Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 43/07

published on 05/09/2007 00:00
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 43/07
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Tenor

Unter entsprechender Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2006 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 11 K 9/06 - werden die Bescheide des Beklagten vom 24. Januar 2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Juni 2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17. Dezember 2003, des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2007 zu Protokoll erklärten Änderung aufgehoben, soweit der Kläger darin zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 in Höhe von 93.623,46 EUR und für das Jahr 2000 in Höhe von mehr als 55.133,00 EUR herangezogen worden ist.

Die Entscheidung über die Berufung im Übrigen sowie die Kostenentscheidung bleiben vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Mittelstadt St. Ingbert hat am 05.09.2000 eine Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung - ABGS) erlassen, die rückwirkend zum 01.01.1999 in Kraft gesetzt worden ist. Mit der Satzung vom 05.09.2000 ist die getrennte Erhebung von Schmutz- und Niederschlagswassergebühren im Gebiet des Beklagten eingeführt worden.

Mit an das Landesamt für Straßenwesen gerichtetem Bescheid des Beklagten vom 24.01.2002 (Abgabenkontonummer …029) wurden für die Jahre 1999 und 2000 Kanalbenutzungsgebühren für die Ableitung des Niederschlagswassers von im Bereich St. Ingbert-Mitte gelegenen Flächen der Bundes- und Landstraßen in Höhe von insgesamt 120.308,92 EUR (= 235.303,80 DM) festgesetzt, wobei eine gebührenrelevante Fläche von 99.705 m 2 zugrunde gelegt wurde. Mit weiterem an das Landesamt für Straßenwesen gerichteten Bescheid vom 24.01.2002 (Abgabenkontonummer …037) wurden für die Flächen der Bundes- und Landstraßen in St. Ingbert-Ortsteile für die Jahre 1999 und 2000 Kanalbenutzungsgebühren in Höhe von insgesamt 61.044,30 EUR (= 119.392,40 DM) festsetzt, wobei eine gebührenrelevante Fläche von 50.590 m 2 zugrunde gelegt wurde. In beiden Bescheiden findet sich der folgende Hinweis: „Wir weisen Sie darauf hin, dass trotz mehrmaliger Aufforderung kein Fragebogen zur Niederschlagswassergebühr von Ihnen abgegeben wurde. Die in der Tabelle aufgeführten Daten beziehen sich auf Auswertungen von Luftbildkarten.“

Gegen diese Bescheide legte das Landesamt für Straßenwesen jeweils am 21.02.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung trug es vor, den Trägern der öffentlichen Verkehrsanlagen obliege gemäß § 50 b Abs. 4 SWG die Beseitigung des Niederschlagswassers selbst. Sie hätten diese Aufgabe durch eigene Anlagen zu erledigen oder könnten sich bei der Erfüllung dieser Pflicht Dritter bedienen, was nur in einem partnerschaftlichen Vertragsverhältnis geregelt werden könne. Grundsätzlich gehöre die Oberflächenentwässerung zur Baulast. Innerhalb der Ortslage müsse das anfallende Niederschlagswasser in der Regel gemeinsam mit dem häuslichen Abwasser entsorgt werden. Diese Problematik habe der Bundesgesetzgeber bereits vor mehr als 40 Jahren erkannt und die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen – Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) – vom 18.08.1962 erlassen, die auch im Saarland verbindlich eingeführt worden seien. Mit ihnen werde unter anderem die Gemeinsamkeit einer Entwässerungsanlage geregelt. Mit der Stadt St. Ingbert bzw. den jeweiligen Vorgängergemeinden seien Vereinbarungen getroffen worden, dass eine gemeinsame Ortskanalisation gebaut werde, an deren Kosten sich die Straßenbauverwaltung beteilige und im Gegenzug sich die Kommune unwiderruflich verpflichte, das Oberflächenwasser der Bundes- bzw. Landstraßen gebührenfrei in ihre Anlagen aufzunehmen und schadlos zu entsorgen. Darüber hinaus seien zwischen der Stadt St. Ingbert und dem Saarland als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland ab dem 01.01.1970 Vereinbarungen über die laufende Unterhaltung und Instandsetzung sowie den Winterdienst (UI-Maßnahmen) der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße B 40 und der Ortsdurchfahrten von verschiedenen Landstraßen I. und II. Ordnung geschlossen worden. Für die Erfüllung der laufenden Unterhaltungs- und Instandsetzungs- sowie der Winterdienstaufgaben erhalte die Stadt einen jährlichen Pauschalbetrag, der sich zurzeit auf 54.361,44 EUR belaufe.

Mit Schreiben vom 10.06.2003 half der Beklagte den Widersprüchen mit Blick auf elf vorgelegte und seiner Meinung nach jeweils für bestimmte Straßenabschnitte eine gebührenfreie Einleitung gewährende Vereinbarungen in Höhe von jährlich 23.807,40 m 2 x 1,18 DM = 28.092,73 DM (= 14.363,58 EUR) ab. Eine weitere Abhilfe im Hinblick auf die UI-Vereinbarungen bezüglich der Ortsdurchfahrten der Bundesstraße B 40 sowie der Landstraßen I. und II. Ordnung wurde mit der Begründung abgelehnt, die Pauschale werde nur für die Unterhaltung und Instandsetzung der Straßendecke und der Straßeneinläufe entrichtet, nicht aber für die Niederschlagswasserableitung. Zudem enthielten die UI-Vereinbarungen keinen Hinweis darauf, dass die Oberflächenwasser der Bundes- und Landstraßen gebührenfrei eingeleitet werden dürften.

Mit an das Saarland, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, gerichtetem Bescheid vom 17.12.2003 setzte der Beklagte die Abwassergebühren für die Jahre 1999 bis 2002 für die an die städtische Kanalisation angeschlossenen Flächen der Bundes- und Landstraßen neu fest. Für die Jahre 1999 bis 2001 wurde ein Betrag von jeweils 109.840,04 EUR (= 214.828,44 DM) und für das Jahr 2002 von 87.387,84 EUR festgesetzt. Dabei ging der Beklagte von einer gebührenrelevanten Fläche von 182.058 m² aus. Das Ministerium erhob am 23.12.2003 Widerspruch.

Die Widersprüche vom 21.02.2002 wurden mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.01.2005 ergangenem Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Saarpfalz-Kreises zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde an das Saarland, vertreten durch den Landesbetrieb für Straßenbau, gerichtet.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 03.02.2005 per Einschreiben an den Landesbetrieb für Straßenbau abgesandt.

Am 02.03.2005 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben.

Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, die rückwirkende Inkraftsetzung der ABGS zum 01.01.1999 sei unzulässig. Dies gelte sowohl für das Jahr 1999 als auch für das Jahr 2000. Für das Jahr 2000 könne dahin gestellt bleiben, ob eine echte oder eine unechte Rückwirkung vorliege, da ihm auf jeden Fall Vertrauensschutz zustehe. Er habe nicht erkennen können, ob eine Abwassergebührensatzung ohne Niederschlagswassergebühren wegen Überschreitung einer von der Rechtsprechung gefundenen 12 %-Grenze ungültig gewesen sei. Insoweit habe er davon ausgehen können und müssen, dass wie in der Vergangenheit das Niederschlagswasser kostenfrei entsorgt werde. Zudem verstoße die Satzung wegen einer fehlenden Übergangsregelung gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Übermaßverbotes. Auch die konkrete Berechnung der Niederschlagswassergebühr sei unzutreffend. Es sei nicht seine Sache, die Aufgaben des Beklagten hinsichtlich der korrekten Flächenberechnung zu übernehmen und im Einzelnen vorzurechnen und darzulegen, inwieweit das Oberflächenwasser in die städtische Kanalisation gelange. Im Hinblick auf die Ortsdurchfahrtenrichtlinien - ODR - sei er letztlich überhaupt nicht zur "Beitragszahlung" heranzuziehen. Nach den ODR beteilige sich die Bundesrepublik Deutschland bzw. das Saarland nur dann an den Kosten einer Ortsdurchfahrt, wenn zugleich geregelt werde, dass durch die Zahlung dieses Zuschusses der Zuschussgeber zukünftig von Gebühren für die Ableitung des Oberflächenwassers befreit werde, was eine seit vielen Jahren gefestigte Praxis sei. Aufgrund dieser ODR und des späteren Abschlusses entsprechender Verträge mit den Kommunen sei eine Befreiung von der Niederschlagswassergebühr erfolgt. Die spätere Erfindung der Niederschlagswassergebühr könne nicht dazu führen, dass er aufgrund einer Umstellung des Abrechnungswesens und der nunmehr möglichen Erhebung von Niederschlagswassergebühren jetzt als Gebührenpflichtiger angesehen werde.

Der Kläger hat beantragt,

die Kanalbenutzungsgebührenbescheide des Beklagten vom 24.01.2002 und den aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.01.2005 ergangenen Widerspruchsbescheid – Az.: 148 und 149/2003 – aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung sei nicht zu beanstanden, weil der in der früheren Abwassergebührensatzung normierte Gebührenmaßstab „Frischwassermenge“ mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig und damit nichtig gewesen sei. Der Anteil der Mehrkosten für die Niederschlagswasserentsorgung liege in St. Ingbert mit 14,43 % über der vom Bundesverwaltungsgericht als zulässig angesehenen Grenze von 12 %. Im Übrigen seien für das Abrechnungsjahr 1999 keine endgültigen, sondern nur vorläufige Gebührenbescheide verschickt worden. Es handele sich vorliegend um eine unechte Rückwirkung, weil die Gebührenpflicht in der Vergangenheit wegen der Nichtigkeit des Gebührenmaßstabes in der damaligen Gebührensatzung noch nicht entstanden gewesen sei. Zudem habe für die Gebührenpflichtigen kein Vertrauensschutz auf den Fortbestand der damaligen Satzungsregelung bestanden, da diese Regelung nichtig gewesen sei.

