Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 08. Sept. 2016 - 1 L 24/16
Gründe
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1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 5. Kammer - vom 3. November 2015 hat keinen Erfolg.
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a) Die vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.
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„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und unter anderem konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris Rn. 3 m. w. N.). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).
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Unter anderem im Hinblick auf die vom Kläger in der Zeit vom 18. Juli bis zum 26. August 2005 absolvierte Spezialgrundausbildung Kraftfahrer der Klassen B und CE macht die Zulassungsschrift geltend, es fehle an einer hinreichenden Ermittlung der der Beklagten tatsächlich entstandenen Ausbildungskosten. Damit werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Urteilsergebnisses geweckt. Es trifft zwar zu, dass die Höhe des Erstattungsanspruchs gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 SG auf die Höhe der entstandenen Ausbildungskosten begrenzt ist. Das Verwaltungsgericht hat jedoch im Einzelnen - insbesondere unter Würdigung einer von der Beklagten vorgelegten und detailliert erläuterten Hilfsberechnung für eine gleichgelagerte Ausbildung - begründet, warum es die Bemessung der gegenüber dem Kläger in Ansatz gebrachten unmittelbaren Ausbildungskosten für rechtlich bedenkenfrei, d.h. jedenfalls nicht für überhöht hält. Der Kläger legt demgegenüber nicht substantiiert dar, aus welchen sachlichen Erwägungen sich dieser Kostenansatz als ungerechtfertigt darstellen soll. Worauf sich der von ihm geäußerte „Verdacht“ stützt, „dass Kosten eingerechnet worden sind, die nicht Kosten der Ausbildung […] sind“, erschließt sich nicht. Dass für den konkreten Lehrgang, den der Kläger absolviert hat, keine Berechnungen mehr vorhanden sind, so dass eine Plausibilisierung lediglich anhand von - allerdings „rügefähigen“ - Vergleichsdaten erfolgen kann, lässt das Vorgehen der Beklagten nicht als rechtswidrig erscheinen. Auch sonst gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Erstattungsforderung die entstandenen Ausbildungskosten überschreiten würde.
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Soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass die Beklagte zur Ermittlung der sog. Abdienquote auch bei einer - wie es hier teilweise der Fall war - verhältnismäßig kurzen Ausbildungsdauer auf das Dienstzeitende als Bezugsgröße abgestellt hat, setzt er sich nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, das eine solche einheitliche Quotenberechnung - ohne Berücksichtigung einer „Kappungsgrenze“ - als durch das in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG dem Dienstherrn eingeräumte Ermessen gedeckt angesehen hat. Der Kläger hält dieser näher begründeten Rechtsauffassung lediglich die gegenteilige Wertung entgegen, dass er sein Wissen als Lkw-Fahrer bzw. als Bediener eines Fahrzeugkrans „der Beklagten hinreichend lange zur Verfügung gestellt“ habe, ohne dass hierdurch eine Ermessensfehlerhaftigkeit der getroffenen Härtefallentscheidung plausibel gemacht würde. Das Gleiche gilt für die Behauptung, die Anwendung eines Multiplikators von 0,75 für das erste Drittel der Bleibeverpflichtung sei rechtswidrig, weil sich das Wissen und Können bei Abschluss der Ausbildung auf dem Höchststand befinde. Weshalb der Beklagte mit Blick auf den Zweck der Ermessensermächtigung gehindert sein sollte, die Staffelung der in der Rede stehenden Multiplikatoren (0,75 für das erste, 1,05 für das zweite und 1,2 für das letzte Drittel) bei statthafter Typisierung und Pauschalisierung an der wachsenden Berufspraxis und zunehmenden Berufserfahrung der Soldaten auszurichten, wird vom Kläger nicht dargelegt (vgl. zur Zulässigkeit der progressiven Faktoren OVG SH, Urteil vom 10. März 2016 - 2 LB 13/15 -, juris Rn. 33; OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 - 1 A 930/14 -, juris Rn. 28 ff., und vom 20. Juli 2016 - 1 A 2104/14 - juris Rn. 82 f., jew. m. w. N.).
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Ohne Erfolg beruft sich der Kläger weiter darauf, dass die Ausbildungskosten bei einer fiktiven Ausbildung außerhalb der Bundeswehr von Dritten (Bundesagentur für Arbeit, Arbeitgeber) getragen worden wären. Dem hat das Verwaltungsgericht zutreffend entgegenhalten, dass es sich um eine rein hypothetische Annahme handele, mit der nicht in Zweifel gezogen werden könne, dass der Kläger durch die absolvierte Ausbildung Aufwendungen erspart habe; schon daher ist die Erstattungsforderung auch nicht um den Betrag zu vermindern, den der Kläger als fiktive Ausbildungsvergütung in der dualen betrieblichen Berufsausbildung für die Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker erhalten hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2015 - 2 C 40.13 -, juris Rn. 21 ff., 25). Ebenso hypothetisch bleibt die Annahme, der Kläger hätte die Fahrausbildung im zivilen Bereich innerhalb eines bloß vierzehntägigen Intensivkurses erworben, mit der Folge, dass er Lebenshaltungskosten nicht für die gesamte tatsächliche Ausbildungsdauer erspart habe. Im Übrigen zeigt die Zulassungsschrift nicht auf, dass sich bei der von der Beklagten angestellten Günstigkeitsbetrachtung durch die geforderte Reduzierung der Lebenshaltungskostenersparnis ein geringerer Erstattungsbetrag ergäbe.
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Der Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts, der Beklagte sei nicht verpflichtet, die Abdienquote zusätzlich auf die fiktiven Ausbildungskosten anzurechnen, begegnet gleichfalls keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln. Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich insoweit in der wörtlichen Wiederholung seiner erstinstanzlichen Klagebegründung und ist, da es mit keinem Wort auf die diesbezügliche Argumentation des Verwaltungsgerichts eingeht, nicht geeignet, den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzulegen. Auch der Hinweis, die Fahrerlaubnis der Klasse CE sei für den Kläger nach Maßgabe der §§ 2 und 4 BKrFQG allein nicht wirtschaftlich nutzbar, vermag nicht zu überzeugen. Auf eine „alleinige“ wirtschaftliche Nutzbarkeit der Ausbildung - oder das Bestehen eines entsprechenden Verwendungswillens - kommt es nicht an; es genügt vielmehr, dass der ehemalige Soldat Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, die ihm in seinem weiteren Berufsleben von Nutzen sein können (vgl. zur Pilotenausbildung BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 -, juris Rn. 21; s. ferner BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - 6 C 3.81 -, juris Rn. 30 f.; HambOVG, Beschluss vom 21. Juni 2013 - 1 Bf 239/12.Z -, juris Rn. 15; ThürOVG, Urteil vom 12. November 2015 - 2 KO 171/15 -, juris Rn. 27). Vor diesem Hintergrund macht der Kläger auch nicht mit der erforderlichen inhaltlichen Substanz deutlich, inwiefern ihm aus der Ausbildung zum Bediener eines Fahrzeugkrans entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts kein beruflicher Vorteil „real und nachprüfbar“ verblieben sein soll. Dass es sich bei dem besagten Fahrzeugkran um eine „geländegängige Pioniermaschine in Form eines LKW mit aufgesetztem Kran“ handelt, lässt eine derartige Schlussfolgerung nicht zu. Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass solche Fahrzeugkräne - wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat - zumindest im Bereich von Abschleppdiensten und Abschleppunternehmen Verwendung finden. Unter dieser mithin nicht zulassungsbegründend in Frage gestellten Prämisse liegt es indes auf der Hand, dass der Kläger aus der Ausbildung einen „real und nachprüfbar“ verbliebenen Vorteil gezogen hat.
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Fehl geht schließlich auch der Vorwurf, indem das Verwaltungsgericht die Aufhebung des angefochtenen Bescheids auf die festgesetzte Zinspflicht beschränkt und keine Gesamtaufhebung ausgesprochen habe, habe es sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Behörde gesetzt. Letzteres setzte die konkrete Möglichkeit voraus, dass bei Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Höhe der Stundungszinsen auch im Übrigen eine anderslautende Härtefallentscheidung ergangen wäre (vgl. zur Teilaufhebung von Ermessensverwaltungsakten Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL Februar 2016, § 113 Rn. 33 m. w. N.). Das erscheint angesichts der Steuerung der Erstattungsberechnung durch Verwaltungsvorschriften sowie der eher untergeordneten Bedeutung der Zinsentscheidung ausgeschlossen; auch der Kläger benennt keine Gesichtspunkte, die in diese Richtung weisen. Die von ihm angeführten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteile vom 20. April 2015 - 1 A 1242/12 - und vom 24. Februar 2016 - 1 A 10/14 -, beide veröffentlicht in juris) hatte anders gelagerte Fallkonstellationen zum Gegenstand.
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b) Die Berufung ist zudem nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen.
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Eine Abweichung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht in einer Rechts- oder Tatsachenfrage anderer Auffassung ist, als sie eines der in der Vorschrift genannten Gerichte vertreten hat, also seiner Entscheidung einen (entscheidungserheblichen) abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz zugrunde gelegt hat, der mit dem in der Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1984 - 1 B 13.84 -, ZfSH/SGB 1985, 282). Eine nur unrichtige Anwendung eines in obergerichtlicher bzw. höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten und vom Tatsachengericht nicht in Frage gestellten Rechts- oder Tatsachengrundsatzes stellt hingegen keine Abweichung im Sinne des Zulassungsrechts dar; insbesondere kann eine Divergenzrüge nicht gegen eine rein einzelfallbezogene rechtliche oder tatsächliche Würdigung erhoben werden (s. OVG LSA, Beschluss vom 24. Januar 2005 - 3 L 319/02 -; vgl. zum Revisionszulassungsrecht BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 1990 - 5 ER 625.90 -, Buchholz 310 VwGO § 132 Nr. 294, und vom 12. Dezember 1991 - 5 B 68.91 -, Buchholz 310 VwGO § 132 Nr. 302). Gleiches gilt, wenn das Verwaltungsgericht aus nicht (ausdrücklich) bestrittenen Rechtssätzen nicht die gebotenen (Schluss-) Folgerungen zieht, etwa den Sachverhalt nicht in dem hiernach erforderlichen Umfang aufklärt und damit unbewusst von der divergenzfähigen Entscheidung abgewichen ist (OVG LSA, Beschluss vom 24. Januar 2005, a. a. O. m. w. N.). Das Darlegungserfordernis gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 4, 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO verlangt daher - bezogen auf die Divergenzrüge -, dass die sich widersprechenden Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen des verwaltungsgerichtlichen Urteils einerseits und der Entscheidung des übergeordneten Gerichts andererseits im Zulassungsantrag aufgezeigt und gegenübergestellt werden (OVG LSA, Beschluss vom 24. Januar 2005, a. a. O.; vgl. zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO BVerwG, Beschlüsse vom 21. Januar 1994 - 11 B 116.93 -, Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 22, und vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 -, NVwZ-RR 1996, 712). Diese Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. Beschluss vom 20. Dezember 1995, a. a. O.) zur ordnungsgemäßen Erhebung der Divergenzrüge unverzichtbar. Für die ordnungsgemäße Darlegung einer Divergenzrüge ist es somit nicht ausreichend, wenn sich die Antragsschrift lediglich darauf beschränkt, geltend zu machen, das Verwaltungsgericht habe aus der divergenzfähigen Rechtsprechung nicht die gebotenen Schlüsse gezogen oder sei bei der einzelfallbezogenen Tatsachenfeststellung und -würdigung zu einem anderen Ergebnis gelangt als die in Bezug genommene obergerichtliche bzw. höchstrichterliche Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen (OVG LSA, Beschluss vom 24. Januar 2005, a. a. O.; vgl. zudem BVerwG, Beschlüsse vom 17. Januar 1995 - 6 B 39.94 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342, und vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328).
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Zwar bedarf es in der angefochtenen Entscheidung nicht notwendigerweise einer ausdrücklichen Divergenz, sofern das Verwaltungsgericht zumindest auf der Grundlage eines bestehenden „prinzipiellen Auffassungsunterschieds“ hinreichend erkennbar einen fallübergreifenden (abstrakten) Rechtssatz gebildet hat, der objektiv von der Rechtsprechung des Divergenzgerichts abweicht (OVG LSA, Beschluss vom 24. Januar 2005, a. a. O. m. w. N.). Eine solche Annahme ist allerdings nur dann berechtigt, wenn die Entscheidungsgründe dies ohne weitere Sachaufklärung unmittelbar und hinreichend deutlich - durch „stillschweigendes Aufstellen“ - erkennen lassen (OVG LSA, Beschluss vom 24. Januar 2005, a. a. O. m. w. N.; vgl. zudem BVerwG, Beschlüsse vom 7. März 1975 - VI CB 47.74 -, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 13, und vom 18. August 1982 - 6 PB 3.81 -, Buchholz 238.38 § 114 Nr. 1). Mithin muss sich ein nicht ausdrücklich formulierter divergenzfähiger Rechtssatz des Verwaltungsgerichts als abstrakte Grundlage der Entscheidung eindeutig und frei von vernünftigen Zweifeln aus den Entscheidungsgründen selbst ergeben und klar formulieren lassen. Hingegen reicht es wegen der für die Divergenzrüge unerheblichen Möglichkeit einer bloßen fehlerhaften einzelfallbezogenen Rechtsanwendung nicht aus, wenn sich der abweichende abstrakte Rechtssatz nur durch eine interpretierende Analyse der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung herleiten lässt (vgl. zum Vorstehenden insgesamt OVG LSA, Beschlüsse vom 18. September 2012 - 1 L 89/12 -, juris Rn. 14 f., vom 14. Januar 2014 - 1 L 134/13 -, juris Rn. 23, und vom 4. November 2015 - 3 L 315/13 -, juris Rn. 38 ff.).
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Der Kläger meint, die angefochtene Entscheidung weiche von dem im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 2006 (a. a. O. Rn. 15) aufgestellten Rechtssatz ab, demzufolge § 56 Abs. 4 Satz 3 SG dahin auszulegen ist, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer die Kosten ihrer Ausbildung nur im Umfang des geldwerten Vorteils erstatten müssen, der ihnen aus der genossenen Fachausbildung für ihr weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben ist. Das trifft nicht zu. Denn das Verwaltungsgericht hat weder ausdrücklich noch „stillschweigend“ einen Rechtssatz gebildet, der objektiv von der bezeichneten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht, sondern sich diese durch zitierende Wiedergabe sogar explizit zu eigen gemacht. Soweit es ausgeführt hat, bei der Vorteilsabschöpfung nach § 56 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Satz 3 SG komme es allein darauf an, ob die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten „theoretisch“ im zivilen Berufsleben eingesetzt werden könnten, ist weder ersichtlich noch dargelegt, inwiefern die mit dieser Formulierung umschriebene Möglichkeit der zivilberuflichen Nutzung der als Soldat absolvierten Ausbildung nicht genügen soll, um einen „real und nachprüfbar“ verbliebenen Vorteil zu begründen. Dem Urteil vom 30. März 2006 (a. a. O. Rn. 21) ist - wie bereits erwähnt - in seinem Gesamtzusammenhang vielmehr zu entnehmen, dass vom Gegenteil auszugehen ist.
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Soweit der Kläger die Divergenzrüge überdies darauf stützt, dass sich das Verwaltungsgericht durch die Teilaufhebung des angefochtenen Bescheids in Widerspruch zu den Urteilen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2015 (a. a. O.) und vom 24. Februar 2016 (a. a. O.) gesetzt habe, verkennt er zum einen, dass dieses Gericht nicht als Divergenzgericht unter die enumerative Aufzählung in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO fällt (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 18. September 2012 - 1 L 89/12 -, juris Rn. 16). Zum anderen werden auch keine vermeintlich divergierenden abstrakten Rechtssätze der in Bezug genommenen Entscheidungen konkret herausgearbeitet und einander präzise gegenübergestellt. Eine Kritik an der Rechtsanwendung im Einzelfall, wie sie der Kläger der Sache nach übt, entspricht weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge. Davon abgesehen ist in den angesprochenen obergerichtlichen Urteilen - anders als vorliegend - nicht (lediglich) die erhobene Zinshöhe für rechtswidrig erachtet worden.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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3. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 40, 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 124a Abs. 5 Satz 4, § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 08. Sept. 2016 - 1 L 24/16
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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 08. Sept. 2016 - 1 L 24/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 12. Kammer - vom 4. Dezember 2014 geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Bescheid vom 21. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2012 wird insoweit aufgehoben, als darin ein höherer Erstattungsbetrag als 98.772,27 € festgesetzt worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der 1978 geborene Kläger, der vorzeitig aus der Bundeswehr ausgeschieden ist, wendet sich gegen die Rückforderung von Ausbildungsgeld und Fachausbildungskosten.
- 2
Er wurde am 1. Juli 1997 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in die Bundeswehr eingestellt und am 3. Juli 1997 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Aufgrund seiner Verpflichtungserklärung vom 8. Januar 1997 betrug die Verpflichtungszeit 16 Jahre. Bei Abgabe der Erklärung wurde er über die Erstattungsbestimmungen des § 56 Soldatengesetz (SG) belehrt. Von April 1998 bis Juli 2004 studierte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst Humanmedizin. Nach anschließender Ausbildung als Arzt im Praktikum am Bundeswehrkrankenhaus ... erhielt er am 1. Oktober 2004 die Approbation als Arzt. Am 22. Oktober 2004 wurde er zum Stabsarzt ernannt. Am 18. November 2004 wurde die Dienstzeit auf die volle Verpflichtungszeit mit Dienstzeitende 30. Juni 2013 festgesetzt. In der Zeit von Oktober 2004 bis 2007 absolvierte der Kläger verschiedene Fachausbildungen während des Klinischen Weiterbildungsabschnitts Neurologie/Psychiatrie und einen Sonderlehrgang „Tauch- und Überdruckmedizin“ sowie ein intensivmedizinisches Praktikum.
- 3
Mit Urkunde des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein Campus ... wurde der Kläger mit Wirkung vom 15. Mai 2008 zum Akademischen Rat unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit ernannt und schied zugleich aus dem Soldatenverhältnis aus.
- 4
Mit Leistungsbescheid vom 21. Juni 2010 setzte das Personalamt der Bundeswehr einen Erstattungsbetrag in Höhe von 99.304,58 Euro für gewährtes Ausbildungsgeld sowie die im Rahmen der ärztlichen Aus- und Weiterbildungen entstandenen Fachausbildungskosten fest. Zugleich gewährte es eine verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen in Höhe von monatlich 65,-- Euro und erhob Stundungszinsen in Höhe von jährlich 4 Prozent. Auf Grundlage der Härteklausel wurde wegen abgedienter Zeit auf einen Teilbetrag verzichtet (Reduzierung des Ausbildungsgeldes um 22,07 Prozent in Höhe von 26.699,39 Euro und bezüglich der unmittelbaren Fachausbildungskosten Reduzierung um 22,07 Prozent bzw. 21,37 Prozent in Höhe von insgesamt 1.125,13 Euro).
- 5
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies das Personalamt der Bundeswehr mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2012 zurück und setzte die monatliche Teilzahlungsrate auf 460,-- Euro fest. Dabei berücksichtigte es mangels Angaben des Klägers ein geschätztes Nettoeinkommen sowie das ihm gewährte Elterngeld.
- 6
Mit der am 16. Januar 2013 erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, die Rückforderung der Ausbildungskosten stelle eine akute Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz sowie der seiner Familie und somit eine besondere Härte dar. Er werde die Ausbildungskosten aller Wahrscheinlichkeit nach bis zu seiner Verrentung nicht erstatten können. Die Beklagte habe von dem ihr in einem Härtefall eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht.
- 7
Der Kläger hat beantragt,
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den Leistungsbescheid der Beklagten vom 21. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2012 aufzuheben.
- 9
Die Beklagte hat beantragt,
- 10
die Klage abzuweisen.
- 11
Ergänzend zu ihren Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden hat sie vorgetragen, die grundsätzliche Anwendbarkeit und Gültigkeit der „Abdienregelung" in Bezug auf Humanmediziner und die zugrunde gelegte Berechnungsweise der „Abdienzeiten" seien nicht zu beanstanden.
- 12
Mit Urteil vom 4. Dezember 2014 hat die Einzelrichterin der 12. Kammer des Verwaltungsgerichts der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Erstattung des dem Kläger während des Studiums gewährten Ausbildungsgeldes und der der Beklagten im Anschluss daran entstandenen Fachausbildungskosten seien gemäß § 56 Abs. 4 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz - SG), und zwar gemäß §97 Abs. 1 SG (i.d.F. vom 30.5.2005, BGBl. I S. 1482) i.d.F. vom 24. Februar 1983 (BGBl. I S. 179) gegeben. Die Erstattungsregelung sei auch mit Art. 12, 33 und 3 GG vereinbar. Die Beklagte habe jedoch ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, weil das praktizierte Modell zur Berechnung der sogenannten „Abdienquote" bei Anwendung der Härtefallregelung rechtswidrig sei. Nicht gerechtfertigt sei, den Zeitraum der Bleibeverpflichtung - wie bei der Ausbildung zu Piloten - nicht linear, sondern nach verschiedenen Dritteln unterschiedlich gewichtet zu bewerten. Außerdem hätte die zu berücksichtigende „Abdienzeit" nicht erst mit der Ernennung des Klägers zum Stabsarzt beginnen dürfen, sondern bereits mit der Erteilung der Approbation.
- 13
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 27. März 2015 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zugelassen.
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Zur Begründung ihrer Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, sie habe das ihr im Rahmen der gemäß § 56 Abs. 4 Satz 3 SG vorzunehmenden Härtefallprüfung eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Soweit nach dem Abschluss des Studiums oder der Fachausbildung eine Dienstleistung erbracht worden sei, werde der Teilverzicht aus dem Verhältnis der erbrachten Dienstleistung vor dem Ausscheiden zur Dauer der Bleibeverpflichtung unter Berücksichtigung eines progressiven Faktors gebildet. Diese Vorgehensweise sei sachgerecht und nicht willkürlich. Der Faktorisierung liege zugrunde, dass die Dienstleistung des Soldaten unmittelbar nach Abschluss des Studiums oder der Fachausbildung den geringsten Mehrwert für sie - die Beklagte - habe, der Mehrwert jedoch mit zunehmender Berufserfahrung des Soldaten stetig ansteige. Darüber hinaus werde durch die Anwendung eines progressiven Faktors dem Personalplanungsinteresse des Dienstherrn, z.B. lange Vakanzen bestmöglich zu vermeiden, genüge getan. Weiterhin trage eine Faktorisierung und daraus folgende anfänglich höhere Rückzahlungsverpflichtungen ganz entscheidend dazu bei, den Regelungszweck des § 56 Abs. 4 SG zu verwirklichen - nämlich zum einen eine gewisse Abschreckungswirkung zu entfalten und zum anderen einen gerechten Interessenausgleich zwischen dem Dienstherrn und dem ehemaligen Soldaten zu schaffen. Ferner folge aus § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, dass es einer besonderen Härte, also eines Härtefalls bedürfe, welcher über die üblicherweise mit der Rückforderung von Ausbildungskosten verbundene Rückzahlungslast hinausgehe. Die Verwaltung habe im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens, insbesondere aufgrund der ermessensleitenden einschlägigen Verwaltungsvorschriften, Fallgruppen herausgebildet, welche zu einer Reduzierung des Rückforderungsbetrags führten. Hierzu gehöre auch die Fallgruppe der sogenannten „Abdienzeit“.
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Das Verwaltungsgericht habe jedoch zu Recht angemerkt, dass die sogenannte „Abdienzeit“ bereits mit der Approbation am 1. Oktober 2004 und nicht erst mit der Ernennung zum Stabsarzt am 22. Oktober 2004 begonnen habe. Unter Berücksichtigung des veränderten Beginns der „Abdienzeit“ sei der angegriffene Bescheid aber rechtmäßig, soweit er einen Betrag von 98.772,27 Euro nicht übersteige.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts abzuändern, soweit der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 21. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2012 einen Rückerstattungsbetrag in Höhe von 98.772,27 Euro betrifft, und die Klage insoweit abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er vertritt die Auffassung, der angefochtene Bescheid sei wegen der nicht linearen Abdienquote und der zu Unrecht festgestellten Hemmung der zu berücksichtigenden Stehzeiten im Rahmen der durchgeführten Fachausbildungen ermessensfehlerhaft. Die der Bemessung des Rückforderungsbetrags zugrunde gelegten internen Dienstvorschriften bezögen sich allein auf die noch erheblich teurere und vergleichsweise kurze Ausbildung von Piloten. Die Übertragung auf Humanmediziner sei ermessensfehlerhaft. Denn nicht nur die Höhe der Ausbildungskosten, sondern auch die „Nutzbarkeit“ von Medizinern und Piloten sei in keiner Weise vergleichbar. Sobald ein Mediziner die universitäre und praktische Ausbildung abgeschlossen habe, sei er im Gegensatz zu Kampfpiloten vollumfänglich einsatzfähig und steigere durch seinen wachsenden Erfahrungsschatz seine Verwendungsbreite und auch den Nutzen für die Bundeswehr. Dagegen könne ein Kampfpilot erst, wenn er einen gewissen Erfahrungsschatz erworben habe, überhaupt eingesetzt werden. Aufgrund der erheblichen körperlichen Beanspruchung könne der Einsatz von Piloten insgesamt nur über einen kurzen Zeitraum erfolgen. Die erhebliche körperliche Beanspruchung von Piloten bedinge zudem häufig ein frühes, gesundheitsbedingtes Ausscheiden. Alterserscheinungen spielten bei dem Einsatz von Medizinern nahezu keine Rolle. Mit zunehmender Dienstzeit des Mediziners wachse vielmehr stetig sein Erfahrungsschatz. Darüber hinaus sei nicht gerechtfertigt, die Zeiten der Ausbildung zum Facharzt nicht als effektive Stehzeiten zu berücksichtigen; denn ab dem Zeitpunkt der Approbation habe die Ausübung des Arztberufs im Vordergrund gestanden. Er - der Kläger- sei lediglich im Zeitraum 2. April 1998 bis 12. Juli 2004 vom militärischen Dienst zum Zwecke des Studiums der Humanmedizin beurlaubt gewesen. Ab dem 13. Juli 2004 habe er seine Arbeitskraft uneingeschränkt im Rahmen seiner Tätigkeit als Arzt - auch während der Ausbildung zum Facharzt - seinem Dienstherrn zur Verfügung gestellt. Zudem habe der hier einschlägige § 56 Abs. 4 SG a.F. keinen Sanktionscharakter, um einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Bundeswehr entgegenzuwirken, sondern bezwecke ausschließlich, denjenigen Vorteil auszugleichen, den der Soldat durch die besondere Ausbildung bei der Bundeswehr erhalten habe. Dementsprechend seien im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht nur vermögensrechtliche Aspekte zu berücksichtigen - d.h. nicht nur die durch das vorzeitige Ausscheiden bedingten Nachteile für die Beklagte -, sondern auch die Vorteile, die die Beklagte durch die zwischenzeitliche Dienstleistung als Arzt erlangt habe. Bezüglich der Rückerstattung des Ausbildungsgeldes dürfe nur die Nettoauszahlung berücksichtigt werden, weil er - der Kläger - wegen der bereits eingetretenen Festsetzungsverjährung keinen Anspruch auf Erstattung der im Rahmen des Ausbildungsgeldes verauslagten Steuer habe. Schließlich sei der Leistungsbescheid wegen der latenten Gefahr der Herbeiführung einer wirtschaftlichen Notlage rechtswidrig. Dieser Umstand hätte bei der Ermessensausübung berücksichtigt werden müssen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung, die lediglich auf einen Teilbetrag der Erstattungsforderung beschränkt eingelegt worden ist, ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Leistungsbescheid vom 21. Juni 2010 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2012 zu Unrecht in Gänze aufgehoben; denn der angefochtene Bescheid ist in Höhe eines Rückforderungsbetrags von 98.772,27 Euro rechtmäßig und verletzt den Kläger insoweit nicht in seinen Rechten.
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Rechtsgrundlage für die Erstattung des dem Kläger während des Studiums gewährten Ausbildungsgeldes ist § 56 Abs. 4 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz - SG -) und zwar gemäß § 97 Abs. 1 SG (i.d.F. vom 30. Mai 2005, BGBl. I S. 1482) in der Fassung vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1737) (vgl. zum anwendbaren Recht: Hucul in: Walz/Eichen/Sohm, SG, 2. Aufl. 2010, §97 Rn. 6). Gemäß §97 Abs. 1 SG i.d.F. vom 30. Mai 2005 sind auf Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) ein Studium oder eine Fachausbildung begonnen haben, § 49 Abs. 4 und § 56 Abs. 4 in der bisherigen Fassung anzuwenden. Dies gilt für den Kläger, der sein Studium im April 1998 begonnen hat. Betrachtet vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes im Jahr 2000 ist die zeitlich vorangegangene Fassung des § 56 Abs. 4 SG diejenige vom 15. Dezember 1995 (SG a.F.). Danach muss ein Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist oder er seine Entlassung nach § 55 Abs. 4 Satz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. § 56 Abs. 4 Satz 2 SG a.F. bestimmt, dass ein Sanitätsoffizier-Anwärter das ihm gewährte Ausbildungsgeld unter anderem dann erstatten muss, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist (Nr. 2). Gemäß § 56 Abs. 4 Satz 3 SG a.F. kann auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde.
