Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. Jan. 2013 - 3 M 727/12

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2013:0129.3M727.12.0A
bei uns veröffentlicht am29.01.2013

Gründe

1

Die mit Schreiben vom 19. Oktober 2012 eingelegte Beschwerde ist gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen die im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 1. Oktober 2012 vorgenommene Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO und die zugehörige Kostenentscheidung richtet.

2

Soweit die Antragstellerin erstmals mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2012 ausführt, dass die Beschwerde vom 19. Oktober 2012 (stets) nur gegen die Streitwertfestsetzung gerichtet gewesen sei, steht dies nicht im Einklang mit ihren innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO abgegebenen Erklärungen. Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreits unterliegen der Auslegung, wobei die Auslegung den Willen des Erklärenden zu ermitteln hat. Dabei kommt es nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an, wobei an die von Rechtsanwälten abgegebenen Erklärungen strenge Anforderungen zu stellen sind. Die Auslegung darf nicht am Wortlaut der Erklärung haften. Der maßgebende objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger nach den Umständen, insbesondere der recht verstandenen Interessenlage, die Erklärung verstehen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.08.2008 - 6 C 32.07 -, juris m. w. N.). Vor diesem Hintergrund ist es nicht plausibel, dass die mit Faxschreiben eingelegte Beschwerde vom 19. Oktober 2012 allein gegen die Streitwertfestsetzung gerichtet gewesen sein soll, denn für Streitwertbeschwerden steht nach § 68 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 i. V. m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eine Frist von sechs Monaten ab der Bekanntgabe der gerichtlichen Streitwertfestsetzung zur Verfügung. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin mit am 5. November 2012, dem letzten Tag der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO beim Oberverwaltungsgericht eine (rechtlich nicht mögliche) Verlängerung der Begründungsfrist beantragt hat. Auch dieser Antrag macht nur Sinn, wenn die Antragstellerin von einer erhobenen Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO ausgegangen ist, da für die Streitwertbeschwerde keine Begründungsfrist vorgesehen ist. Auf die unterschiedlichen Fristen und formellen Erfordernisse der Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung zum Einen und die Beschwerde gegen den Beschluss, mit welchem der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt wurde, ist die Antragstellerin in der Rechtsbehelfsbelehrung des Verwaltungsgerichts zutreffend hingewiesen worden.

3

Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen, weil sie entgegen § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle vom 1. Oktober 2012 ist dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 5. Oktober 2012 zugestellt worden. Die dagegen erhobene Beschwerde ist - wie oben ausgeführt - zwar fristgerecht erhoben worden. Indes ist eine Begründung bis zum Ablauf des 5. November 2012 bei Gericht nicht eingegangen.

4

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

5

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG i. V. m. Ziffern 1.5 und 46.13 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt bei Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, Anhang zu § 164). Die sich aus dem Antrag ergebende wirtschaftliche Bedeutung der Sache für die Antragstellerin ist in Anlehnung an den für die Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalog hinsichtlich der Anordnung eines Fahrtenbuches mit 400,- € je angeordneten Monat für jedes Fahrzeug angemessen bewertet. Die Einbeziehung von (mehreren) Ersatzfahrzeugen in die Fahrtenbuchauflage wirkt sich nicht weiter streitwerterhöhend aus (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.12.2008 - 1 L 127.08 -, juris). Dies ergibt bei einer Fahrtenbuchauflage für den Fahrzeugbestand von 61 Fahrzeugen bei einer angeordneten Dauer von 18 Monaten einen Betrag von 439.200,- €. Dieser Betrag ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (so auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.06.2010 - 12 OA 336/09 -, juris; OVG Münster, Beschl. v. 05.05.2011 - 8 B 453/11 -, juris, a. A. VGH Mannheim, Beschl. v. 09.02.2009 - 10 S 3350/08 -, juris: keine Halbierung, da regelmäßig Vorwegnahme der Hauptsache); mithin ist ein Betrag von 219.600,- € festzusetzen. Dieser Betrag ist entgegen der Auffassung der Antragsstellerin nicht im Hinblick darauf weiter zu reduzieren, dass mehr als zehn Fahrzeuge von der Fahrtenbuchauflage nach § 31a StVZO betroffen sind. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, dass für die auf die ersten zehn Fahrzeuge folgenden Fahrzeuge, gestaffelt nach Zehnergruppen, ein Abschlag in Höhe der Hälfte des für die jeweils vorhergehende Zehnergruppe anzusetzenden Betrages zu veranschlagen ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 26.10.2001 - 11 ZS 01.2008 -, juris; OVG Münster, Beschl. v. 10.09.1997 - 25 A 4812/96 -, juris unter Bezugnahme auf BayVGH, Beschl. v. 21.04.1994 - 11 C 94.1062 -, DAR 1994, 335; a. A. OVG Saarland, Beschl. v. 25.05.2007 - 1 B 121/07 -, juris; VG Mainz, Beschl. v. 14.05.2012 - 3 L 298/12.MZ -, juris; VG Cottbus, Urt. v. 11.09.2007 - 2 K 1526/04 -, juris). Der Senat sieht für einen solchen „Mengenrabatt“ aus Billigkeitsgründen unter Abweichung vom Grundsatz der Wertaddition in § 39 GKG keine Veranlassung. Die Rechtsprechung, welche eine degressive Streitwertbemessung vornimmt, bezieht sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Streitwertfestsetzung bei Asylverpflichtungsklagen im Familienverbund vor Inkrafttreten des § 83 b AsylVfG (nunmehr § 30 RVG, vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.02.1987 - 9 B 18.87 -, juris). Diese Rechtsprechung berücksichtigte die damals geltende abgestufte asyl- und ausländerrechtliche Rechtsstellung der verschiedenen Familienmitglieder bei einheitlichem Lebensverhalt und gleichen Asylgründen. Diese Erwägungen sind auf die hier in Rede stehende Fahrtenbuchauflage für eine Mehrzahl von Fahrzeugen nicht übertragbar. Einmal davon abgesehen, dass hier kein Verpflichtungsbegehren, sondern ein Anfechtungsstreit in Rede steht, bedeutet der Umstand, dass die Antragstellerin für jedes der 61 Fahrzeuge ein Fahrtenbuch zu führen hat, für sie - bezogen auf jedes einzelne Fahrzeug und zu führendes Fahrtenbuch - ungeachtet der von ihr vorgetragenen technischen Möglichkeiten der innerbetrieblichen Umsetzung der Fahrtenbuchauflage für ihren Fuhrpark keine geringere Belastung im Rechtssinne, als wenn ein Fahrtenbuch nur für ein einzelnes oder wenige Fahrzeuge zu führen wäre. Auch bei mehreren Fahrzeugen hat sie dafür Sorge zu tragen, dass in jedem Fahrtenbuch alle erforderlichen Eintragungen vorgenommen werden und die Kontrollierbarkeit der Eintragungen in jedem Fahrtenbuch gemäß § 31a Abs. 3 StVZO jederzeit gewährleistet ist. Der damit verbundene Aufwand verringert sich nicht dadurch, dass sie dies mehrfach zu leisten hat (vgl. zu den Halterpflichten bei der Fahrtenbuchauflage: Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 31a StVZO Rdnr. 10 m. w. N.). Weiter verdeutlicht die Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 69 a Abs. 5 Nrn. 4 und 4a StVZO, dass die Fahrtenbuchauflage für jedes Fahrzeug eine selbständige rechtliche Bedeutung hat. Auch Billigkeitsgründe gebieten keine Streitwertdegression bei der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage für eine Mehrzahl von Fahrzeugen, da die Gebührentabellen nach dem Gerichtskostengesetz und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht linear, sondern degressiv ausgerichtet sind, so dass, ohne dass eine gesetzliche Regelung hierzu Anlass gibt, die Einräumung eines weiteren „Rabattes“ bereits bei der Festsetzung des Streitwertes im vorliegenden Fall nicht geboten ist (so auch Schneider, DAR 2009, 551).

