Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 29. Mai 2013 - 1 A 306/12

bei uns veröffentlicht am29.05.2013

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Dem 1952 geborenen Kläger wurde 1986 die Approbation als Arzt erteilt. Er ist Facharzt für Anästhesiologie und wendet sich gegen den Widerruf seiner Approbation durch Bescheid des Beklagten vom 30.7.2009.

Im Juni 2001 begann die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz mit einer Überprüfung, ob vom Kläger seit dem 4. Quartal 2000 abgerechnete ambulante Anästhesieleistungen jeweils von diesem selbst oder durch von ihm beauftragte Ärzte erbracht worden sind. Dieser Überprüfung schloss sich die Kassenärztliche Vereinigung des Saarlandes an. In der Sitzung ihres Plausibilitätsausschusses vom 11.7.2002 räumte der Kläger ein, dass der ihm gegenüber erhobene Vorwurf, er habe in den Quartalen 4/00-2/01 Leistungen, hinsichtlich derer er in seinen quartalsmäßigen Sammelerklärungen versichert habe, diese selbst für eine rheinland-pfälzische HNO-Praxis erbracht zu haben, in der Mehrzahl der Fälle durch zwei kassenärztlich nicht genehmigte Assistenten erbringen lassen, zutreffe und beschrieb sein Vorgehen als Fehler.

Auf diese Vorgänge gestützt beantragte die Kassenärztliche Vereinigung des Saarlandes mit Schreiben vom 17.10.2002 bei dem für ihren Bezirk zuständigen Zulassungsausschuss, dem Kläger die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Durch die fehlerhaften Abrechnungen habe er das Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes in die Richtigkeit seiner Abrechnung massiv und fortgesetzt missbraucht und gröblich gegen seine Pflichten verstoßen.

Die AOK Saarland erklärte mit Schreiben vom 4.11.2002, sich dem Entziehungsantrag anzuschließen.

Der Kläger äußerte sich in diesem Verfahren dahingehend, dass ihm die verletzten vertragsärztlichen Vorschriften nicht bekannt gewesen seien. Dennoch habe er sich sofort zur Rückzahlung der mit insgesamt 250.558,21 DM bezifferten Honorare bereit erklärt, wenngleich die zu Grunde liegenden Leistungen von qualifizierten Fachärzten erbracht und diese von ihm bezahlt worden seien. Zu berücksichtigen sei auch, dass er – wie durch beigefügtes Schreiben der rheinland-pfälzischen Praxis vom 24.10.2002 bestätigt werde – damals kurzfristig die Anästhesieleistungen für diese Praxis übernommen habe, nachdem der dortige Anästhesist sich unangekündigt und ohne Rücksicht auf die Notwendigkeit der terminlich bereits festgelegten Operationen zurückgezogen habe. Nur so habe der dortige Praxisbetrieb aufrechterhalten und die Versorgung der Praxispatienten sichergestellt werden können.

Durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19.3.2003 ergangenen Beschluss lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes den Antrag auf Entziehung der Zulassung ab. Der festgestellte Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten sei unter Berücksichtigung der damaligen glaubhaft und unwidersprochen geschilderten Gesamtsituation nicht derart gröblich, dass der mit der Entziehung der Zulassung verbundene schwerwiegende Eingriff in die Berufsfreiheit als „ultima ratio“ geboten erschiene.

Die hiergegen seitens der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes und der AOK Saarland eingelegten Widersprüche wurden durch Beschluss des Berufungsausschusses für Ärzte vom 1.7.2003 zurückgewiesen. Es handele sich um einen Grenzfall, für dessen Beurteilung letztlich ausschlaggebend sei, dass das Vertrauensverhältnis der in der Kassenärztlichen Vereinigung zusammengeschlossenen Ärzte zu ihrem Mitglied nicht so unheilbar zerrüttet erscheine, dass diesen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr zugemutet werden könne. Zudem habe dieser sich zur Rückzahlung verpflichtet und seien die abgerechneten Leistungen ärztlich notwendig gewesen und von entsprechenden Fachärzten erbracht worden. Nicht unwesentlich sei ferner, dass der Kläger seit dem 1.7.2003 der einzige niedergelassene Anästhesist und an der Schmerztherapievereinbarung teilnehmende Schmerztherapeut im Planungsbereich sei und ansonsten in seiner rund zehnjährigen Tätigkeit als Vertragsarzt nie wegen eines Pflichtenverstoßes auffällig geworden sei.

Das wegen der festgestellten Abrechnungsunregelmäßigkeiten gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren wurde durch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 1.4.2005 – 5132 Js 27481/01 4aCs – abgeschlossen. Der Kläger wurde wegen dreifachen Betrugs zum Nachteil der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz und der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes zu einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen verurteilt, weil er als niedergelassener Kassenarzt bei den drei Quartalsabrechnungen im Zeitraum von Oktober 2000 bis Juli 2001 wissentlich ambulante Anästhesieleistungen aufgeführt habe, die er als persönlich erbracht deklariert habe, obwohl diese nicht von ihm selbst, sondern auf seine Veranlassung hin von zwei anderen Anästhesisten erbracht worden seien. Diese seien indes weder Praxisteilhaber des Klägers gewesen noch sei ihr Einsatz als Praxishelfer des Klägers zuvor kassenärztlich genehmigt worden. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen bedinge dies eine Verletzung der Vorgaben der §§ 32, 32 a Ärzte-ZV, in deren Folge dem Kläger kassenärztliche Honorare in Höhe von insgesamt 128.108,36 EUR zugeflossen seien.

Ein auf Antrag der Ärztekammer des Saarlandes vom 20.10.2006 wegen der Vorwürfe eingeleitetes und durch Beschluss des Ärztegerichtes des Saarlandes vom 25.2.2007 eröffnetes berufsgerichtliches Verfahren wurde von dem Ärztegericht in der Hauptverhandlung vom 21.11.2007 mit Zustimmung der Ärztekammer in Anwendung der §§ 1 und 2 Berufsgerichtsordnung, 153 StPO eingestellt.

Dem Beklagten ist der Strafbefehl vom 1.4.2005 am 17.7.2008 bekannt geworden.

Nach entsprechender Anhörung des Klägers widerrief er mit Bescheid vom 30.7.2009 dessen ärztliche Approbation wegen Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Der zentrale Einwand des Klägers, den Krankenkassen sei wirtschaftlich kein Schaden entstanden, da die abgerechneten Leistungen tatsächlich – wenn auch nicht durch ihn persönlich – erbracht worden seien, verfange nicht. Denn es gelte ein streng formaler Schadensbegriff und es sei geklärt, dass ein den Kassen zugefügter Schaden nicht dadurch kompensiert werde, dass diese infolge des Einsatzes ungenehmigter Assistenten Aufwendungen erspart hätten, die ihnen entstanden wären, wenn die behandelten Patienten die Leistungen eines anderen Arztes in Anspruch genommen hätten. Dieser Umstand ändere nichts am Vorliegen strafbarer Pflichtverletzungen, sei im Strafverfahren nur im Rahmen der Strafzumessung von Relevanz und dort zugunsten des Klägers berücksichtigt worden. Approbationsrechtlich sei zudem von Belang, dass ein Teil der im Strafverfahren gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe nicht Gegenstand des Strafbefehls gewesen sei, da die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung insoweit gemäß den §§ 154, 154 a StPO auf die im Strafbefehl genannten Straftaten beschränkt habe.

Der hiergegen seitens des Klägers am 19.8.2009 eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 4.1.2010, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 13.1.2010, zurückgewiesen.

Zur Begründung seiner am 8.2.2010 erhobenen Klage hat der Kläger seinen Einwand, den kassenärztlichen Vereinigungen wirtschaftlich keinen Schaden zugefügt zu haben, bekräftigt und dahingehend vertieft, dass unter den gegebenen Umständen eine konkrete Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nie bestanden habe. In der Sache könne man ihm zwar eine schlechte Praxisorganisation vorwerfen, nicht aber die Absicht, sich durch betrügerisches Handeln zu bereichern. Er sei kurzfristig eingesprungen, als der HNO-Praxis, um deren ambulante Operationen es gehe, ihr Anästhesist abhanden gekommen sei. Die abgerechneten Anästhesieleistungen seien nach den Regeln der ärztlichen Kunst beanstandungsfrei erbracht worden. Hätte er die Hilfe der eingeschalteten Anästhesisten lediglich bei der Behandlung von Privatpatienten in Anspruch genommen und alle Kassenpatienten selbst behandelt, hätte es abrechnungstechnisch keine Probleme gegeben. Er habe keine „Luftrechnungen“ ausgestellt, sondern nur ärztliche Leistungen abgerechnet, die tatsächlich erbracht worden seien. Damit unterscheide sich sein Fall maßgeblich von den meisten anderen Fällen, in denen Ärzten ein betrügerisches Abrechnungsverhalten vorgeworfen werde. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die verfahrensgegenständlichen Abrechnungen den Zeitraum Oktober 2000 bis Juli 2001 beträfen und er seither in keiner Weise mehr auffällig geworden sei, vielmehr in der Zwischenzeit sogar promoviert habe, so dass sich die Frage der Reichweite des Grundrechtsschutzes gemäß Art. 12 Abs. 1 GG in besonderem Maße stelle. Der Widerspruchsbescheid sei erst am 4.1.2010 ergangen. In den damit rund achteinhalb Jahren seit dem Tatzeitraum habe er sich standesgemäß verhalten. Der Beklagte habe dies unter Außerachtlassung der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht in seine approbationsrechtliche Würdigung einbezogen, was zur Rechtswidrigkeit seiner Entscheidung führe.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 30.7.2009 in der Form des Widerspruchsbescheides des Ministeriums für Gesundheit und Verbraucherschutz vom 4.1.2010 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat hinsichtlich der Tatbestands- und der Verhältnismäßigkeitsprüfung auf die Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen und ist dem Einwand des Klägers, eine Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter habe nie bestanden, mit dem Hinweis entgegengetreten, dass dieser Gesichtspunkt zwar im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Bedeutung habe, in einem Hauptsacheverfahren aber nicht zu prüfen sei, da die Widerrufstatbestände eine solche Gefahr nicht voraussetzten. Von maßgeblicher Bedeutung sei, dass das Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße rechtskräftig darauf abgestellt habe, dass der Kläger wissentlich und willentlich unberechtigt Leistungen bei der getäuschten Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes abgerechnet habe, die von dort zu Unrecht bezahlt worden seien. Hieran müsse der Kläger sich im approbationsrechtlichen Verfahren festhalten lassen. Dass es in der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg heiße, ein Zeitabstand zwischen Tatbegehung und Erlass des Widerrufsbescheids von dreieinhalb Jahren könne angesichts der Dauer und Schwere der Verstöße für sich genommen nicht zum Beleg einer zwischenzeitlichen Bewährung ausreichen, sei nicht verallgemeinerungsfähig und bedeute insbesondere nicht, dass bei einem Zeitablauf von achteinhalb Jahren der Nachweis einer Bewährung geführt sei. Insbesondere sei anerkannt, dass zur Wiedererlangung der Berufswürdigkeit eine Bewährungszeit außerhalb des Berufs zu fordern sei. Nur außerhalb des Berufs könne ein längerer Reifeprozess in Gang gesetzt werden, der letztlich eine Änderung der manifest gewordenen Charaktermängel belegen könne.

Durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28.11.2011 ergangenes Urteil, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 27.2.2012, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße festgestellte pflichtwidrige Verhalten des Klägers erfülle bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens sowohl den Widerrufsgrund der Unwürdigkeit wie auch der Unzuverlässigkeit. Ersterer sei erfüllt, wenn der Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitze, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig sei. Erforderlich sei ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das bei Würdigung aller Umstände eine weitere Berufsausübung als untragbar erscheinen lasse. Unzuverlässig als Arzt sei, wer nicht die Gewähr dafür biete, dass er in Zukunft seine beruflichen Pflichten zuverlässig erfüllen werde. Gegenstand einer hinsichtlich beider Tatbestände relevanten Pflichtverletzung seien neben den zum Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit gehörenden Pflichten unter anderem auch alle berufsbezogenen mit der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit in nahem Zusammenhang stehenden Handlungen und Unterlassungen. Fallbezogen seien beide Tatbestände angesichts des in den fehlerhaften Abrechnungen zu Tage getretenen strafbaren Verhaltens erfüllt. Die dem Strafbefehl zu Grunde liegenden Feststellungen dürften dem Kläger auch im approbationsrechtlichen Verfahren entgegengehalten werden, wobei eine eigenständige Überprüfung auf ihre approbationsrechtliche Relevanz vorzunehmen sei. Die insoweit seitens der Kammer durchgeführte Überprüfung habe die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen als zutreffend bestätigt. Es gebe keine gewichtigen Anhaltspunkte im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die auf eine Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen hindeuten würden, und in rechtlicher Hinsicht sei geklärt, dass der einem rechtskräftigen Strafbefehl zu Grunde liegende Sachverhalt, auch wenn der Schuldspruch das Ergebnis einer Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Angeklagtem sei, diesem – unabhängig von den Gründen, die ihn zu der Verständigung bewogen hätten – als feststehend entgegengehalten werden dürfe. Die dem Kläger damit nachgewiesenen Verfehlungen rechtfertigten ihrer Art und Schwere nach den Widerruf seiner Approbation. Die korrekte Abrechnung von Behandlungskosten sei eine berufsbezogene gegenüber den Krankenkassen bestehende ärztliche Pflicht. Diesbezügliche Pflichtverletzungen seien generell geeignet, die Zuverlässigkeit und die Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs in Zweifel zu ziehen. Dabei stellten sich betrügerische Abrechnungen regelmäßig dann als besonders schwerwiegend dar, wenn der in Rede stehende Schaden nicht nur geringfügig sei. Gegenteiliges ergebe sich insbesondere nicht aus der vom Kläger in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den besonderen Anforderungen, unter denen die sofortige Vollziehung eines allein auf Berufsunwürdigkeit gestützten Widerrufs angeordnet werden dürfe. Hauptsachebezogen habe diese Rechtsprechung keine Relevanz. Schließlich sei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt. Dieser gebiete bei Vorliegen eines Widerrufstatbestands keine zusätzliche Auseinandersetzung mit individuellen Umständen wie etwa der familiären Situation, der bisherigen Unbescholtenheit, dem Alter und den Möglichkeiten zu einer anderen beruflichen Tätigkeit. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang auch, ob es sich bei dem nachgewiesenen Fehlverhalten um den ersten und einmaligen Verstoß gegen die ärztlichen Pflichten handele. Im Übrigen sei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch Rechnung getragen, dass nach der Gesetzeslage nach Abschluss des Widerrufsverfahrens die Möglichkeit eines Antrags auf Wiedererteilung der Approbation bestehe und gegebenenfalls zunächst eine Erlaubnis zur erneuten Ausübung des ärztlichen Berufs erteilt werden könne. Auch der klägerseits angesprochene Zeitablauf zwischen Fehlverhalten und Abschluss des Verwaltungsverfahrens rechtfertige keine ihm günstigere Beurteilung, zumal die rechtskräftige Verurteilung in Rheinland-Pfalz den hiesigen Behörden erst spät bekannt geworden sei und die Bewährungszeit nach der Rechtsprechung erst mit der Rechtskraft der approbationsrechtlichen Widerrufsentscheidung beginne.

Der Kläger hat am 27.3.2012 beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, und diesen Antrag am 27.4.2012 begründet.

Im Verlauf des Zulassungsverfahrens hat der Beklagte mitgeteilt, ihm sei bekannt geworden, dass der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Saarlouis wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden sei. Der Rechtskraftvermerk datiere vom 29.5.2012.

Der Senat hat die Berufung durch Beschluss vom 16.10.2012 - 1 A 109/12 -, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 22.10.2012, zugelassen.

Im Mittelpunkt der am 2.11.2012 bei Gericht eingegangenen Berufungsbegründung des Klägers steht der Einwand, weder der Beklagte noch das Verwaltungsgericht habe die Besonderheiten des Falles hinreichend gewürdigt. Der Fall des Klägers sei nicht vergleichbar mit den üblichen Fällen betrügerischer Abrechnungen von Ärzten, die sich dadurch auszeichneten, dass nicht erbrachte Leistungen zu Unrecht abgerechnet worden seien. Vorliegend habe der Kläger indes – selbst oder durch beauftragte Fachärzte – alle abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht, um einer in Not geratenen HNO-Praxis die Aufrechterhaltung des Praxisbetriebs zu ermöglichen. Dies habe auch der im Strafverfahren zuständig gewesene Oberstaatsanwalt erkannt, und auf dieser Grundlage sei es im Strafverfahren zu einer Absprache gekommen, auf der der Strafbefehl des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße beruhe. Besagter Oberstaatsanwalt habe sich damals dahingehend geäußert, dass er den Kläger im Falle der Nichtleistungserbringung vor der großen Kammer des Landgerichts Frankenthal angeklagt und eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren beantragt hätte. Der Fall des Klägers unterscheide sich auch insoweit von den typischen Abrechnungsbetrügereien, als der Kläger für die Erbringung der abgerechneten ärztlichen Leistungen tatsächlich eigene Personal- und Sachmittel eingesetzt habe. Der Kläger sei demgemäß vom Strafgericht nicht wegen Abrechnung nicht erbrachter Leistungen, sondern wegen des Einsatzes seitens der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes nicht genehmigter Assistenten – die jedoch über die erforderliche Qualifikation verfügt hätten – verurteilt worden. Damit reduziere sich das Fehlverhalten des Klägers im Kern auf eine schlechte Organisation seines Praxisbetriebs. Die Abrechnungsprobleme hätten sich vermeiden lassen, wenn der Kläger die Anästhesie aller Kassenpatienten selbst übernommen und den Einsatz der beiden ehemaligen Oberärzte auf die Anästhesieversorgung von Privatpatienten beschränkt hätte. Zudem sei den Krankenkassen bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Schaden nicht entstanden, denn die abgerechneten Leistungen hätten auch bei korrekter Abrechnung bezahlt werden müssen. Diese besonderen Gegebenheiten seien im approbationsrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen. Hinzu trete, dass der Zeitraum der fehlerhaften Abrechnungen zur Zeit des Tätigwerdens des Beklagten bereits sehr lange zurück gelegen habe und der Kläger zur Zeit des Einschreitens bereits über Jahre hinweg weiterhin beanstandungslos als Anästhesiearzt tätig gewesen sei. Letztlich hätten auch die von dem Fehlverhalten des Klägers unmittelbar Betroffenen keinen hinreichenden Grund gesehen, seine weitere vertragsärztliche Tätigkeit zu unterbinden und eine berufsgerichtliche Ahndung sei ebenfalls unterblieben.

Abschließend weist der Kläger darauf hin, dass er seine Zulassung als Kassenarzt zum 31.3.2011 aufgegeben habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28.11.2012 den Bescheid des Beklagten vom 30.7.2009 und den Widerspruchsbescheid des Ministeriums für Gesundheit und Verbraucherschutz vom 4.1.2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den Einwänden des Klägers entgegen, dass diese nicht neu seien, es irrelevant sei, warum der Kläger für die rheinland-pfälzische HNO-Praxis tätig geworden sei und ob alles korrekt gewesen wäre, wenn der Kläger den ärztlichen Einsatz anders organisiert hätte. Entscheidend sei, dass der Kläger unter Missachtung der §§ 32, 32 a Ärzte-ZV abgerechnet habe, wobei in den von ihm ausgefüllten und unterschriebenen Sammelerklärungen der drei verfahrensgegenständlichen Quartale ausdrücklich auf diese Vorschriften hingewiesen gewesen sei. Durch sein Abrechnungsverhalten habe der Kläger das Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung in die Korrektheit der Abrechnung missbraucht, weswegen er sich einen massiven Verstoß gegen vertragsärztliche Verpflichtungen vorhalten lassen müsse. Es gehe auch nicht darum, ob den Krankenkassen bei korrekter Abrechnung gleiche Kosten entstanden wären, denn das Kassenarztrecht sehe bei Verstößen gegen die §§ 32, 32 a Ärzte-ZV ein Regressverfahren mit anschließender Rückführung der zu Unrecht erfolgten Leistungen vor. Ebenso unerheblich sei, aus welchen Gründen im Strafverfahren von einer Freiheitsstrafe abgesehen worden sei. Schließlich sei für das Scheitern des Antrags der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes und der AOK, dem Kläger die kassenärztliche Zulassung zu entziehen, ausweislich der Begründung des die Zurückweisung durch den Zulassungsausschuss bestätigenden Beschlusses des Berufungsausschusses letztlich ausschlaggebend gewesen, dass der Kläger damals der einzige niedergelassene Anästhesist und der einzige an der Schmerztherapievereinbarung teilnehmende Schmerztherapeut im Planungsbereich gewesen und vor diesem Hintergrund befürchtet worden sei, die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen könnten ihrem gesetzlich normierten Sicherstellungsauftrag nicht gerecht werden. Nach alldem habe das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass der Kläger dem solidarischen System der Gesundheitsvorsorge Schaden zugefügt und sich dadurch als unwürdig und unzuverlässig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen habe.

