Unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15.4.2011 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 68/10 - wird die Klage insgesamt abgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
Soweit die außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Beklagten auferlegt wurden, wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung auch dieser Kostenanteil dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit aus der Region Ninive. Er reiste eigenen Angaben zufolge im Dezember 2009 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte zusammen mit seiner Ehefrau die Anerkennung als Asylberechtigte. Am 30.3.2010 wurde für ein gemeinsames in Deutschland geborenes Kind ebenfalls ein Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gestellt.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt der Beklagten am 7.1.2010 erklärte der Kläger, er habe sich zuletzt im Dorf Bozan aufgehalten, das zu Al Qosh gehöre. Dort lebe auch noch eine verheiratete Schwester, weitere Verwandten im Irak habe er nicht. Nach seinem Abitur 1997 in Al Qosh habe er zunächst zwei Jahre an der Fachhochschule in Mossul Elektrotechnik und anschließend von 1999 bis 2002 mit erfolgreichem Abschluss Informatik studiert. Zuletzt habe er vom 20.8.2003 bis zum 3.9.2009 als Ingenieur in einer Schwefelfabrik in Mishrak gearbeitet. Er habe auch gegen Entgelt im Dorf Satellitenanlagen installiert. Die Arbeit in der Fabrik sei schwierig gewesen, weil die Fahrten dorthin problematisch gewesen seien. Er sei mit dem PKW von Bozan bis nach Bashika/Bahzani gefahren und von dort mit dem Kleinbus der Firma weiter gereist. Er habe große Angst vor Terroristen gehabt, weil er Yezide sei. Andere Yeziden, die in einer Textilfabrik gearbeitet hätten, seien im April 2007 ermordet worden. In der Fabrik hätten alle gewusst, dass er Yezide sei. Sie hätten ihn deswegen gehasst. Er habe auch Probleme beim Überqueren der kurdischen Kontrollpunkte auf dem Weg von Bashika nach Bozan gehabt. Er sei zum Beispiel immer gefragt worden, wie es möglich sei, dass er als Yezide eine Arbeitsstelle in der Fabrik bekommen habe. Man habe ihm unterstellt, der kurdischen Opposition anzugehören und Kurden zu hassen. Dies führe er darauf zurück, dass er nach der Ankündigung der Kurden im Oktober 2004, in Schulen kurdisch zu unterrichten, zusammen mit anderen gefordert habe, dass der Unterricht auch in arabischer Sprache abgehalten werde. Damals - im Jahr 2004 - sei er zu Parteiverantwortlichen in Al Qosh bestellt worden. Man habe ihm gedroht, dass er in Kurdistan keine Ruhe haben werde und dort niemals arbeiten dürfe. Dann sei er zu einer Parteistelle in Telkef und nach Sheikhan gebracht worden. Dort sei er fünf Tage zusammen mit acht anderen inhaftiert gewesen, danach sei er freigelassen worden. Er sei jedoch eine unerwünschte Person geblieben. Die Parteifunktionäre hätten ihn öfter bestellt, manchmal alle 20 Tage, manchmal alle zwei Monate. Sie hätten ihm stets gedroht und erklärt, er habe ein großes Verbrechen gegen Kurdistan begangen. Nach den Wahlen am 15.1.2009 hätten die Schwierigkeiten zugenommen, weil andere Kräfte in Mossul an die Macht gekommen seien, die gegen die kurdische Verwaltung gewesen seien. Außerdem habe es im Dorf eine Person gegeben, die dem kurdischen Geheimdienst angehöre. Dieser habe ihm gesagt, dass es besser für ihn sei, wenn er nicht mehr im Dorf gesehen werde. Im August 2009 seien Yeziden aus Bashika/Bahzani durch einen Sprengsatz, der an einem Auto angebracht gewesen sei, auf dem Weg von Telkef nach Mossul getötet bzw. verletzt worden. Es habe sich dabei um Yeziden gehandelt, die im gleichen Ministerium wie er selbst gearbeitet hätten. Auch habe es ein Problem mit einem anderen Mann aus seinem Dorf gegeben. Dieser habe ihn im Januar 2008 angezeigt und behauptet, er habe ihn beleidigt. Er sei vor einen Richter geladen worden, der ihn aber freigesprochen habe. Konkrete Schwierigkeiten mit staatlichen Sicherheitsorganen habe er nicht gehabt. Für die Ehefrau und das Kind des Klägers wurden keine eigenen Gründe geltend gemacht.
Mit Bescheiden vom 13.1.2010 betreffend den Kläger und seine Ehefrau und vom 12.5.2010 betreffend das gemeinsame Kind lehnte das Bundesamt der Beklagten die Anträge in vollem Umfang ab. Die Bescheide wurden am 21.1.2010 zugestellt bzw. am 14.5.2010 per Einschreiben zur Post gegeben.
Hiergegen erhoben der Kläger und seine Familie am 27.1.2010 und am 18.5.2010 jeweils Klage, die am 23.8.2010 miteinander verbunden wurden. Zur Begründung vertiefte der Kläger sein bisheriges Vorbringen, und machte des Weiteren geltend, Yeziden im Irak unterlägen einer Gruppenverfolgung.
Der Kläger und seine Familie haben beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 13.1.2010 und vom 12.5.2010 zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
Die Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden entgegengetreten und hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 15.4.2011 - 2 K 68/10 - hat das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter abgewiesen und unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.1.2010 die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG zuzuerkennen. Die Klagen der Ehefrau und des Sohnes des Klägers wurden vollumfänglich abgewiesen.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Kläger aus Furcht vor einer von nichtstaatlichen Akteuren ausgehenden und an seine yezidische Religion anknüpfenden, unmittelbar bevorstehenden Bedrohung seines Lebens und seiner körperlichen Unversehrtheit ausgereist sei, und ihm daher ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 AsylVfG zustehe.
Der Kläger habe übereinstimmend mit seinen Angaben bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt in der mündlichen Verhandlung vor Gericht widerspruchsfrei und ohne Steigerung im Vorbringen und damit glaubhaft vorgetragen, dass er wegen seiner yezidischen Religionszugehörigkeit und seines Engagements für einen zweisprachigen Unterricht in Schulen in nahezu allen Lebensbereichen von Muslimen und Mitgliedern kurdischer Parteien unter Druck gesetzt und bedroht worden sei. Man habe sogar von ihm verlangt, sein Dorf zu verlassen. Er sei gezwungen gewesen, seinen Arbeitsplatz in der Fabrik, in der er zuletzt der einzige von ursprünglich neun Yeziden gewesen sei, aufzugeben. Auf diesem Arbeitsplatz sei er von arabischen Mitarbeitern bedroht worden, die u. a. geäußert hätten, Yeziden müssten getötet werden. Die Übergriffe hätten im Jahr 2007 begonnen. Auf dem Weg zur Arbeit hätten Muslime, die sich „Gotteskämpfer“ genannt hätten, gezielt nach Yeziden gesucht. Diese hätten auf dem Weg nach Mossul 22 Yeziden getötet. Einen Monat, bevor er seine Arbeit bei der Fabrik aus Angst vor weiteren Übergriffen aufgegeben habe, hätten diese „Gotteskämpfer“ einen Sprengsatz unter das Fahrzeug eines Yeziden deponiert. Dabei sei eine Person getötet und eine andere verletzt worden. Ursprünglich seien in dem Firmenbus, der ihn immer zur Arbeit gebracht habe, Yeziden, Muslime und Christen gemeinsam zur Fabrik gefahren. Nach dem Weggang anderer yezidischer Kollegen habe er jedoch befürchtet, als einziger Yezide in diesem Bus den Übergriffen schutzlos ausgeliefert zu sein. Seine Versuche, den Arbeitsplatz zu wechseln, seien gescheitert. Abgesehen von diesen Schwierigkeiten habe er auch in seinem Dorf Probleme gehabt, weil er sich für einen zweisprachigen Unterricht in Schulen eingesetzt habe. Seither sei er regelmäßig bei den kurdischen Parteistellen vorgeladen und dort beleidigt und erniedrigt worden. Er sei nicht bereits früher ausgereist, weil er sich um seine Mutter gekümmert habe, die 2009 verstorben sei.
Vor diesem Hintergrund stehe fest, dass der Kläger bedingt durch seine yezidische Religionszugehörigkeit und aufgrund seines früheren Engagements im Schulwesen als Einzelperson in das Blickfeld von fundamentalistischen Muslimen und Mitgliedern der kurdischen Parteien geraten sei und er angesichts der ständigen Drohungen in allen Lebensbereichen habe befürchten müssen, alsbald selbst Opfer gewalttätiger Übergriffe zu werden. Obwohl die von dem Kläger erlittenen Übergriffe für sich genommen möglicherweise noch nicht die Schwelle der asylerheblichen Eingriffsintensität erreicht hätten, sei aufgrund der Häufung der einzelnen Vorfälle, die sich auf nahezu alle Lebensbereiche erstreckt und die darauf abgezielt hätten, den Kläger aus seinem Heimatdorf und von seinem Arbeitsplatz zu vertreiben, von deren Relevanz i.S.v. Art. 9 Abs. 1 b Qualifikationsrichtlinie auszugehen. Der Annahme einer Vorverfolgung stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger erst 2009 ausgereist sei. Dies habe er nachvollziehbar damit erklärt, dass er seine Mutter nicht habe alleine lassen wollen und deshalb erst nach ihrem Tod ausgereist sei.
Effektiven Schutz im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG habe der irakische Staat dem Kläger insbesondere in Ermangelung effektiver Kontrolle über das gesamte Staatsgebiet nicht bieten können.
Der vorverfolgt ausgereiste Kläger könne auch nicht darauf verwiesen werden, in einem anderen Landesteil des Irak Schutz zu suchen. Eine Übersiedlung in die unter kurdischer Autonomie stehenden Provinzen des Nordirak scheide schon deshalb aus, weil er dort über keine verwandtschaftlichen Beziehungen verfüge. Hinzu komme, dass eine legale Niederlassung in den unter kurdischer Verwaltung stehenden Provinzen insbesondere für irakische Staatsangehörige aus dem Zentral- oder Südirak mit erheblichen Problemen verbunden bzw. unmöglich sei.
Andere Regionen des Irak stünden als inländische Fluchtalternative ebenso wenig zur Verfügung. Unter Anwendung des herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs könne nicht mit der insoweit erforderlichen hinreichenden Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Kläger auch bei einem Ausweichen in andere Orte im Bezirk Telkef bzw. der Provinz Mossul massive Beeinträchtigungen zu gewärtigen hätte. Zudem seien Yeziden im Nordirak erheblichem Verfolgungsdruck durch Extremisten, aber auch z. B. durch die Sicherheitskräfte der irakisch-kurdischen Partei KDP (sog. Peshmerga) ausgesetzt.
Die Ehefrau und der Sohn des Klägers könnten die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht beanspruchen, da sie eigene Verfolgungsgründe nicht geltend gemacht hätten und eine Gruppenverfolgung von Angehörigen der yezidischen Religionsgemeinschaft im Irak derzeit mangels Vorliegens einer entsprechenden Verfolgungsdichte nicht anzunehmen sei.
Gegen das ihr am 4.7.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.7.2011 hinsichtlich des den Kläger betreffenden stattgebenden Teils einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem durch den ihr am 27.12.2011 zugestellten Beschluss des Senats vom 22.12.2011 - 3 A 325/11 - (berichtigt hinsichtlich des Rubrums durch Beschluss des Senats vom 22.2.2012) entsprochen wurde.
In der am 24.1.2012 bei Gericht eingegangenen Berufungsbegründung führt die Beklagte im wesentlichen aus, selbst unter Zugrundelegung der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens könne nicht von einer im Herkunftsstaat bereits erlittenen oder unmittelbar bevorstehenden Verfolgung ausgegangen werden. Der Kläger berufe sich überwiegend auf Ereignisse, die Dritten und nicht ihm gegolten hätten.
Soweit es die Bedrohungen und sonstigen Beeinträchtigungen anbelange, denen er nach seinen Angaben ausgesetzt gewesen sei, stelle dies auch in der Kumulierung keine i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL ausreichende Verfolgungshandlung dar. Denn insoweit könnten nur solche unterschiedlichen Maßnahmen einer Zusammenrechnung zuzuführen sein, die erkennbar an denselben Verfolgungsgrund anknüpften.
Nach den Materialien zur sog. Qualifikationsrichtlinie sei keine im Wege erweiternder Normauslegung erreichbare Schutzerstreckung beabsichtigt gewesen, die maßgeblich über das bis dahin innerstaatlich geltende Verständnis des geschützten Bereichs hinausgehen sollte. Die Bestimmung des Art. 9 QRL orientiere sich weitgehend an der Genfer Konvention und dem Gemeinsamen Standpunkt vom 4.3.1996 betreffend die harmonisierte Anwendung des Begriffs „Flüchtling“.