Mit auf die mündliche Verhandlung vom 22.09.2006 ergangenem Urteil – 11 K 9/06 – hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung der Mittelstadt St. Ingbert vom 05.09.2000 seien für die streitigen Teilstücke der Bundes- und Landstraßen erfüllt, für die der Kläger die Straßenbaulast trage. Die "Richtlinien für die Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesfernstraßen - Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR)" vom 02.01.1976 in der Fassung vom 11.10.1993 stünden einer Heranziehung des Klägers nicht entgegen, da eine bloße Verwaltungsvorschrift nicht einseitig die durch ein Landesgesetz in Verbindung mit einer gemeindlichen Satzung geregelten Abgabenpflichten abändern könne. Leite der Kläger Niederschlagswasser im Rahmen der ihm obliegenden Straßenbaulast und der damit zusammenhängenden Abwasserbeseitigungspflicht in die gemeindliche Kanalisation ein, so sei er insoweit gebührenpflichtig.

Die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzungsbestimmungen zum 01.01.1999 sei zulässig, da dem Kläger kein Vertrauensschutz zustehe. Dies gelte selbst dann, wenn man für das Jahr 1999 von einer echten Rückwirkung ausgehe. Es spreche allerdings einiges dafür, von einer zulässigen unechten Rückwirkung der ABGS auszugehen, weil für das Jahr 1999 wegen des Gebührenmaßstabs der reinen Frischwassermenge eine fehlerhafte Abwassergebührensatzung vorgelegen habe. Aber auch eine echte Rückwirkung sei vorliegend zulässig, weil dem Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen zustehe. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabs sei die Vorgängersatzung vom 25.02.1992 in der Fassung vom 10.11.1999 ungültig und die Einführung eines gesplitteten Abwassergebührenmaßstabes für die Schmutzwasserbeseitigung einerseits und für die Niederschlagswasserbeseitigung andererseits geboten gewesen. Dem habe der Beklagte mit der rückwirkend erlassenen ABGS Rechnung getragen. Mit der Erhebung der Niederschlagswassergebühr sei auch keine neue Gebühr eingeführt, sondern es sei lediglich der bisher bestehende Gebührenmaßstab geändert worden, da schon in der Vorgängersatzung die Entsorgung des Niederschlagswassers Bestandteil der Abwassergebühr gewesen sei. Nur der Gebührenmaßstab sei ein anderer gewesen, da die Abwassergebühr nach dem Frischwasserverbrauch bemessen worden sei.Bei dieser Sachlage sei ein etwaiges Vertrauen des Klägers darauf, im Jahre 1999 von einer Niederschlagswassergebührenpflicht verschont zu bleiben, nicht schutzwürdig. Es sei auch nicht geboten, die Folgen einer aus Rechtsgründen erforderlich gewordenen Änderung des Gebührenmaßstabes rückwirkend nur denjenigen zugute kommen zu lassen, die hierdurch begünstigt werden, und den dadurch Benachteiligten für die Vergangenheit die Vorteile des früheren - rechtswidrigen - Gebührenmaßstabes zu belassen. Die Einführung des gesplitteten Gebührenmaßstabs verstoße auch nicht wegen des Fehlens einer schonenden Überleitung gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Übermaßverbots. Hinsichtlich der Höhe der Gebühr im Einzelnen habe der Beklagte die gebührenrelevante Fläche der Bundes- und Landstraßen zu Recht anhand von Luftbildkarten geschätzt, da der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei.

Dieses Urteil ist dem Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 09.10.2006 zugestellt worden.

Auf den am 07.11.2006 eingegangenen Antrag, der am 11.12.2006 (einem Montag) begründet wurde, hat der Senat mit Beschluss vom 15.03.2007 - 1 Q 43/06 - die Berufung zugelassen. Die Berufungsbegründung ist am 17.04.2007 eingegangen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte vorgebracht, die Gebührenforderung für die Jahre 1999 und 2000 belaufe sich nach weiteren Überprüfungen auf jeweils 93.623,46 EUR für 153.434 m² Straßenfläche, wobei sich die Verteilung auf die einzelnen Straßen aus einer unter anderem dem Kläger und dem Oberverwaltungsgericht vorliegenden Liste ergebe. In diesem Sinne ändere er die angefochtene Heranziehung ab. Weiter hat der Beklagte ausdrücklich klargestellt, dass sich die angefochtenen Bescheide gegen den Kläger als Eigentümer der veranlagten Straßenflächen richteten, was auch für die Bundesstraße B 40 gelte.

Der Kläger hat daraufhin den Neufestsetzungsbescheid vom 17.12.2003 und die vorstehend erwähnte Änderung in seine Klage einbezogen.

Der Kläger führt zur Begründung seiner Berufung aus, der Bund habe Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen - Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) - erlassen. Die Länder seien ihm für die in ihrer Baulast liegenden Landstraßen gefolgt und hätten diese Regelungen wortgleich eingeführt. Unter dem Datum vom 05.09.1978 habe der Bundesminister für Verkehr ein Vereinbarungsmuster für gemeinschaftliche Baumaßnahmen in Ortsdurchfahrten eingeführt. Die Richtlinien und die Mustervereinbarung seien verbindlich. Die Vertreter der Kommunen hätten vor der Einführung bei der Erarbeitung dieser Regelungen mitgewirkt, seien also bereit gewesen, diese anzunehmen und damit umzugehen. Es habe Jahrzehnte lang außer Frage gestanden, dass der Bund beziehungsweise das Land mit der Zahlung eines Zuschusses für die Errichtung der Straße alle sich aus seiner Sicht ergebenden Verpflichtungen erfüllt habe. Es sei nirgendwo ersichtlich und zu keinem Zeitpunkt gewollt und vereinbart worden, dass der Bund oder das Land zukünftig für die Kosten der Entsorgung des auf den Bundes- beziehungsweise Landstraßen anfallenden Oberflächenwassers aufkommen müsse. Mit der Frage der Straßenbaulast habe die etwaige Entschädigung für die Oberflächenwasserentsorgung nichts zu tun. Das erstinstanzliche Gericht habe sich von dem Gedanken leiten lassen, dass durch einseitig erlassene Ortsdurchfahrtsrichtlinien zwingende Bestimmungen des Kommunal-abgabenrechtes nicht außer Kraft gesetzt werden könnten. Wenn indes das Kommunalabgabenrecht überhaupt nicht anwendbar sei, sondern nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch übrig bleibe, könne sich etwas anderes sehr wohl aus öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen oder Bestimmungen ergeben. Es sei wenig wahrscheinlich, dass der Ortssatzungsgeber berechtigt sei, landesweit verbindlich eingeführte Richtlinien durch eine Satzung außer Kraft zu setzen.

Die Frage des Vertrauensschutzes sei vorliegend zu prüfen, da der Beklagte die Erhebung einer Niederschlagswassergebühr rückwirkend ab dem 01.01.1999 eingeführt habe. Dem Kläger sei nicht bekannt gewesen, ob eine solche Gebühr in St. Ingbert habe eingeführt werden müssen. Wenn eine Kommune in Kenntnis der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte Jahre lang keine Niederschlagswassergebühr einführe, müsse er davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen für die Einführung einer Niederschlagswassergebühr nicht erfüllt seien. Außerdem sei die neue Gebührensatzung vollumfänglich unwirksam, wenn wie vorliegend die Kalkulationsgrundlage für den Abwassergebührensatz fehle.

Er – der Kläger – sei schließlich nicht Eigentümer der Grundfläche der Bundesstraße B 40 und auch sonst nicht für die Ableitung des dort anfallenden Niederschlagswassers verantwortlich.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die die Jahre 1999 und 2000 betreffenden Gebührenbescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der heute zu Protokoll erklärten Änderung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt aus, herangezogen habe er in der fraglichen Zeit satzungskonform stets den Grundstückseigentümer. Dies sei bei den veranlagten Bundes- und Landstraßen der Kläger, auch wenn dieser teilweise nicht gleichzeitig Träger der Straßenbaulast sei.

Die Ortsdurchfahrtsrichtlinien fänden nur Anwendung, wenn die jeweilige Gemeinde sich unwiderruflich verpflichte, das in ihre Mischkanalisation von den Bundesstraßen abfließende Niederschlagswasser unentgeltlich aufzunehmen und schadlos abzuführen. Es seien zwischen Bund und Land einerseits und der Mittelstadt St. Ingbert beziehungsweise den Vorgängergemeinden andererseits mehrere entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen worden. Für die Bereiche, bei denen Gebühren angefordert worden seien, lägen aber keine entsprechenden Vereinbarungen vor. Die rückwirkende Inkraftsetzung der Gebührensatzung sei nicht zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Verfahrens 1 A 44/07 sowie der einschlägigen Behördenunterlagen (3 Hefte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sind die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung. Damit ergibt sich für das vorliegende Verfahren eine streitige Anforderung von Niederschlagswassergebühren für die Jahre 1999 und 2000 in Höhe von jeweils 93.623,46 EUR. Dabei hat der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass die genannten Bescheide gegenüber dem Kläger als persönlichen Schuldner ergangen sind, wobei die Gebührenpflicht an dessen Eigentum an den streitgegenständlichen Straßen-flächen anknüpfe. Dies entspricht den Eintragungen in Spalte A der Liste zur Konkretisierung der aktuellen Gebührenberechnung und war, wie insbesondere die Klageschrift zeigt, so schon zuvor vom Kläger verstanden worden.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden.