Aus den zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung eingesehenen und vollständig kopierten Akten des Strafverfahrens wegen sexueller Nötigung – 6 Ls 14 Js 129/09 (9/10) – (4 Hefte) ergibt sich, dass der Kläger sich in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Saarlouis zur Sache eingelassen hat und nach Vernehmung von neun Zeugen durch Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 31.5.2010 wegen eines Geschehens vom 28.5.2009 – wie vom Beklagten mitgeteilt – verurteilt worden ist, seine Berufung durch Urteil des Landgerichts B-Stadt aufgrund der Hauptverhandlung vom 21.9. und 6.10.2011 nach erneuter Beweisaufnahme verworfen und seine Revision durch Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 4.5.2012 als offensichtlich unbegründet verworfen worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Kopie der Strafakte 6 Ls 14 Js 129/09 (9/10) (1 Ordner), der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Ordner) sowie der beigezogenen Akten des Zulassungs- bzw. des Berufungsausschusses für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes (1 Heft) und des Ärztegerichts des Saarlandes (1 Heft), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Senat konnte in Abwesenheit des anwaltlich vertretenen Klägers, dessen persönliches Erscheinen zu der mündlichen Verhandlung in der Ladungsverfügung vom 10.4.2013 zwecks weiterer Aufklärung der Umstände um die Verurteilung wegen sexueller Nötigung angeordnet worden war, über die Berufung verhandeln und entscheiden. Denn die ebenfalls mit der Ladungsverfügung beigezogenen Strafakten, in denen unter anderem die dortige Einlassung des Klägers, die Aussage der Geschädigten und eine Vielzahl von Zeugenaussagen dokumentiert sind, erhellen den der Verurteilung zu Grunde liegenden Geschehensablauf im Einzelnen. Die mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens bezweckte Sachaufklärung hat mithin in anderer Weise stattgefunden, so dass das persönliche Erscheinen des Klägers entbehrlich geworden ist.1(BVerwG, Urteile vom 11.11.1980 - I C 23/75 -, juris Rdnr. 16, und  vom 28.11.2007 - 2 WD 28/06 -, juris Rdnr. 15; vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 4.4.1997 - 6 B 23/97 - und vom 2.10.2000 - 6 B 46/00 -, jew. juris) Der Senat hat dies in der mündlichen Verhandlung zum Anlass genommen, die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers nach entsprechender Anhörung seines Prozessbevollmächtigten aufzuheben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige gegen den Widerruf der ärztlichen Approbation gerichtete Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Widerrufsverfügung des Beklagten vom 30.7.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 4.1.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Ausgehend von der Erkenntnislage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hat der Kläger sich durch sein sich strafrechtlich als sexuelle Nötigung darstellendes Verhalten vom 28.5.2009 als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen. Erst recht gilt dies bei der gebotenen zusätzlichen Berücksichtigung seines betrügerischen Verhaltens Ende 2000/Anfang 2001.

Es kann daher dahinstehen, ob bereits sein Fehlverhalten im Zeitraum vom Oktober 2000 bis Juli 2001, das seiner rechtskräftigen Verurteilung zu einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen wegen dreifachen Betrugs durch Strafbefehl des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 1.4.2005 zugrunde liegt, für sich genommen unter Berücksichtigung des schon in der approbationsrechtlichen Tatbestandsprüfung zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so schwer wiegt, dass es die Feststellung rechtfertigt, der Kläger habe sich im Sinn der §§ 5 Abs. 2 Satz 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO als unzuverlässig und/oder unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen. Der Senat hält an seinen diesbezüglichen - in den Gründen seines Zulassungsbeschlusses vom 16.10.2012 angesprochenen - Bedenken fest, zumal auch die Auswertung der in diesem Zusammenhang mit Schreiben vom 17.10.2012 beigezogenen Akten des Zulassungsausschusses für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes und der Akten des Ärztegerichts des Saarlandes keine neuen dem Kläger insoweit nachteiligen Anhaltspunkte ergeben hat. Mithin spricht nach wie vor viel dafür, dass der damalige - die Vorgaben der §§ 32 bis 32 b Ärzte-ZV missachtende - Pflichtenverstoß zwar durchaus als gewichtig zu beurteilen ist, dennoch aber nicht so schwer wiegt, dass er für sich genommen ausreicht, unter Beachtung des Grundrechtsschutzes aus Art. 12 GG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den Tatbestand der Unzuverlässigkeit und/oder der Unwürdigkeit im Sinn der §§ 5 und 3 BÄO auszufüllen und damit den Widerruf der ärztlichen Approbation zu tragen.

Hierauf kommt es jedoch entscheidungserheblich nicht mehr an, da nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat feststeht, dass der Kläger sich kurz vor Ergehen der Widerrufsverfügung des Beklagten wegen sexueller Nötigung einer Arzthelferin eines Kollegen nach § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht und sich dadurch und durch sein weiteres Verhalten im Zusammenhang mit dieser Tat als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen hat.

Das diesen Straftatbestand nach den Feststellungen der Strafgerichte verwirklichende Geschehen vom 28.5.2009 ist im vorliegenden Widerrufsverfahren zu berücksichtigen und erfüllt jedenfalls den Widerrufsgrund der Unwürdigkeit.

Im Approbationsrecht ist anerkannt, dass für die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Unwürdigkeit und/oder der Unzuverlässigkeit und damit die Voraussetzungen für den Erlass eines statusentziehenden Verwaltungsakts vorliegen, auf die Umstände im Zeitpunkt des Abschlusse des Verwaltungsverfahrens abzustellen ist.(BVerwG, Urteil vom 16.9.1997 - 3 C 12/95 -, juris Rdnr. 25; BVerwG, Beschlüsse vom 18.8.2011 - 3 B 6/11 -, juris Rdnr. 9, vom 9.11.2006 - 3 B 7/06 -, juris Rdnr. 10, und vom 14.4.1998 - 3 B 95/97 -, juris Rdnr. 11; vgl. z.B. auch: BayVGH, Urteil vom 30.9.2010 - 21 BV 09.1279 -, juris Rdnr. 22) Damit entspricht die Rechtslage derjenigen in Fällen des sonstigen Gewerbe- und Berufsrechts, in denen es um die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Erlaubnisinhabers geht(z.B. BVerwG, Urteil vom 28.4.2010 - 3 C 22/09 -, juris Rdnr. 10). In diesen Konstellationen ist jeweils die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung objektiv bestehende Sachlage maßgeblich, weshalb auch solche Erkenntnismittel heranzuziehen und auszuwerten sind, die als solche zwar erst nach Erlass der letzten Behördenentscheidung entstanden oder zugänglich geworden sind, soweit sich aus ihnen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Sachverhalts im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ergeben(BVerwG, Beschlüsse vom 27.6.1997, juris Rdnr. 7, und vom 16.10.1998, juris Rdnr. 6; zur Streichung aus der Architektenliste wegen Unzuverlässigkeit neuestens: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24.5.2012 - 8 LA 198/11 -, juris Rdnrn. 8 f. m.w.N.). So liegt der Fall hier.

Im Verlauf des Zulassungsverfahrens ist bekannt geworden, dass der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Saarlouis wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden ist. Die Auswertung der beigezogenen Strafakte 6 Ls 14 Js 129/09 (9/10) hat ergeben, dass das Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 31.5.2010 datiert, damit zwar ebenso wie das nachfolgende Berufungsurteil des Landgerichts B-Stadt und der die Revision des Klägers als offensichtlich unbegründet verwerfende Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts in zeitlicher Hinsicht erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens durch Widerspruchsbescheid vom 4.1.2010 ergangen ist, dass der damaligen Verurteilung des Klägers aber ein Geschehen vom 28.5.2009 zugrunde liegt, das sich mithin bereits zwei Monate vor Ergehen der Widerrufsverfügung vom 30.7.2009 ereignet hat. Damit ist dieses Geschehen als Teil der objektiven im Zeitpunkt des verwaltungsbehördlichen Tätigwerdens bestehenden Sachlage vollumfänglich mit in den Blick zu nehmen.

Fallbezogen ist daher die Frage aufgeworfen, ob das Verhalten des Klägers vom 28.5.2009 die Annahme seiner Unwürdigkeit und/oder seiner Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs begründet.

Jedenfalls ersteres ist zu bejahen. Dies rechtfertigt – ohne dass daneben auf das Vorliegen auch der Voraussetzungen der Unzuverlässigkeit ankommt – den Widerruf der Approbation(BVerwG, Beschluss vom 2.11.1992 - 3 B 87/92 -, juris Rdnr. 5 m.w.N.).

Unwürdigkeit setzt voraus, dass der Arzt aufgrund eines schwerwiegenden Fehlverhaltens nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist, vielmehr seine weitere Berufsausübung bei Würdigung aller Umstände als untragbar erscheint. Dabei knüpft die Feststellung der Berufsunwürdigkeit im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an hohe Voraussetzungen(BVerwG, Beschluss vom 14.4.1998, a.a.O., Rdnr. 11). Erforderlich sind gravierende Verfehlungen, die geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos, nachhaltig zu erschüttern. Es geht dabei nicht um eine Sanktionierung des Fehlverhaltens, sondern um den Schutz des Ansehens der Ärzteschaft in den Augen der Öffentlichkeit. Ziel ist die Aufrechterhaltung des für jede Heilbehandlung unabdingbaren Vertrauens der Patienten in die Integrität der Personen, denen mit der Approbation die staatliche Erlaubnis zur selbständigen Ausübung der Heilkunde verliehen ist und in deren Behandlung sich die Patienten begeben. Denn dieses Vertrauen würde zerstört durch eine fortdauernde Berufstätigkeit von Ärzten, die ein Fehlverhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist. Angesichts dieser Zielsetzung bedarf es im Rahmen der Tatbestandsprüfung keiner auf die Person des Betroffenen bezogenen – sozusagen zusätzlichen – Gefahrenprognose(BVerwG, Beschlüsse vom 27.1.2011 - 3 B 63/10 -, juris Rdnr. 4, und vom 18.8.2011, a.a.O., Rdnr. 8), zumal es einen Rechtssatz des Inhalts, dass nur wiederholte oder bekannt gewordene berufliche Verfehlungen oder nur nicht minder schwere Straftaten einen Widerruf rechtfertigen, nicht gibt(BVerwG, Beschluss vom 27.1.2011, a.a.O., Rdnr. 3). Demgemäß stellt der Entziehungstatbestand der Unwürdigkeit nicht auf den von Zufälligkeiten abhängigen Umstand ab, inwieweit das Fehlverhalten des Arztes in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Entscheidend ist vielmehr, dass das Verhalten des Arztes für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint(BVerwG, Beschluss vom 28.1.2003 - 3 B 149/02 -, juris Rdnr. 4). Gemessen an diesen in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben, die eine umfassende Würdigung aller im Einzelfall relevanten Umstände bedingen(BVerwG, Beschluss vom 18.8.2011, a.a.O., Rdnr. 8), hat der Kläger sich als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen.

Nach den auf der Grundlage einer umfangreichen Beweisaufnahme, in der es neben dem eigentlichen Tatgeschehen auch um die Persönlichkeit der Geschädigten und deren Reaktion auf die Geschehnisse vom 28.5.2009 sowie das Auftreten des Klägers gegenüber dem Personal der Arztpraxis seines Kollegen anlässlich seiner langjährigen beruflichen Zusammenarbeit mit dem Praxisinhaber ging, getroffenen Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 31.5.2010 hat der Kläger sich am 28.5.2009 wegen sexueller Nötigung strafbar gemacht. Er hat eine in den Abendstunden noch allein in den Räumen eines im selben Haus wie er praktizierenden Arztkollegen anwesende damals 25 Jahre alte Arzthelferin nach anfänglichen anzüglichen Bemerkungen und einem durch Wegziehen ihres T-Shirts ermöglichten Blick in ihr Dekolleté nach dem Eintreffen der Putzhilfe durch ihm nicht erlaubtes Aufsuchen des Arztzimmers veranlasst, ihm mit dem Ziel, ihn am Verbleiben in dem Zimmer zu hindern, zu folgen, sie sodann nach Schließen der Zimmertür an die Wand gedrückt, sie festgehalten und ihr mit der Bemerkung, er wolle nur nachsehen, ob sie „unten herum rasiert“ sei, mit der rechten Hand in die Hose gegriffen, wobei er sie unter der Unterwäsche an der Scheide berührt hat. Die Berührung währte nur kurz, da es der Arzthelferin gelangt, sich loszureißen, woraufhin der Kläger das Arztzimmer mit der Bemerkung „das bleibt aber unter uns“ verließ.

Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht B-Stadt erneut durch Vernehmung der Geschädigten sowie von 11 Zeugen Beweis erhoben und die Berufung zurückgewiesen, weil sich der vom Amtsgericht festgestellte Sachverhalt bestätigte.

Auch aus Sicht des Senats steht außer Zweifel, dass die strafgerichtlichen Feststellungen zum Tathergang das Tatbestehen, wie es sich bei Auswertung der protokollieren Aussagen anlässlich der polizeilichen Vernehmungen und der Zeugenbefragungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht (Bl. 153 ff. der Strafakte) ergibt, zutreffend widerspiegeln. Sie können der approbationsrechtlichen Würdigung – ebenso wie die Feststellungen zur Persönlichkeit des Klägers und zu seinem Auftreten gegenüber dem Personal seines Arztkollegen – mangels Erkennbarkeit von Anhaltspunkten für ihre Unrichtigkeit uneingeschränkt zugrunde gelegt werden(BVerwG, Urteil vom 26.9.2002 - 3 C 37/01 -, juris Rdnr. 38 m.w.N.; ferner Beschluss vom 6.3.2003 - 3 B 10/03 -, juris Rdnr. 2; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.3.2012 - 3 A 87/10 -, juris Rdnrn. 11 ff.; ebenso z.B. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.4.2012 - 8 LA 6/11 -, juris Rdnrn. 19 ff. und vom 13.1.2009 - 8 LA 88/08 -, juris Rdnrn. 7 f.; vgl. zur Befugnis der Approbationsbehörde und der Verwaltungsgerichte, auch Ermittlungsergebnisse der Polizei und der Staatsanwaltschaft, die nicht zu einer Anklageerhebung geführt haben, einer eigenständigen Bewertung zu unterziehen: BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.1.1991 - 1 BvR 1326/90 -, juris Rdnr. 15, und BVerwG, Beschluss vom 28.4.1998 - 3 B 174/97 -, juris Rdnr. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.3.2012 - 13 B 228/12 -, juris Rdnr. 4). Insbesondere werden sie durch die Einlassung des Klägers im Strafverfahren nicht entkräftet.

Er hat im Ermittlungsverfahren keine Angaben zur Sache gemacht, soll aber ausweislich eines Polizeivermerks vom 5.11.2009 anlässlich der erkennungsdienstlichen Behandlung geäußert haben, es sei zwar an besagtem Abend zu einem heftigen Flirt gekommen, der allerdings einvernehmlich und ohne Gewaltanwendung stattgefunden habe (Bl. 110 f. der Strafakte). In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht hat er sich zur Sache geäußert und dahingehend eingelassen, dass er sich mit der Arzthelferin, die er allein in der Praxis angetroffen habe, zunächst über deren Äußeres unterhalten und ihr dabei auch Komplimente gemacht habe. Dann habe sie, da sie ihre Brüste für zu klein gehalten habe, diese selbst gezeigt, woraufhin das Gespräch weitergegangen und in eine Art „Flapsgespräch“ ausgeartet sei. Nach Eintreffen der Putzfrau habe er sie gebeten, ihm das neue Zimmer ihres Chefs zu zeigen. Sie seien dort hinein gegangen, hätten inmitten des Zimmers gestanden und sich weiter unterhalten. Schließlich habe sie anlässlich des Themas Bauchstraffung ihre Bluse hochgezogen und ihren Bauch gezeigt, woraufhin er gefragt habe, ob sie rasiert sei, ihre Hose weggezogen und im Rahmen von Flirten mit der Hand reingefahren sei. An der Scheide habe er sie dabei nicht angefasst. Hieraufhin habe sie gesagt, es reiche, weswegen er geantwortet habe, er werde gehen und das bleibe unser Geheimnis. Er habe gemerkt, dass er zu weit gegangen sei (Bl. 156 der Strafakte).

Diese Darstellung überzeugt - wie das Amtsgericht und das Landgericht im Einzelnen ausgeführt haben - auch nicht ansatzweise. Vielmehr haben die Kolleginnen und die Ehefrau des Chefs der Geschädigten diese übereinstimmend als besonders zart und nicht in der Lage, sich in einem Konflikt durchzusetzen, beschrieben und bestätigt, dass sie in der Zeit nach dem Vorfall sehr ängstlich gewesen sei, sich insbesondere nicht mehr getraut habe, abends allein in der Praxis zu bleiben bzw. diese ohne Begleitung zu verlassen. Hiermit ist ihr angebliches Auftreten am Tatabend – so wie der Kläger es behauptet – nicht zu vereinbaren.

Sehr wohl mit dem geschilderten Persönlichkeitsbild zu vereinbaren ist indes ihre eigene Angabe anlässlich ihrer polizeilichen Vernehmung am 24.6.2009 (Bl. 13 ff. der Strafakte), das Gespräch des Klägers sei ihr peinlich gewesen und sie habe versucht, es zu ignorieren. Aus Respekt habe sie nicht den Mut aufgebracht, ihm deutlich zu sagen, dass sie an so einem Gespräch nicht interessiert sei. Die Aktenlage, insbesondere die Einschätzung der Ehefrau des Chefs der Geschädigten (Bl. 36 der Straftakte) und verschiedener als Zeuginnen vernommener Kolleginnen der Geschädigten (Bl. 60, 69, 77, 86 und 159 der Strafakte), spricht eindeutig dafür, dass der Kläger das zurückhaltende Wesen und die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit der als attraktiv beschriebenen (Bl. 36 der Strafakte) Geschädigten bewusst ausgenutzt hat.

Weiter ergibt sich aus der Strafakte, dass die Geschädigte unter dem Tatgeschehen insbesondere psychisch sehr gelitten und daneben auch körperliche Beschwerden in Gestalt einer behandlungsbedürftigen Krampfblase hinzunehmen hatte. Sie war in der Folgezeit des Geschehens äußerst ängstlich und nicht mehr in der Lage, abends alleine zu ihrem Fahrzeug zu gehen (Bl. 61, 70, 85, 90, 158, 164, 165, 166 der Strafakte). Dessen ungeachtet hat der Kläger ihren glaubhaften Bekundungen zufolge (Bl. 19 der Strafakte), die die Ehefrau ihres Chefs (Bl. 32 f. der Strafakte) und Kolleginnen (Bl. 61, 92 f., 160 f., 164 der Strafakte) bestätigt haben, auch nach dem Vorfall erneut ihre Nähe gesucht, die Geschädigte dadurch in große Angst versetzt und hiervon erst abgelassen, nachdem er von der Ehefrau ihres Chefs mit deutlichen Worten zur Rede gestellt worden ist (Bl. 33 f., 61 f. der Strafakte). Diesem – wenngleich strafrechtlich nicht relevanten – Verhalten im Anschluss an das eigentliche Tatgeschehen ist im Rahmen der approbationsrechtlichen Würdigkeitsprüfung ebenfalls Gewicht beizumessen. Denn dadurch, dass der Kläger der Geschädigten auch nach dem eigentlichen Tatgeschehen vom 28.5.2009 nachgestellt hat, hat er ihr seelisches Befinden weiterhin in unangemessener Weise beeinträchtigt und ihr so die persönliche Aufarbeitung des Vorfalls erschwert.

In der Rechtsprechung ist bereits entschieden, dass ein Arzt, der die Tathandlung einer sexuellen Nötigung begangen hat, regelmäßig nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung des ärztlichen Berufs unabdingbar ist(BayVGH, Urteil vom 25.9.2012 - 21 BV 11.340 -, juris; vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 27.1.2011, a.a.O.; OVG Bremen, Urteil vom 18.6.2002 - 1 A 216/01 -, juris). Dies gilt in vorliegendem Fall im besonderen Maße. Denn der Kläger hat zum Einen ausgenutzt, dass sein Opfer als Arzthelferin eines Kollegen, mit dem er im Bereich ambulanter Operationen zusammenarbeitete, großen Respekt vor ihm hatte, ihm und ihrem Chef keine Schwierigkeiten machen wollte und sich aufgrund ihres zurückhaltenden Wesens nicht traute, ihn nachdrücklich in die Schranken zu weisen, um so zu versuchen, sein sie belästigendes Verhalten frühzeitig zu unterbinden. Sein Versagen stand daher in engem Zusammenhang zu der Ausübung seines Berufs. Zum Anderen hat er – wie ausgeführt – auch nach der Straftat versucht, die Geschädigte in den Abendstunden in der Praxis aufzusuchen, und ihre Angst dadurch weiter geschürt. Dies lässt jegliche Einsicht in sein vorheriges Fehlverhalten oder gar Reue vermissen. Die Gesamtschau dieser den konkreten Einzelfall prägenden Umstände belegt, dass dem Fehlverhalten des Klägers, das sich in der abgeurteilten Straftat und seiner weiteren Verhaltensweise im Anschluss an die Tat manifestiert hat, ein ganz erhebliches Gewicht zukommt, welches die weitere Ausübung des ärztlichen Berufs auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des durch Art. 12 GG gewährleisteten Grundrechtsschutzes als objektiv untragbar erscheinen lässt. Denn die Verfehlungen sind in ihrer Gesamtheit so gravierend, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand der Ärzte, bliebe das Verhalten des Klägers für den Fortbestand der Approbation folgenlos, nachhaltig erschüttert wäre.

Noch verstärkt gilt dies, wenn zusätzlich die Vorstrafe des Klägers wegen Betrugs in den Blick genommen wird. Zwar bewertet der Senat – wie ausgeführt – das dieser Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten nicht so gravierend wie der Beklagte und das Verwaltungsgericht. Dass ihm aber dennoch im Rahmen der Gesamtbeurteilung der Berufswürdigkeit des Klägers Gewicht zukommt, steht außer Frage.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass der Kläger den ärztlichen Beruf weiterhin ausübt, obwohl der Widerruf der Approbation nach § 80 b VwGO längst vollziehbar ist, spräche dies schließlich ebenfalls dafür, dass es dem Kläger an der notwendigen Sorgfalt im Umgang mit den Pflichten, die einem Arzt in besonderem Maße obliegen, fehlt.