6

Der Beschluss ist unanfechtbar.


Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. Jan. 2013 - 3 M 727/12

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. Jan. 2013 - 3 M 727/12

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. Jan. 2013 - 3 M 727/12 zitiert 11 §§.

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. Jan. 2013 - 3 M 727/12 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 25. Mai 2007 - 1 B 121/07

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2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. Jan. 2013 - 3 M 727/12.

Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 21. Okt. 2016 - RO 5 S 16.1399

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 12. Nov. 2015 - 10 S 2047/15

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Referenzen

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. November 2008 - 3 K 3458/08 - zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf 4.800,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung zu Gunsten des Interesses des Antragstellers ausfällt, vom Vollzug der Verfügung der Antragsgegnerin vom 08.10.2008 bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes verschont zu bleiben.
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen auch unter Berücksichtung der Beschwerdebegründung keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage. Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Der Wortlaut der Regelung und deren Zweck setzen für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage voraus, dass die für die Verfolgung der Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zuständige Behörde sämtliche nach Sachlage bei verständiger Beurteilung nötigen und möglichen, aber auch angemessenen und zumutbaren Schritte zur Ermittlung des Fahrzeugführers unternommen hat, diese aber ergebnislos geblieben sind (BVerwG, Beschl. v. 21.10.1987 - 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 = VRS 74, 233). Vorliegend hat die Bußgeldbehörde die zumutbaren und angemessenen Bemühungen unternommen, um den Täter der am 10.05.2008 auf der Bundesstraße B 500 begangenen Ordnungswidrigkeit (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 24 km/h) zu ermitteln. Der Fahrzeughalter hat bei seiner Anhörung jede Erklärung darüber abgelehnt, wer das Fahrzeug zum maßgeblichen Zeitpunkt geführt hat (Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 174.07.2008). Die Bußgeldbehörde hat gleichwohl erfolglos weitere Anstrengungen zur Ermittlung des Fahrzeugführers unternommen (Anfrage bei der Personalausweisbehörde, Aufsuchen des Halters zu Hause, Befragung der Nachbarschaft und des örtlichen Polizeireviers). Demgegenüber ist die Behauptung der Beschwerde, die Bußgeldbehörde habe den üblichen Daten- und Lichtbildabgleich beim Einwohnermeldeamt unterlassen, unzutreffend. Die Bußgeldstelle hat vielmehr mit Schreiben vom 17.07.2008 bei der Einwohnermeldebehörde um vergrößerte Kopien der Fotos des Fahrzeughalters aus dem Personalausweis - und Passregister gebeten; diese wurden ihr am 23.07.2008 übersandt. Der Senat geht mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass eine zweifelsfreie Feststellung des Fahrers anhand dieser Lichtbilder nicht möglich ist, u.a. weil das beim Verkehrsverstoß aufgenommene Foto unscharf ist, der Fahrer - anders als der Fahrzeughalter auf dem Passfoto - eine Brille trägt und ein deutlicher Altersunterschied zwischen den abgebildeten Personen besteht. Da der Antragsteller somit keine Angaben zum Fahrzeugführer gemacht hat und die Nachforschungen der Bußgeldbehörde im häuslichen Umfeld ohne Erfolg blieben, bestand ohne besondere Anhaltspunkte, die auch die Beschwerdebegründung nicht dargetan hat, kein Anlass für weitere Ermittlungen.
Die Anordnung des Fahrtenbuchauflage ist auch nicht unverhältnismäßig oder sonst ermessensfehlerhaft. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, rechtfertigt auch eine einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung, mit der die zulässige Höchstgeschwindigkeit um etwa die Hälfte überschritten worden ist, die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage für die Dauer eines Jahres (vgl. Senatsurt. v. 18.06.1991 - 10 S 938/91 -, Senatsbeschl. v. 01.10.1992 - 10 S 2173/92, jeweils juris). Das Verwaltungsgericht hat schließlich zurecht angenommen, dass ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug gegeben ist (vgl. Senatsbeschl. v. 17.11.1997 - 10 S 2113/97 - juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung findet ihrer Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004. Nach Nr. 46.13 des Streitwertkatalogs beträgt der Streitwert bei Anfechtungsklagen gegen eine Fahrtenbuchauflage 400,--EUR pro Monat. Diesen Streitwert hat der Senat in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend der Empfehlung Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs in ständiger Rechtsprechung