Die Berufung ist begründet, soweit sich die Klage gegen die Festsetzung der Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 in Höhe von 93.623,46 EUR (I.) richtet, sowie hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 38.490,46 EUR, soweit sie die für das Jahr 2000 festgesetzten Niederschlagswassergebühren betrifft (II.). Im Übrigen – weitere 55.133,00 EUR Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 - sind weitere Ermittlungen hinsichtlich der dem Grundsatz nach gebührenpflichtigen Flächen der Landstraßen erforderlich (III.). In dieser Situation hält es der Senat für sinnvoll, ein Teilurteil (§ 110 VwGO) zu erlassen.

I.

Die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung sind hinsichtlich der für das Jahr 1999 festgesetzten Niederschlagswassergebühr rechtswidrig, weil insoweit einer Heranziehung des Klägers das Rückwirkungsverbot entgegensteht und das Vertrauen des Klägers schutzwürdig ist.

Das im Rechtsstaatsprinzip im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Saarländischen Verfassung (SVerf), aber auch im Saarländischen Kommunalabgabengesetz – KAG – vom 29.05.1998 (ABl. S. 691) verankerte Rückwirkungsverbot ist vorliegend durch die Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 verletzt.

Eine Rechtsnorm entfaltet Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten (sogenannte echte Rückwirkung), ist in der Regel unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieses Vertrauen wird verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Betreffende bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200 = DVBl 1986, 814 = NJW 1987, 1749 und vom 03.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67 = DVBl 1998, 465 = NJW 1998, 1547 = DÖV 1998, 465; BVerwG, Urteil vom 13.09.2006 - 6 C 10.06 - NVwZ-RR 2007, 192 = Buchholz 451.61 KWG Nr. 20.

Das vom Satzungsgeber durch § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage vom 05.09.2000 (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung - ABGS) rückwirkend zum 01.01.1999 bewirkte Inkrafttreten der Satzung verstößt in seiner das Jahr 1999 betreffenden Anwendung im Falle des Klägers gegen das Rückwirkungsverbot, da er damit für einen bereits abgeschlossenen Veranlagungszeitraum erstmals zu Niederschlagswassergebühren herangezogen wird.

Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 ABGS ist mit Blick auf das Rückwirkungsverbot einschränkend verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die rückwirkende Inkraftsetzung nur für solche Benutzer gilt, die bereits unter der Geltung der Vorgängersatzung gebührenpflichtig waren und für die stets außer Frage stand, dass sie auch weiterhin - wenn auch nach Maßgabe eines geänderten Gebührenmaßstabes - gebührenpflichtig sein werden. Hinsichtlich dieser Nutzer, die in der Vergangenheit für die Einleitung von Schmutz- und Niederschlagswasser einheitlich nach dem Frischwassermaßstab veranlagt worden sind, ist in der Rechtsprechung - wie das Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt hat - allgemein anerkannt, dass durch die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr lediglich der Gebührenmaßstab geändert wird und dass diese Änderung rückwirkend zulässig ist, wenn der Frischwassermaßstab nach den konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet unzulässig beziehungsweise aller Wahrscheinlichkeit nach unzulässig war. Die vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass der Kläger, der seit Jahren und mit Kenntnis des Beklagten ausschließlich Niederschlagswasser in die gemeindliche Abwasserbeseitigungsanlage einleitet, dies unter der Geltung der Vorgängersatzung tun durfte, ohne der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterliegen und erstmals durch die Satzung vom 05.09.2000 der Abwassergebührenpflicht unterworfen wurde. So sah die Vorgängersatzung keine Gebühr für Niederschlagswasser vor. Denn nach § 12 Abs. 1 und 2 der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Erhebung von Beiträgen und Benutzungsgebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Kanalisation) vom 25.02.1992 bestimmte sich die Höhe der Benutzungsgebühr allein nach der Menge der aus öffentlichen oder sonstigen Wasserversorgungsanlagen zugeführten Wassermenge. Insofern vollzog diese Satzung gebührenrechtlich nicht die Regelungen der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Entwässerung der Grundstücke, den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage und deren Benutzung (Abwassersatzung ) vom 26.02.1992, nach deren § 18 Abs. 2 der Beklagte für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen eine Benutzungsgebühr erhob, wobei nach § 2 Abs. 1 Abwassersatzung zum Abwasser auch das von Niederschlägen aus den Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser) gehörte.

Die in § 20 Abs. 1 ABGS angeordnete, ein bereits vollständig abgeschlossenes Veranlagungsjahr, nämlich das Jahr 1999, einbeziehende rückwirkende Ent-stehung der Gebührenpflicht stellt sich daher bezogen auf den Kläger als Benutzer, der nach bisherigem Satzungsrecht nicht gebührenpflichtig war, als echte Rückwirkung dar. Ein Fall echter Rückwirkung ist nämlich gegeben, wenn eine Rechtsvorschrift an bereits abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als die vorangegangenen Bestimmungen. Eine Regelung, die rückwirkend öffentliche Leistungspflichten auferlegt, ist wegen des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist vorliegend nicht geboten.

Dass die Rechtsprechung im Falle einer nichtigen Vorgängersatzung deren Ersetzung durch eine neue rückwirkend in Kraft tretende Satzung und damit eine Ausnahme vom Verbot der echten Rückwirkung zulässt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408; Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005 - Vf. 3-VII-03 - BayVBl. 2005, 361 und 399,

rechtfertigt sich daraus, dass das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage ausnahmsweise nicht schutzwürdig ist, wenn der Betroffene nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge von der neuen Satzung zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Dies bedeutet, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Neuregelung in dem Umfang zulässig ist, in dem sie einen Mangel der Vorgängersatzung behebt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408.

Behebt die Satzungsänderung hingegen nicht nur den zur Nichtigkeit der Vorgängersatzung führenden Mangel, sondern nimmt der Satzungsgeber gleichzeitig Änderungen an rechtlich unbedenklichen Satzungsbestimmungen vor, die zu einer stärkeren Belastung aller Gebührenpflichtigen oder einer bestimmten Gruppe von Gebührenpflichtigen führt, so lässt sich eine rückwirkende Inkraftsetzung dieser einschneidenderen Regelungen nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen

vgl. Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, a.a.O., S. 403.

Fallbezogen bedeutet dies, dass die Benutzer, die zwar Schmutz- und Niederschlagswasser einleiten, hierfür aber nach altem Satzungsrecht allein nach dem Frischwassermaßstab veranlagt wurden, infolge der Gerichtsverfahren der 90er Jahre angesichts der konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet des Beklagten mit der Ersetzung des Frischwassermaßstabes durch eine gesplittete Abwassergebühr rechnen mussten. Auch der Kläger stellt nicht in Abrede, dass der Satzungsgeber damals Veranlassung hatte, seine Satzung diesbezüglich zu überarbeiten. Dass die Einführung der gesplitteten Gebühr im Einzelfall - etwa wegen umfangreicher versiegelter Flächen - zu einer Erhöhung der Gebührenbelastung führen konnte, ist als unmittelbare Folge des neuen Maßstabes systemimmanent und spielt im Rahmen der Rückwirkungsproblematik keine Rolle

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 und Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, jeweils a.a.O..

Anders stellt sich die Rechtslage in Bezug auf den Kläger dar. Ihm gegenüber lässt sich die rückwirkende Heranziehung nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen. Im Verhältnis zum Kläger hat der Satzungsgeber die Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr zum Anlass genommen, einen rechtlich nicht zu beanstandenden Teil seines bisherigen Abwasserbeseitigungsgebührenrechts zu ändern und den Kläger dadurch erstmals der Abwassergebührenpflicht unterworfen. Hiermit brauchte der Kläger nicht zu rechnen.

Die Vorgängersatzung begründete hinsichtlich der Eigentümer/Baulastträger der Bundesfern- und Landstraßen keine Abwasserbeseitigungsgebührenpflicht, was aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden war. Nach den landesrechtlichen Vorgaben sind nämlich, wie der Senat in seinem den Beteiligten vorliegenden Urteil vom heutigen Tag – 1 A 44/07 – ausführlich dargelegt hat, die saarländischen Gemeinden zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von den Eigentümern/Baulastträgern der durch ihr Gemeindegebiet verlaufenden Bundesfern- und Landstraßen Gebühren für die Beseitigung des auf den Fahrbahnen anfallenden Niederschlagswassers zu erheben; das heißt, es war keineswegs zwingend, anlässlich der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr auch die Straßeneigentümer/-baulastträger der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterwerfen. Das Kommunalabgabengesetz eröffnet insoweit zwar die Möglichkeit der Gebührenerhebung, sieht diese aber nicht als verbindlich vor. Wahlweise steht den Gemeinden offen, Kostenerstattungsansprüche geltend zu machen oder im Wege von Vereinbarungen betreffend bestimmte Streckenabschnitte eine Beteiligung der Straßenbaulastträger an den Kosten der Abwasserbeseitigung herbeizuführen, wie dies in der Vergangenheit durch den Beklagten des Öfteren geschehen ist. Ebenso war die bisher offenbar - auch in der Mittelstadt St. Ingbert - geübte Praxis, die Einleitung des von den Fahrbahnen der Bundesfern- und Landstraßen abfließenden Niederschlagswassers in die gemeindliche Kanalisation insgesamt oder hinsichtlich bestimmter Streckenabschnitte unentgeltlich hinzunehmen, jedenfalls unter der Prämisse rechtlich zulässig, dass der hierdurch bedingte Kostenaufwand - wie es nach Bekunden des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in seiner Gemeinde üblich gewesen war - gesondert ermittelt und nicht auf die damals allein gebührenpflichtigen Bezieher von Frischwasser umgelegt worden ist. Der Satzungsgeber nahm mithin die Abschaffung des Frischwassermaßstabes zum Anlass, hinsichtlich der Entwässerung der Bundesfern- und Landstraßen erstmals eine Abwassergebührenpflicht einzuführen. Hiermit brauchte der Kläger trotz der Diskussion um die Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabes im Gemeindegebiet des Beklagten nicht zu rechnen, da ihn betreffende gebührenrechtliche Konsequenzen keineswegs zwingend waren. Zudem war seitens des Beklagten – anders als hinsichtlich der Frischwasserbezieher - nichts unternommen worden, um den Kläger frühzeitig auf die gemeindlichen Absichten aufmerksam zu machen.