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Hinsichtlich des Erstattungsverlangens der Kosten der nach der Approbation am 1. Oktober 2004 begonnenen Fachausbildung kann der Senat offenlassen, ob dieses noch von der Übergangsregelung in § 97 Abs. 1 SG erfasst wird, weil die Fachausbildung auf dem Studium aufbaut, oder ob wegen des außerhalb des Geltungsbereichs der Übergangsregelung liegenden späteren Beginns der Fachausbildung auf § 56 Abs. 4 SG (2005) abzustellen ist. Denn die neuere Fassung der Vorschrift weicht mit ihrem entscheidungsrelevanten Inhalt abgesehen von einer Klarstellung nicht wesentlich von der früheren Fassung ab (so auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.12.2015 - 7 B 27.14 -, Juris Rn. 43). Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war und der auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SG a.F. für die Erstattung von Ausbildungskosten als Sanitätsoffizier-Anwärter und des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG für die Erstattung von Kosten der Fachausbildung als Soldat auf Zeit liegen vor.
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Die militärische Ausbildung des Klägers, der Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes und zunächst Sanitätsoffizier-Anwärter war, war mit einem Studium der Humanmedizin und anschließender Fachausbildung verbunden.
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Mit seiner Ernennung durch das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein zum Akademischen Rat mit Wirkung vom 15. Mai 2008 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit vor Ablauf seiner am 30. Juni 2013 endenden Verpflichtungszeit gilt der Kläger als auf eigenen Antrag entlassen. Dies folgt aus dem zum Zeitpunkt der Ernennung geltenden § 125 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 des Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (BRRG a.F.) in der Fassung vom 27. Dezember 2004 (BGBl I S. 3835, gültig vom 31. Dezember 2004 bis 11. Februar 2009). Danach ist der Berufssoldat oder der Soldat auf Zeit entlassen, wenn er zum Beamten ernannt wird. Die Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag.
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Dem Verlangen auf Erstattung der Ausbildungskosten nach § 56 Abs. 4 SG a.F. steht nicht entgegen, dass der Kläger seine Entlassung aus der Bundeswehr nicht unmittelbar und selbst beantragt hat, sondern mittelbar dadurch bewirkt hat, dass er sich vom Land Schleswig-Holstein in ein Beamtenverhältnis hat übernehmen und damit die gesetzliche Wirkung des § 125 Abs. 1 Satz 2 BRRG a.F. hat eintreten lassen. Nicht anders als mit einem Entlassungsantrag verwirklichte der Kläger mit dem Übertritt in das Beamtenverhältnis seinen eigenen Entschluss, aus der Bundeswehr auszuscheiden. Da in beiden Fällen das Ausscheiden aus der Bundeswehr die Folge einer auf die Beendigung des Soldatenverhältnisses gerichteten Initiative des Betroffenen ist, ist eine Gleichbehandlung geboten (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.03.1987 - 6 C 87.84 -, Juris Rn. 22).
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Dieser Wertung folgend hat der Gesetzgeber klarstellend in der ab 2005 geltenden Fassung des § 56 SG ausdrücklich den Fall, dass ein früherer Soldat auf Zeit als auf eigenen Antrag entlassen gilt, als Variante der Kostenerstattungspflicht in § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. SG geregelt.
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Die Beklagte hat für den Zeitraum, in dem der Kläger unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge für sein Studium der Humanmedizin als Sanitätsoffiziers-Anwärter beurlaubt war, Ausbildungsgeld in Höhe von 120.975,92 € aufgewandt. Zu Recht hat die Beklagte bei der Berechnung der Höhe des zu erstattenden Ausbildungsgeldes auf die von ihr tatsächlich erbrachten Bruttobeträge abgestellt. Dies entspricht der üblichen Verfahrensweise bei der Rückforderung überzahlter Dienst- oder Versorgungsbezüge, obwohl der Beamte bzw. der Soldat nur den um die Steuer verminderten Nettobetrag erhalten hat (vgl. BVerwG, stRspr seit Urt. v. 12.05.1966 - II C 197.62 -, Juris Rn. 56 f.). Denn Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit sind schon dann zu versteuern, wenn sie dem Empfänger aus dem Dienstverhältnis tatsächlich zufließen, ohne Rücksicht darauf, ob er einen Rechtsanspruch auf sie hat; mit der Abführung der Lohnsteuer wird der Versorgungsempfänger bzw. Beamte durch die „öffentliche Kasse“ von der eigenen Steuerschuld befreit und in diesem Umfange bereichert (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.10.1998 - 2 C 21.97 -, Juris Rn. 17). Diese Verfahrensweise ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.10.1977 - 2 BvR 407/76 -, Juris Rn. 61). Die zur Rückzahlung von Dienst- und Versorgungsbezügen ergangene Rechtsprechung ist aufgrund der vergleichbaren Interessenlage auf die Erstattung von Ausbildungsgeld nach § 56 Abs. 4 Satz 2 SG a.F. übertragbar (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.02.2016 - 1 A 9/14 -, Juris Rn. 52). Das auf Grundlage von § 30 Abs. 2 SG gewährte Ausbildungsgeld dient ebenso wie Dienst- und Versorgungsbezüge der Bestreitung des Lebensunterhalts. Der Kläger, der nicht geltend gemacht hat, über kein oder nur sehr geringes steuerpflichtiges Einkommen zu verfügen, könnte die Rückzahlungen im Kalenderjahr der Rückzahlung als „negative Einkünfte" steuerlich absetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.05.1966, a.a.O., Rn. 57; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 15 Rn. 66).
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Darüber hinaus hat die Beklagte für die klinische Weiterbildung des Klägers insgesamt 6.153,18 € gezahlt. Jede einzelne Weiterbildungsmaßnahme während des Klinischen Weiterbildungsabschnitts Neurologie/Psychiatrie sowie der Sonderlehrgang „Tauch- und Überdruckmedizin" und das Intensivmedizinische Praktikum stellen eine Fachausbildung im Sinne von § 56 Abs. 4 SG dar; denn es handelte sich um durch qualifiziertes Personal vermittelte Ausbildungsgänge, die zu einer zusätzlichen Berechtigung oder Befähigung führten (vgl. zum Begriff: BVerwG, Urteil v. 21.04.1982 - 6 C 3.81 -, Juris Rn. 27 m.w.N.; BayVGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - 6 BV 12.19 -, Juris Rn. 31 ff.). Die Beklagte war berechtigt, neben den Ausbildungskosten auch die Kosten der ärztlichen Weiterbildung erstattet zu verlangen. Da § 56 Abs. 4 Satz 2 SG (unabhängig von der einschlägigen Fassung) keine abschließende Regelung dahingehend enthält, dass ein früherer Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes „nur" das als Sanitätsoffizier-Anwärter gewährte Ausbildungsgeld erstatten müsste, ist § 56 Abs. 4 Satz 1 SG daneben anwendbar (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.02.2016, a.a.O., Juris Rn. 55 ff. m.w.N.). Unerheblich ist, dass der Kläger meint, mit diesen Fachausbildungen und Weiterbildungen „im Zivilleben" nichts anfangen zu können.
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Die Höhe des Erstattungsanspruchs ist vom Gesetz nicht auf die Höhe der entstandenen Kosten festgelegt, sondern der Dienstherr ist ermächtigt, von einem Erstattungsverlangen ganz abzusehen oder den Betrag zu reduzieren, wenn die Erstattung der Ausbildungskosten und der Kosten der Fachausbildung eine besondere Härte für den Soldaten bedeuten würde (§ 56 Abs. 4 Satz 3 SG). Hierbei handelt es sich um eine sog. Kopplungsvorschrift, die als Tatbestandsmerkmal den gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff einer besonderen Härte voraussetzt (BVerwG, Urt. v. 30.03.2006 - 2 C 18.05 -, Rn. 16) und auf der Rechtsfolgenseite dem Dienstherrn gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Ermessen einräumt. Da das Dienstverhältnis des Soldaten auf Zeit entsprechend der eingegangenen Verpflichtung andauern soll, kann der Dienstherr, der einem Zeitsoldaten im dienstlichen Interesse eine kostspielige Fachausbildung gewährt hat, grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm der Soldat die erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen wird. Wenn der Zeitsoldat auf Grund eigenen Entschlusses aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, stellen für ihn die auf Kosten des Dienstherrn erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten im weiteren Berufsleben einen erheblichen Vorteil dar, während der Dienstherr die Kosten der Ausbildung insgesamt oder teilweise vergeblich aufgewendet hat. Diese Lage erfordert einen billigen Ausgleich, den der Gesetzgeber durch die Normierung eines Erstattungsanspruchs verwirklicht hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.03.2006, a.a.O., Juris Rn. 14).
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Die von der Beklagten getroffene Härtefallregelung ist rechtmäßig. Die Beklagte hat in Anwendung ihrer Verwaltungsvorschriften (Bemessungsgrundsätze vom 17. Dezember 2012) die „effektiven Stehzeiten“ zur Vermeidung einer besonderen Härte anerkannt und im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung auf 22,07 Prozent der Ausbildungskosten, mithin in Höhe von 26.699,39 Euro, und auf 22,07 bzw. 21,37 Prozent der Fachausbildungskosten in Höhe von insgesamt 1.125,13 Euro verzichtet. Die „effektive Stehzeit“ ist die Zeit, in der der ehemalige Soldat nach Abschluss seines Studiums und/oder seiner Fachausbildung dem Dienstherrn mit den erworbenen Kenntnissen uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hat und damit einen Teil seiner Ausbildungskosten „abgedient“ hat (vgl. Sohm in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23). Aufgrund der Berücksichtigung von „Abdienzeiten“ geht der Einwand des Klägers ins Leere, die Beklagte habe die Vorteile, die sie durch seine Tätigkeit erlangt habe, unberücksichtigt gelassen.
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Die Höhe des Teilverzichts hat die Beklagte aus dem Verhältnis der erbrachten Dienstleistung vor dem Ausscheiden zur Dauer der Bleibeverpflichtung unter Berücksichtigung eines progressiven Faktors von 0,75 errechnet, weil der Kläger im ersten Drittel seiner Stehzeitverpflichtung ausgeschieden ist. Dies entspricht ihren Bemessungsgrundsätzen (dort Nr. 3.1). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass die Beklagte den Zeitraum der Bleibeverpflichtung nicht linear bewertet, sondern nach verschiedenen Dritteln unterschiedlich hoch gewichtet hat (vgl. Nr. 3.1.5 der Bemessungsgrundsätze: bezüglich des ersten Drittels mit dem Multiplikator 0,75, bezüglich des 2. Drittels mit dem Multiplikator 1,05 und bezüglich des dritten Drittels mit dem Multiplikator 1,2). Dadurch berücksichtigt sie, dass die Dienstleistung unmittelbar nach Abschluss einer besonderen Ausbildung mangels entsprechender Berufspraxis und Berufserfahrung während des ersten Drittels der noch abzuleistenden Dienstzeit einen geringeren Nutzen für den Dienstherrn hat und erst im letzten Drittel der Stehzeitverpflichtung Ausgeschiedene neben der besseren Amortisation der Ausbildung geringere Verwerfungen für den Personalkörper verursachen (vgl. Nr. 3.1.5 der Bemessungsgrundsätze). Diese Erwägungen gelten - entgegen dem Vorbringen des Klägers - nicht nur für die Erstattung von Kosten für die Ausbildung von Piloten. Auch wenn der Erlass über die Bemessungsgrundsätze in einer früheren Fassung auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Pilotenausbildung (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.02.1977 -VI C 135.74 -, Juris) Bezug genommen hatte, kann daraus nicht gefolgert werden, dass die Bemessungsgrundsätze lediglich für die teurere Pilotenausbildung gelten. Vielmehr trifft es zu, dass auch die Dienstleistung von Ärzten im ersten Drittel nach ihrer Ausbildung von einer geringeren Wertigkeit ist als die zeitlich spätere Dienstleistung, weil ein Arzt unmittelbar nach dem Abschluss seiner Ausbildung noch nicht über die gleiche berufliche Erfahrung verfügt wie ein schon länger praktizierender Arzt (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 01.06.2015 - 1 A 930/14 -, Juris Rn. 30; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.02.2009 - 4 S 1457/07 -).
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Eine anfänglich höhere Rückzahlungsverpflichtung steht auch im Einklang mit dem Regelungszweck des § 56 Abs. 4 SG, der darin besteht, der Bundeswehr den von ihr selbst ausgebildeten Stamm von qualifizierten und spezialisierten Zeitsoldaten für eine angemessene Zeit zu erhalten bzw. dem vorzeitigen Ausscheiden von besonders ausgebildeten und deswegen in ihrer Funktion nicht ohne weiteres zu ersetzenden Zeitsoldaten aus der Bundeswehr entgegenzuwirken; die Regelung dient mithin nicht dem Schutz wirtschaftlicher Interessen der Beklagten, sondern ihr Zweck ist es, die Personalplanung und damit die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr zu sichern, die sonst durch eine (frühzeitige) Abwanderung von ausgebildeten Soldaten gefährdet wäre (so zu Zeitsoldaten: vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.02.2009 - 4 S 1457/07 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.02.2016 - 1 A 9/14 -, Juris Rn. 64; BVerwG, Urt. v. 30.03.2006 - 2 C 18.05 -, Juris Rn. 14; zu Berufssoldaten: vgl. BVerfG Beschl. v. 22.01.1975 - 2 BvL 51/71 - Juris Rn. 60; BVerwG, Beschl. v. 14.05.2014 - 2 B 96.13 -, Juris Rn. 7). Daraus folgt zugleich eine Abschreckungswirkung, die einem gewissen Sanktionscharakter der Erstattungspflicht gleichkommt; dadurch soll dem vorzeitigen Ausscheiden von besonders ausgebildeten Soldaten aus der Bundeswehr wirksam entgegengewirkt werden, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu sichern (zum Sanktionscharakter der Erstattungspflicht im Zusammenhang mit Soldaten auf Zeit vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. 24.02.2016, a.a.O., Rn. 64f.).
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Ferner ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte zum einen erst die Zeit ab Erlangung der Approbation berücksichtigt hat und zum anderen die Zeiten der Fachausbildungen nicht als „Abdienzeit" gewertet hat. Vor der Erlangung der Vollapprobation befand sich der Kläger noch in der seinerzeit der Ausbildung zuzurechnenden Zeit des „Arztes im Praktikum". Sowohl in dieser Zeit als auch während der Fachausbildungen hat der Kläger seine durch das Studium oder die (vorherigen) Fachausbildungen erworbenen Kenntnisse nicht uneingeschränkt der Bundeswehr zur Verfügung gestellt, selbst wenn er dabei den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.05.2014, a.a.O.. Juris Rn. 8; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.02.2016 - 1 A 9/14 -, Juris Rn. 67).
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Die Beklagte hat auch ihr Ermessen rechtmäßig ausgeübt. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens hat sie dem Kläger unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse - soweit bekannt gewesen - eine verzinsliche Stundung gewährt und die Möglichkeit eingeräumt, den Betrag in monatlichen Teilzahlungsraten in Höhe von 460,00 Euro zu erstatten, um eine besondere Härte durch die grundsätzlich gebotene sofortige Erstattung des Rückforderungsbetrages zu vermeiden. Der Kläger hat nicht substantiiert geltend gemacht, dass das Erstattungsverlangen aufgrund seiner individuellen Einkommens- und Vermögenslage als besondere Härte zu qualifizieren wäre und eine weitere Reduzierung oder gar einen vollständigen Verzicht gebietet.
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Eine sachgerechte Anwendung der Härtefallklausel ermöglicht es insbesondere, die Erstattungspflicht der sozialen Lage und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des auf eigenen Antrag entlassenen Soldaten anzupassen, wenn und solange ihn die Forderung des vollen Erstattungsbetrages in existenzielle Bedrängnis bringen würde (vgl. zu Berufssoldaten: BVerfG, Beschl. v. 22.01.1975 - 2 BvL 51/71 -, Juris Rn. 49). Dementsprechend hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass insbesondere bei unvorhergesehenen Einkommenseinbußen eine Überprüfung der Höhe der monatlichen Zahlungsrate möglich ist. Die Rechtmäßigkeit einer Stundung und Einräumung von Ratenzahlung dem Grunde nach folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, wonach „ganz oder teilweise" auf die Erstattung verzichtet werden kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.02.2016, a.a.O., Juris Rn. 85).
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Die auf monatlich 460,00 € festgesetzte Rate ist auch der Höhe nach rechtmäßig; denn der Kläger hat nicht dargetan, dass diese ihn über Gebühr belasten könnte. Die Ratenhöhe wurde vielmehr geschätzt, weil der Kläger keine Angaben zur Höhe seines Einkommens gemacht hat. Auch im gerichtlichen Verfahren hat er weder sein Einkommen noch seinen derzeitigen beruflichen Status offengelegt. Sein - ebenfalls nicht belegter - Einwand, er sei voraussichtlich bis zur Verrentung mit der Ratenzahlungsverpflichtung belastet, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Zwar darf die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des Soldaten andauern, sondern muss zeitlich begrenzt sein (BVerwG, Urt. v. 28.10.2015 - 2 C 40.13 -, Juris Rn. 28 unter Hinweis auf Urt. v. 30.03.2006 - 2 C 18.05 -, Juris Rn. 24). Dies bedeutet aber nicht, dass der Endzeitpunkt für die Ratenzahlung zwingend im Bescheid benannt sein müsste (so auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17.12.2015 - 7 B 27.14 -, Juris Rn. 61; a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 01.06.2015 - 1 A 930/14 -, Juris Rn. 31 ff.). Es bedarf vielmehr der Würdigung des Einzelfalles, ob das Ende der Ratenzahlung aufgrund der konkreten Situation absehbar ist. So liegt es hier. Da der 1978 geborene Kläger bei seinem Ausscheiden aus dem Zeitsoldatenverhältnis im Jahre 2008 noch 37 Berufsjahre bis zur Verrentung vor sich hatte, hätte er den Erstattungsbetrag nach etwa 18 Jahren abgezahlt, wenn nur eine monatliche Rate von 460,00 € zugrunde gelegt würde. Zudem ist davon auszugehen, dass sein Einkommen mit zunehmendem Alter gestiegen ist und weiter steigen wird, so dass es möglich sein dürfte, eine höhere monatliche Rate als die festgesetzte zu erstatten und somit den Rückzahlungszeitraum zu verkürzen.
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Schließlich ist die Festsetzung von Stundungszinsen in Höhe von 4 Prozent nicht ermessensfehlerhaft. Die Erwägung der Beklagten im Leistungsbescheid, dass der mit 4 Prozent festgesetzte Zinssatz sich im Verhältnis zu den auf dem Kapitalmarkt üblichen Soll- bzw. Kreditzinsen auf sehr niedrigem Niveau bewege, ist sachgerecht; denn nicht nur zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im Jahre 2012, sondern selbst auch in der aktuellen Niedrigzinsphase ist z.B. bei Konsumentenkrediten ein solcher Zinssatz nicht unüblich (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 01.06.2015 - 1 A 930/14 -, Juris Rn. 67).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dem Kläger werden die Kosten ganz auferlegt, weil die Beklagte bezogen auf beide Instanzen nur zu einem unbedeutenden Teil unterlegen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 wird hinsichtlich der Ziffer 1 des Leistungsbescheides in Höhe von 52.362,76 Euro und hinsichtlich Ziffer 3 des Leistungsbescheides, soweit diese einen Erstattungsbetrag von 52.362,76 Euro aufgehoben; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte zu 90 vom Hundert und der Kläger zu 10 vom Hundert.
Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand
2Der Kläger ist ehemaliger Berufssoldat der Beklagten, zuletzt im Dienstgrad eines Oberstabsarztes. Zum 1. Juli 1996 trat er – auf der Grundlage einer Verpflichtungserklärung vom 23. März 1996 über 16 Jahre – als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in den Dienst der Beklagten und wurde in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. In der Verpflichtungserklärung vom 23. März 1996 bestätigte der Kläger unter anderem, dass ihm bekannt sei, dass er nach § 56 Abs. 4 SG das während der Ausbildung bezogene Ausbildungsgeld u.a. dann zu erstatten habe, wenn er auf eigenen Antrag aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ausscheide. Vom 2. April 1997 bis zum 21. Mai 2003 studierte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst Humanmedizin. Seine Dienstzeit wurde zunächst auf 5, dann auf 15 und mit Bescheid vom 9. November 2004 schließlich auf die vollen 16 Jahre festgesetzt. Im Anschluss an das Studium leistete der Kläger vom 22. Mai 2003 bis 30. September 2004 die nach der damaligen Approbationsordnung erforderliche Zeit als „Arzt im Praktikum“ am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. ab. Mit Urkunde der Bezirksregierung L1. vom 1. Oktober 2004 wurde ihm die Approbation als Arzt erteilt; am gleichen Tag wurde er zum Stabsarzt ernannt. Aufgrund einer erneuten Weiterverpflichtungserklärung vom September 2006 über eine Dienstzeit von insgesamt 20 Jahren setzte die Beklagte das Dienstzeitende auf den 30. Juni 2016 fest. Vom 1. Oktober 2004 bis 31. Juli 2005 und vom 1. Januar 2007 bis 5. Januar 2008 befand sich der Kläger im Bundeswehrzentralkrankenhaus L. in der klinischen Weiterbildung im Fach „Innere Medizin“. Diese Weiterbildung setzte er vom 1. April 2008 bis zum Dienstende am 7. Oktober 2008 in der Universitätsklinik N. fort. Neben der Weiterbildung im Fach „Innere Medizin“ nahm der Kläger vom 15. Februar 2005 bis 4. März 2005 an einem Lehrgang „Notfallmedizin“ und im November 2004 und Januar sowie April 2005 an insgesamt 11 Tagen an Notarzteinsätzen teil. Daraufhin wurde ihm am 7. Juni 2005 der Fachkundenachweis „Rettungsdienst“ zuerkannt. Am 17. Januar 2007 wurde der Kläger zum Oberstabsarzt ernannt. Auf seinen Antrag wurde er am 27. Dezember 2007 in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten übernommen. Am 8. Oktober 2008 übernahm die Universität C. den Kläger als Akademischen Rat in das Beamtenverhältnis auf Zeit; damit schied der Kläger von Gesetzes wegen aus dem Soldatenverhältnis aus.
3Mit Schreiben vom 3. Juli 2009 wies die Beklagte den Kläger – erneut – auf die Pflicht zur Erstattung der Ausbildungskosten (nach § 49 SG) hin. Unter dem 28. Mai 2010 hörte die Beklagte den Kläger zur Rückforderung von maximal 20.145,10 Euro Kosten der Fachausbildungen und 118.267,50 Euro Ausbildungsvergütung an.
4Mit Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 10. September 2010 forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung von Ausbildungsgeld und der im Rahmen der Aus‑ und Weiterbildung entstandenen Fachausbildungskosten auf; den Erstattungsbetrag setzte die Beklagte auf 121.312,49 Euro fest (Ziffer 1). Zugleich gewährte die Beklagte dem Kläger eine verzinsliche Stundung durch Ratenzahlung von monatlichen Raten in Höhe von 690,00 Euro (Ziffer 2). Ferner erhob die Beklagte mit „Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens ab 25. Oktober 2010“ fällig werdende Stundungszinsen in Höhe von jährlich vier vom Hundert, deren Berechnung und Einziehung nach Erledigung der Hauptforderung erfolgen sollte und auf die sich die eingeräumte Stundung mit erstreckte (Ziffer 3). Die Stundung stand unter dem Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse und sollte jährlich überprüft werden (Ziffer 4).
5Zur Begründung führte die Beklagte im Kern aus, Rechtsgrundlage für die Rückforderung sei § 49 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG. Danach müsse ein früherer Berufssoldat, der auf eigenen Antrag entlassen worden sei oder als auf eigenen Antrag entlassen gelte, die durch ein Studium oder eine Fachausbildung entstandenen Kosten erstatten. Während des Studiums der Humanmedizin habe der Kläger Ausbildungsgeld in Höhe von 118.267,50 Euro erhalten. Für die Zeit als Arzt im Praktikum seien Kosten in Höhe von 4.324,08 Euro und für die Weiterbildung „Innere Medizin“ Kosten in Höhe von 13.362,43 Euro, insgesamt also 17.686,51 Euro, angefallen. Während das Studium und die Weiterbildung „Innere Medizin“ nicht im Sinne des § 46 Abs. 3 SG „abgedient“ seien, sei dies hinsichtlich der Fachausbildung „Rettungsmedizin“ der Fall. Daher seien die hierfür entstandenen Kosten nicht mehr zu erstatten. Unter Härtegesichtspunkten berücksichtige die Beklagte auch Abdienzeiten unterhalb der Zeitspanne des § 46 Abs. 3 SG. Nach Abschluss des Studiums sei der Kläger für insgesamt 1.447 Tage im Dienst gewesen. Hiervon entfielen jedoch 853 Tage auf die weiteren Fachausbildungen, so dass eine Abdienzeit von 594 Tagen verbleibe. Diese würden in einen Verzichtsanteil von 12,38 vom Hundert umgerechnet, so dass von dem gezahlten Ausbildungsgeld nur 103.625,98 Euro zurückgefordert würden; die Kosten der Weiterbildung „Innere Medizin“ seien hingegen voll zurückzuzahlen. Die Berechtigung, für die darüber hinaus gewährte Ratenzahlung Stundungszinsen zu fordern, ergebe sich unmittelbar aus § 49 Abs. 4 Satz 3 SG. Im Vergleich zum Kapitalmarkt bewege sich der festgesetzte Zinssatz von 4 vom Hundert auf niedrigem Niveau.
6Hiergegen legte der Kläger am 11. Oktober 2010 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er geltend, der Rückforderungsbescheid sei „in Teilen“ rechtswidrig. So sei die Zeit als Assistenzarzt in vollem Umfang bei der Berechnung der Abdienquote zu berücksichtigen. Ferner dürften die Zeiten vom 23. Februar 1998 bis 15. März 1998 (Pflegepraktikum), vom 1. August 2001 bis 31. August 2001 (Famulatur) sowie der 10. und 11. Dezember 2002 (Personalgespräch) nicht berücksichtigt werden, weil er in diesen Zeiten kein Ausbildungsgeld sondern ganz normale Dienstvergütung erhalten habe. Auch die Umzugskostenvergütung für den Umzug nach L. sei von den zu erstattenden Kosten abzuziehen, weil dieser „Erstumzug“ in jedem Fall vom Dienstherrn hätte erstattet werden müssen. Die Kosten für die Tätigkeit in N. könnten ebenfalls nicht zurückgefordert werden, weil die dortige Ausbildung von der Ärztekammer Nordrhein nicht anerkannt worden sei und es sich daher nicht um eine Fachausbildung gehandelt habe.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2013 – zugestellt am 24. Januar 2013 – reduzierte die Beklagte mit Blick auf bestimmte Zeiten, für die fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, der Kläger habe auch dort Ausbildungsgeld erhalten, den Rückforderungsbetrag auf 118.695,95 Euro; im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück.
8Am 8. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, der angefochtene Bescheid sei teilweise rechtswidrig, und hierzu im Wesentlichen die Gründe seines Widerspruchs wiederholt: Die Beklagte hätte seine volle Dienstzeit von 1.447 Tagen nach Abschluss des Medizinstudiums als Abdienzeit berücksichtigen müssen. Hieraus ergebe sich eine Abdienquote von 40,19 vom Hundert. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Betrieb in einem Bundeswehrkrankenhaus ebenso wie in jedem zivilen Krankenhaus ohne Assistenzärzte nicht aufrechterhalten werden könne. Die Kosten des Umzugs nach L. könnten nicht zurückverlangt werden, weil dieser Umzug in jedem Fall hätte bezahlt werden müssen. Seine Tätigkeit in N. sei keine Fachausbildung gewesen, deshalb könnten auch die hierauf bezogenen Kosten nicht zurückgefordert werden.
9Der Kläger hat schriftsätzlich angekündigt zu beantragen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, soweit dieser einen Betrag von 68.949,73 Euro übersteigt, und festzustellen, „dass Stundungszinsen erst ab Bestandskraft des Leistungsbescheides erhoben werden dürfen“.
10In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt,
11den Leistungsbescheid der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 hinsichtlich der Ziffer 1 in Höhe von 52.362,76 Euro und hinsichtlich der Ziffer 3 insgesamt aufzuheben sowie die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat vorgetragen: Nach ihrer von der Rechtsprechung bestätigten Auffassung werde während einer Facharztausbildung ein zuvor absolviertes Medizinstudium nicht schon „abgedient“. Nur das entspreche auch der Gesetzessystematik. In die Fachausbildungskosten seien hier zu Recht auch die mittelbaren Kosten einbezogen worden. Die Berücksichtigung der Ausbildung in N. scheitere nicht an der vom Kläger vorgebrachten fehlenden Anerkennung durch die Ärztekammer Nordrhein. Das Verlangen von Stundungszinsen ggf. schon vor Bestandskraft des Bescheides stehe im Einklang mit der Rechtslage und namentlich auch mit § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
15Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides aufgehoben, die Klage im Übrigen abgewiesen und die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.