halbiert (vgl. etwa Senatsbeschl. v. 12.09.1988 - 10 S 2483/88 -, v. 17.11.1997 - 10 S 2113/97 -, v. 06.11.1998 - 10 S 2625/98 -, v. 26.06.2007 - 10 S 722/07 -, jeweils juris; ebenso BayVGH, B. v. 07.11.2008 - 11 Cs 08.2650 -, juris, u. B. v. 21.04.1994 - 11 C 94.1062 - DAR 1994, 335, OVG NRW, B. v. 15.03.2007 - 8 B 2746/06 - juris, OVG des Saarlandes, B. v. 14.04.2000 - 9 V 5/00 - juris). Eine den vorläufigen Charakter des Eilverfahrens berücksichtigende Verminderung des Streitwerts ist aber nicht geboten. Denn wenn die Behörde einem Kraftfahrzeughalter unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer eines Jahres ab Zustellung der Verfügung auferlegt, wird die Hauptsache im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig vorweggenommen. Hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Erfolg, hat der Fahrzeughalter das Fahrtenbuch zumindest bis zur Entscheidung der Hauptsache zu führen, ohne dass eine Rückgängigmachung möglich ist. Wird dem Betroffenen aber vorläufiger Rechtsschutz gewährt, erledigt sich das Hauptsacheverfahren im Fall einer mit der Zustellung beginnenden Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs regelmäßig durch Zeitablauf (vgl. BayVGH, Urt. v. 01.10.1984, BayVBl. 1985, 23 m.w.N.). Denn auch bei kurzen Verfahrenslaufzeiten ist davon auszugehen, dass die in der Fahrtenbuchauflage gesetzte Frist bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids und dem rechtskräftigen Abschluss eines sich daran ggf. anschließenden Klageverfahrens jedenfalls zum überwiegenden Teil verstrichen ist. Anders als in dem Fall, in dem die Behörde den Zeitraum der Buchführungspflicht nicht kalendermäßig festgelegt hat und diese ggf. nur aufgeschoben wird (vgl. dazu Senatsbeschl. v. 12.11.1979 - X 1776/79 - juris), ist bei einem Beginn der Verpflichtung mit Zustellung der Verfügung das Interesse am vorläufigen Rechtsschutz mit der Bedeutung der Hauptsache deshalb in einer Weise identisch, die es rechtfertigt, den Streitwert der Hauptsache auch für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes festzusetzen (vgl. Ziff. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs). Entsprechendes gilt, wenn in der Verfügung ein zeitnahes Kalenderdatum für den Beginn der Buchführungspflicht festgesetzt wird. Die hiervon abweichende Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ändert der Senat in Ausübung seiner Befugnis nach § 63 Abs. 3 S. 1 GKG ab.
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragstellerin zur Last.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 14.400 EUR festgesetzt.

Unter Abänderung der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts sind die Kosten erster Instanz von der Antragstellerin zu 2/3 und von der Antragsgegnerin zu 1/3 zu tragen.

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 12.1.2007 verfügte die Antragsgegnerin unter Anordnung des Sofortvollzugs die Führung eines Fahrtenbuches für alle auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeuge für die Dauer von einem Jahr. Begründet wurde diese Maßnahme im Kern damit, dass am 27.7.2006 mit einem auf die Antragstellerin zugelassenen Pkw (amtl. Kennzeichen VK - ) auf der Bundesautobahn A 3 eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 49 km/h festgestellt worden sei, ohne dass - wie bereits bei mehreren Verkehrsverstößen in der Vergangenheit - der verantwortliche Fahrzeugführer habe ermittelt werden können.

Mit dem von der Antragstellerin angegriffenen Beschluss vom 12.3.2007 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 12.1.2007 wiederhergestellt, „soweit in dem Bescheid für auf die Antragstellerin als Lastkraftwagen zugelassene Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches angeordnet ist“. Im Übrigen wurde das Begehren der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Anordnung der Fahrtenbuchauflage zurückgewiesen.

Mit Teilabhilfebescheid vom 26.3.2007 hat die Antragsgegnerin die Fahrtenbuchauflage betreffend die auf die Antragstellerin zugelassenen Lkw aufgehoben.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den sie (weiterhin) belastenden Beschluss des Verwaltungsgerichts bleibt ohne Erfolg. Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung vom 23.3.2007 dargelegten Gründe, die allein der Senat zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelt es sich bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 49 km/h auf einer Bundesautobahn um einen erheblichen Verkehrsverstoß, der die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage gemäß § 31 a Abs. 1 StVZO auch unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rechtfertigt. Das folgt bereits daraus, dass es sich hierbei um eine Verkehrsordnungswidrigkeit handelt, die mit einer Regelsatz-Geldbuße von 100 EUR und einem Fahrverbot von einem Monat zu ahnden ist

vgl. Lfd. Nr. 11.3.7 des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung.

