Sozialgericht Würzburg Urteil, 31. Jan. 2018 - S 10 AS 445/16

published on 31/01/2018 00:00
Sozialgericht Würzburg Urteil, 31. Jan. 2018 - S 10 AS 445/16
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme vom Kläger geltend gemachter höherer Aufwendungen für seine Unterkunft im Rahmen der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1968 geborene Kläger steht beim Beklagten seit dem 01.03.2006 im Bezug von laufenden Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.

Der Kläger wohnt im Haus seines Vaters. Das Haus ist seit dem 29.04.1992 an die Schwester des Klägers verpachtet. Das Rechtsverhältnis, auf Grund dessen der Kläger (neben seinem Vater) in dem Anwesen wohnen darf, beruht auf mündlichen Absprachen zwischen dem Kläger und seiner Schwester.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 15.10.2015 hin mit Bescheid vom 27.10.2015 laufende Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01.11.2015 bis zum 31.10.2016 in Höhe von monatlich jeweils 529,09 EUR (November 2015) bzw. 517,34 EUR (ab Dezember 2015). Als angemessene Kosten der Unterkunft erkannte der Beklagte dabei hinsichtlich des Monats November 2015 einen Betrag von 109,16 EUR für die Grundmiete (wie auch in der jüngeren Vergangenheit) und von 11,75 EUR für Nebenkosten an. Für die Zeit ab Dezember 2015 verblieb es dagegen allein bei der Anerkennung der Grundmiete von 109,16 EUR.

In einem Schreiben vom 18.11.2015 beantragte der Kläger eine Erhöhung des „Mietzuschusses“ von 109,16 EUR auf einen Pauschalbetrag von 150,- EUR und berief sich hierfür auf eine umfangreiche Haftpflichtversicherung, welche seine Schwester im August abgeschlossen habe.

Durch Änderungsbescheid vom 29.11.2015 erhöhte der Beklagte die bislang bewilligten Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.10.2016 wegen der jährlichen Regelbedarfsanpassung auf nunmehr monatlich 522,45 EUR.

Mit Widerspruch vom 15.12.2015, eingegangen am 17.12.2015, wandte sich der Kläger mit der Rüge einer fehlenden Berücksichtigung verschiedener Nebenkosten gegen den Änderungsbescheid vom 29.11.2015. Der Widerspruch wurde später mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Der Begründung des Widerspruchsbescheides ist eine Passage angefügt, wonach der Kläger nach Auskunft des Sachbearbeiters am 19.02.2016 die letzten Unterlagen zu den Nebenkosten vorlegen wollen würde. Danach werde ein Bescheid ergehen, der die Nebenkosten beinhalte. Der Widerspruchsbescheid wurde im Anschluss nicht mehr angefochten.

Am 22.02.2016 erließ der Beklagte den vorliegend streitgegenständlichen Änderungsbescheid, mit welchem er für die Monate November 2015 (546,68 EUR), Februar 2016 (565,79 EUR), Mai 2016 (548,20 EUR) und August 2016 (548,20 EUR) nunmehr jeweils höhere Leistungen auf Grund der Anerkennung bestimmter Nebenkosten gewährte. Zugleich erklärte der Beklagte, dass die beantragte Erhöhung der Kaltmiete abgelehnt werde. Für die vom Kläger bewohnten Räume werde ihm bereits eine entsprechend den Richtwerten des Landkreises Haßberge für einen 1-Personen-Haushalt angemessene Kaltmiete anerkannt, obwohl es sich nicht um eine eigene abgeschlossene Wohnung handeln würde.

Der Kläger wandte sich hiergegen mit Widerspruch vom 07.03.2016, eingegangen am 10.03.2016, und bemängelte zum einen die fehlende Nichtberücksichtigung einer höheren Grundmiete und zum anderen die Nichtberücksichtigung bestimmter weiterer Nebenkosten. Mit Schreiben vom 07.04.2016 erläuterte der Kläger dann noch weitere Einzelheiten zu seiner Unterkunft in Zusammenhang mit dem Pachtverhältnis der Schwester.