Die Berufung des Klägers unterliegt nach alldem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO der Zurückweisung.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

BESCHLUSS

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 90.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 16.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Der Senat schließt sich der diesbezüglichen Begründung des Verwaltungsgerichts an.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Senat konnte in Abwesenheit des anwaltlich vertretenen Klägers, dessen persönliches Erscheinen zu der mündlichen Verhandlung in der Ladungsverfügung vom 10.4.2013 zwecks weiterer Aufklärung der Umstände um die Verurteilung wegen sexueller Nötigung angeordnet worden war, über die Berufung verhandeln und entscheiden. Denn die ebenfalls mit der Ladungsverfügung beigezogenen Strafakten, in denen unter anderem die dortige Einlassung des Klägers, die Aussage der Geschädigten und eine Vielzahl von Zeugenaussagen dokumentiert sind, erhellen den der Verurteilung zu Grunde liegenden Geschehensablauf im Einzelnen. Die mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens bezweckte Sachaufklärung hat mithin in anderer Weise stattgefunden, so dass das persönliche Erscheinen des Klägers entbehrlich geworden ist.1(BVerwG, Urteile vom 11.11.1980 - I C 23/75 -, juris Rdnr. 16, und  vom 28.11.2007 - 2 WD 28/06 -, juris Rdnr. 15; vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 4.4.1997 - 6 B 23/97 - und vom 2.10.2000 - 6 B 46/00 -, jew. juris) Der Senat hat dies in der mündlichen Verhandlung zum Anlass genommen, die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers nach entsprechender Anhörung seines Prozessbevollmächtigten aufzuheben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige gegen den Widerruf der ärztlichen Approbation gerichtete Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Widerrufsverfügung des Beklagten vom 30.7.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 4.1.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Ausgehend von der Erkenntnislage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hat der Kläger sich durch sein sich strafrechtlich als sexuelle Nötigung darstellendes Verhalten vom 28.5.2009 als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen. Erst recht gilt dies bei der gebotenen zusätzlichen Berücksichtigung seines betrügerischen Verhaltens Ende 2000/Anfang 2001.

Es kann daher dahinstehen, ob bereits sein Fehlverhalten im Zeitraum vom Oktober 2000 bis Juli 2001, das seiner rechtskräftigen Verurteilung zu einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen wegen dreifachen Betrugs durch Strafbefehl des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 1.4.2005 zugrunde liegt, für sich genommen unter Berücksichtigung des schon in der approbationsrechtlichen Tatbestandsprüfung zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so schwer wiegt, dass es die Feststellung rechtfertigt, der Kläger habe sich im Sinn der §§ 5 Abs. 2 Satz 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO als unzuverlässig und/oder unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen. Der Senat hält an seinen diesbezüglichen - in den Gründen seines Zulassungsbeschlusses vom 16.10.2012 angesprochenen - Bedenken fest, zumal auch die Auswertung der in diesem Zusammenhang mit Schreiben vom 17.10.2012 beigezogenen Akten des Zulassungsausschusses für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlandes und der Akten des Ärztegerichts des Saarlandes keine neuen dem Kläger insoweit nachteiligen Anhaltspunkte ergeben hat. Mithin spricht nach wie vor viel dafür, dass der damalige - die Vorgaben der §§ 32 bis 32 b Ärzte-ZV missachtende - Pflichtenverstoß zwar durchaus als gewichtig zu beurteilen ist, dennoch aber nicht so schwer wiegt, dass er für sich genommen ausreicht, unter Beachtung des Grundrechtsschutzes aus Art. 12 GG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den Tatbestand der Unzuverlässigkeit und/oder der Unwürdigkeit im Sinn der §§ 5 und 3 BÄO auszufüllen und damit den Widerruf der ärztlichen Approbation zu tragen.

Hierauf kommt es jedoch entscheidungserheblich nicht mehr an, da nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat feststeht, dass der Kläger sich kurz vor Ergehen der Widerrufsverfügung des Beklagten wegen sexueller Nötigung einer Arzthelferin eines Kollegen nach § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar gemacht und sich dadurch und durch sein weiteres Verhalten im Zusammenhang mit dieser Tat als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen hat.

Das diesen Straftatbestand nach den Feststellungen der Strafgerichte verwirklichende Geschehen vom 28.5.2009 ist im vorliegenden Widerrufsverfahren zu berücksichtigen und erfüllt jedenfalls den Widerrufsgrund der Unwürdigkeit.

Im Approbationsrecht ist anerkannt, dass für die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Unwürdigkeit und/oder der Unzuverlässigkeit und damit die Voraussetzungen für den Erlass eines statusentziehenden Verwaltungsakts vorliegen, auf die Umstände im Zeitpunkt des Abschlusse des Verwaltungsverfahrens abzustellen ist.(BVerwG, Urteil vom 16.9.1997 - 3 C 12/95 -, juris Rdnr. 25; BVerwG, Beschlüsse vom 18.8.2011 - 3 B 6/11 -, juris Rdnr. 9, vom 9.11.2006 - 3 B 7/06 -, juris Rdnr. 10, und vom 14.4.1998 - 3 B 95/97 -, juris Rdnr. 11; vgl. z.B. auch: BayVGH, Urteil vom 30.9.2010 - 21 BV 09.1279 -, juris Rdnr. 22) Damit entspricht die Rechtslage derjenigen in Fällen des sonstigen Gewerbe- und Berufsrechts, in denen es um die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Erlaubnisinhabers geht(z.B. BVerwG, Urteil vom 28.4.2010 - 3 C 22/09 -, juris Rdnr. 10). In diesen Konstellationen ist jeweils die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung objektiv bestehende Sachlage maßgeblich, weshalb auch solche Erkenntnismittel heranzuziehen und auszuwerten sind, die als solche zwar erst nach Erlass der letzten Behördenentscheidung entstanden oder zugänglich geworden sind, soweit sich aus ihnen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Sachverhalts im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ergeben(BVerwG, Beschlüsse vom 27.6.1997, juris Rdnr. 7, und vom 16.10.1998, juris Rdnr. 6; zur Streichung aus der Architektenliste wegen Unzuverlässigkeit neuestens: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24.5.2012 - 8 LA 198/11 -, juris Rdnrn. 8 f. m.w.N.). So liegt der Fall hier.

Im Verlauf des Zulassungsverfahrens ist bekannt geworden, dass der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Saarlouis wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden ist. Die Auswertung der beigezogenen Strafakte 6 Ls 14 Js 129/09 (9/10) hat ergeben, dass das Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 31.5.2010 datiert, damit zwar ebenso wie das nachfolgende Berufungsurteil des Landgerichts B-Stadt und der die Revision des Klägers als offensichtlich unbegründet verwerfende Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts in zeitlicher Hinsicht erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens durch Widerspruchsbescheid vom 4.1.2010 ergangen ist, dass der damaligen Verurteilung des Klägers aber ein Geschehen vom 28.5.2009 zugrunde liegt, das sich mithin bereits zwei Monate vor Ergehen der Widerrufsverfügung vom 30.7.2009 ereignet hat. Damit ist dieses Geschehen als Teil der objektiven im Zeitpunkt des verwaltungsbehördlichen Tätigwerdens bestehenden Sachlage vollumfänglich mit in den Blick zu nehmen.

Fallbezogen ist daher die Frage aufgeworfen, ob das Verhalten des Klägers vom 28.5.2009 die Annahme seiner Unwürdigkeit und/oder seiner Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs begründet.

Jedenfalls ersteres ist zu bejahen. Dies rechtfertigt – ohne dass daneben auf das Vorliegen auch der Voraussetzungen der Unzuverlässigkeit ankommt – den Widerruf der Approbation(BVerwG, Beschluss vom 2.11.1992 - 3 B 87/92 -, juris Rdnr. 5 m.w.N.).

Unwürdigkeit setzt voraus, dass der Arzt aufgrund eines schwerwiegenden Fehlverhaltens nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist, vielmehr seine weitere Berufsausübung bei Würdigung aller Umstände als untragbar erscheint. Dabei knüpft die Feststellung der Berufsunwürdigkeit im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an hohe Voraussetzungen(BVerwG, Beschluss vom 14.4.1998, a.a.O., Rdnr. 11). Erforderlich sind gravierende Verfehlungen, die geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos, nachhaltig zu erschüttern. Es geht dabei nicht um eine Sanktionierung des Fehlverhaltens, sondern um den Schutz des Ansehens der Ärzteschaft in den Augen der Öffentlichkeit. Ziel ist die Aufrechterhaltung des für jede Heilbehandlung unabdingbaren Vertrauens der Patienten in die Integrität der Personen, denen mit der Approbation die staatliche Erlaubnis zur selbständigen Ausübung der Heilkunde verliehen ist und in deren Behandlung sich die Patienten begeben. Denn dieses Vertrauen würde zerstört durch eine fortdauernde Berufstätigkeit von Ärzten, die ein Fehlverhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist. Angesichts dieser Zielsetzung bedarf es im Rahmen der Tatbestandsprüfung keiner auf die Person des Betroffenen bezogenen – sozusagen zusätzlichen – Gefahrenprognose(BVerwG, Beschlüsse vom 27.1.2011 - 3 B 63/10 -, juris Rdnr. 4, und vom 18.8.2011, a.a.O., Rdnr. 8), zumal es einen Rechtssatz des Inhalts, dass nur wiederholte oder bekannt gewordene berufliche Verfehlungen oder nur nicht minder schwere Straftaten einen Widerruf rechtfertigen, nicht gibt(BVerwG, Beschluss vom 27.1.2011, a.a.O., Rdnr. 3). Demgemäß stellt der Entziehungstatbestand der Unwürdigkeit nicht auf den von Zufälligkeiten abhängigen Umstand ab, inwieweit das Fehlverhalten des Arztes in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Entscheidend ist vielmehr, dass das Verhalten des Arztes für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint(BVerwG, Beschluss vom 28.1.2003 - 3 B 149/02 -, juris Rdnr. 4). Gemessen an diesen in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben, die eine umfassende Würdigung aller im Einzelfall relevanten Umstände bedingen(BVerwG, Beschluss vom 18.8.2011, a.a.O., Rdnr. 8), hat der Kläger sich als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen.

Nach den auf der Grundlage einer umfangreichen Beweisaufnahme, in der es neben dem eigentlichen Tatgeschehen auch um die Persönlichkeit der Geschädigten und deren Reaktion auf die Geschehnisse vom 28.5.2009 sowie das Auftreten des Klägers gegenüber dem Personal der Arztpraxis seines Kollegen anlässlich seiner langjährigen beruflichen Zusammenarbeit mit dem Praxisinhaber ging, getroffenen Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 31.5.2010 hat der Kläger sich am 28.5.2009 wegen sexueller Nötigung strafbar gemacht. Er hat eine in den Abendstunden noch allein in den Räumen eines im selben Haus wie er praktizierenden Arztkollegen anwesende damals 25 Jahre alte Arzthelferin nach anfänglichen anzüglichen Bemerkungen und einem durch Wegziehen ihres T-Shirts ermöglichten Blick in ihr Dekolleté nach dem Eintreffen der Putzhilfe durch ihm nicht erlaubtes Aufsuchen des Arztzimmers veranlasst, ihm mit dem Ziel, ihn am Verbleiben in dem Zimmer zu hindern, zu folgen, sie sodann nach Schließen der Zimmertür an die Wand gedrückt, sie festgehalten und ihr mit der Bemerkung, er wolle nur nachsehen, ob sie „unten herum rasiert“ sei, mit der rechten Hand in die Hose gegriffen, wobei er sie unter der Unterwäsche an der Scheide berührt hat. Die Berührung währte nur kurz, da es der Arzthelferin gelangt, sich loszureißen, woraufhin der Kläger das Arztzimmer mit der Bemerkung „das bleibt aber unter uns“ verließ.

Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht B-Stadt erneut durch Vernehmung der Geschädigten sowie von 11 Zeugen Beweis erhoben und die Berufung zurückgewiesen, weil sich der vom Amtsgericht festgestellte Sachverhalt bestätigte.

Auch aus Sicht des Senats steht außer Zweifel, dass die strafgerichtlichen Feststellungen zum Tathergang das Tatbestehen, wie es sich bei Auswertung der protokollieren Aussagen anlässlich der polizeilichen Vernehmungen und der Zeugenbefragungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht (Bl. 153 ff. der Strafakte) ergibt, zutreffend widerspiegeln. Sie können der approbationsrechtlichen Würdigung – ebenso wie die Feststellungen zur Persönlichkeit des Klägers und zu seinem Auftreten gegenüber dem Personal seines Arztkollegen – mangels Erkennbarkeit von Anhaltspunkten für ihre Unrichtigkeit uneingeschränkt zugrunde gelegt werden(BVerwG, Urteil vom 26.9.2002 - 3 C 37/01 -, juris Rdnr. 38 m.w.N.; ferner Beschluss vom 6.3.2003 - 3 B 10/03 -, juris Rdnr. 2; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.3.2012 - 3 A 87/10 -, juris Rdnrn. 11 ff.; ebenso z.B. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.4.2012 - 8 LA 6/11 -, juris Rdnrn. 19 ff. und vom 13.1.2009 - 8 LA 88/08 -, juris Rdnrn. 7 f.; vgl. zur Befugnis der Approbationsbehörde und der Verwaltungsgerichte, auch Ermittlungsergebnisse der Polizei und der Staatsanwaltschaft, die nicht zu einer Anklageerhebung geführt haben, einer eigenständigen Bewertung zu unterziehen: BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.1.1991 - 1 BvR 1326/90 -, juris Rdnr. 15, und BVerwG, Beschluss vom 28.4.1998 - 3 B 174/97 -, juris Rdnr. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.3.2012 - 13 B 228/12 -, juris Rdnr. 4). Insbesondere werden sie durch die Einlassung des Klägers im Strafverfahren nicht entkräftet.

Er hat im Ermittlungsverfahren keine Angaben zur Sache gemacht, soll aber ausweislich eines Polizeivermerks vom 5.11.2009 anlässlich der erkennungsdienstlichen Behandlung geäußert haben, es sei zwar an besagtem Abend zu einem heftigen Flirt gekommen, der allerdings einvernehmlich und ohne Gewaltanwendung stattgefunden habe (Bl. 110 f. der Strafakte). In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht hat er sich zur Sache geäußert und dahingehend eingelassen, dass er sich mit der Arzthelferin, die er allein in der Praxis angetroffen habe, zunächst über deren Äußeres unterhalten und ihr dabei auch Komplimente gemacht habe. Dann habe sie, da sie ihre Brüste für zu klein gehalten habe, diese selbst gezeigt, woraufhin das Gespräch weitergegangen und in eine Art „Flapsgespräch“ ausgeartet sei. Nach Eintreffen der Putzfrau habe er sie gebeten, ihm das neue Zimmer ihres Chefs zu zeigen. Sie seien dort hinein gegangen, hätten inmitten des Zimmers gestanden und sich weiter unterhalten. Schließlich habe sie anlässlich des Themas Bauchstraffung ihre Bluse hochgezogen und ihren Bauch gezeigt, woraufhin er gefragt habe, ob sie rasiert sei, ihre Hose weggezogen und im Rahmen von Flirten mit der Hand reingefahren sei. An der Scheide habe er sie dabei nicht angefasst. Hieraufhin habe sie gesagt, es reiche, weswegen er geantwortet habe, er werde gehen und das bleibe unser Geheimnis. Er habe gemerkt, dass er zu weit gegangen sei (Bl. 156 der Strafakte).

Diese Darstellung überzeugt - wie das Amtsgericht und das Landgericht im Einzelnen ausgeführt haben - auch nicht ansatzweise. Vielmehr haben die Kolleginnen und die Ehefrau des Chefs der Geschädigten diese übereinstimmend als besonders zart und nicht in der Lage, sich in einem Konflikt durchzusetzen, beschrieben und bestätigt, dass sie in der Zeit nach dem Vorfall sehr ängstlich gewesen sei, sich insbesondere nicht mehr getraut habe, abends allein in der Praxis zu bleiben bzw. diese ohne Begleitung zu verlassen. Hiermit ist ihr angebliches Auftreten am Tatabend – so wie der Kläger es behauptet – nicht zu vereinbaren.

Sehr wohl mit dem geschilderten Persönlichkeitsbild zu vereinbaren ist indes ihre eigene Angabe anlässlich ihrer polizeilichen Vernehmung am 24.6.2009 (Bl. 13 ff. der Strafakte), das Gespräch des Klägers sei ihr peinlich gewesen und sie habe versucht, es zu ignorieren. Aus Respekt habe sie nicht den Mut aufgebracht, ihm deutlich zu sagen, dass sie an so einem Gespräch nicht interessiert sei. Die Aktenlage, insbesondere die Einschätzung der Ehefrau des Chefs der Geschädigten (Bl. 36 der Straftakte) und verschiedener als Zeuginnen vernommener Kolleginnen der Geschädigten (Bl. 60, 69, 77, 86 und 159 der Strafakte), spricht eindeutig dafür, dass der Kläger das zurückhaltende Wesen und die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit der als attraktiv beschriebenen (Bl. 36 der Strafakte) Geschädigten bewusst ausgenutzt hat.

Weiter ergibt sich aus der Strafakte, dass die Geschädigte unter dem Tatgeschehen insbesondere psychisch sehr gelitten und daneben auch körperliche Beschwerden in Gestalt einer behandlungsbedürftigen Krampfblase hinzunehmen hatte. Sie war in der Folgezeit des Geschehens äußerst ängstlich und nicht mehr in der Lage, abends alleine zu ihrem Fahrzeug zu gehen (Bl. 61, 70, 85, 90, 158, 164, 165, 166 der Strafakte). Dessen ungeachtet hat der Kläger ihren glaubhaften Bekundungen zufolge (Bl. 19 der Strafakte), die die Ehefrau ihres Chefs (Bl. 32 f. der Strafakte) und Kolleginnen (Bl. 61, 92 f., 160 f., 164 der Strafakte) bestätigt haben, auch nach dem Vorfall erneut ihre Nähe gesucht, die Geschädigte dadurch in große Angst versetzt und hiervon erst abgelassen, nachdem er von der Ehefrau ihres Chefs mit deutlichen Worten zur Rede gestellt worden ist (Bl. 33 f., 61 f. der Strafakte). Diesem – wenngleich strafrechtlich nicht relevanten – Verhalten im Anschluss an das eigentliche Tatgeschehen ist im Rahmen der approbationsrechtlichen Würdigkeitsprüfung ebenfalls Gewicht beizumessen. Denn dadurch, dass der Kläger der Geschädigten auch nach dem eigentlichen Tatgeschehen vom 28.5.2009 nachgestellt hat, hat er ihr seelisches Befinden weiterhin in unangemessener Weise beeinträchtigt und ihr so die persönliche Aufarbeitung des Vorfalls erschwert.

In der Rechtsprechung ist bereits entschieden, dass ein Arzt, der die Tathandlung einer sexuellen Nötigung begangen hat, regelmäßig nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung des ärztlichen Berufs unabdingbar ist(BayVGH, Urteil vom 25.9.2012 - 21 BV 11.340 -, juris; vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 27.1.2011, a.a.O.; OVG Bremen, Urteil vom 18.6.2002 - 1 A 216/01 -, juris). Dies gilt in vorliegendem Fall im besonderen Maße. Denn der Kläger hat zum Einen ausgenutzt, dass sein Opfer als Arzthelferin eines Kollegen, mit dem er im Bereich ambulanter Operationen zusammenarbeitete, großen Respekt vor ihm hatte, ihm und ihrem Chef keine Schwierigkeiten machen wollte und sich aufgrund ihres zurückhaltenden Wesens nicht traute, ihn nachdrücklich in die Schranken zu weisen, um so zu versuchen, sein sie belästigendes Verhalten frühzeitig zu unterbinden. Sein Versagen stand daher in engem Zusammenhang zu der Ausübung seines Berufs. Zum Anderen hat er – wie ausgeführt – auch nach der Straftat versucht, die Geschädigte in den Abendstunden in der Praxis aufzusuchen, und ihre Angst dadurch weiter geschürt. Dies lässt jegliche Einsicht in sein vorheriges Fehlverhalten oder gar Reue vermissen. Die Gesamtschau dieser den konkreten Einzelfall prägenden Umstände belegt, dass dem Fehlverhalten des Klägers, das sich in der abgeurteilten Straftat und seiner weiteren Verhaltensweise im Anschluss an die Tat manifestiert hat, ein ganz erhebliches Gewicht zukommt, welches die weitere Ausübung des ärztlichen Berufs auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des durch Art. 12 GG gewährleisteten Grundrechtsschutzes als objektiv untragbar erscheinen lässt. Denn die Verfehlungen sind in ihrer Gesamtheit so gravierend, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand der Ärzte, bliebe das Verhalten des Klägers für den Fortbestand der Approbation folgenlos, nachhaltig erschüttert wäre.

Noch verstärkt gilt dies, wenn zusätzlich die Vorstrafe des Klägers wegen Betrugs in den Blick genommen wird. Zwar bewertet der Senat – wie ausgeführt – das dieser Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten nicht so gravierend wie der Beklagte und das Verwaltungsgericht. Dass ihm aber dennoch im Rahmen der Gesamtbeurteilung der Berufswürdigkeit des Klägers Gewicht zukommt, steht außer Frage.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass der Kläger den ärztlichen Beruf weiterhin ausübt, obwohl der Widerruf der Approbation nach § 80 b VwGO längst vollziehbar ist, spräche dies schließlich ebenfalls dafür, dass es dem Kläger an der notwendigen Sorgfalt im Umgang mit den Pflichten, die einem Arzt in besonderem Maße obliegen, fehlt.

Die Berufung des Klägers unterliegt nach alldem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO der Zurückweisung.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

BESCHLUSS

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 90.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 16.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Der Senat schließt sich der diesbezüglichen Begründung des Verwaltungsgerichts an.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 29. Mai 2013 - 1 A 306/12

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 29. Mai 2013 - 1 A 306/12

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 29. Mai 2013 - 1 A 306/12 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Bundesärzteordnung - BÄO | § 3


(1) Die Approbation als Arzt ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller 1. (weggefallen)2. sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt,3. n

Bundesärzteordnung - BÄO | § 5


(1) Die Approbation ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 nicht vorgelegen hat oder bei einer vor Wirksamwerden des Beitritts erteilten Approbation das an einer Ausbildungsstätte in dem in A

Referenzen - Urteile

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 29. Mai 2013 - 1 A 306/12 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 29. Mai 2013 - 1 A 306/12 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 08. März 2012 - 3 A 87/10

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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.1.2010 - 1 K 659/08 - wird zurückgewiesen.Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.Der Streitwert wird für das Zulassu

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 27. Jan. 2011 - 3 B 63/10

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Gründe 1 Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt. Mit rechtskräftigem Strafurteil verurteilte ihn das Amtsgericht wegen sexueller Nötigung eines 15jährigen Mädchens in

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 28. Apr. 2010 - 3 C 22/09

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Tatbestand 1 Der 1954 geborene Kläger erhielt im Oktober 1986 die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Er betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau eine logo
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 29. Mai 2013 - 1 A 306/12.

Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 09. Juli 2013 - 6 B 298/13

bei uns veröffentlicht am 09.07.2013

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. 2. Der Streitwert wird auf 30.000,00,- Euro festgesetzt. Gründe I. 1 Der Antragsteller, der die Abänderung des rechtskräftigen Beschlusses des erke

Referenzen

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Approbation ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 nicht vorgelegen hat oder bei einer vor Wirksamwerden des Beitritts erteilten Approbation das an einer Ausbildungsstätte in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet oder das in einem Fall des § 14 Abs. 1 Satz 2 oder in einem Fall des § 14a Abs. 4 Satz 1 erworbene Medizinstudium nicht abgeschlossen war oder die Ausbildung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 oder 6 oder § 3 Absatz 2 oder 3 oder die nach § 14b nachzuweisende Ausbildung nicht abgeschlossen war. Sie kann zurückgenommen werden, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 nicht vorgelegen hat. Eine nach § 3 Abs. 2 oder 3 erteilte Approbation kann zurückgenommen werden, wenn die festgestellte Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes tatsächlich nicht gegeben war oder der alternativ festgestellte gleichwertige Kenntnisstand tatsächlich nicht nachgewiesen worden ist. Eine nach § 3 Absatz 2 oder 3 oder nach § 14b Absatz 2 erteilte Approbation kann zurückgenommen werden, wenn die nachzuweisende Ausbildung tatsächlich doch wesentliche Unterschiede gegenüber der in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelten Ausbildung aufgewiesen hat oder die zur Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Eignungsprüfung tatsächlich nicht nachgewiesen worden sind.

(2) Die Approbation ist zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 weggefallen ist. Sie kann widerrufen werden, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 weggefallen ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Approbation ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 nicht vorgelegen hat oder bei einer vor Wirksamwerden des Beitritts erteilten Approbation das an einer Ausbildungsstätte in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet oder das in einem Fall des § 14 Abs. 1 Satz 2 oder in einem Fall des § 14a Abs. 4 Satz 1 erworbene Medizinstudium nicht abgeschlossen war oder die Ausbildung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 oder 6 oder § 3 Absatz 2 oder 3 oder die nach § 14b nachzuweisende Ausbildung nicht abgeschlossen war. Sie kann zurückgenommen werden, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 nicht vorgelegen hat. Eine nach § 3 Abs. 2 oder 3 erteilte Approbation kann zurückgenommen werden, wenn die festgestellte Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes tatsächlich nicht gegeben war oder der alternativ festgestellte gleichwertige Kenntnisstand tatsächlich nicht nachgewiesen worden ist. Eine nach § 3 Absatz 2 oder 3 oder nach § 14b Absatz 2 erteilte Approbation kann zurückgenommen werden, wenn die nachzuweisende Ausbildung tatsächlich doch wesentliche Unterschiede gegenüber der in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelten Ausbildung aufgewiesen hat oder die zur Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Eignungsprüfung tatsächlich nicht nachgewiesen worden sind.

(2) Die Approbation ist zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 weggefallen ist. Sie kann widerrufen werden, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 weggefallen ist.

(1) Die Approbation als Arzt ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller

1.
(weggefallen)
2.
sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt,
3.
nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist,
4.
nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens 5 500 Stunden und einer Dauer von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden hat,
5.
über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
Eine in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum abgeschlossene ärztliche Ausbildung gilt als Ausbildung im Sinne der Nummer 4, wenn sie durch Vorlage eines Europäischen Berufsausweises, eines nach dem 20. Dezember 1976 ausgestellten, in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführten ärztlichen Ausbildungsnachweises eines der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführten, nach dem 31. Dezember 1992 ausgestellten ärztlichen Ausbildungsnachweises eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nachgewiesen wird. Bei ärztlichen Ausbildungsnachweisen von nach dem 20. Dezember 1976 der Europäischen Union beigetretenen Mitgliedstaaten wird auf eine Ausbildung abgestellt, die nach dem entsprechenden Datum begonnen wurde; hierfür gilt das Datum des Beitritts oder, bei abweichender Vereinbarung, das hiernach maßgebende Datum, bei ärztlichen Ausbildungsnachweisen eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, mit dem eine besondere Vereinbarung zum Zeitpunkt der Geltung der Verpflichtungen aus den Richtlinien 75/362/EWG und 75/363/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 (ABl. EG Nr. L 167 S. 1 und S. 14) getroffen worden ist, das hiernach maßgebende Datum. Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für Ausbildungsnachweise von Vertragsstaaten, denen Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, ab dem hierfür maßgebenden Zeitpunkt. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Anlage zu diesem Gesetz späteren Änderungen von Anhang V Nummer 5.1.1 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22, 2007 Nr. L 271 S. 18) anzupassen. Gleichwertig den in Satz 2 genannten ärztlichen Ausbildungsnachweisen sind nach dem in Satz 2, 3 oder 4 genannten Zeitpunkt von einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Vertragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, ausgestellte ärztliche Ausbildungsnachweise, die den in der Anlage zu Satz 2 für den betreffenden Staat aufgeführten Bezeichnungen nicht entsprechen, aber mit einer Bescheinigung der zuständigen Behörde oder Stelle des Staates darüber vorgelegt werden, daß sie eine Ausbildung abschließen, die den Mindestanforderungen des Artikels 24 der Richtlinie 2005/36/EG entspricht, und daß sie den für diesen Staat in der Anlage zu Satz 2 aufgeführten Nachweisen gleichstehen. Eine Approbation wird nicht erteilt, wenn eine ärztliche Prüfung oder ein Abschnitt der ärztlichen Prüfung nach der Rechtsverordnung gemäß § 4 Abs. 1 endgültig nicht bestanden wurde. Satz 7 findet keine Anwendung, wenn der Antragsteller einen nach der Richtlinie 2005/36/EG anzuerkennenden Ausbildungsnachweis besitzt.

(1a) Die zuständigen Behörden des Landes, in dem der ärztliche Beruf ausgeübt wird oder zuletzt ausgeübt worden ist, unterrichten die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats über das Vorliegen strafrechtlicher Sanktionen, über die Rücknahme, den Widerruf und die Anordnung des Ruhens der Approbation oder Erlaubnis, über die Untersagung der Ausübung der Tätigkeit und über Tatsachen, die eine dieser Sanktionen oder Maßnahmen rechtfertigen würden; dabei sind die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten einzuhalten. Erhalten die zuständigen Behörden Auskünfte der zuständigen Behörden von Aufnahmemitgliedstaaten, die sich auf die Ausübung des ärztlichen Berufs auswirken könnten, so prüfen sie die Richtigkeit der Sachverhalte, befinden über Art und Umfang der durchzuführenden Prüfungen und unterrichten den Aufnahmemitgliedstaat über die Konsequenzen, die sie aus den übermittelten Auskünften ziehen. Die Länder benennen die Behörden und Stellen, die für die Ausstellung oder Entgegennahme der in der Richtlinie 2005/36/EG genannten Ausbildungsnachweise und sonstigen Unterlagen oder Informationen zuständig sind, sowie die Behörden und Stellen, die die Anträge annehmen und die Entscheidungen treffen können, die im Zusammenhang mit dieser Richtlinie stehen. Sie sorgen dafür, dass das Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich unterrichtet wird. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Informationen unverzüglich den anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission. Die Länder können zur Wahrnehmung der Aufgaben nach den Sätzen 1 bis 3 gemeinsame Stellen bestimmen. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt nach entsprechender Mitteilung der Länder statistische Aufstellungen über die getroffenen Entscheidungen, die die Europäische Kommission für den nach Artikel 60 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG erforderlichen Bericht benötigt.

(2) Ist die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 nicht erfüllt, so ist Antragstellern, die ihre ärztliche Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz abgeschlossen haben und nicht unter Absatz 1 oder § 14b fallen, die Approbation zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Der Ausbildungsstand ist als gleichwertig anzusehen, wenn die Ausbildung des Antragstellers keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der Ausbildung aufweist, die in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelt ist. Wesentliche Unterschiede nach Satz 2 liegen vor, wenn

1.
die Ausbildung der Antragsteller sich hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von der deutschen Ausbildung unterscheiden, oder
2.
der Beruf des Arztes eine oder mehrere reglementierte Tätigkeiten umfasst, die in dem Staat, der den Ausbildungsnachweis ausgestellt hat, nicht Bestandteil des Berufs des Arztes sind, und sich die deutsche Ausbildung auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von dem Ausbildungsnachweis der Antragsteller abgedeckt werden.
Fächer unterscheiden sich wesentlich, bei denen Kenntnis und Fähigkeiten eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs sind und bei denen die Ausbildung der Antragsteller gegenüber der deutschen Ausbildung wesentliche Abweichungen hinsichtlich des Inhalts aufweist. Wesentliche Unterschiede können ganz oder teilweise durch Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeglichen werden, die die Antragsteller im Rahmen ihrer ärztlichen Berufspraxis in Voll- oder Teilzeit oder durch lebenslanges Lernen erworben haben, sofern die durch lebenslanges Lernen erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von einer dafür in dem jeweiligen Staat zuständigen Stelle formell als gültig anerkannt wurden; dabei ist nicht entscheidend, in welchem Staat diese Kenntnisse und Fähigkeiten erworben worden sind. Liegen wesentliche Unterschiede nach den Sätzen 3 bis 5 vor, müssen die Antragsteller nachweisen, dass sie über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Ausübung des Berufs des Arztes erforderlich sind. Dieser Nachweis ist durch eine Eignungsprüfung zu erbringen, die sich auf die festgestellten wesentlichen Unterschiede bezieht. Über die Feststellung der wesentlichen Unterschiede, die zur Auferlegung einer Eignungsprüfung führt, ist den Antragstellern spätestens vier Monate, nachdem der zuständigen Behörde alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, ein rechtsmittelfähiger Bescheid zu erteilen. Im Fall des § 81a des Aufenthaltsgesetzes soll der Bescheid innerhalb von zwei Monaten erteilt werden. Die Sätze 2 bis 9 gelten auch für Antragsteller, die über einen Ausbildungsnachweis als Arzt verfügen, der in einem anderen als den in Satz 1 genannten Staaten (Drittstaat) ausgestellt ist und den ein anderer der in Satz 1 genannten Staaten anerkannt hat.

