Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 10. Aug. 2016 - 4 K 1253/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen Berichtigungsbescheide, mit denen die Grundsteuer B für das Jahr 2015 nach einer Anhebung des Hebesatzes durch die Beklagte neu festgesetzt wurde.
3Die Klägerin ist Eigentümerin zweier Grundstücke in I. (C. . 00 und 00). Das Finanzamt setzte mit Bescheiden vom 28. November 2012 den Grundsteuermessbetrag für das Grundstück C. . 00 auf 38,29 Euro ab dem 1. Januar 2013 fest und für das Grundstück C. . 00 auf 63,81 Euro ab dem 1. Januar 2013.
4Die Beklagte verfügt seit 2012 über ein Haushaltssicherungskonzept. Grund für die Aufstellung dieses Konzepts war, dass im Jahr 2012 die Einnahmen aus der Gewerbesteuer unvorhergesehen stark abgefallen waren. Nach dem – durch die Aufsichtsbehörde genehmigten – Haushaltssicherungskonzept 2012 sollte der Haushaltsausgleich ursprünglich im Jahr 2015 wieder hergestellt sein. Bereits im Jahr 2012 war im Haushaltssicherungskonzept vorgesehen, dass der Hebesatz für die Grundsteuer B, der damals 414 % betrug, im Jahr 2015 angehoben werden solle, wenn sich keine Besserung der Finanzsituation einstelle und diese Maßnahme zum Haushaltsausgleich zwingend erforderlich sei.
5In der ersten – ebenfalls von der Aufsichtsbehörde genehmigten – Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzepts im Jahr 2013 war der Haushaltsausgleich nunmehr für das Jahr 2016 anvisiert. Die zweite Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzepts im Jahr 2014 wurde unter Auflagen genehmigt. In dieser Auflagenverfügung vom 26. Juni 2014 war in Ziffer 6 u. a. aufgegeben, dass vor dem Hintergrund der vollständigen Aufzehrung der Ausgleichsrücklage und der erforderlichen Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage Mehrerträge während der Haushaltsausführungsphase grundsätzlich zur Haushaltskonsolidierung und somit zur Reduzierung der negativen Jahresabschlussergebnisse einzusetzen seien. Die Aufsichtsbehörde stellte in der Genehmigung zusammenfassend fest, dass die deutliche negative Entwicklung der Haushaltswirtschaft der Beklagten einen restriktiven Konsolidierungskurs erfordere.
6Die Fortschreibungen des Haushaltssicherungskonzepts in den Jahren 2015 und 2016 (mit denen u. a. die Laufzeit des Konzepts bis 2018 verlängert wurde) sind bisher nicht genehmigt worden. Daher sind die Haushaltssatzungen der Beklagten ab 2015 auch nicht bekannt gemacht, sodass sich die Beklagte seitdem in der vorläufigen Haushaltsführung befindet.
7Am 24. März 2015 wurde dem Rat der Beklagten der Jahresabschluss 2008 vorgestellt.
8In seiner Sitzung am 12. Mai 2015 beschloss der Rat der Beklagten die Satzung über die Festsetzung der Realsteuerhebesätze der Beklagten für das Kalenderjahr 2015 (im Folgenden: Hebesatzsatzung). Darin wurde der Hebesatz für die Grundsteuer B rückwirkend zum 1. Januar 2015 auf 510 % festgesetzt. Gleichzeitig wurde der Hebesatz für die Grundsteuer A von 260 % auf 325 % und der Hebesatz für die Gewerbesteuer von 420 % auf 485 % angehoben.
9Unter demselben Datum unterzeichnete der Bürgermeister die Erklärung nach § 2 Abs. 3 BekanntmVO, die ausgefertigte Satzung und die Bekanntmachungs-anordnung. Die Hebesatzsatzung wurde im Amtlichen Mitteilungsblatt der Beklagten (Amtsblatt) vom 21. Mai 2015 bekannt gemacht.
10Die Beklagte setzte gegenüber der Klägerin für das Grundstück C. . 00 die Grundsteuer B mit streitgegenständlichem Bescheid vom 10. Juni 2015 rückwirkend für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015 auf 195,28 Euro neu fest, sodass sich der von ihr zu zahlende Betrag für dieses Grundstück um 36,76 Euro erhöhte. Mit einem weiteren streitgegenständlichem Bescheid vom 10. Juni 2015 setzte sie die Grundsteuer B für das Grundstück C. . 00 rückwirkend für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015 auf 325,43 Euro neu fest, sodass sich der von der Klägerin für dieses Grundstück zu zahlende Betrag um 61,26 Euro erhöhte.
11Die Klägerin hat gegen die beiden Bescheide vom 10. Juni 2015 am 10. Juli 2015 Klage erhoben.
12Sie trägt vor, sie beklage vor allem die Höhe der Erhöhung von 23 % und die Rückwirkung der Maßnahme auf den 1. Januar 2015. Es sei zweifelhaft, ob die Bürger durch die Grundsteuer die steigenden Ausgaben im Sozial- und Jugendbereich und bei der Städteregions-Umlage ausgleichen müssten. Außerdem benachteilige die Maßnahme besonders die sozial Schwächeren, die Arbeitslosen und die Rentner. Eine detaillierte Prüfung des Haushaltssicherungskonzepts durch die Bürger der Stadt sei kaum möglich, zumal zum Zeitpunkt der Beschlussfassung die Abschlüsse der Vorjahre bis einschließlich 2011 nicht vorgelegen hätten. Schließlich habe die Vergangenheit gezeigt, dass vorübergehende Mehreinnahmen nicht automatisch zur Verbesserung der Situation führten. Es seien zudem keine großen Anstrengungen auf der Ausgabenseite zu erkennen, die zu nachhaltigen Einsparungen führen. So seien anscheinend alle Bemühungen aufgegeben worden, Personalausgaben einzusparen. Bislang sei nicht die Schließung von Schulen ins Auge gefasst worden. Außerdem werde ein marodes Hallenbad durch einen Neubau ersetzt, obwohl es weitere Bäder gebe. Die Beklagte habe ferner Millionen ausgegeben, um Grundstücke zu erwerben zum Zwecke der Neuordnung der Verkehrsverhältnisse, und um eine neue Straße und einen Ersatzsportplatz zu bauen. Sofern die Steuern weiter erhöht würden, bestehe die Gefahr, dass Gewerbebetriebe abwandern bzw. dass junge Familien kein Grundstück mehr erwerben. Letztlich könne die Vergnügungssteuer angepasst werden, um mehr Einnahmen zu erzielen.
13Die Klägerin beantragt,
14die Berichtigungsbescheide der Beklagten vom 10. Juni 2015 betreffend die Grundstücke C. . 00 und C. . 00 aufzuheben.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie trägt vor, die Festsetzung des Hebesatzes könne gemäß § 25 Abs. 3 Grundsteuergesetz (GrStG) bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn des Kalenderjahres erfolgen, sodass der Ratsbeschluss vom 12. Mai 2015 fristgemäß erfolgt sei. Wegen der verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit der Gemeinden hätten diese bei der Festsetzung der Hebesätze einen weiten Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in den allgemeinen Grundsätzen des Haushalts- und Steuerrechts finde. Mit der Aufstellung des seit 2012 fortgeschriebenen Haushaltssicherungskonzepts habe sie sich intensiv mit den Möglichkeiten der Haushaltsverbesserung auseinandergesetzt. Da erkennbar gewesen sei, dass der Ausgleich des städtischen Haushalts alleine über die Senkung von Ausgaben nicht erreichbar sei, sei die Erhöhung der Realsteuerhebesätze unvermeidbar gewesen. Eine besondere Benachteiligung von sozial Schwächeren, Arbeitslosen und Rentnern könne nicht nachvollzogen werden, weil die Grundsteuer B alle Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen direkt oder indirekt (über die Mieten) gleichermaßen treffe. Die zu tragenden Lasten würden so auf möglichst viele Schultern verteilt. Eine erdrosselnde Wirkung sei nicht zu erkennen, zumal verschiedene Gerichte dies auch bei deutlich höheren Hebesätzen bestätigten.
18Der Jahresabschluss 2009 wurde dem Rat der Beklagten am 25. August 2015 zur Kenntnis gegeben, der Jahresabschluss 2010 am 27. Oktober 2015. Der Jahresabschluss 2011 wurde vom Rat der Beklagten in seiner Sitzung am 5. Juli 2016 festgestellt und (unter Beifügung der Jahresabschlüsse 2008 bis 2010) am 7. Juli 2016 der Kommunalaufsicht angezeigt.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte.
20Entscheidungsgründe:
21Die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)) ist unbegründet.
22Die angegriffenen Berichtigungsbescheide vom 10. Juni 2015, die rückwirkend die Grundsteuer B für das Jahr 2015 in Höhe von 36,76 Euro bzw. 61,26 Euro erhöhten, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Festsetzung der Grundsteuer B sind die §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 2 Satz 1, 10 Abs. 1, 13 ff, 25 und 27 GrStG in Verbindung mit der vom Rat der Beklagten in seiner Sitzung vom 12. Mai 2015 beschlossenen Satzung über die Festsetzung der Realsteuerhebesätze für das Kalenderjahr 2015.
24Nach § 2 Nr. 2 GrStG in Verbindung mit den §§ 68, 70 Bewertungsgesetz (BewG) sind die im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücke zur Grundsteuer zu veranlagen.
25Die Beklagte hat der Berechnung der Grundsteuer zu Recht die für die Grundstücke der Klägerin vom Finanzamt erlassenen Grundsteuermessbescheide vom 28. November 2012 zugrunde gelegt. Diese sind für die den Grundsteuerbescheid erlassende Kommune bindend. Die Bindungswirkung eines Grundsteuermess-bescheids, bei dem es sich um einen Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 Abgabenordnung (AO) handelt, ist in § 184 Abs. 1 Satz 3 AO in Verbindung mit § 182 Abs. 1 AO geregelt. Nach der letztgenannten Norm sind Feststellungsbescheide, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind, für andere Feststellungsbescheide, für Steuermessbescheide, für Steuerbescheide und für Steueranmeldungen (Folgebescheide) bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Wegen des Verweises in § 184 Abs. 1 Satz 3 AO gilt Entsprechendes im Verhältnis Grundsteuermess- und Steuerbescheid.
26Die Messbeträge wurden auch korrekt übernommen und die neu festgesetzten Steuern rechnerisch korrekt ermittelt.
27Die Beklagte konnte die streitgegenständlichen Bescheide auch auf die Hebesatzsatzung stützen, da keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Satzung bestehen.
28Formell-rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Der Bürgermeister hat sie gemäß § 7 Abs. 4 und 5 Gemeindeordnung (GO) NRW in Verbindung mit der Bekanntmachungsverordnung (BekanntmVO) ordnungsgemäß im gemeindlichen Amtsblatt bekannt gemacht. Der Beklagten steht es offen, den Hebesatz für die Grundsteuer B in einer isolierten Hebesatzsatzung festzusetzen.
29Vgl. VG Köln, Urteil vom 2. Februar 2016 – 17 K 868/15 – juris – Rn. 13 f. m. w. N.; VG Arnsberg, Urteil vom 17. Februar 2014 – 5 K 1087/13 – juris – Rn. 29 f. m. w. N.
30Materiell-rechtlich hält sich die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 414 % auf 510 % im Rahmen des gerichtlich ohnehin nur eingeschränkt überprüfbaren Entscheidungsspielraums der Beklagten.
31Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 Grundgesetz (GG) steht den Gemeinden u. a. das Aufkommen der Grundsteuer zu. Nach Satz 2 dieser Vorschrift i. V. m. § 25 Abs. 1 GrStG haben sie das Recht, die Hebesätze der Grundsteuer festzusetzen. Das Hebesatzrecht dient der Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden. Es ermöglicht ihnen, ihre Einnahmen durch Anhebung der Grundsteuer (und/oder der ebenfalls ihrem Hebesatzrecht unterliegenden Gewerbesteuer) an den Finanzbedarf anzupassen und damit angesichts wachsender Haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 – 8 C 43.09 – juris – Rn. 16.
33Aufgrund dieser verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil ihrer Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, haben die Gemeinden bei der Festsetzung der Hebesätze einen weiten Entschließungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle des vom Rat zu beschließenden Hebesatzes beschränkt sich auf die Überprüfung seiner Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Sie umfasst demgegenüber keine Überprüfung des Hebesatzbeschlusses nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte.
34Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 – juris – jeweils Rn. 4 ff.
35Daraus folgt, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es – wie hier – an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorgangs abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung abgelaufen ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.
36Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 – juris – jeweils Rn. 6.
37Weder das Gericht noch der jeweilige Steuerpflichtige sind daher befugt, ihre eigenen für richtig oder sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle des hierzu nach der Rechtsordnung berufenen – und entsprechend legitimierten – Satzungsgebers zu setzen.
38Vgl. VG Münster, Urteil vom 1. Dezember 2010 – 9 K 1493/10 – juris – Rn. 35; VG Köln, Urteil vom 2. Februar 2016 – 17 K 868/15 – juris – Rn. 22.
39Dies zugrundegelegt, ist der vom Rat der Beklagten für das Haushaltsjahr 2015 beschlossene Hebesatz für die Grundsteuer B von 510 % nicht zu beanstanden. Die Hebesatzregelung verstößt weder gegen Vorschriften des (Grund-)Steuerrechts (1.) noch gegen Vorschriften des Gemeindehaushaltsrechts (2.). Sie genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen (3.).
401. Die durch das Grundsteuergesetz aufgestellten Maßgaben zur Festsetzung des Hebesatzes sind eingehalten.
41Nach § 25 GrStG bestimmt die Gemeinde, mit welchem Hundertsatz des Steuermessbetrags oder des Zerlegungsanteils die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz). Nach Absatz 2 der Vorschrift ist der Hebesatz für ein oder für mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermessbeträge festzusetzen. Gemäß § 25 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 GrStG muss der Hebesatz einheitlich sein für die in einer Gemeinde liegenden Grundstücke. Ein Verstoß gegen diese gesetzliche Vorgabe ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
42Es bestehen zudem keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der Hebesatz für die Grundsteuer B rückwirkend zum 1. Januar 2015 angehoben wurde. Dies entspricht der Regelung des § 25 Abs. 3 S. 1 GrStG. Danach ist der Beschluss über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Die Norm ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden,
43vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. November 1999 – 14 A 4793/99 – juris,
44und die Beklagte hat die zeitlichen Vorgaben mit dem Beschluss des Rates vom 12. Mai 2015 sowie der Bekanntmachung der Satzung am 21. Mai 2015 erfüllt.
45Das Grundsteuergesetz sieht auch keine Höchstgrenzen für die Hebesätze vor. Dem Landesgesetzgeber wurde zwar durch § 26 GrStG die Möglichkeit eingeräumt, vorzugeben, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen. Von dieser Befugnis hat das Land Nordrhein-Westfalen aber keinen Gebrauch gemacht. Das Gesetz sieht auch keine bezifferte Grenze vor für die Höhe einer Erhöhung. Auch eine Erhöhung des Hebesatzes von – wie hier – 23 % ist vom Grundsteuergesetz gedeckt.
462. Die Hebesatzsatzung verstößt außerdem nicht gegen Vorschriften des Gemeindehaushaltsrechts aus der Gemeindeordnung NRW.
47Es ist weder ein Verstoß gegen § 77 Abs. 2 GO NRW oder § 3 Abs. 2 S. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) NRW erkennbar, der der Rechtmäßigkeit der Hebesatzsatzung entgegen gehalten werden könnte, noch ein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 S. 2 GO NRW.
48§ 77 Abs. 2 GO NRW bestimmt, dass die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und nur im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW sollen die Gemeinden in diesem Sinne Steuern nur erheben, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt. Gemäß § 75 Abs. 1 S. 2 GO NRW ist die Haushaltswirtschaft wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen.
49Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung können diese Vorschriften der Gemeindeordnung NRW bereits nicht in zulässiger Weise eine Einschränkung des gemeindlichen Hebesatzspielraums der Gemeinde nach §§ 25, 26 GrStG regeln. Hintergrund ist, dass sie als landesrechtliche Normen nicht eine bundesrechtliche Norm, nämlich §§ 25, 26 GrStG, einschränken können. Dem Landesgesetzgeber kommt keine Kompetenz zu, eine Beschränkung der Höhe des Hebesatzes anzuordnen, wenn das Bundesgesetz dies nicht vorsieht. § 26 GrStG sieht lediglich vor, dass Landesrecht Koppelungen vorsehen kann zwischen der Grundsteuer A und B und der Gewerbesteuer sowie (konkrete zahlenmäßige) Höchsthebesätze. Eine Koppelung der Grundsteuerhebesätze an die Ausschöpfung anderer gemeindlicher Gebühren sieht § 26 GrStG demgegenüber nicht vor.