Der Beklagte wies den Widerspruch vom 07.03.2016 mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2016 unter Verweis auf § 96 SGG als unzulässig zurück. Der Widerspruchsbescheid vom 19.02.2016 sei nachweislich der Postzustellungsurkunde am 23.02.2016 zugestellt worden und betreffe den Bewilligungszeitraum 01.11.2015 bis 31.10.2016. Am 22.02.2016 sei ein Änderungsbescheid erstellt worden, der denselben Bewilligungszeitraum betreffe. Da dieser mit einfachem Brief versendet worden sei, sei von der Dreitagesfiktion auszugehen. Demnach sei der Änderungsbescheid am 25.02.2016 zugegangen. Damit sei der Änderungsbescheid nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen und habe diesen verändert bzw. ersetzt. Dementsprechend sei der Änderungsbescheid vom 22.02.2016 Gegenstand des Klageverfahrens.

Das vom Beklagten angesprochene Klageverfahren (gegen den Widerspruchsbescheid vom 19.02.2016) wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt eingeleitet.

Stattdessen erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 22.06.2016 die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2016 und erließ stattdessen unter dem 13.09.2016 einen neuen Widerspruchsbescheid, mit welchem der Widerspruch vom 07.03.2016 nunmehr als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die vom Kläger verlangte Miete ab dem 01.11.2015 sei aus zivilrechtlicher Sicht unzulässig. Die von der Vermieterin der Wohnung des Klägers verlangte Miete übersteige die zulässige Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift dürfe sich die Miete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20% erhöhen. Die Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB solle verhindern, dass die Mietsteigerung für den Mieter innerhalb zu kurzer Zeit zu groß werde. Ausgangsmiete sei die drei Jahre vor dem Wirksamwerden des Mieterhöhungsverlangens geltende Miete, nicht die zuletzt gezahlte bzw. aktuelle Miete. Mieterhöhungen, die länger als drei Jahre zurücklägen, würden von der Ausgangsmiete nicht herausgerechnet. Für die Ermittlung der Kappungsgrenze sei die bislang bezahlte Miete von 109,16 EUR heranzuziehen. Diese Miete werde seit dem 01.07.2013 vom Beklagten gezahlt. Als Miete sei hierbei der vom Mieter bezahlte Betrag ohne Betriebskostenvorauszahlungen und Betriebskostenpauschalen anzusehen. Auf den gesamten Restbetrag der monatlich zu zahlenden Miete sei die Kappungsgrenze anzuwenden, unabhängig davon, ob es sich um eine Inklusiv-, Teilinklusiv- oder um eine Nettomiete handeln würde. Ausweislich des vorgelegten Antrages des Klägers sei als Miete für die angemieteten Räume ab 01.11.2015 ein Betrag von 150,- EUR zwischen der Vermieterin und dem Kläger vereinbart worden. Tatsächlich zahle der Kläger jedoch nur 109,16 EUR, da er den Restbetrag von 40,84 EUR nicht von seiner Regelleistung zahlen könne. Eine Mieterhöhung sei erst mit Ablauf von drei Jahren erneut möglich. Da demnach die Kappungsgrenze von der im Mietvertrag ausgewiesenen Miete in Höhe von 109,16 EUR zu berechnen sei, dürfe die Miete lediglich um 20% erhöht werden. Ein Ausschlusstatbestand im Sinne von § 558 Abs. 4 BGB sei nicht ersichtlich.

