Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Mai 2015 - 4 K 317/14
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Februar 2014 verpflichtet, die Wohnsitzauflage zur Duldung des Klägers dahin zu ändern, dass er verpflichtet ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in 54662 Speicher/Rheinland-Pfalz zu nehmen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger begehrt die Änderung einer Wohnsitzauflage zu seiner Duldung.
3Der 1966 geborene Kläger, armenischer Staatsangehöriger, reiste Anfang Januar 2010 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte im Februar 2010 einen Asylantrag. Im Rahmen des Asylverfahrens wurde er der Gemeinde X. im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zugewiesen. Sein Aufenthalt war während des Asylverfahrens räumlich auf den Zuständigkeitsbereich des Beklagten beschränkt.
4Das Asylverfahren ist seit dem 24. Mai 2013 unanfechtbar negativ abgeschlossen. Seitdem erhält der Kläger fortlaufend Duldungen, die mit einer Wohnsitzauflage für die Gemeinde X. und mit einer räumlichen Beschränkung auf das Land Nordrhein-Westfalen versehen sind. Seit dem 1. Januar 2015 ist die räumliche Beschränkung entfallen. Die Duldung wurde zuletzt bis zum 24. August 2015 befristet.
5Am 28. Juni 2012 reiste die Ehefrau des Klägers, die armenische Staatsangehörige N. H. , zusammen mit dem gemeinsamen Sohn W. D. in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 25. Juli 2012 einen Asylantrag. Im Rahmen des Asylverfahrens wurden beide dem Bezirk des Beigeladenen zugewiesen, der sie wiederum der Verbandsgemeinde T. zuwies. Ihre Aufenthaltsgestattungen sind mit einer Wohnsitzauflage für die Verbandsgemeinde T. versehen und räumlich auf den Landkreis C. -Q. /Rheinland-Pfalz beschränkt.
6Im September 2012 teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit, dass es für die Ehefrau und den Sohn des Klägers ein Dublin-Verfahren eingeleitet habe. Nachdem eine Überstellung nach Frankreich nicht innerhalb der Überstellungsfrist durchgeführt werden konnte, weil bei der Ehefrau des Klägers Ende April 2013 eine Risikoschwangerschaft diagnostiziert wurde, teilte das Bundesamt im September 2013 mit, dass die Bundesrepublik für die Asylanträge zuständig geworden sei und nunmehr ein nationales Asylverfahren durchgeführt werde. Über die Asylanträge ist bis heute nicht entschieden worden.
7Nach der Einreise der Ehefrau und des Sohnes des Klägers erteilte der Beklagte diesem fortlaufend befristete Erlaubnisse zum vorübergehenden Verlassen des Bereichs der Aufenthaltsgestattung bzw. später Duldung zum Zwecke des Besuchs seiner Familie in T. /Rheinland-Pfalz.
8Am 13. August 2013 beantragte der Kläger beim Beklagten unter Vorlage der Kopie einer armenischen Heiratsurkunden nebst deutscher Übersetzung sowie eines ärztlichen Attests vom 18. Juni 2013 förmlich die Änderung der Wohnsitzauflage zum Zwecke des Umzugs nach T. /Rheinland-Pfalz, da seine Ehefrau ein Kind von ihm erwarte und wegen einer Risikoschwangerschaft auf seine Hilfe angewiesen sei.
9Auf Anfrage des Beklagten lehnte der Beigeladene mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 seine Zustimmung zur Änderung der Wohnsitzauflage ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Duldung räumlich auf das Land Nordrhein-Westfalen beschränkt sei und ein Anspruch auf Änderung der Beschränkung grundsätzlich nicht bestehe. Eine Änderung komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Umzug zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft zwischen Ehepartnern sowie Eltern und ihren minderjährigen Kindern diene, die über eine Aufenthaltserlaubnis nach dem zweiten Kapitel des fünften Abschnitts des Aufenthaltsgesetzes verfügten, oder zur Sicherstellung einer benötigten Pflege von Personen, die wegen Krankheit oder Behinderung pflegebedürftig seien. Die Familienangehörigen des Klägers seien aber nicht im Besitz einer humanitären Aufenthaltserlaubnis. Auch sei die Ehefrau des Klägers nicht pflegebedürftig. Abgesehen davon habe der Kläger die Heiratsurkunde nicht im Original vorgelegt. Dem vollziehbar ausreisepflichtigen Kläger könne auch keine Duldung nach § 43 Abs. 3 AsylVfG erteilt werden, um ihm die gemeinsame Ausreise mit seiner Familie zu ermöglichen. Dies sei nur dann zulässig, wenn die Ehegatten und ihre minderjährigen ledigen Kinder gleichzeitig oder unverzüglich nach der Einreise einen Asylantrag gestellt hätten. Dies sei nicht der Fall, weil die Ehefrau und der Sohn des Klägers erst am 28. Juni 2012, d.h. zweieinhalb Jahre später als der Kläger, ins Bundesgebiet eingereist seien und am 24. Juli 2012 einen Asylantrag gestellt hätten. Im Übrigen sei vor der Änderung der räumlichen Beschränkung oder Erteilung einer Duldung aus familiären Gründen vorrangig zu prüfen, ob die familiäre Lebensgemeinschaft nicht auch im Ausland hergestellt werden können. Außerdem sei davon abzusehen, solange eine Aufenthaltsbeendigung ausschließlich aus Gründen nicht möglich sei, die der Betroffene selbst zu vertreten habe. Beides sei hier der Fall. Zum einen weigerten sich der Kläger und seine Ehefrau, Auskunft über den Verbleib ihrer armenischen Pässe zu geben, die sie im Asylverfahren in Kopie vorgelegt hätten. Dem Kläger sei es jedoch möglich, sich entweder seinen angeblich in Armenien befindlichen Pass schicken oder aber einen neuen Pass bei der armenischen Botschaft ausstellen zu lassen. Zum anderen besäßen die Ehefrau und der Sohn des Klägers ebenfalls die armenische Staatsangehörigkeit, so dass es ihnen ohne weiteres möglich sei, dem Kläger nach Armenien zu folgen und die familiäre Lebensgemeinschaft dort herzustellen. Dies gelte umso mehr, als dort noch eine Tochter des Klägers lebe. Zudem hätten die Ehefrau und der Sohn des Klägers vor ihrer Einreise ins Bundesgebiet schon mindestens zweieinhalb Jahre getrennt vom Kläger gelebt, so dass ihnen eine weitere Trennung bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens zumutbar sei. Bis zur Geburt des Kindes im November 2013 könne der Beklagte die Abschiebung des Klägers weiter aussetzen und ihm das vorübergehende Verlassen des Bereichs der räumlichen Beschränkung erlauben.
10Am 8. November 2013 wurde in C. ein weiterer Sohn des Klägers und seiner Ehefrau, E. , geboren. Mit Urkunde vom 3. Dezember 2013 erkannte der Kläger vor dem Standesamt C. die Vaterschaft für ihn an. Nach Anzeige der Geburt beim Bundesamt durch den Beigeladenen wurde am 9. Dezember 2013 auch für ihn ein Asylverfahren eingeleitet, das bis heute nicht abgeschlossen ist. Der Aufenthalt des Sohnes E. ist ebenfalls räumlich auf den Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen beschränkt und seine Aufenthaltsgestattung mit einer Wohnsitzauflage für die Verbandsgemeinde T. versehen.
11Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung der Änderung der Wohnsitzauflage wiederholte der Kläger seinen Antrag auf "Umverteilung" unter Hinweis darauf, dass zwischenzeitlich sein Sohn geboren worden sei und er die Vaterschaft für ihn anerkannt habe.
12Auf nochmalige Anfrage des Beklagten teilte der Beigeladene mit Schreiben vom 27. Januar 2014 mit, dass er der Änderung der Wohnsitzauflage nach wie vor nicht zustimme. Er nahm insoweit auf sein Schreiben vom 16. Oktober 2013 Bezug und führte ergänzend aus, dass nach der Geburt des Kindes für die Ehefrau des Klägers die Möglichkeit bestehe, zusammen mit den beiden Kindern und dem Kläger, der bereits seit Mai 2013 vollziehbar ausreisepflichtig sei, freiwillig nach Armenien auszureisen und dort die familiäre Lebensgemeinschaft zu führen. Im Übrigen seien die Gründe, aus denen der Kläger bisher geduldet worden sei, in Bezug auf die Familie inzwischen entfallen.
13Mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 4. Februar 2014, zugestellt am 6. Februar 2014, lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Änderung der Wohnsitzauflage zum Zwecke des Umzugs nach T. /Rheinland-Pfalz unter Hinweis auf die fehlende Zustimmung des Beigeladenen ab.
14Der Kläger erhielt vom Beklagten in der Folgezeit jedoch weiter fortlaufend befristete Erlaubnisse zum vorübergehenden Verlassen des Bereichs der Duldung.
15Im Dezember 2013 reiste die Tochter des Klägers, M. D1. , in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 6. Januar 2014 einen Asylantrag, über den bis heute ebenfalls nicht entschieden ist. Im Rahmen des Asylverfahrens wurde sie dem Beigeladenen und von diesem der Verbandsgemeinde T. zugewiesen. Auch ihr Aufenthalt ist räumlich auf den Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen beschränkt und ihre Aufenthaltsgestattung ist mit einer Wohnsitzauflage für die Verbandsgemeinde T. versehen.
16Im Februar 2014 veranlasste der Beklagte bei seinem Gesundheitsamt eine Untersuchung des Klägers auf dessen Reisefähigkeit. In dem psychiatrischen Gutachten vom 5. Mai 2014 kommt der Amtsarzt T1. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, auf der Grundlage der in der Ausländerakte befindlichen ärztlichen Stellungnahmen, einem Telefonat mit der Hausärztin des Klägers, Frau Dr. M1. und einer eigenen psychiatrischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass der Kläger an einer chronischen paranoid halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit einem ausgeprägten Verfolgungs- und Beeinträchtigungswahn sowie akustischen Halluzinationen in Form von imperativen und kommentierenden Stimmen leide. Im Rahmen des akuten Krankheitsgeschehens sei eine Reisefähigkeit derzeit nicht gegeben. Es werde dringend zur Aufnahme einer ambulanten psychiatrischen Behandlung geraten.
17Mit Schreiben vom 12. Juni 2014 bat der Beklagte unter Bezugnahme auf das psychiatrische Gutachten den Beigeladenen erneut um Prüfung des Antrags auf Änderung der Wohnsitzauflage. Mit Schreiben vom 21. August 2014 lehnte dieser die Änderung der Wohnsitzauflage wiederum ab. Laut Gutachten werde dringend zur Aufnahme einer ambulanten psychiatrischen Behandlung geraten. Nach dortiger Kenntnis halte sich der Kläger jedoch ständig bei seiner Ehefrau in T. auf und könne sich der empfohlenen Behandlung daher wohl kaum unterzogen haben.
18Am 20. Februar 2014 hat der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 4. Februar 2014 Klage erhoben, mit der er die Änderung der Wohnsitzauflage weiterverfolgt. Er macht im Wesentlichen geltend, dass er nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 5. Mai 2014 an einer schweren psychischen Erkrankung leide, aufgrund der er dringend der Betreuung durch seine Ehefrau bedürfe. Außerdem könne sich der Aufenthalt bei seiner Familie ggf. positiv auf seinen Gesundheitszustand auswirken. Dies ergebe sich auch aus dem beigefügten ärztlichen Attest des Dr. L. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, aus N1. vom 21. Juli 2014, bei dem er sich seit Mai 2014 in regelmäßiger psychiatrischer/nervenärztlicher Behandlung befinde. Danach leide er an einer gemischten Angst- und depressiven Störung, nichtorganischer Insomnie und anderen gemischten Angststörungen. Es handele sich um eine affektive psychische Störung mit somatoformen Reaktionen bei erhöhter Vulnerabilität, eine affektive Instabilität, eine geminderte Belastbarkeit und eine Neigung, in diversen belastenden Situationen zur Dekompensation mit Ängsten, einem Beobachtungsgefühl und Neigung zum Panischen zu reagieren. Aufgrund der Spezifität der Krankheit und aufgrund einer Instabilität sowie reduzierter Stresstoleranz sei aus psychiatrischer Sicht dringend zu empfehlen, dass ihm ermöglicht werde, zusammen mit seiner Ehefrau zu leben. Sonst seien erneute Dekompensationen vorprogrammiert. Der Beklagte könne unter diesen Umständen die Änderung der Wohnsitzauflage auch ohne Zustimmung des Beigeladenen vornehmen.
19Der Kläger beantragt,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Februar 2014 zu verpflichten, die Wohnsitzauflage dahin zu ändern, dass er verpflichtet ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in 00000 T. /Rheinland-Pfalz bei seiner Ehefrau und seinen Kindern zu nehmen.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Er nimmt Bezug auf die Gründe des angefochtenen Bescheides. Ergänzend führt er aus, dass eine länderübergreifende Änderung der räumlichen Beschränkung der Duldung nur im Einvernehmen mit der Ausländerbehörde des Landes des Zuzugsortes zulässig sei. Der Beigeladene habe sein Einvernehmen jedoch wiederholt verweigert, so dass er die wohnsitzbeschränkende Auflage nicht ändern könne.
24Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er lehnt nach wie vor ab, seine Zustimmung zur Änderung der Wohnsitzauflage und damit zur Gestattung des Umzugs des Klägers in seinen Zuständigkeitsbereich zu erteilen. Der Kläger habe bisher nachweislich keine Anstrengungen zur Verbesserung seines Gesundheitszustandes unternommen, obwohl in dem psychiatrischen Gutachten vom 5. Mai 2014 dringend zur Aufnahme einer ambulanten psychiatrischen Behandlung geraten worden sei. Der Kläger halte sich laut Auskunft des für seine Ehefrau zuständigen Sozialamtes T. ständig dort auf und reise lediglich in den Kreis I. , um dort seine Sozialleistungen in Empfang zu nehmen. Außerdem habe der Beklagte am 15. April 2015 telefonisch bestätigt, dass der Kläger sich bisher keiner psychiatrischen Behandlung unterzogen habe. Man beziehe sich dort lediglich auf das inzwischen ein Jahr alte Gutachten. Vor diesem Hintergrund könne ohne weiteres eine Rückführung des Klägers in sein Heimatland durchgeführt werden.
25Mit Beschluss vom 2. April 2015 hat die Kammer den Eifelkreis C. -Q. zum Verfahren beigeladenen. Mit Beschluss vom selben Tag hat sie dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt und das Verfahren auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten beigezogenen Ausländerakte des Klägers sowie der vom Beigeladenen beigezogenen Ausländerakten der Ehefrau und der Kinder des Klägers.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
28Die Klage, über die die Kammer trotz Ausbleibens des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung entscheiden kann, weil er auf diese Rechtsfolge in der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.
29I. Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
30Der Kläger begehrt die Änderung der seiner Duldung beigefügten Wohnsitzauflage. Dieses Begehren ist – jedenfalls – seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I, S. 2439) zum 1. Januar 2015 im Wege einer Verpflichtungsklage zu verfolgen. Denn nach dieser Rechtsänderung ist für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, deren Lebensunterhalt – wie im Fall des Klägers – nicht gesichert ist, eine Wohnsitzauflage nunmehr kraft Gesetzes angeordnet (vgl. § 61 Abs. 1d S. 1 AufenthG sowie Begründung des Gesetzgebers in BT-Drs. 18/3144, S. 2, 10 und 13). Damit kommt eine Anfechtungsklage gegen die Wohnsitzauflage mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts nicht mehr in Betracht.
31Vgl. zur Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage gegen eine Wohnsitzauflage nach § 61 Abs. 1 S. 2 AufenthG bisher: OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2010 - 2 O 1/15 -, juris, Rn. 14 ff.