50Vgl. ausführlich: BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 – 8 C 32/90 – juris – Rn. 9 ff. (zur Vorgängernorm); im Anschluss daran: Hessischer VGH, Beschluss vom 5. August 2014 – 5 B 1100/14 – juris – Rn. 3 ff. (zu der gleichlautenden Regelung in der Hessischen Gemeindeordnung); OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 2013 – 14 A 2213/13 – nicht veröffentlicht; OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2009 – 14 A 131/08 – juris – Rn. 12 ff.; VG Köln, Urteil vom 2. Februar 2016 – 17 K 868/15 – juris – Rn. 39 f. m. w. N.
51Außerdem sind die Vorschriften des Gemeindehaushaltsrechts der Gemeinde-ordnung NRW (§§ 75 ff.) keine Vorschriften, die drittschützenden Charakter haben. D. h., ein Bürger kann sich im Verhältnis zur Gemeinde nicht darauf berufen, dass diese Vorschriften verletzt sind.
52Ob eine Norm drittschützend ist oder allein im öffentlichen Interesse besteht, muss durch Auslegung ermittelt werden. Eine Norm ist drittschützend, wenn sie jedenfalls auch dem Schutz Dritter – hier der Steuerpflichtigen – zu dienen bestimmt ist.
53Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2003 – 15 B 1137/03 – juris – RN. 17 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2014 – 19 B 909/14 – juris – Rn. 8 ff.
54Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die haushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung NRW räumen den Steuerpflichtigen keine einklagbaren Rechte ein, weil sie nicht auch dem Interesse des Einzelnen dienen, sondern ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen gemeindlichen Haushaltsführung. Die §§ 75 ff. GO NRW regulieren das Spannungsfeld zwischen dem verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltungsrecht (vgl. Art. 28 Abs. 2 GG), zu dem auch die Finanzhoheit gehört, und dem öffentlichen Interesse an einem funktionierenden Staatsaufbau, der auch maßgeblich von der Haushaltslage aller staatlichen Teile (Kommunen und Länder) abhängt. Vor diesem Hintergrund stellen die haushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung NRW also eine grundsätzlich zulässige rechtliche Beschränkung des nur im Rahmen der Gesetze garantierten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts dar, deren Einhaltung entsprechend auch nur von der Kommunalaufsicht im Wege einer Rechtsaufsicht überprüft werden kann (vgl. §§ 119 ff. GO NRW). Sie regeln somit nur die Grenzen der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie, durch die der Rechtskreis des Steuerpflichtigen nicht unmittelbar berührt wird.
55Daher ist es den Bürgern einer Gemeinde verwehrt, gegen die Erhöhung der Grundsteuerhebesätze im Rahmen eines Klageverfahrens gegen den Steuerbescheid wirtschaftliche Überlegungen anzuführen, wie etwa die Frage, ob Einsparungen auf der Ausgabenseite ermöglicht werden könnten (z. B. durch die Schließung von Schulen oder durch Personalabbau), oder ob andere Maßnahmen zur Erzielung von Einnahmen zu ergreifen seien (etwa durch eine Neuregelung der Vergnügungssteuer). Die Steuerpflichtigen können in einem solchen Verfahren deswegen auch keine detaillierte Prüfung des Haushaltssicherungskonzepts erreichen. Eine solche Prüfung findet nach den Vorschriften der Gemeindeordnung NRW allein durch die Kommunalaufsicht statt.
563. Die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B im Jahr 2015 durch die Beklagte genügt schließlich auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
57Die Anhebung des Hebesatzes verstößt zunächst nicht gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit bzw. den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
58Gemäß Art. 106 Abs. 6 GG ist die Festsetzung der Hebesätze den Gemeinden übertragen. Diese können nach ihrem individuellen Finanzbedarf die Hebesätze festlegen und haben bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Spielraum. Schwankungen der Höhe der Hebesätze in den einzelnen Kommunen sowie der Hebesätze für die Grundsteuer A und B und die Gewerbesteuer innerhalb der Kommunen sind deshalb systemimmanent.
59Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 5 K 1137/12 -, juris, Rn. 74 ff.
60Ein Anspruch auf Gleichbehandlung durch unterschiedliche Gemeinden verbietet sich aus diesem Grunde per se.
61Auch Rentner, Arbeitslose und sozial Schwächere werden nicht ungerechtfertigt benachteiligt, da der Hebesatz für die Grundsteuer B für alle Grundstückseigentümer gleichermaßen angehoben wurde. Somit trifft die Belastung alle Steuerpflichtigen gleichmäßig.
62Der beschlossene Hebesatz von 510 % hat auch keine erdrosselnde Wirkung und verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen das aus Art. 20 Abs. 1 GG folgende Gebot der sozialen Steuerpolitik.
63Eine erdrosselnde Wirkung liegt vor, wenn die Gesamtheit der Steuerpflichtigen im Regelfall und nicht nur ausnahmsweise die Steuer nicht mehr aufbringen kann und die Steuer damit im Hinblick auf das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum konfiskatorische Wirkung hat.
64Vgl. VG Köln, Urteil vom 2. Februar 2016 – 17 K 868/15 – juris – Rn. 34; OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2012 – 14 A 73/11 – nicht veröffentlicht.
65Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Erhöhung des Hebesatzes ein Ausmaß erreicht wird, durch das die Privatnützigkeit des Eigentums gefährdet oder gar aufgehoben würde. Vielmehr kann auch nach der Erhöhung des Hebesatzes auf 510 % sowohl bei ausschließlich selbst genutzten als auch bei vermieteten Objekten die Grundsteuer aus den Grundstückserträgen erwirtschaftet werden, ohne dass es zu einer Vernichtung der Steuerquelle selbst käme. Dies hat das Oberverwaltungsgericht NRW,
66vgl. Beschluss vom 16. Juli 2013 – 14 A 464/13 – juris,
67selbst für einen Hebesatz von 825 % angenommen. Dass die absolute Höhe der jährlichen Grundsteuern trotz eines hohen Hebesatzes im Verhältnis zum tatsächlichen Wert des Steuerobjekt grundsätzlich als gering einzustufen ist, hängt letztlich damit zusammen, dass nach wie vor der Einheitswert, der der Berechnung der Grundsteuer zugrunde gelegt wird, auf dem Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 basiert, der im Regelfall weit hinter dem Objektwert zurück bleibt.
68Im Falle der Klägerin beträgt die jährliche Erhöhung (im Vergleich mit dem zuvor gültigen Hebesatz von 414 %) 36,76 Euro bzw. 61,26 Euro im Jahr 2015. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass dieser Belastung – bei der gebotenen typisierenden Betrachtung – keine erdrosselnde Wirkung zukommt.
69Soweit sich im Einzelfall die wirtschaftliche Situation eines Steuerpflichtigen – z. B. bei sozial Schwächeren, Arbeitslosen und Rentnern – so darstellt, dass die Erhebung der Grundsteuer zu einer unverhältnismäßigen Belastung führt, ist diesem Umstand im Wege einer Billigkeitsregelung Rechnung zu tragen.
70Schließlich verstößt die Erhöhung des Hebesatzes auf 510 % im Jahr 2015 auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
71Die Gestaltungsfreiheit des Normgebers ist auch bei der Schrankenbestimmung durch Auferlegung von Steuerlasten, die an vermögenswerte Rechtspositionen anknüpfen, durch die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit begrenzt.
72Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 2 BvR 2194/99 – juris – Rn. 43 ff; OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2013 – 14 A 464/13 – juris – Rn. 24 m. w. N.; allgemein zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 – 2 BvK 1/00 – juris – Rn. 124 und 140 ff.
73Auch wenn weder das Grundsteuergesetz noch Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG eine ausdrückliche Grenze des Entschließungsspielraums der Gemeinde für die Festsetzung der Hebesätze vorsehen, hat sich die Gemeinde in den allgemeingültigen äußersten Grenzen zu bewegen, die das Verhältnismäßigkeits-gebot als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) jeder staatlichen Maßnahme auferlegt. Denn nach Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG ist den Gemeinden das Hebesatzrecht "im Rahmen der Gesetze" eingeräumt, die aber wiederum durch die allgemeine Schranken-Schranke des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beschränkt werden. Die Erhöhung des Hebesatzes durch den Rat der Beklagten auf 510 % muss daher geeignet, erforderlich und angemessen sein zur Erreichung eines legitimen Zwecks. Diesen durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auferlegten Anforderungen genügt die streitgegenständliche Hebesatzsatzung.
74Die Erhöhung des Hebesatzes diente in erster Linie – wie bei Steuern allgemein – der Erzielung von Einnahmen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs. Darüber hinaus sollte sie als ein Teilschritt zur Erreichung des Fernziels der Konsolidierung des Haushalts der Beklagten beitragen, das sich aus den rechtlichen Vorgaben des § 75 Abs. 2 S. 1, Abs. 7 S. 1 GO NRW ergibt.
75Die Erhöhung des Hebesatzes war geeignet, diese legitimen Zwecke zu erreichen. Dabei ist unerheblich, ob der Haushaltsausgleich durch die Steuererhöhung in dem vorgeschriebenen Zeitraum tatsächlich erreicht wird. Denn in erster Linie dient die Erhöhung von Steuern der Verbesserung der allgemeinen Einnahmensituation.
76Diese Maßnahme war auch zur Erreichung dieser Ziele erforderlich, weil ein milderes, aber gleich wirksames Mittel nicht ersichtlich ist. Zur Erreichung des Hauptziels – der Erzielung von Einnahmen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs – ist die Erhöhung von Steuern stets erforderlich.
77Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 2 BvR 2194/99 – juris – Rn. 44.
78Daneben war die Maßnahme auch erforderlich zum Erreichen des Fernziels, der Haushaltskonsolidierung. Denn Anlass für die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B im Jahr 2015 war die haushaltswirtschaftliche Situation der Beklagten. Sie war verpflichtet, ab dem Jahr 2012 gemäß § 76 GO NRW ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen. Dieses wurde jährlich fortgeschrieben. Die Fortschreibungen wurden in den Jahren 2013 und 2014 von der Aufsichtsbehörde genehmigt (vgl. § 76 Abs. 2 GO NRW). Die Laufzeit des Haushaltssicherungs-konzepts, die zunächst nur bis zum Jahr 2015 vorgesehen war, wurde bereits im Jahr 2013 mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde um ein weiteres Jahr bis zum Jahr 2016 verlängert. Im Jahr 2016 schrieb der Rat der Beklagten das Haushaltssicherungskonzept abermals fort, nunmehr bis zum Jahr 2018, wobei eine Genehmigung dieser Fortschreibung noch aussteht. Dies stellt die bedeutenden haushaltswirtschaftlichen Probleme der Beklagten dar, die auch im Jahr 2015, als der Hebesatz für die Grundsteuer B erhöht wurde, noch nicht behoben waren. Maßgeblich ist insbesondere, dass die Erhöhung des Hebesatzes in einem Jahr erfolgte (nämlich 2015), das noch innerhalb der durch die Aufsichtsbehörde im Jahr 2013 genehmigten Laufzeit des Haushaltssicherungskonzepts lag. Ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel zur Konsolidierung des gemeindlichen Haushalts durch Erhöhung der Erträge als die Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B ist angesichts der engen Möglichkeiten der Gemeinde zur Erwirtschaftung von Erträgen nicht ersichtlich, zumal zeitgleich auch die Hebesätze für die Grundsteuer A und die Gewerbesteuer angehoben wurden. Außerdem ist insoweit zu berücksichtigen, dass der Beklagten gerade auch bzgl. der sich aus § 75 Abs. 2 S. 1, Abs. 7 S. 1 GO NRW ergebenden gesetzlichen Verpflichtung zur Haushaltskonsolidierung eine weite Einschätzungsprärogative in Bezug auf die Frage zusteht, mit welchen konkreten haushaltsrechtlichen Maßnahmen (Erhöhung der Einnahme oder Verringerung der Ausgaben) sie die Konsolidierung erreichen will. Dieser weite haushaltsrechtliche Entschließungsspielraum ist nicht nur von der Aufsichtsbehörde zu beachten, die diesen nur auf rechtliche Grenzen überprüfen kann (vgl. §§ 119 ff. GO NRW), sondern auch von den Gerichten.
79Die Maßnahme war mit Blick auf die oben dargestellte Haushaltslage der Beklagten im Jahr 2015 sowie unter Berücksichtigung des weiten haushaltsrechtlichen Entschließungsspielraums der Beklagten und ihrer gemeindlichen Finanzhoheit auch angemessen. Die Beklagte war nach den rechtlichen Vorgaben des § 75 GO NRW dringend gehalten, ihren Haushalt konsolidieren. Wie die Aufsichtsbehörde in der Genehmigung der Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzepts unter Auflagen vom 26. Juni 2014 feststellte, hatte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt ihre Ausgleichsrücklage schon vollständig aufgezehrt und nahm bereits die allgemeine Rücklage in Anspruch. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte sich dazu entschieden hat, als einen Baustein zur Erreichung des Fernziels der Haushaltskonsolidierung auch den Hebesatz für die Grundsteuer B zu erhöhen. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte diese Maßnahme bereits im Jahr 2012 bei der erstmaligen Aufstellung des Haushaltssicherungskonzepts für das Jahr 2015 geplant hatte. Die in Rede stehende Steuererhöhung war angesichts der Finanzlage der Beklagten, durch die sie bereits in den Blick der Aufsichtsbehörde geraten war, nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne.
80Die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B verstößt auch nicht deswegen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil die Beklagte die Hebesatzsatzung 2015 erlassen hat, ohne dass ihr die Jahresabschlüsse gemäß § 95 GO NRW für die vergangenen Jahre (2009 bis 2014) vorlagen.
81Wie bereits oben dargestellt, hängt die Wirksamkeit einer gemeindlichen Hebesatzsatzung weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung des Abwägungsmaterials noch der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorgangs ab.
82Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 – 14 A 464/!3 – juris – Rn. 6; und 14 A 2761/12 – juris – Rn. 6.
83Es gibt keine einfachgesetzliche oder verfassungsrechtliche Bestimmung, die es gebietet, Datenmaterial zu sammeln und in einem Abwägungsprozess zu gewichten. Da es besondere gesetzliche Regelungen gibt, die zur Sammlung von Abwägungsmaterial und zur Abwägung verpflichten (vgl. §§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 3 BauGB), zeigt sich, dass der Gesetzgeber gerade für einzelne durch Satzung zu regelnde Rechtsbereiche besondere Sammlungs- und Abwägungsanforderungen stellt und für andere nicht. Soweit solche besonderen gesetzlichen Anforderungen nicht bestehen, können sie nicht aus anderen Rechtsbereichen übertragen werden, da dem der Wille des Gesetzgebers entgegensteht.
84Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 – 14 A 597/09 – Rn. 49.
85Für den Bereich des gemeindlichen Grundsteuerrechts fehlt es an solchen besonderen gesetzlichen Bestimmungen über ein Gebot zur Sammlung von Datenmaterial und eine fehlerfreie Abwägung desselben im Grundsteuergesetz.
86Auch die Bestimmung des § 95 GO NRW, die zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet, stellt keine besondere gesetzliche Regelung dar zur Verpflichtung der Sammlung von Datenmaterial. Dem steht bereits entgegen, dass es dem Bundesgesetzgeber vorbehalten wäre, im Grundsteuergesetz eine entsprechende Regelung zu treffen, und dass der Landesgesetzgeber – wie oben dargestellt – keine Kompetenz hat, eine Einschränkung des Hebesatzrechts aus §§ 25, 26 GrStG festzulegen.
87Außerdem ist § 95 GO NRW auch nicht zu entnehmen, dass er verpflichtende Vorgaben machen wollte im Hinblick auf die Ausübung des gemeindlichen Satzungsermessens im Rahmen von § 25 GrStG. Vielmehr hatte das Neue Kommunale Finanzmanagement, mit dem § 95 GO NRW eingeführt wurde, den Zweck, die Art und Weise der gemeindlichen Rechnungsführung zu verbessern.