Mit der am 26.09.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ihm geht es nur noch um die Anerkennung einer höheren Grundmiete, nicht mehr dagegen auch um weitere Nebenkosten. In seiner Klagebegründung weist der Kläger u.a. darauf hin, dass der Beklagte zu Unrecht von einer Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Schwester bezüglich der Mieterhöhung ausgehe. Es liege hier aber keine Vereinbarung vor, sondern seine Schwester fordere die 150,- EUR. Wegen immer wieder aufgetretener Verwirrungen bei der Berechnung der von ihm genutzten Räume und der gemeinsam mit seinem Vater genutzten Räume erläuterte er außerdem noch, dass er bis zum 30.06.2013 nur sein Schlafzimmer alleine genutzt habe. Da ihm dies auf Dauer ein zu kleiner Rückzugsort für sich gewesen sei, habe er ab dem 01.07.2013 ein weiteres bis dahin unbenutztes Zimmer für sich fortan alleine genutzt. Somit habe er ab dem 01.07.2013 zwei Räume mit insgesamt 28 qm für seine alleinige Benutzung. Mit seinem Vater teile er sich nach wie vor die Küche, das Wohnzimmer, das Bad und das WC.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter entsprechender Abänderung des Änderungsbescheides vom 22.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2016 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 01.11.2015 bis zum 31.10.2016 höhere Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Grundmiete von monatlich 150,- EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Entscheidung fest.

Am 25.07.2017 fand in der Angelegenheit ein Erörterungstermin statt. Eine zeugenschaftliche Einvernahme der Schwester des Klägers war dabei nicht möglich, weil diese von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht bereits im Vorfeld Gebrauch machte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

Die fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Der Bescheid vom 22.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2016, mit dem der Beklagte die Gewährung höherer Grundsicherungsleistungen abgelehnt hat, soweit es die Grundmiete angeht, ist im Ergebnis rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung einer Grundmiete von monatlich 150,- EUR statt lediglich 109,16 EUR und demnach auch keinen Anspruch auf eine entsprechende Abänderung des Ausgangsbewilligungsbescheides vom 27.10.2015 bzw. des Änderungsbescheides vom 29.11.2015.

a) Zur Klarstellung ist zunächst festzuhalten, dass in verfahrensrechtlicher Hinsicht

§ 44 SGB X zur Anwendung kommt, nachdem die Frage der Anerkennung einer höheren Grundmiete rein inhaltlich wohl bereits im Änderungsbescheid vom 29.11.2015 bzw. im Widerspruchsbescheid vom 19.02.2016 zu berücksichtigen gewesen wäre, weil die Mieterhöhung nach den diesbezüglichen erstmaligen Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 18.11.2015 (Bl. 757 der Verwaltungsakte) ab dem 01.01.2016 gelten soll.

b) § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Zu beachten ist, dass nach Unanfechtbarkeit des zu überprüfenden Verwaltungsaktes die objektive Beweislast für Tatsachen, aus denen sich eine Unrichtigkeit des Verwaltungsaktes wegen fehlerhafter Sachverhaltsannahme ergeben kann, bei dem Adressaten des Verwaltungsaktes liegt. Können diese Voraussetzungen nicht festgestellt werden, geht dies zu Lasten des die Überprüfung begehrenden Adressaten (Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 8. Aufl. (2014), § 44 Rn. 12 m.w.N.).

Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind vorliegend nicht erfüllt. Der Änderungsbescheid vom 29.11.2015 ist nach der im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage nicht rechtswidrig im Sinne des § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X. Das Recht ist weder unrichtig angewandt worden noch ist von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen hätte. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Anerkennung höherer Kosten der Unterkunft wegen einer höheren Grundmiete ab dem 01.01.2016:

c) Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Wie das BSG bereits entschieden hat, liegen „tatsächliche Aufwendungen“ für eine Wohnung nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten (ernsthaften) Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Denn bei Nichtzahlung der Miete droht regelmäßig Kündigung und Räumung der Unterkunft (vgl. Urteil vom 07.05.2009, Az.: B 14 AS 31/07 R, Rn. 16 f.).

Für Mietverhältnisse unter nahen Angehörigen ist zu beachten, dass dabei nicht darauf abgestellt werden kann, ob der Vertrag nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (sog. Fremdvergleich). Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Umstände kann allerdings der Gesichtspunkt eine Rolle spielen, dass für die Auslegung von Vereinbarungen die spätere tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhaltes, berücksichtigt werden kann (SG Neuruppin, Urteil vom 18.08.2010, Az.: S 26 AS 704/08, Rn. 25 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 07.05.2009, a.a.O., Rn. 20 sowie Urteil vom 03.03.2009, Az.: B 4 AS 37/08 R, Rn. 27).