Als sich nämlich 1999 abzeichnete, dass eine neue Satzung unter Einführung der gesplitteten Abwassergebühr erarbeitet werden soll, wurde zwar die bereits bisher gebührenpflichtige Bevölkerung entsprechend informiert und sind insoweit auch nur vorläufige Gebührenbescheide erlassen worden. Eine Information der Straßeneigentümer/-baulastträger über die Absicht, eine gesonderte Niederschlagswassergebühr unter Einbeziehung der Fahrbahnflächen der Bundesfern- und Landstraßen einzuführen, unterblieb indessen. Der Kläger brauchte nach alledem hinsichtlich des Jahres 1999 nicht mit der Entstehung einer satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu rechnen. Seine rückwirkende Veranlagung für dieses Jahr verletzt daher das Rückwirkungsverbot.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Beklagte zur Zeit des Bescheiderlasses auf anderer Rechtsgrundlage einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Kläger hätte geltend machen können, ohne dass demgegenüber die Einrede der Verjährung gegriffen hätte. Entscheidet die Gemeinde sich nämlich wie vorliegend für die Erhebung einer Kommunalabgabe, so muss sie die insoweit maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit der Gebührenerhebung und damit unter anderem das in Art. 60 Abs. 1 SVerf verankerte Verbot der Rückwirkung beachten. Die durch Leistungsbescheid erfolgende Einforderung der Gebühr enthält für den Zahlungspflichtigen im Vergleich zu seiner Inanspruchnahme aufgrund eines Kostenerstattungsanspruchs eine zusätzliche Beschwer. Wählt die Gemeinde diesen Weg, so muss ihr zu diesem Zweck geschaffenes Satzungsrecht die maßgeblichen landesrechtlichen Vorgaben einschließlich des Rückwirkungsverbots beachten.

II.

Die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung sind bezüglich der für das Jahr 2000 festgesetzten Niederschlagswassergebühren rechtswidrig, soweit Gebühren in Höhe von 38.490,46 EUR für die Flächen der Bundesstraße B 40 festge-setzt sind. Einer Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren für die Flächen der durch das Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert verlaufenden Teile der Bundesstraße B 40 steht entgegen, dass dieser nicht Träger der Straßenbaulast für diese Flächen ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 ABGS sind in der Regel die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das Abwasser anfällt, gebührenpflichtig. Bis zu ihrer Änderung am 18.06.2003 durch die 5. Änderungssatzung enthielt die ABGS dagegen keine Regelung über die Inanspruchnahme des Straßenbaulastträgers.

Auf Grund der bis zur Änderung am 18.06.2003 bestehenden Rechtslage war es dem Beklagten allerdings nicht möglich, den Eigentümer einer Straßenfläche zu Niederschlagswassergebühren heranziehen, wenn dieser nicht zugleich Träger der Straßenbaulast war.

Dies folgt zunächst aus § 50b Abs. 4 des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) vom 30.07.2004 (ABl. S. 1994). Nach dieser Vorschrift obliegt den Trägern öffentlicher Verkehrsanlagen die Abwasserbeseitigung an Stelle der beseitigungspflichtigen Körperschaften, soweit es sich um Niederschlagswasser handelt. Dabei ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien

Landtags-Drucksache 11/1296, S. 81,

dass § 50b Abs. 4 SWG der „Klarstellung“ dienen soll, „dass für die Träger öffentlicher Verkehrsanlagen hinsichtlich der (Abwasser-)Beseitigungspflicht bei Niederschlagswasser aufgrund von Bundes- und Landesstraßenrecht besondere Zuständigkeiten bestehen“. Entsprechende straßenrechtliche Regelungen hinsichtlich der Entsorgungspflicht des Straßenbaulastträgers für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser finden sich in § 3 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) vom 20.02.2003 (BGBl I S. 286) für die Bundesfernstraßen und in den §§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 1 des Saarländischen Straßengesetzes (SStrG) vom 15.10.1977 (ABl. S. 969) für die Landstraßen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FStrG umfasst die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Hierzu gehört auch die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen, die das von der Straße abfließende Wasser aufnehmen

so auch BVerwG, Beschluss vom 06.03.1997 - 8 B 246/96 - UPR 1997, 328 = DVBl 1997, 1065 = BayVBl 1997, 570 = Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 86 = NVwZ-RR 1998, 130 = NuR 1998, 482; Marschall/Schroeter/Kastner, Kommentar zum Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl., § 3 FStrG Rdnr. 4.

§ 9 Abs. 1 SStrG besagt mit Blick auf Landstraßen dasselbe wie § 3 Abs. 1 FStrG für Bundesfernstraßen. Nach § 11 Abs. 1 SStrG steht dem Träger der Straßenbaulast zudem die Ausübung der Rechte und Pflichten des Eigentümers in dem Umfang zu, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert. Damit obliegt dem Straßenbaulastträger auch die Straßen-oberflächenentwässerung

so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000 – 5 TZ 114/00 - ESVGH 51, 74 zu § 13 Abs. 1 des Hessischen Straßengesetzes.

Die genannten Regelungen führen dazu, dass die Straßenoberflächenentwässerung beim – nur ausnahmsweise vorkommenden - Auseinanderfallen von privatrechtlichem Eigentum und Straßenbaulast dem Träger der Straßenbaulast obliegt. Daraus folgt, dass der Eigentümer einer Straßenfläche nicht mit Entwässerungsgebühren belastet werden kann, wenn ihm nicht zugleich die Straßenbaulast obliegt

so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000, a.a.O, und OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.07.2000 -2 L 28/99 -, KStZ 2001, 93 = NVwZ 2001, 588; ferner Nolte, Gebührenpflicht des Landes als Straßeneigentümerin für die Benutzung kommunaler Abwassereinrichtungen, NVwZ 2001, 1378.

Wenn daher eine Satzung über die Erhebung von Niederschlagswassergebühren nur die Heranziehung des Eigentümers und nicht auch die des Straßenbaulastträgers vorsieht, kann für Straßenabschnitte, bei denen Baulastträger und Eigentümer nicht identisch sind, keiner von beiden für Gebühren für die Ableitung des Oberflächenwassers von den betroffenen Straßen in Anspruch genommen werden. Denn entscheidend ist in diesem Zusammenhang, wer die Entwässerungseinrichtungen in Anspruch nimmt beziehungsweise nutzt, da das Saarländische Kommunalabgabengesetz n den §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 KAG ausdrücklich die Erhebung von Gebühren – nur - von den denjenigen zulässt, die eine öffentliche Einrichtung in Anspruch nehmen beziehungsweise nutzen. Das ist jedoch nach den Regelungen im Straßenrecht nicht der Eigentümer der Straßenflächen, sondern der Straßenbaulastträger, da ihm die Entsorgungspflicht für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser obliegt. Dies wird durch § 50b Abs. 4 SWG noch einmal ausdrücklich klargestellt.

Daher kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob die streitgegenständliche Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren auch deshalb fehlerhaft ist, weil dieser nach Darstellung des Klägers nicht Eigentümer der Flächen der Bundesstraße B 40 ist, so dass - sollte dies zutreffen - bereits die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 ABGS nicht vorliegen. Denn auf jeden Fall ist der Kläger nicht Straßenbaulastträger für die Bundesstraße B 40 im Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG ist der Bund grundsätzlich Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. § 5 Abs. 2 bis 3a FStrG legt fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Gemeinde Träger der Baulast ist. Dafür, dass vorliegend teilweise ein Übergang der Straßenbaulast auf den Kläger erfolgt wäre, spricht nichts.

Da somit der Kläger nicht Träger der Straßenbaulast für die Bundesstraße B 40 ist, durfte ihn der Beklagte nicht für das Jahr 2000 zu Niederschlagswassergebühren für die Entwässerung dieser Straße heranziehen. Eben das ist aber geschehen. Insoweit hat der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal klargestellt, dass er den Kläger bewusst als Eigentümer der streitgegenständlichen Straßenflächen in Anspruch genommen hat, also als persönlichen Schuldner der Niederschlagswassergebühren, nicht aber als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland. Somit sind die angefochtenen Gebührenbescheide auf jeden Fall insoweit rechtswidrig, als sie sich gegen den Kläger als Gebührenschuldner für die Oberflächenwasserableitung der Bundesstraße B 40 richten.