88Vgl. Klieve in: Held/Winkel/Wansleben, Kommentar zum Kommunalverfassungsrecht NRW, Stand: Dezember 2010, Vor §§ 75-96, Anm. 4.2.1 bis 4.2.3, und Stand: Juli 2012, § 75, Anm. 2.
89Mit dem gemeindlichen Jahresabschluss sollte den Adressaten der kommunalen Haushaltswirtschaft ein Dokumentations- und Rechenschaftsinstrument an die Hand gegeben werden, das ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden, Ertrags- und Finanzlage zum Abschlussstichtag des Haushaltsjahres vermittelt und ihnen so ermöglicht, Kenntnis über den Stand der Haushaltswirtschaft des abgelaufenen Haushaltsjahres zu erhalten.
90Eine Koppelung der Aufstellung eines Jahresabschlusses nach § 95 GO NRW an das Hebesatzrecht ist der Vorschrift hingegen nicht zu entnehmen.
91Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 Zivilprozessordnung.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 10. Aug. 2016 - 4 K 1253/15
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 10. Aug. 2016 - 4 K 1253/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Gemeinde bestimmt, ob von dem in ihrem Gebiet liegenden Grundbesitz Grundsteuer zu erheben ist.
(2) Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so stehen das Recht des Absatzes 1 und die in diesem Gesetz bestimmten weiteren Rechte dem Land zu.
(3) Für den in gemeindefreien Gebieten liegenden Grundbesitz bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung, wer die nach diesem Gesetz den Gemeinden zustehenden Befugnisse ausübt.
Steuergegenstand ist der inländische Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetzes:
- 1.
die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (§§ 232 bis 234, 240 des Bewertungsgesetzes); diesen stehen die in § 218 Satz 2 des Bewertungsgesetzes bezeichneten Betriebsgrundstücke gleich; - 2.
die Grundstücke (§§ 243, 244 des Bewertungsgesetzes); diesen stehen die in § 218 Satz 3 des Bewertungsgesetzes bezeichneten Betriebsgrundstücke gleich.
(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.
(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.
(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.
(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.
(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.
(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.
(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.
(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.
(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.
(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.
(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.
(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.
(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.
(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.
(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.
(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).
(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.
(1) Steuermessbeträge, die nach den Steuergesetzen zu ermitteln sind, werden durch Steuermessbescheid festgesetzt. Mit der Festsetzung der Steuermessbeträge wird auch über die persönliche und sachliche Steuerpflicht entschieden. Die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sind sinngemäß anzuwenden. Ferner sind § 182 Abs. 1 und für Grundsteuermessbescheide auch Abs. 2 und § 183 sinngemäß anzuwenden.
(2) Die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen, schließt auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Absatz 1 Satz 1 ein, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, der obersten Bundesfinanzbehörde oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind. Eine Maßnahme nach § 163 Absatz 1 Satz 2 wirkt, soweit sie die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuer vom Einkommen beeinflusst, auch für den Gewerbeertrag als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags.
(3) Die Finanzbehörden teilen den Inhalt des Steuermessbescheids sowie die nach Absatz 2 getroffenen Maßnahmen den Gemeinden mit, denen die Steuerfestsetzung (der Erlass des Realsteuerbescheids) obliegt. Die Mitteilungen an die Gemeinden erfolgen durch Bereitstellung zum Abruf; § 87a Absatz 8 und § 87b Absatz 1 gelten dabei entsprechend.
(1) Feststellungsbescheide sind, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind, für andere Feststellungsbescheide, für Steuermessbescheide, für Steuerbescheide und für Steueranmeldungen (Folgebescheide) bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Dies gilt entsprechend bei Feststellungen nach § 180 Absatz 5 Nummer 2 für Verwaltungsakte, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen. Wird ein Feststellungsbescheid nach § 180 Absatz 5 Nummer 2 erlassen, aufgehoben oder geändert, ist ein Verwaltungsakt, für den dieser Feststellungsbescheid Bindungswirkung entfaltet, in entsprechender Anwendung des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zu korrigieren.
(2) Ein Feststellungsbescheid über einen Einheitswert oder einen Grundsteuerwert nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wirkt auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, auf den der Gegenstand der Feststellung nach dem Feststellungszeitpunkt mit steuerlicher Wirkung übergeht. Tritt die Rechtsnachfolge jedoch ein, bevor der Feststellungsbescheid ergangen ist, so wirkt er gegen den Rechtsnachfolger nur dann, wenn er ihm bekannt gegeben wird. Die Sätze 1 und 2 gelten für gesonderte sowie gesonderte und einheitliche Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die sich erst später auswirken, nach der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung entsprechend.
(3) Erfolgt eine gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Beteiligten nach § 179 Absatz 2 Satz 2 einheitlich und ist ein Beteiligter im Feststellungsbescheid unrichtig bezeichnet worden, weil Rechtsnachfolge eingetreten ist, kann dies durch besonderen Bescheid gegenüber dem Rechtsnachfolger berichtigt werden.
(1) Steuermessbeträge, die nach den Steuergesetzen zu ermitteln sind, werden durch Steuermessbescheid festgesetzt. Mit der Festsetzung der Steuermessbeträge wird auch über die persönliche und sachliche Steuerpflicht entschieden. Die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sind sinngemäß anzuwenden. Ferner sind § 182 Abs. 1 und für Grundsteuermessbescheide auch Abs. 2 und § 183 sinngemäß anzuwenden.
(2) Die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen, schließt auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Absatz 1 Satz 1 ein, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, der obersten Bundesfinanzbehörde oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind. Eine Maßnahme nach § 163 Absatz 1 Satz 2 wirkt, soweit sie die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuer vom Einkommen beeinflusst, auch für den Gewerbeertrag als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags.
(3) Die Finanzbehörden teilen den Inhalt des Steuermessbescheids sowie die nach Absatz 2 getroffenen Maßnahmen den Gemeinden mit, denen die Steuerfestsetzung (der Erlass des Realsteuerbescheids) obliegt. Die Mitteilungen an die Gemeinden erfolgen durch Bereitstellung zum Abruf; § 87a Absatz 8 und § 87b Absatz 1 gelten dabei entsprechend.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Kläger sind Eigentümer des in P. gelegenen Grundstücks „F. 00“.
3Der Rat der Beklagten beschloss am 10. Dezember 2014, den Hebesatz für die Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2015 als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung von bisher 493% auf 850% heraufzusetzen. Der Rat blieb insoweit hinter der Beschlussvorlage der Verwaltung zurück, die eine Anhebung auf 1029% vorgeschlagen hatte.
4Mit Bescheid vom 12. Januar 2015 zog die Beklagte die Kläger zur Grundsteuer B für das Jahr 2015 heran. Ausgehend von einem Grundsteuermessbetrag in Höhe von 72,18 Euro und dem (erhöhten) Hebesatz von 850% setzte sie die Grundsteuer auf 613,53 Euro fest.
5Am 12. Februar 2015 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortragen: Die Erhöhung des Hebesatzes auf 850% sei unverhältnismäßig und stelle eine unzumutbare Belastung dar. Auch angesichts des Umstands, dass die Grundsteuer über die Betriebskosten in der Regel auf die Mieter abgewälzt werde, sei die Erhöhung unsozial. Die Beklagte sei verpflichtet, vorrangig Einsparmöglichkeiten auf der Ausgabenseite zu realisieren. Die Kläger machen sich die öffentliche Kritik der Industrie- und Handelskammer zu Köln am Haushaltsplanentwurf der Beklagten für das Jahr 2015 vom 27. November 2014 zu eigen, in der politische Einwände gegen die Erhöhung der Gewerbesteuer vorgebracht werden, und tragen unter Verweis auf die Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 1 BvL 11/14 und 2 BvR 287/11 allgemeine (verfassungs-)rechtliche Bedenken gegenüber den Vorschriften über die Einheitsbewertung vor.
6Die Kläger beantragen,
7den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2015 insoweit aufzuheben, als darin Grundsteuer B für das Jahr 2015 in Höhe von 613,53 Euro festgesetzt worden ist.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie tritt dem Vorbringen der Kläger im Einzelnen entgegen.
11Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe
13Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2015 ist, soweit er die im vorliegenden Verfahren allein angegriffene Heranziehung zur Grundsteuer B betrifft, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14Die Grundsteuerfestsetzung beruht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Insbesondere leidet die Satzung der Beklagten vom 10. Dezember 2014, mit der der Hebesatz für die Grundsteuer B für das Jahr 2015 auf 850% festgesetzt worden ist, nicht an Rechtsfehlern.
15Formell-rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung sind weder vorgetragen noch erkennbar. Der Beklagten steht es insbesondere offen, den Hebesatz für die Grundsteuer B in einer isolierten Hebesatzsatzung festzusetzen.
16Vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.08.1990 – 22 A 57/89 –, NVwZ 1991, 1208 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 19.09.1990 – 13 C 4/87 –, NVwZ 1991, 907 (908); VG Arnsberg, Urteil vom 17.02.2014 – 5 K 1087/13 –, juris, Rn. 29 f. m.w.N.
17Materiell-rechtlich hält sich die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 493% auf 850% im Rahmen des gerichtlich ohnehin nur sehr eingeschränkt überprüfbaren Entscheidungsspielraums der Beklagten.
18Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG steht den Gemeinden u.a. das Aufkommen der Grundsteuer zu. Nach Satz 2 dieser Vorschrift i.V.m. § 25 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) haben sie das Recht, die Hebesätze der Grundsteuer festzusetzen. Das Hebesatzrecht dient der Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden. Es ermöglicht ihnen, ihre Einnahmen durch Anhebung der Grundsteuer (und/oder der ebenfalls ihrem Hebesatzrecht unterliegenden Gewerbesteuer) an den Finanzbedarf anzupassen und damit angesichts wachsender Haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 – 8 C 43.09 –, juris, Rn. 16.
20Aufgrund dieser verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil ihrer Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, haben die Gemeinden bei der Festsetzung der Hebesätze einen weiten Entschließungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle des vom Rat zu beschließenden Hebesatzes beschränkt sich auf die Überprüfung seiner Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Sie umfasst demgegenüber keine Überprüfung des Hebesatzbeschlusses nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte.
21Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 –, juris, jeweils Rn. 4 ff., VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 22 ff.; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 33 ff.
22Daraus folgt, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es – wie hier – an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung abgelaufen ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.
23Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 –, juris, jeweils Rn. 6.
24Weder das Gericht noch der jeweilige Steuerpflichtige sind befugt, ihre eigenen für richtig oder sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle des hierzu nach der Rechtsordnung berufenen – und entsprechend legitimierten – Satzungsgebers zu setzen.
25Vgl. VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 35.
26Dies zugrundegelegt, ist der vom Rat der Beklagten für das Haushaltsjahr 2015 beschlossene Hebesatz für die Grundsteuer B von 850% nicht zu beanstanden. Die Hebesatzregelung verstößt weder gegen Vorschriften des (Grund-)Steuerrechts (1.) noch gegen Vorschriften des Gemeindehaushaltsrechts (2.). Sie genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen (3.).
271. Das Grundsteuergesetz selbst gibt den Gemeinden keine Höchstgrenze bei der Festsetzung von Hebesätzen im Sinne einer zahlenmäßigen Begrenzung vor. § 26 GrStG ermächtigt lediglich die Länder zu einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung. Von dieser Ermächtigung hat Nordrhein-Westfalen – ebenso wie (soweit ersichtlich) die übrigen Bundesländer – jedoch keinen Gebrauch gemacht.
28Vgl. näher Rauber, Gibt es rechtliche Grenzen für die Hebesätze der Grundsteuer B?, in: KStZ 2015, S. 121 (123).
292. Die gemeindehaushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung (GO) NRW können schon aus kompetenziellen Gründen das in § 25 Abs. 1 GrStG bundesgesetzlich verankerte Hebesatzrecht der Gemeinden nicht einschränken.
30Vgl. (zur Gewerbesteuer) näher BVerwG, Urteil vom 11.06.1993 – 8 C 32.90 –, juris, Rn. 6 ff.; zur Übertragbarkeit auf die Grundsteuer vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2009 – 14 A 131/08 –, juris, Rn. 12 ff.
31a) Dies gilt für § 77 Abs. 2 GO NRW, wonach die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und (nur) im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Eine „Koppelung“ des Hebesatzrechtes an die vorrangige Ausschöpfung von Leistungsentgelten lässt sich dieser Vorschrift bei verfassungs- und bundesrechtskonformer Auslegung nicht entnehmen. Ob und in welchem Umfang die Gemeinden zur Deckung ihres Finanzbedarfs von der ihnen kraft Bundesrechts zugewiesenen Befugnis zur Erhebung der Grundsteuer B (vgl. § 1 Abs. 1 GrStG) und ihrer Befugnis zur Bestimmung des Hebesatzes (vgl. § 25 Abs. 1 GrStG) Gebrauch machen, bleibt vielmehr ihrem Ermessen überlassen.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1993 – 8 C 32.90 –, juris, Rn. 11 (zur Gewerbesteuer); OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2009 – 14 A 131/08 –, juris, Rn. 12 ff.; ausführlich VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 45 ff.; Articus/Schneider, GO NRW, Kommentar, 3. Auflage, § 77, Erl. 3. a.E.
33b) Entsprechendes gilt hinsichtlich des Gebots des § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zur wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Haushaltsführung. Selbst wenn danach einzelne Ausgabenposten der Gemeinde als willkürlich und außerhalb jedes vernünftigen und sachlich vertretbaren Maßes haushaltsrechtlich zu beanstanden sein sollten, hätte dies nicht die Unzulässigkeit der Steuererhebung bzw. der Erhöhung des Hebesatzes zur Folge.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris, Rn. 17; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 05.09.2013 – 5 K 930/13 –, juris, Rn. 50 ff., und vom 25.10.2012 – 5 K 1137/12 –, juris, Rn. 69 ff.
353. Der vom Rat der Beklagten beschlossene Hebesatz von 850% hält schließlich auch die verfassungsrechtlichen Grenzen ein.
36a) Mit Blick auf die durch Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Privatnützigkeit des Eigentums darf die Grundsteuer keine „erdrosselnde“ Wirkung haben. Diese ist jedoch erst dann gegeben, wenn nicht nur ein einzelner Grundsteuerpflichtiger, sondern die Gesamtheit der Grundsteuerpflichtigen die sie jeweils treffende Grundsteuer unter normalen Umständen nicht mehr aufbringen kann.
37Vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 21 m.w.N.; FG Berlin, Urteil vom 06.10.2004 – 2 K 2386/02 –, juris, Rn. 25 ff.
38Dies ist in der Rechtsprechung auch bei Hebesätzen von 800% und mehr bislang nicht angenommen worden,
39vgl. etwa VG Arnsberg, Urteile vom 17.02.2014 – 5 K 1205/13 und 5 K 1083/13 –, beide juris (800%); OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris (825%); FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 23 (810%),
40und ist auch im vorliegenden Fall schon wegen der nach wie vor überschaubaren Höhe der festgesetzten Grundsteuer B nicht ersichtlich. Nach dem von der Beklagten aufbereiteten Zahlenmaterial sind 68% der veranlagten Grundstücke mit einem Einheitswert von bis zu 100 Euro bewertet. Es ist in diesen Fällen von einem Anstieg des Grundsteuerbetrags von maximal 493 Euro auf maximal 850 Euro jährlich auszugehen. Dies entspricht einer monatlichen Gesamtbelastung von bis zu rund 71 Euro und einer monatlichen Mehrbelastung aufgrund der für das Haushaltsjahr 2015 beschlossenen Erhöhung von bis zu rund 30 Euro.
41Ein Verstoß gegen das allgemeine Übermaßverbot ist vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht erkennbar.
42Vgl. dazu näher OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 –, juris, Rn. 24 ff., und vom 04.07.2014 – 15 B 571/14 –, juris, Rn. 34 (910%).
43b) Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.
44Insoweit ist es rechtlich unerheblich, wie hoch der Hebesatz für die Grundsteuer B in anderen Kommunen ist. Jede Gemeinde hat das Recht, in Ausübung ihres Hebesatzrechts als Teil ihrer verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit den Hebesatz nach ihren finanziellen Bedürfnissen festzulegen. Eine Verpflichtung, sich an den Hebesätzen anderer Kommunen zu orientieren, wäre hiermit unvereinbar.
45Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25.10.2012 – 5 K 1137/12 –, juris, Rn. 75 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 17.02.2014 – 5 K 1087/13 –, juris, Rn. 56 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 55 ff.; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 38.