Grundsätzlich gilt, dass bei Verträgen unter nahen Angehörigen an den Nachweis der Ernsthaftigkeit einer Mietzinsforderung als solches grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. etwa Bayer. LSG, Beschluss vom 13.05.2009, Az.: L 11 AS 177/09 B PKH, Rn. 12; wohl auch Dau, in: jurisPR-SozR 14/2009, Anm. 2 unter „D. Auswirkungen für die Praxis“).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger in der Vergangenheit bzw. Gegenwart einer ernsthaften Mietzinsforderung seiner Schwester, die über den bislang gezahlten Betrag für Grundmiete von monatlich 109,16 EUR hinausgeht, ausgesetzt war bzw. ist.

Vorab ist der Auffassung des Klägers, wonach die zwischen ihm und seiner Schwester praktizierte Zahlung von monatlich 109,16 EUR nicht auf einem Mietvertrag beruhen würde, weil dies nach den Regeln des SGB II nur bei einer abgeschlossenen Wohnung möglich sei (so sinngemäß im Schriftsatz vom 07.04.2016), zu widersprechen. Ein Mietvertrag ist auch nur hinsichtlich eines Teils einer Wohnung möglich. Dies ergibt sich etwa aus dem Gegenschluss zu § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Die tatsächliche Durchführung oder besser Nichtdurchführung der Mieterhöhung spricht gegen die Ernsthaftigkeit der Mieterhöhungsvereinbarung bzw. des entsprechenden Verlangens.

Der Kläger hat am 08.11.2017 im Zuge der Berufungsverhandlung zu dem Az. vor dem Bayer. LSG erklärt, dass er seiner Schwester nur das für die Wohnung bezahlt habe, was er vom Beklagten für Unterkunftskosten in Bezug auf die „Miete“ bekommen habe. Seiner Auffassung nach liege kein Mietvertrag vor. Seiner Meinung nach sei ihm das auch von Herrn Sauer bestätigt worden, ebenso von Frau Dippold vom Finanzamt Ebern. Seine Schwester habe offene Beträge bezüglich der 180,- EUR nicht angemahnt. Über das, was der Beklagte geleistet habe hinaus, habe sie keine weiteren Leistungen von ihm bekommen bezüglich der sog. „Miete“.

In einem Schreiben vom Schreiben vom 23.01.2018 hat der Kläger mittlerweile auch ausdrücklich erklärt, dass ihm die restliche Kaltmiete von seiner Schwester gestundet wird.

Eine solche Handhabung legt nahe, dass eine vereinbarte Erhöhung oder ein entsprechendes Verlangen nur dann gelten soll, wenn der Beklagte darauf eingeht. Hier drängt sich die Frage auf, ob nicht ein Fall der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB vorliegt. Nach der genannten Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Rechtsgeschäfte, die nach Inhalt, Zweck und Beweggrund in erster Linie darauf angelegt sind, Vermögensverhältnisse zum Schaden der Sozialhilfeträger bzw. Träger der Leistungen nach dem SGB II und damit auf Kosten der Allgemeinheit zu regeln, verstoßen gegen die guten Sitten i.S. von § 138 BGB, wenn nicht besondere Rechtfertigungsgründe vorliegen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.02.2011, Az.: L 12 AS 4387/10, Rn. 14 m.w.N.; Bayer. LSG, Beschluss vom 23.08.2013, Az.: L 11 AS 479/13 NZB, Rn. 9).