Nach der damaligen Interpretation des Flüchtlingsbegriffs sei bei der innerstaatlichen Rechtsanwendung schon generell keine Zusammenrechnung für sich jeweils nicht hinreichend intensiver Diskriminierung in der Weise vorgesehen gewesen, dass sich aus deren Gesamtheit eine hinreichend intensive Verfolgungsbetroffenheit hätte ergeben können.
Ungeachtet dessen halte sie - die Beklagte - das Vorbringen des Klägers für nicht hinreichend glaubhaft.
Allein wegen Zugehörigkeit zur Gruppe der yezidischen Religionszugehörigen sei keine relevante Gefährdung anzunehmen. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 15 c QRL und nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG erkennbar nicht vor.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15.4.2011 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 68/10 - die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, entgegen der Auffassung der Beklagten sei er - der Kläger - unter dem Druck einer erlittenen bzw. unmittelbar bevorstehenden Verfolgung ausgereist. Abgesehen von dem Hinweis auf die Mordanschläge im April 2007 und im August 2009 habe er nur gegen ihn selbst gerichtete Maßnahmen und Bedrohungen in allen Lebensbereichen geltend gemacht. An die Inhaftierung im Jahr 2004 wegen des Eintritts für den arabischen Schulunterricht, die jedoch nicht sein Ausreiseanlass gewesen sei, hätten sich weitere Bedrohungen seitens kurdischer Parteifunktionäre, aber auch durch einen kurdischen Geheimdienstmitarbeiter und einen weiteren Mann aus seinem Heimatdorf angeschlossen. Der kurdische Geheimdienstmitarbeiter habe ihm gesagt, es sei besser für ihn, wenn er in seinem Heimatdorf nicht mehr gesehen werde. Dies habe er als Morddrohung verstehen müssen. Die Auffassung der Beklagten, wonach unterschiedliche Maßnahmen nur dann i.S.d. Art. 9 QRL zusammenzurechnen seien, wenn sie an denselben Verfolgungsgrund anknüpften, sei nicht haltbar. Im Übrigen knüpften alle gegen ihn gerichteten Maßnahmen an seine yezidische Religionszugehörigkeit an.
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 29.3.2012 zu seinen Asylgründen informatorisch angehört.
Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Ausländerbehörde, der ebenso wie die bei Gericht geführte Dokumentation Irak, insbesondere hinsichtlich der in der Anlage zur Sitzungsniederschrift bezeichneten Teile, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 13.1.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Dem Kläger steht nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) kein Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Die Berufung führt daher unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage in vollem Umfang.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 3 AsylVfG.
Die von dem Kläger begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 3 AsylVfG ist abzulehnen, weil er nicht glaubhaft darlegen konnte, dass er aus begründeter Furcht vor (bereits erlittener oder unmittelbar bevorstehender) politischer Verfolgung aus seinem Heimatland ausgereist ist bzw. dass ihm gegenwärtig eine solche aus den in § 60 Abs. 1 AufenthG genannten Gründen droht. Er ist im Dezember 2009 unverfolgt aus dem Irak ausgereist und muss im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten, bei einer Rückkehr dorthin relevanten Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt zu sein.
Nach § 60 Abs. 1 AufenthG darf in Anwendung des Abkommens vom 28.6.1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist, wobei eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG auch dann vorliegen kann, wenn die Bedrohung an das Geschlecht anknüpft. Eine Verfolgung in diesem Sinne kann nach § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG von dem Staat (lit. a), Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen (lit. b) oder von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die unter lit. a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn es besteht eine inländische Fluchtalternative (lit. c).
Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 3 AsylVfG unterliegt im Wesentlichen den gleichen Anforderungen, nach denen auch eine Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG erfolgt
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 29.5.2008 - 10 C 11.07 -, BVerwGE 131, 186 ff.; zur Deckungsgleichheit von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG mit dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention: BVerwG, Urteil vom 26.10.1993 - 9 C 50.92 u.a. -, NVwZ 1994, 500 ff.
Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG vorliegt, sind Artikel 4 Abs. 4 sowie die Artikel 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Dritt- staatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewähren- den Schutzes (ABI EG Nr. L 304 S. 12) - sog. Qualifikationsrichtlinie (QRL) - ergänzend anzuwenden (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG). Ungeachtet der Neufassung der Richtlinie durch die sog. Anerkennungsrichtlinie vom 13.12.2011 (QRL 2011) sind die vorbezeichneten Regelungen der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 im vorliegenden Berufungsverfahren in der bislang geltenden Fassung an-zuwenden, da deren Neufassung gemäß Art. 41 QRL 2011 erst zum 22.12.2013 in Kraft tritt.
Nach Art. 9 Abs. 1 QRL gelten als Verfolgung in diesem Sinne Handlungen, die aufgrund ihrer Art und Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - keine Abweichung zulässig ist (Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter lit. a) beschriebenen Weise betroffen ist (Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL).
Art. 9 Abs. 3 QRL bestimmt, dass eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 QRL genannten Verfolgungsgründen und den in Art. 9 Abs. 1 QRL als Verfolgung eingestuften Handlungen bestehen muss.
Die Annahme einer relevanten Verfolgungssituation i.S.d. §60 Abs. 1 AufenthG setzt voraus, dass eine spezifische Zielrichtung vorliegt, d.h. die Verfolgung muss nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit an die vorstehend genannten Merkmale anknüpfen
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 19.1.2009 - 10 C 52.07 -, zitiert nach juris; BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 -, BVerfGE 80, 315 ff.
Die Zielgerichtetheit bezieht sich nicht nur auf die asylerheblichen Merkmale bzw. jetzt auf die Verfolgungsgründe im Sinne von Art. 10 QRL, an die die Handlung an- knüpfen muss (Art. 9 Abs. 3 QRL), sondern auch auf die durch die Handlung bewirkte Rechtsgutsverletzung selbst.
vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2009, a.a.O.
Für ein solches Verständnis des Begriffs der Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 QRL spricht auch die Begründung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu ihrem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates vom 12. 9. 2001, in der es heißt, dass als Verfolgung "ausschließlich Handlungen gelten, die absichtlich, fortdauernd oder systematisch ausgeführt werden und so gravierend sind, dass eine Rückkehr ins Herkunftsland ausgeschlossen ist"
vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2009, a.a.O.
An einer solchen gezielten Rechtsverletzung fehlt es indes regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu er- leiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen
hierzu BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.; BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVervVGE 96, 200 ff.
Zu den notstandsfesten Rechten im Sinne von Art 9 QRL gehören das Recht auf Leben nach Art. 2 EMRK, das Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung nach Art. 3 EMRK, das Verbot von Sklaverei und Leibeigenschaft nach Art. 4 Abs. 1 EMRK sowie das Verbot einer Verurteilung ohne gesetzliche Grundlage nach Art. 7 EMRK. Bei einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit oder die physische Freiheit ist ohne Weiteres von einer beachtlichen Verfolgung auszugehen, sofern der Eingriff von Art. 3 EMRK erfasst wird. In jedem Falle stellt das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit bzw. physische Freiheit ein grundlegendes Menschenrecht dar. Wird ein Eingriff in dieses Recht nicht von Art. 3 EMRK erfasst, ist eine Verfolgung anzunehmen, wenn die Verletzung des Rechts schwerwiegend im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. a .QRL ist
vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 5.3.2009 - 10 C 51.07 -, zitiert nach juris.
Bei der Anknüpfung an eine religiöse Betätigung macht es einen Unterschied, ob es sich um die Gefährdung von Leib, Leben oder Freiheit handelt oder um einen Eingriff in die Religionsfreiheit dahingehend, dass dem Gläubigen eine Einschränkung oder Unterlassung seines Glaubens abverlangt wird
vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 5.3.2009, a.a.O., zitiert nach juris.
Maßnahmen, die andere Rechtsgüter betreffen, sind dann Verfolgung, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde des Opfers verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Verfolgerstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben
vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 42.87 - sowie Urteil vom 18.2.1986 - 9 C 104.85 -, zitiert nach juris.
Exemplarisch für Verfolgungshandlungen benennt Art. 9 Abs. 2 QRL unter anderem: Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt (lit. a); gesetzliche administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden (lit. b); unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (lit. c), Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung (lit. d).
Das Erfordernis nach Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL , dass die Handlungen aufgrund ihrer Art oder Wiederholung schwerwiegend sein müssen, verdeutlicht, dass auch eine einmalige Verfolgungshandlung ausreichen kann, wenn sich daraus ergibt, dass der weitere Aufenthalt im Herkunftsland für den Antragsteller unzumutbar war. Andererseits kann nach Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL – wie bereits dargelegt - eine Verfolgung auch in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen.
Eine allgemein verbindliche Festlegung, inwieweit unterschiedliche kumulativ auftretende Maßnahmen den Verfolgungsbegriff i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL erfüllen, ist indes nicht möglich. Weder aus der von der Beklagten angeführten Begründung vom 12.9.2001 zu Art. 9 QRL (ursprünglich konzipiert als Art. 11) noch aus dem Gemeinsamen Standpunkt vom 4.3.1996 lassen sich eindeutige verallgemeinerungsfähige Interpretationshinweise entnehmen.
Eine Beurteilung des Eingreifens des Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL unterliegt vielmehr der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall.
Die kumulative Wirkung unterschiedlicher Handlungen muss aber stets derart gravierend sein, dass der Schutzsuchende davon in ähnlicher Weise wie durch eine i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL schwerwiegende Menschenrechtsverletzung betroffen ist. Die festgestellten Handlungen oder Maßnahmen müssen deshalb in ihrer Gesamtwirkung das Gewicht und die Schwere einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung aufweisen
zur Rechtsprechung des BVerwG vor Inkrafttreten des Art. 9 QRL vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.8.1997 - 9 B 105.97 -, vom 3.4.1995 - 9 B 758.94 - und Urteil vom 23.7.1991 - 9 C 154.90 -, jeweils zitiert nach juris.
Die Verfolgungshandlungen nach Art. 10, 9 QRL müssen ferner mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen
vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10, vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 -, siehe auch EuGH, Urteil vom 2.3.2010, Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a., jeweils zitiert nach juris.
Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist dann anzunehmen, wenn bei der zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Betroffenen nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint
vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.2.2008 - 10 C 33.07 - und Urteil vom 5.11.1991 - 9 C 118.90 -; OVG Münster, Beschluss vom 22.11.2010 - 9 A 3287/07.A -, jeweils zitiert nach juris.
Ist der Ausländer verfolgt ausgereist, findet die in Art. 4 Abs. 4 QRL vorgesehene Beweiserleichterung Anwendung. Danach ist die Tatsache, dass ein Schutzsuchender bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder solchem Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden i. S. d. Art. 15 lit. a) bis c) QRL zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder solchem Schaden bedroht wird.
Für das Eingreifen der Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 QRL ist erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem früher erlittenen oder unmittelbar drohenden Schaden und dem befürchteten künftigen Schaden bzw. dem Sachverhalt, der bei einer Rückkehr erneut zu einer Verfolgung führen könnte, besteht. Es ist deshalb im Einzelfall jeweils zu prüfen und festzustellen, auf welche tatsächlichen Schadensumstände sich die Vermutungswirkung des Art. 4 Abs. 4 QRL erstreckt
vgl. BVerwG, Urteil vom 27.4.2010 - 10 C 4.09 -, OVG Münster, Beschluss vom 22.11.2010 - 9 A 3287/07.A -, jeweils zitiert nach juris.
Die Vorschrift des Art. 4 Abs. 4 QRL begründet mithin für die von ihr begünstigten Antragsteller eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer Verfolgung oder einem sonstigen ernsthaften Schaden bedroht sind. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist im Rahmen freier Beweiswürdigung zu beurteilen, ob stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit einer Verfolgung bzw. des Eintritts eines sonstigen ernsthaften Schadens entkräften.
Die bereits erlittener Verfolgung gleichzustellende unmittelbar drohende Verfolgung setzt eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen musste
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2009 - 10 C 24.08 - m.w.N., zitiert nach juris.
Aus den in Art. 4 QRL geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Schutzsuchenden folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Er ist gehalten, unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung im genannten Sinne droht. Das Gericht muss dabei die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten individuellen Schicksals und von der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung gewinnen
vgl. BVerwG, Entscheidungen vom 21.7.1989 - 9 B 239.89 -, vom 16.4.1985 - 9 C 109.84 - und vom 29.11.1977 - 1 C 33.71 -, jeweils zitiert nach juris.
Von diesen Maßstäben ausgehend kann der Kläger auch unter Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie 2004/83/EG (QRL) die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich einer Abschiebung in den Irak nicht beanspruchen. Das gilt sowohl im Hinblick auf sein Individualschicksal als auch im Hinblick auf die zu verneinende Gruppenverfolgung wegen seiner yezidischen Religionszugehörigkeit.
Der Kläger ist unverfolgt ausgereist. Er vermochte eine im Ausreisezeitpunkt bereits erlittene oder ihm unmittelbar drohende staatliche oder nicht-staatliche Individualverfolgung i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Art. 9, 10 QRL nicht darzutun.