32Über eine Änderung der gesetzlichen Wohnsitzauflage entscheidet gemäß § 61 Abs. 1d S. 3 AufenthG die zuständige Ausländerbehörde jedoch im jeweiligen Einzelfall und damit durch Verwaltungsakt. Ist das Begehren des Klägers damit auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet, kommt als statthafte Klageart nunmehr allein die Verpflichtungsklage in Betracht.
33Vgl. ebenso zur neuen Rechtslage: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Januar 2015 - 2 O 1/15 -, juris, Rn. 3; Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum AufenthG (GK-AufenthG), Stand: März 2015, Band 3, § 61, Rn. 47 und 94.
34Der Kläger ist insbesondere nicht – mehr – gehalten, sein Begehren, ihm den länderübergreifenden Wohnsitzwechsel zu seiner Familie nach T. /Rheinland-Pfalz zu ermöglichen, im Wege einer Verpflichtungsklage gegen den Beigeladenen als zuständige Ausländerbehörde des Zuzugsortes gerichtet auf Erlass einer sog. „Zweitduldung" zu verfolgen.
35Vgl. hierzu grundlegend: OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005 - 19 B 2364/03 -, InfAuslR 2006, 64 = juris, Rn. 15 ff.; sowie nachfolgend OVG NRW, Beschluss vom 16. April 2012 - 18 B 1585/11 -, juris, Rn. 10; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Februar 2012 - 7 A 11177/11 -, AuAS 2012, 103 = juris, Rn. 23 ff.
36Hintergrund dieser zur Ermöglichung eines länderübergreifenden Wohnsitzwechsels geduldeter Ausländer entwickelten Rechtsprechung war die Regelung des § 61 Abs. 1 S. 1 AufenthG, wonach der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kraft Gesetzes räumlich auf das Gebiet des Landes – hier Nordrhein-Westfalen – beschränkt ist. Bis zum Inkrafttreten der neuen Rechtslage zum 1. Januar 2015 sah das Aufenthaltsgesetz eine Änderung dieser kraft Gesetzes angeordneten räumlichen Beschränkung zur dauerhaften Verlegung des Wohnsitzes nicht vor. Die Regelungen in den § 61 Abs. 1 S. 3 und 4 AufenthG lassen aus systematischen Gründen lediglich Abweichungen von der räumlichen Beschränkung für die dort aufgeführten, vorübergehenden Aufenthalte außerhalb des Bereichs der räumlichen Beschränkung zu. Außerdem stand § 61 Abs. 1 S. 1 AufenthG der Erteilung einer Duldung durch die Ausländerbehörde des bisherigen Aufenthalts- bzw. Zuweisungsortes für ein anderes Bundeslandauch materiell-rechtlich entgegen.
37Vgl. hierzu: Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, a.a.O., § 61, Rn. 51 f.
38Dieses rechtliche Hindernis ist jedoch nunmehr entfallen. Denn nach der ebenfalls zum 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Vorschrift des § 61 Abs. 1b AufenthG erlischt die gesetzliche räumliche Beschränkung nach § 61 Abs. 1 S. 1 AufenthG, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält. Dies ist beim Kläger, der sich seit seiner Einreise im Jahr 2010 mit einer Aufenthaltsgestattung bzw. Duldung im Bundesgebiet aufhält, jedoch der Fall, so dass sein Aufenthalt – wie sich auch aus den ihm zuletzt erteilten Duldungen ergibt – nicht mehr auf das Land Nordrhein-Westfalen beschränkt ist. Eine Änderung der heute noch kraft Gesetzes bestehenden Wohnsitzauflage ist jedoch – wie dargelegt – nach Maßgabe von § 61 Abs. 1d S. 3 AufenthG möglich.
39Zur Verwirklichung des begehrten Wohnsitzwechsels ist auch nicht – mehr – zusätzlich eine Verpflichtungsklage gerichtet auf die Änderung einer fortbestehenden räumlichen Beschränkung aus dem Asylverfahren erforderlich (vgl. § 56 Abs. 3 AsylVfG in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung bzw. § 59a Abs. 2 S. 1 AsylVfG n.F.).
40Vgl. hierzu: OVG NRW, Beschlüsse vom 10. März 2015 - 18 B 1316/14 -, juris, Rn. 6 ff., und vom 10. März 2010 - 18 B 1702/09 -, AuAS 2010, 176 = juris, Rn. 2 ff.
41Zwar war der Aufenthalt des Klägers aufgrund seiner Zuweisung im Rahmen des Asylverfahrens nach § 50 Abs. 4 AsylVfG zur Gemeinde X. gemäß § 56 Abs. 2 AsylVfG räumlich auf den Zuständigkeitsbereich des Beklagten beschränkt. Auch blieb die räumliche Beschränkung nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung gemäß § 56 Abs. 3 AsylVfG a.F. zunächst in Kraft, bis sie aufgehoben wurde (S. 1) oder der Aufenthalt nach § 25 Abs. 1 S. 3 oder § 25 Abs. 2 S. 2 AufenthG als erlaubt galt oder ein Aufenthaltstitel erteilt wurde (S. 2).
42Vorliegend dürfte der Beklagte die räumliche Beschränkung nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens jedoch bereits aufgehoben haben. Denn die dem Kläger ab diesem Zeitpunkt erteilten Duldungen waren nur noch – deklaratorisch – mit einer räumlichen Beschränkung auf das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. § 61 Abs. 1 S. 1 AufenthG), nicht aber auch mit einer räumlichen Beschränkung auf den Kreis I. versehen. Der Kläger, auf dessen Sicht es als Adressat der Duldung für die Frage ankommt, welchen Inhalt dieser Verwaltungsakt hat, konnte dies bei verständiger Würdigung nur so verstehen, dass die weitergehende räumliche Beschränkung aus dem Asylverfahren damit aufgehoben war. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre eine fortbestehende räumliche Beschränkung auf den Kreis I. zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedenfalls gemäß § 59a Abs. 1 AsylVfG in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung (n.F.) erloschen. Denn nach dieser Vorschrift erlischt nunmehr auch eine räumliche Beschränkung nach § 56 AsylVfG, wenn sich der Ausländer – wie der Kläger – seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.
43Der Kläger kann sein Begehren schließlich auch nicht – mehr – im Wege einer länderübergreifenden asylverfahrensrechtlichen Umverteilung nach Maßgabe von § 51 AsylVfG gegenüber der zuständigen Behörde des Landes Rheinland-Pfalz (vgl. § 51 Abs. 2 S. 2 AsylVfG) verfolgen. Denn mit Erteilung einer asylverfahrensunabhängigen Duldung – spätestens wegen der beim Kläger auf der Grundlage des psychiatrischen Gutachtens vom 5. Mai 2014 angenommenen Reiseunfähigkeit – ist die Zuweisungsentscheidung aus dem Asylverfahren gegenstandslos geworden und damit auch die Zuständigkeit der Zuweisungsbehörde entfallen.
44Vgl. hierzu: OVG NRW, Beschlüsse vom 29. November 2005 - 19 B 2364/03 -, InfAuslR 2006, 64 = juris, Rn. 30; vom 7. Januar 2004 ‑ 17 A 5234/00 -, juris, Rn. 3 ff.; vom 1. Dezember 1999 - 17 A 3994/98 -, NVwZ 2000, Beilage Nr. 7, 82 = juris, 4 ff.
45II. Die Klage ist auch begründet.
46Der Bescheid des Beklagten vom 4. Februar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Änderung der Wohnsitzlage dahin zu, dass er verpflichtet ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in T. /Rheinland-Pfalz bei seiner Ehefrau und seinen Kindern zu nehmen (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 und 2 VwGO).
471. Der geltend gemachte Anspruch richtet sich zutreffend gegen den Beklagten. Er ist passivlegitimiert, da er für die Änderung der Wohnsitzauflage sowohl die Verbandszuständigkeit als auch die örtliche Zuständigkeit besitzt.
48Das Aufenthaltsgesetz enthält keine bundesrechtliche Regelung der Verbandszuständigkeit bzw. örtlichen Zuständigkeit. Insbesondere fehlt eine § 60 Abs. 3 S. 3 und 5 AsylVfG n.F. entsprechende bundesrechtliche Regelung der Zuständigkeit der Landesbehörde des aufnehmenden Landes bei einem länderübergreifenden Wohnsitzwechsel bzw. der Ausländerbehörde des Zuzugsortes bei einem landesinternen Wohnsitzwechsel im Falle einer asylrechtlichen Wohnsitzauflage nach § 60 Abs. 1 bzw. Abs. 2 S. 1 AsylVfG n.F.
49Deswegen ist bei einem länderübergreifenden Wohnsitzwechsel im Falle einer aufenthaltsrechtlichen Wohnsitzauflage nach § 61 Abs. 1d S. AufenthG – wie hier – die zuständige Behörde in zwei Schritten zu bestimmen. In einem ersten Schritt ist festzustellen, welches Bundesland die Verbandskompetenz zur Sachentscheidung besitzt (Aufgabenzuweisung an ein bestimmtes Land). Diese Frage ist, wenn – wie hier – keine speziellen koordinierten landesrechtlichen Kompetenzregelungen vorliegen, durch entsprechende Anwendung der mit § 3 VwVfG übereinstimmenden Regelungen über die örtliche Zuständigkeit in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder zu beantworten. Aus § 4 Abs. 1 OBG NRW kann eine länderübergreifende Zuständigkeitsregelung nicht abgeleitet werden, da dem Land Nordrhein-Westfalen für eine einseitige länderübergreifende abdrängende Zuständigkeitsregelung die Verbandskompetenz fehlt. In einem zweiten Schritt ist auf der Grundlage des Landesrechts des zur Sachentscheidung befugten Bundeslandes zu ermitteln, welche Behörde innerhalb des Landes örtlich zuständig ist.
50Vgl. grundlegend zur Bestimmung der Zuständigkeit im Aufenthaltsrecht: BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 1 C 5.11 -, BVerwGE 142, 195 = juris, Rn. 17 ff.
51Dies zugrunde gelegt ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a VwVfG NRW das Land Nordrhein-Westfalen für die Behandlung der aufenthaltsrechtlichen Angelegenheit des Klägers zuständig. Nach dieser Vorschrift ist in Angelegenheiten, die eine natürliche Person betreffen, die Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte.
52Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist im Verwaltungsverfahrensgesetz NRW nicht näher umschrieben. Insoweit kann auf die Legaldefinition in § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I zurückgegriffen werden, jedoch mit der Maßgabe, dass der unbestimmte Rechtsbegriff unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck sowie Regelungszusammenhang der jeweiligen Normen auszulegen ist. Nach dieser Vorschrift hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Danach ist zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Betreffende sich an dem Ort oder in dem Gebiet „bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung setzt dies einen – zumindest kurzfristigen – tatsächlichen Aufenthalt an einem bestimmten Ort voraus.
53Vgl. BVerwG, Urteile, vom 2. April 2009 - 5 C 2/08 -, BVerwGE 133, 320 = juris, Rn. 22; vom 7. Juli 2005 - 5 C 9.04 -, NVwZ 2006, 97 = juris, Rn. 16 ff.; vom 26. September 2002, - 5 C 46.0 1, 5 B 37/5 B 37/01 -, NVwZ 2003, 616 = juris, Rn. 19 vom 18. März 1999 - 5 C 11.98 -, NVwZ-RR 1999, 583 = juris, Rn. 15 ff.
54Die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts bestimmt sich nicht nach dem inneren Willen des Betroffenen, sondern erfordert eine in die Zukunft gerichtete Prognose, die alle in Betracht kommenden Umstände berücksichtigt.
55Vgl. BVerwG, Urteile, vom 2. April 2009 - 5 C 2/08 -, BVerwGE 133, 320 = juris, Rn. 22; Urteil vom 4. Juni 1997 - 1 C 25.96 -, NVwZ-RR 1997,751 = juris, Rn. 16.
56Neben den tatsächlichen Verhältnissen gehören dazu auch ausländerrechtliche Regelungen, die den Verbleib eines Ausländers an einem bestimmten Ort beeinflussen. Das sind beispielsweise asylrechtliche oder aufenthaltsrechtliche Zuweisungsentscheidungen, räumliche Beschränkungen oder auch Wohnsitzauflagen, aus deren gesetzlichen Regelungen sich unmittelbar ergibt, dass der Aufenthalt des Ausländers außerhalb des Bereichs des Zuweisungsortes, der Aufenthaltsbeschränkung oder der Wohnsitzauflage nur vorübergehend ist.
57Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. April 2014 - OVG 3 B 33.11 -, juris Rn. 6 und 30; OVG Hamburg, Beschluss vom 27. August 2012 - 5 BS 178/12 -, juris, Rn. 13; ebenso: Funke-Kaiser, in GK-AufenthG, a.a.O., § 61, Rn. 57 m.w.N.
58Davon ausgehend hat der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Soweit man dies nicht annehmen wollte, hatte er dort jedenfalls zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt.
59Der Kläger hat sich nach seiner Einreise ins Bundesgebiet entsprechend der Zuweisung im Rahmen des Asylverfahrens in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten begeben und am Zuweisungsort X. in einer Asylbewerberunterkunft Wohnsitz genommen. Den damit begründeten gewöhnlichen Aufenthalt hat der Kläger in der Folgezeit auch nicht aufgegeben. Zwar hält er sich seit der Einreise seiner Ehefrau und seines älteren Sohnes im Juni 2012 sowie insbesondere seit der Geburt seines jüngeren Sohnes im November 2013 tatsächlich ganz überwiegend im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen auf und wohnt während seines Aufenthalts dort auch bei seiner Familie. Aufgrund der seiner Duldung beigefügten und heute kraft Gesetzes fortbestehenden Wohnsitzauflage war und ist er jedoch verpflichtet, in der Gemeinde X. Wohnsitz zu nehmen. Die Aufenthalte in Rheinland-Pfalz sind ihm bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern zum 1. Januar 2015 vom Beklagten lediglich auf der Grundlage von zeitlich befristeten Verlassenserlaubnissen gestattet worden. Deswegen kehrte und kehrt der Kläger auch heute noch nach Wegfall der räumlichen Beschränkung auf das Land Nordrhein-Westfalen seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge regelmäßig in den Bezirk des Beklagten zurück, um dort seine aufenthaltsrechtlichen (u.a. Verlängerung der Duldungen) und sozialrechtlichen (u.a. Ausstellung von Krankenscheinen) Angelegenheiten zu regeln oder auch Arzttermine wahrzunehmen. Der Kläger bezieht von der Gemeinde X. weiterhin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (vgl. § 10a AsylbLG), auch wird dort für ihn nach wie vor ein Platz in einem Wohncontainer vorgehalten. Diese, wenn auch nur kurzfristigen, tatsächlichen Aufenthalte des Klägers im Zuständigkeitsbereich des Beklagten reichen für die Annahme eines fortbestehenden gewöhnlichen Aufenthalts im Bezirk des Beklagten aus.
60Vgl. ebenso: BVerwG, Urteil vom 26. September 2002, - 5 C 46.0 1, 5 B 37/5 B 37/01 - juris, Rn. 19, wonach zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts zumindest ein kurzfristiger tatsächlicher Aufenthalt an einem bestimmten Ort erforderlich ist.
61Sein fehlender Domizilwille wird dabei ebenso durch die aufenthaltsrechtliche Wohnsitzauflage überwunden wie die Tatsache, dass der Schwerpunkt seiner persönlichen Lebensbeziehungen inzwischen in T. /Rheinland-Pfalz bei seiner Familie liegt.