Auch wenn im vorliegenden Fall noch nicht das Ausmaß einer Sittenwidrigkeit erreicht sein sollte, so liegt gleichwohl durch die völlige Nichterfüllung der durch die Mieterhöhung begründeten Mehrforderung durch den Kläger einerseits und die völlige Passivität der Schwester (jedenfalls soweit von außen erkennbar) die Vermutung nahe, dass die Mieterhöhung zumindest dauerhaft gestundet ist (alternativ hierzu stellt das LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.02.2016, Az.: L 2 AS 242/12, Rn. 46, in einer solchen Situation unterbliebener Versuche zur Realisierung der Mietforderung auf eine fehlende Wirksamkeit der Forderung ab). Was dabei den Kläger angeht, vergisst das Gericht nicht, dass nach den weiter oben dargestellten Regeln des BSG nicht allein darauf abgestellt werden darf, dass der Kläger den Mehrbetrag an Miete nicht zahlt. Jedoch wäre bei einer nicht-dauerhaften Stundung zu erwarten, dass der Kläger, wenn schon nicht vollständig, dann doch wenigstens zu einem - und sei es auch nur kleinen - Teil die Mehrforderung aus seinem Regelbedarf bestreitet.

Gegen eine Ernsthaftigkeit der Mieterhöhung spricht auch der Umstand, dass nicht etwa die Vermieterin, sondern der Kläger als Mieter in seinem Schreiben an den Beklagten vom 07.04.2016 (Bl. 785 der Verwaltungsakte) die Zusage gegeben hat, dass bis zum Tod seines Vaters oder bis zu einem eventuellen Auszug seines Vaters in ein Pflege- oder Altersheim die Kaltmiete von 150,- EUR bestehen bleibe und nicht erhöht werde. Eine solche Zusage wäre dem Kläger als typischem Mieter nicht möglich, da nicht etwa der Mieter, sondern primär der Vermieter im Rahmen der §§ 557 ff. BGB über etwaige Mieterhöhungen entscheidet.

Eine eigene Befragung der Schwester des Klägers durch das Gericht - und damit eine mögliche Gewinnung von Angaben aus erster Hand von der Vermieterin des Klägers, die gegebenenfalls dem Eindruck einer mangelnden Ernsthaftigkeit bzw. dauerhaften Stundung der Mieterhöhung entgegenwirken könnten - war leider nicht möglich, nachdem die Schwester von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat.

Die Angaben, die von ihr im Vorfeld des Erörterungstermins am 25.07.2017 in schriftlicher Form gemacht worden sind, befassen sich jedenfalls nicht mit der Frage, inwieweit sie im streitgegenständlichen Zeitraum oder auch danach konkret vom Kläger die Zahlung der erhöhten Miete verlangt hat oder nicht bzw. welche Schritte sie zur Beitreibung der Mietrückstände bzw. zur Auflösung des Mietvertrages unternommen hat bzw. warum diese Schritte ggf. nicht unternommen worden sind bzw. bis zu welchem Zeitpunkt sie die Nichtzahlung des Mieterhöhungsbetrages hinnehmen wird. Sie äußern sich auch nicht zu den Hintergründen des Mieterhöhungsverlangens oder zu etwaigen Veränderungen des Mietverhältnisses.

Bei einer Gesamtschau der aufgezeigten Aspekte und unter Berücksichtigung der bereits weiter oben geschilderten Beweislast in Verfahren nach § 44 SGB X (was hier aber keinen Unterschied zur Beweislast in einem gewöhnlichen Bewilligungsverfahren machen würde), vermag das erkennende Gericht nicht zur Überzeugung (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG) zu gelangen, dass der Kläger hinsichtlich des Mieterhöhungsbetrages tatsächlich einer ernsthaften, nicht dauerhaft gestundeten Mietforderung ausgesetzt war oder ist.

d) Soweit sich der Kläger in verschiedenen Schriftsätzen kurz vor der mündlichen Verhandlung am 31.01.2018 zum Sachverhalt geäußert hat, stellt das Gericht fest, dass sich diese Äußerungen primär auf den Schriftsatz des Beklagten vom 22.01.2018 beziehen, mit welchem vom Beklagten insgesamt - also nicht nur bezüglich der Mieterhöhung - unterstellt wird, dass das zwischen dem Kläger und seiner Schwester bestehende Mietverhältnis ein Scheingeschäft i.S:d.§ 117 BGB sei. Über diese Frage brauchte das erkennende Gericht im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht zu entscheiden, nachdem in diesem Verfahren nur die Mieterhöhung streitig ist und ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung hierfür unabhängig von der Frage nach der Rechtswirksamkeit des Mietverhältnisses als solchem nicht zu bejahen ist (s.o.).

e) Nachdem die mangelnde Berücksichtigungsfähigkeit des Mieterhöhungsverlangens bereits auf Grund anderweitiger Umstände festzustellen ist (s.o.), kann offen bleiben, ob das Mieterhöhungsverlangen auch wegen des vom Beklagten angenommenen Verstoßes gegen die Regelungen zu Kappungsgrenzen bei Mieterhöhungen unwirksam ist oder nicht.