Zielgerichtete Verfolgungshandlungen seitens staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure in Anknüpfung an die Merkmale des § 60 Abs. 1 AufenthG i. V. m. Art. 10 QRL, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung oder in ihrer Gesamtwirkung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. a und lit. b QRL darstellen, lassen sich den durchgängig beibehaltenen und auch zur Überzeugung des Senats glaubhaften Aussagen des Klägers nicht entnehmen.
Die von ihm sowohl in dem Verfahren vor dem Bundesamt als auch in dem erstinstanzlichen Verfahren geschilderten Vorfälle, die konkret gegen seine Person gerichtet waren, d. h. die verbalen Bedrohungen seitens anderer Mitarbeiter in der Schwefelfabrik, die Nachfragen bei kurdischen Kontrollstellen auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle mit der Unterstellung, der kurdischen Opposition anzugehören, die Warnungen eines im Dorf des Klägers wohnenden yezidischen Mitarbeiters des kurdischen Geheimdienstes, das Dorf zu verlassen, sowie die - mit einem Freispruch endende - Falschanzeige eines yezidischen Dorfbewohners, der ihn belästigt und beschimpft habe, bleiben vielmehr unterhalb der maßgeblichen Schwelle im Sinne der genannten Bestimmungen. Sie erfüllen keines der vorstehend genannten Regelbeispiele des Art. 9 Abs. 2 QRL. Auch greifen sie weder für sich allein (Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL) noch in ihrer Gesamtheit (Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL) in das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben oder in die nach Art. 3 EMRK (Verbot der Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung), nach Art. 4 EMRK (Schutz vor Sklaverei oder Leibeigenschaft), nach Art. 5 EMRK (Recht auf Freiheit und Sicherheit) und nach Art. 6 und 7 EMRK (Sicherung eines fairen Gerichtsverfahrens und Strafausspruchs) geschützten Rechte ein.
Die vom Kläger genannten Vorfälle stellen zwar Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten in verschiedenen Lebensbereichen dar. Von einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte, die einen (weiteren) Aufenthalt des Klägers im Herkunftsland unzumutbar machen, kann jedoch keine Rede sein.
Dies gilt auch, wenn man die von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als maßgeblich für seine Verfolgungsfurcht bezeichneten Vorfälle betrachtet.
Insoweit hat der Kläger bekundet, zusammen mit neun weiteren Personen von Seiten kurdischer Parteifunktionäre für 5 Tage inhaftiert gewesen zu sein, nachdem er sich im Jahr 2004 dafür eingesetzt habe, dass der Unterricht in den Schulen außer in kurdischer Sprache auch in arabischer Sprache gehalten werden solle. Die damalige Haft habe ihn nicht zur Ausreise veranlasst. Er habe jedoch in der Folgezeit weiterhin Probleme mit kurdischen Parteistellen gehabt. So sei er von Parteiverantwortlichen der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), meistens aber von der Kurdischen Demokratischen Partei (PDK) häufig vorgeladen worden. Wenn es sich um „kleine Sachen“ gehandelt habe, sei er zu der Partei-Dienststelle in Bozan einbestellt worden, in 90 % der Fälle sei er jedoch an der jeweiligen Dienststelle in Al Qosh gewesen. Anlass seiner Vorladungen sei etwa gewesen, dass im Februar 2007 Dorfbewohner aus Bozan gegen die kurdische Regionalregierung demonstriert und eine kurdische Fahne von der Schule heruntergeholt hätten. Im Jahr seiner Ausreise 2009 sei er etwa alle zwei Monate - ohne bestimmten Anlass - und zuletzt im Oktober 2009 vorgeladen worden. Am Vorabend dieser letzten Vorladung hätten gegen 18.30 bis 19.00 Uhr zwei Peschmerga heftig an der Haustür geklopft und ihn aufgefordert, am nächsten Morgen in der Parteidienststelle in Al Qosh zu erscheinen. Als er dorthin gegangen sei, habe ihn der anwesende Peschmerga gefragt, ob er immer noch hier sei. Dieser habe ihn beschimpft und erniedrigt und aufgefordert, aus der Region zu verschwinden. Man betrachte ihn als Gegner, weil er sich gegen die Kurden gestellt habe. Auch habe man ihm vorgeworfen, kein Parteimitglied zu sein. Nach etwa 20 bis 25 Minuten habe man ihn aus dem Raum geworfen, ein an der Tür stehender Peschmerga habe ihm dabei einen Fußtritt versetzt. Bis zu seiner Ausreise im Dezember 2009 sei ihm nichts mehr geschehen. Auch die früheren Vorladungen hätten sich im Wesentlichen so abgespielt wie die Vorladung im Oktober 2009. Des Weiteren gab der Kläger an, auf seinem Weg zur Arbeit in die Fabrik von Mishrak ständig Angst vor Terroristen bzw. „Gotteskämpfern“ gehabt zu haben.
Auch diese von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als wesentlich für seine Verfolgungsfurcht in den Vordergrund gestellten Vorfälle - häufige Vorladungen vor die örtlichen Parteidienststellen der PDK und PUK in Al Qosh und Bozan sowie Anschläge von Terroristen bzw. „Gotteskämpfern“ auf dem üblichen Weg zu seiner Arbeitsstelle südlich von Mossul - erfüllen weder den Tatbestand der in Art. 9 Abs. 2 QRL genannten Regelbeispiele noch vermögen sie allein oder in ihrer Gesamtwirkung eine zielgerichtete, an die Merkmale des § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Art. 10 QRL anknüpfende Verfolgung im Sinne einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschrechte nach Art. 9 Abs. 1 lit. a und b QRL zu begründen.
Abgesehen von der von ihm selbst nicht als fluchtauslösend bezeichneten, lange zurückliegenden kurzzeitigen Sistierung durch kurdische Parteistellen im Jahr 2004 liegen keine Eingriffe in Leben, körperliche Unversehrtheit und physische Freiheit vor, sondern allenfalls - wenngleich unangenehme und belastende - Nachstellungen unterhalb der Schwelle einer Verfolgungsrelevanz. Die Vorladungen vor örtliche Parteistellen, denen der Kläger jeweils selbst nachkam, beschränkten sich eigenen Angaben zufolge stets auf verbale Angriffe in einem Zeitraum von etwa 20 Minuten und blieben ohne weitere Folgen für den Kläger, der bis zu der von ihm - aus anderen Gründen - veranlassten Arbeitsaufgabe im September 2009 ungehindert seiner Arbeit und Existenzsicherung nachgehen konnte. Soweit er ferner auf allgemeine Verfolgungsgefahren durch Terroristen bzw. „Gotteskämpfer“ auf dem Weg zur Arbeit verweist, stellen diese keine zielgerichtete individuelle Verfolgung i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG dar.
Insgesamt kann daher von einer durch unzumutbaren Verfolgungsdruck aufgrund staatlicher oder nichtstaatlicher Individualverfolgung im Sinne der genannten Vorschrift veranlassten Ausreise des Klägers nicht ausgegangen werden. Dies verdeutlicht auch der Umstand, dass der Kläger nach der im Jahr 2004 erlittenen fünftägigen Inhaftierung seitens kurdischer Parteistellen noch fünf Jahre freiwillig an seinem Heimatort verblieb. Nichts anderes gilt, wenn man dies - seinen Angaben folgend – in einen Zusammenhang mit der Fürsorge für seine im August 2009 verstorbene Mutter stellt.
Der Kläger war zum Zeitpunkt seiner Ausreise auch nicht mit Rücksicht darauf als vorverfolgt anzusehen, dass er Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Yeziden ist. Eine an dieses Merkmal anknüpfende Gruppenverfolgung im Irak war und ist zu verneinen.
Zwar kann sich die Gefahr einer Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht nur aus gegen den Betroffenen selbst gerichteten Maßnahmen (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines relevanten Merkmals verfolgt werden, das der Flüchtling mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. Gruppenverfolgung)
zu den Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung etwa BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216 ff.; BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 -, vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, vom 18.7.2006 - 1 C 15.05 - und vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, jeweils zitiert nach juris.
Das Vorliegen einer derartigen Gruppenverfolgung von Angehörigen der Glaubensgemeinschaft der Yeziden im Irak ist jedoch zu verneinen. Dies hat der Senat unter ausführlicher Würdigung zahlreicher Erkenntnisquellen
vgl. hierzu u.a. Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010, EZKS an VG München vom 17.2.2010, vom 26.5.2008 an VG Köln zu Az. 21 K 142/0.A u.a. vom 22.12.2007 an VG Cottbus, vom 19.7.2007 an VG Gelsenkirchen, vom 15.7.2007 an VG Karlsruhe zu Az. 3 K 10741/04, vom 19.3.2007 an VG Ansbach zu Az. AN 9 K 04.30815, Bundesasylamt (Österreich), Die Sicherheitslage der Yeziden im Irak vom 4.11.2009, Gesellschaft für bedrohte Völker, Die Yeziden im Irak, November 2007, GIGA an VG Köln vom 7.9.2007 und 12.3.2007; GIGA an VG Düsseldorf vom 2.4.2007, UNHCR an VG Köln vom 9.1.2007 und vom 28.7.2007, BAMF, Yeziden im Irak von Juni 2007; den Bericht Dulz/Siamend Hajo/Savelsberg, Die Yeziden im „neuen“ Irak 2004/2005
bereits in seinem o.g. Urteil
Urteil vom 16.9.2011 - 3 A 446/09 -, dokumentiert bei juris,
entschieden. Die dortigen Feststellungen beziehen sich sowohl auf denjenigen Zeitraum, in den die Ausreise des hiesigen Klägers fällt, als auch auf den sich daran anschließenden Zeitraum bis zum Zeitpunkt der dortigen Entscheidung.
In dem genannten Urteil hat der Senat im Fall eines - wie der Kläger des vorliegenden Verfahrens - aus der Provinz Ninive stammenden Klägers kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit festgestellt, dass für Yeziden im Irak weder eine landesweite noch eine regional auf die Stammsiedlungsgebiete der Yeziden im Norden des Irak, die Regionen Sheikhan, al Sheikhan und Sindjar, - insgesamt oder im einzelnen - begrenzte Gruppenverfolgung i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Art. 10, 9 QRL anzunehmen war und ist, da es - auch bei regionaler Betrachtung - an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen Verfolgungsdichte fehlt. Daran hält der Senat fest.
Die Auswertung der o.g. Erkenntnisse im Rahmen des Urteils des Senats vom 16.9.2011, a.a.O., hat ergeben, dass es insbesondere nach dem Jahr 2007, für das insgesamt etwa 1000 relevante Übergriffe auf Yeziden zu verzeichnen waren, in den Folgejahren bis zum Zeitpunkt der dortigen Entscheidung nicht mehr zu Übergriffen in einer vergleichbaren Größenordnung gekommen ist. Vielmehr war eine stete und erhebliche Abnahme verfolgungsrelevanter Vorfälle zu verzeichnen.
Selbst wenn unterstellt wird, dass die insgesamt bekannt gewordenen Maßnahmen verfolgungsrelevant im Sinne der Art. 9, 10 QRL waren, war deren Zahl selbst unter Einrechnung einer hierzu in angemessener Relation stehenden Dunkelziffer nicht geeignet, eine landesweite oder regionale Verfolgung der Yeziden als religiöser Gruppe, die nach den vorliegenden Erkenntnissen
vgl. etwa Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010
auf derzeit noch ca. 200.000 Glaubenszugehörige zu bemessen ist, zu belegen. Sie blieb und bleibt vielmehr in erheblichem Abstand zur kritischen Verfolgungsdichte.
Ist der Kläger danach unverfolgt aus seinem Heimatland ausgereist, kommt ihm für die Beurteilung der Frage, ob er im Falle seiner Rückkehr eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG zu befürchten hat, die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL nicht zugute und ist hierfür der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzuwenden.
Ausgehend von diesem Maßstab ist eine Verfolgung im Sinne der genannten Bestimmung im Falle seiner Rückkehr nicht zu prognostizieren.
Dies gilt für die von ihm geltend gemachte individuelle Verfolgungsgefahr sowohl mit Blick auf die lange zurückliegende kurzzeitige Sistierung durch kurdische Parteistellen im Jahr 2004, die Nachstellungen durch die örtlichen kurdischen Parteistellen, die sich stets unterhalb der Schwelle einer Verfolgungsrelevanz bewegten, und die vorgetragenen Warnungen und Belästigungen durch einzelne Dorfbewohner, als auch im Hinblick auf seine Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Yeziden.
Bezüglich der geltend gemachten individuellen Verfolgungsgefahr ergibt sich dies bereits aus den für den Ausreisezeitpunkt dargelegten Aspekten, aus denen sich weder für den damaligen, noch für den Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung die Gefahr einer Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG bejahen lässt. Änderungen, die nunmehr eine andere Betrachtung zuließen, sind nicht eingetreten. Die dem Senat vorliegenden Erkenntnisse lassen – wie für die Zeit vor seiner Ausreise – auch für die Zeit nach seiner Ausreise bis heute den Schluss auf eine entsprechende Gefährdung des Klägers im Rückkehrfall nicht zu.