16Sowohl der Kläger als auch die Beklagte haben die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung rechtzeitig eingelegt und begründet.
17Der Kläger wiederholt im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und rügt nunmehr auch das von der Beklagten zugrunde gelegte, nicht lineare Berechnungsmodell zur Ermittlung der Abdienquote. Hinsichtlich der Stundungszinsen verweist der Kläger darauf, dass die Beklagte in einem gleichgelagerten Fall vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof selbst erklärt habe, „Verzugszinsen erst ab Rechtskraft zu fordern“. Im Sinne der Gleichbehandlung müsse sie sich auch im vorliegenden Verfahren daran halten.
18Der Kläger beantragt,
19das angefochtene Urteil zu ändern, den Leistungsbescheid der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 auch hinsichtlich der Ziffer 1 in Höhe von 52.362,76 Euro aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
20Die Beklagte beantragt,
21das angefochtene Urteil zu ändern, die Klage des Klägers auch hinsichtlich Ziffer 3 des Leistungsbescheides vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
22Die Beklagte vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, wobei sie bezüglich der Stundungszinsen bekräftigt, dass deren Erhebung nach der ganz überwiegenden Rechtsprechung auch schon für die Zeit vor Bestandskraft des Leistungsbescheides für rechtmäßig gehalten werde. Der insoweit vom Verwaltungsgericht angenommene Verstoß gegen Art. 3 GG sei nicht nachvollziehbar. Die dort zugrunde gelegte Verwaltungspraxis bestehe in ihrem Geschäftsbereich nicht. Bei der vom Kläger erwähnten, vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgegebenen Erklärung des seinerzeitigen Sitzungsvertreters habe es sich um eine nicht abgestimmte Äußerung gehandelt, die in der Sache eine falsche Einzelfallentscheidung dargestellt habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25Die Berufungen sowohl des Klägers als auch der Beklagten haben im tenorierten Umfang Erfolg.
261. Ziffer 1 des Leistungsbescheides der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid ist daher insoweit aufzuheben.
27Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger gemäß § 49 Abs. 4 des Soldatengesetzes (SG) grundsätzlich zur Rückzahlung von Ausbildungskosten verpflichtet ist. Dies betrifft zum einen das ihm als Sanitätsoffiziersanwärter gewährte Ausbildungsgeld, zum anderen aber auch die Kosten der nach Studium und Approbation durchlaufenen Fach(arzt)ausbildung namentlich in Gestalt der klinischen Weiterbildung im Fach „Innere Medizin“ in L. und N. mitsamt Sekundärkosten wie u. a. Erstattung von Umzugskosten. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angegriffenen Urteil und macht sie sich zu eigen (§ 130b Satz 2 VwGO).
28Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Härtefallregelung des § 49 Abs. 4 Satz 3 SG es nicht gebietet, von dem ermittelten Rückzahlungsbetrag insbesondere unter dem Gesichtspunkt der „Abdienquote“ noch weitere Beträge abzuziehen. Dies gilt namentlich für die Zeiten der klinischen Weiterbildung des Klägers am Bundeswehrzentralkrankenhaus L. und bei der Universität N. , die Teil seiner Facharztausbildung im Bereich der Inneren Medizin waren. Auch insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug (§ 130b Satz 2 VwGO). Zu ergänzen ist lediglich, dass auch das Bundesverwaltungsgericht mittlerweile entschieden hat, dass der Begriff der sich an das Studium oder die Fachausbildung anschließenden Dienstzeit auf diejenigen Zeiträume beschränkt ist, in denen der Berufs- bzw. Zeitsoldat die durch das Studium oder die Fachausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dem Dienstherrn (Bundeswehr) uneingeschränkt zur Verfügung gestellt hat, ohne sich dadurch zugleich im Rahmen einer gesonderten Fachausbildung weiterbilden zu wollen oder zu sollen. Dies trifft u.a. auf die Tätigkeit eines Sanitätsoffiziers in einem Bundeswehrkrankenhaus, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nicht zu, mag er dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben.
29BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 8, zu § 49 Abs. 4 i.V.m. § 46 Abs. 3 SG 1995.
30Soweit der Kläger als Truppenarzt außerhalb einer Facharztausbildung oder Weiterbildung (vom 1. August 2005 bis zum 31. Dezember 2006) oder im Ausland (vom 6. Januar 2008 bis zum 31. März 2008) eingesetzt war, sind diese Zeiten als Abdienzeit berücksichtigt worden (vgl. S. 9 des Leistungsbescheides und S. 4 oben des Widerspruchsbescheides).
31Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass das von der Beklagten in Anwendung der sog. Bemessungsgrundsätze der Berechnung der Abdienzeit zugrunde gelegte Modell (ansteigender Multiplikator mit einem Faktor von 0,75 für das erste, 1,05 für das zweite und 1,20 für das letzte Drittel der Stehzeit) bezogen auf die Humanmediziner „willkürlich“ wäre und deshalb die Grenzen des in dem hier interessierenden Zusammenhang bestehenden, grundsätzlich weiten Ermessens überschreitet.
32A.A. Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 6. März 2014 – 12 A 130/13 –, juris, Rn. 29 ff.; nachgehend: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 LA 29/14 –, in dem der Zulassungsantrag der Beklagten aus Gründen unzureichender Darlegung abgelehnt wurde,
33Denn zum einen erscheint der dieser Verwaltungspraxis anhaftende Grundgedanke, dass der Zeit- bzw. Berufssoldat in der ersten Zeit nach dem Ende seiner Ausbildung unter den Gesichtspunkten u. a. der Berufspraxis und Berufserfahrung noch nicht den gleichen Nutzen für seinen Dienstherrn hat wie ein schon voll in seinem erlernten Beruf stehender Soldat nicht nur (z. B.) für einen Piloten, sondern auch bezogen auf einen Humanmediziner mit ggf. bereits abgeschlossener Facharztausbildung nicht von vornherein als sach- und ermessenswidrig. Zum anderen kommt hinzu, dass der in Rede stehende niedrige Berechnungsfaktor zu Beginn der Abdienzeit auch dazu dient, ein vor- und insbesondere frühzeitiges Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis finanziell unattraktiv zu gestalten, um die durch das unplanmäßige Ausscheiden u.a. von Bundeswehrärzten hervorgerufenen Verwerfungen im Personalkörper möglichst gering zu halten. Hierzu hat die Vertreterin der Beklagten im Termin vor dem Senat nachvollziehbar dargelegt, dass Soldaten zum Zwecke des Medizinstudiums nach dem Personalbedarf der Bundeswehr und nicht darüber hinaus freigestellt werden und die anschließende mehrjährige Dienstzeit fest in die Personalbedarfsplanung einberechnet wird.
34Gleichwohl erweist sich Ziffer 1 des Leistungsbescheides aus einem anderen Grund als rechtswidrig. Die Beklagte hat nämlich nicht alle zur Vermeidung einer besonderen Härte im Sinne von § 49 Abs. 4 Satz 3 SG – die dortige Regelung entspricht der für Zeitsoldaten geltenden Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG – in Betracht kommenden Gesichtspunkte in den Blick genommen und geregelt. Sie hat zwar in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers den Rückzahlungsbetrag unter Festsetzung monatlicher Raten in Höhe von 690,00 Euro gestundet. Dabei hat sie aber nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, einen Endzeitpunkt für die Ratenzahlung bestimmt, der es dem Kläger unabhängig von dem bis dahin zurückgezahlten Betrag ermöglicht, für einen ins Gewicht fallenden Teilseines Berufslebens nicht mit der Rückzahlung von Ausbildungskosten belastet zu sein. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 106 ff. (dort die Parallelvorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG betreffend), Folgendes ausgeführt:
35„Bei dem Kläger liegt allerdings eine ‚besondere Härte‘ im Sinne des § 46 Abs. 4 Satz 3 SG (Anm.: gemeint ist § 56 Abs. 4 Satz 3 SG) unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt des möglichen Eintritts einer zu vermeidenden Existenzgefährdung vor. Dieser Gesichtspunkt wurde in den Regelungen des angegriffenen Leistungsbescheides der Beklagten nicht (ausreichend) berücksichtigt.
36Die Erstattung von Ausbildungskosten wie hier dem Ausbildungsgeld darf den früheren Soldaten in Anwendung der Härteklausel nicht in einer Weise belasten, dass er in die Gefahr einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Notlage gerät.
37Vgl. dazu allgemein etwa BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71 –, BVerfGE 39, 128 = juris, Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 54; OVG NRW, 26. Juni 1975– 1 A 927/74 –, DÖV 1975, 792 = juris (LS 2); VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 – 8 E 2875/04 –, Rpfleger 2006, 90 = juris, Rn. 20; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
38Dabei muss u.a. eine dauerhafte wirtschaftliche Knebelung, wie sie insbesondere bei einer sehr hohen Erstattungspflicht und einem (bei eingeräumter Ratenzahlung) entsprechend sehr langen Erstattungszeitraum eintreten kann, unterbleiben. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass sich dann, wenn die Beklagte – wie etwa auch in dem vorliegenden Leistungsbescheid – Ratenzahlungen gewährt, die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des Soldaten andauern darf, sondern zeitlich begrenzt sein muss.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 24; dem grundsätzlich folgend u.a. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 47; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 32; a.A. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 38, VG Schleswig, Urteil vom 6. März 2014 – 12 A 153/13 –, juris, Rn. 41, und wohl auch Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
40Die betreffende Formulierung in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist systematisch eingebettet in Ausführungen zu der Frage, ob der in Anwendung der Härteklausel zu erstattende Betrag „von einem bestimmten ehemaligen Zeitsoldaten“ verlangt werden dürfe, was von seiner individuellen Vermögenslage abhänge. Das verdeutlicht, dass es an dieser Stelle um generelle Erwägungen zur Frage der (individuellen) wirtschaftlichen Zumutbarkeit geht und damit nicht um einen etwaigen weiteren „Bonus“ im Rahmen der Anwendung der Härteklausel speziell auf die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer. Insofern hat es in diesem Punkt auch keine Bedeutung, dass die Entscheidung einen Fall betroffen hat, in dem es um die Erstattung der Ausbildungskosten eines Kriegsdienstverweigerers ging. Allein ein solches Verständnis der betreffenden Urteilspassage ergibt im Übrigen auch Sinn, weil es der Sache nach – wie schon ausgeführt – um eine Konkretisierung des im Rahmen der Härteklausel für alle betroffenen früheren Soldaten geltenden Gesichtspunktes gegangen ist, dass diese durch die Erstattung und die Modalitäten ihrer Abwicklung nicht in existentielle wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollen.
41Soweit es Gegenstimmen zu einer gebotenen zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums gibt (VG Gießen, VG Schleswig, jeweils a.a.O.), setzen diese dabei an, dass grundsätzlich die Pflicht bestehe, den Erstattungsbetrag in einer Summe zu zahlen. Würden den Soldaten Ratenzahlungen eingeräumt, bleibe es ihnen unbenommen, die hierdurch bewirkte Zahlungsdauer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten durch höhere Ratenzahlungen zu verkürzen. Diese Argumentation überzeugt schon deswegen nicht, weil sie die angesprochene Verkürzungsmöglichkeit offenbar als regelmäßig gegeben unterstellt. Diese hängt aber entscheidend von den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Einzelfall ab. Ferner wird wohl nicht hinreichend bedacht, dass die Pflicht zur Zahlung in einer Summe angesichts der Höhe der zumeist in Rede stehenden Beträge gerade wegen der bestehenden Härteklausel in der Praxis kaum zum Tragen kommen dürfte. Die ggf. bestehende Härte in Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszugleichen, bleibt dabei Aufgabe der Beklagten, kann also nicht, jedenfalls nicht vollständig, einem Handeln der betroffenen ehemaligen Soldaten (auch im Rahmen von deren finanziellen Möglichkeiten) überlassen bleiben.
42Die danach erforderliche zeitliche Begrenzung des Erstattungszeitraums (Zeitraums der Ratenzahlungspflicht) in Richtung auf nur einen Teilzeitraum des gesamten Berufslebens muss auch bereits in dem Leistungsbescheid (Ausgangsbescheid) selbst erfolgen; dort sind die hierzu notwendigen Regelungen zu treffen. Das ist keine Besonderheit, sondern entspricht auch im Übrigen der Anwendung der Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Diese unterscheidet sich insoweit im Kern nicht von der Billigkeitsentscheidung bei der Rückforderung zuviel gezahlter Bezügen (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG). Dazu ist anerkannt, dass die Billigkeitsentscheidung nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheides, sondern den materiellen Bestand des (insofern modifizierten) Rückforderungsanspruchs betrifft. Ein Rückforderungsbescheid darf deshalb nicht ergehen, ohne dass bzw. bevor eine Billigkeitsentscheidung getroffen wurde.
43Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. April 2012– 2 C 4.11 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/C V 5 Nr. 84 = juris, Rn. 23, m.w.N.; sinngemäß entsprechend zur Härteklausel des Soldatengesetzes wohl auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = ZBR 1977, 287 = juris, Rn. 56, unter Abgrenzung der Anwendung der Härteklausel von lediglich haushaltsrechtlichen Zahlungserleichterungen.
44Ob das gleiche Ergebnis in Fällen der vorliegenden Art auch unmittelbar aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes und aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hergeleitet werden kann,
45vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38 am Ende,
46braucht hier nicht entschieden zu werden.
47Der Anforderung der zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums kann die Beklagte regelmäßig in der Weise ermessensgerecht entsprechen, dass sie die Verpflichtung zur Zahlung von Tilgungsraten auf einen Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Zeitsoldatenverhältnis bis zum Eintritt in das Rentenalter (§ 35 SGB VI) begrenzt. Denn hierdurch ist auch unter Berücksichtigung etwa zusätzlich zu zahlender Stundungszinsen in aller Regel ausreichend gewährleistet, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Anwendung der Härteklausel die Zahlungspflicht nicht während des gesamten (weiteren) Berufslebens andauert, sondern deutlich vor dem 67. Lebensjahr endet.
48Vgl. in diesem Sinne auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 40, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 49.
49Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass der im Leistungsbescheid festgesetzte Erstattungsbetrag am Ende nicht vollständig getilgt werden muss. Das gilt selbst dann, wenn ausgehend von der im Bescheid bestimmten Höhe der Rate eine vollständige Tilgung bis zu dem betreffenden Zeitpunkt rechnerisch nicht möglich ist. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der streitige Leistungsbescheid (wie auch in ähnlichen Fällen) unter Ziffer 4 eine (Neben-)Regelung enthält, derzufolge eine jährliche Überprüfung der Ratenhöhe anhand der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten zu erfolgen hat. Das kann es ermöglichen, die Raten vorübergehend oder ggf. auch dauerhaft höher festzusetzen. In einem solchen Fall kann ggf. erreicht werden, dass der gesamte Erstattungsbetrag schon vor Ablauf des vorgenannten Zweidrittelzeitraums getilgt ist. Es ist mit anderen Worten Aufgabe der Beklagten, diese begleitende Kontrolle auch tatsächlich effektiv wahrzunehmen.
50Wegen dieser möglichen Veränderungen der Tilgungshöhe, welche ggf. auch in Richtung auf eine wirtschaftlich gebotene Verringerung der Ratenhöhe gehen können, ist es aus Sicht des Senats sogar erforderlich, die Zeitdauer der Zahlungspflicht in dem Leistungsbescheid nicht nur dann begrenzend zu regeln, wenn ausgehend von der Höhe der dort festgesetzten Raten eine Tilgung innerhalb des Zweidrittelzeitraums nicht gelingen kann. Vielmehr ist solches auch dann geboten, wenn ausgehend von jenen u.U. recht hohen Raten eine rechtzeitige Tilgung gelingen könnte.
51Anders im Ergebnis VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53.
52Denn ob es dann auch wirklich gelingen wird, ist angesichts der künftigen Veränderbarkeit der Höhe der Rate im Zeitpunkt des Ergehens des Leistungsbescheides keineswegs sicher. Gerade mit Blick darauf bedarf es aber schon in diesem Bescheid einer begrenzenden Regelung genereller Natur, die etwa an das Erreichen eines bestimmten Lebens- oder Kalenderjahres (bzw. Datums) anknüpft. Die Gegenauffassung des VG Gelsenkirchen, wonach es in jenen Fällen ausreichen soll, dass mit Blick auf eine mögliche Absenkung der Rate erst in dem diesbezüglichen Änderungsbescheid die zeitliche Begrenzung erforderlichenfalls geregelt wird,
53vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53,
54erscheint inkonsequent zu der auch dort eingenommenen Grundposition, dass über das Vorliegen einer besonderen Härte bereits im Ausgangsbescheid entschieden werden muss.
55Ist die für die Erstattung in zeitlicher Hinsicht bestehende Grenze erreicht, ohne dass der Gesamtbetrag getilgt werden konnte, dürfte die Beklagte im Übrigen verpflichtet sein, die Restsumme zu erlassen. Denn die Stundung unberührt zu lassen und weiterhin Stundungszinsen zu fordern, würde (in Abhängigkeit von der Zinshöhe einerseits und der Höhe des noch nicht getilgten Betrages andererseits) die wirtschaftliche Belastung jedenfalls zum Teil fortbestehen lassen und damit zu einer Belastung bis zum Ende der Berufstätigkeit oder sogar noch darüber hinaus führen.“
56Vorstehendes gilt hier gleichermaßen und ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger nur einen Teil des Leistungsbescheides zur gerichtlichen Überprüfung gestellt hat. Denn die an einen Leistungsbescheid zu stellenden Anforderungen hängen nicht davon ab, in welchem Umfang dieser nach seinem Erlass angefochten wird.
572. Zu Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides gilt Folgendes:
58Der in erster Instanz in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageantrag, den Leistungsbescheid vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 hinsichtlich Ziffer 3 „insgesamt“ aufzuheben, bedarf der Auslegung. Soweit es um die Ziffer 3 des Bescheides geht, hat der Kläger Klage erhoben mit dem schriftsätzlichen Antrag festzustellen, „dass Stundungszinsen erst ab Bestandskraft des Leistungsbescheides gefordert werden dürfen.“ Aus der beigefügten Klagebegründung ergibt sich jedenfalls nichts Abweichendes; dort wird die Zinsfrage nicht ausdrücklich behandelt. Weiter hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erster Instanz auf ein vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenes Berufungsverfahren (6 BV 12.19) verwiesen, in welchem der Beklagtenvertreter den Leistungsbescheid über die Rückforderung von Ausbildungskosten dahin abänderte, dass Stundungszinsen erst ab dessen Bestandskraft erhoben wurden. Insbesondere auch daraus ergibt sich mit der erforderlichen Klarheit, dass sich der Kläger gegen die Erhebung von Stundungszinsen nur für die Zeit bis zum Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides wendet. Soweit der Kläger Ziffer 1 des Leistungsbescheides angefochten hat, bezieht sich sein Klagebegehren selbstverständlich in diesem Umfang auch auf Ziffer 3 des Bescheides. Soweit er den Leistungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides in Höhe von 66.333,19 Euro im Klageverfahren nicht mehr angefochten hat, begehrt er, für diesen durch den Widerspruchsbescheid rückwirkend in geringem Umfang zu seinen Gunsten (rückwirkend) abgeänderten Betrag keine Stundungszinsen zahlen zu müssen, und zwar ausgehend von dem im Bescheid festgesetzten Datum 25. Oktober 2010 bis zum Eintritt der Bestandskraft. In diesem Sinne, also bezogen auf den in der Hauptsache nicht angefochtenen Teil des Leistungsbescheides für die Zeit vor Eintritt der Bestandskraft, ist das in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht verwendete Wort „insgesamt“ zu verstehen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.
59Soweit der Kläger Ziffer 1 des Leistungsbescheides erfolgreich angefochten hat, folgt daraus notwendig, dass für diesen Betrag auch keine Stundungszinsen zu entrichten sind und Ziffer 3 des Leistungsbescheides auch insoweit rechtswidrig ist.
60Soweit der Kläger Ziffer 1 des Leistungsbescheides jedoch im Klageverfahren nicht (mehr) angefochten hat, ist der Bescheid bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft eines Verwaltungsakts schließt es aus, die Frage seiner Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit bei der rechtlichen Überprüfung von an diesen Bescheid anknüpfenden Regelungen (erneut) aufzuwerfen und das Ergebnis bei dieser Prüfung zu berücksichtigen. Demzufolge schlägt es auf die Regelung, dass Stundungszinsen für diesen Teil der Hauptforderung auch schon vor Eintritt der Bestandskraft zu entrichten sind, nicht durch, dass Ziffer 1 des Leistungsbescheides aus den unter 1. genannten Gründen insgesamt rechtswidrig ist und aufzuheben gewesen wäre.
61Die Festsetzung von Stundungszinsen ab dem 25. Oktober 2010 bis zum Eintritt der Bestandskraft leidet auch nicht an eigenständigen Rechtsfehlern. Dass die Beklagte überhaupt berechtigt ist, bei Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 49 Abs. 4 Satz 3 SG eine Stundung zu gewähren und Stundungszinsen zu erheben, und dass auch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch (und ggf. nachfolgender Klage) die Festsetzung von Stundungszinsen vor Eintritt der Bestandskraft des Verwaltungsakts nicht hindern, hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt; hierauf nimmt der Senat Bezug (§ 130b Satz 2 VwGO).
62Die Anordnung von Stundungszinsen für die Zeit vor Eintritt der Bestandskraft ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung darauf abgestellt, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs bewirke, dass der frühere Soldat während deren Dauer keine Zahlung leisten müsse, der Geldbetrag also der Beklagten während der Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens nicht zur Verfügung stehe. Ausgehend hiervon sei eine unterschiedliche Regelung der Verzinsung bis zur Bestandskraft nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Denn ein sachlicher Grund dafür, dass der Anfall von Zinsen während des gerichtlichen Verfahrens davon abhänge, ob sich der Soldat bei Bestandskraft des Leistungsbescheides für die Inanspruchnahme der Ratenzahlung oder die sofortige Rückzahlung des gesamten Betrages entscheide, sei nicht ersichtlich. Dies gelte umso mehr, als eine Rechtsgrundlage für eine Zinsforderung bis zur Bestandskraft für den Fall, dass der Soldat die Forderung mit Bestandskraft in einer Summe zahle, im Soldatengesetz nicht gegeben sei.
63Diesen Erwägungen folgt der Senat nicht: Erweist sich der Bescheid im Rechtsbehelfsverfahren (ganz oder teilweise) als rechtmäßig und wird bestandskräftig, so entfällt die aufschiebende Wirkung mit Wirkung ex tunc.
64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. September 1962 – 6 B 10.62 –, DÖV 1962, 795 = juris; OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2011 – 12 A 2546/10 –, juris, Rn. 7; Gersdorf, in: Posser/ Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 80 Rn. 39; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 80 Rn. 41 ff.
65Der frühere Soldat ist dann (rückwirkend) von dem im Leistungsbescheid ausdrücklich oder sinngemäß festgesetzten Zeitpunkt an zur Zahlung verpflichtet, und ab diesem Zeitpunkt greift die ihm ggf. eingeräumte Stundung. Ob dem früheren Soldaten als Bestandteil des Leistungsbescheides eine Stundung gewährt wird, beurteilt sich – eine etwaige spätere (hier nicht erfolgte) Anpassung des Bescheides bei Änderung der Verhältnisse dabei außer Betracht gelassen – zunächst maßgeblich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier des Erlasses des Widerspruchsbescheides. War bezogen auf diesen Zeitpunkt die regelmäßig auf den Angaben des früheren Soldaten zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, die er im Rahmen des Rückforderungsverfahrens gegenüber der Beklagten gemacht hat, beruhende Stundung des Rückzahlungsbetrags unter Anordnung von Ratenzahlungen und Stundungszinsen rechtlich nicht zu beanstanden, so hat es hiermit auch für die vom Verwaltungsgericht angestellte Vergleichsbetrachtung sein Bewenden. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides wird namentlich nicht dadurch berührt, dass sich der frühere Soldat möglicherweise nach Bestandskraft des Leistungsbescheides zur Rückzahlung der Hauptforderung in einer Summe entschließt und von der eingeräumten Stundung insoweit keinen (weiteren) Gebrauch mehr macht. Nichts anderes gilt unter der Annahme, die Stundung und Festsetzung der Stundungszinsen enthalte Elemente eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung, dessen Rechtmäßigkeit sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung richtet, in dem aber auch noch keine vollständige Rückzahlung erfolgt ist. Abgesehen davon dürfte es sich bei dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Vergleichsfall angesichts der regelmäßig hohen Rückzahlungsbeträge um einen eher theoretischen Fall handeln, der auch aus diesem Grunde nicht geeignet erscheint, einen Gleichheitsverstoß aufzuzeigen. Verhält es sich (ausnahmsweise) so, dass auf Grund der günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten eine Stundung rechtmäßig unterbleibt, handelt es sich von vornherein um eine gegenüber dem (regelmäßigen) Stundungsfall andere Fallgestaltung, deren unterschiedliche Regelung ebenfalls keinen Gleichheitsverstoß bewirkt. Ein Gleichheitsverstoß ist auch nicht in Anbetracht der vom Kläger angeführten Erklärung der Beklagten vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof festzustellen. Hierzu hat die Beklagte ausgeführt, dass es sich um eine nicht abgestimmte Erklärung ihres damaligen Sitzungsvertreters gehandelt habe. Danach besteht also keine in diese Richtung gehende Verwaltungspraxis der Beklagten, die nach dem Gleichbehandlungsgebot auch vorliegend eine entsprechende Einschränkung des Zinsverlangens erfordern würde. Die Angaben der Beklagten sind im Übrigen gut nachvollziehbar, weil dem Senat aus einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle bekannt ist, dass die Beklagte Stundungszinsen regelmäßig auch schon für die Zeit vor Eintritt der Bestandskraft festsetzt.
66Schließlich begegnet auch die mit vier vom Hundert festgesetzte Höhe der Stundungszinsen – so diese Frage vor dem Hintergrund der obigen Auslegung des Klageantrags in Richtung auf das Wort „insgesamt“ überhaupt Bestandteil des Streitgegenstandes sein sollte – keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In der Rechtsprechung wird allerdings teilweise die Auffassung vertreten, die Beklagte übe ihr Ermessen hinsichtlich der Zinshöhe nur dann beanstandungsfrei aus, wenn sie die Zinsen derzeit nicht höher als eineinhalb vom Hundert festsetze. Zur Begründung wird auf die derzeitigen niedrigen Zinsen für grundpfandlich gesicherte Baufinanzierungskredite oder die ebenfalls augenblicklich außerordentlich günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten der Beklagten auf dem Kapitalmarkt verwiesen.
67Vgl. in diesem Zusammenhang etwa VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 43 ff., und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 62 f.; VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 97.
68Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 128 ff., Zweifel an diesen Ansätzen bekundet. Die Konditionen für Baufinanzierungskredite geben keinen geeigneten Anhalt für eine noch ermessensgerechte Festlegung der Zinshöhe, da es sich bei der Stundung der Rückzahlung von Ausbildungskosten nicht um einen derartigen Kredit handelt, und zwar weder der Sache nach, noch im Hinblick auf seine Besicherung, die für Grundpfanddarlehen ein wesentlicher Bemessungsfaktor der Zinshöhe ist. Da vorliegend die Stundung nicht in entsprechender Weise abgesichert ist, dürfte es (wenn überhaupt) eher naheliegend sein, die marktüblichen Konditionen unbesicherter (Konsumenten-) Darlehen vergleichend heranzuziehen. Ein Abstellen allein auf die Refinanzierungskosten der Beklagten auf dem Kapitalmarkt lässt außer Acht, dass der Rückzahlungsverpflichtung auch ein gewisser Sanktionscharakter innewohnt.
69Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 7 f.
70Aber auch unabhängig davon erscheint eine Zinshöhe bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht ermessensfehlerhaft, die sich an einem seit vielen Jahren unbeanstandeten Wert orientiert, der im Übrigen einem Niveau entspricht, das selbst in der aktuellen Niedrigzinsphase durchaus z. B. bei den schon angesprochenen Konsumentenkrediten oder dem Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (derzeit 3,91 vom Hundert effektiver Jahreszins variabel bei einem garantierten Höchstzins von 9,25 vom Hundert; vgl. https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Studieren-Qualifizieren/Direkt-zum-KfW-Studienkredit/#2) üblich ist.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
73Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die Grundqualifikation wird erworben durch
- 1.
das Bestehen einer theoretischen und einer praktischen Prüfung bei einer Industrie- und Handelskammer nach Maßgabe einer Rechtsverordnung auf Grund des § 27 Absatz 1 Nummer 1 oder - 2.
den Abschluss einer Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer oder zur Fachkraft im Fahrbetrieb oder in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.