2. Aus den genannten Gründen war die Klage abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.

4. Die Berufung ist nicht bereits nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes in Anbetracht eines monatlichen Differenzbetrages zwischen anerkannter und begehrter Miete von (150,- EUR minus 109,16 EUR =) 40,84 EUR und einem streitgegenständlichen Zeitraum von 12 Monaten offenkundig weniger als 750,- EUR beträgt. Gründe für eine Zulassung nach § 144 Abs. 2 SGG bestehen nicht.

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 16/02/2016 00:00

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 13.12.2011 aufgehoben, soweit der Beklagte dazu verurteilt worden ist, den Klägern Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 682,00 Euro monatlich für die Zeit
published on 08/02/2011 00:00

Tenor Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. wird abgelehnt. Gründe   I. 1  Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 11/04/2018 00:00

Tenor I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 31.01.2018 - S 10 AS 445/16 - wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht berücksichtigt.

(2) Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist.

(3) Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze). Der Prozentsatz nach Satz 1 beträgt 15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen.

(4) Die Kappungsgrenze gilt nicht,

1.
wenn eine Verpflichtung des Mieters zur Ausgleichszahlung nach den Vorschriften über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen wegen des Wegfalls der öffentlichen Bindung erloschen ist und
2.
soweit die Erhöhung den Betrag der zuletzt zu entrichtenden Ausgleichszahlung nicht übersteigt.
Der Vermieter kann vom Mieter frühestens vier Monate vor dem Wegfall der öffentlichen Bindung verlangen, ihm innerhalb eines Monats über die Verpflichtung zur Ausgleichszahlung und über deren Höhe Auskunft zu erteilen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn die Verpflichtung des Mieters zur Leistung einer Ausgleichszahlung nach den §§ 34 bis 37 des Wohnraumförderungsgesetzes und den hierzu ergangenen landesrechtlichen Vorschriften wegen Wegfalls der Mietbindung erloschen ist.

(5) Von dem Jahresbetrag, der sich bei einer Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete ergäbe, sind Drittmittel im Sinne des § 559a abzuziehen, im Falle des § 559a Absatz 1 mit 8 Prozent des Zuschusses.

(6) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Für Mietverhältnisse über Wohnraum gelten die §§ 535 bis 548, soweit sich nicht aus den §§ 549 bis 577a etwas anderes ergibt.

(2) Die Vorschriften über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556d bis 556g), über die Mieterhöhung (§§ 557 bis 561) und über den Mieterschutz bei Beendigung des Mietverhältnisses sowie bei der Begründung von Wohnungseigentum (§ 568 Abs. 2, §§ 573, 573a, 573d Abs. 1, §§ 574 bis 575, 575a Abs. 1 und §§ 577, 577a) gelten nicht für Mietverhältnisse über

1.
Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist,
2.
Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum dem Mieter nicht zum dauernden Gebrauch mit seiner Familie oder mit Personen überlassen ist, mit denen er einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führt,
3.
Wohnraum, den eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein anerkannter privater Träger der Wohlfahrtspflege angemietet hat, um ihn Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zu überlassen, wenn sie den Mieter bei Vertragsschluss auf die Zweckbestimmung des Wohnraums und die Ausnahme von den genannten Vorschriften hingewiesen hat.

(3) Für Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim gelten die §§ 556d bis 561 sowie die §§ 573, 573a, 573d Abs. 1 und §§ 575, 575a Abs. 1, §§ 577, 577a nicht.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.