Eine Gefährdung des Klägers als Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Yeziden – insoweit unter dem Aspekt der Gruppenverfolgung - ist im Falle seiner Rückkehr im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung ebenfalls zu verneinen. An den Feststellungen des o.g. Urteils des Senats
zur Frage der Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak wird festgehalten. Daran haben sich zwischenzeitlich, seit Erlass dieser Entscheidung, auch bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt keine relevanten Veränderungen ergeben.
Aus dem im o.g. Urteil vom 16.9.2011 noch nicht berücksichtigten Bericht der Minority Rights Group International: Still Targeted: Continued Persecution of Iraq’s Minorities vom Juni 2010 ergeben sich keine Anhaltspunkte, die eine abweichende Bewertung der Frage einer (regionalen) Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak rechtfertigen könnten. Abgesehen von den dort konkret aufgeführten Opferzahlen für das Jahr 2007, die der Senat im o.g. Urteil gewürdigt und als nicht ausreichend für die Annahme der erforderlichen Gefahrendichte erachtet hat, benennt der Bericht, der sich auf die Befragung von lediglich 45 Yeziden aus den Gebieten Mossul und Dohuk stützt, für die Folgezeit ab 2007 bis zum gegebenen Zeitpunkt keine konkreten Zahlen, die eine den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügende Verfolgungsdichte belegen könnten
vgl. hierzu etwa auch Beschlüsse des Senats vom 1.3.2012 - 3 A 13/11 - und vom 16.12.2011 - 3 A 264/11 - im Falle eines gleichfalls aus Ninive stammenden yezidischen Klägers.
Auch sonst sind keine neuen Zahlen, Fakten und Erkenntnisse ersichtlich, welche die Verneinung der Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak durchgreifend in Frage stellen könnten.
Ebenfalls gebietet die aktuelle Stellungnahme des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien
- EZKS - vom 20.11.2011 an VG Düsseldorf
keine abweichende Beurteilung. Danach beanspruchen die Darlegungen der früheren Stellungnahme vom 17.2.2010, die der Senat in seinem o.g. Urteil vom 16.9.2011, eingehend gewürdigt hat, nach wie vor Geltung. Allerdings wird dort - im Gegensatz zu den Angaben des Auswärtigen Amtes im Lagebericht vom 28.11.2010 über 200.000 im Nordirak lebende Yeziden - gleichfalls ohne durchgreifenden Beleg von einer „geschätzten“ Gesamtzahl von 300.000 Yeziden ausgegangen. Auch die Zugrundelegung dieser Gesamtzahl hätte auf die vom Senat in dem genannten Urteil getroffenen Feststellungen bezüglich der Verfolgungsdichte für Yeziden im (Nord)Irak im Ergebnis keine maßgeblichen Auswirkungen, da sich bei der vom EZKS angenommenen höheren Personenzahl in Relation zu den festgestellten Verfolgungsschlägen (einschließlich der Einbeziehung einer Dunkelziffer) die Verfolgungsdichte sogar verringern würde.
Nach der Anfang Oktober 2011 erfolgten Recherche eines Gutachters im Rahmen der o.g. Stellungnahme des EZKS vom 20.11.2011 durch Befragung von fünf Personen anlässlich eines eintägigen Aufenthalts in der Stadt Sindjar ist für die Region Sindjar infolge einer Intensivierung der Maßnahmen im Sicherheitsbereich sogar eine Verbesserung der Lage im Vergleich zu den Vorjahren festzustellen. So weist EZKS darauf hin, dass etwa die Strecke zwischen Dohuk-Stadt und Sindjar-Stadt regelmäßig auch von Yeziden genutzt wird und dass die Befragten anders als noch vor zwei Jahren nicht von Zwischenfällen/Angriffen auf dieser Straße berichtet hätten. Es habe keine großen Anschläge mehr auf Zentraldörfer wie noch im Jahr 2007 gegeben, auch die Zahl der Einzeltötungen und Entführungen sei gesunken.
Nach der Gesamteinschätzung des EZKS werden im Sindjar zwar nach wie vor Yeziden aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit Opfer von Anschlägen (Morde, Entführungen, Lösegelderpressung), wobei diese Gefahr insbesondere dann bestehe, wenn sie sich aus den Zentraldörfern hinaus in Richtung Mossul begäben. Diesbezügliche relevante Zahlen, die eine abweichende Beurteilung von den bisherigen Feststellungen des Senats geböten, werden in
der Stellungnahme des EZKS vom 20.11.2011, a.a.O.,
die sich im Wesentlichen mit der Situation im Sindjar-Gebiet befasst, jedoch nicht benannt.
Vorliegend kommt hinzu, dass der Kläger aus dem in der Provinz Ninive, Distrikt Telkef und Subdistrikt Al Qosh liegenden Dorf Bozan stammt.
Die Situation der Yeziden im Distrikt Telkef, in dem der Sub-Distrikt Al Qosh, der unter de facto kurdischer Kontrolle steht, zu einem ihrer Hauptsiedlungsgebiete gehört, ist nach den vorliegenden Erkenntnissen
vgl. EZKS vom 17.2.2010, S. 13, 23 bis 27
vergleichsweise gut und vergleichbar mit derjenigen in den Distrikten Sheikhan und al-Sheikhan und daher besser als im Sindjar.
Die Lage in den Distrikten Sheikhan und al-Sheikhan ist nach Einschätzung von EZKS derzeit verhältnismäßig ruhig und stabil. In den letzten Jahren, insbesondere ab Ende 2007 ist dort sowohl eine Verbesserung der Sicherheitslage als auch eine Verbesserung der Infrastruktur festzustellen. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass dort eine direkte Verbindung zu den de jure kurdisch verwalteten Gebieten besteht. Übergriffe sunnitischer Extremisten auf Yeziden sind nicht bekannt. Auch sind im Sheikhan/al-Sheikhan keine Übergriffe gegenüber Yeziden dokumentiert, die in Opposition zur KRG-Politik stehen
vgl. hierzu im einzelnen Urteil des Senats vom 16.9.2011 - 3 A 446/09 -.
Im Herkunfts-Distrikt des Klägers Telkef, der ebenfalls über eine direkte Anbindung an die de jure kurdisch verwalteten Gebiete verfügt, gibt es ebenfalls keine durchgreifenden Hinweise auf Übergriffe auf Yeziden. Zwar berichtet EZKS unter Berufung auf UNAMI auch von Beschwerden über die willkürliche Verhaftung „ausgewählter“ Araber, Christen und Yeziden durch Peschmerga und den kurdischen Geheimdienst. Konkrete Hintergründe und Zahlen, aus denen sich belastbare Feststellungen ableiten lassen, benennt jedoch EZKS nicht
vgl. hierzu EZKS vom 17.2.2010, S. 11, 23, 27 und vom 26.5.2008 an VG Köln, S. 28; siehe auch SFH, Irak vom 10.1.2008: Situation von religiösen Minderheiten in den von der KRG verwalteten Provinzen Sulaimaniya, Erbil und Dohuk, S. 16.
Schließlich lassen sich auch dem Bericht der
Denge Ezidiyan vom 2.12.2011 sowie der Pressemitteilung der GbV vom 9.12.2011 „Pogrome von radikalen Islamisten gegen Christen und Yeziden in Irakisch-Kurdistan“
über Angriffe auf yezidische und christliche Einrichtungen in den Städten Zakho, Simel und Dohuk im Nordirak, in deren Verlauf 20 Einrichtungen - vornehmlich Hotels und Läden - zerstört und etwa 30 Personen verwundet worden sein sollen, keine Zahlen entnehmen, die die genannten Feststellungen zur Gefahrendichte in Frage stellen könnten. Denn aus diesen Vorfällen können keine verlässlichen Schlüsse gezogen werden, ob, wie häufig und in welchem Umfang sich solche oder ähnliche Angriffe wiederholen und auch die Herkunftsregion des Klägers betreffen könnten. Insoweit ist auch zu gewichten, dass in den drei autonom kurdisch regierten Provinzen weit überwiegend Muslime und insgesamt nur wenige der im Irak ansässigen Yeziden leben. Demgegenüber ist die Bevölkerung des Herkunftsorts des Klägers, Bozan, wie viele Orte im Distrikt Telkef überwiegend yezidisch
vgl. hierzu EZKS an VG Köln vom 26.5.2008, S. 8.
Hinzu kommt, dass nach den o.g. Erkenntnissen der GbV vom 9.12.2011 die am 2.12.2011 verletzten Personen überwiegend nicht Zivilisten, sondern Polizisten gewesen sein sollen und die kurdische Regierung der autonomen Region Kurdistan-Irak die Anschläge umgehend deutlich verurteilt hat.
Da auch bis zum Zeitpunkt der Entscheidung im vorliegenden Berufungsverfahren keine weiteren Übergriffe in einer vergleichbaren Größenordnung bekannt geworden sind, ist der zuletzt beschriebene Vorfall als Einzelfall einzuschätzen.
Nach allem hält der Senat an seiner bisherigen Gesamteinschätzung der Lage der Yeziden in ihren Stammsiedlungsgebieten fest.
Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung anderer Obergerichte, die ebenfalls eine Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak verneinen
vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 27.2.2012 - 13 a ZB 11.30338 - betreffend Yeziden aus dem Siedlungsgebiet Al Qosh; Urteile vom 2.2.2012 - 13 a B 11.30335 - und 11.11.2011 - 13 a B 11.30270 - und Beschlüsse vom 8.11.2011 - 13 a ZB 11.30383, vom 3.11.2011 - 13 a ZB 11.30383 -, betreffend gleichfalls die Region Mossul/Ninive, OVG Münster, Beschlüsse vom 28.3.2011 - 9 A 2563/10.A - und vom 22.11.2010 - 9 A 3287/07.A -; OVG Lüneburg, Urteile vom 19.3.2007 - 9 LB 373/06 und 9 LB 380/06 -; VGH Mannheim, Urteil vom 16.11.2006 - A 2 S 1150/04 -, jeweils zitiert nach juris.
Eine dem Kläger mit Blick auf individuelle Gründe und seine yezidische Religionszugehörigkeit drohende, im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Art. 9, 10 QRL relevante Gefährdung ist daher nach allem nicht anzunehmen.
Lediglich ergänzend ist darauf zu verweisen, dass dem Kläger, der - wie dargelegt - in der mündlichen Verhandlung lediglich Vorladungen durch örtliche Parteifunktionäre der PDK und PUK in seinem Heimatdorf Bozan und in Al Qosh geltend gemacht hat, auch eine interne Schutzalternative i.S.d. Art. 8 QRL in anderen Teilen desTelkef, in dem nach seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zahlreiche Verwandte seiner Ehefrau leben, offenstünde.
II.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG.
Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 (konkrete Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung) und nach § 60 Abs. 3 AufenthG (Gefahr der Todesstrafe aufgrund einer von dem Schutzsuchenden begangenen Straftat) sind weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Auch die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegen im Falle des Klägers nicht vor.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.
Ob die aktuelle allgemeine Lage im Irak und insbesondere in der Herkunftsregion des Klägers in der Provinz Ninive und dort im Distrikt Telkef, überhaupt die Annahme eines innerstaatlichen oder auch nur regionalen bewaffneten Konflikts im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG rechtfertigen kann, kann dabei offenbleiben
vgl. Urteile des Senats vom 16.9.2011, a.a.O. und vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 - und 3 A 451/08 -; ebenso offen gelassen zum landesweiten Konflikt im Irak etwa OVG Münster, Beschluss vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A -, VGH München, Urteil vom 24.3.2011 - 20 B 10.30021 -, und VGH Mannheim, Urteil vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10 -, jeweils zitiert nach juris.
Denn jedenfalls fehlt es vorliegend an der geforderten erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben des Klägers als Angehöriger der Zivilbevölkerung.
Die für die Schutzgewährung nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erforderliche erhebliche individuelle Gefahr kann erst dann bejaht werden, wenn sich allgemeine Gefahren eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts mit der Folge einer ernsthaften individuellen bzw. persönlichen Betroffenheit aller Bewohner der maßgeblichen Region verdichten. Dies setzt aber eine solche Gefahrendichte voraus, dass ein in sein Heimatland zurückkehrender Ausländer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten muss, gezielt oder auch zufällig selbst Opfer eines Terroranschlages zu werden oder infolge stattfindender Kampfhandlungen am Leben oder seiner körperlichen Unversehrtheit beschädigt zu werden. Bezüglich der Gefahrendichte ist auf die Herkunftsregion abzustellen, in die der Betreffende typischerweise zurückkehren wird. Eine Individualisierung kann sich aber auch bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Schutzsuchenden ergeben. Hierunter kann auch eine ethnische oder religiöse Zugehörigkeit fallen. Für die Feststellung der Gefahrendichte i.S.d. unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gelten vergleichbare Maßstäbe wie im Bereich des Flüchtlingsrechts für die Verfolgungsdichte bei einer Gruppenverfolgung. Neben einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos bedarf es einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung, die auch die medizinische Versorgungslage mit einbezieht
vgl. BVerwG, Urteile vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 -, vom 14.7.2009 - 10 C 9.08 - und vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O.; VGH München, Urteil vom 2.2.2012, a.a.O.; OVG Münster, Beschluss vom 29.10.2010 – 9 A 3642/06.A, zitiert nach juris.