46Aus diesem Grunde steht es den Kommunen auch frei, die Hebesätze für die Grundsteuer A und B und die Gewerbesteuer in unterschiedlicher Höhe zu beschließen oder hieran im Vergleich zu vorausgegangenen Steuerjahren unterschiedliche Veränderungen vorzunehmen.
47Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 59 ff.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 21; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 38.
48Begrenzt wird ihr Entschließungsspielraum bei der Festsetzung des Hebesatzes allein durch das Willkürverbot. Die Gemeinde darf bei der eigenverantwortlichen Abschätzung ihres Finanzbedarfs keine grob unsachlichen, also evident willkürlichen Entschließungskriterien maßgeblich werden lassen. Ob dies – wie in der Rechtsprechung teilweise angenommen wird – etwa der Fall sein könnte, wenn die durch die Erhöhung des Hebesatzes erzielten Mehreinnahmen nicht zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben erforderlich wären, sondern der Kapitalbildung der Gemeinde dienten,
49vgl. VGH München, Beschluss vom 23.04.2013 – 4 ZB 12.2144 –, juris, Rn. 14; Hess. VGH, Beschluss vom 05.08.2014 – 5 B 1100/14 –, juris, Rn. 10,
50kann dahinstehen. Denn hierfür bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
51c) Eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass es sich um einen Gestaltungsauftrag mit einem weiten Spielraum für den kommunalen Satzungsgeber handelt.
52Vgl. BVerfG, Urteil vom 08.10.1985 – 1 BvL 17/83, 1 BvL 11 BvL 19/83 –, juris, Rn. 32; Beschluss vom 19.12.1978 – 1 BvR 335/76, 1 BvR 41 BvR 427/76, 1 BvR 81 BvR 811/76 –, juris, Rn. 118.
53Ein inhaltlich konkretisierter Prüfungsmaßstab für die maximale Höhe der Steuerbelastung lässt sich ihm nicht entnehmen.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris, Rn. 16; Leibholz/Rinck/Hesselberger, in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Loseblattsammlung, 69. Ergänzungslieferung 2015, Art. 14 Rn. 493, Art. 20 Rn. 321-324.
55d) Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Höhe des Hebesatzes für die Grundsteuer B ergeben sich auch nicht aus den in Bezug genommenen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 2 BvR 287/11 wurde mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2015 bereits nicht zur Entscheidung angenommen. In beiden Verfahren steht bzw. stand die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung, die der Grundsteuerfestsetzung vorangeht, in Streit. Die Kläger können die Einheitsbewertung nur in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den separat ergehenden Einheitswertbescheid angreifen (vgl. § 351 Abs. 2 AO). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Festsetzung der Grundsteuer ist eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Einheitswertbescheids demgegenüber von vornherein unbeachtlich.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
(1) Die Gemeinde bestimmt, mit welchem Hundertsatz des Steuermeßbetrags oder des Zerlegungsanteils die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz).
(2) Der Hebesatz ist für ein oder mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermeßbeträge festzusetzen.
(3) Der Beschluß über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluß über die Festsetzung des Hebesatzes gefaßt werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet.
(4) Der Hebesatz muß jeweils einheitlich sein
Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, so kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen.Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Kläger sind Eigentümer des in P. gelegenen Grundstücks „F. 00“.
3Der Rat der Beklagten beschloss am 10. Dezember 2014, den Hebesatz für die Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2015 als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung von bisher 493% auf 850% heraufzusetzen. Der Rat blieb insoweit hinter der Beschlussvorlage der Verwaltung zurück, die eine Anhebung auf 1029% vorgeschlagen hatte.
4Mit Bescheid vom 12. Januar 2015 zog die Beklagte die Kläger zur Grundsteuer B für das Jahr 2015 heran. Ausgehend von einem Grundsteuermessbetrag in Höhe von 72,18 Euro und dem (erhöhten) Hebesatz von 850% setzte sie die Grundsteuer auf 613,53 Euro fest.
5Am 12. Februar 2015 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortragen: Die Erhöhung des Hebesatzes auf 850% sei unverhältnismäßig und stelle eine unzumutbare Belastung dar. Auch angesichts des Umstands, dass die Grundsteuer über die Betriebskosten in der Regel auf die Mieter abgewälzt werde, sei die Erhöhung unsozial. Die Beklagte sei verpflichtet, vorrangig Einsparmöglichkeiten auf der Ausgabenseite zu realisieren. Die Kläger machen sich die öffentliche Kritik der Industrie- und Handelskammer zu Köln am Haushaltsplanentwurf der Beklagten für das Jahr 2015 vom 27. November 2014 zu eigen, in der politische Einwände gegen die Erhöhung der Gewerbesteuer vorgebracht werden, und tragen unter Verweis auf die Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 1 BvL 11/14 und 2 BvR 287/11 allgemeine (verfassungs-)rechtliche Bedenken gegenüber den Vorschriften über die Einheitsbewertung vor.
6Die Kläger beantragen,
7den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2015 insoweit aufzuheben, als darin Grundsteuer B für das Jahr 2015 in Höhe von 613,53 Euro festgesetzt worden ist.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie tritt dem Vorbringen der Kläger im Einzelnen entgegen.
11Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe
13Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2015 ist, soweit er die im vorliegenden Verfahren allein angegriffene Heranziehung zur Grundsteuer B betrifft, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14Die Grundsteuerfestsetzung beruht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Insbesondere leidet die Satzung der Beklagten vom 10. Dezember 2014, mit der der Hebesatz für die Grundsteuer B für das Jahr 2015 auf 850% festgesetzt worden ist, nicht an Rechtsfehlern.
15Formell-rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung sind weder vorgetragen noch erkennbar. Der Beklagten steht es insbesondere offen, den Hebesatz für die Grundsteuer B in einer isolierten Hebesatzsatzung festzusetzen.
16Vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.08.1990 – 22 A 57/89 –, NVwZ 1991, 1208 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 19.09.1990 – 13 C 4/87 –, NVwZ 1991, 907 (908); VG Arnsberg, Urteil vom 17.02.2014 – 5 K 1087/13 –, juris, Rn. 29 f. m.w.N.
17Materiell-rechtlich hält sich die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 493% auf 850% im Rahmen des gerichtlich ohnehin nur sehr eingeschränkt überprüfbaren Entscheidungsspielraums der Beklagten.
18Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG steht den Gemeinden u.a. das Aufkommen der Grundsteuer zu. Nach Satz 2 dieser Vorschrift i.V.m. § 25 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) haben sie das Recht, die Hebesätze der Grundsteuer festzusetzen. Das Hebesatzrecht dient der Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden. Es ermöglicht ihnen, ihre Einnahmen durch Anhebung der Grundsteuer (und/oder der ebenfalls ihrem Hebesatzrecht unterliegenden Gewerbesteuer) an den Finanzbedarf anzupassen und damit angesichts wachsender Haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 – 8 C 43.09 –, juris, Rn. 16.
20Aufgrund dieser verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil ihrer Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, haben die Gemeinden bei der Festsetzung der Hebesätze einen weiten Entschließungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle des vom Rat zu beschließenden Hebesatzes beschränkt sich auf die Überprüfung seiner Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Sie umfasst demgegenüber keine Überprüfung des Hebesatzbeschlusses nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte.
21Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 –, juris, jeweils Rn. 4 ff., VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 22 ff.; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 33 ff.
22Daraus folgt, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es – wie hier – an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung abgelaufen ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.
23Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 –, juris, jeweils Rn. 6.
24Weder das Gericht noch der jeweilige Steuerpflichtige sind befugt, ihre eigenen für richtig oder sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle des hierzu nach der Rechtsordnung berufenen – und entsprechend legitimierten – Satzungsgebers zu setzen.
25Vgl. VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 35.
26Dies zugrundegelegt, ist der vom Rat der Beklagten für das Haushaltsjahr 2015 beschlossene Hebesatz für die Grundsteuer B von 850% nicht zu beanstanden. Die Hebesatzregelung verstößt weder gegen Vorschriften des (Grund-)Steuerrechts (1.) noch gegen Vorschriften des Gemeindehaushaltsrechts (2.). Sie genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen (3.).
271. Das Grundsteuergesetz selbst gibt den Gemeinden keine Höchstgrenze bei der Festsetzung von Hebesätzen im Sinne einer zahlenmäßigen Begrenzung vor. § 26 GrStG ermächtigt lediglich die Länder zu einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung. Von dieser Ermächtigung hat Nordrhein-Westfalen – ebenso wie (soweit ersichtlich) die übrigen Bundesländer – jedoch keinen Gebrauch gemacht.
28Vgl. näher Rauber, Gibt es rechtliche Grenzen für die Hebesätze der Grundsteuer B?, in: KStZ 2015, S. 121 (123).
292. Die gemeindehaushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung (GO) NRW können schon aus kompetenziellen Gründen das in § 25 Abs. 1 GrStG bundesgesetzlich verankerte Hebesatzrecht der Gemeinden nicht einschränken.
30Vgl. (zur Gewerbesteuer) näher BVerwG, Urteil vom 11.06.1993 – 8 C 32.90 –, juris, Rn. 6 ff.; zur Übertragbarkeit auf die Grundsteuer vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2009 – 14 A 131/08 –, juris, Rn. 12 ff.
31a) Dies gilt für § 77 Abs. 2 GO NRW, wonach die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und (nur) im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Eine „Koppelung“ des Hebesatzrechtes an die vorrangige Ausschöpfung von Leistungsentgelten lässt sich dieser Vorschrift bei verfassungs- und bundesrechtskonformer Auslegung nicht entnehmen. Ob und in welchem Umfang die Gemeinden zur Deckung ihres Finanzbedarfs von der ihnen kraft Bundesrechts zugewiesenen Befugnis zur Erhebung der Grundsteuer B (vgl. § 1 Abs. 1 GrStG) und ihrer Befugnis zur Bestimmung des Hebesatzes (vgl. § 25 Abs. 1 GrStG) Gebrauch machen, bleibt vielmehr ihrem Ermessen überlassen.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1993 – 8 C 32.90 –, juris, Rn. 11 (zur Gewerbesteuer); OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2009 – 14 A 131/08 –, juris, Rn. 12 ff.; ausführlich VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 45 ff.; Articus/Schneider, GO NRW, Kommentar, 3. Auflage, § 77, Erl. 3. a.E.
33b) Entsprechendes gilt hinsichtlich des Gebots des § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zur wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Haushaltsführung. Selbst wenn danach einzelne Ausgabenposten der Gemeinde als willkürlich und außerhalb jedes vernünftigen und sachlich vertretbaren Maßes haushaltsrechtlich zu beanstanden sein sollten, hätte dies nicht die Unzulässigkeit der Steuererhebung bzw. der Erhöhung des Hebesatzes zur Folge.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris, Rn. 17; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 05.09.2013 – 5 K 930/13 –, juris, Rn. 50 ff., und vom 25.10.2012 – 5 K 1137/12 –, juris, Rn. 69 ff.
353. Der vom Rat der Beklagten beschlossene Hebesatz von 850% hält schließlich auch die verfassungsrechtlichen Grenzen ein.
36a) Mit Blick auf die durch Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Privatnützigkeit des Eigentums darf die Grundsteuer keine „erdrosselnde“ Wirkung haben. Diese ist jedoch erst dann gegeben, wenn nicht nur ein einzelner Grundsteuerpflichtiger, sondern die Gesamtheit der Grundsteuerpflichtigen die sie jeweils treffende Grundsteuer unter normalen Umständen nicht mehr aufbringen kann.
37Vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 21 m.w.N.; FG Berlin, Urteil vom 06.10.2004 – 2 K 2386/02 –, juris, Rn. 25 ff.
38Dies ist in der Rechtsprechung auch bei Hebesätzen von 800% und mehr bislang nicht angenommen worden,
39vgl. etwa VG Arnsberg, Urteile vom 17.02.2014 – 5 K 1205/13 und 5 K 1083/13 –, beide juris (800%); OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris (825%); FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 23 (810%),
40und ist auch im vorliegenden Fall schon wegen der nach wie vor überschaubaren Höhe der festgesetzten Grundsteuer B nicht ersichtlich. Nach dem von der Beklagten aufbereiteten Zahlenmaterial sind 68% der veranlagten Grundstücke mit einem Einheitswert von bis zu 100 Euro bewertet. Es ist in diesen Fällen von einem Anstieg des Grundsteuerbetrags von maximal 493 Euro auf maximal 850 Euro jährlich auszugehen. Dies entspricht einer monatlichen Gesamtbelastung von bis zu rund 71 Euro und einer monatlichen Mehrbelastung aufgrund der für das Haushaltsjahr 2015 beschlossenen Erhöhung von bis zu rund 30 Euro.
41Ein Verstoß gegen das allgemeine Übermaßverbot ist vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht erkennbar.
42Vgl. dazu näher OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 –, juris, Rn. 24 ff., und vom 04.07.2014 – 15 B 571/14 –, juris, Rn. 34 (910%).
43b) Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.
44Insoweit ist es rechtlich unerheblich, wie hoch der Hebesatz für die Grundsteuer B in anderen Kommunen ist. Jede Gemeinde hat das Recht, in Ausübung ihres Hebesatzrechts als Teil ihrer verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit den Hebesatz nach ihren finanziellen Bedürfnissen festzulegen. Eine Verpflichtung, sich an den Hebesätzen anderer Kommunen zu orientieren, wäre hiermit unvereinbar.
45Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25.10.2012 – 5 K 1137/12 –, juris, Rn. 75 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 17.02.2014 – 5 K 1087/13 –, juris, Rn. 56 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 55 ff.; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 38.
46Aus diesem Grunde steht es den Kommunen auch frei, die Hebesätze für die Grundsteuer A und B und die Gewerbesteuer in unterschiedlicher Höhe zu beschließen oder hieran im Vergleich zu vorausgegangenen Steuerjahren unterschiedliche Veränderungen vorzunehmen.
47Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 59 ff.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 21; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 38.
48Begrenzt wird ihr Entschließungsspielraum bei der Festsetzung des Hebesatzes allein durch das Willkürverbot. Die Gemeinde darf bei der eigenverantwortlichen Abschätzung ihres Finanzbedarfs keine grob unsachlichen, also evident willkürlichen Entschließungskriterien maßgeblich werden lassen. Ob dies – wie in der Rechtsprechung teilweise angenommen wird – etwa der Fall sein könnte, wenn die durch die Erhöhung des Hebesatzes erzielten Mehreinnahmen nicht zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben erforderlich wären, sondern der Kapitalbildung der Gemeinde dienten,
49vgl. VGH München, Beschluss vom 23.04.2013 – 4 ZB 12.2144 –, juris, Rn. 14; Hess. VGH, Beschluss vom 05.08.2014 – 5 B 1100/14 –, juris, Rn. 10,
50kann dahinstehen. Denn hierfür bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
51c) Eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass es sich um einen Gestaltungsauftrag mit einem weiten Spielraum für den kommunalen Satzungsgeber handelt.
52Vgl. BVerfG, Urteil vom 08.10.1985 – 1 BvL 17/83, 1 BvL 11 BvL 19/83 –, juris, Rn. 32; Beschluss vom 19.12.1978 – 1 BvR 335/76, 1 BvR 41 BvR 427/76, 1 BvR 81 BvR 811/76 –, juris, Rn. 118.
53Ein inhaltlich konkretisierter Prüfungsmaßstab für die maximale Höhe der Steuerbelastung lässt sich ihm nicht entnehmen.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris, Rn. 16; Leibholz/Rinck/Hesselberger, in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Loseblattsammlung, 69. Ergänzungslieferung 2015, Art. 14 Rn. 493, Art. 20 Rn. 321-324.
55d) Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Höhe des Hebesatzes für die Grundsteuer B ergeben sich auch nicht aus den in Bezug genommenen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 2 BvR 287/11 wurde mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2015 bereits nicht zur Entscheidung angenommen. In beiden Verfahren steht bzw. stand die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung, die der Grundsteuerfestsetzung vorangeht, in Streit. Die Kläger können die Einheitsbewertung nur in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den separat ergehenden Einheitswertbescheid angreifen (vgl. § 351 Abs. 2 AO). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Festsetzung der Grundsteuer ist eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Einheitswertbescheids demgegenüber von vornherein unbeachtlich.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
(1) Die Gemeinde bestimmt, mit welchem Hundertsatz des Steuermeßbetrags oder des Zerlegungsanteils die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz).