Es durften daher die in der der aktuellen Gebührenberechnung zugrunde liegenden Tabelle unter Nr. 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 25, 26 und 36 ausgewiesenen Flächen der Bundesstraße B 40 von insgesamt 63.797,30 m² (66.422,70 m² abzüglich der auf Grund von Vereinbarungen als nicht gebührenpflichtig angesehenen Flächen von 2.625,40 m²) nicht in die Berechnung der Niederschlagswassergebührenpflicht des Klägers für das Jahr 2000 einbezogen werden. Damit sind die angefochtenen Bescheide in Höhe von 38.490,46 EUR (= 63.797,30 m² x 1,18 DM = 75.280,81 DM) rechtswidrig und folglich aufzuheben.

III.

Hinsichtlich des verbleibenden Betrages von (93.623,46 EUR - 38.490,46 EUR =) 55.133,00 EUR ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif, da es weiterer Ermittlungen bedarf.

Dabei ist von einer grundsätzlichen Gebührenpflichtigkeit des Klägers für die Entwässerung der im Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert verlaufenden Landstraßen auszugehen. Der Anspruch des Beklagten auf Erhebung von Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 für die Entwässerung der Landstraßen nach den §§ 9, 10 und 12 ABGS besteht dem Grunde nach, da deren Voraussetzungen vorliegen, die Vorschriften nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen, das Rückwirkungsverbot nicht verletzt ist und es bei der Anwendung der ABGS keiner Übergangsvorschrift bedurfte. Es wird insoweit auf die Ausführungen des Senats in dem bereits erwähnten Urteil vom heutigen Tage - 1 A 44/07- Bezug genommen.

Entgegen der Ansicht des Klägers stehen der Erhebung von Niederschlagswassergebühren für die Flächen der Landstraßen die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen – Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) – vom 02.01.1976 in der Fassung vom 11.10.1993 nicht entgegen. Die Ortsdurchfahrtsrichtlinien gelten, wie bereits ihre Überschrift zeigt, unmittelbar nur für die Bundesstraßen und nicht auch für die in der Straßenbaulast des Landes stehenden Landstraßen. Wie sich jedoch aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergibt, wurden die entsprechenden Ortsdurchfahrtsrichtlinien – die erste stammt aus dem Jahr 1959 – stets auch auf die Landstraßen im Saarland angewendet. Dies bestätigen die vorgelegten Vereinbarungen für Landstraßen, die im Vollzug der Ortsdurchfahrtsrichtlinien abgeschlossen worden sind. Allerdings gelten diese Richtlinien nur für die Ortsdurchfahrten, das heißt nach näherer Maßgabe der §§ 5 Abs. 4 FStrG, 4 SStrG die innerhalb der geschlossenen Ortslage liegenden Teile der Bundes- und Landstraßen, und nicht für die Abschnitte der genannten Straßen, die außerhalb davon liegen. Deshalb erfassen die Ortsdurchfahrtsrichtlinien bereits tatbestandlich nicht die Teile der Bundes- und Landstraßen, die außerhalb der geschlossenen Ortslage liegen. Aber auch für die Ortsdurchfahrten gelten die Ortsdurchfahrtsrichtlinien nicht unmittelbar. Sie führen insbesondere nicht aus sich heraus zur Gebührenfreiheit des Straßenbaulastträgers für die Einleitung von Niederschlagswasser in die gemeindliche Kanalisation. Zwar ist in Ziff. 14 Abs. 2 ODR geregelt, dass, wenn die Gemeinde eine Mischkanalisation einrichtet, sich der Bund an den Kosten beteiligt, wenn sich die Gemeinde unwiderruflich bereit erklärt, das Oberflächenwasser unentgeltlich aufzunehmen. Das gleiche gilt, wenn eine abgängige Mischkanalisation von Grund auf erneuert wird. Die Unterhaltung der Mischkanalisation obliegt der Gemeinde, ohne dass der Bund hierfür Beiträge leistet. Wie sich jedoch aus Ziff. 21 Abs. 1 ODR ergibt, gilt Ziff. 14 Abs. 2 ODR nicht automatisch, sondern es bedarf in jedem Einzelfall einer entsprechenden Vereinbarung vor Beginn einer Baumaßnahme. Dies wurde auch in der Vergangenheit so praktiziert, wie sich aus den vorgelegten Vereinbarungen über die Beteiligung des Klägers an Straßen- und Kanalbaumaßnahmen der Mittelstadt St. Ingbert bzw. deren Vorgängergemeinden ergibt. Dabei stammt die älteste vorgelegte Vereinbarung bereits aus dem Jahr 1968, was zeigt, dass derartige Vereinbarungen lange Zeit vor Einführung der Niederschlagswassergebühr geschlossen wurden. Insofern kann der Kläger nicht mit seiner Argumentation durchdringen, vor Einführung von Niederschlagswassergebühren habe überhaupt kein Anlass für den Abschluss von Vereinbarungen über die unentgeltliche Einleitung von Niederschlagswasser bestanden. Auch kann der Vorhalt des Klägers nicht durchgreifen, dass ein jahrzehntelanger Konsens bestanden habe, dass der Bund bzw. das Land mit der Zahlung eines Zuschusses für die Errichtung der Straße alle aus seiner Sicht ergebenden Verpflichtungen erfüllt habe, ohne dass es hierzu noch einer besonderen Vereinbarung bedurft hätte.

Im Übrigen wäre es kaum nachvollziehbar, dass der Kläger Vereinbarungen über die unentgeltliche Einleitung von Niederschlagswasser im Gegenzug für die Beteiligung an den Kosten von Baumaßnahmen abschließt, wenn die Ortsdurchfahrtsrichtlinien unmittelbar gelten würden, also diese Rechtsfolge bereits ohne jegliche vertragliche Vereinbarung einträte.

Außerdem handelt es sich bei den Ortsdurchfahrtsrichtlinien nur um interne Verwaltungsrichtlinien, die ihrer Rechtsnatur nach nicht in der Lage sind, das materielle Satzungsrecht der Mittelstadt St. Ingbert zu beeinflussen

sinngemäß ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.1996 – 9 A 4145/94 – Städte- und Gemeinderat 1997, 83 = ZKF 1997, 110 = NWVBl 1997, 220 = ZfW1998, 330.

Weiterer Aufklärung im Tatsächlichen bedarf es, ob und gegebenenfalls inwieweit bei der Gebührenberechnung im Eigentum des Klägers stehende Flächen der Landstraßen berücksichtigt worden sind, die in der Straßenbaulast der Mittelstadt St. Ingbert stehen, so dass für sie auf Grund der dargelegten Grundsätze keine Niederschlagswassergebühr vom Kläger verlangt werden darf.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Gründe

Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sind die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung. Damit ergibt sich für das vorliegende Verfahren eine streitige Anforderung von Niederschlagswassergebühren für die Jahre 1999 und 2000 in Höhe von jeweils 93.623,46 EUR. Dabei hat der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass die genannten Bescheide gegenüber dem Kläger als persönlichen Schuldner ergangen sind, wobei die Gebührenpflicht an dessen Eigentum an den streitgegenständlichen Straßen-flächen anknüpfe. Dies entspricht den Eintragungen in Spalte A der Liste zur Konkretisierung der aktuellen Gebührenberechnung und war, wie insbesondere die Klageschrift zeigt, so schon zuvor vom Kläger verstanden worden.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden.

Die Berufung ist begründet, soweit sich die Klage gegen die Festsetzung der Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 in Höhe von 93.623,46 EUR (I.) richtet, sowie hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 38.490,46 EUR, soweit sie die für das Jahr 2000 festgesetzten Niederschlagswassergebühren betrifft (II.). Im Übrigen – weitere 55.133,00 EUR Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 - sind weitere Ermittlungen hinsichtlich der dem Grundsatz nach gebührenpflichtigen Flächen der Landstraßen erforderlich (III.). In dieser Situation hält es der Senat für sinnvoll, ein Teilurteil (§ 110 VwGO) zu erlassen.

I.

Die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung sind hinsichtlich der für das Jahr 1999 festgesetzten Niederschlagswassergebühr rechtswidrig, weil insoweit einer Heranziehung des Klägers das Rückwirkungsverbot entgegensteht und das Vertrauen des Klägers schutzwürdig ist.

Das im Rechtsstaatsprinzip im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Saarländischen Verfassung (SVerf), aber auch im Saarländischen Kommunalabgabengesetz – KAG – vom 29.05.1998 (ABl. S. 691) verankerte Rückwirkungsverbot ist vorliegend durch die Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 verletzt.

Eine Rechtsnorm entfaltet Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten (sogenannte echte Rückwirkung), ist in der Regel unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieses Vertrauen wird verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Betreffende bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200 = DVBl 1986, 814 = NJW 1987, 1749 und vom 03.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67 = DVBl 1998, 465 = NJW 1998, 1547 = DÖV 1998, 465; BVerwG, Urteil vom 13.09.2006 - 6 C 10.06 - NVwZ-RR 2007, 192 = Buchholz 451.61 KWG Nr. 20.

Das vom Satzungsgeber durch § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage vom 05.09.2000 (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung - ABGS) rückwirkend zum 01.01.1999 bewirkte Inkrafttreten der Satzung verstößt in seiner das Jahr 1999 betreffenden Anwendung im Falle des Klägers gegen das Rückwirkungsverbot, da er damit für einen bereits abgeschlossenen Veranlagungszeitraum erstmals zu Niederschlagswassergebühren herangezogen wird.

Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 ABGS ist mit Blick auf das Rückwirkungsverbot einschränkend verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die rückwirkende Inkraftsetzung nur für solche Benutzer gilt, die bereits unter der Geltung der Vorgängersatzung gebührenpflichtig waren und für die stets außer Frage stand, dass sie auch weiterhin - wenn auch nach Maßgabe eines geänderten Gebührenmaßstabes - gebührenpflichtig sein werden. Hinsichtlich dieser Nutzer, die in der Vergangenheit für die Einleitung von Schmutz- und Niederschlagswasser einheitlich nach dem Frischwassermaßstab veranlagt worden sind, ist in der Rechtsprechung - wie das Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt hat - allgemein anerkannt, dass durch die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr lediglich der Gebührenmaßstab geändert wird und dass diese Änderung rückwirkend zulässig ist, wenn der Frischwassermaßstab nach den konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet unzulässig beziehungsweise aller Wahrscheinlichkeit nach unzulässig war. Die vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass der Kläger, der seit Jahren und mit Kenntnis des Beklagten ausschließlich Niederschlagswasser in die gemeindliche Abwasserbeseitigungsanlage einleitet, dies unter der Geltung der Vorgängersatzung tun durfte, ohne der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterliegen und erstmals durch die Satzung vom 05.09.2000 der Abwassergebührenpflicht unterworfen wurde. So sah die Vorgängersatzung keine Gebühr für Niederschlagswasser vor. Denn nach § 12 Abs. 1 und 2 der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Erhebung von Beiträgen und Benutzungsgebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Kanalisation) vom 25.02.1992 bestimmte sich die Höhe der Benutzungsgebühr allein nach der Menge der aus öffentlichen oder sonstigen Wasserversorgungsanlagen zugeführten Wassermenge. Insofern vollzog diese Satzung gebührenrechtlich nicht die Regelungen der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Entwässerung der Grundstücke, den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage und deren Benutzung (Abwassersatzung ) vom 26.02.1992, nach deren § 18 Abs. 2 der Beklagte für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen eine Benutzungsgebühr erhob, wobei nach § 2 Abs. 1 Abwassersatzung zum Abwasser auch das von Niederschlägen aus den Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser) gehörte.

Die in § 20 Abs. 1 ABGS angeordnete, ein bereits vollständig abgeschlossenes Veranlagungsjahr, nämlich das Jahr 1999, einbeziehende rückwirkende Ent-stehung der Gebührenpflicht stellt sich daher bezogen auf den Kläger als Benutzer, der nach bisherigem Satzungsrecht nicht gebührenpflichtig war, als echte Rückwirkung dar. Ein Fall echter Rückwirkung ist nämlich gegeben, wenn eine Rechtsvorschrift an bereits abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als die vorangegangenen Bestimmungen. Eine Regelung, die rückwirkend öffentliche Leistungspflichten auferlegt, ist wegen des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist vorliegend nicht geboten.

Dass die Rechtsprechung im Falle einer nichtigen Vorgängersatzung deren Ersetzung durch eine neue rückwirkend in Kraft tretende Satzung und damit eine Ausnahme vom Verbot der echten Rückwirkung zulässt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408; Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005 - Vf. 3-VII-03 - BayVBl. 2005, 361 und 399,

rechtfertigt sich daraus, dass das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage ausnahmsweise nicht schutzwürdig ist, wenn der Betroffene nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge von der neuen Satzung zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Dies bedeutet, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Neuregelung in dem Umfang zulässig ist, in dem sie einen Mangel der Vorgängersatzung behebt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408.

Behebt die Satzungsänderung hingegen nicht nur den zur Nichtigkeit der Vorgängersatzung führenden Mangel, sondern nimmt der Satzungsgeber gleichzeitig Änderungen an rechtlich unbedenklichen Satzungsbestimmungen vor, die zu einer stärkeren Belastung aller Gebührenpflichtigen oder einer bestimmten Gruppe von Gebührenpflichtigen führt, so lässt sich eine rückwirkende Inkraftsetzung dieser einschneidenderen Regelungen nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen

vgl. Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, a.a.O., S. 403.

Fallbezogen bedeutet dies, dass die Benutzer, die zwar Schmutz- und Niederschlagswasser einleiten, hierfür aber nach altem Satzungsrecht allein nach dem Frischwassermaßstab veranlagt wurden, infolge der Gerichtsverfahren der 90er Jahre angesichts der konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet des Beklagten mit der Ersetzung des Frischwassermaßstabes durch eine gesplittete Abwassergebühr rechnen mussten. Auch der Kläger stellt nicht in Abrede, dass der Satzungsgeber damals Veranlassung hatte, seine Satzung diesbezüglich zu überarbeiten. Dass die Einführung der gesplitteten Gebühr im Einzelfall - etwa wegen umfangreicher versiegelter Flächen - zu einer Erhöhung der Gebührenbelastung führen konnte, ist als unmittelbare Folge des neuen Maßstabes systemimmanent und spielt im Rahmen der Rückwirkungsproblematik keine Rolle

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 und Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, jeweils a.a.O..

Anders stellt sich die Rechtslage in Bezug auf den Kläger dar. Ihm gegenüber lässt sich die rückwirkende Heranziehung nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen. Im Verhältnis zum Kläger hat der Satzungsgeber die Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr zum Anlass genommen, einen rechtlich nicht zu beanstandenden Teil seines bisherigen Abwasserbeseitigungsgebührenrechts zu ändern und den Kläger dadurch erstmals der Abwassergebührenpflicht unterworfen. Hiermit brauchte der Kläger nicht zu rechnen.

Die Vorgängersatzung begründete hinsichtlich der Eigentümer/Baulastträger der Bundesfern- und Landstraßen keine Abwasserbeseitigungsgebührenpflicht, was aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden war. Nach den landesrechtlichen Vorgaben sind nämlich, wie der Senat in seinem den Beteiligten vorliegenden Urteil vom heutigen Tag – 1 A 44/07 – ausführlich dargelegt hat, die saarländischen Gemeinden zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von den Eigentümern/Baulastträgern der durch ihr Gemeindegebiet verlaufenden Bundesfern- und Landstraßen Gebühren für die Beseitigung des auf den Fahrbahnen anfallenden Niederschlagswassers zu erheben; das heißt, es war keineswegs zwingend, anlässlich der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr auch die Straßeneigentümer/-baulastträger der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterwerfen. Das Kommunalabgabengesetz eröffnet insoweit zwar die Möglichkeit der Gebührenerhebung, sieht diese aber nicht als verbindlich vor. Wahlweise steht den Gemeinden offen, Kostenerstattungsansprüche geltend zu machen oder im Wege von Vereinbarungen betreffend bestimmte Streckenabschnitte eine Beteiligung der Straßenbaulastträger an den Kosten der Abwasserbeseitigung herbeizuführen, wie dies in der Vergangenheit durch den Beklagten des Öfteren geschehen ist. Ebenso war die bisher offenbar - auch in der Mittelstadt St. Ingbert - geübte Praxis, die Einleitung des von den Fahrbahnen der Bundesfern- und Landstraßen abfließenden Niederschlagswassers in die gemeindliche Kanalisation insgesamt oder hinsichtlich bestimmter Streckenabschnitte unentgeltlich hinzunehmen, jedenfalls unter der Prämisse rechtlich zulässig, dass der hierdurch bedingte Kostenaufwand - wie es nach Bekunden des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in seiner Gemeinde üblich gewesen war - gesondert ermittelt und nicht auf die damals allein gebührenpflichtigen Bezieher von Frischwasser umgelegt worden ist. Der Satzungsgeber nahm mithin die Abschaffung des Frischwassermaßstabes zum Anlass, hinsichtlich der Entwässerung der Bundesfern- und Landstraßen erstmals eine Abwassergebührenpflicht einzuführen. Hiermit brauchte der Kläger trotz der Diskussion um die Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabes im Gemeindegebiet des Beklagten nicht zu rechnen, da ihn betreffende gebührenrechtliche Konsequenzen keineswegs zwingend waren. Zudem war seitens des Beklagten – anders als hinsichtlich der Frischwasserbezieher - nichts unternommen worden, um den Kläger frühzeitig auf die gemeindlichen Absichten aufmerksam zu machen.

Als sich nämlich 1999 abzeichnete, dass eine neue Satzung unter Einführung der gesplitteten Abwassergebühr erarbeitet werden soll, wurde zwar die bereits bisher gebührenpflichtige Bevölkerung entsprechend informiert und sind insoweit auch nur vorläufige Gebührenbescheide erlassen worden. Eine Information der Straßeneigentümer/-baulastträger über die Absicht, eine gesonderte Niederschlagswassergebühr unter Einbeziehung der Fahrbahnflächen der Bundesfern- und Landstraßen einzuführen, unterblieb indessen. Der Kläger brauchte nach alledem hinsichtlich des Jahres 1999 nicht mit der Entstehung einer satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu rechnen. Seine rückwirkende Veranlagung für dieses Jahr verletzt daher das Rückwirkungsverbot.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Beklagte zur Zeit des Bescheiderlasses auf anderer Rechtsgrundlage einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Kläger hätte geltend machen können, ohne dass demgegenüber die Einrede der Verjährung gegriffen hätte. Entscheidet die Gemeinde sich nämlich wie vorliegend für die Erhebung einer Kommunalabgabe, so muss sie die insoweit maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit der Gebührenerhebung und damit unter anderem das in Art. 60 Abs. 1 SVerf verankerte Verbot der Rückwirkung beachten. Die durch Leistungsbescheid erfolgende Einforderung der Gebühr enthält für den Zahlungspflichtigen im Vergleich zu seiner Inanspruchnahme aufgrund eines Kostenerstattungsanspruchs eine zusätzliche Beschwer. Wählt die Gemeinde diesen Weg, so muss ihr zu diesem Zweck geschaffenes Satzungsrecht die maßgeblichen landesrechtlichen Vorgaben einschließlich des Rückwirkungsverbots beachten.

