bruders innerhalb der Bestattungsfrist aufzugeben. Trotz intensiver Bemühungen hätten keine anderen Bestattungspflichtigen ermittelt werden können. Es seien u.a. das Bürgeramt der Stadt B. , das Betreuungsgericht B. , die Gemeinde X. , das Standesamt H. , das Einwohnermeldeamt P. / X. , das Einwohnermeldeamt L. , das Polizeipräsidium B. und die evangelische Kirchengemeinde X. kontaktiert worden.
17Der Vortrag der Klägerin, sie habe beim Telefonat vom 21.07.2014 zwei weitere lebende Geschwister erwähnt und eine Sterbeurkunde sowie die Bekanntgabe des Todestages verlangt, treffe nicht zu. In dem sehr kurzen Telefonat habe sie lediglich mitgeteilt, dass sie keine Bestattung in Auftrag geben wolle und einen Rechtsanwalt eingeschaltet habe.
18Für die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung sei es rechtlich irrelevant, ob die Klägerin hierdurch in die Lage versetzt worden sei, ihre nachrangige Bestattungspflicht zu überprüfen. Maßgeblich sei allein der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (also hier der 17.07.2014). Abgesehen hiervon habe die Klägerin alle zur Prüfung ihrer Bestattungspflicht wesentlichen Informationen erhalten. Die Ordnungsbehörde dürfe eine Bestattung erst vornehmen, wenn feststehe, dass die Angehörigen des Verstorbenen ihrer Bestattungspflicht nicht nachkommen oder wenn alle zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung und Benachrichtigung erfolglos geblieben seien.
19Nachträgliche weitere Recherchen hätten ergeben, dass eine weitere Schwester namens F. noch lebe. Das Standesamt H. habe zunächst eine unzutreffende Auskunft erteilt. Aufgrund Angabe der Klägerin im ersten Verhandlungstermin vom 18.05.2015 habe die Anschrift ihres Bruders N1. N2. . ermittelt werden können, der zum Erlass eines Kostenfestsetzungsbescheides noch anzuhören sei. Die Sterbeurkunden der Eltern der Klägerin hätten bereits im Termin vom 18.05.2015 vorgelegt werden können. Die Lebensversicherung des Verstorbenen habe einen Betrag in Höhe von 809,98 € überwiesen. Die Höhe der zu erstattenden Bestattungskosten reduziere sich möglicherweise entsprechend. Die Fehler der frühzeitig kontaktierten Standesämter H. und X. seien der Beklagten nicht anzulasten.
20Mit Beschluss vom 01.04.2015 ist der Rechtstreit auf den Einzelrichter übertragen worden.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache (betreffend den Festsetzungsbescheid vom 24.07.2014) für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
24Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Trotz Übergangs vom gestreckten Vollzug in den Sofortvollzug ist davon auszugehen, dass die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 nicht gegenstandslos geworden. Hinsichtlich der Ordnungsverfügung ist danach das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage zu bejahen.
25Mit der Ordnungsverfügung war der Klägerin aufgegeben worden, die Beisetzung ihres verstorbenen Bruders bis spätestens 24.07.2014 - 12.00 Uhr - in Auftrag zu geben. Der Festsetzungsbescheid vom 24.07.2014 war zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe am 26.07.2014 durch begonnenen Sofortvollzug bereits inhaltlich gegenstandslos geworden und ging daher ins Leere. Dabei ist es unerheblich, dass sich die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Bestattungsunternehmens am 24.07.2014 hierüber nicht im Klaren war. Auch wenn in dem Festsetzungsbescheid vom 24.07.2014 davon die Rede ist, die Klägerin habe die gesetzte Frist ungenutzt verstreichen lassen, erfolgte der Bestattungsauftrag an das Beerdigungsinstitut noch vor Zugang des Bescheides vom 24.07.2014. Damit war die Beklagte zum Sofortvollzug übergegangen.
26Vgl. zum Übergang vom gestreckten Verfahren in den Sofortvollzug: OVG NRW, Beschluss vom 02.02.2015 - 11 A 2729/13 -, juris, Rn. 5-8 mit weiteren Nachweisen.
27Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Klage ist allerdings davon auszugehen, dass durch diesen Übergang zum Sofortvollzug nicht auch die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 gleichfalls von der Beklagten fallen gelassen wurde bzw. gegenstandslos geworden ist. Denn die Beklagte wollte bei der Beauftragung des Beerdigungsinstituts aufgrund der zuvor ergangenen Ordnungsverfügung vorgehen bzw. diese im Wege der Ersatzvornahme umsetzen.
28Die Klage ist indes unbegründet. Die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).