(2) Der Hebesatz ist für ein oder mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermeßbeträge festzusetzen.
(3) Der Beschluß über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluß über die Festsetzung des Hebesatzes gefaßt werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet.
(4) Der Hebesatz muß jeweils einheitlich sein
Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, so kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen.In welchem Verhältnis die Hebesätze für die Grundsteuer der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für die Grundsteuer der Grundstücke und für die Gewerbesteuer zueinander stehen müssen, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen und inwieweit mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde Ausnahmen zugelassen werden können, bleibt einer landesrechtlichen Regelung vorbehalten.
(1) Die Gemeinde bestimmt, mit welchem Hundertsatz des Steuermeßbetrags oder des Zerlegungsanteils die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz).
(2) Der Hebesatz ist für ein oder mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermeßbeträge festzusetzen.
(3) Der Beschluß über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluß über die Festsetzung des Hebesatzes gefaßt werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet.
(4) Der Hebesatz muß jeweils einheitlich sein
Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, so kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen.In welchem Verhältnis die Hebesätze für die Grundsteuer der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für die Grundsteuer der Grundstücke und für die Gewerbesteuer zueinander stehen müssen, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen und inwieweit mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde Ausnahmen zugelassen werden können, bleibt einer landesrechtlichen Regelung vorbehalten.
(1) Die Gemeinde bestimmt, mit welchem Hundertsatz des Steuermeßbetrags oder des Zerlegungsanteils die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz).
(2) Der Hebesatz ist für ein oder mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermeßbeträge festzusetzen.
(3) Der Beschluß über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluß über die Festsetzung des Hebesatzes gefaßt werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet.
(4) Der Hebesatz muß jeweils einheitlich sein
Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, so kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen.In welchem Verhältnis die Hebesätze für die Grundsteuer der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für die Grundsteuer der Grundstücke und für die Gewerbesteuer zueinander stehen müssen, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen und inwieweit mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde Ausnahmen zugelassen werden können, bleibt einer landesrechtlichen Regelung vorbehalten.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Kläger sind Eigentümer des in P. gelegenen Grundstücks „F. 00“.
3Der Rat der Beklagten beschloss am 10. Dezember 2014, den Hebesatz für die Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2015 als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung von bisher 493% auf 850% heraufzusetzen. Der Rat blieb insoweit hinter der Beschlussvorlage der Verwaltung zurück, die eine Anhebung auf 1029% vorgeschlagen hatte.
4Mit Bescheid vom 12. Januar 2015 zog die Beklagte die Kläger zur Grundsteuer B für das Jahr 2015 heran. Ausgehend von einem Grundsteuermessbetrag in Höhe von 72,18 Euro und dem (erhöhten) Hebesatz von 850% setzte sie die Grundsteuer auf 613,53 Euro fest.
5Am 12. Februar 2015 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortragen: Die Erhöhung des Hebesatzes auf 850% sei unverhältnismäßig und stelle eine unzumutbare Belastung dar. Auch angesichts des Umstands, dass die Grundsteuer über die Betriebskosten in der Regel auf die Mieter abgewälzt werde, sei die Erhöhung unsozial. Die Beklagte sei verpflichtet, vorrangig Einsparmöglichkeiten auf der Ausgabenseite zu realisieren. Die Kläger machen sich die öffentliche Kritik der Industrie- und Handelskammer zu Köln am Haushaltsplanentwurf der Beklagten für das Jahr 2015 vom 27. November 2014 zu eigen, in der politische Einwände gegen die Erhöhung der Gewerbesteuer vorgebracht werden, und tragen unter Verweis auf die Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 1 BvL 11/14 und 2 BvR 287/11 allgemeine (verfassungs-)rechtliche Bedenken gegenüber den Vorschriften über die Einheitsbewertung vor.
6Die Kläger beantragen,
7den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2015 insoweit aufzuheben, als darin Grundsteuer B für das Jahr 2015 in Höhe von 613,53 Euro festgesetzt worden ist.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie tritt dem Vorbringen der Kläger im Einzelnen entgegen.
11Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe
13Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2015 ist, soweit er die im vorliegenden Verfahren allein angegriffene Heranziehung zur Grundsteuer B betrifft, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14Die Grundsteuerfestsetzung beruht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Insbesondere leidet die Satzung der Beklagten vom 10. Dezember 2014, mit der der Hebesatz für die Grundsteuer B für das Jahr 2015 auf 850% festgesetzt worden ist, nicht an Rechtsfehlern.
15Formell-rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung sind weder vorgetragen noch erkennbar. Der Beklagten steht es insbesondere offen, den Hebesatz für die Grundsteuer B in einer isolierten Hebesatzsatzung festzusetzen.
16Vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.08.1990 – 22 A 57/89 –, NVwZ 1991, 1208 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 19.09.1990 – 13 C 4/87 –, NVwZ 1991, 907 (908); VG Arnsberg, Urteil vom 17.02.2014 – 5 K 1087/13 –, juris, Rn. 29 f. m.w.N.
17Materiell-rechtlich hält sich die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 493% auf 850% im Rahmen des gerichtlich ohnehin nur sehr eingeschränkt überprüfbaren Entscheidungsspielraums der Beklagten.
18Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG steht den Gemeinden u.a. das Aufkommen der Grundsteuer zu. Nach Satz 2 dieser Vorschrift i.V.m. § 25 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) haben sie das Recht, die Hebesätze der Grundsteuer festzusetzen. Das Hebesatzrecht dient der Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden. Es ermöglicht ihnen, ihre Einnahmen durch Anhebung der Grundsteuer (und/oder der ebenfalls ihrem Hebesatzrecht unterliegenden Gewerbesteuer) an den Finanzbedarf anzupassen und damit angesichts wachsender Haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 – 8 C 43.09 –, juris, Rn. 16.
20Aufgrund dieser verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil ihrer Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, haben die Gemeinden bei der Festsetzung der Hebesätze einen weiten Entschließungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle des vom Rat zu beschließenden Hebesatzes beschränkt sich auf die Überprüfung seiner Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Sie umfasst demgegenüber keine Überprüfung des Hebesatzbeschlusses nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte.
21Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 –, juris, jeweils Rn. 4 ff., VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 22 ff.; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 33 ff.
22Daraus folgt, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es – wie hier – an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung abgelaufen ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.
23Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 –, juris, jeweils Rn. 6.
24Weder das Gericht noch der jeweilige Steuerpflichtige sind befugt, ihre eigenen für richtig oder sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle des hierzu nach der Rechtsordnung berufenen – und entsprechend legitimierten – Satzungsgebers zu setzen.
25Vgl. VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 35.
26Dies zugrundegelegt, ist der vom Rat der Beklagten für das Haushaltsjahr 2015 beschlossene Hebesatz für die Grundsteuer B von 850% nicht zu beanstanden. Die Hebesatzregelung verstößt weder gegen Vorschriften des (Grund-)Steuerrechts (1.) noch gegen Vorschriften des Gemeindehaushaltsrechts (2.). Sie genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen (3.).
271. Das Grundsteuergesetz selbst gibt den Gemeinden keine Höchstgrenze bei der Festsetzung von Hebesätzen im Sinne einer zahlenmäßigen Begrenzung vor. § 26 GrStG ermächtigt lediglich die Länder zu einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung. Von dieser Ermächtigung hat Nordrhein-Westfalen – ebenso wie (soweit ersichtlich) die übrigen Bundesländer – jedoch keinen Gebrauch gemacht.
28Vgl. näher Rauber, Gibt es rechtliche Grenzen für die Hebesätze der Grundsteuer B?, in: KStZ 2015, S. 121 (123).
292. Die gemeindehaushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung (GO) NRW können schon aus kompetenziellen Gründen das in § 25 Abs. 1 GrStG bundesgesetzlich verankerte Hebesatzrecht der Gemeinden nicht einschränken.
30Vgl. (zur Gewerbesteuer) näher BVerwG, Urteil vom 11.06.1993 – 8 C 32.90 –, juris, Rn. 6 ff.; zur Übertragbarkeit auf die Grundsteuer vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2009 – 14 A 131/08 –, juris, Rn. 12 ff.
31a) Dies gilt für § 77 Abs. 2 GO NRW, wonach die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und (nur) im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Eine „Koppelung“ des Hebesatzrechtes an die vorrangige Ausschöpfung von Leistungsentgelten lässt sich dieser Vorschrift bei verfassungs- und bundesrechtskonformer Auslegung nicht entnehmen. Ob und in welchem Umfang die Gemeinden zur Deckung ihres Finanzbedarfs von der ihnen kraft Bundesrechts zugewiesenen Befugnis zur Erhebung der Grundsteuer B (vgl. § 1 Abs. 1 GrStG) und ihrer Befugnis zur Bestimmung des Hebesatzes (vgl. § 25 Abs. 1 GrStG) Gebrauch machen, bleibt vielmehr ihrem Ermessen überlassen.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1993 – 8 C 32.90 –, juris, Rn. 11 (zur Gewerbesteuer); OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2009 – 14 A 131/08 –, juris, Rn. 12 ff.; ausführlich VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 45 ff.; Articus/Schneider, GO NRW, Kommentar, 3. Auflage, § 77, Erl. 3. a.E.
33b) Entsprechendes gilt hinsichtlich des Gebots des § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zur wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Haushaltsführung. Selbst wenn danach einzelne Ausgabenposten der Gemeinde als willkürlich und außerhalb jedes vernünftigen und sachlich vertretbaren Maßes haushaltsrechtlich zu beanstanden sein sollten, hätte dies nicht die Unzulässigkeit der Steuererhebung bzw. der Erhöhung des Hebesatzes zur Folge.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris, Rn. 17; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 05.09.2013 – 5 K 930/13 –, juris, Rn. 50 ff., und vom 25.10.2012 – 5 K 1137/12 –, juris, Rn. 69 ff.
353. Der vom Rat der Beklagten beschlossene Hebesatz von 850% hält schließlich auch die verfassungsrechtlichen Grenzen ein.
36a) Mit Blick auf die durch Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Privatnützigkeit des Eigentums darf die Grundsteuer keine „erdrosselnde“ Wirkung haben. Diese ist jedoch erst dann gegeben, wenn nicht nur ein einzelner Grundsteuerpflichtiger, sondern die Gesamtheit der Grundsteuerpflichtigen die sie jeweils treffende Grundsteuer unter normalen Umständen nicht mehr aufbringen kann.
37Vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 21 m.w.N.; FG Berlin, Urteil vom 06.10.2004 – 2 K 2386/02 –, juris, Rn. 25 ff.
38Dies ist in der Rechtsprechung auch bei Hebesätzen von 800% und mehr bislang nicht angenommen worden,
39vgl. etwa VG Arnsberg, Urteile vom 17.02.2014 – 5 K 1205/13 und 5 K 1083/13 –, beide juris (800%); OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris (825%); FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 23 (810%),
40und ist auch im vorliegenden Fall schon wegen der nach wie vor überschaubaren Höhe der festgesetzten Grundsteuer B nicht ersichtlich. Nach dem von der Beklagten aufbereiteten Zahlenmaterial sind 68% der veranlagten Grundstücke mit einem Einheitswert von bis zu 100 Euro bewertet. Es ist in diesen Fällen von einem Anstieg des Grundsteuerbetrags von maximal 493 Euro auf maximal 850 Euro jährlich auszugehen. Dies entspricht einer monatlichen Gesamtbelastung von bis zu rund 71 Euro und einer monatlichen Mehrbelastung aufgrund der für das Haushaltsjahr 2015 beschlossenen Erhöhung von bis zu rund 30 Euro.
41Ein Verstoß gegen das allgemeine Übermaßverbot ist vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht erkennbar.
42Vgl. dazu näher OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 –, juris, Rn. 24 ff., und vom 04.07.2014 – 15 B 571/14 –, juris, Rn. 34 (910%).
43b) Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.
44Insoweit ist es rechtlich unerheblich, wie hoch der Hebesatz für die Grundsteuer B in anderen Kommunen ist. Jede Gemeinde hat das Recht, in Ausübung ihres Hebesatzrechts als Teil ihrer verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit den Hebesatz nach ihren finanziellen Bedürfnissen festzulegen. Eine Verpflichtung, sich an den Hebesätzen anderer Kommunen zu orientieren, wäre hiermit unvereinbar.
45Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25.10.2012 – 5 K 1137/12 –, juris, Rn. 75 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 17.02.2014 – 5 K 1087/13 –, juris, Rn. 56 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 55 ff.; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 38.
46Aus diesem Grunde steht es den Kommunen auch frei, die Hebesätze für die Grundsteuer A und B und die Gewerbesteuer in unterschiedlicher Höhe zu beschließen oder hieran im Vergleich zu vorausgegangenen Steuerjahren unterschiedliche Veränderungen vorzunehmen.
47Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 59 ff.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 21; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 38.
48Begrenzt wird ihr Entschließungsspielraum bei der Festsetzung des Hebesatzes allein durch das Willkürverbot. Die Gemeinde darf bei der eigenverantwortlichen Abschätzung ihres Finanzbedarfs keine grob unsachlichen, also evident willkürlichen Entschließungskriterien maßgeblich werden lassen. Ob dies – wie in der Rechtsprechung teilweise angenommen wird – etwa der Fall sein könnte, wenn die durch die Erhöhung des Hebesatzes erzielten Mehreinnahmen nicht zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben erforderlich wären, sondern der Kapitalbildung der Gemeinde dienten,
49vgl. VGH München, Beschluss vom 23.04.2013 – 4 ZB 12.2144 –, juris, Rn. 14; Hess. VGH, Beschluss vom 05.08.2014 – 5 B 1100/14 –, juris, Rn. 10,
50kann dahinstehen. Denn hierfür bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
51c) Eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass es sich um einen Gestaltungsauftrag mit einem weiten Spielraum für den kommunalen Satzungsgeber handelt.
52Vgl. BVerfG, Urteil vom 08.10.1985 – 1 BvL 17/83, 1 BvL 11 BvL 19/83 –, juris, Rn. 32; Beschluss vom 19.12.1978 – 1 BvR 335/76, 1 BvR 41 BvR 427/76, 1 BvR 81 BvR 811/76 –, juris, Rn. 118.
53Ein inhaltlich konkretisierter Prüfungsmaßstab für die maximale Höhe der Steuerbelastung lässt sich ihm nicht entnehmen.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris, Rn. 16; Leibholz/Rinck/Hesselberger, in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Loseblattsammlung, 69. Ergänzungslieferung 2015, Art. 14 Rn. 493, Art. 20 Rn. 321-324.
55d) Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Höhe des Hebesatzes für die Grundsteuer B ergeben sich auch nicht aus den in Bezug genommenen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 2 BvR 287/11 wurde mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2015 bereits nicht zur Entscheidung angenommen. In beiden Verfahren steht bzw. stand die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung, die der Grundsteuerfestsetzung vorangeht, in Streit. Die Kläger können die Einheitsbewertung nur in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den separat ergehenden Einheitswertbescheid angreifen (vgl. § 351 Abs. 2 AO). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Festsetzung der Grundsteuer ist eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Einheitswertbescheids demgegenüber von vornherein unbeachtlich.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Aussetzungsantrag nach den §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO gegen die Vollziehungsanordnung der Bezirksregierung E. vom 25. Juni 2014 zu Recht abgelehnt. Mit dieser Anordnung hat die Bezirksregierung ihren Genehmigungsbescheid vom 9. Dezember 2013 für sofort vollziehbar erklärt, mit dem sie der Beigeladenen die schulaufsichtliche Genehmigung für deren Ausschussbeschluss vom 12. November 2013 erteilt hat, mit Beginn des Schuljahres 2014/2015 an der M. -M1. -Schule, Berufskolleg der Beigeladenen, den Bil-dungsgang „Technischer Assistent/Technische Assistentin und Fachhochschulreife (Staatlich geprüfter Gymnastiklehrer/Staatlich geprüfte Gymnastiklehrerin)“ zu errichten.
3A. Der Aussetzungsantrag ist zulässig. Insbesondere steht der Antragstellerin die Antragsbefugnis für einen Aussetzungsantrag gegen den angefochtenen Genehmigungsbescheid zu (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Sie ist Trägerin der als Ersatzschule genehmigten X. -Schule (heute § 101 Abs. 1 SchulG NRW), die den Bildungsgang zum/r Staatlich geprüften Gymnastiklehrer/in seit 1950 anbietet. Es besteht die Möglichkeit, dass der Genehmigungsbescheid sie in ihren subjektiven Rechten aus § 80 Abs. 7 SchulG NRW verletzt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift informieren sich die Träger öffentlicher Schulen und die Träger von Ersatzschulen gegen-seitig über ihre Planungen. Die Träger öffentlicher Schulen können bestehende Ersatzschulen in ihren Planungen berücksichtigen, soweit deren Träger damit einverstanden sind (Satz 2).