Zudem wird der Betreffende wegen der in Rede stehenden Verkehrsordnungswidrigkeit mit drei Punkten im Verkehrszentralregister belastet

siehe dazu § 40 FeV in Verbindung mit Anlage 13, Ziffer 5.4; zu den rechtlichen Auswirkungen des vermerkten Punktestandes: §§ 4 StVG, 41 bis 45 FeV.

Diese vom Verordnungsgeber vorgenommene Bewertung der Ordnungswidrigkeit rechtfertigt es, die Geschwindigkeitsüberschreitung um 49 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften, mithin auch auf einer Bundesautobahn, als so gewichtig einzustufen, dass auch ohne zusätzliche Umstände, etwa den Eintritt einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches bei Nichtermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers verhältnismäßig ist

vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 17.5.1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = Buchholz 442.16 § 31 a StVZO Nr. 21 = NJW 1995, 2866.

Im weiteren wendet die Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage ein, die Antragsgegnerin habe keine zumutbaren Ermittlungen zur Feststellung „des Halters“ - gemeint ist offensichtlich „des Fahrzeugführers“ - vorgenommen, wobei dem Halter, das heißt ihrem Geschäftsführer, keine mangelnde Mitwirkung an der Aufklärung vorgeworfen werden könne, da vorliegend die von der Rechtsprechung grundsätzlich geforderte Zweiwochenfrist zur Benachrichtigung des Halters hinsichtlich der Zuwiderhandlung bei weitem überschritten worden sei. Beide Einwände sind in der hier gegebenen Situation rechtlich ohne Bedeutung.

Was die gebotene Ermittlungstätigkeit anbelangt, ist das Aussageverhalten des Fahrzeughalters - vorliegend des Geschäftsführers der Antragstellerin - von maßgeblicher Bedeutung. Weitere Ermittlungen scheiden regelmäßig aus, wenn der Halter eines Fahrzeugs - im Wege der Aussageverweigerung als Beschuldigter oder unter Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht als Zeuge - jede Aufklärung darüber ablehnt, wer das Fahrzeug im maßgeblichen Zeitpunkt geführt hat

vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982 - 7 C 3/80 -, Buchholz 442.16 § 31 a StVZO Nr. 12 = MDR 1983, 782 = VRS 64, 466 = BayVBl. 1983, 310, und Beschluss vom 1.3.1994 - 11 B 130/93 -, VRS 88, 158; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.6.1991 - 10 S 938/91 -, NJW 1992, 132 = DAR 1991, 433, sowie Beschluss vom 1.10.1992 - 10 S 2173/92 -, NZV 1993, 47 = VRS 84, 73.

So liegt der Fall. Der für den Fuhrpark der Antragstellerin verantwortliche Geschäftsführer hat nach den Feststellungen im angefochtenen Beschluss (Seite 5) nach Vorlage die Lichtbilds des bei dem Verkehrsverstoß fotografisch festgehaltenen Fahrzeugführers gegenüber einem Beamten der Polizeiinspektion A-Stadt unter Berufung auf ein ihm zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht keine Angaben gemacht. Er hat damit klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht willens ist, zu der Feststellung des für den Tatzeitpunkt verantwortlichen Fahrzeugführers durch ihm mögliche Kenntnisse beizutragen. Dabei lag auf der Hand, dass bei insgesamt sechs auf die GmbH zugelassenen Personenkraftwagen außer dem Geschäftsführer der Antragstellerin und seinen Angehörigen weitere Mitarbeiter der Antragstellerin die Firmenfahrzeuge benutzt haben bzw. benutzt haben können. Es kann nämlich nicht unterstellt werden, dass die sechs Pkw lediglich aus steuerrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Gründen auf die GmbH zugelassen worden sind, obwohl sie in Wirklichkeit allein dem Geschäftsführer und seinen Angehörigen - dabei diesen allein zur privaten Nutzung - zur Verfügung gestanden haben. Auch in Ansehung eines ihm zustehenden Zeugnisverweigerungsrechts hätte der Geschäftsführer der Antragstellerin zumindest die in Betracht kommenden Firmenmitarbeiter, denen gegenüber ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht zur Seite stand, namhaft machen können und müssen

vgl. dazu Beschluss des Senats vom 5.4.2004 - 1 Q 54/03 -, Seite 4 des amtl. Ausdrucks.

Da die als Fahrzeugführer in Betracht kommenden Mitarbeiter vom Geschäftsführer der Antragstellerin gerade nicht namhaft gemacht wurden, waren weitergehende erfolgversprechende Ermittlungen nicht zu erwarten und von daher auch nicht zumutbar. Insbesondere bei der Frage der Zumutbarkeit war zudem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, der das im Ordnungswidrigkeitenrecht geltende Opportunitätsprinzip (§ 47 Abs. 1 OWiG) auch hinsichtlich der Art und des Umfangs der zu ergreifenden Verfolgungsmaßnahmen steuert

vgl. dazu Beschluss des Senats vom 5.4.2004 - 1 Q 54/03 -, Seite 5 des amtl. Ausdrucks unter Bezugnahme auf OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.3.1995 - 25 A 2798/93 -, NJW 1995, 3335 = VRS 90, 231.