29Rechtsgrundlage für die auf Bestattung des Verstorbenen gerichtete Ordnungsverfügung an die Klägerin war § 14 Abs. 1 OBG NRW. Hiernach können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Da sich der Verstorbene im Gebiet der Beklagten befand, war diese nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW für den Erlass der Ordnungsverfügung zuständig. Im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung am 17.07.2014 bestand bereits eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Durch die Ordnungsverfügung wurde die Klägerin als Bestattungspflichtige in Anspruch genommen, da ansonsten der Ablauf der achttägigen Bestattungsfrist nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW (in der hier aufgrund des Todeszeitpunkts im Juli 2014 noch anzuwenden Fassung vom 01.09.2003, die bis zum 30.09.2014 Geltung besaß, GVBl. NRW, 2003, 313) drohte. Sinn und Zweck der Bestattungsfrist besteht darin, Gesundheitsgefahren zu verhindern, die nach dem Einsetzen des Verwesungsprozesses von einer unbestatteten Leiche ausgehen können. Diese Gefahr besteht unabhängig davon, für welche Art der Bestattung sich der Pflichtige nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW entscheidet. Vorliegend endete die Frist spätestens am 24.07.2014 (acht Tage nach Auffinden der Leiche). Bis zum Erlass der Ordnungsverfügung waren Bemühungen der Beklagten, weitere Bestattungspflichtige bzw. deren Anschriften zu ermitteln, ohne Erfolg geblieben. Im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und den Zustand des Leichnams bei seiner Auffindung ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte innerhalb von zwei Tagen ihre vorläufigen Ermittlungen quasi abschloss und mittels Ordnungsverfügung gegen die Klägerin vorging. Mit der Ordnungsverfügung wurde der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 24.07.2014 - 12.00 Uhr - selbst eine Bestattung in Auftrag zu geben. Die Inanspruchnahme der Klägerin als Bestattungspflichtige war nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW rechtmäßig, da sie eine Schwester des Verstorbenen war. Vorrangig Bestattungspflichtige gab es nicht. Die Eltern der Klägerin und ihres Bruders waren bereits vorverstorben, auch wenn dies der Beklagten zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung noch nicht bekannt war.
30Soweit die Klägerin geltend macht, aufgrund des Inhalts der Ordnungsverfügung nicht in der Lage gewesen zu sein, ihre Bestattungspflichtigkeit zu prüfen, ist dies für die Rechtmäßigkeit der gegen sie gerichteten Ordnungsverfügung rechtlich nicht ausschlaggebend. Entsprechend ihrem damaligen Kenntnisstand unterrichtete die Beklagte die Klägerin darüber, dass sie als Schwester des Verstorbenen - mangels Kenntniserlangung der Behörde über andere vorrangig Bestattungspflichtige - als bestattungspflichtig anzusehen sei. Es kann für die Rechtmäßigkeit der Verpflichtung zur Beisetzung mittels Ordnungsverfügung letztlich nicht darauf ankommen, ob der Adressat der Ordnungsverfügung unmittelbar in die Lage versetzt wird, Kostenabwälzungsmöglichkeiten auf andere Angehörige abschätzen zu können. Im Hinblick auf den kurzen Zeitraum, der den Ordnungsbehörden zur Verfügung steht, um Bestattungspflichtige ausfindig zu machen und der Einhaltung der gesetzlichen Beisetzungsfristen zu genügen, liegt es auf der Hand, dass häufig keine abschließende Feststellung aller bestattungspflichtigen Angehörigen möglich ist. Zudem ist die Inanspruchnahme als Ordnungspflichtiger für den Fall, dass der jeweilige Adressat der Ordnungsverfügung - wie im vorliegenden Fall - tatsächlich ordnungspflichtig ist (mangels vorrangig Bestattungspflichtiger als Geschwisterkind), ohnehin nicht zu beanstanden. Für den Fall, dass vorrangig Bestattungspflichtige vorhanden sind, könnte der Betroffene diese benennen oder von ihnen nach Beauftragung einer Bestattung im Innenverhältnis Ausgleich einfordern. Zudem könnte der Adressat der Ordnungsverfügung schlicht abwarten und eine Ersatzvornahme der Behörde in Kauf nehmen, ohne Kostenrisiken ausgesetzt zu sein. Bei Erlass eines nachfolgenden Kostenersatzbescheides, dem regelmäßig weitere behördliche Ermittlungen ohne Zeitdruck vorausgehen, bliebe es dem Betroffenen unbenommen geltend zu machen, ein anderer sei vorrangig bestattungspflichtig und seine Inanspruchnahme für die Kosten der Ersatzvornahme daher rechtswidrig.
31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.06.2015 - 19 A 488/13 - bezüglich Kostenersatzforderung gegenüber dem Sohn des Verstorbenen, nachdem unmittelbar nach Kenntniserlangung vom Todesfall lediglich Geschwister des Verstorbenen hatten ausfindig gemacht werden können und eine Beisetzungsbeauftragung abgelehnt hatten.