4§ 80 Abs. 7 SchulG NRW ergänzt das in § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW normierte Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Angebote benachbarter Schul-träger. Diese Vorschrift gilt nur im Verhältnis öffentlicher Schulträger untereinander. Sie konkretisiert die Verpflichtung der Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände als Schulträger aus den §§ 78 Abs. 1 bis 3, 80 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW, für ihren Bereich eine mit den Planungen benachbarter Schulträger abgestimmte Schulent-wicklungsplanung zu betreiben. Außerdem darf der Staat nur öffentliche Schulträger zu einer „gegenseitigen“ Rücksichtnahme verpflichten. Einer entsprechenden Ver-pflichtung auch privater Schulträger steht deren Privatschulfreiheit entgegen (Art. 7 Abs. 4 und 5 GG, Art. 8 Abs. 4 LV NRW). Zu den nach § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW rechtzeitig anzuhörenden „benachbarten Schulträgern“ gehören folgerichtig nur öffentliche Schulträger im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW, nicht hingegen auch private Schulträger (siehe ebenso auch den Begriff „benachbarter Schulträger“ auch in § 80 Abs. 2 Sätze 5 und 7 SchulG NRW).
5Ebenso Bülter, in: Jehkul, Schulgesetz NRW, Stand: Mai 2014, § 132, Anm. 1.12.
6Für die Beteiligung privater Schulträger an der Schulentwicklungsplanung gilt statt-dessen § 80 Abs. 7 SchulG NRW. Die Vorschrift regelt die Frage, in welchem Um-fang das Rücksichtnahmegebot auch im Verhältnis zu privaten Schulträgern gilt. Diese Funktion des § 80 Abs. 7 SchulG NRW ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift. Der Gesetzgeber hat sie mit Wirkung vom 22. November 2011 als neuen Absatz der bis dahin geltenden Fassung des § 80 SchulG NRW angefügt (Art. 1 § 80 Buchstabe e) des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Schulstruktur in Nordrhein-Westfalen (6. Schulrechtsänderungsgesetz) vom 25. Oktober 2011 (GV. NRW. S. 540)). In Satz 1 hat er die gegenseitige Informationspflicht zwischen öffentlichen und privaten Schulträgern neu eingeführt. Sie liefe leer, wenn schon die Anhörungspflicht aus § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW auch gegenüber benachbarten Ersatzschulträgern gelten würde.
7In § 80 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW hat der Gesetzgeber zudem die Befugnis öffent-licher Schulträger, in ihren Planungen bestehende Ersatzschulen mit deren Einverständnis zu berücksichtigen, sinngleich aus dem bis dahin geltenden Recht über-nommen (§ 80 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW in der Ursprungsfassung vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 101)). In § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW hat er zugleich das unter öffentlichen Schulträgern geltende Rücksichtnahmegebot konkretisiert, welches er mit Wirkung vom 1. August 2006 erstmals ausdrücklich normiert hatte (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SchulG NRW in der Fassung des Art. 1 Nr. 56 Buchst. b) des 2. Schulrechtsänderungsgesetzes vom 27. Juni 2006 (GV. NRW. S. 278)). Die neu eingeführte gegenseitige Informationspflicht zwischen öffentlichen und privaten Schulträgern in § 80 Abs. 7 Satz 1 SchulG NRW hat er ausdrücklich „aufgrund des Rücksichtnahmegebotes“ normiert und von weiter gehenden Verpflichtungen der Ersatzschulträger abgesehen, weil diese „im Hinblick auf die verfassungsrechtlich garantierte Privatschulfreiheit an Grenzen stoßen [würden], da bei der Genehmigung einer Ersatzschule keine Bedürfnisprüfung stattfindet“.
8Gesetzentwurf zum 6. Schulrechtsänderungsgesetz, LT-Drs. 15/2767 vom 6. September 2011, S. 8, 10, 25-27; dazu Risse, Schulentwicklungsplanung in der Region, SchVw NRW 2012, 195.
9Hierin kommt zum Ausdruck, dass die eingeschränkte Berücksichtigungsermächtigung in § 80 Abs. 7 SchulG NRW zumindest auch den Interessen der Ersatzschulträger zu dienen bestimmt ist. Ihnen sollen die Beteiligungsrechte dieser Vorschrift erklärtermaßen gerade deshalb zu Gute kommen, weil Art. 7 Abs. 4 GG und Art. 8 Abs. 4 LV NRW ihre Privatschulfreiheit grundrechtlich garantieren. Hingegen sollen sie nicht ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einer den Zielen des § 80 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW verpflichteten Schulentwicklungsplanung dienen.
10Eine solche drittschützende Wirkung des Rücksichtnahmegebots in § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SchulG NRW 2006 für benachbarte öffentliche Schulträger hatte der Senat bereits mit der Erwägung bejaht, dieses diene deren Schutz vor ungerechtfertigten Eingriffen in ihre kommunale Planungshoheit.
11OVG NRW, Beschlüsse 9. Juni 2011 – 19 B 478/11 ‑, NWVBl. 2011, 436, juris, Rdn. 6, und
12vom 31. Juli 2009 ‑ 19 B 484/09 ‑, juris, Rdn. 6.
13Die erwähnten Änderungen in § 80 Abs. 1, 2 und 7 SchulG NRW hat der Gesetzgeber unter ausdrücklicher Bezugnahme auch auf den vorstehend zitierten Senatsbeschluss vom 31. Juli 2009 und die darin festgestellte gerichtliche Überprüfbarkeit des Rücksichtnahmegebotes vorgenommen. Indem er in der Gesetzesbegründung auch die Rechte der Ersatzschulträger in § 80 Abs. 7 SchulG NRW auf das Rück-sichtnahmegebot stützt, bringt er zum Ausdruck, dass sie an dessen drittschützender Wirkung teilhaben sollen, auch wenn sie inhaltlich in mehrfacher Hinsicht hinter dem im Verhältnis öffentlicher Schulträger untereinander geltenden Rücksichtnahmegebot in § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW zurückbleiben.
14Gesetzentwurf vom 6. September 2011, a. a. O., S. 26 f.
15Die Rechte der Ersatzschulträger aus § 80 Abs. 7 SchulG kann nicht nur ein benach-barter öffentlicher Schulträger verletzen, indem er einen Organisationsbeschluss nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW unter Missachtung dieser Rechte fasst. Auch die Genehmigungsbehörde verletzt § 80 Abs. 7 SchulG NRW, wenn sie einem solchen Schulträger die schulaufsichtliche Genehmigung nach § 81 Abs. 3 SchulG NRW für einen solchen, unter Missachtung des § 80 Abs. 7 SchulG NRW gefassten Beschluss erteilt. Denn zu den zwingenden Versagungsgründen dieser Ge-nehmigungsentscheidung gehören nach § 81 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW auch die Vorschriften in § 80 Abs. 7 SchulG NRW. Verletzt der öffentliche Schulträger diese Bestimmungen, muss die Schulaufsicht die Genehmigung seines Organisationsbeschlusses nach § 81 Abs. 3 SchulG NRW ablehnen.
16Entsprechend zum Rücksichtnahmegebot in § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SchulG NRW 2006 vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2009, a. a. O., Rdn. 4 ff.
17Unzutreffend ist die anderslautende Auffassung der Bezirksregierung und der Bei-geladenen, ein Verstoß des öffentlichen Schulträgers gegen § 80 Abs. 7 SchulG NRW ziehe keinerlei Sanktionen nach sich.
18Ebenso Ostermann, in: Jehkul, a. a. O., § 80, Anm. 7.: „Unmittelbare rechtliche Konsequenzen … nicht vorgesehen“.
19B. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet, weil das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt. Der Ge-nehmigungsbescheid der Bezirksregierung vom 9. Dezember 2013 wird im Klage-verfahren 18 K 3502/14 VG Düsseldorf voraussichtlich Bestand haben. Diejenigen Rechtsfehler, welche die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren gegenüber diesem Bescheid geltend macht und auf die die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, liegen nicht vor oder sind bereits behoben (I.). Die Interessenabwägung nach den §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO fällt zugunsten des öffentlichen Interesses daran aus, an der M. -M1. -Schule mit Beginn des Schuljahres 2014/2015 den Bildungsgang „Technischer Assistent/Technische Assistentin und Fachhochschulreife (Staatlich geprüfter Gymnastiklehrer/Staatlich geprüfte Gymnastiklehrerin)“ einzurichten (II.).
20I. Die Rechtsgrundlage für die Genehmigung des Ausschussbeschlusses der Beigeladenen vom 12. November 2013 hat das Verwaltungsgericht zutreffend in § 81 Abs. 3 SchulG NRW gesehen. Rechtsgrundlage dieses Ausschussbeschlusses wiederum ist § 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW. Nach dieser Vorschrift beschließt der Schulträger über die Errichtung, die Änderung und die Auflösung einer Schule nach Maßgabe der Schulentwicklungsplanung. Die hier vom Schulausschuss be-schlossene Errichtung des Bildungsgangs zum/r Staatlich geprüften Gymnastiklehrer/in ist im Sinne dieser Vorschrift als eine Änderung der M. -M1. -Schule zu qualifizieren. Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW ist als Änderung einer Schule unter anderem der Ausbau bestehender Schulen einschließlich der Errichtung und Erweiterung von Bildungsgängen an Berufskollegs zu behandeln.
21Nach den §§ 80 Abs. 1 Satz 1, 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW war die Beigeladene im vorliegenden Fall ermächtigt, nach ihrem Organisationsermessen darüber zu entscheiden, ob sie den Bildungsgang zum/r Staatlich geprüften Gymnastiklehrer/in errichtet. Die Vorschriften ermächtigen die Gemeinde als Schulträgerin zur Organisation des örtlichen Schulwesens und räumen ihr Planungsermessen mit der sich daraus ergebenden planerischen Gestaltungsfreiheit ein. Für die Planung einer schulorganisatorischen Maßnahme wie der Errichtung von Bildungsgängen an Berufskollegs findet das für jede rechtsstaatliche Planung auch im sonstigen Fachplanungsrecht geltende Abwägungsgebot Anwendung. Der Schulträger muss danach die für und gegen die geplante Maßnahme sprechenden öffentlichen und privaten Belange mit dem ihnen jeweils zukommenden Gewicht in seine Entscheidung einstellen und den Ausgleich zwischen den Belangen in einer Weise vornehmen, die ihrer jeweiligen objektiven Bedeutung gerecht wird.
22OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2013 ‑ 19 B 406/13 ‑, NWVBl. 2014, 38, juris, Rdn. 31 (Schließung Teilstandort); Beschluss vom 31. Mai 2013 – 19 B 1191/13 ‑, NWVBl. 2013, 456, juris, Rdn. 12 m. w. Nachw. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Auflösung kath. Grundschule).
23Die im Beschluss des Schulausschusses der Beigeladenen vom 12. November 2013 angeordnete Errichtung des Bildungsgangs zum/r Staatlich geprüften Gymnastik-lehrer/in an der M. -M1. -Schule mit Beginn des Schuljahres 2014/2015 ist am Maßstab dieser Grundsätze im Wesentlichen rechtmäßig. Die hiergegen in ihrer Beschwerdebegründung gerichteten Einwände der Antragstellerin greifen im Er-gebnis nicht durch. Den ursprünglich vorliegenden formellen Fehler der Verletzung der gegenseitigen Informationspflicht nach § 80 Abs. 7 Satz 1 SchulG NRW hat die Beigeladene inzwischen behoben (1.). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der Ausschussbeschluss mit der Ermächtigung zur Berücksichtigung bestehender Ersatzschulen nach § 80 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW vereinbar (2.). Auch das Bedürfnis im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 2 SchulG NRW für den neu errichteten Bildungsgang ist nach Aktenlage gegeben (3.).
241. Einen aktuell fortwirkenden Verstoß der Beigeladenen gegen die Informationspflicht nach § 80 Abs. 7 Satz 1 SchulG NRW hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Die Vorschrift verpflichtet den planenden öffentlichen Schulträger in zeit-licher Hinsicht, benachbarte Ersatzschulträger rechtzeitig vor seiner Beschlussfassung zu informieren. Das ergibt sich aus ihrem Zweck, benachbarten Ersatzschulträgern eine Stellungnahme zu ermöglichen, die der planende öffentliche Schulträger nach Abs. 7 Satz 2 bei seiner Beschlussfassung nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW berücksichtigen kann. In zeitlicher Hinsicht gilt insofern Entsprechen-des wie auch für die Anhörungspflicht benachbarter öffentlicher Schulträger nach § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW, die ausdrücklich auf eine „rechtzeitige“ Anhörung gerichtet ist, und die Unterrichtungspflicht gegenüber dem Kreis nach § 80 Abs. 2 Satz 4 SchulG NRW, die ebenfalls ausdrücklich „frühzeitig“ erfolgen muss. Das Fehlen einer entsprechenden ausdrücklichen Formulierung auch in § 80 Abs. 7 Satz 1 SchulG NRW rechtfertigt nicht den Schluss, nach dieser Vorschrift genüge eine Information zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt.
25Nach diesem Maßstab verstieß der Ausschussbeschluss der Beigeladenen vom 12. November 2013 im Zeitpunkt seines Ergehens gegen § 80 Abs. 7 Satz 1 SchulG NRW. Mit E-Mail vom 30. September 2013 hatte die Beigeladene zunächst nur die benachbarten sechs öffentlichen Schulträger sowie die Arbeitsagentur und die Handwerkskammer, nicht aber auch die Antragstellerin und den weiteren Ersatzschul-träger mit diesem Bildungsgang über ihre Errichtungsabsicht informiert. Erst unter dem 12. Mai 2014 hat die Beigeladene die ihr obliegende Informationspflicht gegen-über der Antragstellerin nachträglich erfüllt, indem sie ihrer Prozessbevollmächtigten die Beschlussvorlage für den Schulausschuss elektronisch übermittelt hat. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hierin eine Heilung des Verfahrensfehlers nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW gesehen. Diese Vorschriften sind auf eine Ver-letzung der Informationspflicht des § 80 Abs. 7 Satz 1 SchulG NRW durch einen öffentlichen Schulträger anwendbar, weil diese Pflicht im Verhältnis zu Ersatzschul-trägern als Minus an die Stelle des Anhörungsgebotes nach § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW tritt.
262. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der Genehmigungsbescheid auch mit § 80 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW vereinbar. Zu dieser Bestimmung hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Träger öffentlicher Schulen bestehende Ersatzschulen in ihren Planungen berücksichtigen können, aber nicht müssen. Insofern bleibt die Ermächtigung zur Berücksichtigung bestehender Ersatz-schulen in § 80 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW hinter dem in § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW nur für das Verhältnis öffentlicher Schulträger untereinander normierten Rücksichtnahmegebot zurück. Dieses enthält eine zwingende Verpflichtung („Die Schulträger sind verpflichtet, in … gegenseitiger Rücksichtnahme …“), während jenes fakultativ ausgestaltet ist („können … berücksichtigen“). Außerdem unter-scheiden sich beide Vorschriften grundlegend darin, dass zu „gegenseitiger Rück-sichtnahme“ nach § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW nur die öffentlichen Schulträger untereinander verpflichtet sind, während § 80 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW eine lediglich einseitige Ermächtigung der öffentlichen Schulträger zur Berücksichtigung der Bildungsangebote der Ersatzschulträger normiert, die zudem von deren Einver-ständnis abhängt. Eine korrespondierende Berücksichtigungsbefugnis oder gar ‑verpflichtung auch der Ersatzschulträger auf die Bildungsangebote der öffentlichen Schulträger hat der Gesetzgeber aus Rücksicht auf deren grundrechtlich gewähr-leistete Errichtungsbefugnis bewusst vermieden.
27Gesetzentwurf zum 6. Schulrechtsänderungsgesetz, a. a. O., S. 27.