(2) Die beschleunigte Grundqualifikation wird erworben durch Teilnahme am Unterricht bei einer anerkannten Ausbildungsstätte und das Bestehen einer theoretischen Prüfung bei einer Industrie- und Handelskammer nach Maßgabe einer Rechtsverordnung auf Grund des § 27 Absatz 1 Nummer 1.
(3) Die Grundqualifikationen und die beschleunigte Grundqualifikation werden jeweils bezogen auf bestimmte Fahrerlaubnisklassen erworben.
(4) Wer im Rahmen des Erwerbs der Grundqualifikation oder der beschleunigten Grundqualifikation ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt und die für das Führen dieses Kraftfahrzeugs vorgeschriebene Fahrerlaubnis nicht besitzt, muss von einer Person begleitet werden, die Inhaber einer Fahrlehrerlaubnis nach § 1 des Fahrlehrergesetzes ist. Bei diesen Fahrten gilt die Begleitperson als Führer des Kraftfahrzeugs im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes. Das Fahrzeug muss den Anforderungen eines für die Fahrausbildung zugelassenen Fahrzeugs genügen.
Die Regelungen zur Erlangung der Grundqualifikation und der beschleunigten Grundqualifikation finden keine Anwendung auf Fahrer, die eine Fahrerlaubnis besitzen oder eine Fahrerlaubnis besessen haben, die ihnen entzogen worden ist, auf die sie verzichtet haben oder deren Geltungsdauer abgelaufen ist, sofern es sich um eine Fahrerlaubnis handelt, die
- 1.
vor dem 10. September 2008 erteilt wurde und für die Klassen D1, D1E, D, DE oder eine gleichwertige Klasse gilt; - 2.
vor dem 10. September 2009 erteilt wurde und für die Klassen C1, C1E, C, CE oder eine gleichwertige Klasse gilt.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Leistungsbescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 wird aufgehoben, soweit ein Erstattungsbetrag von mehr als 40.998,00 Euro gefordert wird.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 22. Mai 1977 geborene Kläger trat am 1. März 2000 – er war zu diesem Zeitpunkt schon Stabsunteroffizier der Reserve – als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit wieder in die Bundeswehr ein. Sein Wehrdienst wurde aufgrund einer Verpflichtungserklärung vom 18. Oktober 1999 auf 19 Jahre festgesetzt; als Dienstzeitende war der Ablauf des 11. Februar 2018 bestimmt.
3Im Zeitraum vom 5. Oktober 2000 bis zum 9. Mai 2006 setzte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst ein bereits vor dem Wiedereintritt in das Soldatenverhältnis begonnenes Studium der Humanmedizin an der K. -H. -Universität N. fort. Am 25. April 2006 erhielt er die Approbation als Arzt. Mit Urkunde vom 5. April 2006 wurde der Kläger am 10. Mai 2006 zum Stabsarzt ernannt. Vom 10. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2007 absolvierte er eine klinische Weiterbildung für Anästhesiologie im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. .
4Durch Ernennungsurkunde der Westfälischen-Wilhelms-Universität vom 14. Juni 2007 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 2007 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat ernannt.
5Mit Blick auf die hierdurch kraft Gesetzes eingetretene Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit, welche als Entlassung auf eigenen Antrag gelte, forderte das Personalamt der Bundeswehr von dem Kläger mit Leistungsbescheid vom 9. Oktober 2009 die Erstattung des ihm als Sanitätsoffiziers-Anwärter gewährten Ausbildungsgeldes sowie der darüber hinaus im Rahmen seiner ärztlichen Aus‑ und Weiterbildungen entstandenen Fachausbildungskosten in der festgesetzten Gesamthöhe von 119.976,07 Euro (Ziffer 1 des Bescheides). Zur Vermeidung einer besonderen Härte wurde dem Kläger aufgrund der von ihm dargelegten wirtschaftlichen Situation zugleich eine verzinsliche Stundung eingeräumt; die monatlich zu leistenden Raten wurden auf 220,00 Euro festgesetzt (Ziffer 2 des Bescheides). Stundungszinsen in Höhe von 4 % sollten mit Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens aber ab 20. November 2009 anfallen (Ziffer 3 des Bescheides). Die verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen wurde unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse gestellt. Dies sollte von der für die Einziehung der Forderung zuständigen Stelle jährlich überprüft werden. Unvorhergesehene Verbesserungen in den Einkommens- oder Vermögensverhältnissen waren vom Kläger unverzüglich anzuzeigen (Ziffer 4 des Bescheides).
6Zur Begründung war in dem Bescheid u.a. ausgeführt: Die Erstattungsforderung gründe auf § 56 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 des Soldatengesetzes (SG). Bezogen auf die Härteregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG komme hier – über die gewährte Stundung durch Gewährung von Teilzahlungen hinaus – ein teilweiser Verzicht auf die Rückforderung des Ausbildungsgeldes aufgrund einer Abdienzeit nicht in Betracht. Denn der Kläger habe sich nach dem Medizinstudium bis zum Ausscheiden aus der Bundeswehr ausschließlich in der Fachausbildung befunden und habe daher dem Dienstherrn zu keinem Zeitpunkt mit den erworbenen Kenntnissen uneingeschränkt zur Verfügung gestanden.
7Seinen gegen diesen Leistungsbescheid gerichteten Widerspruch, welchen der Kläger auf den eine Erstattungssumme von 40.998,00 Euro übersteigenden Betrag beschränkte, stützte er im Wesentlichen auf den Gesichtspunkt einer defizitären Ausschöpfung der bestehenden Härtefallregelung. Er, der Kläger, habe die Bundeswehr aus Gewissensgründen verlassen. Hierbei habe es sich – im Sinne der Rechtsprechung zum Begriff der „besonderen Härte“ in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG – um schwerwiegende Umstände gehandelt, denen er sich nicht habe entziehen und nur durch ein sofortiges Ausscheiden aus dem Wehrdienst habe Rechnung tragen können. Eine solche Ausnahmesituation könne nicht nur – was das Bundesverwaltungsgericht bereits anerkannt habe – in den Fällen der Ausübung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung bestehen, sondern auch dann, wenn – wie hier – der Zeitsoldat eine Gewissensentscheidung anderer Art, d.h. eine solche im Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG, getroffen habe. Die betreffende Grundrechtsausübung habe keinen „geringeren“ Rang als die Ausübung des Grundrechts nach Art. 4 Abs. 3 GG.
8Der Widerspruchsbegründung fügte der Kläger eine detaillierte schriftliche Darstellung derjenigen Gründe bei, die ihn zum Ausscheiden aus der Bundeswehr bewogen hätten: Aus Gewissensgründen habe er den in den letzten zehn Jahren eingetretenen Wandel der Bundeswehr von einer auf die Aufgabe der Landesverteidigung und echte Nothilfe für die Verbündeten beschränkten Armee hin zu einer weltweit einzusetzenden und unspezifisch-„präventiv“ tätig werdenden Interventionsarmee nicht mehr mittragen können. Diese seines Erachtens falsche Militärdoktrin habe er nach seiner in langen und schweren Kämpfen gewonnenen, auch in Gesprächen mit Vorgesetzten gereiften inneren Überzeugung nicht mit seinem Gewissen vereinbaren können. Allerdings fühle er sich weiterhin seiner Überzeugung und dem Eid verpflichtet, woraus sich seine Dienstpflicht zur Landesverteidigung als Reserveoffizier ergebe. Dieser Überzeugung entspringe auch sein Engagement, als Reservist in Wehrübungen und im Reservistenverband aktiv zu sein und an Ausbildung und Training für Reservisten aktiv teilzunehmen. Gerade deshalb sei für ihn eine generelle Kriegsdienstverweigerung niemals in Frage gekommen. Wenn auch seine Entscheidung, das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit bei der Bundeswehr zu verlassen, maßgeblich auf die moralische Unvereinbarkeit mit den Rahmenbedingungen des Dienstes zurückgehe, seien davon abgesehen auch die Arbeitsbedingungen bei der Bundeswehr innerhalb des Sanitätsdienstes derart belastend und ausweglos gewesen, dass für ihn ein weiterer Verbleib objektiv nicht zumutbar gewesen sei. Es sei dort keine ordnungsgemäße Aus‑ und Weiterbildung gewährleistet, es existierten keine zivilen Arbeitszeiten, das Patientenwohl sei durch die nicht haltbaren Zustände gefährdet und er selbst habe aufgrund der Gegebenheiten sich ständig der Gefahr der Begehung rechtswidriger Handlungen ausgesetzt gesehen.
9Mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2010 wies das Personalamt der Bundeswehr den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte im Wesentlichen aus: Ein vollständiger oder auch nur teilweiser Verzicht auf die begründete Erstattungsforderung komme hier nicht in Betracht. Ein Härtefalltatbestand im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sei nicht gegeben. Mit Blick auf die Gewährung von Ratenzahlungen sei eine ernstliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nicht zu erwarten. Der Kläger habe auch weder seine Entlassung aus der Bundeswehr betrieben, um als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden, noch sei eine solche Anerkennung nach seinem Ausscheiden erfolgt. Soweit der Kläger darauf verweise, dass sein Ausscheiden aus der Bundeswehr gleichwohl maßgeblich aus Gewissensgründen erfolgt sei, sei dies für den Rückforderungsanspruch nach § 56 Abs. 4 SG rechtlich nicht von Belang. Für den Wechsel in das Beamtenverhältnis und die daran knüpfende Entlassung aus dem Soldatenverhältnis seien die Motivation sowie die persönlichen Beweggründe unerheblich. Da der Kläger einem anderen Personenkreis angehöre als dem der anerkannten Kriegsdienstverweigerer, liege insoweit auch keine dem Gleichbehandlungsanspruch widersprechende Benachteiligung vor. Die schließlich geltend gemachte Unzufriedenheit mit den dienstlichen Verhältnissen bzw. der Einplanungssituation könne nach der Rechtsprechung die Annahme einer persönlichen Härte im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG nicht begründen.
10Am 7. September 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat darin den Leistungsbescheid angegriffen, soweit eine Erstattung von mehr als 40.998,00 Euro gefordert wird. Diese Beschränkung hat er damit begründet, dass er gegen eine Erstattung in Höhe desjenigen Betrages, den er als Studierender für seinen Lebensunterhalt ohnehin aufgewandt hätte, keine Einwände erhebe. Weiter hat er seine Auffassung bekräftigt, dass auch in seinem Fall eine „besondere Härte“ im Sinne des § 56 SG bejaht werden müsse. Er habe zwar keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen, jedoch eine Gewissensentscheidung, die es ihm unmöglich mache, sich an den kriegerischen Auseinandersetzungen, welche die Bundeswehr führe, zu beteiligen. Diese Entscheidung sei grundrechtlich geschützt durch die Gewissensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG. Auch diese Gewissensentscheidung habe ein solches Gewicht, dass ihm das Verbleiben in der Bundeswehr nicht möglich gewesen sei. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang nicht, welchen formalen Weg er für die Entlassung gewählt habe, sondern das Motiv der Entlassung. Demgemäß sei dieser Umstand bei der Ermessensentscheidung im Rahmen der Härtefallregelung zur Rückforderung von Ausbildungskosten zu berücksichtigen.
11Der Kläger hat beantragt,
12den Leistungsbescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 8. (richtig: 9). Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 insoweit aufzuheben, als ein Betrag von mehr als 40.998,00 Euro geltend gemacht wird.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie hat sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen und die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung bekräftigt und vertieft. Die von dem Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Kriegsdienstverweigererfällen sei davon ausgehend hier nicht einschlägig. Da es der Kläger unterlassen habe, seinerzeit die Entlassung aus den von ihm genannten Gründen zu beantragen, könnten diese Gründe für die Festsetzung der Höhe der Rückforderungssumme auch nicht mehr maßgeblich sein.
16Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat dabei keine durchgreifenden Gründe für eine weitergehende Berücksichtigung der in Rede stehenden Härtefallregelung feststellen können. Sei von dem betroffenen Soldaten – wie hier – kein Verfahren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer angestrengt worden, lasse sich auf sonst angeführte Gewissensgründe eine besondere Härte nicht erfolgreich stützen.
17Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 17. April 2014 zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger – unter ergänzender Bezugnahme auf sein Vorbringen im vorausgegangenen Zulassungsverfahren – den Rechtsstandpunkt, dass hier ein Fall vorliege, in welchem die von der Beklagten geforderte Erstattung von Ausbildungskosten für den früheren Soldaten eine „besondere Härte“ im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG bedeuten würde.
18Diesbezüglich komme es nicht darauf an, dass er kein förmliches Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer durchlaufen habe. Für eine derartige Beschränkung biete die in Rede stehende Härtefallregelung keine Anhaltspunkte. Entscheidend sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Erstattung allein ein Instrument des wirtschaftlichen Vorteilsausgleichs sei und kein Druckmittel darstellen dürfe, welches geeignet sei, den Soldaten von der Grundrechtsausübung auszuschließen. Auch wenn das einschlägige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu einem anerkannten Kriegsdienstverweigerer ergangen sei, sei es in seinen Auswirkungen nicht auf eine Absicherung der Ausübung des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG beschränkt. Denn ob ein Soldat wegen Kriegsdienstverweigerung oder aus moralischen Gründen im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG aus der Bundeswehr ausscheide, mache keinen beachtlichen Unterschied, zumal es nach dem derzeitigen Recht für Soldaten auf Zeit, welche den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern wollten, kein förmliches Anerkennungsverfahren mehr gebe.
19Er, der Kläger, habe – wie schon mit seinem Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Leistungsbescheid ausführlich dargelegt – eine Gewissensentscheidung getroffen, die es ihm nicht möglich mache, an den kriegerischen Auseinandersetzungen, die die Bundeswehr führe, teilzunehmen. Diese Entscheidung gegen die Teilnahme an bestimmten kriegerischen Auseinandersetzungen sei durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützt. Schutzgut der Gewissensfreiheit sei die moralische Identität und Integrität des Einzelnen. Eine Gewissensentscheidung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts „jede ernstliche sittliche, d. h. an den Kategorien von Gut und Böse orientierte Entscheidung (….), die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte“. Mit Blick auf die etwa an verschiedenen Interviews damaliger Spitzenpolitiker (Köhler, 22.05.2010; zu Guttenberg, 9. November 2010) festzumachende Neuausrichtung der Bundeswehr in Gestalt der Umwandlung von einer Institution zur Landesverteidigung hin zu einer allseits tätigen und weltweit einsatzfähigen Interventionsarmee habe er, der Kläger, eine den vorgenannten Anforderungen entsprechende Gewissensentscheidung getroffen und sei aus diesem Grunde vorzeitig aus dem Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten ausgeschieden. Diese Gewissensentscheidung habe sich gegen die konkrete Tätigkeit der Bundeswehr nach deren Neuausrichtung, von deren Auswirkungen auch der Sanitätsdienst in besonderer Weise betroffen sei (bezogen auf Afghanistan etwa: Einsatz unter Gefechtsbedingungen, äußerst ungünstige Infrastruktur) gerichtet, nicht aber gegen den Zwang zum Dienst an der Waffe.
20Eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer habe er folglich nicht erreichen können. Insoweit sei aber anerkannt, dass das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG nicht durch das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung verdrängt werde, denn Art. 4 Abs. 3 GG regele die Wirkungen der Gewissensfreiheit nur für den Bereich der Wehrpflicht, also des Zwanges zum Wehrdienst, abschließend, nicht aber auch im Übrigen für das Soldatenverhältnis. Letzteres ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.06.2005 – 2 WD 12.04 -.
21Die von ihm getroffene Gewissensentscheidung sei auch von gleichem Gewicht wie eine solche im Rahmen der Ausübung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung. Es habe für ihn eine erhebliche Zwangslage bestanden, die er nur in der geschehenen Weise habe lösen können. Seinen Gewissenskonflikt habe er dabei gegenüber Vorgesetzten (den schon erstinstanzlich benannten Zeugen Dr. M. und Dr. W. ) bereits im Herbst 2006 nach Erscheinen des Weißbuches der Bundeswehr in mehreren Gesprächen zum Ausdruck gebracht.
22In diesem Zusammenhang sei auch der Weg, den der Soldat auf Zeit zum Verlassen der Bundeswehr konkret gewählt habe (hier: Übertritt in den Beamtenstatus) unerheblich. In besonderer Weise müsse dies für Angehörige des Sanitätsdienstes der Bundeswehr gelten. Denn bis zu einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erst im Jahre 2012 hätten die betreffenden Zeitsoldaten, da sie „waffenlosen“ Dienst leisteten, nicht erfolgversprechend einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen und auf jenem Weg ihre Entlassung aus der Bundeswehr herbeiführen können; ihnen sei hierfür vielmehr das Rechtsschutzinteresse abgesprochen worden. Für die Anwendung der in Rede stehenden Härtefallregelung könne es deswegen allein auf das Motiv für die Entlassung ankommen.
23Bei Anwendung der Härtefallregelung brauchten die Ausbildungskosten nur in Höhe des geldwerten Vorteils erstattet zu werden, der dem früheren Soldaten „real und nachprüfbar“ verblieben sei. Das entspreche hier den ersparten Ausbildungskosten. Für deren Berechnung sei der Unterhaltsbedarf eines Studenten zugrunde zu legen, wie er sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebe. Das führe hier für den Gesamtzeitraum auf einen zu erstattenden Betrag von 40.988,00 Euro. Wegen der darüber hinausgehenden Erstattungsforderung sei die Klage begründet. Jedenfalls sei der angefochtene Bescheid aufzuheben und habe ggf. eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erfolgen.
24Der Kläger beantragt,
25das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Sie bezweifelt zum einen, dass der Kläger bei seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr im Wege des Übertritts in den Beamtenstatus in einem Gewissenskonflikt gestanden hat, wie er ihn später, nämlich erst nach Ergehen des Erstattungsbescheides im Oktober 2009 im Rahmen der Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs schriftlich behauptet hat. Der als maßgeblicher Grund für das Ausscheiden angeführte verteidigungspolitische Paradigmenwechsel erscheine hier nur vorgeschoben, um eine Reduzierung des Erstattungsbetrages zu erreichen. Auslandseinsätze (z.B. im Kosovo) habe es nämlich auch schon zu Zeiten gegeben, als der Kläger als Offiziersanwärter in den Dienst der Bundeswehr wieder eingetreten sei. Zum anderen lägen die Voraussetzungen für eine Reduzierung des Erstattungsbetrages im Rahmen der Anwendung der Härtefallklausel aber selbst dann nicht vor, wenn sich der Kläger damals tatsächlich in dem behaupteten Gewissenskonflikt befunden hätte. Denn es fehle hier an einer mit anerkannten Kriegsdienstverweigerern vergleichbaren Situation, insbesondere an einer entsprechend existenziellen Zwangslage. Die Ablehnung bestimmter Kriege aus politischen Gründen habe nicht den Charakter einer unbedingten und unteilbaren Gewissensentscheidung. Der Kläger verhalte sich widersprüchlich, wenn er auf der anderen Seite als Reservist weiterhin aktiv tätig sei und sich der Landesverteidigung verpflichtet fühle.
29Der Senat hat in der mündlichen Berufungsverhandlung zu der Frage, ob, wann, und ggf. in welcher Weise der Kläger mit den Zeugen Generalarzt a.D. Dr. W. und Oberstarzt Dr. M. darüber gesprochen hat, dass er mit der Neuausrichtung der Bundeswehr im Gefolge einer geänderten Sicherheitspolitik Probleme habe, Beweis erhoben durch Vernehmung der vorbenannten Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über den Verhandlungstermin verwiesen.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32Die zulässige Berufung ist begründet.
33Die Anfechtungsklage des Klägers hat im Ergebnis Erfolg. Der angegriffene Leistungsbescheid vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 ist in dem Umfang, in dem sich der Kläger mit seiner – wie schon im Widerspruchsverfahren – auf einen Teilbetrag beschränkten Klage gegen ihn wendet, aufzuheben. Denn dieser Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
341. Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Soldatengesetzes (SG) – hier wegen der in § 97 Abs. 1 SG enthaltenen Übergangsregelung noch anzuwenden in der bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) gültig gewesenen Fassung – muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war und der auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag als entlassen gilt, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung seinem Dienstherrn grundsätzlich erstatten. Nach dem Satz 2 der Vorschrift gilt das unter den gleichen Voraussetzungen für einen früheren Zeitsoldaten in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes, der als Sanitätsoffizier-Anwärter Ausbildungsgeld erhalten hat.
35Hierunter fällt auch der Kläger. Dieser war bis zu seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr Soldat auf Zeit und gehörte der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes an. Während der Zeit, in welcher der Kläger im Status des Soldaten auf Zeit unter Freistellung vom militärischen Dienst Humanmedizin an einer Hochschule außerhalb der Bundeswehr studierte, erhielt er – als Sanitätsoffiziersanwärter – Ausbildungsgeld in der Gesamthöhe von 119.976,07 Euro. Das entspricht dem mit Leistungsbescheid zurückgeforderten Betrag; Kosten einer Fachausbildung sind in diesem nicht enthalten. Aufgrund der Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 2 und 3 BRRG a. F. galt der Kläger mit seiner Ernennung zum Akademischen Rat bei der X1. X. -Universität N1. zum 1. Juli 2007 schließlich auch als auf eigenen Antrag entlassen.
362. Die danach bestehende (vollständige) Erstattungspflicht greift jedoch nicht in jedem Falle. So kann nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Hierbei handelt es sich um eine sog. Kopplungsvorschrift, die als Tatbestandsmerkmal das gerichtlich voll überprüfbare Vorliegen einer– gemessen am Regelfall atypischen – besonderen Härte voraussetzt. Ist dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, muss sich daran noch eine Ermessensentscheidung des Dienstherrn anschließen, die nach Maßgabe des § 114 VwGO nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt.
37Die Beklagte hat mit ihrem Leistungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides dem Vorliegen eines solchen Härtefalles jedenfalls in einem Punkte zu Unrecht nicht Rechnung getragen. Sie hat damit zur Frage der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG eine nicht ermessensgerechte Entscheidung getroffen, was im Ergebnis die Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides und (im Umfang des Streitgegenstandes) seine Aufhebung zur Folge hat.
38a) Unter welchen Voraussetzungen eine „besondere Härte“ angenommen werden kann, konkretisiert das Gesetz nicht unmittelbar. Mit dem Zusatz „besondere“ weist allerdings schon der Gesetzeswortlaut in die Richtung, dass es sich um deutlich aus dem üblichen Rahmen fallende, eben atypische und dabei zugleich als schwerwiegend zu bewertende (Ausnahme-)Situationen in Bezug auf das als Anknüpfungspunkt betroffene Erstattungsverhältnis handeln muss. In diesem Zusammenhang ist zur näheren Konkretisierung des Norminhalts namentlich dem inneren Grund, also dem Zweck der betreffenden Härtefallregelung Rechnung zu tragen. Dieser geht dahin, es über die vom Gesetzgeber in der Regelvorschrift vorgenommene Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen hinaus für besondere Einzelfälle oder Gruppen von solchen zu ermöglichen, dass den dem Rechtsstaatsprinzip zuzuordnenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel und des Übermaßverbots die gebührende Beachtung geschenkt werden kann.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 44; ferner etwa das Urteil des Senats vom 22. August 2013 – 1 A 2278/10 –, NZWehrr 2014, 122 = juris, Rn. 28.
40Den Begriff der „besonderen Härte“ verwendet das Soldatengesetz allerdings auch im Zusammenhang mit den Entlassungsgründen (§ 55 Abs. 3 SG und entsprechend für Berufssoldaten § 46 Abs. 6 SG). In jenem Zusammenhang ist gesetzlich näher bestimmt worden, dass sich die Härte auf persönliche, insbesondere häusliche, berufliche oder wirtschaftliche Gründe beziehen muss. Ob eine entsprechende Festlegung bzw. Eingrenzung der beachtlichen Gründe auch für das Merkmal der besonderen Härte in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG anzunehmen ist und wie sich die jeweils wortgleichen Tatbestandsmerkmale in den genannten Vorschriften inhaltlich zueinander verhalten, braucht aus Anlass des vorliegenden Verfahrens nicht abschließend entschieden zu werden.
41Vgl. zu nicht nur sprachlichen, sondern auf einer gemeinsamen Zielsetzung beruhenden auch inhaltlichen Parallelen BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 45; zu systematischen Bedenken gegen eine sachlich übereinstimmende Auslegung unter Hinweis u.a. auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes etwa OVG NRW Urteil vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 –, RiA 1997, 145 = juris, Rn. 12, sowie Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 22.
42Denn hier geht es mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Zeitsoldaten (siehe näher unter c) entscheidungstragend um einen Anwendungsfall einer „besonderen Härte“, dessen Zuordnung zu den im Rahmen des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG beachtlichen Härtegründen nicht in Frage steht.
43b) Unter den vom Kläger im Verlauf des Verfahrens angeführten Gesichtspunkten kann die begehrte teilweise Aufhebung des Leistungsbescheides mit Blick auf eine Anwendung der Härtefallklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG allerdings nicht erfolgen.
44Soweit das Bundesverwaltungsgericht für die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer einen Härtefall angenommen hat,
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 = Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 13, 15 ff., und zuvor (evtl. weniger weitgehend) schon Beschluss vom 2. Juli 1996– 2 B 49.96 –, DVBl. 1996, 1152 = juris, Rn. 5 ff.,
46hilft das dem Kläger nicht unmittelbar weiter. Denn er ist kein anerkannter Kriegsdienstverweigerer und hat auch einen solchen Antrag schon nicht gestellt.
47Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch darauf, nach der von ihm geltend gemachten Motivationslage, insbesondere einer reklamierten Gewissensentscheidung, die für seine Entscheidung, durch Ernennung zum Beamten aus dem aktiven Soldatenverhältnis auszuscheiden, maßgeblich gewesen sei, mit der Fallgruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer gleichbehandelt zu werden. In diesem Zusammenhang braucht der Senat nicht zu entscheiden, in welchem Verhältnis das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung nach Art. 4 Abs. 3 GG zu der in Art. 4 Abs. 1 GG vorbehaltlos gewährleisteten Gewissensfreiheit steht, wenn die vorgegeben Gewissensentscheidung zum Ausscheiden aus dem aktiven Soldatenverhältnis führt (nachfolgend bb)). Denn dem Kläger ist bereits eine derartige Gewissensentscheidung nicht abzunehmen (nachfolgend aa)).
48aa) Der Kläger hat den Senat nicht davon überzeugen können, dass sein Entschluss, die Bundeswehr zum Juli 2007 durch Eintritt in ein Beamtenverhältnis zu verlassen, ursächlich auf Gewissensgründe zurückzuführen ist, welche dem Schutz des Grundrechts der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG unterfallen können. Solches erschließt sich weder aus seinem schriftlichen Vorbringen noch folgt es aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat.
49Nach Art. 4 Abs. 1 GG ist (u. a.) die Freiheit des Gewissens unverletzlich. Ob der Begriff des Gewissens angesichts der Vielzahl möglicher prägender Bezugspunkte überhaupt einer einfachen (einheitlichen) Definition zugänglich ist, wird zum Teil bezweifelt.
50Vgl. etwa Bethge, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI , § 158 Rn. 4.
51Das Bundesverfassungsgericht versteht „Gewissen“ im Sinne des „allgemeinen Sprachgebrauchs“, und zwar als ein (wie auch immer begründbares, jedenfalls aber) real erfahrbares seelisches Phänomen, dessen Forderungen, Mahnungen und Warnungen für den Menschen unmittelbar evidente Gebote unbedingten Sollens sind. Als eine Gewissensentscheidung ist dementsprechend jede ernste sittliche, d. h. an den Kategorien „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung anzusehen, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
52Vgl. – grundlegend – BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45 = juris, Rn. 28, 30; unbeschadet eines gewandelten, den Begriff der Gewissenentscheidung in Richtung auf eine „relative“ Entscheidung über die Zweckmäßigkeit menschlichen Verhaltens ausweitenden Verständnisses in der Öffentlichkeit hieran festhaltend Urteil vom 13. April 1978 – 2 BvR 1/77 u.a. –, BVerfGE 48, 127 = juris, Rn. 83.
53Die Anwendung dieser Verfassungsnorm im Einzelfall darf dabei dem Phänomen „Gewissen“ nur so weit nachgehen, als sie mit den ihr zu Gebote stehenden Erkenntnismitteln zu prüfen hat, ob, was sich nach außen als Gewissensentscheidung kundgibt, wirklich den Charakter eines unabweisbaren Gebots, einer inneren Wahrung vor dem Bösen und eines unmittelbaren Aufrufs zum Guten, trägt. Praktische Schwierigkeiten bei der Beurteilung solcher Sachverhalte müssen in Kauf genommen werden; in die Prüfungskompetenz der Gerichte fällt es insbesondere nicht, eine – einmal als solche erkannte – Gewissensentscheidung in irgendeinem Sinne zu bewerten, etwa als „irrig“, „falsch“ oder „richtig“.
54BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960, a.a.O., juris, Rn. 31.