Ausgehend hiervon kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei Rückkehr in sein Herkunftsland einer erheblichen individuellen Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ausgesetzt wäre.
Auf die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL kann sich der Kläger - wie dargelegt - nicht berufen. Dies gilt sowohl mit Blick auf die geltend gemachten individuellen Gründe als auch seine yezidische Religionszugehörigkeit. Insoweit kann vollumfänglich auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG verwiesen werden.
Hinsichtlich der (landesweiten) Gefahrendichte ist, wie der Senat bereits in den o.g. Urteilen vom 1.6.2011 und vom 16.9.2011 im Einzelnen dargelegt hat, nach den vorliegenden Erkenntnissen zwar von einer immer noch instabilen Sicherheitslage im Irak auszugehen. Dennoch ist gegenüber früheren Jahren insbesondere eine relevante Abnahme der Opferzahlen zu verzeichnen
hierzu etwa BAMF, Dokumentation Irak, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Juni 2011 und Januar 2010; Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010, taz 5.5.2011, BAMF, Briefing Notes vom 27.12.2010; Schweizerischen Flüchtlingshilfe (im Folgenden SFH) Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak - Update vom 5.11.2009 -; UNHCR, Positionspapier zum Schutzbedarf irakischer Asylbewerber und zu den Möglichkeiten der Rückkehr irakischer Staatsangehöriger in Sicherheit und Würde vom 13.5.2009 und Stellungnahme vom 16.9.2009 an den Hessischen VGH; ai-Report 2010, Zur weltweiten Lage der Menschenrechte.
Zur allgemeinen Gefahrendichte insbesondere für die Jahre 2010 und 2011 in Relation zur Gesamtbevölkerung des Irak mit etwa 32,3 Millionen Menschen kann vollumfänglich auf die Ausführungen in den Urteilen des Senats vom 1.6.2011
verwiesen werden. Die Gesamtopferzahlen im Jahr 2010 mit 4028 Opfern und die sich auf vergleichbaren Niveau im Jahr 2011 (bis Mai 2011 1033 Tote) bewegenden Opferzahlen einschließlich einer einzurechnenden angemessenen Dunkelziffer von Verletzten und sonstigen Geschädigten verdeutlichen, dass eine Gefährdungslage für den Kläger in dem Sinne, dass er als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (i.V.m. Art. 15 lit. c QRL) im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt wäre, zu verneinen ist. Angesichts der Relation der Opferzahlen zur Gesamtbevölkerung ist nicht mit dem hier erforderlichen Grad der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Gefahrendichte im (gesamten) Irak derart hoch ist, dass praktisch jede Zivilperson alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Dies gilt auch hinsichtlich der Herkunftsregion des Klägers, der Provinz Ninive. Dort gab es im Jahr 2010 bei 363 Vorfällen 505 Tote (18 Tote je 100 000 Einwohner) und bis April 2011 bei 92 Vorfällen 132 Tote (4,7 Tote je 100 000 Einwohner)
vgl. hierzu auch VGH München, Urteil vom 11.11.2011 - 13 a B 11.30270 -, zitiert nach juris.
Auch nach der Auswertung neueren Erkenntnismaterials
hierzu etwa BAMF, Briefing Notes vom 5.3.2012
geht von der allgemeinen Lage im Irak zwar nach wie vor eine Gefahr aus, die neben den Angehörigen spezieller Personengruppen, so insbesondere von Regierungs-, Streit- und Sicherheitskräften auch eine Vielzahl von Zivilpersonen ohne eindeutige Zuordnung betrifft. Seit dem Abzug der amerikanischen Truppen im Dezember 2011 finden weiterhin landesweit Anschläge statt. So gab es nach den dortigen Feststellungen im Januar 2012 151 Tote, davon 99 Zivilisten und insgesamt 321 Verwundete. Im Februar wurden 150 Iraker getötet, davon 91 Zivilisten. Nach einem weiteren Bericht
vgl. BAMF, Briefing Notes vom 30.1.20212
sind Angaben von Iraq Body Count zufolge seit Jahresbeginn 2012 mindestens 320 Menschen bei Anschlägen getötet worden, während im Januar 2011 die Zahl der Opfer bei 387 Personen gelegen habe. Die vorgenannten Anschläge haben sich mithin auf einem mit den Jahren 2010 und 2011 vergleichbarem Niveau fortgesetzt und vermögen daher eine Gefährdungssituation i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nicht zu begründen.
Die Zugehörigkeit des Klägers zur Religionsgemeinschaft der Yeziden wirkt sich - jedenfalls bezogen auf die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorrangig in den Blick zu nehmende Herkunftsregion – ebenfalls nicht gefahrerhöhend aus. Insoweit kann vollumfänglich auf die Ausführungen zur Frage einer Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak im Rahmen des § 60 Abs.1 AufenthG Bezug genommen werden. Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellungen zur Gefährdungslage in der Herkunftsprovinz Ninive mit dem Distrikt Telkef und dem Subdistrikt Al Qosh.
Angesichts des relativ „geringen“ Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens bietet schließlich auch die - zwar tendenziell verbesserte - teilweise aber immer noch angespannte medizinische Versorgungslage
vgl. hierzu Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010
ebenfalls keinen Anlass zu einer anderen Bewertung.
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung des Klägers nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten unzulässig ist, sind nicht ersichtlich.
Dem Kläger drohen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auch keine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die allgemeine Versorgungslage.
Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fallen die schwierigen Existenzbedingungen einer Vielzahl von Irakern, insbesondere hinsichtlich der Erlangung eines Arbeitsplatzes und der Sicherstellung allgemeiner und medizinischer Versorgung, auch wenn sie den einzelnen Ausländer in individualisierbarer Weise betreffen sollten, hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen prinzipiell nicht in die Entscheidungszuständigkeit des Bundesamtes. Bei derartigen – auch erheblichen – Gefährdungen ist die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG durch Satz 3 der Vorschrift „gesperrt“, wenn diese Gefahren zugleich einer Vielzahl anderer Personen im Abschiebezielstaat drohen
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 - u.a.; vom 23.8.2006 - 1 B 60.06 -, Urteil vom 8.112.1998 - 9 C 4.98 - u.a., sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, NVwZ 1996, 199 zu der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 53 Abs. 6 AuslG, zitiert nach juris.
Fehlt in einem solchen Fall eine Entscheidung nach § 60 a Abs. 1 AufenthG, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Einzelfallentscheidung nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG mit Blick auf Art. 1 Abs. 1,Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nur dann ausnahmsweise zulässig und geboten, wenn die obersten Behörden der Bundesländer trotz einer - landesweiten - extremen Gefahrenlage von ihrer Ermessensermächtigung aus § 60 a AufenthG keinen Gebrauch gemacht haben (sog. „verfassungskonforme Überwindung der Sperrwirkung“)
vgl. auch hier BVerwG, Entscheidungen vom 29.9.2011 - 10 C 24.10 - vom 29.6.2010 - 10 C 9.09 und 10 C 10.09 - und vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 -, zitiert nach juris.
Eine derartige landesweite Extremgefahr hat der Senat zuletzt in seinen Urteilen vom 16.9.2011, a.a.O., verneint.
Eine durchgreifende Änderung ist seitdem nicht erkennbar. Derartiges wird von dem Kläger auch nicht vorgetragen.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 13.1.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Dem Kläger steht nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) kein Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Die Berufung führt daher unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage in vollem Umfang.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 3 AsylVfG.
Die von dem Kläger begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 3 AsylVfG ist abzulehnen, weil er nicht glaubhaft darlegen konnte, dass er aus begründeter Furcht vor (bereits erlittener oder unmittelbar bevorstehender) politischer Verfolgung aus seinem Heimatland ausgereist ist bzw. dass ihm gegenwärtig eine solche aus den in § 60 Abs. 1 AufenthG genannten Gründen droht. Er ist im Dezember 2009 unverfolgt aus dem Irak ausgereist und muss im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten, bei einer Rückkehr dorthin relevanten Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt zu sein.
Nach § 60 Abs. 1 AufenthG darf in Anwendung des Abkommens vom 28.6.1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist, wobei eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG auch dann vorliegen kann, wenn die Bedrohung an das Geschlecht anknüpft. Eine Verfolgung in diesem Sinne kann nach § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG von dem Staat (lit. a), Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen (lit. b) oder von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die unter lit. a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn es besteht eine inländische Fluchtalternative (lit. c).
Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 3 AsylVfG unterliegt im Wesentlichen den gleichen Anforderungen, nach denen auch eine Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG erfolgt
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 29.5.2008 - 10 C 11.07 -, BVerwGE 131, 186 ff.; zur Deckungsgleichheit von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG mit dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention: BVerwG, Urteil vom 26.10.1993 - 9 C 50.92 u.a. -, NVwZ 1994, 500 ff.
Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG vorliegt, sind Artikel 4 Abs. 4 sowie die Artikel 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Dritt- staatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewähren- den Schutzes (ABI EG Nr. L 304 S. 12) - sog. Qualifikationsrichtlinie (QRL) - ergänzend anzuwenden (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG). Ungeachtet der Neufassung der Richtlinie durch die sog. Anerkennungsrichtlinie vom 13.12.2011 (QRL 2011) sind die vorbezeichneten Regelungen der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 im vorliegenden Berufungsverfahren in der bislang geltenden Fassung an-zuwenden, da deren Neufassung gemäß Art. 41 QRL 2011 erst zum 22.12.2013 in Kraft tritt.
Nach Art. 9 Abs. 1 QRL gelten als Verfolgung in diesem Sinne Handlungen, die aufgrund ihrer Art und Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - keine Abweichung zulässig ist (Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter lit. a) beschriebenen Weise betroffen ist (Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL).
Art. 9 Abs. 3 QRL bestimmt, dass eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 QRL genannten Verfolgungsgründen und den in Art. 9 Abs. 1 QRL als Verfolgung eingestuften Handlungen bestehen muss.
Die Annahme einer relevanten Verfolgungssituation i.S.d. §60 Abs. 1 AufenthG setzt voraus, dass eine spezifische Zielrichtung vorliegt, d.h. die Verfolgung muss nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit an die vorstehend genannten Merkmale anknüpfen
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 19.1.2009 - 10 C 52.07 -, zitiert nach juris; BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 -, BVerfGE 80, 315 ff.
Die Zielgerichtetheit bezieht sich nicht nur auf die asylerheblichen Merkmale bzw. jetzt auf die Verfolgungsgründe im Sinne von Art. 10 QRL, an die die Handlung an- knüpfen muss (Art. 9 Abs. 3 QRL), sondern auch auf die durch die Handlung bewirkte Rechtsgutsverletzung selbst.
vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2009, a.a.O.
Für ein solches Verständnis des Begriffs der Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 QRL spricht auch die Begründung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu ihrem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates vom 12. 9. 2001, in der es heißt, dass als Verfolgung "ausschließlich Handlungen gelten, die absichtlich, fortdauernd oder systematisch ausgeführt werden und so gravierend sind, dass eine Rückkehr ins Herkunftsland ausgeschlossen ist"
vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2009, a.a.O.
An einer solchen gezielten Rechtsverletzung fehlt es indes regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu er- leiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen
hierzu BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.; BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVervVGE 96, 200 ff.
Zu den notstandsfesten Rechten im Sinne von Art 9 QRL gehören das Recht auf Leben nach Art. 2 EMRK, das Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung nach Art. 3 EMRK, das Verbot von Sklaverei und Leibeigenschaft nach Art. 4 Abs. 1 EMRK sowie das Verbot einer Verurteilung ohne gesetzliche Grundlage nach Art. 7 EMRK. Bei einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit oder die physische Freiheit ist ohne Weiteres von einer beachtlichen Verfolgung auszugehen, sofern der Eingriff von Art. 3 EMRK erfasst wird. In jedem Falle stellt das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit bzw. physische Freiheit ein grundlegendes Menschenrecht dar. Wird ein Eingriff in dieses Recht nicht von Art. 3 EMRK erfasst, ist eine Verfolgung anzunehmen, wenn die Verletzung des Rechts schwerwiegend im Sinne des Art. 9 Abs. 1 lit. a .QRL ist
vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 5.3.2009 - 10 C 51.07 -, zitiert nach juris.
Bei der Anknüpfung an eine religiöse Betätigung macht es einen Unterschied, ob es sich um die Gefährdung von Leib, Leben oder Freiheit handelt oder um einen Eingriff in die Religionsfreiheit dahingehend, dass dem Gläubigen eine Einschränkung oder Unterlassung seines Glaubens abverlangt wird
vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 5.3.2009, a.a.O., zitiert nach juris.
Maßnahmen, die andere Rechtsgüter betreffen, sind dann Verfolgung, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde des Opfers verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Verfolgerstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben
vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 42.87 - sowie Urteil vom 18.2.1986 - 9 C 104.85 -, zitiert nach juris.