62Ferner spricht auch der Zweck der gesetzlichen Wohnsitzauflage für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, dafür, dass die Ausländerbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Wohnsitzauflage nach § 61 Abs. 1d S. 1 AufenthG entstanden ist, Ausländerbehörde des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a VwVfG NRW i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I ist und bleibt. Die Wohnsitzauflage soll nämlich dadurch, dass Sozialleistungen lediglich an dem Wohnort erbracht werden, auf den sich die Wohnsitzauflage bezieht (vgl. § 10a AsylbLG), die gerechte Verteilung der Sozialkosten zwischen den Ländern gewährleisten. Insbesondere sollen geduldete Ausländer, die unter Verstoß gegen eine Wohnsitzauflage in ein anderes Bundesland umziehen, dort keine Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gelten machen können (vgl. BT-Drs. 18/3144, S. 9 f.). Dieser Zweck würde jedoch nicht in gleicher Weise erreicht, wenn geduldete Ausländer durch einen auflagewidrigen Umzug in ein anderes Bundesland selbst die Zuständigkeit der Ausländerbehörde des tatsächlichen Aufenthaltsorts begründen und dadurch ihren auflagewidrigen Aufenthalt ggf. verfestigen könnten. Dementsprechend ist der Ort eines illegalen Aufenthalts regelmäßig – und so auch hier – unabhängig davon, seit wann der Ausländer sich dort in der Absicht aufhält, auf Dauer zu bleiben – nicht als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen.
63Vgl. ebenso zu § 15a AufenthG: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. April 2014 - OVG 3 B 33.11 -, juris, Rn. 6 und 30; zum gewöhnlichen Aufenthalt: OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 29. März 2006 ‑ 7 B 19291/06 -, juris, Rn. 3, und vom 16. Januar 2004 - 10 B 11661/03 -, juris, Rn. 5; für eine Zuständigkeit der Ausländerbehörde des bisherigen Wohnortes nach der neuen Rechtslage auch: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Januar 2015 - 2 O 1/5 -, juris, Rn. 8; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, a.a.O., § 61 Rn. 94.
64Selbst wenn man dies anders sehen und annehmen wollte, dass der Kläger wegen seines überwiegenden tatsächlichen Aufenthalts in T. /Rheinland-Pfalz als Schwerpunkt seiner persönlichen Lebensbeziehungen den gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufgegeben hat, hätte er in Rheinland-Pfalz jedoch keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Denn wegen der fortbestehenden Wohnsitzauflage für die Gemeinde X. ist nicht davon auszugehen, dass er sich in Rheinland-Pfalz „bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhielt. Die auflagenwidrigen Wohnsitznahme dort konnte jederzeit vom Beigeladenen ausländerrechtlich durch entsprechende Ordnungsverfügungen und bei Nichtbefolgung durch Anwendung von Verwaltungszwang beendet werden. Dass der Beigeladene dies trotz Kenntnis vom tatsächlichen Aufenthalt des Klägers in seinem Zuständigkeitsbereich in der Vergangenheit nicht getan hat, rechtfertigte nicht die Annahme, dass dies auch künftig so bleiben würde, zumal der Beigeladene einem Zuzug des Klägers in seinen Zuständigkeitsbereich durchgängig, auch im Rahmen des Klageverfahrens widersprochen hat. Hätte der Kläger demnach gegenwärtig weder im Zuständigkeitsbereich des Beklagten (mehr) noch im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen (wieder) einen gewöhnlichen Aufenthalt, käme es nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 a, 2. Alternative VwVfG NRW darauf an, wo der Kläger zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dies war bis zur Einreise der Familie des Klägers jedoch im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
65Innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen ist der Beklagte als Ausländerbehörde, auf deren Bezirk sich die Wohnsitzauflage erstreckt, auch örtlich zuständig, weil in seinem Bezirk Anlass zum aufenthaltsrechtlichen Handeln besteht und damit die zu schützenden Interessen im Sinne des § 4 Abs. 1 OBG NRW verletzt oder gefährdet werden.
662. Der Kläger hat auch einen Anspruch darauf, dass die Wohnsitzauflage auf die Verbandsgemeine T. /Rheinland-Pfalz im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen geändert wird.
67Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch bildet § 61 Abs. 1d S. 3 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann die Ausländerbehörde die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern. Hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.
68Die Änderung der Wohnsitzauflage erfolgt danach im Wege einer Einzelfallentscheidung. Sie steht im Ermessen der Ausländerbehörde („kann“). Bei der Ausübung des Ermessens hat die Ausländerbehörde das mit der gesetzlich angeordneten Wohnsitzauflage verfolgte öffentliche Interesse an einer gerechten Verteilung der Sozialkosten zwischen den Ländern einerseits (vgl. BT-Drs. 18/3144, S. 9 f.) und die persönlichen Belange des betroffenen Ausländers andererseits zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Als zu berücksichtigende Belange auf Seiten des Ausländers werden in § 61 Abs. 1d S. 3, 2. Halbs. AufenthG insbesondere seine Beziehungen zu Familienangehörigen, mit denen er in Haushaltsgemeinschaft lebt oder leben will, genannt. Damit wird – ebenso wie mit den Regelungen der § 15a Abs. 1 S. 6 und Abs. 4 S. 3 AufenthG, §§ 50 Abs. 4 S. 5, § 51 Abs. 1 AsylVfG im Rahmen der aufenthaltsrechtlichen und asylrechtlichen Verteilungsverfahren – Art. 6 Abs. 1 und 2 GG Rechnung getragen, der als wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde verpflichtet, bei jeder ausländerrechtlichen Entscheidung die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen.
69Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. Mai 2011 - 2 BvR 2625/10 -, juris, Rn. 13 ff., vom 27. August 2010 - 2 BvR 130/10 -, NVwZ 2011, 35 = juris, Rn. 40 ff., und vom 4. Dezember 2007 2 BvR 2341/06 -, Inf-AuslR 2008, 239 = juris, Rn. 6 ff.
70Im vorliegenden Fall ist das ausländerbehördliche Ermessen aufgrund der familiären Bindungen des Klägers dahingehend „auf Null“ reduziert, dass die Änderung der Wohnsitzauflage im Sinne des Klägers die einzig rechtmäßige Entscheidung darstellt.
71Die begehrte Änderung der Wohnsitzauflage dient hier der Herstellung und Wahrung der von Art. 6 Abs. 1 und 2 GG geschützten familiären Lebensgemeinschaft. Aufgrund der vorgelegten Urkunde über die Vaterschaftsanerkennung steht fest, dass der Kläger jedenfalls Vater des am 8. November 2013 im Bundesgebiet geborenen Kindes E. ist (vgl. §§ 1592 Nr. 2, 1594, 1595 Abs. 1, 1597 Abs. 1 BGB). Vor diesem Hintergrund kann dahin gestellt bleiben, ob auch von einer rechtsgültigen Ehe mit Frau H. und der Vaterschaft des Klägers für die in Armenien geborenen Kinder M. und W. auszugehen ist. Dies ist zwar bisher nicht durch Personenstandsurkunden nachgewiesen worden, da der Kläger lediglich eine Kopie der armenischen Heiratsurkunde mit deutscher Übersetzung und keine Geburtsurkunden für diese beiden Kinder vorgelegt hat. Allerdings haben bisher auch weder der Beklagte noch der Beigeladene substantiiert durchgreifende Zweifel an der Wirksamkeit der Ehe sowie der Vaterschaft des Klägers aufgezeigt.
72Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung lassen bereits die familiären Bindungen des Klägers zu seinem knapp eineinhalb jährigen Sohn E. das öffentliche Interesse an einer gerechten Lastenverteilung zurücktreten. Die familiären Bindungen des Klägers wiegen deshalb besonders schwer, weil hier der Schutz der familiären Lebensgemeinschaft zwischen einem Vater und seinem minderjährigem Kleinkind in Rede steht. Wird die Änderung der Wohnsitzauflage – wie hier – zum Zweck der Herstellung der Familieneinheit von Eltern und ihren minderjährigen Kindern begehrt, kann eine solche Änderung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 und 2 GG in der Regel nicht ermessensfehlerfrei abgelehnt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Familientrennung bereits seit längerer Zeit andauert und weder eine Aufenthaltsbeendigung eines beteiligten Familienmitglieds noch eine freiwillige Ausreise unmittelbar bevorstehen.
73Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Januar 2015 - 2 O 1/5 -, juris, Rn. 9; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, a.a.O., § 61, Rn. 60 f.
74Denn das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kinder ist besonders schutzbedürftig. Dies gilt umso mehr, wenn es sich – wie hier – um ein Kleinkind handelt, bei dem sich bereits eine verhältnismäßig kurze Trennungszeit im Lichte von Art. 6 Abs. 2 GG regelmäßig als unzumutbar lang darstellt, weil die Entwicklung von Kleinkindern schnell voranschreitet und diese den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen können und diesen als endgültigen Verlust erfahren. Bei einer Vater-Kind-Beziehung kommt hinzu, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters auch nicht durch die Betreuung des Kindes durch die Mutter oder dritter Personen entbehrlich wird, sondern eigenständige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes hat.
75Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. Dezember 2008 - 2 BvR 1830/08 -, juris, Rn. 29 und 33; vom 23. Januar 2006 - 2 BvR 1935/05 -, NVwZ 2006, 682 = juris, Rn. 17 und 22; vom 31. August 1999 - 2 BvR 1523/99 -, NVwZ 2000, 59 = juris, Rn. 7 und 10.
76Die Änderung der Wohnsitzauflage ist ferner auch deswegen geboten, weil die Familientrennung bereits seit längerer Zeit andauert und weder eine Aufenthaltsbeendigung eines beteiligten Familienmitglieds noch eine freiwillige Ausreise unmittelbar bevorstehen. Die Trennung zwischen Vater und Sohn besteht im Grundsatz seit dessen Geburt Anfang November 2013. Daran ändert auch nichts, dass der Beklagte dem Kläger bis zur Änderung der Rechtslage zu Beginn dieses Jahres mit der fortlaufenden Erteilung von Verlassenserlaubnissen tatsächlich den Aufenthalt bei seiner Familie im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen ermöglicht hat. Denn die lediglich befristeten Verlassenserlaubnisse führten dazu, dass der Kläger aufgrund der fortbestehenden Wohnsitzauflage für die Gemeinde X. gezwungen war, regelmäßig zur Verlängerung der Erlaubnis bzw. seiner Duldung in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten zurückzukehren. Die Situation hat sich auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung asylsuchender und geduldeter Ausländer zum 1. Januar 2015 nicht geändert. Denn der Kläger ist nach wie vor gezwungen, zur Regelung seiner ausländerrechtlichen (u.a. Verlängerung der Duldungen) und sozialrechtlichen Angelegenheiten (Asylbewerberleistungen einschließlich der Kosten für seine Krankenbehandlungen) regelmäßig in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten zurückzukehren. Dieser Zustand ist der Familie nicht länger zuzumuten und vom Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung asylsuchender und geduldeter Ausländer im Bundesgebiet auch ersichtlich nicht gewollt. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die durch die regelmäßig erforderlichen Reisen anfallenden, nicht unerheblichen Fahrtkosten, die der Familie für die Bestreitung ihres Lebensunterhalts fehlen.
77Eine Beendigung des Aufenthalts oder eine freiwillige Ausreise der Familie des Klägers stehen in absehbarer Zeit ebenfalls nicht bevor. Denn das Bundesamt hat über die Asylanträge der Ehefrau und der drei Kinder des Klägers bis heute nicht entschieden. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet ist daher für die Dauer des Asylverfahrens kraft Gesetzes gestattet (vgl. § 55 Abs. 1 AsylVfG). Dies gilt nach Ablauf der Überstellungsfrist im Dublin-Verfahren und Durchführung eines nationalen Asylverfahrens insbesondere auch für die Ehefrau und den älteren Sohn des Klägers. Wann mit einer Entscheidung des Bundesamtes zu rechnen ist, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt, zumal in Anbetracht der erheblichen Arbeitsbelastung des Bundesamtes infolge der stark gestiegenen Zahl von Asylanträgen u.a. von serbischen und kosovarischen Staatsangehörigen, nicht absehbar. Im Übrigen stünde der Ehefrau und den Kindern des Klägers auch im Falle einer ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes hiergegen noch gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung, wobei die voraussichtliche Dauer eines gerichtlichen Verfahrens sich derzeit ebenfalls nicht abschätzen lässt. Halten sich die Ehefrau und die Kinder des Klägers im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung aufgrund der gesetzlichen Aufenthaltsgestattung jedoch rechtmäßig im Bundesgebiet auf, können sie – entgegen der Ansicht des Beigeladenen – gegenwärtig auch nicht auf eine freiwillige Ausreise zusammen mit dem vollziehbar ausreisepflichtigen Kläger und damit auf eine Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft im Heimatland verwiesen werden.
78Unter diesen Umständen steht auch eine Aufenthaltsbeendigung des Klägers in nächster Zeit nicht bevor. Zum einen ist dessen Abschiebung vom Beklagten derzeit noch bis zum 24. August 2015 ausgesetzt. Zum anderen dürfte ihm auch künftig, jedenfalls solange die Asylverfahren seiner Ehefrau und Kinder noch nicht unanfechtbar bzw. vollziehbar abgeschlossen sind, nach wie vor ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 und 2 GG bzw. § 43 Abs. 3 AsylVfG zustehen.
79Die Anwendung der zuletzt genannten Vorschrift scheidet – entgegen der Ansicht des Beigeladenen – insbesondere nicht deswegen aus, weil die Ehefrau und die Kinder des Klägers nicht unverzüglich nach der Einreise des Klägers einen Asylantrag gestellt haben. Nach § 43 Abs. 3 AsylVfG darf die Ausländerbehörde in dem Fall, dass Familienangehörige im Sinne des § 26 Abs. 1 bis 3 AsylVfG gleichzeitig oder jeweils unverzüglich nach ihrer Einreise einen Asylantrag gestellt haben, die Abschiebung vorübergehend aussetzen, um die gemeinsame Ausreise der Familie zu ermöglichen. Damit stellt die Vorschrift bei getrennter Einreise für die Unverzüglichkeit der Asylantragstellung auf die eigene Einreise bzw. dieser gleichstehend die Geburt des jeweiligen Familienangehörigen und nicht des zuerst eingereisten Familienangehörigen ab. Bei getrennter Einreise – wie hier – schaden daher auch erhebliche Zeitabstände nicht. Der spätere Asylantrag muss nur ohne schuldhaftes Zögern nach der jeweiligen Einreise bzw. Geburt gestellt sein,
80vgl. Bergmann, in: Renner/Bergmann/Dienelt Ausländerrecht, 10. Aufl., § 43 Rn. 6,
81was hier bei allen Familienangehörigen des Klägers der Fall ist. Der Asylantrag des Sohnes E. galt insoweit nach der Anzeige der Geburt durch den Beigeladenen gemäß § 14a Abs. 2 S. 3 AsylVfG als gestellt.
82Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob eine Aussetzung der Abschiebung des Klägers derzeit auch mit Blick auf seinen psychischen Gesundheitszustand gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 GG zu erfolgen hat, obwohl er sich nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung seit September 2014 nicht mehr in psychiatrischer Behandlung befunden und erst im Juni 2015 wieder einen Termin bei einem Psychiater/Neurologen in C. hat.
83Schließlich stellt der Zuzug des Klägers in den Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen auch unter Berücksichtigung der ursprünglichen Verteilungsregelung den geringsten Eingriff in die Kostenbelastung der beteiligten Rechtsträger dar. Denn die Lastenverteilung unter den Ländern wird am wenigsten berührt, wenn der allein lebende und erwerbslose Kläger zu seinen Familienangehörigen zieht und nicht etwa umgekehrt seine Familienangehörigen zu ihm.
843. Der Änderung der Wohnsitzauflage im begehrten Sinne durch den Beklagten steht auch nicht die verweigerte Zustimmung der Beigeladenen entgegen.
85Das Aufenthaltsgesetz sieht für die Änderung der gesetzlichen Wohnsitzauflage kein rechtlich verbindliches Beteiligungserfordernis im Sinne eines mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakts mit der Folge vor, dass diese nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des Zuzugsortes vorgenommen werden kann und die Ausländerbehörde des bisherigen Wohnortes im Falle der Verweigerung der Zustimmung an einer Änderung der Wohnsitzauflage gehindert wäre.