55Das insoweit erforderliche Prüfprogramm setzt sich im Kern aus vier Kriterien zusammen, die kumulativ vorliegen müssen: Individualität, Moralität, Existentialität und Plausibilität. Individualität kennzeichnet den Charakter als reines Individualgrundrecht. Es kommt somit nicht auf ein „verobjektiviertes“ Durchschnittsgewissen an, sondern das Grundrecht dient dem Schutz der moralischen Identität und Integrität des Einzelnen. Moralität meint die erforderliche prägende Ausrichtung der in Rede stehenden persönlichen Überzeugung an ethisch-moralischen Kriterien („Gut“ und „Böse). Existentialität kommt der gewonnenen Überzeugung nur zu, wenn sie für den Grundrechtsträger in einem derart hohen Maß wesentlich ist, dass ihr für seine Persönlichkeit existentielle Bedeutung zukommt. Die Hürden hierfür liegen eher hoch, und zwar aus systematischen Gründen und auch, um eine missbräuchliche Berufung auf das Grundrecht zu verhindern. Eine gewisse Orientierungshilfe können in diesem Zusammenhang die Anforderungen an das spezielle Grundrecht des Art. 4 Abs. 3 GG geben. Das Merkmal der Plausibilität geht darauf zurück, dass, obwohl die Gewissensentscheidung naturgemäß individuell-subjektive Züge hat, die bloße verbale Berufung auf das Grundrecht nicht ausreicht. Den Betroffenen trifft vielmehr eine Darlegungslast, welche der Kontrolle der (formalen, nicht inhaltlichen) Plausibilität seiner Haltung dient.
56Vgl. Mückl, in: Bonner Kommentar zum GG, Loseblatt (Stand: Februar 2015), Art. 4 Rn. 79 ff.
57Im Ergebnis muss das „Ob“ des Vorliegens einer durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Gewissensentscheidung – ggf. im Wege der Beweisaufnahme – positiv festgestellt werden, soweit daran wie hier weitere rechtliche Folgen geknüpft werden sollen. Für eine solche Feststellung wird (dem vorgenannten Merkmal der Plausibilität zuzuordnen) von Rechtsprechung und Literatur der Sache nach eine nach außen tretende, rational mitteilbare und dem Kontext intersubjektiv nachvollziehbare Darlegung der Ernsthaftigkeit, Tiefe und Unabdingbarkeit der Gewissensentscheidung gefordert.
58Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 –, a.a.O. und juris, Rn. 160, m.w.N.
59Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers in mehrfacher Hinsicht nicht. Auch insgesamt zeichnet sich nicht das Bild eines Handelns aus einer ernsthaften, tiefgreifenden, innerlich unbedingt verpflichtenden Gewissensnot, der nicht in anderer Weise als durch das vollständige Ausscheiden aus dem aktiven Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit Rechnung getragen werden konnte.
60Der Kläger hat schon nicht klar und überzeugend, dabei widerspruchsfrei und auch im Übrigen plausibel, dem Senat vermitteln können, dass es überhaupt innerlich verpflichtende ethisch-moralische Kriterien waren, die ihn letztlich dazu veranlasst haben, seinen Dienst als Arzt im Sanitätsdienst der Bundeswehr nicht über Juni 2007 hinaus fortzusetzen.
61Das gilt zunächst schon für seine schriftlichen Darlegungen. Zwar führt der Kläger im Anhang zu seiner Widerspruchsbegründung „größte innere Widerstände“ an und verweist zur Erläuterung auf seine „feste Überzeugung“, dass er als Soldat eines rechtsstaatlich-demokratischen Staates nur in einem äußerst begrenzten objektiv-rechtstaatlich (nicht ausschließlich parlamentarisch) legitimierten Notfall, nämlich der Landesverteidigung im engeren Sinne, aktiv werden oder mit seiner Tätigkeit die kämpfende Truppe unterstützen dürfe. Hierzu bezieht er sich weiter u. a. auf die „historisch begründete(n) einzigartige(n) Verantwortung bei der Aufstellung der deutschen Armee“ und auf die dem widersprechende „Kehrtwendung der deutschen Sicherheitspolitik“, wie sie etwa im Weißbuch 2006 ihren Ausdruck gefunden habe. Als Beispiele führt der Kläger namentlich den „Kriegseinsatz“ der Bundeswehr in Afghanistan und auch (als noch bedrückender empfunden) das Engagement der Bundeswehr im zweiten (als völkerrechtswidrig zu bewertenden) Irakkrieg an. Als er sich im Jahre 1999 als Soldat auf Zeit verpflichtet habe, habe er dies demgegenüber unter Maßgabe der seinerzeitigen Verteidigungsdoktrin getan. Die neue Linie, welche den Einsatz todbringender Waffen mit ggf. zahlreichen Opfern auch außerhalb der Landesverteidigung unter zum Teil unspezifisch präventivem Tätigwerden umfasse, widerspreche seinem christlich geprägten Weltbild; für sie gebe es keine sittliche Rechtfertigung. Schließlich hätten ihn auch persönliche Erfahrungen seiner Ehefrau, die sich auf den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern bezögen, in die gleiche Richtung beeinflusst.
62Diese Ausführungen lassen zwar hervortreten, dass der Kläger den wahrgenommenen Wandel in der Ausrichtung des Einsatzes der Bundeswehr aus seiner individuell-persönlichen Sicht nicht gutgeheißen hat. Für die Glaubhaftmachung einer tiefgründigen moralisch-ethischen Unterfütterung dieser Position fehlt es indes an detaillierten Darlegungen von Substanz, etwa schon an einer Erläuterung seiner moralischen Wertvorstellungen in den sich hier stellenden konkreten Bezügen.
63Entsprechendes gilt im Wesentlichen für die ergänzenden Angaben des Klägers in der Berufungsverhandlung. Dort hat er zwar ausgeführt, im Unterschied zu den vorangegangenen Einsätzen in Ex-Jugoslawien, welche er insbesondere angesichts der Vorkommnisse in Srebrenica für moralisch gerechtfertigt gehalten habe, sei beim Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan eine Unterscheidung von „Gut“ und „Böse“ nicht mehr möglich gewesen. Solches habe er Berichten sowohl von Ärzten als auch von Angehörigen der Kampftruppen entnommen. Entsprechende Kontakte habe er namentlich in der Zeit seiner Tätigkeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. gehabt. All dies macht aber vor allem nicht hinreichend deutlich, inwiefern der Kläger als maßgebliche Grundlage seines Ausscheidens aus der Bundeswehr zu dem damaligen Zeitpunkt eine eigene Gewissensentscheidung getroffen hat, welche gerade an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ hätte orientiert sein müssen und sich einer Zuordnung nicht hätte enthalten dürfen.
64Die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung gehörten Zeugen sind nicht geeignet, den Vortrag des Klägers zu einem bei ihm persönlich vorhanden gewesenen Gewissenskonflikt weiter zu stützen. Der Zeuge Dr. M. konnte sich schon nicht an irgendein unmittelbar mit dem Kläger geführtes Gespräch erinnern. Dem Zeugen Dr. W. war zwar noch ein persönliches Gespräch mit dem Kläger zu dessen persönlichen Beweggründen erinnerlich; an den Inhalt dieses Gesprächs hatte er aber keine Erinnerung mehr. Die Aussage des Zeugen Dr. W. ist allerdings unter einem anderen Gesichtspunkt von Interesse. Sie verdeutlicht nämlich, dass es zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt unter den am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. tätig gewesenen jungen Ärzten Angst und Unruhe mit Blick auf die nicht unrealistische Erwartung gegeben hat, im Rahmen von sog. beweglichen Ärztetrupps möglicherweise an Kampfeinsätzen in Afghanistan teilnehmen zu müssen. Außerdem hat dieser Zeuge bekundet, dass seinerzeit etwa hundert Sanitätsoffiziere den Weg des § 125 BRRG (a.F.) gewählt hätten, um das Soldatenverhältnis durch den Übertritt in ein Beamtenverhältnis zu verlassen.
65Die Darlegungen des Klägers zu seiner Gewissensentscheidung sind im Übrigen von Pauschalurteilen geprägt, welche in dieser Form die Lebenswirklichkeit verfehlen. So werden etwa die Auslandseinsätze der Bundeswehr (allgemein) als „Hasardeureinsätze unklarer moralischer Legitimation im fernen Ausland“ bezeichnet (Seite 3 der Anlage zur Widerspruchsbegründung). Dabei fehlt jede Differenzierung nach Anlass und Art der Einsätze, etwa mit Blick auf eine ggf. nur humanitäre oder lediglich dem Aufbau von Sicherheitsstrukturen in einem Land dienende Zielsetzung. Auch findet der Umstand keine Berücksichtigung, dass bewaffnete Auseinandersetzungen im Rahmen der Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich nur zulässig sind, um sich oder Dritte gegen Angriffe zu schützen. Es fehlt auch jede erkennbare tiefere moralische Auseinandersetzung mit dem zum Teil unermesslichen Leid, welches „Schurkenstaaten“ und „Terrorregime“ – gleich in welchem Teil der Welt – über die jeweilige Bevölkerung gebracht haben und weiter bringen, bevor (nach häufig komplizierten und ggf. auch kontrovers geführten Verhandlungen) ein internationaler Einsatz letztendlich beschlossen wird, wobei sich die Bundeswehr an solchen Einsätzen grundsätzlich auch nur innerhalb bestimmter Bündnisse und nach Zustimmung des Parlaments beteiligt. Ebenso wird nicht auf die (zumindest abstrakte und ggf. auch konkrete) Gefahr für die deutsche Bevölkerung durch eine ungezügelte weltweite Ausbreitung terroristischer Aktivitäten eingegangen. Der Hinweis auf die moralische Legitimation des Bundeswehreinsatzes in Ex-Jugoslawien überzeugt dabei wenig. Zum einen hatte auch dieser Einsatz mit der Landesverteidigung im engeren Sinne oder mit Bündnisverpflichtungen nichts zu tun, verlässt der Kläger damit also die Linie seiner übrigen Argumentation. Zum anderen erscheint es aber auch kaum plausibel und hätte jedenfalls näherer Darlegung bedurft, etwa gegenüber dem Vorgehen der Taliban in Afghanistan im Verhältnis zu der dortigen Bevölkerung und in Anbetracht ihrer (damals wohl nicht unbegründet zumindest vermuteten) Rolle als Unterstützer eines ggf. weltweit um sich greifenden Terrorismus einen anderen moralischen Standpunkt einzunehmen. Der plakative Hinweis, bei dem Afghanistan-Einsatz lasse sich nicht zwischen „Gut“ und „Böse“ unterscheiden, womit offensichtlich gemeint ist, dass auch völlig Unbeteiligte durch Einsätze der Bundeswehr zu Schaden kommen (können), lässt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Für und Wider nicht erkennen.
66Zu bedenken bleibt ferner, dass das Vorbringen des Klägers unbeschadet der verbalen Berufung auf moralische Prinzipien eine bestimmte (verteidigungs-)politische Auffassung zum Ausdruck bringt. Politische Überzeugungen fallen als solche aber in aller Regel noch nicht dem Schutzbereich des Grundrechts der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG. Ansonsten wäre einer Überbeanspruchung bzw. einem Missbrauch dieses Grundrechts Tür und Tor geöffnet. Deshalb ist es – jedenfalls einen großen Teil jener Fälle betreffend – in hohem Maße fragwürdig, ob bei Soldaten, welche (nur) Auslandseinsätze der Bundeswehr bzw. (wie im Falle des Klägers) den Dienst mit Blick auf die Einbeziehung auch solcher Einsätze in die politisch festgelegte Verteidigungsstrategie verweigern, wirklich die Kriterien der „Moralität“ und der „Existentialität“ leitend sind, auch wenn sich diese Soldaten hierfür verbal auf ihr „Gewissen“ berufen.
67Vgl. Mückl, in: Bonner Kommentar zum GG, a.a.O., Art. 4 Rn. 193 a.E.
68Dafür, dass der Kläger sich jedenfalls nicht in Gestalt einer absoluten, also unbedingten Verpflichtung durch sein Gewissen innerlich gebunden gefühlt hat, als er Mitte 2007 sein aktives Dienstverhältnis als Zeitsoldat zu beendete, gibt es davon abgesehen eine Reihe von Gegenindizien. So erscheint es insbesondere weder konsequent, dass der Kläger sich noch im Oktober 1999 langjährig zur Dienstleistung verpflichtet hatte, noch leuchtet es ein, warum er keine Gewissensbedenken dagegen (gehabt) hat, als Offizier der Reserve für die Institution Bundeswehr – zum Teil auch aktiv – weiterhin tätig zu sein.
69Zunächst ist die Einbeziehung von Auslandseinsätzen in das Aufgabenspektrum der Bundeswehr nicht Ergebnis einer abrupten Neuausrichtung gewesen, die erst mit dem Erscheinen des Weißbuchs 2006 eingesetzt hätte. Vielmehr hat es solche Einsätze schon seit Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts gegeben (u.a. auf dem Balkan, in der Adria und in Somalia) und hatte auch die Debatte darüber schon zu jener Zeit eingesetzt.
70Vgl. Weißbuch 2006 (Online-Ausgabe), Seite 89 ff., Gliederungspunkt 4. „Die Bundeswehr im Einsatz“; siehe auch Wikipedia, Stichwort: „Auslandseinsätze der Bundeswehr“; ferner etwa VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 91.
71Das war geraume Zeit vor dem Wiedereintritt des Klägers in die Bundeswehr als Soldat auf Zeit am 1. März 2000 und hat ihn von diesem Schritt offenbar weder moralisch noch sonst abgehalten. Die in der Berufungsverhandlung behauptete anfängliche Naivität erscheint als Erklärung wenig glaubhaft. Immerhin war der Kläger zu dem Zeitpunkt nach seinem Wehrdienst schon ein „gestandener“ Unteroffizier der Reserve, hatte zwei Jahre Rechtswissenschaften studiert und das Studium der Medizin bereits aufgenommen. Auch während der ersten Jahre seines Status als Zeitsoldat hat der Kläger keine erkennbaren Probleme mit seinem Gewissen gehabt, der Bundeswehr anzugehören (das hat nach seinem schriftlichen Vorbringen erst im Jahre 2006 eingesetzt), obwohl etwa der von ihm als „besonders bedrückend“ empfundene zweite Irak-Krieg im Frühjahr 2003 begann. Auch wenn der Kläger zu jener Zeit unter Freistellung vom Dienst studierte, musste ihm schon damals klar sein, dass er nach dem Studium (und einer ggf. weiteren Fachausbildung) bei einer Bundeswehr aktueller verteidigungspolitischer Prägung und Ausrichtung zur Dienstleistung auch konkret verpflichtet sein würde. Konsequenzen daraus hat er aber zu jener Zeit noch nicht gezogen. Was sein Gewissen dann im Jahr 2006 entscheidend dazu gebracht hat, ein Ausscheiden aus der Bundeswehr als moralisch unbedingt verpflichtend anzusehen, bleibt auch bei Einbeziehung seiner ergänzenden Angaben in der Berufungsverhandlung diffus. Eine Art „Schlüsselerlebnis“ lässt sich dem Vorbringen nicht entnehmen. Nach den Angaben im Termin sollen letztlich wohl die Eindrücke während der Tätigkeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. , namentlich solche aus Gesprächen mit im Afghanistan-Einsatz verwundeten Soldaten und den sie besuchenden Kameraden über die Rahmenbedingungen des Einsatzes, die Entscheidung des Klägers maßgeblich beeinflusst haben. Das führt indes keineswegs zwingend auf eine Gewissensentscheidung, sondern kann – zumal in der konkreten, vom Zeugen Dr. W. näher geschilderten Situation der jungen Ärzte an jenem Krankenhaus – auch anders gearteten Überlegungen geschuldet gewesen sein, etwa der – verständlichen – Sorge und Angst, ggf. nur unzureichend geschützt selbst in einen solchen Kampfeinsatz geschickt zu werden.
72Soweit der Kläger in seinem schriftlichen Vorbringen auf Vorgänge aus den Jahren nach 2007 verweist, wie z.B. auf den Luftangriff in Kundus vom 4. September 2009 („überforderter deutscher Oberst“) und auf Erklärungen des früheren Bundespräsidenten Köhler von Mai 2010 und des früheren Verteidigungsministers zu Guttenberg von November 2010, konnten all diese Umstände schon aus Zeitgründen die im Jahr 2007 getroffene Entscheidung des Klägers, die Bundeswehr zu verlassen, nicht mehr schlüssig beeinflusst haben.
73Eher gegen die Glaubhaftigkeit der Behauptung, eine Gewissensentscheidung getroffen zu haben, spricht auch, dass der Kläger jedenfalls in Form von schriftlichen Eingaben auf den angeblichen Gewissenskonflikt erst mehrere Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Soldatenverhältnis, nämlich im Zusammenhang mit der Rückforderung des Ausbildungsgeldes (Widerspruchsverfahren) Anfang 2010 aufmerksam gemacht. Mit welchem konkreten Inhalt ggf. zuvor Gespräche mit Vorgesetzten geführt worden waren, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Hinzuweisen bleibt allerdings darauf, dass der Kläger sich im zeitlichen Zusammenhang mit seinem Ausscheiden einem Verfahren, in welchem als etwaige Härtegründe Gewissensgründe hätten konkret angeführt werden können, nämlich einem Entlassungsverfahren nach § 55 Abs. 3 SG, nicht gestellt hat; er hat sich vielmehr für den insofern leichteren Weg des unmittelbaren Übertritts in ein Beamtenverhältnis entschieden.
74Als in der Sache widersprüchlich, jedenfalls aber nicht schlüssig stellt sich weiter insbesondere auch das Verhalten des Klägers nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr dar. Er ist wieder Offizier der Reserve der Bundeswehr und hat als solcher auch an Wehrübungen im Inland teilgenommen. Diese Haltung lässt sich zunächst schwerlich in Einklang bringen mit dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten des Klägers in dem Schriftsatz vom 16. Oktober 2012 im Berufungszulassungsverfahren. Dort ist auf Seite 3 ausgeführt:
75„Das Gesamtkonzept der Bundeswehr widersprach den moralischen Empfindungen des Klägers. Dabei ging es nicht nur um einzelne Befehle. Der Kläger konnte es mit seinem Gewissen grundsätzlich nicht vereinbaren, ein aktives Mitglied einer Institution zu sein, die seinen Vorstellungen und Überzeugungen deutlich zuwider war. Es war für ihn schlechthin unvereinbar als aktives Mitglied der Bundeswehr diese zugleich als Repräsentant zu vertreten.“
76Auf der Grundlage dieses Vortrags ist nicht verständlich, wieso der Kläger, welcher nach dieser Einlassung nicht etwa nur die eigene Teilnahme an bestimmten Auslandseinsätzen der Bundeswehr, sondern die Gesamtkonzeption der Bundeswehr als solche ablehnt, offenbar keinerlei Probleme mit dem Status als Reservist und mit der Teilnahme an Wehrübungen hat. Ausgehend von der seinerzeit gültig gewesenen „Konzeption für die Reservisten und Reservistinnen der Bundeswehr“ (Fassung 2003), von deren Text den Beteiligten in der Berufungsverhandlung eine Kopie überreicht wurde, waren/sind nämlich auch die Reservisten – ohne Weiteres einleuchtend – ein Teil des Gesamtkonzepts der Bundeswehr; damit repräsentieren auch sie die Institution Bundeswehr mit. Das bezieht im Grundsatz auch mögliche Auslandsverwendungen ein. So heißt es etwa in den „Vorbemerkungen“ der angesprochenen Konzeption:
77„Verteidigung im Sinne des Grundgesetzes umfasst heute mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff; als strukturbestimmende Aufgabe der Bundeswehr entspricht diese nicht mehr den aktuellen sicherheitspolitischen Erfordernissen. … Diese Neuausrichtung der Bundeswehr bestimmt Organisation, Ausbildung, Verwendung und Verfügbarkeit der Reservisten und Reservistinnen. Ziel ist es, auch deren Einsatz ohne den Rückgriff auf Mobilmachung auf eine sichere Grundlage zu stellen“.
78In ähnlichem Sinne hat sich der damalige Bundesminister der Verteidigung Dr. Peter Struck anlässlich der Einführung der in Rede stehenden Konzeption am 17. September 2003 in einer Pressekonferenz geäußert, wobei der Text auf der Internet-Seite des BMVg abrufbar ist. Der Minister hat dabei u.a. ausgeführt:
79„Die Bundeswehr benötigt den Beitrag der Reservistinnen und Reservisten für ihr gesamtes Aufgabenspektrum – auch für die mittlerweile wahrscheinlichsten Aufgaben der Konfliktverhütung und Konfliktbewältigung. Ich habe immer wieder betont, dass Verteidigung heute mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff umfasst. Dem muss auch die neuen Reservistenkonzeption Rechnung tragen. Einsatzorientierung der Bundeswehr und ein zeitgemäßes Reservistenkonzept schließen sich nicht aus, sondern ergänzen einander.“
80Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass die Neuausrichtung der Bundeswehr den Kläger aus Gewissensgründen nur an einer „aktiven“ Zugehörigkeit zur Bundeswehr hindern soll, nicht aber auch an einem Engagement als Reservist. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, er habe bei seiner Wehrübung keinen „Spiegeldienstposten“ bekleidet, also keinen im Einsatz befindlichen Sanitätsoffizier vertreten (und damit Auslandseinsätze nicht aktiv unterstützt). Denn auch eine Tätigkeit wie die von ihm angegebene Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung für Wehrpflichtige trägt dazu bei, dass die als Ganzes zu betrachtende Bundeswehr insgesamt ihre Aufgaben im In- und Ausland erfüllen kann. Zudem erscheint zweifelhaft, ob ein Reservist bei seiner Heranziehung zu einer Wehrübung stets sicherstellen kann, nicht auf einem „Spiegeldienstposten“ eingesetzt zu werden.
81Anderes ergibt sich auch nicht, wenn in Rechnung gestellt wird, dass der Kläger keine Einwände gegen die Aufgabe der Landesverteidigung im engeren Sinn geltend macht, der er offenbar die Tätigkeit als Reservist zuordnet. Zum einen verkennt dieser Ansatz, dass nach der vorerwähnten Konzeption für den Einsatz von Reservisten in der Bundeswehr auch diese zum Gelingen der vom Kläger abgelehnten Auslandseinsätze beitragen. Zum anderen steht es dem einzelnen (Reserve-)Soldaten und damit auch dem Kläger als Offizier der Reserve nicht zu, die Bundeswehr in einen „bösen“ (aktive Soldaten) und einen „guten“ (Reservisten) Teil aufzuteilen und bei letzterem auch noch zu differenzieren, ob „Spiegeldienstposten“ wahrgenommen werden.
82Schließlich mindert die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Klägers zur Maßgeblichkeit einer Gewissensentscheidung für sein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten als weiteres Indiz noch der Umstand, dass der Kläger zugegebenermaßen auch noch andere Gründe für seinen Entschluss zum Ausscheiden gehabt hat. Dies waren die aus seiner Sicht schlechten, unzumutbaren Arbeits- und sonstigen Rahmenbedingungen im Sanitätsdienst der Bundeswehr, welche er namentlich während seiner Tätigkeit als Stabsarzt am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. – also unmittelbar zeitnah vor seinem Ausscheiden – wahrgenommen haben will (vgl. Gliederungspunkt 2. der Anlage zur Widerspruchsbegründung). Zwar betont der Kläger zu Beginn der Ausführungen zu jenem Gliederungspunkt, jene Gründe seien nicht die „maßgeblich“(en) Gründe für sein Ausscheiden gewesen, und weist ihnen damit sinngemäß nur eine ergänzende Bedeutung zu. Glaubhaft ist das angesichts der zum Teil massiven Vorwürfe und der Gesamtbewertung der Zustände als unzumutbar aber nicht. So spricht der Kläger am Ende des angesprochenen Gliederungspunktes des Anhangs der Widerspruchsbegründung dann auch davon, dass er „sowohl“ wegen der ausgeführten Gewissensgründe „als auch“ wegen der unzumutbaren dienstlichen Rahmenbedingungen kurzfristig gewechselt habe. Das stellt die beklagten dienstlichen Rahmenbedingungen auf eine Stufe mit den vorgegebenen Gewissensgründen und zieht die Maßgeblichkeit letztgenannter Gründe für die Entscheidung, den aktiven Dienst als Soldat der Bundeswehr aufzugeben, in Zweifel.
83bb) Ist ein Ausscheiden des Klägers aus der Bundeswehr aus Gewissensgründen nach alledem nicht glaubhaft gemacht, bedarf es keiner Entscheidung des Senats darüber, welche Folgewirkungen eine gegebene, Art. 4 Abs. 1 GG unterfallende Gewissensentscheidung für die Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG hätte.
84Insoweit nimmt der Senat allerdings die Gelegenheit wahr, auf die folgenden rechtlichen Bedenken hinzuweisen:
85Zweifelhaft ist, ob allein schon die Betroffenheit in Grundrechten als solche (in jedem Fall) auf die Annahme einer besonderen Härte im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG führen muss. Eher scheint es, als knüpfe das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 – (a.a.O.) in dem betreffenden Zusammenhang (Drucksituation, wegen einer finanziellen Belastung von der Grundrechtsausübung Abstand zu nehmen) an die besondere Situation bei der Ausübung gerade des Grundrechts auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe nach Art. 4 Abs. 3 GG an. Diese Situation zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie eine grundlegende Bedeutung hinsichtlich der Frage hat, ob überhaupt – also im Ganzen – Wehrdienst in der Bundeswehr geleistet werden kann bzw. ob ein ggf. schon bestehendes Soldatenverhältnis insgesamt fortgesetzt werden darf. Damit unterscheidet sich die Situation bei Kriegsdienstverweigerern nicht unerheblich von derjenigen bei der Betroffenheit anderer, darunter auch sog. „einschränkungsloser“ Grundrechte wie Art. 4 Abs. 1 GG. Deren Ausübung kann nämlich im Rahmen der Herstellung „praktischer Konkordanz“
86– hierzu vgl. aus jüngster Zeit etwa BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2014 – 1 BvR 377/13 –, juris, Rn. 22, vom 22. Oktober 2014 – 2 BvR 661/12 –, NZA 2014, 1387 = juris, Rn. 124 und 177, sowie vom 15. Januar 2015 – 1 BvR 2796/13 –, WM 2015, 526 = juris, Rn. 8 –
87häufig ohne erforderliche Auflösung des aktiven Soldatenverhältnisses in einen schonenden Ausgleich mit den Belangen der Bundeswehr (Verteidigungsbereitschaft, Funktionsfähigkeit) gebracht werden.
88Zum verfassungsrechtlichen Rang der Einrichtung und Funktionsfähigkeit der Bundeswehr vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2014 – 1 BvR 377/13 –, juris, Rn. 22 bis 24, und vom 28. April 2007 – 2 BvR 71/07 –, NVwZ-RR, 2008, 330 = juris, Rn. 16, jeweils m.w.N.
89Davon ausgehend kann zumeist auch ernsthaften Gewissensnöten solcher Soldaten, die nicht umfassend den Kriegsdienst mit der Waffe bzw. ein Verbleiben in der Bundeswehr ablehnen, durch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Bereitstellung einer gewissenschonenden Handlungsalternative (z.B. Verwendung im Inland) ausreichend Rechnung getragen werden.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 –, BVerwGE 127, 302 = DVBl. 2005, 1455 = juris, Rn. 116 ff., 345, 348.
91Das gilt im Übrigen auch für den Kläger, weil dessen Behauptung, er lehne aus Gewissensgründen die Institution Bundeswehr in ihrer derzeitigen Konzeption als Ganzes ab, angesichts seiner Einstellung zum Status des Reservisten aus den oben genannten Gründen sachlich nicht nachvollzogen werden kann. Die Ausübung des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 GG wirkt somit für den aktiven Soldaten in der Regel nicht „absolut“ im Sinne einer Rechtfertigung zum Ausscheiden. Zugleich besteht in solchen Fällen – anders als bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern – auch nicht typischerweise die Situation, dass mit Blick auf eine erforderliche Beendigung des Dienstverhältnisses bisher entstandene Ausbildungskosten vom Dienstherrn nicht mehr nutzbringend (weiter) verwendet werden können. Entsprechend gemindert ist damit auch die „Drucksituation“, von der Ausübung des Grundrechts mit Blick auf die wegen der Erstattung von Ausbildungskosten zu erwartende finanzielle Belastung (vollständig) Abstand zu nehmen.
92Darüber hinaus ist schon fraglich, ob Art. 4 Abs. 1 GG in Fällen der vorliegenden Art überhaupt neben Art. 4 Abs. 3 GG anwendbar ist. Insoweit könnte von einer Ausschlusswirkung wegen Spezialität des Absatzes 3 auszugehen sein. Eine solche Ausschlusswirkung könnte jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn es – wie hier – um (angebliche) Gewissensgründe geht, die es dem betroffenen Soldaten ausgehend von seiner kundgetanen inneren Überzeugung zwingend verwehren, überhaupt bei der Bundeswehr (aktiven) Dienst zu tun und nicht etwa nur einzelnen Befehlen nicht nachkommen zu können.