Die von der Antragstellerin reklamierte, vorliegend unstreitig erheblich überschrittene „Zweiwochenfrist“, innerhalb der der Fahrzeughalter über den Verkehrsverstoß in Kenntnis zu setzen ist, damit es ihm mit Blick auf sein zeitlich begrenztes Erinnerungsvermögen möglich ist, diejenige Person festzustellen, die zum Tatzeitpunkt „sein“ Fahrzeug gefahren hat, steht der Auferlegung eines Fahrtenbuchs gemäß § 31 a Abs. 1 StVZO aus Kausalitätsgründen nicht entgegen. Denn der Geschäftsführer der Antragstellerin hat sich gerade nicht darauf berufen, dass er infolge der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr nachvollziehen könne, welcher Firmenmitarbeiter das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt benutzt hat. Vielmehr hat er sich - wie bereits erwähnt - unter Hinweis auf das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts generell geweigert, an der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers mitzuwirken. Ob ihm diese Mitwirkung aufgrund des Umstands, dass es sich bei der maßgeblichen Fahrt um eine Geschäftsfahrt oder auch Privatfahrt handelte, die den betreffenden Firmenmitarbeiter bzw. Privatfahrer in den Raum Passau führte, etwa auf der Grundlage von Geschäftsunterlagen auch noch nach einem längeren Zeitraum hätte möglich sein müssen, ist angesichts des erwähnten Aussageverhaltens des Geschäftsführers der Antragstellerin nicht entscheidungserheblich.

Zuletzt kollidiert das vom Geschäftsführer der Antragstellerin für sich in Anspruch genommene Aussageverweigerungsrecht nicht mit der Vorschrift des § 31 a StVZO, wobei entgegen der im erstinstanzlichen Beschluss vertretenen Ansicht eine Benennung der Person, von der das Aussageverweigerungsrecht (richtig: Zeugnisverweigerungsrecht) abgeleitet wird, nicht geboten ist. Allerdings muss der sich auf ein Aussage- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht berufende Fahrzeughalter sich darüber im Klaren sein, dass die Verweigerung der Aussage ihm als fehlende Mitwirkung bei der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers entgegengehalten werden kann. Denn ein doppeltes „Recht“, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Ein solches „Recht“ widerspräche dem Zweck des § 31 a StVZO, nämlich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu dienen

vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.6.1995 - 11 B 7.95 -, Buchholz 442.16 § 31 a StVZO Nr. 22 = ZfS 1995, 397 = DAR 1995, 459 = VRS 90, 70; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 7.12.1981 - 2 BvR 1172/81 -, NJW 1982, 568.

Da nach alldem die von der Antragstellerin gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ins Feld geführten Einwände eindeutig nicht durchgreifen, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit Ziffer 46.13 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit

Fassung 7/2004, abgedruckt u.a. in NVwZ 2004, 1327 ff..

Da die Beschwer der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nur noch sechs Fahrzeuge betrifft, für die ein Fahrtenbuch zu führen ist, reduziert sich der Streitwert in Anlehnung an die zutreffenden Berechnungsgrundlagen im erstinstanzlichen Beschluss auf den festgesetzten Betrag von 14.400 EUR (12 X 400 = 4.800 X 6 = 28.800 : 2)

Auf der Grundlage des vom Verwaltungsgericht zutreffend errechneten Streitwerts ist die Antragsgegnerin erstinstanzlich allerdings zu 1/3 unterlegen, so dass die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren von Amts wegen entsprechend abzuändern ist.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.


Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 27. März 2012 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 13. März 2012 wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 558.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der auf § 80 Abs. 5 i.V. mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gestützte Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 27. März 2012 gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 13. März 2012 für sofort vollziehbar erklärte Anordnung, für alle auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeuge ein Fahrtenbuch zu führen, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Insoweit ergibt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der Bescheid des Antragsgegners offensichtlich rechtswidrig ist. Unter diesen Umständen gebührt dem Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs Vorrang vor dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seines Bescheides. Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09. November 2005 – 6 VR 6.05 –, NVwZ 2006, 597; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. Mai 2006 – 10 B 10371/06.OVG –, NJW 2006, 2714; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage 2008, Rdnr. 967).

2

Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Fahrtenbuches ist § 31 a Abs. 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-OrdnungStVZO –. Danach kann einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs aufgegeben werden, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind zwar in tatbestandlicher Hinsicht gegeben (1). Allerdings hat der Antragsgegner das ihm zustehende Ermessen in Bezug auf den Umfang der Fahrtenbuchauflage nicht ordnungsgemäß ausgeübt (2), denn diese erweist sowohl hinsichtlich der Anzahl der Fahrzeuge, für die ein Fahrtenbuch zu führen ist als auch hinsichtlich der Dauer der Fahrtenbuchauflage als rechtsfehlerhaft.

3

(1) Zunächst ist die Anordnung des Führens eines Fahrtenbuches in tatbestandlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig sein dürfte, wurde mit dem auf die Antragstellerin zugelassenen Pkw Porsche mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX ZZZZ am 30. Juli 2011 auf der A 6 bei Sinsheim ein nicht unerheblicher Verkehrsverstoß – eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 39 km/h – begangen, der den Tatbestand einer Verkehrsordnungswidrigkeit erfüllt, die neben einem Bußgeld i.H. von 120,00 € (Ziffer 11.3.6 des Bußgeldkataloges) zum Eintrag von drei Punkten im Verkehrszentralregister führt (Ziffer 5.4 der Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung). Bereits ein erstmaliger unaufgeklärter, mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß reicht regelmäßig für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage aus, ohne dass es auf die Feststellung der näheren Umstände der Verkehrsordnungswidrigkeit ankommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 – 3 B 94.99 –, NZV 2000, 386 = juris [Rdnr. 2]; VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 18. Januar 2005   – 4 L 22/05.NW –, ESRIA).