II.

Die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung sind bezüglich der für das Jahr 2000 festgesetzten Niederschlagswassergebühren rechtswidrig, soweit Gebühren in Höhe von 38.490,46 EUR für die Flächen der Bundesstraße B 40 festge-setzt sind. Einer Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren für die Flächen der durch das Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert verlaufenden Teile der Bundesstraße B 40 steht entgegen, dass dieser nicht Träger der Straßenbaulast für diese Flächen ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 ABGS sind in der Regel die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das Abwasser anfällt, gebührenpflichtig. Bis zu ihrer Änderung am 18.06.2003 durch die 5. Änderungssatzung enthielt die ABGS dagegen keine Regelung über die Inanspruchnahme des Straßenbaulastträgers.

Auf Grund der bis zur Änderung am 18.06.2003 bestehenden Rechtslage war es dem Beklagten allerdings nicht möglich, den Eigentümer einer Straßenfläche zu Niederschlagswassergebühren heranziehen, wenn dieser nicht zugleich Träger der Straßenbaulast war.

Dies folgt zunächst aus § 50b Abs. 4 des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) vom 30.07.2004 (ABl. S. 1994). Nach dieser Vorschrift obliegt den Trägern öffentlicher Verkehrsanlagen die Abwasserbeseitigung an Stelle der beseitigungspflichtigen Körperschaften, soweit es sich um Niederschlagswasser handelt. Dabei ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien

Landtags-Drucksache 11/1296, S. 81,

dass § 50b Abs. 4 SWG der „Klarstellung“ dienen soll, „dass für die Träger öffentlicher Verkehrsanlagen hinsichtlich der (Abwasser-)Beseitigungspflicht bei Niederschlagswasser aufgrund von Bundes- und Landesstraßenrecht besondere Zuständigkeiten bestehen“. Entsprechende straßenrechtliche Regelungen hinsichtlich der Entsorgungspflicht des Straßenbaulastträgers für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser finden sich in § 3 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) vom 20.02.2003 (BGBl I S. 286) für die Bundesfernstraßen und in den §§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 1 des Saarländischen Straßengesetzes (SStrG) vom 15.10.1977 (ABl. S. 969) für die Landstraßen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FStrG umfasst die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Hierzu gehört auch die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen, die das von der Straße abfließende Wasser aufnehmen

so auch BVerwG, Beschluss vom 06.03.1997 - 8 B 246/96 - UPR 1997, 328 = DVBl 1997, 1065 = BayVBl 1997, 570 = Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 86 = NVwZ-RR 1998, 130 = NuR 1998, 482; Marschall/Schroeter/Kastner, Kommentar zum Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl., § 3 FStrG Rdnr. 4.

§ 9 Abs. 1 SStrG besagt mit Blick auf Landstraßen dasselbe wie § 3 Abs. 1 FStrG für Bundesfernstraßen. Nach § 11 Abs. 1 SStrG steht dem Träger der Straßenbaulast zudem die Ausübung der Rechte und Pflichten des Eigentümers in dem Umfang zu, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert. Damit obliegt dem Straßenbaulastträger auch die Straßen-oberflächenentwässerung

so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000 – 5 TZ 114/00 - ESVGH 51, 74 zu § 13 Abs. 1 des Hessischen Straßengesetzes.

Die genannten Regelungen führen dazu, dass die Straßenoberflächenentwässerung beim – nur ausnahmsweise vorkommenden - Auseinanderfallen von privatrechtlichem Eigentum und Straßenbaulast dem Träger der Straßenbaulast obliegt. Daraus folgt, dass der Eigentümer einer Straßenfläche nicht mit Entwässerungsgebühren belastet werden kann, wenn ihm nicht zugleich die Straßenbaulast obliegt

so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000, a.a.O, und OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.07.2000 -2 L 28/99 -, KStZ 2001, 93 = NVwZ 2001, 588; ferner Nolte, Gebührenpflicht des Landes als Straßeneigentümerin für die Benutzung kommunaler Abwassereinrichtungen, NVwZ 2001, 1378.

Wenn daher eine Satzung über die Erhebung von Niederschlagswassergebühren nur die Heranziehung des Eigentümers und nicht auch die des Straßenbaulastträgers vorsieht, kann für Straßenabschnitte, bei denen Baulastträger und Eigentümer nicht identisch sind, keiner von beiden für Gebühren für die Ableitung des Oberflächenwassers von den betroffenen Straßen in Anspruch genommen werden. Denn entscheidend ist in diesem Zusammenhang, wer die Entwässerungseinrichtungen in Anspruch nimmt beziehungsweise nutzt, da das Saarländische Kommunalabgabengesetz n den §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 KAG ausdrücklich die Erhebung von Gebühren – nur - von den denjenigen zulässt, die eine öffentliche Einrichtung in Anspruch nehmen beziehungsweise nutzen. Das ist jedoch nach den Regelungen im Straßenrecht nicht der Eigentümer der Straßenflächen, sondern der Straßenbaulastträger, da ihm die Entsorgungspflicht für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser obliegt. Dies wird durch § 50b Abs. 4 SWG noch einmal ausdrücklich klargestellt.

Daher kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob die streitgegenständliche Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren auch deshalb fehlerhaft ist, weil dieser nach Darstellung des Klägers nicht Eigentümer der Flächen der Bundesstraße B 40 ist, so dass - sollte dies zutreffen - bereits die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 ABGS nicht vorliegen. Denn auf jeden Fall ist der Kläger nicht Straßenbaulastträger für die Bundesstraße B 40 im Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG ist der Bund grundsätzlich Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. § 5 Abs. 2 bis 3a FStrG legt fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Gemeinde Träger der Baulast ist. Dafür, dass vorliegend teilweise ein Übergang der Straßenbaulast auf den Kläger erfolgt wäre, spricht nichts.

Da somit der Kläger nicht Träger der Straßenbaulast für die Bundesstraße B 40 ist, durfte ihn der Beklagte nicht für das Jahr 2000 zu Niederschlagswassergebühren für die Entwässerung dieser Straße heranziehen. Eben das ist aber geschehen. Insoweit hat der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal klargestellt, dass er den Kläger bewusst als Eigentümer der streitgegenständlichen Straßenflächen in Anspruch genommen hat, also als persönlichen Schuldner der Niederschlagswassergebühren, nicht aber als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland. Somit sind die angefochtenen Gebührenbescheide auf jeden Fall insoweit rechtswidrig, als sie sich gegen den Kläger als Gebührenschuldner für die Oberflächenwasserableitung der Bundesstraße B 40 richten.

Es durften daher die in der der aktuellen Gebührenberechnung zugrunde liegenden Tabelle unter Nr. 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 25, 26 und 36 ausgewiesenen Flächen der Bundesstraße B 40 von insgesamt 63.797,30 m² (66.422,70 m² abzüglich der auf Grund von Vereinbarungen als nicht gebührenpflichtig angesehenen Flächen von 2.625,40 m²) nicht in die Berechnung der Niederschlagswassergebührenpflicht des Klägers für das Jahr 2000 einbezogen werden. Damit sind die angefochtenen Bescheide in Höhe von 38.490,46 EUR (= 63.797,30 m² x 1,18 DM = 75.280,81 DM) rechtswidrig und folglich aufzuheben.

III.

Hinsichtlich des verbleibenden Betrages von (93.623,46 EUR - 38.490,46 EUR =) 55.133,00 EUR ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif, da es weiterer Ermittlungen bedarf.

Dabei ist von einer grundsätzlichen Gebührenpflichtigkeit des Klägers für die Entwässerung der im Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert verlaufenden Landstraßen auszugehen. Der Anspruch des Beklagten auf Erhebung von Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 für die Entwässerung der Landstraßen nach den §§ 9, 10 und 12 ABGS besteht dem Grunde nach, da deren Voraussetzungen vorliegen, die Vorschriften nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen, das Rückwirkungsverbot nicht verletzt ist und es bei der Anwendung der ABGS keiner Übergangsvorschrift bedurfte. Es wird insoweit auf die Ausführungen des Senats in dem bereits erwähnten Urteil vom heutigen Tage - 1 A 44/07- Bezug genommen.