93Vgl. zu der letztgenannten Konstellation in Richtung auf einen fehlenden Ausschluss des Art. 4 Abs. 1 GG durch Art. 4 Abs. 3 GG BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 -, a.a.O. und juris; ablehnend etwa Mager, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 4 Rn. 65 und 84, jeweils Stichwort „Befehlsverweigerung“, m.w.N. zur zum Teil zustimmenden, verbreitet aber auch kritischen Aufnahme des Urteils in der Literatur; u.U. anders auch noch BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 1996 – 2 WD 21.96 -, BVerwGE 103, 361 = NJW 1997, 536 (538) = juris, insb. Rn. 30, betreffend die (dort bejahte) Dienstpflichtwidrigkeit der Verweigerung sog. „out of area“-Einsätze.
94Der Ausschluss dürfte ggf. auch unabhängig davon eintreten, ob die konkret geltend gemachten Gründe voraussichtlich ausreichen können, eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu erreichen. Denn eine für einen bestimmten Bereich bestehende Spezialvorschrift wie Art. 4 Abs. 3 GG kann auch Bedeutung dafür haben, ob in Fällen, in denen ihre (besonderen) Voraussetzungen nicht erfüllt sind, in ihrem Anwendungsbereich noch auf eine allgemeinere Vorschrift zurückgegriffen werden darf. Gäbe es insoweit keine Sperrwirkung, wäre hier unter Berufung auf das allgemeinere Grundrecht – die Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG – eine Kriegsdienstverweigerung unter erleichterten Bedingungen möglich, nämlich die vollständige Verweigerung des Dienstes bei der Bundeswehr aus anderen, nicht durch Art. 4 Abs. 3 GG geschützten Gewissensgründen. Das hätte insbesondere – und auch hier – Bedeutung für die sog. situationsbedingte Kriegsdienstverweigerung, welche im Rahmen des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG im Ergebnis nicht zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer führt. Jene Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen nicht wie nach dem speziellen Grundrecht erforderlich schlechthin, also insgesamt ablehnen, sondern solches nur in Bezug auf bestimmte Situationen bzw. Konstellationen tun (z.B. Verweigerung der Teilnahme an kriegerischen Auseinandersetzungen bei Betroffenheit oder Nichtbetroffenheit bestimmter Staaten als Gegner bzw. als um Unterstützung ersuchende Verbündete; dies ggf. in Abhängigkeit von den in den betroffenen Staaten/Regionen herrschenden politischen Systemen oder unter Berücksichtigung von bestimmten historischen Situationen; Verweigerung der Teilnahme in Abhängigkeit von der Art der zum Einsatz kommenden Waffen; Wunsch, nur zur unmittelbaren Verteidigung der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt zu werden).
95Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45 = juris, Rn. 34, 35 ff., 38 f.; BVerwG, Urteil vom 5. März 1986– 6 C 34.84 –, BVerwGE 74, 72 = juris, Rn. 14, und namentlich auch Beschluss vom 8. November 1993 – 6 B 48.93 –, NJW 1994, 603 = juris, Rn. 2; ferner z. B. Thüringer OVG, Urteil vom 17. Mai 2010 – 2 KO 63/10 –, juris, Rn. 30.
96Die vom Kläger geltend gemachten Gründe, nämlich die Ablehnung von kriegerischen Auseinandersetzungen, welche über die „Landesverteidigung im engeren Sinne“ als historische Kernaufgabe der Bundeswehr sowie über „echte Bündnisfälle“ hinausgehen, fallen in den Kreis dieser Gründe. Da sie sich auf einen bestimmten Sektor militärischen Handelns beziehen, betreffen sie (partiell) zugleich den „Kriegsdienst mit der Waffe“ im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG. Würde man in solchen Fällen dem Soldaten unter Berufung auf sein Grundrecht der allgemeinen Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG erlauben, vollständig aus dem aktiven Dienst der Bundeswehr auszuscheiden, stellte sich dies letztlich als Umgehung der auch begrenzend wirkenden Sonderstellung des Grundrechts der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG bezogen auf den militärischen Bereich und das Soldatenverhältnis dar.
97Im Übrigen entspricht es auch der Wehrpflichtige betreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, eine im Verhältnis zum Absatz 1 abschließende Sonderstellung des Absatzes 3 des Grundrechts aus Art. 4 GG hinsichtlich von Gewissensgründen anzunehmen, aus denen heraus sich die Berechtigung eines Wehrpflichtigen ergeben soll, das Leisten von Wehrdienst insgesamt abzulehnen.
98Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1965– 1 BvR 112/63 –, BVerfGE 19, 135 = juris, Rn. 9, und Beschluss vom 26. Mai 1970 – 1 BvR 83/69, 244/69, 345/69 –, NJW 1970, 1729 (1731) = juris, Rn. 65; BVerwG, z. B. Urteile vom 2. April 1970 – VIII C 114.68 –, Buchholz 448.0 § 25 WpflG Nr. 30, am Ende, und vom 11. November 1974 – VIII C 100.69 –, BVerwGE 39, 53 = NJW 1972, 653 = juris, Rn. 8.
99Da sich auch Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung berufen dürfen, spricht in Bezug auf jene nichts dafür, das Verhältnis von Art. 4 Abs. 3 GG zu Art. 4 Abs. 1 GG anders als für Wehrpflichtige zu beurteilen, soweit es darum geht, ob sie aus Gewissensgründen die Bundeswehr vorzeitig verlassen dürfen.
100Vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1996 – 2 WD 21.96 –, BVerwGE 103, 361 = juris, Rn. 30, am Ende (einen Stabsoffizier betreffend), und VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 85 ff., 88 ff.
101In diesem Zusammenhang könnte der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass im Jahre 2007 eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer für Soldaten im Sanitätsdienst der Bundeswehr nach der seinerzeitigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von vorneherein nicht in Betracht gekommen sei. Es trifft allerdings zu, dass das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit in diesem Sinne entschieden hat. Diese Rechtsprechung wurde erst im Jahre 2012 aufgegeben.
102Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2012 – 6 C 11.11 –, BVerwGE 142, 48 = juris.
103Die vormalige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts datiert aus den 1980er und 1990er Jahren. Gerade im Hinblick auf die von dem Kläger in den Mittelpunkt seiner Argumentation gestellte Neuausrichtung der Bundeswehr konnte auch schon vor dem vorzitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2012 nicht davon ausgegangen werden, dass eine Neubewertung des Kriegsdienstverweigerungsrechts für Sanitätssoldaten der Bundeswehr offensichtlich ausgeschlossen war.
104Vgl. hierzu und zu der insoweit durch Verzicht auf die Revisionsinstanz anzunehmenden mangelnden Ausschöpfung des Rechtswegs BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2011 – 2 BvR 862/10 –, BVerfGK 19, 106 = juris, Rn. 17.
105cc) Die auf den behaupteten Mängeln des Dienstbetriebs fußende Unzufriedenheit des Klägers mit den im Sanitätsdienst der Bundeswehr seinerzeit angeblich vorherrschenden und nicht seinen Erwartungen entsprechenden innerdienstlichen Arbeits- und Rahmenbedingungen führt als solche nicht auf einen Härtefall im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, weil diese Umstände alle Soldaten des Sanitätsdienstes regelmäßig gleich betroffen haben.
106Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 46.
107Hiergegen hat sich der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht mehr gewandt.
108c) Bei dem Kläger liegt allerdings eine „besondere Härte“ im Sinne des § 46 Abs. 4 Satz 3 SG unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt des möglichen Eintritts einer zu vermeidenden Existenzgefährdung vor. Dieser Gesichtspunkt wurde in den Regelungen des angegriffenen Leistungsbescheides der Beklagten nicht (ausreichend) berücksichtigt.
109Die Erstattung von Ausbildungskosten wie hier dem Ausbildungsgeld darf den früheren Soldaten in Anwendung der Härteklausel nicht in einer Weise belasten, dass er in die Gefahr einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Notlage gerät.
110Vgl. dazu allgemein etwa BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71 –, BVerfGE 39, 128 = juris, Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 54; OVG NRW, 26. Juni 1975– 1 A 927/74 –, DÖV 1975, 792 = juris (LS 2); VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 – 8 E 2875/04 –, Rpfleger 2006, 90 = juris, Rn. 20; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
111Dabei muss u.a. eine dauerhafte wirtschaftliche Knebelung, wie sie insbesondere bei einer sehr hohen Erstattungspflicht und einem (bei eingeräumter Ratenzahlung) entsprechend sehr langen Erstattungszeitraum eintreten kann, unterbleiben. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass sich dann, wenn die Beklagte – wie etwa auch in dem vorliegenden Leistungsbescheid – Ratenzahlungen gewährt, die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des Soldaten andauern darf, sondern zeitlich begrenzt sein muss.
112Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 24; dem grundsätzlich folgend u.a. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 47; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 32; a.A. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 38, VG Schleswig, Urteil vom 6. März 2014 – 12 A 153/13 –, juris, Rn. 41, und wohl auch Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
113Die betreffende Formulierung in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist systematisch eingebettet in Ausführungen zu der Frage, ob der in Anwendung der Härteklausel zu erstattende Betrag „von einem bestimmten ehemaligen Zeitsoldaten“ verlangt werden dürfe, was von seiner individuellen Vermögenslage abhänge. Das verdeutlicht, dass es an dieser Stelle um generelle Erwägungen zur Frage der (individuellen) wirtschaftlichen Zumutbarkeit geht und damit nicht um einen etwaigen weiteren „Bonus“ im Rahmen der Anwendung der Härteklausel speziell auf die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer. Insofern hat es in diesem Punkt auch keine Bedeutung, dass die Entscheidung einen Fall betroffen hat, in dem es um die Erstattung der Ausbildungskosten eines Kriegsdienstverweigerers ging. Allein ein solches Verständnis der betreffenden Urteilspassage ergibt im Übrigen auch Sinn, weil es der Sache nach – wie schon ausgeführt – um eine Konkretisierung des im Rahmen der Härteklausel für alle betroffenen früheren Soldaten geltenden Gesichtspunktes gegangen ist, dass diese durch die Erstattung und die Modalitäten ihrer Abwicklung nicht in existentielle wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollen.
114Soweit es Gegenstimmen zu einer gebotenen zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums gibt (VG Gießen, VG Schleswig, jeweils a.a.O.), setzen diese dabei an, dass grundsätzlich die Pflicht bestehe, den Erstattungsbetrag in einer Summe zu zahlen. Würden den Soldaten Ratenzahlungen eingeräumt, bleibe es ihnen unbenommen, die hierdurch bewirkte Zahlungsdauer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten durch höhere Ratenzahlungen zu verkürzen. Diese Argumentation überzeugt schon deswegen nicht, weil sie die angesprochene Verkürzungsmöglichkeit offenbar als regelmäßig gegeben unterstellt. Diese hängt aber entscheidend von den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Einzelfall ab. Ferner wird wohl nicht hinreichend bedacht, dass die Pflicht zur Zahlung in einer Summe angesichts der Höhe der zumeist in Rede stehenden Beträge gerade wegen der bestehenden Härteklausel in der Praxis kaum zum Tragen kommen dürfte. Die ggf. bestehende Härte in Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszugleichen, bleibt dabei Aufgabe der Beklagten, kann also nicht, jedenfalls nicht vollständig, einem Handeln der betroffenen ehemaligen Soldaten (auch im Rahmen von deren finanziellen Möglichkeiten) überlassen bleiben.
115Die danach erforderliche zeitliche Begrenzung des Erstattungszeitraums (Zeitraums der Ratenzahlungspflicht) in Richtung auf nur einen Teilzeitraum des gesamten Berufslebens muss auch bereits in dem Leistungsbescheid (Ausgangsbescheid) selbst erfolgen; dort sind die hierzu notwendigen Regelungen zu treffen. Das ist keine Besonderheit, sondern entspricht auch im Übrigen der Anwendung der Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Diese unterscheidet sich insoweit im Kern nicht von der Billigkeitsentscheidung bei der Rückforderung zuviel gezahlter Bezügen (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG). Dazu ist anerkannt, dass die Billigkeitsentscheidung nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheides, sondern den materiellen Bestand des (insofern modifizierten) Rückforderungsanspruchs betrifft. Ein Rückforderungsbescheid darf deshalb nicht ergehen, ohne dass bzw. bevor eine Billigkeitsentscheidung getroffen wurde.
116Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. April 2012– 2 C 4.11 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/C V 5 Nr. 84 = juris, Rn. 23, m.w.N.; sinngemäß entsprechend zur Härteklausel des Soldatengesetzes wohl auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = ZBR 1977, 287 = juris, Rn. 56, unter Abgrenzung der Anwendung der Härteklausel von lediglich haushaltsrechtlichen Zahlungserleichterungen.
117Ob das gleiche Ergebnis in Fällen der vorliegenden Art auch unmittelbar aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes und aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hergeleitet werden kann,
118vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38 am Ende,
119braucht hier nicht entschieden zu werden.
120Der Anforderung der zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums kann die Beklagte regelmäßig in der Weise ermessensgerecht entsprechen, dass sie die Verpflichtung zur Zahlung von Tilgungsraten auf einen Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Zeitsoldatenverhältnis bis zum Eintritt in das Rentenalter (§ 35 SGB VI) begrenzt. Denn hierdurch ist auch unter Berücksichtigung etwa zusätzlich zu zahlender Stundungszinsen in aller Regel ausreichend gewährleistet, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Anwendung der Härteklausel die Zahlungspflicht nicht während des gesamten (weiteren) Berufslebens andauert, sondern deutlich vor dem 67. Lebensjahr endet.
121Vgl. in diesem Sinne auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 40, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 49.
122Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass der im Leistungsbescheid festgesetzte Erstattungsbetrag am Ende nicht vollständig getilgt werden muss. Das gilt selbst dann, wenn ausgehend von der im Bescheid bestimmten Höhe der Rate eine vollständige Tilgung bis zu dem betreffenden Zeitpunkt rechnerisch nicht möglich ist. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der streitige Leistungsbescheid (wie auch in ähnlichen Fällen) unter Ziffer 4 eine (Neben-)Regelung enthält, derzufolge eine jährliche Überprüfung der Ratenhöhe anhand der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten zu erfolgen hat. Das kann es ermöglichen, die Raten vorübergehend oder ggf. auch dauerhaft höher festzusetzen. In einem solchen Fall kann ggf. erreicht werden, dass der gesamte Erstattungsbetrag schon vor Ablauf des vorgenannten Zweidrittelzeitraums getilgt ist. Es ist mit anderen Worten Aufgabe der Beklagten, diese begleitende Kontrolle auch tatsächlich effektiv wahrzunehmen.
123Wegen dieser möglichen Veränderungen der Tilgungshöhe, welche ggf. auch in Richtung auf eine wirtschaftlich gebotene Verringerung der Ratenhöhe gehen können, ist es aus Sicht des Senats sogar erforderlich ist, die Zeitdauer der Zahlungspflicht in dem Leistungsbescheid nicht nur dann begrenzend zu regeln, wenn ausgehend von der Höhe der dort festgesetzten Raten eine Tilgung innerhalb des Zweidrittelzeitraums nicht gelingen kann. Vielmehr ist solches auch dann geboten, wenn ausgehend von jenen u.U. recht hohen Raten eine rechtzeitige Tilgung gelingen könnte.
124Anders im Ergebnis VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53.
125Denn ob es dann auch wirklich gelingen wird, ist angesichts der künftigen Veränderbarkeit der Höhe der Rate im Zeitpunkt des Ergehens des Leistungsbescheides keineswegs sicher. Gerade mit Blick darauf bedarf es aber schon in diesem Bescheid einer begrenzenden Regelung genereller Natur, die etwa an das Erreichen eines bestimmten Lebens- oder Kalenderjahres (bzw. Datums) anknüpft. Die Gegenauffassung des VG Gelsenkirchen, wonach es in jenen Fällen ausreichen soll, dass mit Blick auf eine mögliche Absenkung der Rate erst in dem diesbezüglichen Änderungsbescheid die zeitliche Begrenzung erforderlichenfalls geregelt wird,
126vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53,
127erscheint inkonsequent zu der auch dort eingenommenen Grundposition, dass über das Vorliegen einer besonderen Härte bereits im Ausgangsbescheid entschieden werden muss.
128Ist die für die Erstattung in zeitlicher Hinsicht bestehende Grenze erreicht, ohne dass der Gesamtbetrag getilgt werden konnte, dürfte die Beklagte im Übrigen verpflichtet sein, die Restsumme zu erlassen. Denn die Stundung unberührt zu lassen und weiterhin Stundungszinsen zu fordern, würde (in Abhängigkeit von der Zinshöhe einerseits und der Höhe des noch nicht getilgten Betrages andererseits) die wirtschaftliche Belastung jedenfalls zum Teil fortbestehen lassen und damit zu einer Belastung bis zum Ende der Berufstätigkeit oder sogar noch darüber hinaus führen.
129Der vom Kläger angefochtene Leistungsbescheid entspricht mit seinen vier Teilregelungen den vorstehenden Grundsätzen nicht. Das ist bereits deswegen der Fall, weil er im Zusammenhang mit der eingeräumten Ratenzahlung keine zeitliche Begrenzung des Zahlungszeitraums enthält. Darüber hinaus würde sich im Fall des Klägers bei einer unverändert bleibenden Höhe der bestimmten Monatsraten von 220 Euro ohne Berücksichtigung der Stundungszinsen ein Tilgungszeitraum von über 45 Jahren ergeben. Der Kläger wäre bei Zahlungsende dann 77 Jahre alt.
130Hinzu kämen als Belastungsfaktor noch die Stundungszinsen. Ob diese wie geschehen in Höhe von 4 Prozent erhoben werden durften, muss hier nicht entschieden werden, da der angefochtene Bescheid wegen der fehlenden Regelung einer Begrenzung des Erstattungszeitraums in Anbetracht der inhaltlichen Verknüpfung seiner einzelnen Teilregelungen nicht nur in Bezug auf einzelne Ziffern (Teilregelungen), sondern insgesamt aufzuheben ist. Allerdings weist der Senat in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Zinshöhe schon an dieser Stelle darauf hin, dass es u.a. auch im Hinblick auf den Sanktionscharakter der Erstattungspflicht,
131vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 7, zur Erstattungspflicht eines Berufssoldaten,
132jedenfalls nicht auf der Hand liegt, dass sich das Ermessen der Beklagten in jenem Zusammenhang zwingend an ihren eigenen Refinanzierungsmöglichkeiten orientieren muss. Selbst bei Zugrundelegung dieser Variante ist darüber hinaus mit Blick auf die fehlende Sicherung der Forderung problematisch, ob als Maßstab für die „Marktlage“ (ausschließlich) durch Hypotheken abgesicherte Darlehen zugrunde gelegt werden können.
133Vgl. in diesem Zusammenhang etwa VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014– 1 K 623/13 –, juris, Rn. 43 ff., und vom17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 62 f.; VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 97, aber auch– im Ergebnis keine rechtlichen Bedenken gegen einen Zinssatz von 4 % äußernd – VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 2, 44 f., sowie Bayerischer VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 6 BV 12/19 –,juris, Rn. 4, 42.
134Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
135Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
136Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Der im Jahr 1979 geborene Kläger trat im Juli 1999 zur Ableistung seines Grundwehrdienstes in die Bundeswehr ein. Im Oktober 1999 wurde er auf der Grundlage einer Verpflichtungserklärung vom 4. Juni 1999 über 17 Jahre als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes übernommen und in das Soldatenverhältnis auf Zeit berufen. In der Verpflichtungserklärung sowie in einer gesonderten Belehrung über § 56 Abs. 4 SG vom 8. Oktober 1999 bestätigte er unter anderem, ihm sei bekannt, dass er nach § 56 Abs. 4 Soldatengesetz (SG) das während der Beurlaubung zum Studium bezogene Ausbildungsgeld zu erstatten habe, wenn er auf eigenen Antrag aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit entlassen werde.
3Vom 4. April 2000 bis zum 5. Juni 2006 studierte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst Humanmedizin an der Universität L. . Seine Dienstzeit wurde mit Bescheid vom 12. April 2002 zuletzt auf 17 Jahre und das Dienstzeitende auf den 30. Juni 2016 festgesetzt. Mit Urkunde vom 1. Juni 2006 wurde ihm die Approbation als Arzt erteilt. Am 6. Juni 2006 ernannte die Beklagte ihn zum Stabsarzt. Vom gleichen Tag an absolvierte er im Bundeswehrzentralkrankenhaus L1. einen klinischen Weiterbildungsabschnitt im Fachgebiet Urologie. Daneben nahm er in der Zeit vom 2. März 2007 bis zum 5. März 2007 an einem Sonographie-Grundkurs sowie in der Zeit vom 21. August 2007 bis zum 7. September 2007 an einem Sonderlehrgang Notfallmedizin teil.
4Mit Wirkung vom 1. Januar 2008 ernannte die Westfälische Wilhelms-Universität N. den Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat.
5Mit Leistungsbescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 27. August 2009 forderte die Beklagte den Kläger nach vorheriger Anhörung zur Erstattung von Ausbildungsgeld und der im Rahmen der Aus‑ und Weiterbildung entstandenen Fachausbildungskosten auf; den Erstattungsbetrag setzte sie auf 141.381,65 Euro fest (Ziffer 1). Zugleich gewährte sie dem Kläger eine verzinsliche Stundung durch Ratenzahlung von monatlichen Raten in Höhe von 270,00 Euro (Ziffer 2). Ferner erhob sie ab Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens ab 15. Oktober 2009 Stundungszinsen in Höhe von jährlich vier Prozent, deren Berechnung und Einziehung nach Erledigung der Hauptforderung erfolgen sollte und auf die sich die eingeräumte Stundung mit erstreckt (Ziffer 3). Die – jährlich zu überprüfende – Stundung stellte sie unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse (Ziffer 4).
6Zur Begründung stütze sich die Beklagte auf § 56 Abs. 4 SG. Während des Studiums der Humanmedizin habe der Kläger Ausbildungsgeld in Höhe von 130.503,59 Euro erhalten. Für die klinische Weiterbildung, den Sonographie-Grundkurs sowie den Sonderlehrgang Notfallmedizin seien Kosten in Höhe von insgesamt 10.878,06 Euro entstanden. Eine Reduktion des Erstattungsbetrags auf der Grundlage der Härtefallregelung in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sei zwar für den Fall vorgesehen, dass der Erstattungspflichtige mit den durch die Ausbildungen erworbenen Kenntnissen nach Abschluss der Ausbildung dem Dienstherrn noch für eine bestimmte Zeit uneingeschränkt zur Verfügung gestanden habe. Diese Voraussetzung sei im Fall des Klägers jedoch nicht gegeben. In der Zeit zwischen dem Abschluss seines Studiums und seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr habe er sich ausschließlich in der Fachausbildung befunden. Die Einräumung der Möglichkeit zur Ratenzahlung unter Berücksichtigung der vom Kläger dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse diene der Vermeidung einer besonderen Härte.
7Gegen den Bescheid legte der Kläger unter dem 10. September 2009 Widerspruch ein. Diesen wies das Personalamt der Bundeswehr mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2012 zurück.
8Am 4. Dezember 2012 hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,
9den Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 27. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2012 aufzuheben.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 27. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2011 „über einen Betrag in Höhe von 1.654,36 Euro“ aufgehoben; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Leistungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei nur insoweit rechtswidrig, als der festgesetzte Erstattungsbetrag 139.727,29 Euro übersteige. Im Übrigen sei er nicht zu beanstanden. § 56 Abs. 4 SG sei verfassungsgemäß. Seine tatbestandlichen Voraussetzungen seien erfüllt. Der Kläger habe zwar keinen Entlassungsantrag gestellt, gelte kraft Gesetzes aber als auf eigenen Antrag entlassen. Zu Recht habe die Beklagte die klinische Weiterbildung des Klägers und die von ihm währenddessen absolvierten Lehrgänge in Sonographie und Notfallmedizin als die Erstattungspflicht auslösende Fachausbildungen gewertet. Zutreffend habe die Beklagte für die Ermittlung der Höhe des Erstattungsanspruchs auf den Bruttobetrag des dem Kläger gewährten Ausbildungsgeldes abgestellt. Lediglich soweit die Beklagte es abgelehnt habe, auf die Erstattung der Kosten für den notfallmedizinischen Lehrgang aus Gründen einer besonderen Härte teilweise zu verzichten, weil der vom Kläger zum Vergleich angeführte Kurs bei der bayerischen Landesärztekammer nicht erheblich günstiger als die Ausbildung innerhalb der Bundeswehr gewesen wäre, liege ein Rechtsfehler vor. Denn die Beklagte habe die Kosten des Lehrgangs außerhalb der Bundeswehr zu hoch angesetzt. Bei zutreffender Ermittlung der Kosten hätte sie aufgrund ihrer ständigen Verwaltungspraxis bei der Ausübung des von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG eingeräumten Ermessens zu einem teilweisen Verzicht in der aus dem Tenor des Urteils ersichtlichen Höhe kommen müssen. Dass die Beklagte die klinische Weiterbildungszeit nicht als Dienstzeit berücksichtigt habe, sei nicht zu beanstanden. Besondere Umstände, die den Kläger zum Verlassen der Bundeswehr veranlasst hätten und eine besondere Härte begründen könnten, seien nicht ersichtlich. Die zur Vermeidung einer besonderen Härte gewährte Möglichkeit zur Ratenzahlung beruhe auf nicht zu beanstandenden Erwägungen. Eine Begrenzung der Dauer der Ratenzahlungsverpflichtung sei nicht erforderlich gewesen. Die Erhebung von Stundungszinsen sei rechtmäßig.
13Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 25. Juni 2015 zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, § 56 Abs. 4 SG sei wegen Verstoßes gegen das Alimentationsprinzip und den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Jedenfalls dürfe das ihm gewährte Ausbildungsgeld nur in der Höhe des ihm netto ausgezahlten Betrags zurückgefordert werden. Die Höhe der Stundungszinsen sei rechtswidrig. Die Kosten der ärztlichen Weiterbildung und der Fachlehrgänge seien nicht als Fachausbildungskosten erstattungsfähig, weil Sanitätsoffizier-Anwärter nur das ihnen gewährte Ausbildungsgeld erstatten müssten. Überdies handele es sich bei der von ihm absolvierten ärztlichen Weiterbildung nicht um eine Fachausbildung im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG. Zumindest aber sei die Zeit der Weiterbildung als Abdienzeit zu werten, die auf der Grundlage der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG zu einem teilweisen Verzicht auf die Erstattung führen müsse, weil er der Beklagten während der Weiterbildung als approbierter Arzt voll zur Verfügung gestanden habe. Die Umstände seines Ausscheidens hätten zu einem teilweisen Verzicht führen müssen. Ein Verbleib in der Bundeswehr wäre ihm aufgrund der allgemein bekannten Probleme und Unzulänglichkeiten im Sanitätsdienst der Bundeswehr, wegen enttäuschter Versprechungen zu seinen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten und wegen der Änderung der Ausrichtung der Bundeswehr nicht zumutbar gewesen. Die Gewährung einer verzinslichen Stundung durch Ratenzahlung sei ermessensfehlerhaft, weil die Zinslast eine zusätzliche erhebliche Belastung bewirke. Schließlich hätte die Verpflichtung zur Ratenzahlung in dem Leistungsbescheid zeitlich begrenzt werden müssen, um eine besondere Härte in Form einer langfristigen wirtschaftlichen Knebelung zu vermeiden.
14Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2015 hat die Beklagte unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 – erklärt, „zur Klarstellung“ werde „unter Abänderung des Leistungsbescheides vom 27.08.2009 die Rückzahlung des geforderten Betrages und der angefallenen Zinsen begrenzt auf Zwei Drittel der Zeit von der Entlassung bis zum Eintritt in das reguläre Renteneintrittsalter, und zwar auf den 30.10.2033“.
15Der Kläger beantragt,
16das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 27. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2012 sowie der Änderung durch den Schriftsatz der Beklagten vom 23. Juli 2015 vollständig aufzuheben.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beklagte tritt dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Anfechtungsklage des Klägers hat keinen Erfolg.
23I. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist der Leistungsbescheid der Beklagten vom 27. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2012 in der Fassung, die er durch die von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 23. Juli 2015 erklärte Änderung erhalten hat.
24Die Beklagte war zu dieser Änderung ihres Leistungsbescheids während des Berufungsverfahrens befugt. Es ist allgemein anerkannt, dass Verwaltungsakte nach ihrem Erlass noch geändert werden können, insbesondere, dass inhaltliche Mängel auch nachträglich durch Änderung oder Ergänzung noch korrigiert werden können. § 45 Abs. 2 VwVfG schließt nur die „Heilung“ bestimmter verfahrensfehlerhafter Verwaltungsakte durch bloße Nachholung des Verfahrensschritts aus. Eine inhaltliche Änderung – bis hin zur vollständigen Aufhebung – ist sogar, nämlich im Rahmen der §§ 48 und 49 VwVfG, noch nach Bestandskraft zulässig. Dass Rechtshängigkeit diese Möglichkeit nicht ausschließt oder einschränkt, bestätigt § 50 VwVfG wie auch § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1990– 7 C 5.90 –, BVerwGE 87, 241 = DVBl. 1991, 393 = juris, Rn. 26, und Beschluss vom 19. August 1981 – 4 B 105.81 –, Buchholz 316, § 45 VwVfG Nr. 4 = juris, Rn. 3.