4

Die Ermittlung des Fahrzeugführers bei Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit war auch i.S. von § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich, denn der Antragsgegner war nicht in der Lage, den Fahrzeugführer zu ermitteln, obwohl er alle angemessenen Maßnahmen ergriffen hat, insbesondere der Antragstellerin einen Zeugenfragebogen zugesandt und Vorortermittlungen von Polizeivollzugsbeamten veranlasst hat. Insbesondere ist das anlässlich der Geschwindigkeitsmessung gemachte Foto des Fahrzeugsführers (vgl. Bl. 66 der Verwaltungsakten) derart undeutlich, dass zur Überzeugung der Kammer nicht festzustellen war, ob es sich - wie von der Antragstellerin angegeben – um eine weibliche oder um eine männliche Person handelt.

5

(2) Allerdings begegnet die Ausübung des dem Antragsgegner bei der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31 a Abs. 1 StVZO zustehenden Ermessens erheblichen Bedenken. Insoweit ist aber zunächst nicht zu beanstanden, dass sich der Antragsgegner in Anbetracht des konkreten, mit drei Punkten im Verkehrszentralregister zu bewertenden Verkehrsverstoßes für die Auflage eines Fahrtenbuches entschieden hat (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995  – 11 C 12.94 –, BVerwGE 98, 227, 229). Rechtsfehlerhaft erweist sich die Ermessensausübung aber insoweit, als sich die Fahrtenbuchauflage auf sämtliche auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeuge (insgesamt 93) erstreckt (a) und einen Zeitraum von 30 Monaten umfasst (b).

6

(a) Die angegriffene Fahrtenbuchanordnung erweist sich bereits deshalb als ermessensfehlerhaft. Sie ist unverhältnismäßig, weil der Antragsgegner sie auf sämtliche auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeuge erstreckt hat. Zwar kann die Verwaltungsbehörde nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO die Führung eines Fahrtenbuchs auch für mehrere Fahrzeuge des Halters anordnen. Von diesem Grundsatz ausgehend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei mehreren unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstößen mit verschiedenen auf einen Halter zugelassenen Firmenfahrzeugen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage bezogen auf den gesamten Fahrzeugpark gerechtfertigt sein kann (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 2. November 2005  – 12 ME 315/05 –, DAR 2006, 167, 168 = juris [Rdnr. 6m.w.N.]).Unverhältnismäßig ist die Fahrtenbuchauflage aber dann, wenn die Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge des Halters gestützt wird, ohne dass die Behörde eine Prognose darüber angestellt hat, ob über das Fahrzeug, mit dem die der Fahrtenbuchauflage zugrunde liegende Verkehrszuwiderhandlung begangen wurde, hinaus Verkehrsverstöße mit (den) anderen Fahrzeugen des Halters ebenfalls nicht aufgeklärt werden können (vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 19. Mai 2011 – W 6 S 11.367 –, juris [Rdnr. 30]); VG Cottbus, Urteil vom 11. September 2007 – 2 K 1526/04 –, juris [Rdnr. 29]). Eine solche Anordnung stellt im Verhältnis zur Einzelanordnung für ein jeweiliges Tatfahrzeug eine erhebliche Erweiterung dar und bedarf deshalb einer ihre Auswirkungen auf den betroffenen Halter bzw. Fahrzeugführer berücksichtigenden Verhältnismäßigkeitsprüfung. Dies setzt voraus, dass die Behörde für ihre Entscheidung den Sachverhalt hinreichend aufklärt. Grundlage einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung ist es dabei, dass Art und Umfang des Fahrzeugsparks geklärt werden, um abschätzen zu können, ob Verkehrsverfehlungen mit anderen Fahrzeugen des Halters zu befürchten sind (vgl. VG Würzburg, a.a.O.).

7

Vorliegend hat es der Antragsgegner bereits unterlassen, Art und Umfang des Fahrzeugparks der Antragstellerin und damit die Tatsachen zu ermitteln, die die Grundlage für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung einschließlich der Beurteilung der Erforderlichkeit und Angemessenheit der streitigen Anordnung bilden. Schon aus dem Bescheid selbst ergeben sich bezüglich der Ausdehnung der Auflage auf alle Fahrzeuge der Antragstellerin keinerlei Erwägungen. Der Antragsgegner stellt dort zunächst lediglich allgemein die Voraussetzungen für die Anordnung eines Fahrtenbuches dar, ehe er unter Hinweis auf die von ihm herangezogenen Verkehrsverstöße ausführt, warum er in dem konkreten Fall eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 30 Monaten für gerechtfertigt hält. Ausführungen dazu, warum das Fahrtenbuch auf alle Fahrzeuge zu erstrecken war, fehlen in der Begründung völlig. Dies allein ist bereits ein Indiz auf fehlerhaften Ermessensgebrauch (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 8. Januar 2004 – 3 K 5347/03 –, juris [Rdnr. 7 m.w.N.]; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 114 Rdnr. 38 [m.w.N.]).