Entgegen der Ansicht des Klägers stehen der Erhebung von Niederschlagswassergebühren für die Flächen der Landstraßen die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen – Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) – vom 02.01.1976 in der Fassung vom 11.10.1993 nicht entgegen. Die Ortsdurchfahrtsrichtlinien gelten, wie bereits ihre Überschrift zeigt, unmittelbar nur für die Bundesstraßen und nicht auch für die in der Straßenbaulast des Landes stehenden Landstraßen. Wie sich jedoch aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergibt, wurden die entsprechenden Ortsdurchfahrtsrichtlinien – die erste stammt aus dem Jahr 1959 – stets auch auf die Landstraßen im Saarland angewendet. Dies bestätigen die vorgelegten Vereinbarungen für Landstraßen, die im Vollzug der Ortsdurchfahrtsrichtlinien abgeschlossen worden sind. Allerdings gelten diese Richtlinien nur für die Ortsdurchfahrten, das heißt nach näherer Maßgabe der §§ 5 Abs. 4 FStrG, 4 SStrG die innerhalb der geschlossenen Ortslage liegenden Teile der Bundes- und Landstraßen, und nicht für die Abschnitte der genannten Straßen, die außerhalb davon liegen. Deshalb erfassen die Ortsdurchfahrtsrichtlinien bereits tatbestandlich nicht die Teile der Bundes- und Landstraßen, die außerhalb der geschlossenen Ortslage liegen. Aber auch für die Ortsdurchfahrten gelten die Ortsdurchfahrtsrichtlinien nicht unmittelbar. Sie führen insbesondere nicht aus sich heraus zur Gebührenfreiheit des Straßenbaulastträgers für die Einleitung von Niederschlagswasser in die gemeindliche Kanalisation. Zwar ist in Ziff. 14 Abs. 2 ODR geregelt, dass, wenn die Gemeinde eine Mischkanalisation einrichtet, sich der Bund an den Kosten beteiligt, wenn sich die Gemeinde unwiderruflich bereit erklärt, das Oberflächenwasser unentgeltlich aufzunehmen. Das gleiche gilt, wenn eine abgängige Mischkanalisation von Grund auf erneuert wird. Die Unterhaltung der Mischkanalisation obliegt der Gemeinde, ohne dass der Bund hierfür Beiträge leistet. Wie sich jedoch aus Ziff. 21 Abs. 1 ODR ergibt, gilt Ziff. 14 Abs. 2 ODR nicht automatisch, sondern es bedarf in jedem Einzelfall einer entsprechenden Vereinbarung vor Beginn einer Baumaßnahme. Dies wurde auch in der Vergangenheit so praktiziert, wie sich aus den vorgelegten Vereinbarungen über die Beteiligung des Klägers an Straßen- und Kanalbaumaßnahmen der Mittelstadt St. Ingbert bzw. deren Vorgängergemeinden ergibt. Dabei stammt die älteste vorgelegte Vereinbarung bereits aus dem Jahr 1968, was zeigt, dass derartige Vereinbarungen lange Zeit vor Einführung der Niederschlagswassergebühr geschlossen wurden. Insofern kann der Kläger nicht mit seiner Argumentation durchdringen, vor Einführung von Niederschlagswassergebühren habe überhaupt kein Anlass für den Abschluss von Vereinbarungen über die unentgeltliche Einleitung von Niederschlagswasser bestanden. Auch kann der Vorhalt des Klägers nicht durchgreifen, dass ein jahrzehntelanger Konsens bestanden habe, dass der Bund bzw. das Land mit der Zahlung eines Zuschusses für die Errichtung der Straße alle aus seiner Sicht ergebenden Verpflichtungen erfüllt habe, ohne dass es hierzu noch einer besonderen Vereinbarung bedurft hätte.

Im Übrigen wäre es kaum nachvollziehbar, dass der Kläger Vereinbarungen über die unentgeltliche Einleitung von Niederschlagswasser im Gegenzug für die Beteiligung an den Kosten von Baumaßnahmen abschließt, wenn die Ortsdurchfahrtsrichtlinien unmittelbar gelten würden, also diese Rechtsfolge bereits ohne jegliche vertragliche Vereinbarung einträte.

Außerdem handelt es sich bei den Ortsdurchfahrtsrichtlinien nur um interne Verwaltungsrichtlinien, die ihrer Rechtsnatur nach nicht in der Lage sind, das materielle Satzungsrecht der Mittelstadt St. Ingbert zu beeinflussen

sinngemäß ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.1996 – 9 A 4145/94 – Städte- und Gemeinderat 1997, 83 = ZKF 1997, 110 = NWVBl 1997, 220 = ZfW1998, 330.

Weiterer Aufklärung im Tatsächlichen bedarf es, ob und gegebenenfalls inwieweit bei der Gebührenberechnung im Eigentum des Klägers stehende Flächen der Landstraßen berücksichtigt worden sind, die in der Straßenbaulast der Mittelstadt St. Ingbert stehen, so dass für sie auf Grund der dargelegten Grundsätze keine Niederschlagswassergebühr vom Kläger verlangt werden darf.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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published on 05/09/2007 00:00

Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Beklagte die Klägerin ursprünglich für die Jahre 1999 und 2000 zu Niederschlagswassergebühren von mehr als jeweils 109.986,00 EUR herangezogen hat; insoweit ist das aufgrund mündlicher Verh
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published on 28/05/2013 00:00

Tatbestand 1 Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks im Verbandsgebiet des Beklagten, das in den hier maßgeblichen Erhebungszeiträumen 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007 an eine zentrale Einrichtung des Beklagten zur Niederschlagswasserb
published on 05/09/2007 00:00

Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Beklagte die Klägerin ursprünglich für die Jahre 1999 und 2000 zu Niederschlagswassergebühren von mehr als jeweils 109.986,00 EUR herangezogen hat; insoweit ist das aufgrund mündlicher Verh
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Ist nur ein Teil des Streitgegenstands zur Entscheidung reif, so kann das Gericht ein Teilurteil erlassen.

(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesautobahnen und Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesstraßen, die als Kraftfahrstraßen ausgewiesen sind, sind bedarfsabhängig durch den Träger der Straßenbaulast so zu bauen und zu unterhalten, dass auf ihnen auch öffentlicher Radverkehr abgewickelt werden kann.

(2) Soweit die Träger der Straßenbaulast unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zur Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 außerstande sind, haben sie auf einen nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Diese hat die Straßenbaubehörde oder auf Bundesautobahnen die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde aufzustellen.

(3) Die Träger der Straßenbaulast sollen nach besten Kräften über die ihnen nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben hinaus die Bundesfernstraßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Landesrechtliche Vorschriften über die Pflichten Dritter zum Schneeräumen und Streuen sowie zur polizeimäßigen Reinigung bleiben unberührt.

(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt.

(2) Die Gemeinden mit mehr als 80 000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen. Maßgebend ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl. Das Ergebnis einer Volkszählung wird mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr verbindlich, in dem die Volkszählung stattgefunden hat. Werden Gemeindegrenzen geändert oder neue Gemeinden gebildet, so ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl des neuen Gemeindegebietes maßgebend. In diesen Fällen wechselt die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten, wenn sie bisher dem Bund oblag, mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr der Gebietsänderung, sonst mit der Gebietsänderung.

(2a) Die Gemeinde bleibt abweichend von Absatz 2 Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde erklärt. Eine Gemeinde mit mehr als 50 000, aber weniger als 80 000 Einwohnern wird Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde verlangt. Absatz 2 Satz 2 und 4 gilt entsprechend. Die oberste Landesstraßenbaubehörde unterrichtet das Fernstraßen-Bundesamt über die Erklärung der Gemeinde nach Satz 1 oder das Verlangen der Gemeinde nach Satz 2.

(3) In den Ortsdurchfahrten der übrigen Gemeinden ist die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze.

(3a) Führt die Ortsdurchfahrt über Straßen und Plätze, die erheblich breiter angelegt sind als die Bundesstraße, so ist von der Straßenbaubehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die seitliche Begrenzung der Ortsdurchfahrten besonders festzulegen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde.

(4) Eine Ortsdurchfahrt ist der Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindebezirkes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Die oberste Landesstraßenbaubehörde setzt im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt fest und kann dabei mit Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Kommunalaufsichtsbehörde von der Regel der Sätze 1 und 2 abweichen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Satz 4 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Ist nur ein Teil des Streitgegenstands zur Entscheidung reif, so kann das Gericht ein Teilurteil erlassen.

(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesautobahnen und Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesstraßen, die als Kraftfahrstraßen ausgewiesen sind, sind bedarfsabhängig durch den Träger der Straßenbaulast so zu bauen und zu unterhalten, dass auf ihnen auch öffentlicher Radverkehr abgewickelt werden kann.

(2) Soweit die Träger der Straßenbaulast unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zur Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 außerstande sind, haben sie auf einen nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Diese hat die Straßenbaubehörde oder auf Bundesautobahnen die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde aufzustellen.

(3) Die Träger der Straßenbaulast sollen nach besten Kräften über die ihnen nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben hinaus die Bundesfernstraßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Landesrechtliche Vorschriften über die Pflichten Dritter zum Schneeräumen und Streuen sowie zur polizeimäßigen Reinigung bleiben unberührt.

(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt.

(2) Die Gemeinden mit mehr als 80 000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen. Maßgebend ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl. Das Ergebnis einer Volkszählung wird mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr verbindlich, in dem die Volkszählung stattgefunden hat. Werden Gemeindegrenzen geändert oder neue Gemeinden gebildet, so ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl des neuen Gemeindegebietes maßgebend. In diesen Fällen wechselt die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten, wenn sie bisher dem Bund oblag, mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr der Gebietsänderung, sonst mit der Gebietsänderung.

(2a) Die Gemeinde bleibt abweichend von Absatz 2 Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde erklärt. Eine Gemeinde mit mehr als 50 000, aber weniger als 80 000 Einwohnern wird Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde verlangt. Absatz 2 Satz 2 und 4 gilt entsprechend. Die oberste Landesstraßenbaubehörde unterrichtet das Fernstraßen-Bundesamt über die Erklärung der Gemeinde nach Satz 1 oder das Verlangen der Gemeinde nach Satz 2.

(3) In den Ortsdurchfahrten der übrigen Gemeinden ist die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze.

(3a) Führt die Ortsdurchfahrt über Straßen und Plätze, die erheblich breiter angelegt sind als die Bundesstraße, so ist von der Straßenbaubehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die seitliche Begrenzung der Ortsdurchfahrten besonders festzulegen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde.

(4) Eine Ortsdurchfahrt ist der Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindebezirkes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Die oberste Landesstraßenbaubehörde setzt im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt fest und kann dabei mit Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Kommunalaufsichtsbehörde von der Regel der Sätze 1 und 2 abweichen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Satz 4 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.