26Abweichendes lässt sich dem hier einschlägigen Soldatengesetz nicht entnehmen.
27Verwaltungsprozessual hat der Kläger der Änderung des angegriffenen Bescheids durch Änderung seines Klageantrags Rechnung getragen. Die darin liegende Klageänderung ist im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich. Denn sie dient der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren, und der Streitstoff bleibt im Wesentlichen gleich. Einer vorherigen Überprüfung des geänderten Bescheids in einem Widerspruchsverfahren bedurfte es bei dieser Sachlage nicht, weil dies auf eine leere Förmelei hinausliefe.
28Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. August 2005 – 4 C 13.04 –, BVerwGE 124, 132 = DVBl. 2005, 1583 = juris, Rn. 22, m. w. N., und vom 18. Mai 1990– 8 C 48.88 –, BVerwGE 85, 163 = juris, Rn. 22.
29II. Der Leistungsbescheid in seiner geänderten Form ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
301. Der Kläger ist zur Erstattung des ihm gewährten Ausbildungsgeldes und der weiteren Kosten seiner Fachausbildung verpflichtet.
31Rechtsgrundlage für die Erstattung des Ausbildungsgeldes ist hier wegen der Übergangsvorschrift in § 97 Abs. 1 des Soldatengesetzes in seiner aktuellen Fassung (im Folgenden: SG) noch § 56 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SG in der bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) gültigen Fassung von Art. 2 Nr. 7 des Gesetzes zur Änderung des Wehrrechts und des Zivildienstrechts vom 24. Februar 1983 (BGBl. I S. 179) (im Folgenden: SG a.F.), weil der Kläger sein Studium im April 2000 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Änderungsgesetzes begonnen hat. Nach § 56 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SG a.F. muss ein Sanitätsoffizier-Anwärter das ihm gewährte Ausbildungsgeld erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist. Die genannte Vorschrift ist hier anwendbar.
32Zwar handelte es sich bei dem Kläger bei seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr nicht mehr um einen Sanitätsoffizier-Anwärter, weswegen nach teilweise vertretener Ansicht in Fällen der vorliegenden Art die Erstattung des Ausbildungsgeldes (neben den Fachausbildungskosten) auf § 56 Abs. 4 Satz 1 SG a.F. zu stützen ist.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 – 12 A 1828/98 –, juris, Rn. 25.
34§ 56 Abs. 4 SG a.F. nimmt jedoch insgesamt Bezug auf den früheren Status des Soldaten vor seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr, ohne dass dies – anders als in der heute gültigen Fassung der Vorschrift – im Wortlaut eigens klargestellt würde. Das wird daraus ersichtlich, dass der Erstattungspflichtige auch kein Soldat auf Zeit mehr ist, wenn er im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 1 SG a.F. „entlassen worden ist“ oder seine Entlassung „verursacht hat“. Auch handelt es sich im Zeitpunkt einer Härtefallentscheidung auf der Grundlage von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG a.F. nicht mehr um einen „Soldaten“ im Sinne dieser Norm. § 56 Abs. 4 Satz 2 SG a.F. dient demgemäß klarstellend der Kennzeichnung der früheren Soldaten auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes gegenüber den sonstigen Soldaten auf Zeit.
35Die Voraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SG a.F. sind erfüllt. Zwar ist der Kläger nicht auf seinen Antrag entlassen worden. Gemäß § 125 Abs. 1 Satz 2 BRRG in der bis zum 11. Februar 2009 gültigen Fassung des Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Zivilschutzes vom 25. März 1997 (BGBl. I S. 726) (BGBl. I, S. 3835; im Folgenden: BRRG a.F.) ist jedoch ein Soldat auf Zeit entlassen, wenn er – wie vorliegend der Kläger durch Ernennung zum Akademischen Rat – zum Beamten ernannt wird. Nach § 125 Abs. 1 Satz 3 BRRG a.F. gilt die Entlassung als Entlassung auf eigenen Antrag. Anhaltspunkte dafür, dass diese gesetzliche Fiktion bei der Anwendung von § 56 Abs. 4 Satz 2 SG a.F. nicht gelten würde, sind nicht ersichtlich.
36Die Erstattung weiterer Fachausbildungskosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Mai 2005 (BGBl. I, S. 1482). Die Übergangsvorschrift des § 97 Abs. 1 SG greift insoweit nicht ein, weil der Kläger die klinische Weiterbildung und die Fachlehrgänge nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes vom 19. Dezember 2000 begonnen hat. Auch die Voraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG sind erfüllt. Die Ernennung des Klägers zum Akademischen Rat gilt gemäß § 125 Abs. 1 Satz 2 und 3 BRRG a.F., der im Zeitpunkt seiner Ernennung zum Beamten galt, als Entlassung auf eigenen Antrag, was nach § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG die Verpflichtung zur Erstattung von Fachausbildungskosten auslöst.
37a. § 56 Abs. 4 Satz 2 SG a.F., der die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung des ihm gewährten Ausbildungsgeldes bildet, ist verfassungsgemäß.
38Ebenso OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 17. Dezember 2015 – OVG 7 B 27.14 –, juris, Rn. 63 ff.
39Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die Vorschrift nicht gegen das in Art. 33 Abs. 5 GG als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums verankerte Alimentationsprinzip oder die durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar nicht nur den beamtenrechtlichen Besoldungs- und Versorgungsanspruch durch Art. 33 Abs. 5 GG ebenso wie durch Art. 14 GG gesichert angesehen, sondern auch die nähere Ausgestaltung des verfassungsrechtlich wie Eigentum geschützten Besoldungs- und Versorgungsanspruchs der Berufssoldaten nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG an den Grundsätzen ausgerichtet, „die aus den Grundlagen des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses entsprechend den für die Berufsbeamten geltenden und durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Grundsätzen entwickelt werden müssen“. Der Anspruch des Soldaten auf Dienstbezüge und Versorgung ist in seinem Kernbestand demgemäß ebenso geschützt wie der des Beamten durch Art. 33 Abs. 5 GG.
40Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977– 2 BvR 1039/75, 2 BvR 1045/75 –, BVerfGE 44, 249 = DÖV 1977, 633 = juris, Rn. 83.
41Bei dem einem Sanitätsoffizier-Anwärter gewährten Ausbildungsgeld handelt es sich aber nicht um Dienstbezüge und damit nicht um einen Bestandteil der Besoldung im Sinne des – das Alimentationsprinzip konkretisierenden – § 1 Abs. 2 BBesG.
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 1992– 2 B 19.92 –, ZBR 1992, 154 = juris, Rn. 4; im Anschluss Eichen, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 30, Rn. 26; Scherer/ Alff/Poretschkin, Soldatengesetz, 9. Aufl. 2013, § 30, Rn. 2.
43Das Ausbildungsgeld wird auf der Grundlage von § 30 Abs. 2 SG gewährt, um Sanitätsoffizier-Anwärtern ein Studium, zu dem sie beurlaubt werden, ohne finanzielle Eigenbelastung zu ermöglichen und die Laufbahn der Sanitätsoffiziere im Interesse der Nachwuchsgewinnung attraktiv zu gestalten. Es handelt es sich um eine Art Hilfe zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des Studiums, die nicht dem Alimentationsprinzip unterfällt.
44Vgl. die Begründung des Entwurfs des Neunten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes, mit dem das Ausbildungsgeld eingeführt wurde, BT.-Drs. VI/507, S. 4; zur Nichtgeltung des Alimentationsprinzips für Anwärterbezüge BVerfG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1992 – 2 BvR 1318/92 –, DVBl. 1992, 1597 = juris, Rn. 5, und vom 3. Juli 2007 – 2 BvR 733/06 –, juris, Rn. 4.
45Was der Kläger demgegenüber vorträgt, greift nicht durch. Er ist der Auffassung, Sanitätsoffizier-Anwärter unterlägen trotz ihrer Beurlaubung umfangreichen Dienstpflichten und erbrächten daher bereits während des Studiums Leistungen, die einen Alimentationsanspruch auslösten. Zu diesen Dienstpflichten gehörten die Pflicht, an der zugewiesenen Hochschule zu studieren, einen Studienablaufplan vorzulegen, die Famulaturen an Einrichtungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr abzuleisten und auf Befehl in Uniform an Semestertreffen teilzunehmen. Ein Wechsel der Studienfachrichtung sei grundsätzlich nicht möglich, ein Studienortwechsel stehe unter Genehmigungsvorbehalt und der Dienstherr könne untersagen, Teile der Ausbildung im Ausland zu absolvieren. Zudem unterstehe ein Sanitätsoffizier-Anwärter weiterhin der militärischen Verfügungsgewalt und könne jederzeit ohne Aufhebung der Beurlaubung oder nach deren Widerruf zu Dienstleistungen herangezogen werden. Schließlich müsse er Truppenpraktika und Sporttests absolvieren.
46Dieser Vortrag überzeugt schon im Ausgangspunkt nicht. Denn eine Alimentationspflicht steht Pflichten des Empfängers der Alimentation nicht in einer Weise gegenüber, in der sich Leistung und Gegenleistung im entgeltlichen Arbeits- und Angestelltenvertrag gegenüberstehen.
47Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977– 2 BvR 1039/75, 2 BvR 1045/75 –, BVerfGE 44, 249 = DÖV 1977, 633 = juris, Rn. 40.
48Für die vom Kläger aufgezeigten, die Freiheit zur Gestaltung des Studiums einschränkenden Dienstpflichten ist zudem größtenteils schon nicht erkennbar, dass durch deren Erfüllung eine Leistung gerade dem Dienstherrn gegenüber erbracht würde. Die Erfüllung dieser Dienstpflichten ermöglicht es dem Dienstherrn vielmehr lediglich, den Verlauf des Studiums zu überprüfen und bei Bedarf steuernd einzugreifen. Damit sind sie Ausdruck des Umstands, dass die Sanitätsoffizier-Anwärter – insoweit einem Stipendium vergleichbar – eine Vollfinanzierung ihres Studiums aus öffentlichen Mitteln erhalten, nämlich vermittels des Ausbildungsgeldes. Auch Umfang und Intensität der vom Kläger benannten Dienstpflichten geben nichts für die Annahme her, es liege eine einen Alimentationsanspruch auslösende Leistungserbringung vor. Bei den Semestertreffen handelt es sich nach den Erläuterungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat um je eine abendfüllende Informationsveranstaltung pro Semester. Übungen zur Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der so genannten Individuellen Grundfertigkeiten (IGF; u.a. Schießübungen) finden nach den Ausführungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung lediglich ein Mal pro Jahr statt. Auch die bloße Möglichkeit einer Abkommandierung während des Studiums führt nicht zur Annahme einer alimentationspflichtigen Leistungserbringung, weil in einem solchen Fall die Beurlaubung widerrufen würde. Im Übrigen hat die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass es zu einer solchen Abkommandierung bislang noch nie gekommen sei.
49Es ist schließlich auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, dass zum Zwecke des Studiums beurlaubte Sanitätsoffizier-Anwärter die angesprochene Vollfinanzierung und keine Besoldung erhalten, wie es bei Soldaten der Fall ist, die an einer Hochschule der Bundeswehr ein anderes Fach als Medizin studieren. Die Lebenssachverhalte sind schon nicht wesentlich gleich: Sanitätsoffizier-Anwärter, die Ausbildungsgeld erhalten, sind zum Studium beurlaubt, während Soldaten, die an einer Hochschule der Bundeswehr ein anderes Fach als Medizin studieren, ihre Ausbildung im Laufe ihrer Dienstzeit und unter vollständiger Einbindung in die Befehls- und Strukturgewalt der Bundeswehr absolvieren. Plastisch wird dieser gravierende Unterschied an einem von der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeführten Beispiel: Schon eine geringfügig verspätete Ankunft eines Soldaten, der an einer Hochschule der Bundeswehr ein anderes Fach als Medizin studiert, bei einer Vorlesung kann disziplinarische Folgen nach sich ziehen; der für sein Studium beurlaubte Sanitätsoffizier-Anwärter hingegen ist (auch) insoweit frei und ohne jede Kontrolle durch die Bundeswehr.
50b. Dass die Beklagte für die Berechnung der Höhe des vom Kläger auf der Grundlage von § 56 Abs. 4 Satz 2 SG a.F. zu erstattenden Ausbildungsgeldes auf die von ihr tatsächlich erbrachten Bruttobeträge abgestellt hat, ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückforderung überzahlter Dienst- oder Versorgungsbezüge können diese grundsätzlich in Höhe des Bruttobetrags zurückgefordert werden, obwohl der Empfänger nur den um die Steuer verminderten Nettobetrag erhalten hat. Mit der Abführung der Lohnsteuer an das Finanzamt wird der Empfänger der Dienst- oder Versorgungsbezüge von einer eigenen Steuerschuld befreit und ist in diesem Umfang bereichert. Er ist vorrangig darauf zu verweisen, die Rückzahlung der überzahlten Bezüge im Kalenderjahr der Rückzahlung als negative Einkünfte steuerlich abzusetzen und auf diesem Wege einen steuerlichen Ausgleich für die bereits gezahlten Steuern zu erreichen. Erst wenn dies scheitert, kommt eine Reduktion des Rückzahlungsbetrags in Betracht.
51Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Mai 1966 – II C 197.62 –, BVerwGE 24, 92 = ZBR 1966, 287 = juris, Rn. 56 f., vom 8. Oktober 1998 – 2 C 21.97 –, DVBl. 1999, 322 = juris, Rn. 17, vom 21. Oktober 1999 – 2 C 11.99 –, BVerwGE 109, 365 = DVBl. 2000, 498 = juris, Rn. 35, und vom 20. Januar 2001 – 2 A 7.99 –, NVwZ-RR 2001, 452 = juris, Rn. 15, ; zum Ganzen auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Auflage 2013, § 15, Rn. 65 ff.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begegnet dieser Ansatz keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Danach gibt es keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), der den Staat hindern könnte, zu viel gezahlte Dienst- oder Versorgungsbezüge in Höhe des Bruttobetrages vom Empfänger zurückzufordern. Ein solches Verbot lässt sich auch nicht aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht herleiten.
53Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1977– 2 BvR 407/76 –, BVerfGE 46, 97 = DVBl. 1978, 329 = juris, Rn. 56 ff. (61).
54Die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückforderung überzahlter Dienst- oder Versorgungsbezüge lässt sich auf die Erstattung von Ausbildungsgeld nach § 56 Abs. 4 Satz 2 SG a.F. übertragen.
55So auch VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 27.
56Im vorliegenden Fall ist weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass dem Kläger eine steuerliche Geltendmachung der Rückzahlung nicht möglich wäre und ihm durch die Rückforderung des Brutto- statt des Nettobetrages finanzielle Nachteile entstehen könnten. Das nur pauschale Behaupten solcher Nachteile genügt nicht.
57c. Zu Recht hat die Beklagte den Kläger auch nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SG in der aktuellen Fassung auf die Erstattung der Kosten seiner ärztlichen Weiterbildung im Bundeswehrzentralkrankenhaus L1. und der von ihm absolvierten Lehrgänge in Anspruch genommen. Es trifft nicht zu, dass die Erstattungspflicht eines früheren Soldaten auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes auf das ihm als Sanitätsoffizier-Anwärter gewährte Ausbildungsgeld beschränkt wäre. § 56 Abs. 4 Satz 1 SG mit der aus ihm folgenden Verpflichtung zur Erstattung der Kosten eines Studiums oder einer Fachausbildung ist vielmehr neben § 56 Abs. 4 Satz 2 SG (unabhängig von der anzuwendenden Fassung) anwendbar.
58Vgl. Urteil des Senats vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 24 (zu der für Berufssoldaten geltenden Parallelvorschrift des § 49 Abs. 4 SG); OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 17. Dezember 2015 – OVG 7 B 27.14 –, juris, Rn. 47; ferner wohl schon BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 – 6 C 87.84 –, Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 = juris, Rn. 29 a.E.
59Für die Auffassung des Klägers, bei § 56 Abs. 4 Satz 2 SG handele es sich um eine insofern abschließende Regelung, finden sich in Wortlaut und Systematik des Gesetzes keine Anhaltspunkte. Der Wortlaut des § 56 Abs. 4 Satz 2 SG enthält eine solche Aussage nicht; namentlich heißt es dort nicht etwa, es bestehe eine Erstattungspflicht „nur“ in Bezug auf das Ausbildungsgeld. Aber auch der systematische Zusammenhang des § 56 Abs. 4 Satz 2 SG mit der Vorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG, welche die Erstattung von Kosten eines Studiums oder einer Fachausbildung durch frühere Soldaten auf Zeit, deren militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, betrifft und welche sich vom Wortlaut her ohne Weiteres neben Satz 2 der Vorschrift auf Fälle wie den vorliegenden anwenden lässt, führt nicht auf das vom Kläger gewollte Ergebnis. Namentlich kann der Regelung des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG, nach welcher „die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung“ zu erstatten sind, nicht entnommen werden, die Erstattungspflicht könne sich stets nur auf eine der beiden Kostenarten beziehen. Ein solches Ausschließlichkeitsverhältnis hätte der Gesetzgeber, wäre es denn gewollt gewesen, unschwer mit einer entsprechenden Formulierung ausdrücken können, etwa durch die Wendung „entweder … oder“; dies hat er aber nicht getan. Er hat mit der Verknüpfung der beiden Kostenarten durch die schlichte nebenordnende Konjunktion „oder“ – wie entsprechend schon bei der Formulierung der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzung („dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war“) – vielmehr nur sichergestellt, dass auch jene Fälle erfasst werden, in denen nur für ein Studium oder nur für eine Fachausbildung Kosten angefallen sind. Nur dieses Verständnis des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG für sich genommen, aber auch im Zusammenspiel mit § 56 Abs. 4 Satz 2 SG entspricht auch dem ersichtlichen Zweck des § 56 Abs. 4 SG insgesamt, der in der Schaffung eines Vorteilsausgleichs mit Sanktionscharakters (dazu noch weiter unten) liegt. Diesem Zweck widerspräche es, wenn bei früheren Soldaten auf Zeit (in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes) die Erstattung nur eines Teils der für die Ausbildung insgesamt aufgewendeten Kosten für möglich gehalten würde. Vor diesem Hintergrund führt auch der Hinweis des Klägers nicht weiter, § 56 Abs. 4 Satz 2 SG verweise nur hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen auf Satz 1 der Vorschrift, nicht jedoch hinsichtlich der Rechtsfolgen.
60Der Kläger dringt auch mit seinem Vorbringen nicht durch, bei der von ihm als Stabsarzt im Bundeswehrzentralkrankenhaus absolvierten ärztlichen Weiterbildung handele es sich nicht um eine Fachausbildung im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der für Berufssoldaten geltenden Parallelvorschrift des § 46 SG Abs. 3 bzw. 4 SG a.F. ist eine Fachausbildung im Sinne dieser Vorschrift eine besondere, für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung mit einem bestimmten Ausbildungsziel, die zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass es sich um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung, die jeder Soldat entsprechend seiner Laufbahn erhält, vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gegeben haben und die den Soldaten befähigen soll, eine militärische Funktion zu übernehmen, die er nach der Einschätzung der verantwortlichen Stellen der Bundeswehr ohne die zu vermittelnden Kenntnisse oder Fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann.
61Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. September 1983 – 6 B 13.83 –, juris, Rn. 4, sowie Urteile vom 21. April 1982 – 6 C 3.81 –, BVerwGE 65, 203 = Buchholz 238.4 § 46 SG Nr. 13 = juris, Rn. 27, und vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, juris, Rn. 33 ff. (jeweils zu § 46 SG Abs. 3 bzw. 4 SG a.F.).
62Hiervon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht zu § 46 SG Abs. 3 bzw. 4 SG a.F. und zu § 49 Abs. 4 SG a.F. mehrfach entschieden, dass es sich bei der Weiterbildung eines Arztes zum Facharzt um eine Fachausbildung handelt. Dies gilt auch dann, wenn diese Weiterbildung nach berufsrechtlichen Vorschriften für Ärzte nicht als ergänzende Ausbildung, sondern als Vervollkommnung des beruflichen Wissens angesehen wird, sie nicht mit einer praktischen oder theoretischen Unterweisung verbunden ist und der Arzt den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet.
63Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Mai 2014– 2 B 96.13 –, juris, Rn. 8 (zu § 49 Abs. 4 SG i. V. m. § 46 Abs. 3 SG 1995), und vom 28. September 1983 – 6 B 13.83 –, juris, Rn. 4, sowie Urteile vom 25. März 1987 – 6 C 87.84 –, Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 = juris, Rn. 29, und vom 21. April 1982 – 6 C 3.81 –, BVerwGE 65, 203 = Buchholz 238.4 § 46 SG Nr. 13 = juris, Rn. 27.
64Diese Auslegung des Begriffs Fachausbildung lässt sich auf § 56 Abs. 4 Satz 1 SG übertragen. Da es sich um einen Begriff des Soldatenrechts handelt, verfängt der Hinweis des Klägers auf ein abweichendes, einem Wandel der tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung tragendes Begriffsverständnis der Ärztekammern nicht. Insoweit macht der Kläger im Übrigen auch ohne Erfolg geltend, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der „Fachausbildung“ sei veraltet. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Rechtsprechung zuletzt mit seinem genannten Beschluss vom 14. Mai 2014 bestätigt. Dass dienstliche Gründe den Anstoß für die klinische Weiterbildung des Klägers im Bundeswehrzentralkrankenhaus L1. gegeben haben, ergibt sich zudem aus den Ausführungen der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Danach ist es auch Ziel der klinischen Weiterbildung, Sanitätsoffiziere dafür zu gewinnen, unter weitergehender Verpflichtung zur Dienstleistung bei der Bundeswehr einen Facharzttitel zu erwerben und der Bundeswehr sodann mit dieser Qualifikation zur Verfügung zu stehen. Vor diesem Hintergrund wird die Annahme, bei der Zeit der klinischen Weiterbildung handele es sich um eine Fachausbildung im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG, nicht dadurch infrage gestellt, dass der Kläger während dieser auf begrenzte Dauer angelegten Weiterbildung keinen Facharzttitel erlangen konnte. Überdies kann die Zeit der klinischen Weiterbildung bei Vorliegen der berufsrechtlichen Voraussetzungen als Teil der Facharztausbildung anerkannt werden.
652. Der geänderte Leistungsbescheid trägt auch der Härtefallregelung in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG in nicht zu beanstandender Weise Rechnung. Nach dieser Vorschrift kann auf die Erstattung der Ausbildungskosten ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde.
66a. Zutreffend hat die Beklagte die Zeit der vom Kläger absolvierten klinischen Weiterbildung im Bundeswehrzentralkrankenhaus L1. nicht als so genannte Abdienzeit im Rahmen ihrer Härtefallprüfung berücksichtigt. Zwar entspricht es der durch rechtlich grundsätzlich unbedenkliche Erlasse (sog. Bemessungsgrundsätze) gesteuerten Praxis der Beklagten, auf die Erstattung von Ausbildungskosten teilweise zu verzichten, wenn der Erstattungspflichtige dem Dienstherrn (Bundeswehr) mit den durch die Ausbildung erworbenen Kenntnissen noch nach Abschluss der Ausbildung für eine Zeit uneingeschränkt zur Verfügung stand, ohne sich dadurch zugleich im Rahmen einer gesonderten Fachausbildung weiterbilden zu wollen oder zu sollen. Eine Beschränkung auf solche Zeiträume leitet sich ab aus dem Sanktionscharakter der Erstattungspflicht, die der Sicherstellung der Personalplanung und damit der Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr dienen soll. Durch unterschiedlich ausgestaltete Sanktionen soll dem vorzeitigen Ausscheiden von besonders ausgebildeten und deswegen in ihrer Funktion nicht ohne Weiteres zu ersetzenden Soldaten aus der Bundeswehr wirksam entgegengewirkt werden, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu sichern. Die Kostenerstattungspflicht ist dabei lediglich ein Mittel, um dieses eigentliche, für die gesamte staatliche Gemeinschaft bedeutsame Ziel zu erreichen.
67Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 7 f. (zum Begriff der Dienstzeit in § 49 Abs. 4 SG i. V. m. § 46 Abs. 3 SG 1995).
68Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Klägers steht dem Rückgriff auf den Sanktionscharakter der Rückzahlungsverpflichtung nicht entgegen, dass Abdienzeiten im Rahmen einer Härtefallregelung berücksichtigt werden. Die Härtefallregelung einer- und der Sanktionscharakter der Rückzahlungsverpflichtung andererseits schließen einander nicht aus. Denn die Berücksichtigung auch solcher Aspekte bei der in das Ermessen gestellten Härtefallentscheidung, welche den Interessen des Betroffenen zuwiderlaufen, findet ihre Grenze erst dann, wenn dadurch der grundsätzliche Charakter der zu treffenden Entscheidung als Härtefallentscheidung in sein Gegenteil verkehrt würde. Davon kann hier aber ersichtlich nicht die Rede sein. Vielmehr ist die in Form abgedienter Zeiten anzunehmende Härte, die sich bei einer vollständigen Rückzahlung der Ausbildungskosten ohne Berücksichtigung solcher Zeiten ergeben würde, lediglich um diejenigen Zeiten gemindert, in denen sich der schon approbierte Arzt im Interesse des Dienstherrn (wie auch im eigenen Interesse an einem beruflichen Fortkommen, dem solche Zeiten durch die Anerkennung im Rahmen einer späteren Facharztausbildung dienen) medizinisch fortgebildet hat.
69Ausgehend davon handelt es sich bei der Zeit einer klinischen Weiterbildung, durch die einem Sanitätsoffizier fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nicht um eine Abdienzeit im genannten Sinne, mag er dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben.
70Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 8 (zum Begriff der sich an das Studium oder die Fachausbildung anschließenden Dienstzeit i.S.v. § 49 Abs. 4 i.V.m. § 46 Abs. 3 SG 1995), und Urteil vom 25. März 1987– 6 C 87.84 –, Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 = juris, Rn. 29 (zu 46 Abs. 4 SG 1970).
71Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Dienstzeiten im Falle einer Abkommandierung (etwa zu einem Auslandseinsatz) aus der klinischen Weiterbildung als Abdienzeiten anerkannt werden. Denn in einem solchen Fall unterbricht die Beklagte die Fachausbildung und nimmt den Sanitätsoffizier (allein) mit seinen Fähigkeiten als approbierter Arzt in Anspruch. Zweifel an der aus dem Sanktionscharakter abgeleiteten Auslegung des Begriffs der Abdienzeit weckt der Kläger schließlich auch nicht mit seinem Hinweis darauf, dass ein Sanitätsoffizier im Falle seiner Ernennung zum Beamten weiterhin dem Staat diene, ein Bedürfnis für eine Sanktion mithin nicht ersichtlich sei. Diese Ansicht verkennt bereits, dass das einschlägige öffentliche Interesse nicht durch die Betroffenen, sondern allein durch die anzuwendenden Vorschriften vorgegeben wird und hier, wie dargelegt, in der Sicherstellung der Personalplanung und damit der Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr besteht. Dieses Ziel wird aber ersichtlich verfehlt, wenn der Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in der von § 56 Abs. 4 Satz 1 SG umschriebenen Weise vorzeitig aus der Bundeswehr ausscheidet, und zwar unabhängig davon, wie eine Anschlusstätigkeit beschaffen ist bzw. welchen Zwecken sie dient.
72Die vom Kläger behaupteten Probleme und Unzulänglichkeiten im Sanitätsdienst der Bundeswehr und die aus seiner Sicht nicht gehaltenen Versprechungen im Hinblick auf berufliche Entwicklungsmöglichkeiten führen nicht zur Annahme einer besonderen Härte im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, weil diese Umstände, so sie denn vorlagen, alle Soldaten des Sanitätsdienstes regelmäßig gleich betroffen haben.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, juris, Rn. 46.
74b. Die Beklagte hat zur Vermeidung einer besonderen Härte den Erstattungsbetrag in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers unter Festsetzung monatlicher Raten in Höhe von 270 Euro gestundet und die Rückzahlung des geforderten Betrages und der angefallenen Zinsen auf zwei Drittel der Zeit von der Entlassung bis zum Eintritt in das reguläre Renteneintrittsalter (30. Oktober 2033) begrenzt.
75Gegen die Höhe der Raten hat der Kläger im Berufungsverfahren nichts eingewendet. Die eben genannte zeitliche Begrenzung der Rückzahlungsverpflichtung entspricht der Rechtsprechung des Senats.
76Vgl. Urteile des Senats vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 106 ff., und vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 32 ff. (dort dieParallelvorschrift des § 49 Abs. 4 S. 3 SG betreffend); a.A. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 17. Dezember 2015 – OVG 7 B 27.14 –, juris, Rn. 61.