86Der insoweit allein in Betracht zu ziehenden Regelung des § 72 Abs. 3 S. 1 AufenthG lässt sich ein solches Beteiligungserfordernis nicht entnehmen. Nach dieser Vorschrift dürfen räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Abs. 1 S. 3 AufenthG, Anordnungen nach § 47 AufenthG und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Die Vorschrift erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur räumliche Beschränkungen und Auflagen, die aufgrund einer behördlichen Anordnung im Einzelfall, d.h. in Form eines Verwaltungsakts, ergangen sind, nicht aber kraft Gesetzes bestehende räumliche Beschränkungen oder Auflagen, wie sie hier mit der Wohnsitzauflage nach § 61 Abs. 1d S. 1 AufenthG in Rede steht. Darüber hinaus verlangt sie nur ein Einvernehmen der Ausländerbehörde, die den jeweiligen Verwaltungsakt – hier die Wohnsitzauflage – erlassen hat, und nicht der Ausländerbehörde des Zuzugsortes.
87Vgl. ebenso: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2015 - 2 O 1/5 -, juris, Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005 - 19 B 2364/03 -, InfAuslR 2006, 64 = juris, Rn. 50 ff.
88Soweit in Nr. 12.2.5.2.4.3 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (AVwV-AufenthG) bestimmt ist, dass die Ausländerbehörde des bisherigen Wohnortes die wohnsitzbeschränkende Auflage erst dann streichen oder ändern darf, wenn die Zustimmung der Ausländerbehörde des Zuzugsortes vorliegt, steht dies einer Änderung der Wohnsitzauflage durch den Beklagten ebenfalls nicht entgegen. Denn diese rein verwaltungsintern wirkenden und an die nachgeordneten Behörden gerichteten Verwaltungsvorschriften, an die die Verwaltungsgerichte nicht gebunden ist, vermögen als reines Innenrecht die bestehende Rechtslage, die einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt gerade nicht vorsieht, nicht zu ändern. Insbesondere können sie auch einem – wie dargelegt – nach materiellem Recht bestehenden Anspruch auf Änderung der Wohnsitzauflage gemäß § 61 Abs. 1d S. 3 AufenthG nicht entgegenstehen.
89Vgl. ebenso: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2015 - 2 O 1/5 -, juris, Rn. 10.
90Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen kommt nicht in Betracht, da dies nicht der Billigkeit entspricht. Denn der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
91Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Mai 2015 - 4 K 317/14
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Mai 2015 - 4 K 317/14
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Mai 2015 - 4 K 317/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.
(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.
(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.
(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn
- 1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist, - 2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder - 3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.
(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.
(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.
(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.
Gründe
- 1
Die Beschwerde der Kläger hat Erfolg. Den Klägern ist die beantragte Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO zu bewilligen.
- 2
Die Kläger sind nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint auch nicht mutwillig. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sind auch die hinreichenden Erfolgsaussichten zu bejahen.
- 3
Die Klage dürfte gemäß § 88 VwGO als Verpflichtungsklage, gerichtet auf Änderung oder Aufhebung der Wohnsitzauflage, die der der Klägerin zu 1 erteilten Duldung beigefügt ist, zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft zwischen den Klägern und Herrn H. A., dem Ehemann der Klägerin zu 1 und dem Vater der Kläger zu 2 und 3, auszulegen sein. Dies dürfte dem erkennbaren Klagebegehren der Kläger, auf Dauer mit ihrem Ehemann bzw. Vater zusammenleben zu wollen, entsprechen. Die Verpflichtung zur Aufhebung der Wohnsitzaufnahme wird auch in dem in der Klageschrift vom 25.02.2014 angekündigten Antrag ausdrücklich genannt.
- 4
Die in der Klageschrift ebenfalls genannte Aufhebung der räumlichen Beschränkung dürfte bei sachgerechter Würdigung nicht mehr Klagegegenstand sein, denn die räumliche Beschränkung des Aufenthalts der Kläger auf das Bundesland Sachsen-Anhalt ist mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern vom 23.12.2014 (BGBl. I S. 2439) zum 01.01.2015 kraft Gesetzes erloschen (vgl. BT-Drs. 18/3144, S. 13). Nach § 61 Abs. 1b AufenthG in der Fassung des Gesetzes vom 23.12.2014 (AufenthG n.F.) erlischt die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält. Das ist bei den Klägern der Fall.
- 5
Die auf Änderung oder Aufhebung der Wohnsitzauflage gerichtete Verpflichtungsklage dürfte zulässig sein. Insbesondere dürfte es nicht an dem hierfür erforderlichen Antrag bei dem Beklagten fehlen. Dieser dürfte bei sachgerechter Würdigung in dem "Umverteilungsantrag" der Kläger vom 15. März 2010 zu sehen sein, der sowohl vom Beklagten im Bescheid vom 27.08.2010 als auch von der Widerspruchsbehörde im Widerspruchsbescheid vom 21.02.2014 als "Antrag auf Änderung der Wohnsitzauflage" verstanden worden ist. Hinzu kommt, dass die Klägerin zu 1 am 13.08.2012 (erneut) einen ausdrücklichen Antrag auf Änderung der wohnsitzbeschränkenden Auflage bei dem Beklagten gestellt hat. Auf den Umstand, dass Herr H. A. damals noch in K-Stadt gewohnt hat, kommt es nicht an. Der mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 18.08.2014 angezeigte Umzug des Herrn H. A. nach B-Stadt führt – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – nicht dazu, dass die Kläger einen neuen Antrag stellen müssen. Der jeweilige Wohnsitz des Ehemanns bzw. Vaters der Kläger stellt nur einen unwesentlichen Aspekt dar, der an ihrem Grundanliegen, der Änderung oder Aufhebung der Wohnsitzauflage zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft, nichts ändert.
- 6
Die in der der Klägerin zu 1 erteilten Duldung enthaltene Wohnsitzauflage, wonach die Wohnsitznahme nur im Landkreis C. gestattet ist, ist nach wie vor wirksam. Sie stimmt mit den Regelungen des § 61 Abs. 1d Satz 1 und 2 AufenthG n.F. überein, wonach ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, verpflichtet ist, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Hiernach hat die Anordnung des Beklagten, dass der Klägerin zu 1 die Wohnsitznahme nur im Landkreis C. gestattet ist, weiterhin Bestand.
- 7
Die Klage dürfte auch begründet sein. Der Bescheid des Beklagten vom 27.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 21.02.2014 ist aller Voraussicht nach rechtswidrig, soweit hierin der Antrag der Kläger auf Änderung der Wohnsitzauflage abgelehnt wird. Es spricht viel dafür, dass den Klägern gemäß § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG n.F. ein Anspruch auf Änderung oder Aufhebung der Wohnsitzauflage zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft zwischen ihnen und dem Ehemann der Klägerin zu 1 und dem Vater der Kläger zu 2 und 3, Herrn H. A., zusteht. Nach § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG n.F. kann die Ausländerbehörde die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.
- 8
Zuständig für die Änderung der Wohnsitzauflage nach dieser Vorschrift ist der Beklagte als Ausländerbehörde des bisherigen Wohnorts (vgl. Beschl. d. Senats v. 30.10.2014 – 2 M 106/14 –, Juris RdNr. 7 zu § 61 Abs. 1 Satz 4 AufenthG). Dies steht in Übereinstimmung mit den Regelungen des Erlasses des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt vom 13.01.2006 zur bundeseinheitlichen Verfahrensweise bei wohnsitzbeschränkenden Auflagen.
- 9
Die Änderung der Wohnsitzauflage steht nach § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG n.F. im Ermessen der Ausländerbehörde. Jedoch wird eine solche Änderung zum Zweck der Herstellung der Familieneinheit von Eltern und minderjährigen Kindern in der Regel im Hinblick auf Art. 6 GG nicht ermessensfehlerfrei abgelehnt werden können. Das gilt insbesondere dann, wenn die Familientrennung bereits seit längerer Zeit andauert und weder eine Aufenthaltsbeendigung eines beteiligten Familienmitglieds noch eine freiwillige Ausreise unmittelbar bevorstehen (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG II, § 61 RdNr. 26). Nach diesen Grundsätzen dürfte im vorliegenden Fall eine Änderung oder Aufhebung der Wohnsitzauflage im Sinne der Kläger geboten sein. Sie dient der Herstellung der von Art. 6 GG geschützten Familieneinheit. Zwar bestehen Zweifel an der Wirksamkeit der gemäß der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunde vom 14.09.1992 (GA B Bl. 140) bescheinigten Eheschließung "nach dem Brauch der Bissa" in Burkina Faso zwischen der Klägerin zu 1 und Herrn H. A., zumal auch die Identität der Klägerin zu 1 angesichts des in der Urkunde angegebenen Geburtsjahres 1968 nicht gesichert ist. Ohne Zweifel ist jedoch die Klägerin zu 1 die Mutter und Herr H. A. der Vater des Klägers zu 2. Letzteres ergibt sich aus der vom Rhein-Sieg-Kreis ausgefertigten Urkunde vom 08.08.2005 über die Anerkennung der Vaterschaft sowie die Zustimmung der Mutter. Damit steht gemäß §§ 1592 Nr. 2, 1595 Abs. 1, 1597 Abs. 1 BGB rechtlich fest, dass Herr H. A. der Vater des Kindes ist. Darüber hinaus hat Herr H. A. am 20.01.2009 vor dem Standesamt H. die Vaterschaft zum Kläger zu 3 anerkannt. Die Trennung der Familie dauert inzwischen seit langer Zeit an. Eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger oder ihre freiwillige Ausreise in nächster Zeit sind nicht ersichtlich. Auch eine Herstellung der Familieneinheit in Burkina Faso dürfte den Klägern und Herrn H. A. nicht zumutbar sein, zumal letzterer seit dem 18.06.2012 über eine Niederlassungserlaubnis verfügt (BA B Bl. 184).
- 10
Die Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde, also der Stadt B-Stadt, zu der beantragten Änderung der Wohnsitzauflage ist nicht erforderlich. Rechtlich bindende Beteiligungserfordernisse sind gemäß § 72 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nur bei der Änderung oder Aufhebung von Maßnahmen durch eine andere Behörde als der Behörde erforderlich, die die Maßnahme angeordnet hat. Das ist hier nicht der Fall. Hier geht es um die Änderung einer vom Beklagten angeordneten Wohnsitzauflage durch ihn selbst. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den einschlägigen Verwaltungsvorschriften, etwa Nr. 12.2.5.2.4.3 AVwV-AufenthG. Hiernach darf die Ausländerbehörde des bisherigen Wohnorts die wohnsitzbeschränkende Auflage erst dann streichen oder ändern, wenn die Zustimmung der Ausländerbehörde des Zuzugsorts vorliegt. Entsprechende Bestimmungen enthalten die einschlägigen Verwaltungsvorschriften in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen. Diesen Verwaltungsvorschriften kommt jedoch nur eine verwaltungsinterne Bindungswirkung zu. Einem nach materiellem Recht bestehenden Anspruch auf Änderung oder Aufhebung einer Wohnsitzauflage gemäß § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG n.F. stehen sie nicht entgegen. Gleichwohl erscheint eine Beiladung der Ausländerbehörde des Zuzugsorts gemäß § 65 Abs. 1 VwGO, nach derzeitigem Stand der Stadt B-Stadt, im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren sinnvoll.
- 11
Die Änderung oder Aufhebung der Wohnsitzauflage dahingehend, dass die Kläger ihren Wohnsitz (auch) in B-Stadt nehmen dürfen, setzt auch nicht eine vorherige länderübergreifende Umverteilung gemäß § 51 AsylVfG voraus. Zwar wurde in Rechtsprechung und Literatur bislang vertreten, ein länderübergreifender Wechsel des Wohnortes eines unanfechtbar abgelehnten Asylbewerbers setze grundsätzlich eine länderübergreifende Umverteilung gemäß § 51 AsylVfG voraus (vgl. BayVGH, Beschl. v. 15.05.2009 – 10 C 09.880 –, Juris RdNr. 6; OVG RP, Urt. v. 15.02.2012 – 7 A 11177/11 –, Juris RdNr. 24; Beschl. d. Senats v. 30.10.2014 – 2 M 106/14 – a.a.O. RdNr. 5; Funke-Kaiser, a.a.O., § 61 RdNr. 25). Grundlage dieser Auffassung war jedoch die Regelung des § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG, wonach räumliche Beschränkungen auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung in Kraft bleiben, bis sie aufgehoben werden. Diese Regelung wurde mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern vom 23.12.2014 (a.a.O.) zum 01.01.2015 aufgehoben. Zugleich wurde die Regelung des § 59a Abs. 1 AsylVfG n.F. in das Gesetz eingefügt, wonach die räumliche Beschränkung nach § 56 erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält. Räumliche Beschränkungen des Aufenthalts unanfechtbar abgelehnter Asylbewerber ergeben sich daher nach abgeschlossenem Asylverfahren regelmäßig nicht mehr.
- 12
Die Änderung der Wohnsitzauflage durch den Beklagten widerspricht auch nicht dem im Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes vom 21.02.2014 zitierten Beschluss des Senats vom 05.04.2006 – 2 M 133/06 –. In diesem Beschluss hatte der Senat die Auffassung vertreten, eine Anspruchsgrundlage, die die Gestattung einer auf Dauer angelegten Wohnsitznahme eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers, dessen Aufenthalt gemäß § 61 Abs. 1 AufenthG auf das Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt beschränkt sei, in einem anderen Bundesland ohne Zustimmung der dort zuständigen Ausländerbehörde zulasse, sei nicht ersichtlich. Dieser Entscheidung ist durch das Inkrafttreten des § 61 Abs. 1b AufenthG n.F. mit Wirkung zum 01.01.2015 die Grundlage entzogen worden. Zudem besteht mit § 61 Abs. 1d Satz 3 AufenthG n.F. nunmehr eine ausdrücklich gesetzliche Ermächtigung zur Änderung der Wohnsitzauflage durch die Ausländerbehörde des bisherigen Wohnortes.
- 13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 1 GKG und § 166 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. September 2011 wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Duldung für das Land Rheinland-Pfalz zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung von Seiten des Klägers gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, sofern nicht dieser zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger, der nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens geduldet wird, begehrt von der Beklagten die Erteilung einer weiteren Duldung, hilfsweise eine länderübergreifende Umverteilungsentscheidung, um ihm den ständigen Aufenthalt in Rheinland-Pfalz zu ermöglichen.
- 2
Er wurde als Asylbewerber am 17. Juni 2004 der Stadt Bergisch Gladbach im beigeladenen Rheinisch-Bergischen Kreis in Nordrhein-Westfalen zugewiesen. Die ihm am 24. Juni 2004 erteilte Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens enthielt eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts auf den Regierungsbezirk Köln. Die Wohnsitznahme war ihm nur im Stadtgebiet Bergisch Gladbach gestattet. Im Dezember 2004 wurde sein Asylverfahren erfolglos abgeschlossen. Er wird seitdem geduldet, weil seine Abschiebung unmöglich ist, da er nicht über einen Pass oder sonstige Reisepapiere verfügt und seine Identität ungeklärt ist. Vertreter der kamerunischen Botschaft in Deutschland erklärten nach einer Vorführung des Klägers im März 2007, dass er nicht - wie von ihm behauptet - ein kamerunischer Staatsangehöriger sei, da er bei einer ausführlichen Befragung zu seinem angeblichen Geburtsort keinerlei Kenntnisse gehabt habe. Daraufhin wurde er mit bestandskräftigem Bescheid vom 25. April 2007 wegen mangelnder Mitwirkung bei der Beschaffung eines Passes, Passersatzpapiers oder sonstigen Identitätsnachweises ausgewiesen. Nach einer Vorführung des Klägers bei Vertretern der nigerianischen Botschaft in Deutschland im Oktober 2007 schlossen diese eine Herkunft aus Nigeria aus. Kamerunische Botschaftsvertreter bekräftigten nach einer erneuten Vorführung und Befragung des Klägers ihre bisherige Einschätzung.