8

Dem Antragsgegner waren bei Erlass des Bescheides nicht alle maßgeblichen Tatsachen bekannt, die einer Ermessenentscheidung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Insbesondere hatte er keinerlei Ermittlungen zum Umfang des auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeugparks angestellt, obgleich ihm dies durch eine Halterabfrage ohne weiteres möglich gewesen wäre. Desgleichen fehlen Erhebungen darüber, in welchem Umfange in der Vergangenheit Verkehrszuwiderhandlungen mit Fahrzeugen der Antragstellerin begangen wurden und wie viele Verstöße nicht aufgeklärt werden konnten. Die in diesem Zusammenhang angeführten vier Verkehrsverstöße können schon deshalb nicht als taugliche Beurteilungsgrundlage herangezogen werden, weil sie zum Teil mehr als 10 Jahre zurückliegen und zwei dieser Verstöße (4. August 1998 und 27. März 2000) bereits Gegenstand einer früheren Fahrtenbuchauflage waren (vgl. hierzu auch Beschluss der Kammer vom 5. Mai 2003 – 3 L 358/03.MZ –). Hinsichtlich des dritten Verkehrsverstoßes – der ausgehend von der zuletzt begangenen Verkehrszuwiderhandlung mehr als vier Jahre zurückliegt – ist zu berücksichtigen, dass sich der Antragsgegner nach der im September 2007 erfolgten Anhörung mehr als drei Jahre Zeit gelassen hat, ehe er der Antragsgegnerin gegenüber im Januar 2011 eine Fahrtenbuchauflage angedroht hat. Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel daran, ob diese Verstöße eine dahingehende Prognose rechtfertigen, mit Fahrzeugen der Antragstellerin würden auch künftig Verkehrszuwiderhandlungen in einer Art und Weise begangen werden, die die Erstreckung einer Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge rechtfertigt.

9

Soweit der Antragsgegner einem Ermessensfehlgebrauch mit der Begründung entgegen tritt, es sei ihm nicht zuzumuten, innerbetriebliche Vorgänge aufzuspüren, denen die Geschäftsleitung weiter aus näher stehe, und es hätte an der Antragstellerin gelegen, spätestens im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Fahrtenbuchauflage auf die von ihr nunmehr im Antragsverfahren geltend gemachten Belange (Umfang des Fuhrparks und Standort der Fahrzeuge, Relation der Verkehrsverstöße insgesamt zu den nicht aufgeklärten Zuwiderhandlungen) hinzuweisen, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Insoweit ist nämlich festzuhalten, dass die Anhörung nach § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V. mit § 28 Abs. 1 VwVfG der Antragstellerin bereits fehlerhaft und unvollständig erfolgt ist. Aus dem Anhörungsschreiben vom 22. Februar 2012 ergibt sich mit keinem Wort, aus welchen Gründen außer dem dort angegebenen Verkehrsverstoß beabsichtigt ist, eine Fahrtenbuchauflage für alle auf die Antragstellerin zugelassenen Fahrzeuge anzuordnen. Bei dieser Sachlage konnte und musste die Antragstellerin nicht mit einer so umfassenden Verfügung rechnen. Es bestand für sie daher auch keine Veranlassung, das vorzutragen, was sie nunmehr im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens vorgetragen hat (vgl. insoweit im Einzelnen die Ausführungen im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. April 2012). Diese Gesichtspunkte wären vom Antragsgegner bei seiner Entscheidung darüber, die Fahrtenbuchauflage auf alle Fahrzeuge der Antragstellerin zu erstrecken, in die Abwägung mit einzustellen gewesen. Ihr Fehlen führt zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Fahrtenbuchanordnung.

10

Ist ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wegen Ermessensfehlgebrauchs bzw. –ausfalls – insbesondere aufgrund unzureichender Ermittlung des Sachverhaltes gegeben, so führt dies zur Rechtswidrigkeit der Fahrtenbuchanordnung insgesamt; das Verwaltungsgericht ist insoweit nicht befugt, die unverhältnismäßige Fahrtenbuchauflage selbst ermessensgerecht auf das „Tatfahrzeug“ zu begrenzen (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 24. November 2006    – Au 3 K 06.00526 –, juris [Rdnr. 29]).

11

(b) Ermessensfehlerhaft weil unverhältnismäßig erweist sich die angeordnete Fahrtenbuchauflage aber auch insoweit, als sie auf eine Dauer von 30 Monaten angelegt ist.

12

Ob die Dauer einer Fahrtenbuchauflage mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, ist mit Blick auf den Anlass der Anordnung und den mit ihr verfolgten Zweck unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Als Kriterium für ihre zeitliche Bemessung ist vor diesem Hintergrund vor allem das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung heranzuziehen. Bei der Festlegung der Dauer einer Fahrtenbuchauflage wird daneben das Verhalten zu würdigen sein, das der Fahrzeughalter im Zusammenhang mit den Bemühungen der Behörde an den Tag gelegt hat, eine mit seinem Kraftfahrzeug begangene Verkehrszuwiderhandlung aufzuklären. Denn je mehr sich ein Fahrzeughalter darum bemüht, zu der Tataufklärung beizutragen, desto weniger wird unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr Anlass bestehen, ihn hierzu für künftige Fälle durch eine Fahrtenbuchauflage anzuhalten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 30. August 2011 – 11 CS 11.1548 –, juris [Rdnr. 31]).

13

Durch die Fahrtenbuchauflage soll der Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Um dies effektiv zu erreichen, ist eine gewisse Dauer der Führung des Fahrtenbuches erforderlich. Nach der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung ist für die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage und für die Einstufung der Schwere eines Verkehrsverstoßes auf das Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zurückzugreifen und die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12.94 –, NJW 1995, 2866 = juris [Rdnrn. 10 f.; Beschluss vom 9. September 1999 – 3 B 94.99 –, NZV 2000, 386 = juris [Rdnr. 2]).