32Im Übrigen dienen die Regelungen über Notbestattungen dem Schutz der öffentlichen Sicherheit vor Gesundheitsgefahren, wobei allerdings Rücksicht auf die Menschenwürde des Verstorbenen aus Art. 1 Abs. 1 GG und auf das Recht der Angehörigen auf Totenfürsorge aus Art. 2 Abs. 1 GG zu nehmen ist. Allein durch die Unterrichtung derjenigen Angehörigen, die als bestattungspflichtige Personen in Betracht kommen, kann diesen Schutzgütern Rechnung getragen werden. Diese Rechte wirken sich im Fall des Auffindens einer Leiche verfahrensrechtlich (lediglich) dahingehend aus, dass die Ordnungsbehörde alle unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausschöpfen muss, um etwaige Angehörige ausfindig zu machen und mit diesen möglichst umgehend in Kontakt zu treten.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.04.2008 - 19 A 3665/06 -, juris, Rn. 24, 33 ff., 39.
34Diesen Anforderungen hat die Beklagte durch diverse Anfragen bei Standesämtern und Meldeämtern etc. und Kontaktierung der Klägerin genügt, auch wenn von den kontaktierten Behörden zum Teil unzutreffende Angaben gemacht wurden und weitere noch lebende Geschwister der Klägerin erst deutlich später (im Anschluss an den Verhandlungstermin vom 18.05.2015) durch erneute Anfragen ausfindig gemacht werden konnten.
35Der weitere Einwand der Klägerin, die Beklagte sei aufgrund Ablaufs der Bestattungsfrist aus § 13 Abs. 3 Satz 1 selbst nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW bestattungspflichtig bzw. ihre subsidiäre Bestattungspflicht sei möglicherweise bereits am 17.07.2014 eingetreten gewesen, verfängt nicht. Denn die Ordnungsbehörde war auch nach Ablauf der gesetzlichen Bestattungsfrist nicht ohne Weiteres zur Beauftragung einer Notbestattung berechtigt. Vielmehr wirkt das bestattungsrechtliche Subsidiaritätsprinzip aus § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW auch in einem solchen Fall. Es bedürfte keiner Notbestattung, wenn ein vorrangig bestattungspflichtiger Angehöriger nach Ablauf der Bestattungsfrist ebenso wie die Ordnungsbehörde zur unverzüglichen Erdbestattung bereit und in der Lage wäre. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Ordnungsbehörde bleibt in derartigen Fällen gehalten, die Bestattungspflichtigen zur unverzüglichen Beauftragung einer Bestattung anzuhalten (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 1 und § 13 Abs. 3 Satz 2 BestG NRW).
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.02.2009 - 19 B 188/09 - zur Rechtswidrigkeit einer Ordnungsverfügung trotz Bereitschaft einer Bestattungspflichtigen zur unverzüglichen Veranlassung einer Beisetzung, juris, Rn. 8-10.
37Ob sie dieser Obliegenheit durch Erlass einer Ordnungsverfügung oder lediglich durch ein einfaches Informationsschreiben mit der Bitte um kurzfristige Beantwortung genügt, ist in das Entschließungsermessen der Ordnungsbehörde gestellt, das gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Anhaltspunkte für ein ermessenswidriges Vorgehen der Beklagten sind hier nicht gegeben.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 i.V.m. § 161 Abs. 2 VwGO. Es war eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen, welche die die Teilerledigung und auch den streitig entschiedenen Teil umfasst.
39Vgl. zur Einheitlichkeit der Kostenentscheidung: BVerwG, Urteil vom 02.06.1965 – V C 88.63 –, juris (Kurztext); BVerwG, Beschluss vom 03.11.1981 – 4 B 140.81 –, Rn. 3, juris; VG München, Urteil vom 08.05.2014 – N2. 24 K 13.31306 –, Rn. 43, juris; Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, § 155 Rn. 14 (Stand: Oktober 2005).
40Soweit die Beteiligten hinsichtlich des Festsetzungsbescheides vom 24.07.2015 den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind der Beklagten nach billigem Ermessen die Verfahrenskosten aufzuerlegen (§ 161 Abs. 2 VwGO). Denn durch den Übergang zum Sofortvollzug hat sie de facto die Erledigung des Festsetzungsbescheides herbeigeführt - aber zugleich durch dessen Zustellung den Anschein erweckt, hiergegen müsse im Klagewege Rechtsschutz gesucht werden. Es handelt sich um Kosten, die durch Verschulden der Beklagten entstanden sind (vgl. § 155 Abs. 4 VwGO). Da im Übrigen (hinsichtlich der Klage gegen die Ordnungsverfügung vom 17.07.2014) die Klägerin unterlegen ist, hat sie insoweit die Kosten zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Auf dieser Grundlage sind die Kosten des Verfahrens nach dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen hälftig geteilt worden (vgl. § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO).
41Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.