- 3
In der ersten Duldungsbescheinigung für den Kläger vom 31. Januar 2005 war vermerkt, dass sein Aufenthalt auf Nordrhein-Westfalen beschränkt ist. Wohnsitznahme war nur im Stadtgebiet Bergisch Gladbach gestattet. Gleichlautende Duldungsbescheinigungen erhielt er in der Folgezeit bis heute mit Ausnahme des Zeitraums von April 2007 bis August 2008, in dem nach seiner Ausweisung sein Aufenthalt auf den Regierungsbezirk Köln beschränkt war.
- 4
Für die am 14. Oktober 2009 geborene Tochter B. der ghanaischen Staatsangehörigen O. erkannte er mit deren Zustimmung und der ihres damaligen Ehemannes die Vaterschaft an und gab eine Erklärung zur Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts ab. Die Ehe der Kindesmutter wurde mit Urteil vom 13. April 2010 rechtskräftig geschieden. Die Vaterschaft für ihren während der Ehe im Jahr 2006 geborenen Sohn T. wurde von ihrem geschiedenen Ehemann mit Erfolg angefochten (vgl. Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen vom 12. April 2011). Die Kindesmutter, die im September 2002 ins Bundesgebiet einreiste und seit Juli 2008 eine Niederlassungserlaubnis besitzt, lebt zusammen mit ihren Kindern in Ludwigshafen.
- 5
Unter dem 4. März 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm eine weitere Duldung für das Land Rheinland-Pfalz zu erteilen, da er nach Ludwigshafen zu seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter umziehen wolle, sein Aufenthalt aber auf das Land Nordrhein-Westfalen beschränkt sei.
- 6
Mit Schreiben vom 15. April 2010 teilte die Beklagte ihm mit, es handele sich bei seinem Antrag um eine länderübergreifende Umverteilung, der bei der zuständigen Ausländerbehörde seines derzeitigen Wohnortes zu stellen sei. Daraufhin beantragte der Kläger vorsorglich unter dem 21. Mai 2010 bei der Ausländerbehörde des Beigeladenen, seine "Wohnsitzauflage zu streichen". Auf Nachfrage erklärte die Beklagte dem Beigeladenen mit Schreiben vom 23. Juni 2010, sie stimme dem Zuzug des Klägers nach Ludwigshafen nicht zu, da der Lebensunterhalt voraussichtlich nicht ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen gesichert sei und bereits erhebliche Belastungen durch Flüchtlinge und Asylsuchende in Ludwigshafen bestünden.
- 7
Am 25. Januar 2011 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben, mit der er die Erteilung der von ihm beantragten weiteren Duldung für das Land Rheinland-Pfalz begehrt, um mit seiner Lebensgefährtin und seinem Kind in Ludwigshafen leben zu können. Die Beklagte habe über seinen Antrag bisher nicht entschieden. Es bestehe eine intakte familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner Tochter, die er regelmäßig mit entsprechender Erlaubnis des Beigeladenen besuche. Im Lichte des Art. 6 GG und Art. 8 EMRK sei die Ausübung des Sorgerechts durch die Erteilung einer Zuzugsgenehmigung zu gewährleisten. Die Wochenendfahrten nach Ludwigshafen seien sehr aufwendig. Es sei auch dem Kindeswohl zuträglicher, wenn er sich ständig bei seiner Tochter aufhalten könne. Der Kindesmutter mit ihren beiden Kindern sei ein Umzug zu ihm nach Bergisch Gladbach nicht zuzumuten. Ihr gesamtes soziales Umfeld befinde sich in Ludwigshafen. Das Kind T. besuche dort seit August 2010 den Kindergarten. Die Mutter der Kindesmutter lebe ebenfalls in Ludwigshafen. Eine länderübergreifende Umverteilung nach § 51 AsylVfG sei nach Abschluss des Asylverfahrens und Erteilung einer Duldung nicht mehr möglich. Deshalb könne ein länderübergreifender Wechsel eines geduldeten Ausländers - wie von ihm angestrebt - nur mit einer weiteren Duldung der Ausländerbehörde erreicht werden, in deren Zuständigkeitsbereich der Ausländer auf Dauer zu wechseln beabsichtige. Vorsorglich hat der Kläger gleichwohl unter dem 23. Juni 2011 bei der Beklagten die länderübergreifende Umverteilung nach § 51 AsylVfG beantragt.
- 8
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. September 2011 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es fehle aufgrund der asylrechtlichen Zuweisungsentscheidung zur Wohnsitznahme im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen bereits an der örtlichen Zuständigkeit der Beklagten, die begehrte weitere Duldung zu erteilen. Einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 1 LVwVfG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG habe der Kläger nicht begründen können. Die Wirkungen der Zuweisungsentscheidung bestünden auch nach dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens bis zu einer Ausreise des Klägers oder der Erlangung eines asylunabhängigen Aufenthaltsrechts fort mit der Folge, dass es zur dauerhaften Wohnsitzverlagerung einer Umverteilungsentscheidung in analoger Anwendung des § 51 AsylVfG bedürfe. Zudem lägen auch die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung der begehrten Duldung nicht vor.
- 9
Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen.
- 10
Der Kläger beantragt,
- 11
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. September 2011 die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Duldung für das Land Rheinland-Pfalz zu erteilen,
- 12
hilfsweise,
- 13
die Beklagte zu verpflichten, seiner Umverteilung in das Land Rheinland-Pfalz zuzustimmen.
- 14
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
- 15
die Berufung zurückzuweisen.
- 16
Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er weist darauf hin, dass der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts Köln vom 6. Dezember 2011 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden ist.
- 17
Hinsichtlich des Vorbringens des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2012 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (vgl. Bl. 167 ff. der Gerichtsakte). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
- 18
Die Berufung ist begründet.
- 19
Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulässig und begründet.
- 20
Die Klage ist mit dem Hauptantrag gemäß § 75 VwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig, weil die Beklagte über den Antrag des Klägers vom 4. März 2010 auf Erteilung einer weiteren Duldung für das Land Rheinland-Pfalz ohne zureichenden Grund bis heute nicht entschieden hat. Ihr Hinweisschreiben vom 15. April 2010 enthält keinen ablehnenden Bescheid. Die Auffassung der Beklagten, örtlich nicht zuständig zu sein, stellt keinen zureichenden Grund dar, nicht über den Antrag des Klägers zu entscheiden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 75 Rn. 15).
- 21
Der Hauptantrag hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erteilung der von ihm begehrten weiteren Duldung gegenüber der Beklagten zu, die ihm einen dauerhaften länderübergreifenden Wechsel seines Aufenthalts nach Rheinland-Pfalz ermöglicht.
- 22
Das Aufenthaltsgesetz enthält - anders als das Asylverfahrensgesetz für Asylbewerber (vgl. § 51 AsylVfG) - keine ausdrückliche Regelung für eine länderübergreifende Umverteilung eines vollziehbar ausreisepflichtigen, aber geduldeten Ausländers, dessen Aufenthalt gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auf das Gebiet des Landes beschränkt ist, das heißt des Bundeslandes, dessen Ausländerbehörde eine Duldung erteilt hat oder für sonstige ausländerbehördliche Maßnahmen gegenüber dem Ausländer zuständig ist. Die gesetzlich vorgesehene räumliche Beschränkung bezieht sich dabei nicht nur auf den gewöhnlichen Aufenthalt, sondern erfasst auch den tatsächlichen Aufenthalt (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand September 2011, § 51 AufenthG Rn. 7). Die Bestimmung des § 12 Abs. 5 AufenthG, wonach die Ausländerbehörde dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben kann, ermöglicht nur ein vorübergehendes Verlassen des beschränkten Aufenthaltsbereichs (vgl. Hailbronner, a. a. O., § 12 AufenthG Rn. 53; Armbruster, in: HTK-AuslR, Stand September 2011, § 61 AufenthG, zu Abs. 1 - Wohnsitzwechsel, Nr. 2; jeweils m. w. N.).
- 23
Strebt ein geduldeter Ausländer hingegen einen dauerhaften länderübergreifenden Wechsel seines Aufenthalts an, kann er dies grundsätzlich nur dadurch erreichen, dass ihm die für den vorgesehenen Wohnort zuständige Ausländerbehörde eine weitere Duldung (sogenannte Zweitduldung) erteilt. Mit der Erteilung der Zweitduldung erledigt sich die erste Duldung auf andere Weise im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG. Zugleich tritt die nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bestehende räumliche Beschränkung auf das Gebiet des Bundeslandes, in dem die Zweitduldung erteilt wird, an die Stelle der bisherigen räumlichen Beschränkung. Dies entspricht bei geduldeten Ausländern, die kein Asylverfahren durchlaufen haben, der ganz überwiegend vertretenen Auffassung, der der Senat sich anschließt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005 - 19 B 2364/03 -; NdsOVG, Beschluss vom 5. Dezember 2008 - 2 PA 563/08 -; OVG LSA, Beschluss vom 5. April 2006 - 2 M 133/06 -; SächsOVG, Beschluss vom 19. Mai 2004 - 3 BS 380/03 -; alle in juris; Hailbronner, a. a. O., § 51 AufenthG Rn. 7a; Armbruster, a. a. O. m. w. N.; vgl. auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand Juni 2010, § 61 AufenthG, Rn. 18, der allerdings erst beim tatsächlichen Verlassen des bisherigen Bundeslandes von einer Erledigung der ersten Duldung ausgeht).
- 24
Umstritten und höchstrichterlich ungeklärt ist, inwieweit dies auch für geduldete Ausländer gilt, die - wie der Kläger - abgelehnte Asylbewerber sind. Bei diesem Personenkreis besteht nämlich die Besonderheit, dass nach der zum 1. Januar 2005 eingeführten Bestimmung des § 56 Abs. 3 AsylVfG räumliche Beschränkungen der Aufenthaltsgestattung (vgl. § 56 Abs. 1 und 2 AsylVfG) auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung - also auch nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens (vgl. § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG) - in Kraft bleiben, bis sie aufgehoben werden (Satz 1) oder ein Aufenthaltstitel erteilt wird (vgl. Satz 2), wozu eine Duldung nicht zählt (vgl. § 4 Abs. 1 AufenthG). Hieraus folgert ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass eine Duldung nicht geeignet sei, die im Asylverfahren begründete räumliche Beschränkung zu beseitigen. Folglich sei ein geduldeter abgelehnter Asylbewerber zur Überwindung dieser Beschränkung vorrangig auf das länderübergreifende Umverteilungsverfahren nach § 51 AsylVfG zu verweisen, solange die Wirksamkeit der Beschränkung fortbestehe (vgl. OVG Berlin-Bbg, Beschluss vom 2. Dezember 2009 - OVG 3 S 120.08 -; BayVGH, Beschluss vom 15. Mai 2009 - 10 C 09.880 -; HessVGH, Beschluss vom 25. August 2006 - 8 TG 1617/06.A -, alle in juris; ähnlich bereits vor Neufassung des § 56 AsylVfG OVG RP, Beschluss vom 16. Januar 2004 - 10 B 11661/03 -, juris).
- 25
Die Gegenmeinung verweist darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine asylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung nur solange wirksam bleibe, bis der Ausländer ausgereist sei oder die Ausländerbehörde ihm einen Aufenthalt aus asylverfahrensunabhängigen Gründen ermöglicht habe, wobei ein solcher Anschlussaufenthalt auch durch eine Duldung bewirkt werden könne. Durch die Erteilung einer Duldung aus asylverfahrensunabhängigen Gründen werde die Zuweisungsentscheidung gegenstandslos (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2005, a. a. O., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 31. März 1992 - 9 C 155/90 -, juris, Rn. 21). Unter dieser Voraussetzung seien nicht nur die Zuweisungsentscheidung, sondern auch die räumlichen Beschränkungen nach § 56 AsylVfG obsolet (vgl. Armbruster, a. a. O., Nr. 1; wohl auch Funke-Kaiser, a. a. O., § 61 AufenthG Rn. 22; a. A.: OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2010 - 18 B 1702/09 -, juris, Rn. 10, wonach die Erteilung einer asylverfahrensunabhängigen Duldung auf den Fortbestand der räumlichen Beschränkungen - anders als auf die Zuweisungsentscheidung - keinen Einfluss habe).
- 26
Jedenfalls im vorliegenden Fall steht der Umstand, dass der Kläger ein unanfechtbar abgelehnter Asylbewerber ist, der von ihm begehrten Erteilung einer Zweitduldung nicht entgegen. Denn die räumlichen Beschränkungen der Aufenthaltsgestattung des Klägers sind nicht mehr in Kraft, weil sie zusammen mit der ihm erstmals am 31. Januar 2005 erteilten Duldung nach § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG aufgehoben worden sind.
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Eine Aufhebung der räumlichen Beschränkungen der Aufenthaltsgestattung im Sinne von § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG liegt nach Auffassung des Senats in allen Fällen vor, in denen dem Ausländer eine Duldung erteilt wird, deren räumliche Beschränkung sich nicht mit der räumlichen Beschränkung der Aufenthaltsgestattung deckt (enger: OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2010, a. a. O.; vgl. auch Funke-Kaiser, a. a. O., § 61 AufenthG Rn. 22).
- 28
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die räumlichen Beschränkungen der Aufenthaltsgestattung nach § 56 AsylVfG beziehen sich nicht nur auf den ständigen Wohnsitz, sondern erfassen den gesamten Aufenthalt (vgl. Bodenbender, in: GK-AsylVfG, Stand Dezember 2011, § 56 AsylVfG, Rn. 11). Die dem Kläger erteilte Aufenthaltsgestattung vom 24. Juni 2004 enthielt eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts auf den Regierungsbezirk Köln. Wohnsitznahme war ihm nur im Stadtgebiet Bergisch Gladbach gestattet. In der ersten Duldungsbescheinigung des Klägers, die ihm am 31. Januar 2005 nach Abschluss seines Asylverfahrens ausgestellt wurde, war zwar ebenfalls vermerkt, dass ihm Wohnsitznahme nur im Stadtgebiet Bergisch Gladbach gestattet sei. Der Aufenthalt war jedoch im Gegensatz zur asylverfahrensrechtlichen Aufenthaltsgestattung nicht mehr auf den Regierungsbezirk Köln, sondern auf das Land Nordrhein-Westfalen beschränkt. Nicht entscheidend ist, ob die Ausländerbehörde subjektiv lediglich auf die kraft Gesetzes bestehende räumliche Beschränkung eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers auf das Gebiet des Landes nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hinweisen wollte. Aus der maßgeblichen Sicht des betroffenen Klägers konnte er der Duldungsbescheinigung mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht entnehmen, dass die asylverfahrensrechtlichen räumlichen Beschränkungen noch weiter gelten sollten. Vielmehr musste er die Duldungsbescheinigung so verstehen, dass die darin vermerkten räumlichen Beschränkungen nunmehr nach Abschluss seines Asylverfahrens für ihn gelten sollten. Die hiervon abweichenden früheren räumlichen Beschränkungen der Aufenthaltsgestattung konnten aus seiner Sicht hingegen nicht weiter gelten. Sie waren demnach aufgehoben.