14

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Verhängung eines Fahrtenbuches für die Dauer von 30 Monaten als unverhältnismäßig. Insoweit ist zunächst allerdings nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner im Sinne einer einheitlichen Verwaltungspraxis eine „Richtlinie“ entwickelt hat, in der er ausgehend von der oben dargestellten Rechtsprechung und dem Punktesystem in der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) – gegebenenfalls in Verbindung mit einem verhängten Fahrverbot – die Dauer einer Fahrtenbuchauflage gleichsam schematisch erfasst hat. Allerdings ist auch unter Zugrundelegung dieser „Richtlinie“ - deren Rechtmäßigkeit in der Ausgestaltung einmal vorausgesetzt – die Dauer der Fahrtenbuchauflage mit 30 Monaten unverhältnismäßig. Nach dieser „Richtlinie“ setzt ein Fahrtenbuch mit einer Dauer von 30 Monaten voraus, dass – im Wiederholungsfall – unaufgeklärte Verkehrsverstöße begangen wurden, die in der Addition nach dem Punktesystem zu 5 oder mehr Punkten führen. Hiervon ausgehend erklärt sich die Dauer der verhängten Fahrtenbuchauflage nur dadurch, dass der Antragsgegner bei der Ermittlung nicht nur die Verkehrsverstöße vom Juli 2011 und März 2007, sondern auch mindestens einen der über 10 Jahre zurückliegenden Verkehrsverstöße mit einbezogen hat. Diese können aber – wie oben bereits dargelegt – nicht mehr als taugliche Beurteilungsgrundlage herangezogen werden, weil insoweit ein Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Fahrtenbuchauflage wegen der erheblichen Zeitspanne nicht mehr hergestellt werden kann. Ob darüber hinaus auch der Verkehrsverstoß vom März 2007 – der im Übrigen als Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 StVG im Zeitpunkt des Verstoßes vom Juli 2011 bereits aus dem Verkehrszentralregister getilgt wäre – herangezogen werden darf, erscheint im Hinblick auf das hierbei gezeigte zögerliche Handeln des Antragsgegners zumindest zweifelhaft, braucht aber vorliegend nicht entschieden zu werden, denn jedenfalls stellen die Verkehrsverstöße vom März 2007 und Juli 2011 Verkehrsordnungswidrigkeiten dar, die in der Addition – diese einmal als zulässig angesehen – zu insgesamt 4 Punkten nach Maßgabe des Punktesystem der Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung führen. Dies würde jedoch auch nach dem System des Antragsgegners allenfalls eine Dauer der Fahrtenbuchauflage von 18 Monaten rechtfertigen. Insoweit hat der Antragsgegner unter Berücksichtigung seiner eigenen ermessenslenkenden Vorgaben sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

16

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V. mit Ziffern 1.5 und 46.13 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.). Die sich aus dem Antrag ergebende wirtschaftliche Bedeutung der Sache für die Antragstellerin ist in Anlehnung an den für die Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalog hinsichtlich der Anordnung eines Fahrtenbuches mit 400 Euro je angeordneten Monat für jedes Fahrzeug – im Eilverfahren auf die Hälfte reduziert – angemessen bewertet. Dies ergibt bei einer Fahrtenbuchauflage für einen Fahrzeugbestand von 93 Fahrzeugen bei einer angeordneten Dauer einen Betrag von 558.000,00 €. Dieser Betrag ist nicht mit Blick darauf zu reduzieren, weil mehrere Fahrzeuge von der Fahrtenbuchauflage betroffen sind. In der Rechtsprechung wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, dass für die auf die ersten zehn Fahrzeuge folgenden Fahrzeuge, gestaffelt nach Zehnergruppen, ein Abschlag in Höhe der Hälfte des für die jeweils vorhergehende Zehnergruppe anzusetzenden Betrages zu veranschlagen ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. September 1997 – 25 A 4812/96 –, NJW 1996, 2305, 2306 = juris [Rdnr. 9]). Diese Rechtsprechung wird aber schon nicht von allen Gerichten bei der Festsetzung des Streitwerts angewandt (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 17. Januar 2000 – 9 V 16/99 –, juris [Rdnr. 17. ff.]; VG Cottbus, a.a.O. Rdnr. 45). Für eine Reduzierung des Streitwerts in Form eines „Mengenrabatts“ besteht auch keine Veranlassung. Die Kammer orientiert sich aus Gründen der Vorhersehbarkeit der Streitwertfestsetzung und Gleichbehandlung regelmäßig an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs, der einen solchen „Mengenrabatt“ nicht vorsieht. Im Rahmen der im Juli 2004 vorgenommenen Änderungen des Streitwertkatalogs, denen eine Umfrage zur Streitwertpraxis bei den Oberverwaltungsgerichten und Verwaltungsgerichtshöfen voranging (vgl. Ziffer 2 Satz 3 der Vorbemerkung zum Streitwertkatalog 2004), ist die genannte Rechtsprechung auch nicht in den Streitwertkatalog aufgenommen worden. Für die Bemessung des Streitwerts ist zuvörderst die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin maßgeblich (§ 52 Abs. 1 GKG). Dass die Antragstellerin für jedes der 93 Fahrzeuge ein Fahrtenbuch zu führen hat, bedeutet für sie -bezogen auf jedes einzelne Fahrzeug und zu führende Fahrtenbuch- aber keine geringere Belastung, als wenn ein Fahrtenbuch nur für ein einzelnes oder wenige Fahrzeuge zu führen wäre. Auch bei mehreren Fahrzeugen hat sie dafür Sorge zu tragen, dass in jedem Fahrtenbuch alle erforderlichen Eintragungen vorgenommen werden. Der damit verbundene Aufwand wird nicht allein dadurch geringer, dass sie dies mehrfach zu bewerkstelligen hat.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.