28Eine solche zwingende Verpflichtung lässt sich entgegen der Auffassung der Antrag-stellerin auch nicht aus dem Erfordernis der Gleichwertigkeit von Ersatzschulen mit öffentlichen Schulen in § 100 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW ableiten. Nach dieser Vor-schrift gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes für Ersatzschulen, soweit die Gleichwertigkeit mit den öffentlichen Schulen es erfordert. Insbesondere erfordert die Gleichwertigkeit es nicht, das Rücksichtnahmegebot aus § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW auch auf Ersatzschulen zu erstrecken. Denn es gehört nicht zur Gleichwertig-keit der Ersatzschulen mit den öffentlichen Schulen, dass jene ebenso wie diese eine mit benachbarten Schulträgern abgestimmte Schulentwicklungsplanung betreiben und dabei zwingend auf eine Planung des jeweils anderen Schulträgers Rücksicht nehmen. Vielmehr steht den Ersatzschulträgern die verfassungsrechtliche Er-richtungsbefugnis aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 8 Abs. 4 Satz 1 LV NRW unabhängig von den Planungen benachbarter öffentlicher Schulträger zu.
29Auch § 100 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, wonach über die Vorschriften des 1. Abschnitts des Elften Teils hinaus die Bestimmungen des SchulG NRW auf Ersatzschulen Anwendung finden, wenn und soweit dies ausdrücklich bestimmt ist. Solche ausdrückliche Anwendungsbestimmungen enthalten nur § 2 Abs. 12, § 6 Abs. 6 Satz 5, § 25 Abs. 5, § 54 Abs. 7 und § 122 Abs. 2 SchulG NRW, nicht hingegen auch § 80 Abs. 7 SchulG NRW, der für Ersatzschulen vielmehr eine eigene, von § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW abweichende Regelung trifft.
30Entgegen der sinngemäßen Forderung der Antragstellerin besteht auch kein Anlass für eine verfassungskonforme Auslegung des § 80 Abs. 7 SchulG NRW. Insbe-sondere gebietet Art. 8 Abs. 4 Satz 2 LV NRW es nicht, die Ermächtigung zur Berücksichtigung bestehender Ersatzschulen in § 80 Abs. 7 Satz 2 SchulG NRW verfassungskonform im Sinne einer zwingenden Verpflichtung zu verstehen und in dieser Hinsicht dem für öffentliche Schulträger geltenden Rücksichtnahmegebot nach § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW anzugleichen.
31Offengelassen von VG Aachen, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 9 L 51/11 ‑, StuGR 2011, 33, juris, Rdn. 64.
32Nach Art. 8 Abs. 4 Satz 2 LV NRW haben die „hiernach“, also nach Satz 1 genehmigten Privatschulen die gleichen Berechtigungen wie die entsprechenden öffent-lichen Schulen. Die Vorschrift enthält ein spezielles Gleichbehandlungsgebot für genehmigte Ersatzschulen. Ihnen gewährleistet diese Bestimmung das Recht, mit gleicher Wirkung wie öffentliche Schulen Prüfungen abzunehmen, Zeugnisse zu erteilen und schulische Abschlüsse zu vergeben. Dieses Recht steht ihnen unmittel-bar kraft Verfassungsrechts mit Erteilung der Ersatzschulgenehmigung zu (ebenso einfachgesetzlich § 100 Abs. 4 SchulG NRW). Der Gesetzgeber darf es in Nordrhein-Westfalen namentlich nicht von einem weiteren staatlichen Beleihungsakt abhängig machen. Insofern geht Art. 8 Abs. 4 Satz 2 LV NRW über die bundesverfassungs-rechtlich in Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG gewährleistete Rechtsstellung genehmigter Ersatzschulen hinaus, welche diese sog. Öffentlichkeitsrechte der Ersatzschulen nicht umfasst.
33BVerfG, Beschluss vom 14. November 1969 ‑ 1 BvL 24/64 ‑, BVerfGE 27, 195, juris, Rdn. 26 ff.; Kamp, in: Heusch/Schönenbroicher, LV NRW, Art. 8, Rdn. 64 f.; Ennuschat, in: Löwer/Tettinger, LV NRW, Art. 8, Rdn. 83; Dickersbach, in: Geller/Kleinrahm, LV NRW, 3. Aufl. 1994, Art. 8, Anm. 5 a) bb).
34Der Senat kann offenlassen, ob Art. 8 Abs. 4 Satz 2 LV NRW auf die Gewährleistung dieser sog. Öffentlichkeitsrechte der Ersatzschulen beschränkt ist. Jedenfalls verpflichtet das in dieser Verfassungsbestimmung enthaltene spezielle Gleichbehandlungsgebot für genehmigte Ersatzschulen den Gesetzgeber nicht, diese Schulen in jeder Hinsicht mit öffentlichen Schulen gleich zu behandeln. Insbesondere belässt es dem Gesetzgeber das Recht, Differenzierungen vorzunehmen, die ihren sachlichen Grund gerade in den Besonderheiten des privaten Schulwesens finden. Für die Schulentwicklungsplanung hat der Gesetzgeber den grundlegenden Unterschied zwischen öffentlichen Schulen und Ersatzschulen zutreffend darin gesehen, dass die Privatschulfreiheit es verfassungsrechtlich ausschließt, die Ersatzschulgenehmigung von einer Bedürfnisprüfung abhängig zu machen.
35Gesetzentwurf zum 6. Schulrechtsänderungsgesetz, a. a. O., S. 27.
36Hierin liegt ein sachlicher Grund, der es rechtfertigt, auch umgekehrt den Trägern öffentlicher Schulen keine zwingende, sondern nur eine fakultative Bindung an das Rücksichtnahmegebot aufzuerlegen.
37Unzutreffend ist auch die auf das einfache Gesetzesrecht bezogene Behauptung der Antragstellerin, Schulen privater Schulträger genössen in Nordrhein-Westfalen „einen gleich hohen Bestandsschutz wie Schulen in öffentlicher Trägerschaft“. Diese Aus-sage ist selbst dann unzutreffend, wenn man sie nicht auf alle Privatschulen, sondern nur auf die Ersatzschulen bezieht. Insbesondere enthalten die Regelungen in § 100 Abs. 1 und 2 SchulG NRW eine Aussage über den einer Ersatzschule zu gewähren-den Bestandsschutz nur indirekt in der Verweisungsnorm in § 100 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW, die Art. 7 Abs. 4 und 5 GG und Art. 8 Abs. 4 LV NRW in Bezug nimmt. Diese Verfassungsbestimmungen gewährleisten den Bestand des privaten Ersatz-schulwesens nur als Institution, also in seiner Gesamtheit, nicht aber auch für die einzelne Ersatzschule.
38BVerfG, Beschluss vom 23. November 2004 – 1 BvL 6/99 ‑, BVerfGE 112, 74, juris, Rdn. 42 (Landes
39kinderklausel); Urteil vom 8. April 1987 – 1 BvL 8 und 16/84 ‑, BVerfGE 75, 40, juris, Rdn. 88 (Schülerkopfsatz); BVerwG, Urteil vom 21. Dezem-ber 2011 – 6 C 18.10 ‑, juris, Rdn. 14 (Waldorf-schulen BW); Beschluss vom 26. Juli 2005 – 6 B 24.05 ‑, juris, Rdn. 6 (Outsourcing); vgl. auch ThürVerfGH, Urteil vom 21. Mai 2014 – VerfGH 13/11 ‑, S. 29 des Urteilsabdrucks; VerfGH Sachsen, Urteil vom 15. November 2013 ‑ Vf. 25-II-12 ‑, SächsVBl. 2014, 83, juris, Rdn. 88.
40Diese Bestandsgarantie bewirkt keine Beschränkung der dem Staat zustehenden allgemeinen Organisationsgewalt auf dem Gebiet des Schulwesens. Der Staat darf eine neue öffentliche Schule neben einer bereits bestehenden Ersatzschule er-richten, auch wenn er dadurch möglicherweise die wirtschaftliche Grundlage der Ersatzschule beeinträchtigt. Gegen mittelbare Auswirkungen, die von Eingriffen in das staatliche Schulwesen ausgehen, schützt die Privatschulfreiheit des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG nicht.
41BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1974 – 1 BvR 82/71 ‑, BVerfGE 37, 314, juris, Rdn. 18 (Ingenieurschule); BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2007 – 6 BN 3.06 ‑, NVwZ 2007, 958, juris, Rdn. 7 (Berufsfachschule Kosmetik).
42Insbesondere sieht die höchstrichterliche Rechtsprechung es als selbstverständlich an, dass jeder Ersatzschulträger das allgemeine unternehmerische Risiko, insbe-sondere im Wettbewerb mit anderen privaten Schulen und auch mit vergleichbar ausgestatteten öffentlichen Schulen trotz der umfangreichen staatlichen Förderung weiterhin tragen muss. Die genannten Verfassungsbestimmungen schützen die einzelne genehmigte Ersatzschule nicht vor einer Schließung, weil sie sich im Wett-bewerb mit anderen Privatschulen oder auch mit vergleichbaren öffentlichen Schulen nicht durchsetzen kann oder weil der Schulträger nicht sparsam wirtschaftet.
43BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 – 1 BvR 682/88 u. a. ‑, BVerfGE 90, 107, juris, Rdn. 39 (Wartefrist); Urteil vom 8. April 1987, a. a. O., Rdn. 91; ThürVerfGH, Urteil vom 21. Mai 2014 ‑ VerfGH 13/11 ‑, S. 35 des Urteilsabdrucks.
44Nach diesen Maßstäben war die Beigeladene nicht verpflichtet, den Bildungsgang der Antragstellerin zum/r Staatlich geprüften Gymnastiklehrer/in in ihre planerische Abwägung einzustellen.
453. Die angefochtene Genehmigung ist schließlich auch mit § 78 Abs. 4 Sätze 2 und 5 SchulG NRW vereinbar. Nach Satz 2 setzt die Verpflichtung eines öffentlichen Schulträgers zur Errichtung von Bildungsgängen des Berufskollegs voraus, dass in seinem Gebiet ein Bedürfnis dafür besteht und die Mindestgröße nach § 82 SchulG NRW gewährleistet ist. Nach Satz 5 besteht die Verpflichtung, Schulen zu errichten und fortzuführen, nicht, soweit und solange andere öffentliche oder private Schul-träger das Schulbedürfnis durch einen geordneten Schulbetrieb erfüllen.
46Beide Vorschriften vermitteln einem privaten Schulträger keinen Drittschutz. Sie betreffen ausschließlich die Verpflichtung der in § 78 Abs. 1 bis 3 SchulG NRW genannten öffentlichen Schulträger zur Schaffung und Erhaltung eines regional ausgewogenen, vielfältigen, inklusiven und umfassenden Bildungsangebots (§ 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW). Ebenso wie die Schulentwicklungsplanung dienen sie der Sicherung eines gleichmäßigen, inklusiven und alle Schulformen und Schularten umfassenden Bildungs- und Abschlussangebots in allen Landesteilen (§ 80 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW). Mit diesen grundlegenden schulorganisatorischen Vorgaben erfüllt der Staat im öffentlichen Interesse seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 3 LV NRW. Hingegen hat § 78 Abs. 4 Sätze 2 und 5 SchulG NRW nicht auch den Zweck, die Bestandsinteressen einzelner privater Schulträger gegenüber öffentlichen Schulen zu schützen. Diese Bestandsinteressen sind nach dem vorstehend zu 2. Ausgeführten von Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 8 Abs. 4 Satz 1 LV NRW nicht erfasst.
47Ein solcher Schutzzweck findet auch im einfachen Gesetzesrecht keine Grundlage. Insbesondere lässt er sich nicht aus § 78 Abs. 4 Satz 5 SchulG NRW herleiten. Auch diese Vorschrift dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Einsparung von Haushaltsmitteln, indem sie öffentliche Schulträger von ihrer Verpflichtung zur Errichtung und Fortführung von öffentlichen Schulen aus Satz 2 freistellt („Die Verpflichtung … besteht nicht“). Ein weiter gehender Schutzzweck des Satzes 5 ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Vorschrift öffentliche Schulträger gerade auch dann von ihrer Errichtungs- und Fortführungspflicht freistellt, soweit und solange ein privater Schulträger das Schulbedürfnis erfüllt. Denn auch in diesem Fall tritt ein Entlastungseffekt für den Landeshaushalt und die kommunalen Haushalte ein, weil der private Schulträger trotz weitgehender Ersatzschulfinanzierung regel-mäßig einen Eigenanteil zu tragen hat (§ 106 Abs. 5 SchulG NRW). Hingegen lässt § 78 Abs. 4 Satz 5 SchulG NRW das Recht der öffentlichen Schulträger unberührt, auf freiwilliger Basis öffentliche Schulen zu errichten und fortzuführen. Dieses Recht war bis 2005 in § 10 Abs. 7 Satz 1 SchVG NRW ausdrücklich und uneingeschränkt normiert. Der Nachfolgeregelung in § 78 Abs. 6 Satz 1 SchulG NRW ist nicht zu ent-nehmen, dass sie dieses Recht substantiell einschränken wollte. Insbesondere ordnen weder § 78 Abs. 4 Satz 5 SchulG NRW noch § 78 Abs. 6 Satz 1 SchulG NRW ein Verbot der Errichtung oder Fortführung einer öffentlichen Schule oder eines Bildungsganges an, soweit und solange ein privater Schulträger das Schulbedürfnis erfüllt. Die hiervon abweichende Rechtsauffassung des VG Aachen teilt der Senat nicht.
48VG Aachen, Beschluss vom 15. Februar 2011, a. a. O., Rdn. 63.
49Davon abgesehen ist das Schulbedürfnis für den neu errichteten Bildungsgang zum/r Staatlich geprüften Gymnastiklehrer/in an der M. -M1. -Schule nach Aktenlage auch zu bejahen. Deren Schulleiterin hat es nachvollziehbar und anhand konkreter Anmeldezahlen aus den Vorjahren auf eine zunehmende Nachfrage nach Aus-bildungsgängen im Gesundheitssektor gestützt (Antragsbegründung vom 12. Sep-tember 2013, Schreiben vom 4. August 2012). Bestätigung findet diese Annahme in den Anmeldezahlen zum Schuljahr 2014/2015, auf die bereits das Verwaltungs-gericht in diesem Zusammenhang zutreffend hingewiesen hat (79 Anmeldungen, 30 Aufnahmen, 49 Absagen). Der Senat sieht zu diesen Anmeldezahlen nach gegenwärtiger Aktenlage keinen Aufklärungsbedarf, insbesondere auch nicht des-halb, weil die Antragstellerin sie auch im Beschwerdeverfahren erneut bestreitet. Entgegen ihrer Darstellung hat die Beigeladene diese Anmeldezahlen nicht lediglich „schlicht behauptet“. Vielmehr hat die Schulleiterin der M. -M1. -Schule, Frau Q. , in ihrem Vermerk der vom 3. Juni 2014 konkret geschildert, dass sich bis zum Stichtag im Februar 2014 sogar 80 Bewerber angemeldet haben, die alle die formale Voraussetzung eines mittleren Schulabschlusses erfüllt hätten. Nicht überzeugend ist dementsprechend auch die auf § 78 Abs. 4 Satz 5 SchulG NRW zielende Be-hauptung der Antragstellerin, die X. -Schule erfülle das Schulbedürfnis für diesen Bildungsgang im Stadtgebiet der Beigeladenen vollständig. Wenn das zuträfe, wäre an der M. -M1. -Schule kein Anmeldeüberhang von annähernd 50 Schülern entstanden.
50II. Bei der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Aufschubinteresse der Antragstellerin. Der in der Begründung der Vollziehungsanordnung hervorgehobene Grund, dass 30 Schülerinnen und Schüler Aufnahmeanträge gestellt und die M. -M1. -Schule ihnen eine Auf-nahmezusage zum Schuljahr 2014/2015 erteilt hat, rechtfertigt es, dem öffentlichen Interesse an der Umsetzung der schulorganisatorischen Maßnahme zum geplanten Zeitpunkt den Vorrang zu geben. Ohne Erfolg bleibt der hiergegen gerichtete Ein-wand der Antragstellerin, ein Aufschub habe keine gravierenden Folgen für die M. -M1. -Schule, im Übrigen könnten sich die angemeldeten Schüler bis zum letzten Schulferientag wieder von der M. -M1. -Schule ab- und an der X. -Schule anmelden. Dieser Argumentation hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ent-gegen gehalten, dass sich die genannten Schüler in Ausübung ihrer Wahlfreiheit für die M. -M1. -Schule entschieden haben und angesichts des Fehlens eines Konkurrenzschutzes kein Grund ersichtlich ist, der eine abweichende Interessen-abwägung rechtfertigen könnte (S. 3-4 des Beschlussabdrucks).
51Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat hat die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Billigkeit für erstattungsfähig erklärt. Sie hat sich am Kostenrisiko beteiligt, indem sie mit Schriftsatz vom 11. August 2014 die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
52Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
53Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:
- 1.
die Zölle, - 2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen, - 3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern, - 4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer, - 5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben, - 6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer, - 7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:
- 1.
die Vermögensteuer, - 2.
die Erbschaftsteuer, - 3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen, - 4.
die Biersteuer, - 5.
die Abgabe von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
- 1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln. - 2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.
(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.
(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.
(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Kläger sind Eigentümer des in P. gelegenen Grundstücks „F. 00“.
3Der Rat der Beklagten beschloss am 10. Dezember 2014, den Hebesatz für die Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2015 als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung von bisher 493% auf 850% heraufzusetzen. Der Rat blieb insoweit hinter der Beschlussvorlage der Verwaltung zurück, die eine Anhebung auf 1029% vorgeschlagen hatte.
4Mit Bescheid vom 12. Januar 2015 zog die Beklagte die Kläger zur Grundsteuer B für das Jahr 2015 heran. Ausgehend von einem Grundsteuermessbetrag in Höhe von 72,18 Euro und dem (erhöhten) Hebesatz von 850% setzte sie die Grundsteuer auf 613,53 Euro fest.
5Am 12. Februar 2015 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortragen: Die Erhöhung des Hebesatzes auf 850% sei unverhältnismäßig und stelle eine unzumutbare Belastung dar. Auch angesichts des Umstands, dass die Grundsteuer über die Betriebskosten in der Regel auf die Mieter abgewälzt werde, sei die Erhöhung unsozial. Die Beklagte sei verpflichtet, vorrangig Einsparmöglichkeiten auf der Ausgabenseite zu realisieren. Die Kläger machen sich die öffentliche Kritik der Industrie- und Handelskammer zu Köln am Haushaltsplanentwurf der Beklagten für das Jahr 2015 vom 27. November 2014 zu eigen, in der politische Einwände gegen die Erhöhung der Gewerbesteuer vorgebracht werden, und tragen unter Verweis auf die Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 1 BvL 11/14 und 2 BvR 287/11 allgemeine (verfassungs-)rechtliche Bedenken gegenüber den Vorschriften über die Einheitsbewertung vor.
6Die Kläger beantragen,
7den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2015 insoweit aufzuheben, als darin Grundsteuer B für das Jahr 2015 in Höhe von 613,53 Euro festgesetzt worden ist.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie tritt dem Vorbringen der Kläger im Einzelnen entgegen.
11Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe
13Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2015 ist, soweit er die im vorliegenden Verfahren allein angegriffene Heranziehung zur Grundsteuer B betrifft, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14Die Grundsteuerfestsetzung beruht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Insbesondere leidet die Satzung der Beklagten vom 10. Dezember 2014, mit der der Hebesatz für die Grundsteuer B für das Jahr 2015 auf 850% festgesetzt worden ist, nicht an Rechtsfehlern.
15Formell-rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung sind weder vorgetragen noch erkennbar. Der Beklagten steht es insbesondere offen, den Hebesatz für die Grundsteuer B in einer isolierten Hebesatzsatzung festzusetzen.
16Vgl. OVG NRW, Urteil vom 06.08.1990 – 22 A 57/89 –, NVwZ 1991, 1208 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 19.09.1990 – 13 C 4/87 –, NVwZ 1991, 907 (908); VG Arnsberg, Urteil vom 17.02.2014 – 5 K 1087/13 –, juris, Rn. 29 f. m.w.N.
17Materiell-rechtlich hält sich die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 493% auf 850% im Rahmen des gerichtlich ohnehin nur sehr eingeschränkt überprüfbaren Entscheidungsspielraums der Beklagten.
18Nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG steht den Gemeinden u.a. das Aufkommen der Grundsteuer zu. Nach Satz 2 dieser Vorschrift i.V.m. § 25 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) haben sie das Recht, die Hebesätze der Grundsteuer festzusetzen. Das Hebesatzrecht dient der Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden. Es ermöglicht ihnen, ihre Einnahmen durch Anhebung der Grundsteuer (und/oder der ebenfalls ihrem Hebesatzrecht unterliegenden Gewerbesteuer) an den Finanzbedarf anzupassen und damit angesichts wachsender Haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 – 8 C 43.09 –, juris, Rn. 16.
20Aufgrund dieser verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil ihrer Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, haben die Gemeinden bei der Festsetzung der Hebesätze einen weiten Entschließungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle des vom Rat zu beschließenden Hebesatzes beschränkt sich auf die Überprüfung seiner Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Sie umfasst demgegenüber keine Überprüfung des Hebesatzbeschlusses nach Art ermessensgeleiteter Verwaltungsakte.
21Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 –, juris, jeweils Rn. 4 ff., VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 22 ff.; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 33 ff.
22Daraus folgt, dass die Wirksamkeit gemeindlicher satzungsrechtlicher Abgabenregelungen, soweit es – wie hier – an entsprechenden gesetzlichen Anordnungen fehlt, weder von einer im Rahmen des Satzungserlasses vorgenommenen Zusammenstellung von Abwägungsmaterial noch von der Fehlerfreiheit des Abwägungsvorganges abhängt. Steuersätze müssen sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht daran messen lassen, wie die kommunale Willensbildung abgelaufen ist. Auf die Erwägungen und Beweggründe, also die Motivation des Satzungsgebers, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit nicht an.
23Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 und 14 A 2714 A 2761/12 –, juris, jeweils Rn. 6.
24Weder das Gericht noch der jeweilige Steuerpflichtige sind befugt, ihre eigenen für richtig oder sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle des hierzu nach der Rechtsordnung berufenen – und entsprechend legitimierten – Satzungsgebers zu setzen.
25Vgl. VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 35.
26Dies zugrundegelegt, ist der vom Rat der Beklagten für das Haushaltsjahr 2015 beschlossene Hebesatz für die Grundsteuer B von 850% nicht zu beanstanden. Die Hebesatzregelung verstößt weder gegen Vorschriften des (Grund-)Steuerrechts (1.) noch gegen Vorschriften des Gemeindehaushaltsrechts (2.). Sie genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen (3.).
271. Das Grundsteuergesetz selbst gibt den Gemeinden keine Höchstgrenze bei der Festsetzung von Hebesätzen im Sinne einer zahlenmäßigen Begrenzung vor. § 26 GrStG ermächtigt lediglich die Länder zu einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung. Von dieser Ermächtigung hat Nordrhein-Westfalen – ebenso wie (soweit ersichtlich) die übrigen Bundesländer – jedoch keinen Gebrauch gemacht.
28Vgl. näher Rauber, Gibt es rechtliche Grenzen für die Hebesätze der Grundsteuer B?, in: KStZ 2015, S. 121 (123).
292. Die gemeindehaushaltsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung (GO) NRW können schon aus kompetenziellen Gründen das in § 25 Abs. 1 GrStG bundesgesetzlich verankerte Hebesatzrecht der Gemeinden nicht einschränken.
30Vgl. (zur Gewerbesteuer) näher BVerwG, Urteil vom 11.06.1993 – 8 C 32.90 –, juris, Rn. 6 ff.; zur Übertragbarkeit auf die Grundsteuer vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2009 – 14 A 131/08 –, juris, Rn. 12 ff.
31a) Dies gilt für § 77 Abs. 2 GO NRW, wonach die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und (nur) im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Eine „Koppelung“ des Hebesatzrechtes an die vorrangige Ausschöpfung von Leistungsentgelten lässt sich dieser Vorschrift bei verfassungs- und bundesrechtskonformer Auslegung nicht entnehmen. Ob und in welchem Umfang die Gemeinden zur Deckung ihres Finanzbedarfs von der ihnen kraft Bundesrechts zugewiesenen Befugnis zur Erhebung der Grundsteuer B (vgl. § 1 Abs. 1 GrStG) und ihrer Befugnis zur Bestimmung des Hebesatzes (vgl. § 25 Abs. 1 GrStG) Gebrauch machen, bleibt vielmehr ihrem Ermessen überlassen.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.06.1993 – 8 C 32.90 –, juris, Rn. 11 (zur Gewerbesteuer); OVG NRW, Beschluss vom 26.11.2009 – 14 A 131/08 –, juris, Rn. 12 ff.; ausführlich VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 45 ff.; Articus/Schneider, GO NRW, Kommentar, 3. Auflage, § 77, Erl. 3. a.E.
33b) Entsprechendes gilt hinsichtlich des Gebots des § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW zur wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Haushaltsführung. Selbst wenn danach einzelne Ausgabenposten der Gemeinde als willkürlich und außerhalb jedes vernünftigen und sachlich vertretbaren Maßes haushaltsrechtlich zu beanstanden sein sollten, hätte dies nicht die Unzulässigkeit der Steuererhebung bzw. der Erhöhung des Hebesatzes zur Folge.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris, Rn. 17; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 05.09.2013 – 5 K 930/13 –, juris, Rn. 50 ff., und vom 25.10.2012 – 5 K 1137/12 –, juris, Rn. 69 ff.
353. Der vom Rat der Beklagten beschlossene Hebesatz von 850% hält schließlich auch die verfassungsrechtlichen Grenzen ein.
36a) Mit Blick auf die durch Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Privatnützigkeit des Eigentums darf die Grundsteuer keine „erdrosselnde“ Wirkung haben. Diese ist jedoch erst dann gegeben, wenn nicht nur ein einzelner Grundsteuerpflichtiger, sondern die Gesamtheit der Grundsteuerpflichtigen die sie jeweils treffende Grundsteuer unter normalen Umständen nicht mehr aufbringen kann.
37Vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 21 m.w.N.; FG Berlin, Urteil vom 06.10.2004 – 2 K 2386/02 –, juris, Rn. 25 ff.
38Dies ist in der Rechtsprechung auch bei Hebesätzen von 800% und mehr bislang nicht angenommen worden,
39vgl. etwa VG Arnsberg, Urteile vom 17.02.2014 – 5 K 1205/13 und 5 K 1083/13 –, beide juris (800%); OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris (825%); FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 23 (810%),
40und ist auch im vorliegenden Fall schon wegen der nach wie vor überschaubaren Höhe der festgesetzten Grundsteuer B nicht ersichtlich. Nach dem von der Beklagten aufbereiteten Zahlenmaterial sind 68% der veranlagten Grundstücke mit einem Einheitswert von bis zu 100 Euro bewertet. Es ist in diesen Fällen von einem Anstieg des Grundsteuerbetrags von maximal 493 Euro auf maximal 850 Euro jährlich auszugehen. Dies entspricht einer monatlichen Gesamtbelastung von bis zu rund 71 Euro und einer monatlichen Mehrbelastung aufgrund der für das Haushaltsjahr 2015 beschlossenen Erhöhung von bis zu rund 30 Euro.
41Ein Verstoß gegen das allgemeine Übermaßverbot ist vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht erkennbar.
42Vgl. dazu näher OVG NRW, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 14 A 464/13 –, juris, Rn. 24 ff., und vom 04.07.2014 – 15 B 571/14 –, juris, Rn. 34 (910%).
43b) Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.
44Insoweit ist es rechtlich unerheblich, wie hoch der Hebesatz für die Grundsteuer B in anderen Kommunen ist. Jede Gemeinde hat das Recht, in Ausübung ihres Hebesatzrechts als Teil ihrer verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit den Hebesatz nach ihren finanziellen Bedürfnissen festzulegen. Eine Verpflichtung, sich an den Hebesätzen anderer Kommunen zu orientieren, wäre hiermit unvereinbar.
45Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25.10.2012 – 5 K 1137/12 –, juris, Rn. 75 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 17.02.2014 – 5 K 1087/13 –, juris, Rn. 56 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 55 ff.; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 38.
46Aus diesem Grunde steht es den Kommunen auch frei, die Hebesätze für die Grundsteuer A und B und die Gewerbesteuer in unterschiedlicher Höhe zu beschließen oder hieran im Vergleich zu vorausgegangenen Steuerjahren unterschiedliche Veränderungen vorzunehmen.
47Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2015 – 5 K 784/15 –, juris, Rn. 59 ff.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.02.2011 – 3 K 3096/07 –, juris, Rn. 21; VG Münster, Urteil vom 01.12.2010 – 9 K 1493/10 –, juris, Rn. 38.
48Begrenzt wird ihr Entschließungsspielraum bei der Festsetzung des Hebesatzes allein durch das Willkürverbot. Die Gemeinde darf bei der eigenverantwortlichen Abschätzung ihres Finanzbedarfs keine grob unsachlichen, also evident willkürlichen Entschließungskriterien maßgeblich werden lassen. Ob dies – wie in der Rechtsprechung teilweise angenommen wird – etwa der Fall sein könnte, wenn die durch die Erhöhung des Hebesatzes erzielten Mehreinnahmen nicht zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben erforderlich wären, sondern der Kapitalbildung der Gemeinde dienten,
49vgl. VGH München, Beschluss vom 23.04.2013 – 4 ZB 12.2144 –, juris, Rn. 14; Hess. VGH, Beschluss vom 05.08.2014 – 5 B 1100/14 –, juris, Rn. 10,
50kann dahinstehen. Denn hierfür bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
51c) Eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass es sich um einen Gestaltungsauftrag mit einem weiten Spielraum für den kommunalen Satzungsgeber handelt.
52Vgl. BVerfG, Urteil vom 08.10.1985 – 1 BvL 17/83, 1 BvL 11 BvL 19/83 –, juris, Rn. 32; Beschluss vom 19.12.1978 – 1 BvR 335/76, 1 BvR 41 BvR 427/76, 1 BvR 81 BvR 811/76 –, juris, Rn. 118.
53Ein inhaltlich konkretisierter Prüfungsmaßstab für die maximale Höhe der Steuerbelastung lässt sich ihm nicht entnehmen.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.07.2013 – 14 A 2761/12 –, juris, Rn. 16; Leibholz/Rinck/Hesselberger, in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Loseblattsammlung, 69. Ergänzungslieferung 2015, Art. 14 Rn. 493, Art. 20 Rn. 321-324.
55d) Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Höhe des Hebesatzes für die Grundsteuer B ergeben sich auch nicht aus den in Bezug genommenen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 2 BvR 287/11 wurde mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2015 bereits nicht zur Entscheidung angenommen. In beiden Verfahren steht bzw. stand die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung, die der Grundsteuerfestsetzung vorangeht, in Streit. Die Kläger können die Einheitsbewertung nur in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den separat ergehenden Einheitswertbescheid angreifen (vgl. § 351 Abs. 2 AO). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Festsetzung der Grundsteuer ist eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Einheitswertbescheids demgegenüber von vornherein unbeachtlich.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:
- 1.
die Zölle, - 2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen, - 3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern, - 4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer, - 5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben, - 6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer, - 7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:
- 1.
die Vermögensteuer, - 2.
die Erbschaftsteuer, - 3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen, - 4.
die Biersteuer, - 5.
die Abgabe von Spielbanken.
(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
- 1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln. - 2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.
(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.
(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.
(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.
(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.
(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.
(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Die Gemeinde bestimmt, mit welchem Hundertsatz des Steuermeßbetrags oder des Zerlegungsanteils die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz).
(2) Der Hebesatz ist für ein oder mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermeßbeträge festzusetzen.
(3) Der Beschluß über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluß über die Festsetzung des Hebesatzes gefaßt werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet.
(4) Der Hebesatz muß jeweils einheitlich sein
Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, so kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen.In welchem Verhältnis die Hebesätze für die Grundsteuer der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für die Grundsteuer der Grundstücke und für die Gewerbesteuer zueinander stehen müssen, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen und inwieweit mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde Ausnahmen zugelassen werden können, bleibt einer landesrechtlichen Regelung vorbehalten.
(1) Die Gemeinde bestimmt, mit welchem Hundertsatz des Steuermeßbetrags oder des Zerlegungsanteils die Grundsteuer zu erheben ist (Hebesatz).
(2) Der Hebesatz ist für ein oder mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermeßbeträge festzusetzen.
(3) Der Beschluß über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluß über die Festsetzung des Hebesatzes gefaßt werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet.
(4) Der Hebesatz muß jeweils einheitlich sein
Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, so kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen.(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.