- 29
Die Beklagte ist für die Erteilung der begehrten Duldung auch örtlich zuständig. In Rheinland-Pfalz ist nach § 90 Abs. 1 POG i. V. m. § 2 Nr. 2 der Landesverordnung über die Zuständigkeit der allgemeinen Ordnungsbehörden für die ausländerrechtlichen Angelegenheiten die Kreisordnungsbehörde sachlich zuständig. Örtlich zuständig ist gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 POG die allgemeine Ordnungsbehörde, in deren Dienstbezirk die ordnungsbehördlich zu schützenden Interessen gefährdet oder verletzt werden. Diese Bestimmung geht als speziellere Regelung der allgemeinen Zuständigkeitsvorschrift des § 3 VwVfG vor (so bereits Beschluss des Senats vom 12. Juli 2007 - 7 E 10589/07.OVG – m. w. N.). Die durch die Ordnungsbehörde zu schützenden Interessen liegen darin, die Regelungen des Aufenthaltsgesetzes zu vollziehen, um Gefahren für die öffentliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden. Örtlicher Anknüpfungspunkt für Maßnahmen der Ausländerbehörde ist in der Regel der Ort, an dem sich der Ausländer aufhält oder kraft räumlicher Beschränkungen aufzuhalten hat. Da dem Kläger Wohnsitznahme nur in Bergisch Gladbach gestattet ist, dürfte zwar grundsätzlich für seine ausländerrechtlichen Angelegenheiten die Ausländerbehörde des Beigeladenen örtlich zuständig sein. Für sein Begehren auf Erteilung einer weiteren Duldung, um ihm den ständigen Aufenthalt in Rheinland-Pfalz zu ermöglichen, kann aber nicht die Ausländerbehörde des Bundeslandes, auf dessen Gebiet der Aufenthalt des geduldeten Ausländers derzeit räumlich beschränkt ist ("abgebende" Ausländerbehörde), zuständig sein, sondern nur die Ausländerbehörde des Bundeslandes, in dem der Ausländer zukünftig seinen Aufenthalt begründen möchte ("aufnehmende" Ausländerbehörde). § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist zu entnehmen, dass eine Ausländerbehörde materiell-rechtlich keine Duldung für ein anderes Bundesland erteilen darf. Die Zuständigkeit der "aufnehmenden" Ausländerbehörde folgt insoweit aus dem Inhalt der erstrebten behördlichen Entscheidung (vgl. BremOVG, Beschluss vom 4. Juni 2008 - 1 B 163/08 -, juris, Rn. 22; OVG MV, Beschluss vom 23. Juli 2009 - 2 O 50/09 -, juris, Rn. 5; NdsOVG, Beschluss vom 5. Dezember 2008 - 2 PA 563/08 -, juris, Rn. 3; OVG LSA, Beschluss vom 5. April 2006 - 2 M 133/06 -, juris, Rn. 5 ff.; Funke-Kaiser, a. a. O., § 61 AufenthG Rn. 19). Dies entspricht im Ergebnis auch der mittlerweile - soweit ersichtlich - einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Armbruster, a. a. O., Nr. 3 m. w. N.). Demnach ist die Beklagte örtlich zuständig für die Erteilung der begehrten weiteren Duldung, weil der vom Kläger angestrebte neue Aufenthaltsort in ihrem Dienstbezirk liegt.
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Der Kläger hat auch in der Sache einen Anspruch auf die von ihm begehrte weitere Duldung, die ihm einen länderübergreifenden Wechsel seines Aufenthalts-ortes von Nordrhein-Westfalen nach Rheinland-Pfalz ermöglicht.
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Unter welchen Voraussetzungen ein geduldeter Ausländer eine solche Zweitduldung für einen länderübergreifenden Wechsel seines Aufenthaltsortes verlangen kann, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Der Senat geht davon aus, dass die Entscheidung im Ermessen der Ausländerbehörde steht, ein Wechsel zum Zwecke der Herstellung der Familieneinheit von Eltern und ihren minderjährigen Kindern indes in der Regel im Hinblick auf Art. 6 GG nicht ermessensfehlerfrei abgelehnt werden kann, sofern die Familieneinheit nicht in zumutbarer Weise auf anderem Wege hergestellt werden kann (vgl. Funke-Kaiser, a. a. O., § 61 AufenthG Rn. 23 ff.; enger wohl Teile der Rechtsprechung: vgl. Armbruster, a. a. O., Nr. 5 m. w. N.).
- 32
Der Kläger, dessen Aufenthalt auf das Land Nordrhein-Westfalen beschränkt ist, begehrt die Erteilung einer Zweitduldung, um zu seiner im Jahr 2009 geborenen Tochter und deren Mutter, die in Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz leben, ziehen zu können. Die beantragte Zweitduldung dient mithin der Herstellung der Familieneinheit des Klägers mit seiner minderjährigen Tochter, für die er auch sorgeberechtigt ist.
- 33
Anhaltspunkte dafür, dass die Familieneinheit im Herkunftsland der Kindesmutter - Ghana - oder des Klägers, dessen Identität und Staatsangehörigkeit ungeklärt sind, hergestellt werden könnte, sind nicht ersichtlich.
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Der Kläger kann nach Auffassung des Senats nicht darauf verwiesen werden, dass sich die Familieneinheit auch durch einen Umzug seiner Tochter mit ihrer Mutter und deren Sohn T. von Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz nach Bergisch Gladbach in Nordrhein-Westfalen herstellen ließe.
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Zwar wäre ein solcher Umzug möglich, da die Kindesmutter eine Niederlassungserlaubnis besitzt und daher keiner räumlichen Beschränkung unterliegt (vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 2, 12 Abs. 2 AufenthG). Ein Umzug wäre ihr und ihren Kindern jedoch nicht zumutbar. Die Kindesmutter, deren in Ludwigshafen wohnender geschiedener Ehemann allerdings nicht der Vater ihres Kindes T. ist, wohnt seit ihrer Einreise ins Bundesgebiet im Jahr 2002 im Raum Mannheim/Ludwigshafen und jedenfalls seit mehreren Jahren in Ludwigshafen. Dort leben auch ihre Mutter, die Großmutter der Tochter des Klägers, und deren Ehemann. Die Kindesmutter hat auch derzeit nach der Geburt ihrer Tochter wieder eine Arbeitsstelle in Ludwigshafen. Ihr Sohn T. geht dort in den Kindergarten. Angesichts dieses über Jahre gewachsenen sozialen Umfelds der Kindesmutter und ihres auch durch Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens in Ludwigshafen hält der Senat auch unter Berücksichtigung des mit der gesetzlichen räumlichen Beschränkung verfolgten Ziels einer gleichmäßigen Verteilung der Belastung mit Sozialleistungen an geduldete Ausländer (vgl. dazu Funke-Kaiser, a. a. O., § 61 AufenthG Rn. 24) die mit einem Umzug verbundene Beeinträchtigung ihrer Belange für unzumutbar.
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Die Erteilung der begehrten Zweitduldung kann auch nicht deswegen versagt werden, weil der nach Abschluss seines Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtige Kläger seinen Mitwirkungspflichten zur Beschaffung eines Passes oder Passersatzpapieres und zur Klärung seiner Identität seit Jahren beharrlich nicht nachkommt und dadurch seine Abschiebung verhindert. An der Erfüllung der genannten Mitwirkungspflichten und letztlich auch der vollziehbaren Ausreisepflicht besteht allerdings ein erhebliches öffentliches Interesse. Den Verwaltungsvorschriften zu § 61 AufenhtG zufolge ist daher von einer Änderung der räumlichen Beschränkung bzw. der Erteilung einer Duldung - aus familiären Gründen - abzusehen, solange eine Aufenthaltsbeendigung ausschließlich aus Gründen nicht möglich ist, die selbst zu vertreten sind, wie zum Beispiel bei Identitätsverschleierung und Verhinderung der Beschaffung von Heimreisedokumenten (vgl. Nr. 61.1.1.2 AVwV vom 26. Oktober 2009, GMBl. 2009, 878). Mit Rücksicht auf den hierbei zu berücksichtigenden Gesichtspunkt des Kindeswohls kann dies aber nicht gelten, wenn die Verweigerung einer Zweitduldung zu einer Trennung der Familie auf unabsehbare Dauer führen würde. In einem solchen Fall darf die Trennung der Familie nicht aufrechterhalten werden, um auf diese Weise Druck bezüglich der Erfüllung der Mitwirkungs- oder der Ausreisepflicht auszuüben (vgl. Funke-Kaiser, a. a. O., § 61 AufenthG Rn. 23). Nach Auffassung des Senats kommt dem Umstand, dass der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und dadurch eine Aufenthaltsbeendigung verhindert, auch für die Frage, ob den übrigen Familienmitgliedern ein Umzug zum Kläger zur Herstellung der Familieneinheit zumutbar ist, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Dieser Umstand weist nämlich keinen sachlichen Bezug zur Frage der Zumutbarkeit eines solchen Umzugs auf. Anderenfalls würde in unzulässiger Weise unter Vernachlässigung der Belange des Kindes und der Kindesmutter Druck ausgeübt, um den Kläger zur Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten zu bewegen.
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Schließlich kann der Kläger auch nicht darauf verwiesen werden, sich zunächst Reisepapiere zu beschaffen und dann in sein Heimatland auszureisen, um dort das erforderliche Visumverfahren durchzuführen zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, die ihm den Aufenthalt bei seiner Tochter in Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz ermöglichen würde. Ist einem Ausländer dies ohne weiteres möglich, so mag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ein Anordnungsgrund für eine Verpflichtung zur Erteilung einer Zweitduldung fehlen. Ebenso kann eine Zusammenführung von Ehegatten im Ermessenswege rechtmäßig abgelehnt werden, wenn eine Ausreise oder Abschiebung des vollziehbar ausreisepflichtigen Ehegatten in absehbarer Zeit möglich ist (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Mai 2006 - 8 K 1365/05 -, juris; Funke-Kaiser, a. a. O., § 61 AufenthG, Rn. 26). Auf den vorliegenden Fall ist dies jedoch nicht übertragbar. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits seit über zwei Jahren seine Tochter nur im Wege von Besuchserlaubnissen nach § 12 Abs. 5 AufenthG an den Wochenenden sehen kann. Es kommt hinzu, dass nicht sicher ist, welchen Zeitraum der Kläger zur Beschaffung von Reisepapieren benötigt, selbst wenn er nunmehr seinen Mitwirkungspflichten nachkäme und sich mit Nachdruck darum bemühte. Außerdem ist bezüglich der voraussichtlichen Länge des Visumverfahrens zu bedenken, dass der Kläger bestandskräftig ausgewiesen ist und ebenso wie die Kindesmutter Sozialleistungen bezieht. Vor diesem Hintergrund erscheint eine weitere Trennung des Klägers von seiner minderjährigen kleinen Tochter während der Beschaffung von Reisepapieren und der Durchführung des Visumverfahrens nicht zumutbar.
- 38
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entspricht hier nicht der Billigkeit, da der Beigeladene seinerseits mangels eigener Antragstellung kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
- 39
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 40
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da der Fall Gelegenheit gibt, die Voraussetzungen für eine länderübergreifende Umverteilung eines geduldeten abgelehnten Asylbewerbers sowohl in verfahrensrechtlicher als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht zu klären, nachdem in Rechtsprechung und Schrifttum hierzu zahlreiche unterschiedliche Standpunkte vertreten werden.
- 41
Beschluss
- 42
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 und 2 GKG).
(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.
(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.
(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.
(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn
- 1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist, - 2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder - 3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.
(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.
(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.
(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
3Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) führt nicht zu deren Änderung. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge,
4den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern den Zuzug nach C. zu erlauben,
5hilfsweise den Antragstellern eine Duldungsbescheinigung gem. § 60a AufenthG ohne Wohnsitzauflage zu erteilen,
6jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
7Der Zulässigkeit des Hauptantrags steht allerdings – wie mit Blick auf den rechtlichen Hinweis des Berichterstatters vom 2. Dezember 2014 angemerkt sei – nicht entgegen, dass es der begehrten einstweiligen Anordnung für den Zuzug nach C. nicht bedürfte. Die Antragsteller unterliegen vielmehr einer asylrechtlichen räumlichen Beschränkung nach § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG auf den Bezirk des Antragsgegners mit der Folge, dass der derzeitige Aufenthalt der Antragsteller in C. rechtswidrig ist.
8Nach § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG gilt - solange keine andere Entscheidung ergeht - im Falle der Stellung eines Asylfolgeantrags die letzte räumliche Beschränkung fort, wenn der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt war. Die Antragsteller zu 1. und 2. waren während ihres im Jahre 1992 eingeleiteten Asylerstverfahrens gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG im Wege einer Vorabzuweisung aufgefordert worden, in der Gemeinde W. Wohnsitz zu nehmen. Zugleich wurde ihr Aufenthalt auf den Bereich des Kreises C1. beschränkt. Diese – in späteren Asylverfahren nicht geänderte - räumliche Beschränkung galt folglich nach Stellung des Asylfolgeantrags mit Schriftsatz vom 13. November 2013 fort. Nach § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG gilt die Beschränkung allerdings nur solange fort, bis eine andere Entscheidung ergeht. Die Beschränkung ist also nicht unabänderlich. Allerdings kommt insoweit nach der gesetzlichen Konzeption in zeitlicher Hinsicht nur eine „andere Entscheidung“ nach Eintritt der Fortgeltung, also nach Stellung des Asylfolgeantrags in Betracht. § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG knüpft ausdrücklich an die letzte räumliche Beschränkung „während des früheren Asylverfahrens“ an. Ob die räumliche Beschränkung in der Zeit zwischen dem Abschluss des früheren Asylverfahrens und der Stellung des Asylfolgeantrags aufgehoben worden ist, ist deshalb im Rahmen des § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG ohne Belang. Die eingetretene Fortgeltung wird deshalb weder dadurch in Frage gestellt, dass den Antragstellern nach Abschluss des früheren Asylverfahrens am 27. Mai 2008 Aufenthaltstitel nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt und schließlich bis zum 31. Dezember 2009 verlängert worden sind, noch dadurch, dass die Kläger vor Stellung des Asylfolgeantrags am 13. November 2012 in ihr Heimatland abgeschoben worden waren. Der Gesetzeswortlaut „gilt…fort“ setzt nicht voraus, dass die vormalige räumliche Beschränkung aus dem früheren Asylverfahren bei Stellung des Asylfolgeantrags noch gegolten haben muss oder jedenfalls zuvor nicht erloschen ist oder aufgehoben worden ist.
9OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. Januar 2012 – 7 B 11408/11,7 D 1147 D 11409/11-, juris Rn. 9 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. November 2012 – OVG 11 S 62.12,OVG 11 OVG 11 M 32.12-, juris Rn. 10.
10Die Anträge sind aber unbegründet. Die Antragsteller haben nicht i.S.v. §123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihnen die mit dem Haupt- und Hilfsantrag geltend gemachten Anordnungsansprüche zustehen.
11Als Rechtsgrundlage für den mit dem Hauptantrag verfolgten Anordnungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner kommt allein § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG in Betracht. Die ggf. auch einschlägigen Bestimmungen der §§ 58 Abs. 1 und 51 Abs. 1 AsylVfG scheiden hier jedenfalls schon deshalb aus, weil der Streit um eine danach zu erteilende „Zuzugserlaubnis“ dem Beschwerdeausschluss des § 80 AsylVfG unterläge. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen dieser Normen nicht vor. Die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor.
12§ 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG sehen ein Abweichen von der räumlichen Beschränkung vor zur Ausübung einer Beschäftigung, zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus-und Weiterbildung oder des Studiums sowie zur Aufrechterhaltung der Familieneinheit. Eine allgemeine Härteklausel, wie sie § 58 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG mit dem Verweis auf zwingende Gründe oder eine unbillige Härte enthält, weist § 61 Abs. 1 AufenthG allerdings nicht auf. Der Senat kann offenlassen, ob § 61 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erweiternd dahingehend ausgelegt werden kann, dass auch sonstige dringende familiäre Gründe wie z.B. Hilfsbedürftigkeit eine Änderung der räumlichen Beschränkung rechtfertigen oder gar gebieten können.
13Vgl. Allg. VerwVorschrift zum AufenthG zu § 61 Nr. 61.1.1.2
14Derartige dringende familiäre Gründe sind hier nicht glaubhaft gemacht. Sie folgen weder aus der Beziehung der Antragsteller zu 1. und 2. zu ihrer in C. lebenden volljährigen Tochter N. I. , noch aus dem Umstand, dass diese durch Beschlüsse des Amtsgerichts C. vom 24. Juni 2014 (46 XVII H 80/14 und 81/14) zur rechtlichen Betreuerin der Antragsteller zu 1. und 2. in den Bereichen Sorge für die Gesundheit, Wohnungsangelegenheiten sowie Rechts/Antrags- und Behördenangelegenheiten bestellt worden ist. Ebenso wenig ergeben sich zwingende Gründe daraus, dass es den Antragstellern zu 1. und 2. aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar wäre, sich in C1. aufzuhalten.
15Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern entfalten sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen nur unter der Voraussetzung, dass ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist bzw. wenn über die sonst üblichen Bindungen hinaus zusätzliche Merkmale einer Abhängigkeit vorhanden sind.
16Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1995 ‑ 2 BvR 901/95 ‑, juris Rn. 8; EGMR, Urteile vom 12. Januar 2010 ‑ 47486/06 [Abdul Waheed Khan] ‑, InfAuslR 2010, 369 und vom 15. Juli 2003 ‑ 52206/99 [Mokrani] ‑ InfAuslR 2004, 183.
17Ein entsprechender Maßstab gilt auch im vorliegenden Zusammenhang, in dem es nicht um die Frage geht, ob, sondern lediglich wo die Antragsteller zu 1. und 2. sich im Bundesgebiet aufhalten dürfen. Dass die – vollziehbar ausreisepflichtigen – Antragsteller zu 1. und 2. im Bundesgebiet gerade auf die Lebenshilfe ihrer in C. lebenden Tochter N. angewiesen wären, ist schon deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil nach den unwidersprochenen Angaben des Antragsgegners im Kreis C1. ebenfalls volljährige Kinder der Antragsteller zu 1. und 2. leben. Dass diese nicht in der Lage wären, die etwa erforderliche Lebenshilfe zu leisten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen geht nicht hervor, weshalb dies nicht möglich sein sollte. Nichts anderes folgt aus der Bestellung der vorgenannten Tochter zur rechtlichen Betreuerin. Das Betreuungsverhältnis ist, wie schon die Überschrift vor §§ 1896 ff. BGB ausdrücklich klarstellt, vom Gesetzgeber als eine ausschließlich rechtliche Betreuung konzipiert und nicht als eine auch die tatsächliche Fürsorge- und Betreuung umfassende Form der Lebenshilfe ausgestaltet worden. Abgesehen davon führt die rechtliche Betreuung nicht zur Geschäftsunfähigkeit des Betreuten. Schließlich kommt hier ausschlaggebendes Gewicht auch dem Umstand zu, dass weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, weshalb die Betreuung nicht durch die im Kreis C1. lebenden Kinder der Antragsteller zu 1. und 2. ausgeübt werden könnte. Einer räumlichen Beschränkung unterliegende Ausländer können diese nicht dadurch unterlaufen, dass sie eine rechtliche Betreuung durch eine gerade am Ort des gewünschten Zuzugs lebende Person einrichten lassen. Vielmehr hat sich die Wahl des Betreuers an der bestehenden räumlichen Beschränkung auszurichten bzw. ist eine bereits für den Ort des gewünschten Zuzugs eingerichtete Betreuung entsprechend abzuändern.
18Der ärztlichen Stellungnahme des Klinikums C. -Nord vom 2. Oktober 2014 zufolge führt die diagnostizierte Erkrankung (posttraumatische Belastungsstörung und depressive Entwicklung) dazu, dass keine Reisefähigkeit in den Kosovo besteht. Darum geht es im vorliegenden Zusammenhang indes nicht. Die weitere Feststellung, die Antragsteller zu 1. und 2. seien mit alltäglichen Verrichtungen völlig überfordert, auf die Hilfe ihrer Tochter N. angewiesen und ein Leben ohne diese Unterstützung sei nicht möglich, ist nicht nachvollziehbar, weil – wie bereits ausgeführt – nicht ersichtlich ist, weshalb eine erforderliche Unterstützung nicht durch die im Kreis C1. lebenden volljährigen Kinder der Antragsteller zu 1. und 2. erbracht werden könnte. Dass eine Rückführung nach Nordrhein-Westfalen zu einer Überforderung führen würde, ist deshalb nicht plausibel. Die frühere Stellungnahme des Klinikums C. -Nord vom 30. Mai 2014 legt die Annahme nahe, dass der Verfasser der Stellungnahmen, der Facharzt für Psychiatrie H. , Angaben der Antragsteller ungeprüft übernommen hat. Insoweit heißt es nämlich in der letztgenannten Stellungnahme, es sei aus Sicht des Arztes völlig glaubhaft, wenn die Antragsteller zu 1. und 2. artikulierten, dass sie ein Leben in C1. ohne ihre Tochter nicht sichern, nicht organisieren könnten. Nichts anderes gilt für die von demselben Arzt verfasste Stellungnahme vom 17. November 2014.
19Der Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Der insoweit geltend gemachte Duldungsanspruch scheitert an der Weigerung der Antragsteller zu 1. und 2., bei dem Antragsgegner zur Entgegennahme einer Duldung vorzusprechen. Es ist regelmäßig – und so auch hier – nicht zu beanstanden, wenn die Ausländerbehörde eine Duldungsbescheinigung nur im Rahmen einer persönlichen Vorsprache an den Ausländer aushändigt.
20Vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 13. Dezember 2006 – 11 B 5005/06 -, juris Rn. 5.
21Die Notwendigkeit einer Vorsprache folgt bereits aus dem Umstand, dass die Duldungsbescheinigung vom Ausländer zu unterschreiben ist und mit einem Passbild versehen wird. In diesem Zusammenhang ist etwaigen Manipulationen dadurch vorzubeugen, dass die Identität des Duldungsnehmers vor Ort überprüft wird. Auf diese persönliche Vorsprache ist entgegen der Ansicht der Antragsteller auch nicht etwa deshalb zu verzichten, weil sie für die Antragsteller zu 1. und 2. unzumutbar wäre. Sind nach den vorstehenden Ausführungen durchgreifende Gründe für die Erforderlichkeit eines Aufenthalts der Antragsteller in C. nicht glaubhaft gemacht, so stehen solche auch der Vorsprache in C1. nicht entgegen. Sollte der Antragsgegner den Antragsteller zu 1. in Haft nehmen lassen wollen, so führte dies nicht zur Unzumutbarkeit der Vorsprache. Vielmehr wären etwa gegen die Freiheitsentziehung sprechende Gründe wie z.B. eine Haftunfähigkeit mit den insoweit gegebenen Rechtsmitteln geltend zu machen.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 GKG.
23Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.
(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, - 2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und - 3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.
(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn
- 1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und - 2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.
(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.
(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.
(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn
- 1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist, - 2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder - 3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.
(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.
(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.
(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.
(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.
(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.
(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn
- 1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist, - 2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder - 3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.
(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.
(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.
(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.
(1) Örtlich zuständig ist
- 1.
in Angelegenheiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt; - 2.
in Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer seiner Betriebsstätten, auf die Ausübung eines Berufs oder auf eine andere dauernde Tätigkeit beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Unternehmen oder die Betriebsstätte betrieben oder der Beruf oder die Tätigkeit ausgeübt wird oder werden soll; - 3.
in anderen Angelegenheiten, die - a)
eine natürliche Person betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte, - b)
eine juristische Person oder eine Vereinigung betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die juristische Person oder die Vereinigung ihren Sitz hat oder zuletzt hatte;
- 4.
in Angelegenheiten, bei denen sich die Zuständigkeit nicht aus den Nummern 1 bis 3 ergibt, die Behörde, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt.
(2) Sind nach Absatz 1 mehrere Behörden zuständig, so entscheidet die Behörde, die zuerst mit der Sache befasst worden ist, es sei denn, die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde bestimmt, dass eine andere örtlich zuständige Behörde zu entscheiden hat. Sie kann in den Fällen, in denen eine gleiche Angelegenheit sich auf mehrere Betriebsstätten eines Betriebs oder Unternehmens bezieht, eine der nach Absatz 1 Nr. 2 zuständigen Behörden als gemeinsame zuständige Behörde bestimmen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten zur einheitlichen Entscheidung geboten ist. Diese Aufsichtsbehörde entscheidet ferner über die örtliche Zuständigkeit, wenn sich mehrere Behörden für zuständig oder für unzuständig halten oder wenn die Zuständigkeit aus anderen Gründen zweifelhaft ist. Fehlt eine gemeinsame Aufsichtsbehörde, so treffen die fachlich zuständigen Aufsichtsbehörden die Entscheidung gemeinsam.
(3) Ändern sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände, so kann die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt.
(4) Bei Gefahr im Verzug ist für unaufschiebbare Maßnahmen jede Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Die nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 örtlich zuständige Behörde ist unverzüglich zu unterrichten.
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.
(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.
(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
(1) Für die Leistungen nach diesem Gesetz örtlich zuständig ist die nach § 10 bestimmte Behörde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte nach dem Asylgesetz oder Aufenthaltsgesetz verteilt oder zugewiesen worden ist oder für deren Bereich für den Leistungsberechtigten eine Wohnsitzauflage besteht. Ist der Leistungsberechtigte von einer Vereinbarung nach § 45 Absatz 2 des Asylgesetzes betroffen, so ist die Behörde zuständig, in deren Bereich die nach § 46 Absatz 2a des Asylgesetzes für seine Aufnahme zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt. Im übrigen ist die Behörde zuständig, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung von der zuständigen Behörde außerhalb ihres Bereichs sichergestellt wird.
(2) Für die Leistungen in Einrichtungen, die der Krankenbehandlung oder anderen Maßnahmen nach diesem Gesetz dienen, ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. War bei Einsetzen der Leistung der Leistungsberechtigte aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach Leistungsbeginn ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht nicht spätestens innerhalb von vier Wochen fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach den Sätzen 1 und 2 begründet worden ist, oder liegt ein Eilfall vor, hat die nach Absatz 1 zuständige Behörde über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für Leistungen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben.
(3) Als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne dieses Gesetzes gilt der Ort, an dem sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist auch von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mindestens sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zum Zweck des Besuchs, der Erholung, der Kur oder ähnlichen privaten Zwecken erfolgt und nicht länger als ein Jahr dauert. Ist jemand nach Absatz 1 Satz 1 nach dem Asylgesetz oder nach dem Aufenthaltsgesetz verteilt oder zugewiesen worden oder besteht für ihn eine Wohnsitzauflage für einen bestimmten Bereich, so gilt dieser Bereich als sein gewöhnlicher Aufenthalt. Wurde eine Vereinbarung nach § 45 Absatz 2 des Asylgesetzes getroffen, so gilt der Bereich als gewöhnlicher Aufenthalt des Leistungsberechtigten, in dem die nach § 46 Absatz 2a des Asylgesetzes für seine Aufnahme zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt. Für ein neugeborenes Kind ist der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter maßgeblich.
(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.
(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.
(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.
(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn
- 1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist, - 2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder - 3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.
(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.
(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.
(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.
(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.
(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
(1) Für die Leistungen nach diesem Gesetz örtlich zuständig ist die nach § 10 bestimmte Behörde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte nach dem Asylgesetz oder Aufenthaltsgesetz verteilt oder zugewiesen worden ist oder für deren Bereich für den Leistungsberechtigten eine Wohnsitzauflage besteht. Ist der Leistungsberechtigte von einer Vereinbarung nach § 45 Absatz 2 des Asylgesetzes betroffen, so ist die Behörde zuständig, in deren Bereich die nach § 46 Absatz 2a des Asylgesetzes für seine Aufnahme zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt. Im übrigen ist die Behörde zuständig, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung von der zuständigen Behörde außerhalb ihres Bereichs sichergestellt wird.
(2) Für die Leistungen in Einrichtungen, die der Krankenbehandlung oder anderen Maßnahmen nach diesem Gesetz dienen, ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. War bei Einsetzen der Leistung der Leistungsberechtigte aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach Leistungsbeginn ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht nicht spätestens innerhalb von vier Wochen fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach den Sätzen 1 und 2 begründet worden ist, oder liegt ein Eilfall vor, hat die nach Absatz 1 zuständige Behörde über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und vorläufig einzutreten. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für Leistungen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben.
(3) Als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne dieses Gesetzes gilt der Ort, an dem sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist auch von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mindestens sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zum Zweck des Besuchs, der Erholung, der Kur oder ähnlichen privaten Zwecken erfolgt und nicht länger als ein Jahr dauert. Ist jemand nach Absatz 1 Satz 1 nach dem Asylgesetz oder nach dem Aufenthaltsgesetz verteilt oder zugewiesen worden oder besteht für ihn eine Wohnsitzauflage für einen bestimmten Bereich, so gilt dieser Bereich als sein gewöhnlicher Aufenthalt. Wurde eine Vereinbarung nach § 45 Absatz 2 des Asylgesetzes getroffen, so gilt der Bereich als gewöhnlicher Aufenthalt des Leistungsberechtigten, in dem die nach § 46 Absatz 2a des Asylgesetzes für seine Aufnahme zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt. Für ein neugeborenes Kind ist der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter maßgeblich.
(1) Unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, werden vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Sie haben keinen Anspruch darauf, in ein bestimmtes Land oder an einen bestimmten Ort verteilt zu werden. Die Verteilung auf die Länder erfolgt durch eine vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmte zentrale Verteilungsstelle. Solange die Länder für die Verteilung keinen abweichenden Schlüssel vereinbart haben, gilt der für die Verteilung von Asylbewerbern festgelegte Schlüssel. Jedes Land bestimmt bis zu sieben Behörden, die die Verteilung durch die nach Satz 3 bestimmte Stelle veranlassen und verteilte Ausländer aufnehmen. Weist der Ausländer vor Veranlassung der Verteilung nach, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstige zwingende Gründe bestehen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen, ist dem bei der Verteilung Rechnung zu tragen.
(2) Die Ausländerbehörden können die Ausländer verpflichten, sich zu der Behörde zu begeben, die die Verteilung veranlasst. Dies gilt nicht, wenn dem Vorbringen nach Absatz 1 Satz 6 Rechnung zu tragen ist. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Verpflichtung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
(3) Die zentrale Verteilungsstelle benennt der Behörde, die die Verteilung veranlasst hat, die nach den Sätzen 2 und 3 zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung. Hat das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote nicht erfüllt, ist die dieser Behörde nächstgelegene aufnahmefähige Aufnahmeeinrichtung des Landes aufnahmepflichtig. Andernfalls ist die von der zentralen Verteilungsstelle auf Grund der Aufnahmequote nach § 45 des Asylgesetzes und der vorhandenen freien Unterbringungsmöglichkeiten bestimmte Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme verpflichtet. § 46 Abs. 4 und 5 des Asylgesetzes sind entsprechend anzuwenden.
(4) Die Behörde, die die Verteilung nach Absatz 3 veranlasst hat, ordnet in den Fällen des Absatzes 3 Satz 3 an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat; in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 darf sie dies anordnen. Die Ausländerbehörde übermittelt das Ergebnis der Anhörung an die die Verteilung veranlassende Stelle, die die Zahl der Ausländer unter Angabe der Herkunftsländer und das Ergebnis der Anhörung der zentralen Verteilungsstelle mitteilt. Ehegatten sowie Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder sind als Gruppe zu melden und zu verteilen. Der Ausländer hat in dieser Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, bis er innerhalb des Landes weiterverteilt wird, längstens jedoch bis zur Aussetzung der Abschiebung oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels; die §§ 12 und 61 Abs. 1 bleiben unberührt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung innerhalb des Landes zu regeln, soweit dies nicht auf der Grundlage dieses Gesetzes durch Landesgesetz geregelt wird; § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen des Landes übertragen. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Anordnung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 7 und 8 gelten entsprechend, wenn eine Verteilungsanordnung auf Grund eines Landesgesetzes oder einer Rechtsverordnung nach Satz 5 ergeht.
(5) Die zuständigen Behörden können dem Ausländer nach der Verteilung erlauben, seine Wohnung in einem anderen Land zu nehmen. Nach erlaubtem Wohnungswechsel wird der Ausländer von der Quote des abgebenden Landes abgezogen und der des aufnehmenden Landes angerechnet.