Exemplarisch für Verfolgungshandlungen benennt Art. 9 Abs. 2 QRL unter anderem: Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt (lit. a); gesetzliche administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden (lit. b); unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (lit. c), Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung (lit. d).
Das Erfordernis nach Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL , dass die Handlungen aufgrund ihrer Art oder Wiederholung schwerwiegend sein müssen, verdeutlicht, dass auch eine einmalige Verfolgungshandlung ausreichen kann, wenn sich daraus ergibt, dass der weitere Aufenthalt im Herkunftsland für den Antragsteller unzumutbar war. Andererseits kann nach Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL – wie bereits dargelegt - eine Verfolgung auch in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen.
Eine allgemein verbindliche Festlegung, inwieweit unterschiedliche kumulativ auftretende Maßnahmen den Verfolgungsbegriff i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL erfüllen, ist indes nicht möglich. Weder aus der von der Beklagten angeführten Begründung vom 12.9.2001 zu Art. 9 QRL (ursprünglich konzipiert als Art. 11) noch aus dem Gemeinsamen Standpunkt vom 4.3.1996 lassen sich eindeutige verallgemeinerungsfähige Interpretationshinweise entnehmen.
Eine Beurteilung des Eingreifens des Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL unterliegt vielmehr der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall.
Die kumulative Wirkung unterschiedlicher Handlungen muss aber stets derart gravierend sein, dass der Schutzsuchende davon in ähnlicher Weise wie durch eine i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL schwerwiegende Menschenrechtsverletzung betroffen ist. Die festgestellten Handlungen oder Maßnahmen müssen deshalb in ihrer Gesamtwirkung das Gewicht und die Schwere einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung aufweisen
zur Rechtsprechung des BVerwG vor Inkrafttreten des Art. 9 QRL vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.8.1997 - 9 B 105.97 -, vom 3.4.1995 - 9 B 758.94 - und Urteil vom 23.7.1991 - 9 C 154.90 -, jeweils zitiert nach juris.
Die Verfolgungshandlungen nach Art. 10, 9 QRL müssen ferner mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen
vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10, vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 -, siehe auch EuGH, Urteil vom 2.3.2010, Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a., jeweils zitiert nach juris.
Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist dann anzunehmen, wenn bei der zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Betroffenen nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint
vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.2.2008 - 10 C 33.07 - und Urteil vom 5.11.1991 - 9 C 118.90 -; OVG Münster, Beschluss vom 22.11.2010 - 9 A 3287/07.A -, jeweils zitiert nach juris.
Ist der Ausländer verfolgt ausgereist, findet die in Art. 4 Abs. 4 QRL vorgesehene Beweiserleichterung Anwendung. Danach ist die Tatsache, dass ein Schutzsuchender bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder solchem Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden i. S. d. Art. 15 lit. a) bis c) QRL zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder solchem Schaden bedroht wird.
Für das Eingreifen der Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 QRL ist erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem früher erlittenen oder unmittelbar drohenden Schaden und dem befürchteten künftigen Schaden bzw. dem Sachverhalt, der bei einer Rückkehr erneut zu einer Verfolgung führen könnte, besteht. Es ist deshalb im Einzelfall jeweils zu prüfen und festzustellen, auf welche tatsächlichen Schadensumstände sich die Vermutungswirkung des Art. 4 Abs. 4 QRL erstreckt
vgl. BVerwG, Urteil vom 27.4.2010 - 10 C 4.09 -, OVG Münster, Beschluss vom 22.11.2010 - 9 A 3287/07.A -, jeweils zitiert nach juris.
Die Vorschrift des Art. 4 Abs. 4 QRL begründet mithin für die von ihr begünstigten Antragsteller eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer Verfolgung oder einem sonstigen ernsthaften Schaden bedroht sind. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist im Rahmen freier Beweiswürdigung zu beurteilen, ob stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit einer Verfolgung bzw. des Eintritts eines sonstigen ernsthaften Schadens entkräften.
Die bereits erlittener Verfolgung gleichzustellende unmittelbar drohende Verfolgung setzt eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen musste
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2009 - 10 C 24.08 - m.w.N., zitiert nach juris.
Aus den in Art. 4 QRL geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Schutzsuchenden folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Er ist gehalten, unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung im genannten Sinne droht. Das Gericht muss dabei die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten individuellen Schicksals und von der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung gewinnen
vgl. BVerwG, Entscheidungen vom 21.7.1989 - 9 B 239.89 -, vom 16.4.1985 - 9 C 109.84 - und vom 29.11.1977 - 1 C 33.71 -, jeweils zitiert nach juris.
Von diesen Maßstäben ausgehend kann der Kläger auch unter Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie 2004/83/EG (QRL) die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich einer Abschiebung in den Irak nicht beanspruchen. Das gilt sowohl im Hinblick auf sein Individualschicksal als auch im Hinblick auf die zu verneinende Gruppenverfolgung wegen seiner yezidischen Religionszugehörigkeit.
Der Kläger ist unverfolgt ausgereist. Er vermochte eine im Ausreisezeitpunkt bereits erlittene oder ihm unmittelbar drohende staatliche oder nicht-staatliche Individualverfolgung i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Art. 9, 10 QRL nicht darzutun.
Zielgerichtete Verfolgungshandlungen seitens staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure in Anknüpfung an die Merkmale des § 60 Abs. 1 AufenthG i. V. m. Art. 10 QRL, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung oder in ihrer Gesamtwirkung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. a und lit. b QRL darstellen, lassen sich den durchgängig beibehaltenen und auch zur Überzeugung des Senats glaubhaften Aussagen des Klägers nicht entnehmen.
Die von ihm sowohl in dem Verfahren vor dem Bundesamt als auch in dem erstinstanzlichen Verfahren geschilderten Vorfälle, die konkret gegen seine Person gerichtet waren, d. h. die verbalen Bedrohungen seitens anderer Mitarbeiter in der Schwefelfabrik, die Nachfragen bei kurdischen Kontrollstellen auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle mit der Unterstellung, der kurdischen Opposition anzugehören, die Warnungen eines im Dorf des Klägers wohnenden yezidischen Mitarbeiters des kurdischen Geheimdienstes, das Dorf zu verlassen, sowie die - mit einem Freispruch endende - Falschanzeige eines yezidischen Dorfbewohners, der ihn belästigt und beschimpft habe, bleiben vielmehr unterhalb der maßgeblichen Schwelle im Sinne der genannten Bestimmungen. Sie erfüllen keines der vorstehend genannten Regelbeispiele des Art. 9 Abs. 2 QRL. Auch greifen sie weder für sich allein (Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL) noch in ihrer Gesamtheit (Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL) in das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben oder in die nach Art. 3 EMRK (Verbot der Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung), nach Art. 4 EMRK (Schutz vor Sklaverei oder Leibeigenschaft), nach Art. 5 EMRK (Recht auf Freiheit und Sicherheit) und nach Art. 6 und 7 EMRK (Sicherung eines fairen Gerichtsverfahrens und Strafausspruchs) geschützten Rechte ein.
Die vom Kläger genannten Vorfälle stellen zwar Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten in verschiedenen Lebensbereichen dar. Von einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte, die einen (weiteren) Aufenthalt des Klägers im Herkunftsland unzumutbar machen, kann jedoch keine Rede sein.
Dies gilt auch, wenn man die von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als maßgeblich für seine Verfolgungsfurcht bezeichneten Vorfälle betrachtet.
Insoweit hat der Kläger bekundet, zusammen mit neun weiteren Personen von Seiten kurdischer Parteifunktionäre für 5 Tage inhaftiert gewesen zu sein, nachdem er sich im Jahr 2004 dafür eingesetzt habe, dass der Unterricht in den Schulen außer in kurdischer Sprache auch in arabischer Sprache gehalten werden solle. Die damalige Haft habe ihn nicht zur Ausreise veranlasst. Er habe jedoch in der Folgezeit weiterhin Probleme mit kurdischen Parteistellen gehabt. So sei er von Parteiverantwortlichen der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), meistens aber von der Kurdischen Demokratischen Partei (PDK) häufig vorgeladen worden. Wenn es sich um „kleine Sachen“ gehandelt habe, sei er zu der Partei-Dienststelle in Bozan einbestellt worden, in 90 % der Fälle sei er jedoch an der jeweiligen Dienststelle in Al Qosh gewesen. Anlass seiner Vorladungen sei etwa gewesen, dass im Februar 2007 Dorfbewohner aus Bozan gegen die kurdische Regionalregierung demonstriert und eine kurdische Fahne von der Schule heruntergeholt hätten. Im Jahr seiner Ausreise 2009 sei er etwa alle zwei Monate - ohne bestimmten Anlass - und zuletzt im Oktober 2009 vorgeladen worden. Am Vorabend dieser letzten Vorladung hätten gegen 18.30 bis 19.00 Uhr zwei Peschmerga heftig an der Haustür geklopft und ihn aufgefordert, am nächsten Morgen in der Parteidienststelle in Al Qosh zu erscheinen. Als er dorthin gegangen sei, habe ihn der anwesende Peschmerga gefragt, ob er immer noch hier sei. Dieser habe ihn beschimpft und erniedrigt und aufgefordert, aus der Region zu verschwinden. Man betrachte ihn als Gegner, weil er sich gegen die Kurden gestellt habe. Auch habe man ihm vorgeworfen, kein Parteimitglied zu sein. Nach etwa 20 bis 25 Minuten habe man ihn aus dem Raum geworfen, ein an der Tür stehender Peschmerga habe ihm dabei einen Fußtritt versetzt. Bis zu seiner Ausreise im Dezember 2009 sei ihm nichts mehr geschehen. Auch die früheren Vorladungen hätten sich im Wesentlichen so abgespielt wie die Vorladung im Oktober 2009. Des Weiteren gab der Kläger an, auf seinem Weg zur Arbeit in die Fabrik von Mishrak ständig Angst vor Terroristen bzw. „Gotteskämpfern“ gehabt zu haben.
Auch diese von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als wesentlich für seine Verfolgungsfurcht in den Vordergrund gestellten Vorfälle - häufige Vorladungen vor die örtlichen Parteidienststellen der PDK und PUK in Al Qosh und Bozan sowie Anschläge von Terroristen bzw. „Gotteskämpfern“ auf dem üblichen Weg zu seiner Arbeitsstelle südlich von Mossul - erfüllen weder den Tatbestand der in Art. 9 Abs. 2 QRL genannten Regelbeispiele noch vermögen sie allein oder in ihrer Gesamtwirkung eine zielgerichtete, an die Merkmale des § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Art. 10 QRL anknüpfende Verfolgung im Sinne einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschrechte nach Art. 9 Abs. 1 lit. a und b QRL zu begründen.
Abgesehen von der von ihm selbst nicht als fluchtauslösend bezeichneten, lange zurückliegenden kurzzeitigen Sistierung durch kurdische Parteistellen im Jahr 2004 liegen keine Eingriffe in Leben, körperliche Unversehrtheit und physische Freiheit vor, sondern allenfalls - wenngleich unangenehme und belastende - Nachstellungen unterhalb der Schwelle einer Verfolgungsrelevanz. Die Vorladungen vor örtliche Parteistellen, denen der Kläger jeweils selbst nachkam, beschränkten sich eigenen Angaben zufolge stets auf verbale Angriffe in einem Zeitraum von etwa 20 Minuten und blieben ohne weitere Folgen für den Kläger, der bis zu der von ihm - aus anderen Gründen - veranlassten Arbeitsaufgabe im September 2009 ungehindert seiner Arbeit und Existenzsicherung nachgehen konnte. Soweit er ferner auf allgemeine Verfolgungsgefahren durch Terroristen bzw. „Gotteskämpfer“ auf dem Weg zur Arbeit verweist, stellen diese keine zielgerichtete individuelle Verfolgung i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG dar.
Insgesamt kann daher von einer durch unzumutbaren Verfolgungsdruck aufgrund staatlicher oder nichtstaatlicher Individualverfolgung im Sinne der genannten Vorschrift veranlassten Ausreise des Klägers nicht ausgegangen werden. Dies verdeutlicht auch der Umstand, dass der Kläger nach der im Jahr 2004 erlittenen fünftägigen Inhaftierung seitens kurdischer Parteistellen noch fünf Jahre freiwillig an seinem Heimatort verblieb. Nichts anderes gilt, wenn man dies - seinen Angaben folgend – in einen Zusammenhang mit der Fürsorge für seine im August 2009 verstorbene Mutter stellt.
Der Kläger war zum Zeitpunkt seiner Ausreise auch nicht mit Rücksicht darauf als vorverfolgt anzusehen, dass er Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Yeziden ist. Eine an dieses Merkmal anknüpfende Gruppenverfolgung im Irak war und ist zu verneinen.