77Entscheidend ist dabei nicht, ob die Behörde die Rückzahlungspflicht bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides begrenzt hat. Es kommt vielmehr darauf an, dass diese Begrenzung in der Weise im Ausgangsbescheid erfolgt, dass sie sich in dessen Tenor wiederfindet. Dies kann auch später, etwa durch den Widerspruchsbescheid oder – wie hier – durch eine zeitlich noch spätere Änderung erreicht werden.
78Der Bescheid ist auch nicht wegen insoweit fehlender Ermessenserwägungen rechtswidrig. Die Beklagte hat noch hinreichend zu erkennen gegeben, welche Erwägungen für ihre Ermessensentscheidung maßgeblich waren. Denn sie hat in ihrem Schriftsatz vom 23. Juli 2015 auf das Urteil des Senats vom 20. April 2015 (1 A 1242/12) Bezug genommen, um die Änderung des Leistungsbescheids zu begründen, und sich damit die in diesem Urteil dargelegten Gründe für eine auf die Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG gestützte Begrenzung der Rückzahlungsverpflichtung zu eigen gemacht. Zudem kann die Beklagte nach der genannten Rechtsprechung des Senats dem Erfordernis der zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums regelmäßig in der auch hier durch die Änderung des Leistungsbescheids vorgenommenen Weise entsprechen. Liegt – wie hier – ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Es bedarf dann insoweit keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung.
79Siehe auch BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1997– 3 C 22.96 –, BVerwGE 105, 55 = DÖV 1997, 1006 = juris, Rn. 14 (zu ermessenseinräumenden Vorschriften).
80Die Rückzahlungspflicht muss nicht aus Rechtsgründen noch weiter begrenzt werden. Sie muss insbesondere nicht an der Möglichkeit einer Restschuldbefreiung bei einer Privatinsolvenz ausgerichtet und auf insgesamt sechs Jahre ab Rechtskraft des Zahlungsbescheides begrenzt werden. Andernfalls würden die finanziellen Interessen des ehemaligen Soldaten in ungerechtfertigter Weise bevorzugt (er dürfte auf diese Weise günstiger an eine voll finanzierte Ausbildung als Arzt kommen als jemand, der sich außerhalb der Bundeswehr auf eigene Kosten jahrelang als Arzt ausbilden lässt). Außerdem setzt ein Verbraucherinsolvenzverfahren eine Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners voraus (vgl. § 304 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 16 ff. InsO). Das bloße Bestehen einer (auch langfristigen) Zahlungsverpflichtung reicht für eine Restschuldbefreiung grundsätzlich nicht aus. Im Übrigen steht es einem früheren Soldaten auf Zeit frei, einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen und auf diesem Wege zu versuchen, (auch) eine Befreiung von der Verpflichtung zur Erstattung von Ausbildungskosten zu erlangen.
81c. Die Festsetzung der Stundungszinsen einschließlich der Zinshöhe ist rechtmäßig. Die Behörde ist berechtigt, bei Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG eine Stundung zu gewähren und Stundungszinsen zu erheben. Rechtliche Grundlage dafür ist § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Diese Vorschrift erwähnt zwar nur den – vollen oder teilweisen – Verzicht auf die Forderung ausdrücklich. Hierdurch sind aber auch sonstige Maßnahmen, die einer durch die Erstattung ansonsten eintretenden besonderen Härte für den Schuldner entgegenwirken sollen, wie z. B. Stundung oder Festsetzung von Raten, nicht ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte bezüglich der Konkretisierung und näheren Ausgestaltung der Härteregelung einen Ermessensspielraum. Dies schließt auch die Entscheidung mit ein, ob und in welcher Höhe sie für die Stundung bzw. die Bewilligung von Ratenzahlung Stundungszinsen fordert. Da infolge der aufgeschobenen Tilgung die Hauptforderung dem Haushalt der Beklagten nicht sofort zur Verfügung steht und hierdurch auch auf Seiten der Beklagten ein Zinsverlust eintritt, ist es grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte dies über eine Verzinsung der gestundeten Beträge zumindest im gewissen Umfange auszugleichen sucht. Stundungszinsen dürfen schon vor Eintritt der Bestandskraft des Rückforderungsbescheides erhoben werden.
82Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 58 ff., und vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 –, RiA 1997, 145 = juris, Rn. 18, jeweils m. w. N.
83Schließlich begegnet auch die mit vier Prozent festgesetzte Höhe der Stundungszinsen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
84A.A. Thür. OVG, Urteil vom 12. November 2015– 2 KO 171/15 –, juris, Rn. 33, das auf das erhebliche Absinken von Refinanzierungskosten verweist und in Anlehnung an § 59 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 BHO i. V. m. Nr. 1.4.1 zu § 59 BHO der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung i. d. F. vom 14. Dezember 2011 eine Verzinsung mit 2 Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz für angemessen hält.
85Ein Abstellen allein auf die Refinanzierungskosten der Beklagten auf dem Kapitalmarkt lässt außer Acht, dass der Rückzahlungsverpflichtung, wie bereits ausgeführt, auch ein gewisser Sanktionscharakter innewohnt. Dessen Berücksichtigung in diesem Rahmen steht nicht entgegen, dass die Einräumung einer Ratenzahlungsmöglichkeit der Vermeidung einer besonderen Härte dienen soll. Denn die Berücksichtigung auch solcher Aspekte bei der in das Ermessen gestellten Härtefallentscheidung, welche den Interessen des Betroffenen zuwiderlaufen, findet – wie bereits ausgeführt – ihre Grenze erst dann, wenn dadurch der grundsätzliche Charakter der zu treffenden Entscheidung als Härtefallentscheidung in sein Gegenteil verkehrt würde. Davon kann hier aber ersichtlich nicht die Rede sein. Aber auch unabhängig davon erscheint eine Zinshöhe bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht ermessensfehlerhaft, die sich an einem seit vielen Jahren unbeanstandeten Wert orientiert, der im Übrigen einem Niveau entspricht, das selbst in der aktuellen Niedrigzinsphase durchaus z. B. bei Konsumentenkrediten oder dem Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau üblich ist.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 63 ff., m. w. N.
87Besondere Umstände, die ausnahmsweise für eine Ermessensfehlerhaftigkeit der hinsichtlich der Verzinsung getroffenen Regelung sprechen könnten, liegen hier nicht vor. Der Kläger wird durch die Zinspflicht nicht unverhältnismäßig benachteiligt.
88Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
89Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
90Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Grundsätzlich bedeutsam ist die Frage, ob bei Gewährung einer verzinslichen Stundung durch Ratenzahlung im Rahmen einer Härtefallentscheidung auf der Grundlage von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG die Verzinsung des gestundeten Betrags mit einem Zinssatz in Höhe von jährlich vier Prozent rechtmäßig ist. Diese Frage ist nicht unmittelbar aus dem Gesetz zu beantworten. Die vorliegende Entscheidung weicht insoweit von dem zitierten Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (2 KO 171/15) ab. Die Frage führt zur Zulassung der Revision insgesamt, weil die Entscheidung über die Zinshöhe als Teil der Härtefallentscheidung nach der Rechtsprechung des Senats nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Leistungsbescheids, sondern den materiellen Bestand des (insofern modifizierten) Erstattungsanspruchs und damit den Leistungsbescheid insgesamt betrifft.
91Vgl. Urteile vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 106 ff., und vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –, juris, Rn. 113 (je m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerwG zu der insoweit vergleichbaren Billigkeitsentscheidung gem. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG).
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Gründe
- 1
Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 27. Juni 2012 hat in der Sache keinen Erfolg.
- 2
Die gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.
- 3
„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA, Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).
- 4
Das Antragsvorbringen begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.
- 5
Soweit sich das Antragsvorbringen gegen die Klageabweisung in Bezug auf die Feststellung der Laufbahnbefähigung für den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst wendet, liegt das Vorbringen neben der Sache. Das Klagebegehren hatte ausweislich des in der Sitzungsniederschrift wie auch in dem Urteilstatbestand aufgeführten Klageantrages eine dahingehende Feststellung ausdrücklich zum Gegenstand. Den insofern vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Erwägungen tritt die Antrags(begründungs)schrift im Übrigen nicht weiter entgegen.
- 6
Das Antragsvorbringen stellt die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes ebenso wenig mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage, soweit dieses die Feststellung der Laufbahnbefähigung des Klägers für die 2. Laufbahngruppe, 1. Einstiegsamt im Allgemeinen Verwaltungsdienst verneint hat.
- 7
Das Antragsvorbringen lässt schon weitgehend außer Acht, dass von Gesetzes wegen keine „allgemeine“ 2. Laufbahngruppe, 1. Einstiegsamt eingerichtet ist. Vielmehr bestimmt § 14 Abs. 1 LBG LSA, dass eine Laufbahn alle Ämter umfasst, die derselben Fachrichtung und derselben Laufbahngruppe angehören. Eine bloß „abstrakte“ Feststellung, gleichsam für jede Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt kommt daher nicht in Betracht. § 12 LVO LSA lässt mithin nur die Feststellung der Befähigung in Bezug auf eine bestimmte Laufbahnbefähigung zu. Dementsprechend regelt § 12 Abs. 5 Satz 1 LVO LSA klarstellend, dass Entscheidungen über die Feststellung einer Laufbahnbefähigung nach der LVO LSA die Fachrichtung, die Laufbahngruppe und die Zuordnung zu einem Einstiegsamt zu bezeichnen haben.
- 8
Hiervon ausgehend fordert § 14 Abs. 3 LBG LSA für den Zugang zum Einen als Bildungsvoraussetzung einen zum Hochschulstudium berechtigenden Bildungsstand (Nr. 1) sowie zum Anderen als sonstige Voraussetzung alternativ einen mit einer Laufbahnprüfung abgeschlossenen Vorbereitungsdienst (Nr. 2 lit. a), ein mit einem Bachelorgrad oder einem gleichwertigen Abschluss abgeschlossenes Hochschulstudium, das die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden sowie die berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt, die zur Erfüllung der Aufgaben in der Laufbahn erforderlich sind (Nr. 2 lit. b), oder ein mit einem Bachelorgrad oder einem gleichwertigen Abschluss abgeschlossenes Hochschulstudium und eine für die Laufbahn qualifizierende hauptberufliche Tätigkeit oder einen mit einer Laufbahnprüfung abgeschlossenen Vorbereitungsdienst (Nr. 2 lit. c). Die in Nr. 1 und Nr. 2 (dort allerdings alternativ) von § 14 Abs. 3 LBG LSA enthaltenen Voraussetzungen zum Erwerb der Laufbahnbefähigung müssen nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm kumulativ vorliegen (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 18.Juni 2012 - 1 L 56/12 -, juris).
- 9
Dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Nr. 2 lit. a) oder c) LBG LSA vorlägen, wird vom Kläger weder (substantiiert) geltend gemacht, noch ist dies anderweitig zu erkennen. Soweit das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Nr. 2 lit. b) LBG LSA verneint hat, stellt das Antragsvorbringen dessen tragenden Erwägungen nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Die vom Kläger absolvierten Studiengänge hat dieser nicht mit einem Bachelorgrad abgeschlossen. Im Übrigen kann dahinstehen, ob - wie die Antrags(begründungs)schrift insbesondere unter Hinweis auf Art. 37 EV geltend macht - die abgeschlossenen klägerischen Studiengänge einen einem abgeschlossenen Hochschulstudium gleichwertigen Abschluss darstellen. Jedenfalls haben diese Studiengänge nach den nicht schlüssig in Frage gestellten Feststellungen des Verwaltungsgerichtes nicht die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden sowie die berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt, die zur Erfüllung der Aufgaben in der Laufbahn der 2. Laufbahngruppe, 1. Einstiegsamt im Allgemeinen Verwaltungsdienst erforderlich sind. Die in der Antrags(begründungs)-schrift aufgeführten praktischen Tätigkeiten und theoretischen Ausbildungsabschnitte zeigen jedenfalls nicht - plausibel - auf, dass sie geeignet sind, die hier für den Allgemeinen Verwaltungsdienst erforderlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden sowie die berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnisse in der 2. Laufbahngruppe, 1. Einstiegsamt zu vermitteln.
- 10
Die vom Antragsvorbringen angeführte Gleichwertigkeitsfeststellung der klägerischen Abschlüsse mit der erfolgten sog. Nach-Diplomierung auf der Grundlage des Art. 37 EV hat von Rechts wegen wie auch nach dem Antragsvorbringen lediglich zum Inhalt, dass das jeweils absolvierte Studium einem Fachhochschulstudium gleichsteht und der Kläger den Grad „Diplom-Verwaltungswirt (FH)“ führen darf. Eine Aussage darüber, dass die Studiengänge die von § 14 Abs. 3 Nr. 2 lit. b) LBG LSA geforderten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden sowie die berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln, die zur Erfüllung der Aufgaben in der Laufbahn der 2. Laufbahngruppe, 1. Einstiegsamt im Allgemeinen Verwaltungsdienst erforderlich sind, wird damit gerade nicht getroffen. Insbesondere aus dem vom Antragsvorbringen in Bezug genommenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. Dezember 1997 in dem Verfahren 6 C 7.97 (juris) ergibt sich Gegenteiliges nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat insofern vielmehr ausgeführt, dass Gegenstand der Entscheidung nach Art. 37 EV lediglich die Feststellung der Gleichwertigkeit des in dem Beitrittgebiet erworbenen Abschlusses mit einem an einer bundesdeutschen (Hoch-)Schule erworbenen Abschluss ist. Die „Niveaugleichheit" der Abschlüsse reicht aus, was keine inhaltlich voll gleichwertigen, sondern lediglich fachlich einander angenäherte Ausbildungen voraussetzt und nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der auf den Abschluss hinführende Studiengang „in besonderer Weise auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche System der DDR bezogen" war. Auch wenn es grundsätzlich genügt, ein „Ausbildungsniveau" zu bescheinigen, das auch bei der Aufnahme neuer beruflicher Betätigung im weiteren fachlichen Feld, in dem der Abschluss erworben wurde, nach entsprechenden individuellen Bemühungen um die Beseitigung vorhandener Defizite eine Einarbeitung in die beruflichen Anforderungen erwarten lässt, hat das Bundesverwaltungsgericht aber klargestellt, dass „Niveaugleichheit" in erster Linie lediglich eine formelle und funktionale Gleichheit bedeutet; inhaltlich setzt sie nur eine fachliche Annäherung voraus. Strengere Anforderungen sind aber - soweit nicht Sonderregelungen greifen - für den Vergleich mit Abschlüssen zu stellen, die einen unmittelbaren Zugang zu einem nach seinen Ausbildungsvoraussetzungen - wie gerade hier durch das LBG LSA, insbesondere durch § 14 Abs. 3 LBG LSA - reglementierten Beruf vermitteln (a. a. O., Rn. 40). Der von der Antrags(begründungs)schrift angeführte Art. 31 GG kommt mithin vorliegend, insbesondere im Hinblick auf die zutreffend vom Verwaltungsgericht angeführte Länder-Gesetzgebungskompetenz, nicht zum Tragen. Ebenso wenig ist hiernach gleichsam eine „Nutzlosigkeit“ der Gleichwertigkeitsfeststellung anzunehmen.
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Soweit das Verwaltungsgericht die begehrte Feststellung auch unter dem Gesichtspunkt der Regelungen in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 2 LVO LSA verneint hat, tritt das Antragsvorbringen den tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung gleichfalls nicht mit schlüssigen Argumenten entgegen. Danach wird die Laufbahnbefähigung - vorbehaltlich der Regelungen in den §§ 18, 19, 28 und in Abschnitt 3 der LVO LSA - durch die Feststellung der Laufbahnbefähigung nach dem Ableisten der vorgeschriebenen hauptberuflichen Tätigkeit oder Abschluss eines Studienganges gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 2 lit. b) oder Abs. 4 Satz 2 LBG LSA in den Fällen des Abschnitts II der Anlage 1 erworben. Dass der Kläger die „vorgeschriebene hauptberufliche Tätigkeit“ abgeleistet hätte, zeigt die Antrags(begründungs)schrift nicht auf. Im Übrigen verlangt § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LVO LSA i. V. m. § 14 Abs. 4 Satz 2 LBG LSA und Abschnitt II der Anlage 1 zur LVO LSA vorliegend einen Bachelorstudiengang Öffentliche Verwaltung oder Verwaltungsökonomie der Hochschule Harz (FH) oder diesen vergleichbare Studiengänge im Sinne des § 14 Abs. 3 Nr. 2 lit. b) LBG LSA. Einen Bachelorstudiengang Öffentliche Verwaltung oder Verwaltungsökonomie der Hochschule Harz (FH) hat der Kläger indes nicht absolviert. Zum Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 Nr. 2 lit. b) LBG LSA kann auf die vorstehenden Ausführungen verweisen werden.
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Auf die Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht für seine Entscheidung zusätzlich herangezogenen weiteren Argumente kommt es nach alledem nicht mehr entscheidungserheblich an.
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Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich ebenso wenig wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO geltend gemachten Divergenz.
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Eine Abweichung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht in einer Rechtsfrage anderer Auffassung ist, als sie eines der in der Vorschrift genannten Gerichte vertreten hat, also seiner Entscheidung einen (entscheidungserheblichen) abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit dem in der Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatz nicht übereinstimmt (OVG LSA, Beschluss vom 19. April 2007 - 1 L 32/07 -, juris [m. w. N.]). Eine nur unrichtige Anwendung eines in obergerichtlicher bzw. höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten und vom Tatsachengericht nicht infrage gestellten Rechtsgrundsatzes stellt hingegen keine Abweichung im Sinne des Zulassungsrechtes dar; insbesondere kann eine Divergenzrüge nicht gegen eine rein einzelfallbezogene, rechtliche oder tatsächliche Würdigung erhoben werden. Gleiches gilt, wenn das Verwaltungsgericht aus nicht (ausdrücklich) bestrittenen Rechtssätzen nicht die gebotenen (Schluss-)Folgerungen zieht, etwa den Sachverhalt nicht in dem hiernach erforderlichen Umfang aufklärt und damit unbewusst von der divergenzfähigen Entscheidung abgewichen ist.
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Das Darlegungserfordernis gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 4, 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO verlangt daher bezogen auf die Divergenzrüge, dass die sich widersprechenden Rechtssätze des verwaltungsgerichtlichen Urteiles einerseits und der Entscheidung des übergeordneten Gerichtes andererseits im Zulassungsantrag aufgezeigt und gegenübergestellt werden. Diese Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen ist zur ordnungsgemäßen Erhebung der Divergenzrüge unverzichtbar. Für die ordnungsgemäße Darlegung einer Divergenzrüge ist es somit nicht ausreichend, wenn sich die Antragsschrift lediglich auf die Geltendmachung dahingehend beschränkt, das Verwaltungsgericht habe aus der divergenzfähigen Rechtsprechung nicht die gebotenen Schlüsse gezogen oder sei bei der einzelfallbezogenen Tatsachenfeststellung und -würdigung zu einem anderen Ergebnis gelangt als die in Bezug genommene obergerichtliche bzw. höchstrichterliche Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen. Zwar bedarf es in der angefochtenen Entscheidung nicht notwendigerweise einer ausdrücklichen Divergenz, sofern das Verwaltungsgericht zumindest auf der Grundlage eines bestehenden „prinzipiellen Auffassungsunterschieds“ hinreichend erkennbar einen fallübergreifenden (abstrakten) Rechtssatz gebildet hat, der objektiv von der Rechtsprechung des Divergenzgerichtes abweicht. Eine solche Annahme ist allerdings nur dann berechtigt, wenn die Entscheidungsgründe dies ohne weitere Sachaufklärung unmittelbar und hinreichend deutlich - durch „stillschweigendes Aufstellen“ - erkennen lassen. Mithin muss sich ein nicht ausdrücklich formulierter divergenzfähiger Rechtssatz des Verwaltungsgerichtes als abstrakte Grundlage der Entscheidung eindeutig und frei von vernünftigen Zweifeln aus den Entscheidungsgründen selbst ergeben und klar formulieren lassen. Hingegen reicht es wegen der für die Divergenzrüge unerheblichen Möglichkeit einer bloßen fehlerhaften einzelfallbezogenen Rechtsanwendung nicht aus, wenn sich der abweichende abstrakte Rechtssatz nur durch eine interpretierende Analyse der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung herleiten lässt (siehe zum Vorstehenden insgesamt: OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]).
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Hieran gemessen hat der Kläger eine zulassungsbegründende Abweichung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. Dezember 1997 in dem Verfahren 6 C 7.97 (juris) bzw. vom 19. März 1998 in dem Verfahren 2 C 2.97 - (BVerwGE 106, 253) schon deshalb nicht dargelegt, weil es an der erforderlichen konkreten Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen mangelt. Es lässt sich auch nicht unabhängig davon ein nicht ausdrücklich formulierter divergenzfähiger Rechtssatz des Verwaltungsgerichtes als abstrakte Grundlage der Entscheidung eindeutig und frei von vernünftigen Zweifeln aus den Entscheidungsgründen entnehmen, zumal sich dieses ausdrücklich stützend auf die vom Kläger angeführten Entscheidungen bezieht. Danach bliebe schon unklar, ob hier nur eine nicht divergenzbegründende unrichtige Anwendung eines in höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten und vom Verwaltungsgericht nicht infrage gestellten Rechtsgrundsatzes gegeben ist. Bei dem vom Kläger überdies angeführten Sächsischen Oberverwaltungsgericht handelt es sich schon nicht um ein Divergenzgericht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Im Übrigen ist auch insofern eine Divergenz weder dargelegt noch - aus den vorstehenden Gründen - erkennbar.
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Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich schließlich nicht wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend gemachten Verfahrensmängel.
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Die vom Kläger erhobene Aufklärungsrüge bleibt ohne Erfolg. Der Umfang der Sachverhaltserforschungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird nämlich entscheidend durch das Klagebegehren im Sinne von § 88 VwGO, den Streitgegenstand und vor allem nach dem anzuwendenden materiellen Recht bestimmt (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1992 - 5 B 134.91 -, Buchholz 310 § 86 VwGO Nr. 246; vgl. auch Urteil vom 22. Oktober 1987 - 7 C 4.85 -, DVBl. 1988, 148; Urteil vom 7. Oktober 1990 - 7 C 55 und 56.89 -, BVerwGE 85, 368 [379 f.]). Die Sachverhaltserforschungspflicht geht mithin nur soweit, als dies für die Entscheidung des Gerichtes erforderlich ist (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1998 - 1 B 103.98 -, Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 42; Urteil vom 22. Oktober 1987, a. a. O.; Urteil vom 19. Januar 1989 - 7 C 31.87 -, NVwZ 1989, 864), also wenn und soweit es nach der Rechtsauffassung des Gerichtes (siehe hierzu: BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1993 - 1 B 82.92 -, juris) - selbst wenn diese unzutreffend sein sollte (so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984 - 6 C 49.84 -, BVerwGE 70, 216 [221 f.]; siehe auch Urteil vom 24. November 1982 - 6 C 64.82 -, juris) - hierauf entscheidungserheblich ankommt (siehe: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984, a. a. O.). Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO daher grundsätzlich nicht, wenn es den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Sachverhalt aufgrund der beigezogenen Verwaltungsvorgänge oder einer Beweisaufnahme für aufgeklärt hält und von einer Beweiserhebung absieht, die ein Rechtsanwalt oder sonst sachkundig vertretener Verfahrensbeteiligter nicht in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt hat (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, vgl. etwa: Beschluss vom 5. August 1997 - 1 B 144/97 -, NVwZ-RR 1998, 784; Beschluss vom 13. Mai 2004 - 4 B 27/04 -, juris; siehe zum Vorstehenden im Übrigen auch: OVG LSA, Beschluss vom 6. Juni 2006 - 1 L 35/06 -, JMBl. LSA 2006, 386; Beschluss vom 21. Januar 2008 - 1 L 166/07 -, juris).
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Dementsprechend hätte vorliegend u. a. dargelegt werden müssen, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2010 - 4 BN 15.10 -, juris [m. w. N.]). Dem genügt das Antragsvorbringen indes nicht. Es ist seitens des Klägers nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht die ihm gemäß § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Sachverhaltserforschungspflicht verletzt hat. Der Kläger legt schon nicht substantiiert dar, dass das Verwaltungsgericht ausgehend von seiner rechtlichen Ausgangsbetrachtung den Sachverhalt weiter aufzuklären hätte.
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Unabhängig vom Vorstehenden kann der Kläger insoweit auch deshalb kein Gehör finden, weil er es versäumt hat, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht entsprechende Beweisanträge im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO zu stellen (siehe zum Rügeverlust ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1996 - 3 B 42.96 -; Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 14). Der schon seinerzeit anwaltlich vertretene Kläger hat sich damit der Möglichkeit begeben, durch Beweisanträge auf eine weitere und von ihm als geboten angesehene Sachverhaltsaufklärung hinzuwirken. Die Aufklärungsrüge stellt jedenfalls kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen, zu kompensieren (so ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 31. Mai 2010 - 4 BN 15.10 -, juris [m. w. N.]; Beschluss vom 28. August 2007 - 2 BN 3.07 -, juris [m. w. N.]). Bei dieser Sachlage könnte ein Verfahrensmangel nur vorliegen, wenn sich dem Gericht trotz fehlenden Beweisantrages die weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 2003 - 8 B 57.03 -, ZOV 2003, 341 [m. w. N.]; siehe auch OVG LSA, a. a. O.). Substantiierte Ausführungen hierzu lässt das Antragsvorbringen indes vermissen. Denn die ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt in diesem Zusammenhang voraus, dass unter Auseinandersetzung mit dem Prozessgeschehen und der Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung schlüssig aufgezeigt wird, dass sich dem Gericht auch ohne förmlichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung aufdrängen musste (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328; Beschluss vom 9. Dezember 1997 - 9 B 505.97 -, juris; Beschluss vom 13. Mai 2004 - 4 B 27/04 -, juris). Dementsprechend muss angegeben werden, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichtes ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichtes auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher sonstigen Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2003 - 8 B 154.03 -, NVwZ 2004, 627; OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]). Hieran mangelt es aber dem Antragsvorbringen. Insbesondere ist weder dargelegt noch aufgrund der vorstehenden Ausführungen des Senates ersichtlich, dass es nach Maßgabe der rechtlichen Ausgangsbetrachtung des Verwaltungsgerichtes einer (weiteren) Sachverhaltsaufklärung bedurft hätte.
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Ebenso wenig legt der Kläger einen Verstoß gegen das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) dar. Aus diesem Recht folgt - auch in der Ausprägung, die es in § 86 Abs. 3 VwGO gefunden hat - keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Gerichtes (siehe: BVerwG, Beschluss vom 8. August 2007 - 10 B 79.07 -, juris). Die Hinweispflicht konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt damit insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Das Gericht darf deshalb seine Entscheidung nicht auf Tatsachen oder Rechtsgründe stützen, die für einen Beteiligten überraschend ist (siehe: BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 2007 - 7 B 18.07 -, juris). Die in § 86 Abs. 3 VwGO normierte Pflicht beinhaltet indes keine Beratungs-, sondern Formulierungshilfe (so ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2007 - 4 B 25.07 -, juris). Nach § 86 Abs. 3 VwGO hat der Vorsitzende des Gerichts u. a. darauf hinzuwirken, dass ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden. Bei § 86 Abs. 3 VwGO geht es um Schutz und Hilfestellung für den Kläger bei Wahrnehmung seiner Mitwirkungsobliegenheit, die dadurch nicht eingeschränkt oder beseitigt wird.
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Der Kläger legt nicht substantiiert dar, dass und inwieweit ihm gegenüber hier eine entsprechende Hinweispflicht des Verwaltungsgerichtes bestanden und ein Verstoß hiergegen zur Verletzung rechtlichen Gehörs geführt hat, soweit das Verwaltungsgericht die Vermittlung der erforderlichen berufspraktischen Fähigkeiten in der seinerzeitigen Ausbildung des Klägers auf der Grundlage der beigezogenen Personalakte, insbesondere den dem Kläger erteilten Zeugnisse, verneint hat. Dieser Gesichtspunkt war bereits Gegenstand des angefochtenen Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 30. März 2010 wie auch des erstinstanzlichen Beklagtenvorbringens. Im Übrigen ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift, dass das Verwaltungsgericht die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert hat. Dass das Protokoll hierzu weitere Einzelheiten nicht aufführt, ist ohne Belang, da solche Einzelheiten nicht zum prozessrechtlichen gebotenen Inhalt einer Sitzungsniederschrift gehören. Dementsprechend kann insoweit nicht der Umkehrschluss gezogen werden, der hier vom Kläger angesprochene Gesichtspunkt sei nicht Gegenstand der Erörterung der Sach- und Rechtslage gewesen (vgl. nur: Kopp/Schenke, VwGO, 17. Auflage, § 105 Rn. 2 ff. [m. z. N.]). Die Annahme einer gegen das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßenden Überraschungsentscheidung ist nach alledem nicht gerechtfertigt. Hinzu kommt, dass nicht jede Verletzung der Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO zugleich eine Versagung des rechtlichen Gehörs darstellt (so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 11. November 1970 - VI C 49.68 -, BVerwGE 36, 264 [m. w. N.]).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungs-verfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 40, 47 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.