(6) Die Regelungen der Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Personen, die nachweislich vor dem 1. Januar 2005 eingereist sind.
(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.
(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.
(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.
(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn
- 1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist, - 2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder - 3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.
(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.
(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.
(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.
(1) Unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, werden vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Sie haben keinen Anspruch darauf, in ein bestimmtes Land oder an einen bestimmten Ort verteilt zu werden. Die Verteilung auf die Länder erfolgt durch eine vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmte zentrale Verteilungsstelle. Solange die Länder für die Verteilung keinen abweichenden Schlüssel vereinbart haben, gilt der für die Verteilung von Asylbewerbern festgelegte Schlüssel. Jedes Land bestimmt bis zu sieben Behörden, die die Verteilung durch die nach Satz 3 bestimmte Stelle veranlassen und verteilte Ausländer aufnehmen. Weist der Ausländer vor Veranlassung der Verteilung nach, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstige zwingende Gründe bestehen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen, ist dem bei der Verteilung Rechnung zu tragen.
(2) Die Ausländerbehörden können die Ausländer verpflichten, sich zu der Behörde zu begeben, die die Verteilung veranlasst. Dies gilt nicht, wenn dem Vorbringen nach Absatz 1 Satz 6 Rechnung zu tragen ist. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Verpflichtung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
(3) Die zentrale Verteilungsstelle benennt der Behörde, die die Verteilung veranlasst hat, die nach den Sätzen 2 und 3 zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung. Hat das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote nicht erfüllt, ist die dieser Behörde nächstgelegene aufnahmefähige Aufnahmeeinrichtung des Landes aufnahmepflichtig. Andernfalls ist die von der zentralen Verteilungsstelle auf Grund der Aufnahmequote nach § 45 des Asylgesetzes und der vorhandenen freien Unterbringungsmöglichkeiten bestimmte Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme verpflichtet. § 46 Abs. 4 und 5 des Asylgesetzes sind entsprechend anzuwenden.
(4) Die Behörde, die die Verteilung nach Absatz 3 veranlasst hat, ordnet in den Fällen des Absatzes 3 Satz 3 an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat; in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 darf sie dies anordnen. Die Ausländerbehörde übermittelt das Ergebnis der Anhörung an die die Verteilung veranlassende Stelle, die die Zahl der Ausländer unter Angabe der Herkunftsländer und das Ergebnis der Anhörung der zentralen Verteilungsstelle mitteilt. Ehegatten sowie Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder sind als Gruppe zu melden und zu verteilen. Der Ausländer hat in dieser Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, bis er innerhalb des Landes weiterverteilt wird, längstens jedoch bis zur Aussetzung der Abschiebung oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels; die §§ 12 und 61 Abs. 1 bleiben unberührt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung innerhalb des Landes zu regeln, soweit dies nicht auf der Grundlage dieses Gesetzes durch Landesgesetz geregelt wird; § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen des Landes übertragen. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Anordnung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 7 und 8 gelten entsprechend, wenn eine Verteilungsanordnung auf Grund eines Landesgesetzes oder einer Rechtsverordnung nach Satz 5 ergeht.
(5) Die zuständigen Behörden können dem Ausländer nach der Verteilung erlauben, seine Wohnung in einem anderen Land zu nehmen. Nach erlaubtem Wohnungswechsel wird der Ausländer von der Quote des abgebenden Landes abgezogen und der des aufnehmenden Landes angerechnet.
(6) Die Regelungen der Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Personen, die nachweislich vor dem 1. Januar 2005 eingereist sind.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Gründe
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I.
- 1
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
- 2
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1. Die 34jährige Beschwerdeführerin ist bosnische Staatsangehörige. Seit Mai 2010 ist sie mit dem in Deutschland lebenden bosnischen Staatsangehörigen S. verheiratet. Ihr Ehemann verfügt über eine Daueraufenthaltserlaubnis-EG; er ist wegen verschiedener körperlicher und psychischer Erkrankungen betreuungsbedürftig und als schwerbehindert anerkannt. Nachdem die Beschwerdeführerin im Mai 2010 mit einem Schengen-Visum in das Bundesgebiet eingereist war, beantragte sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
- 3
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2. Die Ausländerbehörde lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. August 2010 ab, wobei sie ausführte, dass die Beschwerdeführerin bei der Einreise nicht im Besitz des notwendigen Visums für den von Anfang an beabsichtigten Daueraufenthalt gewesen sei und von der Einhaltung des Visumerfordernisses nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden könne.
- 4
-
3. Die Beschwerdeführerin erhob Klage und beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Die Nachholung des Visumverfahrens sei ihr wegen der schweren Behinderung ihres Ehemannes unzumutbar. Vom Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung sei wegen einer atypischen Fallkonstellation abzusehen; der Ehemann sei aufgrund der Behinderung gesundheitlich nicht in der Lage, den Lebensunterhalt zu sichern. Die Beschwerdeführerin könne auch nicht darauf verwiesen werden, die eheliche Lebensgemeinschaft im Ausland zu führen, da ihrem Ehemann ein Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar sei.
- 5
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4. Mit Beschluss vom 28. September 2010 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab, da die Ausländerbehörde die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG in nicht zu beanstandender Weise verneint habe. Die Erkrankungen des Ehemannes hätten bereits vor der Eheschließung bestanden; es sei nicht dargelegt und ersichtlich, weshalb eine Betreuung nunmehr ausschließlich durch die Beschwerdeführerin erfolgen müsse.
- 6
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5. Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung machte die Beschwerde-führerin geltend, dass es nicht darauf ankomme, ob Betreuungsleistungen ausschließlich durch den Ehepartner erbracht würden oder diesbezüglich Alternativen bestünden. Bestehende Erkrankungen des Ehepartners seien von den Behörden und Gerichten nach Art. 6 GG zu berücksichtigen. Aus den vorgelegten Attesten ergebe sich, dass die Nachholung des Visumverfahrens, auch im Hinblick auf die zu erwartende Dauer eines solchen Verfahrens, die Grenze der Zumutbarkeit offensichtlich übersteige. Das Verwaltungsgericht habe sich mit dieser Sach- und Rechtslage schon nicht auseinandergesetzt. Zudem habe es keinerlei Ausführungen dazu gemacht, mit welcher Verfahrensdauer es konkret rechne.
- 7
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6. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde mit Beschluss vom 18. November 2010 zurück: Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehe nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG entgegen, dass die Beschwerdeführerin ohne das nach § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erforderliche Visum eingereist sei. Es sei nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Ermessenswege von der Einhaltung der Visumpflicht abzusehen, da keine besonderen Umstände vorlägen, die die Nachholung des Visumverfahrens unzumutbar machten. Die Beschwerdeführerin habe nicht dargelegt, in welcher Weise genau eine vorübergehende Abwesenheit ihren Ehemann oder die eheliche Lebensgemeinschaft in der behaupteten gravierenden Weise beeinträchtigen würde, obwohl sie habe erkennen können, dass in diesem Punkt die Notwendigkeit weiteren Vortrags bestanden habe. Dies bedeute nicht, dass sich nur eine Ehefrau, die die Funktionen einer Pflegekraft einnehme, auf die Unzumutbarkeit einer vorübergehenden Trennung berufen könne. Entscheidend sei, ob eine auch nur vorübergehende Trennung im Hinblick auf die konkrete eheliche Verbundenheit für den die Aufenthaltserlaubnis begehrenden Ausländer eine unzumutbare Belastung darstelle. Ein Ausländer in der Situation der Beschwerdeführerin könne grundsätzlich in seinen Rechten aus Art. 6 Abs. 1 GG betroffen sein, ohne dass es letztlich darauf ankomme, ob etwaige Pflegeleistungen nicht auch durch Dritte ersetzt werden könnten. Berufe er sich jedoch auf die krankheitsbedingte Unzumutbarkeit einer Trennung oder die Notwendigkeit einer Betreuung des schon im Inland lebenden Ehegatten, müsse er zumindest erklären, wie das eheliche Zusammenleben auch durch eine nur vorübergehende Trennung unzumutbar gestört werden würde, wofür auch der Umfang etwaiger Betreuungsleistungen einen Anhaltspunkt biete. Hierfür bestehe einmal mehr Anlass, wenn der im Inland lebende Ehegatte schon seit längerem an den Folgen einer Krankheit leide und bislang ohne die eheliche Lebensgemeinschaft sein Schicksal habe bewältigen können. Soweit die Beschwerdeführerin schließlich eine voraussichtliche Dauer des Visumverfahrens von 15 Monaten vortrage, handele es sich um eine unbelegte Behauptung.
- 8
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7. Die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin, mit der sie weitere ärztliche Stellungnahmen sowie eine eidesstattliche Versicherung des Ehepaares zu konkreten Beistandsleistungen vorlegte, wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. November 2010 zurück.
- 9
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8. Mit der fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen eine Verletzung in Art. 6 Abs. 1 GG. Hieraus folge, dass das Ermessen der Ausländerbehörde nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auf Null reduziert sei. Die schwere Erkrankung des Ehemannes der Beschwerdeführerin und die voraussichtlich unabsehbar lange Dauer des Visumverfahrens ließen keine andere Beurteilung zu. Der Verwaltungsgerichtshof entwerte die Ehe und die eheliche Lebensgemeinschaft, indem er diese auf eine Stufe mit Betreuungs- und Beistandsleistungen beliebiger sonstiger Verwandter stelle und den Ehepartner zum beliebig austauschbaren Gesellschafter degradiere. Auch verkenne er die Notwendigkeit festzustellen, welcher Trennungszeitraum den Eheleuten unter den gegebenen Umständen überhaupt zuzumuten sei.
- 10
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9. Das Bundesverfassungsgericht untersagte im Wege der einstweiligen Anordnung der Ausländerbehörde, bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde die angedrohte Abschiebung zu vollziehen (Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 2010 - 2 BvR 2625/10 -).
-
II.
- 11
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
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Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die Versagung von verwaltungsgerichtlichem Eilrechtsschutz ist mit Art. 6 Abs. 1 und 2 GG vereinbar.
- 13
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1. Die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 76, 1 <49 ff.>; 80, 81 <93>; BVerfGK 2, 190 <193 f.>). Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Ehepartner ständigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheit sind nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind (vgl. BVerfGK 13, 26 <27> m.w.N.).
- 14
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Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist es grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen (vgl. BVerfGK 13, 26 <27 f.>). Das Visumverfahren bietet Gelegenheit, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zu überprüfen. Das Aufenthaltsgesetz trägt dabei dem Gebot der Verhältnismäßigkeit Rechnung, indem es unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Einzelfall erlaubt, von dem grundsätzlichen Erfordernis einer Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) abzusehen. Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland begehrt, regelmäßig hinzunehmen (vgl. BVerfGK 13, 562 <567>).
- 15
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Erfüllt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist, und kann dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (vgl. BVerfGE 80, 81 <95> zur Erwachsenenadoption). Dies kann selbst dann gelten, wenn der Ausländer vor Entstehung der zu schützenden Lebensgemeinschaft gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat (vgl. BVerfGK 13, 562 <567> m.w.N.). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Beistandsgemeinschaft als Hausgemeinschaft gelebt wird oder ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe von anderen Personen erbracht werden kann (vgl. BVerfGK 7, 49 <56> m.w.N.).
- 16
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2. Gemessen an diesen Grundsätzen hält die Versagung von Eilrechtsschutz der verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Jedenfalls der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs trägt den aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen einer ehelichen Beistandsgemeinschaft hinreichend Rechnung.
- 17
-
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ablehnung von Eilrechtsschutz darauf gestützt, dass der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die Einreise der Beschwerdeführerin ohne das nach § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG für Daueraufenthalte erforderliche nationale Visum entgegenstehe und die Entscheidung der Ausländerbehörde, von diesem Erfordernis nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht abzusehen, nicht zu beanstanden sei. Der herangezogene Maßstab, eine Trennung wegen Erkrankung oder Betreuungsbedürftigkeit des Ehegatten, zu dem der Ausländer nachziehen wolle, könne den Ausländer grundsätzlich in seinen Rechten aus Art. 6 Abs. 1 GG betreffen, ohne dass es darauf ankomme, ob etwaige Pflegeleistungen nicht auch durch Dritte erbracht werden könnten, steht mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang. Die entscheidungstragende Feststellung, es sei nicht erkennbar, wie das eheliche Zusammenleben auch durch eine nur vorübergehende Trennung unzumutbar gestört werden würde, lässt einen verfassungsrechtlich erheblichen Fehler (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>) bei der Anwendung dieses Maßstabs, insbesondere bei der Ermittlung und Bewertung des Sachverhalts, nicht erkennen.
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Ausschlaggebend für den Verwaltungsgerichtshof war, dass er im Zeitpunkt seiner Entscheidung aufgrund der Darlegungen der Beschwerdeführerin ein im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zu berücksichtigendes Angewiesensein ihres Ehemannes auf ihre Lebenshilfe nicht erkennen konnte. Die hierfür gegebene Begründung, es fehle an Sachvortrag zu Art und Umfang der Betreuungsbedürftigkeit des Ehemanns sowie dazu, wie sich dessen körperliche Erkrankungen auf die Lebensführung der Eheleute konkret auswirkten, lässt sich anhand der im fachgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen nachvollziehen. Die Beschwerdeführerin hatte gegenüber der Ausländerbehörde zwar unter Vorlage von Belegen angegeben, ihr Ehemann sei schwerbehindert, schwer psychisch erkrankt und pflegebedürftig; zudem hatte sie im gerichtlichen Eilverfahren ein ärztliches Attest vorgelegt, das die Aussage enthält, ihr Ehemann sei in hohem Maße betreuungsbedürftig. Indes fehlte es an Vorbringen dazu, worin genau diese Betreuungsbedürftigkeit bestehe, und dass die Beschwerdeführerin überhaupt Unterstützungsleistungen zugunsten ihres Ehemannes erbringe. Aussagen hierzu finden sich erstmals in der nach Ergehen des angegriffenen Beschlusses beim Verwaltungsgerichtshof eingereichten eidesstattlichen Versicherung der Eheleute.
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Die im Entscheidungszeitpunkt vorgenommene Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, mangels hinreichender Darlegung sei nicht feststellbar, dass krankheitsbedingt eine auch nur vorübergehende Trennung der Eheleute unzumutbar sei, ist danach nicht zu beanstanden. Da es auch an hinreichenden Anhaltspunkten für eine unverhältnismäßig lange, die übliche Dauer eines Visumverfahrens übersteigende Trennung der Eheleute fehlte, konnte die Beschwerdeführerin ohne Verfassungsverstoß auf die Nachholung des Visumverfahrens verwiesen werden.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
- 21
-
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Vater eines Kindes ist der Mann,
- 1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, - 2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder - 3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.
(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.
(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.
(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.
(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.
(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.
(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Ausländer dürfen sich im Rahmen der allgemeinen Rechtsvorschriften politisch betätigen. Die politische Betätigung eines Ausländers kann beschränkt oder untersagt werden, soweit sie
- 1.
die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland oder das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet, - 2.
den außenpolitischen Interessen oder den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwiderlaufen kann, - 3.
gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere unter Anwendung von Gewalt, verstößt oder - 4.
bestimmt ist, Parteien, andere Vereinigungen, Einrichtungen oder Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets zu fördern, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar sind.
(2) Die politische Betätigung eines Ausländers wird untersagt, soweit sie
- 1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder den kodifizierten Normen des Völkerrechts widerspricht, - 2.
Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange öffentlich unterstützt, befürwortet oder hervorzurufen bezweckt oder geeignet ist oder - 3.
Vereinigungen, politische Bewegungen oder Gruppen innerhalb oder außerhalb des Bundesgebiets unterstützt, die im Bundesgebiet Anschläge gegen Personen oder Sachen oder außerhalb des Bundesgebiets Anschläge gegen Deutsche oder deutsche Einrichtungen veranlasst, befürwortet oder angedroht haben.
(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.
(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.
(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.
(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn
- 1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist, - 2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder - 3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.
(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.
(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.
(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.