Zwar kann sich die Gefahr einer Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht nur aus gegen den Betroffenen selbst gerichteten Maßnahmen (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines relevanten Merkmals verfolgt werden, das der Flüchtling mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. Gruppenverfolgung)
zu den Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung etwa BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216 ff.; BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 -, vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, vom 18.7.2006 - 1 C 15.05 - und vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, jeweils zitiert nach juris.
Das Vorliegen einer derartigen Gruppenverfolgung von Angehörigen der Glaubensgemeinschaft der Yeziden im Irak ist jedoch zu verneinen. Dies hat der Senat unter ausführlicher Würdigung zahlreicher Erkenntnisquellen
vgl. hierzu u.a. Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010, EZKS an VG München vom 17.2.2010, vom 26.5.2008 an VG Köln zu Az. 21 K 142/0.A u.a. vom 22.12.2007 an VG Cottbus, vom 19.7.2007 an VG Gelsenkirchen, vom 15.7.2007 an VG Karlsruhe zu Az. 3 K 10741/04, vom 19.3.2007 an VG Ansbach zu Az. AN 9 K 04.30815, Bundesasylamt (Österreich), Die Sicherheitslage der Yeziden im Irak vom 4.11.2009, Gesellschaft für bedrohte Völker, Die Yeziden im Irak, November 2007, GIGA an VG Köln vom 7.9.2007 und 12.3.2007; GIGA an VG Düsseldorf vom 2.4.2007, UNHCR an VG Köln vom 9.1.2007 und vom 28.7.2007, BAMF, Yeziden im Irak von Juni 2007; den Bericht Dulz/Siamend Hajo/Savelsberg, Die Yeziden im „neuen“ Irak 2004/2005
bereits in seinem o.g. Urteil
Urteil vom 16.9.2011 - 3 A 446/09 -, dokumentiert bei juris,
entschieden. Die dortigen Feststellungen beziehen sich sowohl auf denjenigen Zeitraum, in den die Ausreise des hiesigen Klägers fällt, als auch auf den sich daran anschließenden Zeitraum bis zum Zeitpunkt der dortigen Entscheidung.
In dem genannten Urteil hat der Senat im Fall eines - wie der Kläger des vorliegenden Verfahrens - aus der Provinz Ninive stammenden Klägers kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit festgestellt, dass für Yeziden im Irak weder eine landesweite noch eine regional auf die Stammsiedlungsgebiete der Yeziden im Norden des Irak, die Regionen Sheikhan, al Sheikhan und Sindjar, - insgesamt oder im einzelnen - begrenzte Gruppenverfolgung i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Art. 10, 9 QRL anzunehmen war und ist, da es - auch bei regionaler Betrachtung - an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen Verfolgungsdichte fehlt. Daran hält der Senat fest.
Die Auswertung der o.g. Erkenntnisse im Rahmen des Urteils des Senats vom 16.9.2011, a.a.O., hat ergeben, dass es insbesondere nach dem Jahr 2007, für das insgesamt etwa 1000 relevante Übergriffe auf Yeziden zu verzeichnen waren, in den Folgejahren bis zum Zeitpunkt der dortigen Entscheidung nicht mehr zu Übergriffen in einer vergleichbaren Größenordnung gekommen ist. Vielmehr war eine stete und erhebliche Abnahme verfolgungsrelevanter Vorfälle zu verzeichnen.
Selbst wenn unterstellt wird, dass die insgesamt bekannt gewordenen Maßnahmen verfolgungsrelevant im Sinne der Art. 9, 10 QRL waren, war deren Zahl selbst unter Einrechnung einer hierzu in angemessener Relation stehenden Dunkelziffer nicht geeignet, eine landesweite oder regionale Verfolgung der Yeziden als religiöser Gruppe, die nach den vorliegenden Erkenntnissen
vgl. etwa Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010
auf derzeit noch ca. 200.000 Glaubenszugehörige zu bemessen ist, zu belegen. Sie blieb und bleibt vielmehr in erheblichem Abstand zur kritischen Verfolgungsdichte.
Ist der Kläger danach unverfolgt aus seinem Heimatland ausgereist, kommt ihm für die Beurteilung der Frage, ob er im Falle seiner Rückkehr eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG zu befürchten hat, die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL nicht zugute und ist hierfür der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzuwenden.
Ausgehend von diesem Maßstab ist eine Verfolgung im Sinne der genannten Bestimmung im Falle seiner Rückkehr nicht zu prognostizieren.
Dies gilt für die von ihm geltend gemachte individuelle Verfolgungsgefahr sowohl mit Blick auf die lange zurückliegende kurzzeitige Sistierung durch kurdische Parteistellen im Jahr 2004, die Nachstellungen durch die örtlichen kurdischen Parteistellen, die sich stets unterhalb der Schwelle einer Verfolgungsrelevanz bewegten, und die vorgetragenen Warnungen und Belästigungen durch einzelne Dorfbewohner, als auch im Hinblick auf seine Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Yeziden.
Bezüglich der geltend gemachten individuellen Verfolgungsgefahr ergibt sich dies bereits aus den für den Ausreisezeitpunkt dargelegten Aspekten, aus denen sich weder für den damaligen, noch für den Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung die Gefahr einer Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG bejahen lässt. Änderungen, die nunmehr eine andere Betrachtung zuließen, sind nicht eingetreten. Die dem Senat vorliegenden Erkenntnisse lassen – wie für die Zeit vor seiner Ausreise – auch für die Zeit nach seiner Ausreise bis heute den Schluss auf eine entsprechende Gefährdung des Klägers im Rückkehrfall nicht zu.
Eine Gefährdung des Klägers als Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Yeziden – insoweit unter dem Aspekt der Gruppenverfolgung - ist im Falle seiner Rückkehr im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung ebenfalls zu verneinen. An den Feststellungen des o.g. Urteils des Senats
zur Frage der Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak wird festgehalten. Daran haben sich zwischenzeitlich, seit Erlass dieser Entscheidung, auch bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt keine relevanten Veränderungen ergeben.
Aus dem im o.g. Urteil vom 16.9.2011 noch nicht berücksichtigten Bericht der Minority Rights Group International: Still Targeted: Continued Persecution of Iraq’s Minorities vom Juni 2010 ergeben sich keine Anhaltspunkte, die eine abweichende Bewertung der Frage einer (regionalen) Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak rechtfertigen könnten. Abgesehen von den dort konkret aufgeführten Opferzahlen für das Jahr 2007, die der Senat im o.g. Urteil gewürdigt und als nicht ausreichend für die Annahme der erforderlichen Gefahrendichte erachtet hat, benennt der Bericht, der sich auf die Befragung von lediglich 45 Yeziden aus den Gebieten Mossul und Dohuk stützt, für die Folgezeit ab 2007 bis zum gegebenen Zeitpunkt keine konkreten Zahlen, die eine den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügende Verfolgungsdichte belegen könnten
vgl. hierzu etwa auch Beschlüsse des Senats vom 1.3.2012 - 3 A 13/11 - und vom 16.12.2011 - 3 A 264/11 - im Falle eines gleichfalls aus Ninive stammenden yezidischen Klägers.
Auch sonst sind keine neuen Zahlen, Fakten und Erkenntnisse ersichtlich, welche die Verneinung der Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak durchgreifend in Frage stellen könnten.
Ebenfalls gebietet die aktuelle Stellungnahme des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien
- EZKS - vom 20.11.2011 an VG Düsseldorf
keine abweichende Beurteilung. Danach beanspruchen die Darlegungen der früheren Stellungnahme vom 17.2.2010, die der Senat in seinem o.g. Urteil vom 16.9.2011, eingehend gewürdigt hat, nach wie vor Geltung. Allerdings wird dort - im Gegensatz zu den Angaben des Auswärtigen Amtes im Lagebericht vom 28.11.2010 über 200.000 im Nordirak lebende Yeziden - gleichfalls ohne durchgreifenden Beleg von einer „geschätzten“ Gesamtzahl von 300.000 Yeziden ausgegangen. Auch die Zugrundelegung dieser Gesamtzahl hätte auf die vom Senat in dem genannten Urteil getroffenen Feststellungen bezüglich der Verfolgungsdichte für Yeziden im (Nord)Irak im Ergebnis keine maßgeblichen Auswirkungen, da sich bei der vom EZKS angenommenen höheren Personenzahl in Relation zu den festgestellten Verfolgungsschlägen (einschließlich der Einbeziehung einer Dunkelziffer) die Verfolgungsdichte sogar verringern würde.
Nach der Anfang Oktober 2011 erfolgten Recherche eines Gutachters im Rahmen der o.g. Stellungnahme des EZKS vom 20.11.2011 durch Befragung von fünf Personen anlässlich eines eintägigen Aufenthalts in der Stadt Sindjar ist für die Region Sindjar infolge einer Intensivierung der Maßnahmen im Sicherheitsbereich sogar eine Verbesserung der Lage im Vergleich zu den Vorjahren festzustellen. So weist EZKS darauf hin, dass etwa die Strecke zwischen Dohuk-Stadt und Sindjar-Stadt regelmäßig auch von Yeziden genutzt wird und dass die Befragten anders als noch vor zwei Jahren nicht von Zwischenfällen/Angriffen auf dieser Straße berichtet hätten. Es habe keine großen Anschläge mehr auf Zentraldörfer wie noch im Jahr 2007 gegeben, auch die Zahl der Einzeltötungen und Entführungen sei gesunken.
Nach der Gesamteinschätzung des EZKS werden im Sindjar zwar nach wie vor Yeziden aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit Opfer von Anschlägen (Morde, Entführungen, Lösegelderpressung), wobei diese Gefahr insbesondere dann bestehe, wenn sie sich aus den Zentraldörfern hinaus in Richtung Mossul begäben. Diesbezügliche relevante Zahlen, die eine abweichende Beurteilung von den bisherigen Feststellungen des Senats geböten, werden in
der Stellungnahme des EZKS vom 20.11.2011, a.a.O.,
die sich im Wesentlichen mit der Situation im Sindjar-Gebiet befasst, jedoch nicht benannt.
Vorliegend kommt hinzu, dass der Kläger aus dem in der Provinz Ninive, Distrikt Telkef und Subdistrikt Al Qosh liegenden Dorf Bozan stammt.
Die Situation der Yeziden im Distrikt Telkef, in dem der Sub-Distrikt Al Qosh, der unter de facto kurdischer Kontrolle steht, zu einem ihrer Hauptsiedlungsgebiete gehört, ist nach den vorliegenden Erkenntnissen
vgl. EZKS vom 17.2.2010, S. 13, 23 bis 27
vergleichsweise gut und vergleichbar mit derjenigen in den Distrikten Sheikhan und al-Sheikhan und daher besser als im Sindjar.
Die Lage in den Distrikten Sheikhan und al-Sheikhan ist nach Einschätzung von EZKS derzeit verhältnismäßig ruhig und stabil. In den letzten Jahren, insbesondere ab Ende 2007 ist dort sowohl eine Verbesserung der Sicherheitslage als auch eine Verbesserung der Infrastruktur festzustellen. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass dort eine direkte Verbindung zu den de jure kurdisch verwalteten Gebieten besteht. Übergriffe sunnitischer Extremisten auf Yeziden sind nicht bekannt. Auch sind im Sheikhan/al-Sheikhan keine Übergriffe gegenüber Yeziden dokumentiert, die in Opposition zur KRG-Politik stehen
vgl. hierzu im einzelnen Urteil des Senats vom 16.9.2011 - 3 A 446/09 -.
Im Herkunfts-Distrikt des Klägers Telkef, der ebenfalls über eine direkte Anbindung an die de jure kurdisch verwalteten Gebiete verfügt, gibt es ebenfalls keine durchgreifenden Hinweise auf Übergriffe auf Yeziden. Zwar berichtet EZKS unter Berufung auf UNAMI auch von Beschwerden über die willkürliche Verhaftung „ausgewählter“ Araber, Christen und Yeziden durch Peschmerga und den kurdischen Geheimdienst. Konkrete Hintergründe und Zahlen, aus denen sich belastbare Feststellungen ableiten lassen, benennt jedoch EZKS nicht
vgl. hierzu EZKS vom 17.2.2010, S. 11, 23, 27 und vom 26.5.2008 an VG Köln, S. 28; siehe auch SFH, Irak vom 10.1.2008: Situation von religiösen Minderheiten in den von der KRG verwalteten Provinzen Sulaimaniya, Erbil und Dohuk, S. 16.
Schließlich lassen sich auch dem Bericht der
Denge Ezidiyan vom 2.12.2011 sowie der Pressemitteilung der GbV vom 9.12.2011 „Pogrome von radikalen Islamisten gegen Christen und Yeziden in Irakisch-Kurdistan“
über Angriffe auf yezidische und christliche Einrichtungen in den Städten Zakho, Simel und Dohuk im Nordirak, in deren Verlauf 20 Einrichtungen - vornehmlich Hotels und Läden - zerstört und etwa 30 Personen verwundet worden sein sollen, keine Zahlen entnehmen, die die genannten Feststellungen zur Gefahrendichte in Frage stellen könnten. Denn aus diesen Vorfällen können keine verlässlichen Schlüsse gezogen werden, ob, wie häufig und in welchem Umfang sich solche oder ähnliche Angriffe wiederholen und auch die Herkunftsregion des Klägers betreffen könnten. Insoweit ist auch zu gewichten, dass in den drei autonom kurdisch regierten Provinzen weit überwiegend Muslime und insgesamt nur wenige der im Irak ansässigen Yeziden leben. Demgegenüber ist die Bevölkerung des Herkunftsorts des Klägers, Bozan, wie viele Orte im Distrikt Telkef überwiegend yezidisch
vgl. hierzu EZKS an VG Köln vom 26.5.2008, S. 8.
Hinzu kommt, dass nach den o.g. Erkenntnissen der GbV vom 9.12.2011 die am 2.12.2011 verletzten Personen überwiegend nicht Zivilisten, sondern Polizisten gewesen sein sollen und die kurdische Regierung der autonomen Region Kurdistan-Irak die Anschläge umgehend deutlich verurteilt hat.
Da auch bis zum Zeitpunkt der Entscheidung im vorliegenden Berufungsverfahren keine weiteren Übergriffe in einer vergleichbaren Größenordnung bekannt geworden sind, ist der zuletzt beschriebene Vorfall als Einzelfall einzuschätzen.
Nach allem hält der Senat an seiner bisherigen Gesamteinschätzung der Lage der Yeziden in ihren Stammsiedlungsgebieten fest.
Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung anderer Obergerichte, die ebenfalls eine Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak verneinen
vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 27.2.2012 - 13 a ZB 11.30338 - betreffend Yeziden aus dem Siedlungsgebiet Al Qosh; Urteile vom 2.2.2012 - 13 a B 11.30335 - und 11.11.2011 - 13 a B 11.30270 - und Beschlüsse vom 8.11.2011 - 13 a ZB 11.30383, vom 3.11.2011 - 13 a ZB 11.30383 -, betreffend gleichfalls die Region Mossul/Ninive, OVG Münster, Beschlüsse vom 28.3.2011 - 9 A 2563/10.A - und vom 22.11.2010 - 9 A 3287/07.A -; OVG Lüneburg, Urteile vom 19.3.2007 - 9 LB 373/06 und 9 LB 380/06 -; VGH Mannheim, Urteil vom 16.11.2006 - A 2 S 1150/04 -, jeweils zitiert nach juris.
Eine dem Kläger mit Blick auf individuelle Gründe und seine yezidische Religionszugehörigkeit drohende, im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. den Art. 9, 10 QRL relevante Gefährdung ist daher nach allem nicht anzunehmen.
Lediglich ergänzend ist darauf zu verweisen, dass dem Kläger, der - wie dargelegt - in der mündlichen Verhandlung lediglich Vorladungen durch örtliche Parteifunktionäre der PDK und PUK in seinem Heimatdorf Bozan und in Al Qosh geltend gemacht hat, auch eine interne Schutzalternative i.S.d. Art. 8 QRL in anderen Teilen desTelkef, in dem nach seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zahlreiche Verwandte seiner Ehefrau leben, offenstünde.
II.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG.
Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 (konkrete Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung) und nach § 60 Abs. 3 AufenthG (Gefahr der Todesstrafe aufgrund einer von dem Schutzsuchenden begangenen Straftat) sind weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Auch die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegen im Falle des Klägers nicht vor.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.
Ob die aktuelle allgemeine Lage im Irak und insbesondere in der Herkunftsregion des Klägers in der Provinz Ninive und dort im Distrikt Telkef, überhaupt die Annahme eines innerstaatlichen oder auch nur regionalen bewaffneten Konflikts im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG rechtfertigen kann, kann dabei offenbleiben
vgl. Urteile des Senats vom 16.9.2011, a.a.O. und vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 - und 3 A 451/08 -; ebenso offen gelassen zum landesweiten Konflikt im Irak etwa OVG Münster, Beschluss vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A -, VGH München, Urteil vom 24.3.2011 - 20 B 10.30021 -, und VGH Mannheim, Urteil vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10 -, jeweils zitiert nach juris.
Denn jedenfalls fehlt es vorliegend an der geforderten erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben des Klägers als Angehöriger der Zivilbevölkerung.
Die für die Schutzgewährung nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erforderliche erhebliche individuelle Gefahr kann erst dann bejaht werden, wenn sich allgemeine Gefahren eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts mit der Folge einer ernsthaften individuellen bzw. persönlichen Betroffenheit aller Bewohner der maßgeblichen Region verdichten. Dies setzt aber eine solche Gefahrendichte voraus, dass ein in sein Heimatland zurückkehrender Ausländer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten muss, gezielt oder auch zufällig selbst Opfer eines Terroranschlages zu werden oder infolge stattfindender Kampfhandlungen am Leben oder seiner körperlichen Unversehrtheit beschädigt zu werden. Bezüglich der Gefahrendichte ist auf die Herkunftsregion abzustellen, in die der Betreffende typischerweise zurückkehren wird. Eine Individualisierung kann sich aber auch bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Schutzsuchenden ergeben. Hierunter kann auch eine ethnische oder religiöse Zugehörigkeit fallen. Für die Feststellung der Gefahrendichte i.S.d. unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gelten vergleichbare Maßstäbe wie im Bereich des Flüchtlingsrechts für die Verfolgungsdichte bei einer Gruppenverfolgung. Neben einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos bedarf es einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung, die auch die medizinische Versorgungslage mit einbezieht
vgl. BVerwG, Urteile vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 -, vom 14.7.2009 - 10 C 9.08 - und vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O.; VGH München, Urteil vom 2.2.2012, a.a.O.; OVG Münster, Beschluss vom 29.10.2010 – 9 A 3642/06.A, zitiert nach juris.
Ausgehend hiervon kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei Rückkehr in sein Herkunftsland einer erheblichen individuellen Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ausgesetzt wäre.
Auf die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL kann sich der Kläger - wie dargelegt - nicht berufen. Dies gilt sowohl mit Blick auf die geltend gemachten individuellen Gründe als auch seine yezidische Religionszugehörigkeit. Insoweit kann vollumfänglich auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG verwiesen werden.
Hinsichtlich der (landesweiten) Gefahrendichte ist, wie der Senat bereits in den o.g. Urteilen vom 1.6.2011 und vom 16.9.2011 im Einzelnen dargelegt hat, nach den vorliegenden Erkenntnissen zwar von einer immer noch instabilen Sicherheitslage im Irak auszugehen. Dennoch ist gegenüber früheren Jahren insbesondere eine relevante Abnahme der Opferzahlen zu verzeichnen
hierzu etwa BAMF, Dokumentation Irak, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Juni 2011 und Januar 2010; Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010, taz 5.5.2011, BAMF, Briefing Notes vom 27.12.2010; Schweizerischen Flüchtlingshilfe (im Folgenden SFH) Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak - Update vom 5.11.2009 -; UNHCR, Positionspapier zum Schutzbedarf irakischer Asylbewerber und zu den Möglichkeiten der Rückkehr irakischer Staatsangehöriger in Sicherheit und Würde vom 13.5.2009 und Stellungnahme vom 16.9.2009 an den Hessischen VGH; ai-Report 2010, Zur weltweiten Lage der Menschenrechte.
Zur allgemeinen Gefahrendichte insbesondere für die Jahre 2010 und 2011 in Relation zur Gesamtbevölkerung des Irak mit etwa 32,3 Millionen Menschen kann vollumfänglich auf die Ausführungen in den Urteilen des Senats vom 1.6.2011
verwiesen werden. Die Gesamtopferzahlen im Jahr 2010 mit 4028 Opfern und die sich auf vergleichbaren Niveau im Jahr 2011 (bis Mai 2011 1033 Tote) bewegenden Opferzahlen einschließlich einer einzurechnenden angemessenen Dunkelziffer von Verletzten und sonstigen Geschädigten verdeutlichen, dass eine Gefährdungslage für den Kläger in dem Sinne, dass er als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (i.V.m. Art. 15 lit. c QRL) im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt wäre, zu verneinen ist. Angesichts der Relation der Opferzahlen zur Gesamtbevölkerung ist nicht mit dem hier erforderlichen Grad der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Gefahrendichte im (gesamten) Irak derart hoch ist, dass praktisch jede Zivilperson alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Dies gilt auch hinsichtlich der Herkunftsregion des Klägers, der Provinz Ninive. Dort gab es im Jahr 2010 bei 363 Vorfällen 505 Tote (18 Tote je 100 000 Einwohner) und bis April 2011 bei 92 Vorfällen 132 Tote (4,7 Tote je 100 000 Einwohner)
vgl. hierzu auch VGH München, Urteil vom 11.11.2011 - 13 a B 11.30270 -, zitiert nach juris.
Auch nach der Auswertung neueren Erkenntnismaterials
hierzu etwa BAMF, Briefing Notes vom 5.3.2012
geht von der allgemeinen Lage im Irak zwar nach wie vor eine Gefahr aus, die neben den Angehörigen spezieller Personengruppen, so insbesondere von Regierungs-, Streit- und Sicherheitskräften auch eine Vielzahl von Zivilpersonen ohne eindeutige Zuordnung betrifft. Seit dem Abzug der amerikanischen Truppen im Dezember 2011 finden weiterhin landesweit Anschläge statt. So gab es nach den dortigen Feststellungen im Januar 2012 151 Tote, davon 99 Zivilisten und insgesamt 321 Verwundete. Im Februar wurden 150 Iraker getötet, davon 91 Zivilisten. Nach einem weiteren Bericht
vgl. BAMF, Briefing Notes vom 30.1.20212
sind Angaben von Iraq Body Count zufolge seit Jahresbeginn 2012 mindestens 320 Menschen bei Anschlägen getötet worden, während im Januar 2011 die Zahl der Opfer bei 387 Personen gelegen habe. Die vorgenannten Anschläge haben sich mithin auf einem mit den Jahren 2010 und 2011 vergleichbarem Niveau fortgesetzt und vermögen daher eine Gefährdungssituation i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nicht zu begründen.
Die Zugehörigkeit des Klägers zur Religionsgemeinschaft der Yeziden wirkt sich - jedenfalls bezogen auf die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorrangig in den Blick zu nehmende Herkunftsregion – ebenfalls nicht gefahrerhöhend aus. Insoweit kann vollumfänglich auf die Ausführungen zur Frage einer Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak im Rahmen des § 60 Abs.1 AufenthG Bezug genommen werden. Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellungen zur Gefährdungslage in der Herkunftsprovinz Ninive mit dem Distrikt Telkef und dem Subdistrikt Al Qosh.
Angesichts des relativ „geringen“ Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens bietet schließlich auch die - zwar tendenziell verbesserte - teilweise aber immer noch angespannte medizinische Versorgungslage
vgl. hierzu Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010
ebenfalls keinen Anlass zu einer anderen Bewertung.
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung des Klägers nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten unzulässig ist, sind nicht ersichtlich.
Dem Kläger drohen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auch keine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die allgemeine Versorgungslage.
Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fallen die schwierigen Existenzbedingungen einer Vielzahl von Irakern, insbesondere hinsichtlich der Erlangung eines Arbeitsplatzes und der Sicherstellung allgemeiner und medizinischer Versorgung, auch wenn sie den einzelnen Ausländer in individualisierbarer Weise betreffen sollten, hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen prinzipiell nicht in die Entscheidungszuständigkeit des Bundesamtes. Bei derartigen – auch erheblichen – Gefährdungen ist die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG durch Satz 3 der Vorschrift „gesperrt“, wenn diese Gefahren zugleich einer Vielzahl anderer Personen im Abschiebezielstaat drohen
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 - u.a.; vom 23.8.2006 - 1 B 60.06 -, Urteil vom 8.112.1998 - 9 C 4.98 - u.a., sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, NVwZ 1996, 199 zu der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 53 Abs. 6 AuslG, zitiert nach juris.
Fehlt in einem solchen Fall eine Entscheidung nach § 60 a Abs. 1 AufenthG, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Einzelfallentscheidung nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG mit Blick auf Art. 1 Abs. 1,Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nur dann ausnahmsweise zulässig und geboten, wenn die obersten Behörden der Bundesländer trotz einer - landesweiten - extremen Gefahrenlage von ihrer Ermessensermächtigung aus § 60 a AufenthG keinen Gebrauch gemacht haben (sog. „verfassungskonforme Überwindung der Sperrwirkung“)
vgl. auch hier BVerwG, Entscheidungen vom 29.9.2011 - 10 C 24.10 - vom 29.6.2010 - 10 C 9.09 und 10 C 10.09 - und vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 -, zitiert nach juris.
Eine derartige landesweite Extremgefahr hat der Senat zuletzt in seinen Urteilen vom 16.9.2011, a.a.O., verneint.
Eine durchgreifende Änderung ist seitdem nicht erkennbar. Derartiges wird von dem Kläger auch nicht vorgetragen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 2104/09 - wird zurückgewiesen.Die außergerichtlichen Kosten des geri
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tat
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tat
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tat
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2009 - A 6 K 3484/08 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Revision wird ni
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.