(3) Ist die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 nicht erfüllt, so ist Antragstellern, die über einen Ausbildungsnachweis als Arzt verfügen, der in einem anderen als den in Absatz 2 Satz 1 genannten Staaten (Drittstaat) ausgestellt ist, die Approbation zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Für die Prüfung der Gleichwertigkeit gilt Absatz 2 Satz 2 bis 6 sowie 8 und 9 entsprechend. Der Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten wird durch das Ablegen einer Prüfung erbracht, die sich auf den Inhalt der staatlichen Abschlussprüfung bezieht. Die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sind nach Satz 3 auch nachzuweisen, wenn die Prüfung des Antrags nur mit unangemessenem zeitlichen oder sachlichen Aufwand möglich ist, weil die erforderlichen Unterlagen und Nachweise aus Gründen, die nicht in der Person der Antragsteller liegen, von diesen nicht vorgelegt werden können.

(3a) Wird die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 auf eine Ausbildung gestützt, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist, sollen die Voraussetzungen der Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation nach den Absätzen 2 oder 3 vor den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, 3 und 5 geprüft werden. Auf Antrag ist dem Antragsteller ein gesonderter Bescheid über die Feststellung der Gleichwertigkeit seiner Berufsqualifikation zu erteilen.

(4) Soll die Erteilung der Approbation wegen Fehlens einer der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 abgelehnt werden, so ist der Antragsteller oder sein gesetzlicher Vertreter vorher zu hören.

(5) Ist gegen den Antragsteller wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet, so kann die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Approbation bis zur Beendigung des Verfahrens ausgesetzt werden.

(6) Wenn ein Antragsteller die Approbation auf Grund einer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeschlossenen Ausbildung für die Ausübung des ärztlichen Berufs beantragt, sind folgende Unterlagen und Bescheinigungen vorzulegen:

1.
ein Identitätsnachweis,
1a.
eine tabellarische Aufstellung der absolvierten Ausbildungsgänge und der ausgeübten Erwerbstätigkeiten,
2.
eine amtlich beglaubigte Kopie der Befähigungsnachweise oder des Ausbildungsnachweises, der zur Aufnahme des entsprechenden Berufs berechtigt sowie gegebenenfalls eine Bescheinigung über die von der betreffenden Person erworbene Berufserfahrung,
2a.
im Fall von Absatz 3 eine Bescheinigung über die Berechtigung zur Berufsausübung im Herkunftsstaat und Unterlagen, die geeignet sind darzulegen, im Inland den ärztlichen Beruf ausüben zu wollen,
3.
die Unterlagen, die von den zuständigen Behörden des Herkunftsstaats ausgestellt wurden und belegen, dass die Erfordernisse nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt werden oder, wenn im Herkunftsstaat die vorgenannten Unterlagen nicht ausgestellt werden, eine eidesstattliche Erklärung oder – in den Staaten, in denen es keine eidesstattliche Erklärung gibt – eine feierliche Erklärung, die die betreffende Person vor einer zuständigen Justiz- oder Verwaltungsbehörde oder gegebenenfalls vor einem Notar oder einer entsprechend bevollmächtigten Berufsorganisation des Herkunftsstaats, der eine diese eidesstattliche oder feierliche Erklärung bestätigende Bescheinigung ausstellt, abgegeben hat,
4.
der Nachweis nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3, wobei ein entsprechender Nachweis, der im Herkunftsmitgliedstaat gefordert wird, anerkannt wird oder, wenn im Herkunftsmitgliedstaat kein derartiger Nachweis verlangt wird, eine von einer zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats ausgestellte Bescheinigung,
5.
eine Bescheinigung der zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats, aus der hervorgeht, dass die Nachweise über die geforderten Ausbildungsvoraussetzungen den in der Richtlinie verlangten Nachweisen entsprechen,
6.
in Fällen des Absatzes 2 oder 3 zusätzliche Nachweise, um feststellen zu können, ob die Ausbildung wesentliche Unterschiede gegenüber der Ausbildung aufweist, die in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelt ist,
7.
für den Fall, dass sich Ausbildungsnachweise nach Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 2005/36/EG, die von der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, ausgestellt wurden, auf eine Ausbildung beziehen, die ganz oder teilweise in einer rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen der oben genannten Staaten niedergelassenen Einrichtung absolviert wurde, Unterlagen darüber,
a)
ob der Ausbildungsgang in der betreffenden Einrichtung von der Ausbildungseinrichtung des Ausstellungsmitgliedstaats offiziell bescheinigt worden ist,
b)
ob der ausgestellte Ausbildungsnachweis dem entspricht, der verliehen worden wäre, wenn der Ausbildungsgang vollständig im Ausstellungsmitgliedstaat absolviert worden wäre, und
c)
ob mit dem Ausbildungsnachweis im Hoheitsgebiet des Ausstellungsmitgliedstaats dieselben beruflichen Rechte verliehen werden.
Die Nachweise nach Satz 1 Nr. 3 und 4 dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein. Haben die zuständigen Behörden berechtigte Zweifel an der Authentizität der in dem jeweiligen Herkunftsmitgliedstaat ausgestellten Bescheinigungen und Ausbildungsnachweise, können sie von den zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats eine Bestätigung der Authentizität dieser Bescheinigungen und Nachweise sowie eine Bestätigung darüber verlangen, dass der Antragsteller die Mindestanforderungen der Ausbildung erfüllt, die in Artikel 24 der Richtlinie 2005/36/EG verlangt werden.
Haben die zuständigen Behörden berechtigte Zweifel an der Berechtigung des Antragstellers zur Ausübung des ärztlichen Berufs, können sie von den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates eine Bestätigung verlangen, aus der sich ergibt, dass dem Antragsteller die Ausübung des ärztlichen Berufs nicht aufgrund eines schwerwiegenden standeswidrigen Verhaltens oder einer Verurteilung wegen strafbarer Handlungen dauerhaft oder vorübergehend untersagt worden ist.

(7) Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz findet mit Ausnahme des § 17 keine Anwendung.

(8) Die Bundesregierung überprüft die Regelungen zu den Anerkennungsverfahren nach diesem Gesetz und berichtet nach Ablauf von drei Jahren dem Deutschen Bundestag.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Tatbestand

1

Der 1954 geborene Kläger erhielt im Oktober 1986 die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Er betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau eine logopädische Praxis. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen ihn wegen des Verdachts, im Mai 2003 ein damals fünfjähriges Mädchen in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht zu haben, ein Ermittlungsverfahren ein. Nach Erhebung der Anklage stellte die Staatsanwaltschaft ein weiteres gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren nach § 154 StGB ein. Es betraf den Verdacht, im Jahr 2001 eine damals 28jährige, am Down-Syndrom leidende Patientin in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht zu haben. Mit Urteil vom 7. Januar 2004 verurteilte das Amtsgericht den Kläger wegen des Vorfalls vom Mai 2003 nach § 176 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, und verbot ihm für die Dauer von drei Jahren, Kinder und Jugendliche weiblichen Geschlechts unter 16 Jahren als Logopäde zu behandeln.

2

Der Beklagte widerrief, gestützt auf § 3 Abs. 2 des Gesetzes über den Beruf des Logopäden (LogopG), mit Bescheid vom 3. Juni 2004 die Erlaubnis des Klägers zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Der Kläger habe sich durch den sexuellen Missbrauch einer minderjährigen Patientin eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem die Unzuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs folge. Er habe das ihm entgegengebrachte Vertrauen in verwerflicher Weise missbraucht und die ihm als Logopäden obliegenden Pflichten schwerwiegend verletzt. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.

3

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerruf der Berufserlaubnis erhobene Klage mit Urteil vom 16. Mai 2006 abgewiesen.

4

Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit Urteil vom 20. Mai 2009 teilweise geändert und den Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde aufgehoben, soweit er die Behandlung männlicher Patienten erfasst. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nicht mehr die Gewähr dafür biete, seine Berufspflichten künftig zuverlässig zu erfüllen. Dabei könne offenbleiben, ob auch der Vorfall aus dem Jahr 2001 in die Beurteilung einzubeziehen sei. Schon durch die Tat vom Mai 2003 habe der Kläger sich eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem sich seine Unzuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs ergebe. Der Ausschluss unzuverlässiger Personen von der Berufsausübung diene der Abwehr von Gefahren. Wegen der besonderen Tätigkeit in Einzelsitzungen und weil der Patientenkreis eines Logopäden hauptsächlich aus Kindern und Jugendlichen bestehe, müsse erwartet werden, dass der Kläger sich im sexuellen Bereich jederzeit in der Gewalt habe. Sei dies nicht der Fall und komme es zu sexuellen Entgleisungen, begründe dies die Unzuverlässigkeit. Dass es sich bei dem Geschehen nach den Angaben des Klägers um einen einmaligen und unerklärbaren Vorfall gehandelt habe, ändere daran nichts. Auch ein einmaliges Fehlverhalten könne nach den Umständen die Prognose rechtfertigen, der Betreffende werde seine beruflichen Pflichten in Zukunft nicht zuverlässig erfüllen.

5

Der uneingeschränkte Widerruf der Berufserlaubnis sei aber mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar; er verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Niemand dürfe nach einer begangenen Straftat lebenslang von der gewählten Berufstätigkeit ausgeschlossen werden. Im Fall des Klägers sei ein Schutz der Patienten bereits dadurch zu erreichen, dass ihm als weniger belastende Maßnahme nur die Behandlung weiblicher Patienten untersagt werde. Nach dem im Berufungsverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten könne bei der auf den Kläger als Ersttäter bezogenen Prognose hinsichtlich der Rückfallgefahr differenziert werden. In Bezug auf Frauen und Mädchen bestehe ein Rückfallrisiko; hingegen habe der Sachverständige eine erhöhte Wahrscheinlichkeit homopädophiler oder homosexueller Handlungen verneint. Demnach reiche eine Beschränkung des Widerrufs auf die Behandlung weiblicher Patienten aus. Dem stehe nicht entgegen, dass die ärztliche Approbation nicht teilbar sei und auch nicht mit Nebenbestimmungen versehen werden könne. Entscheidend sei allein die Erforderlichkeit des Widerrufs zum ausreichenden Rechtsgüterschutz. Zudem gebe es im Berufsrecht der Logopäden anders als nach der Bundesärzteordnung kein Nebeneinander von Approbation und Berufserlaubnis, so dass eine differenzierende Betrachtung der Geltungsbereiche bei der Berechtigung für die Heilkundeausübung nicht möglich sei. Ähnlich den auf bestimmte Patientengruppen beschränkten Berufen, etwa Altenpfleger, Kinderkrankenpfleger oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, müsse eine Beschränkung der Logopäden-Erlaubnis unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit möglich sein. Da bei der Erteilung der Erlaubnis eine Beschränkung der Tätigkeit auf bestimmte Patientengruppen durch Auflage nach § 36 VwVfG zulässig erscheine, könne und müsse gegebenenfalls auch der Widerruf der Berufserlaubnis entsprechend beschränkt werden. Eine noch weitere Differenzierung nach Alter oder Art der Erkrankung der Patientinnen sei allerdings nicht angezeigt, weil auch der Sachverständige sich hierzu nicht in der Lage gesehen habe; eine zu starke Zersplitterung der Erlaubnis sei außerdem nicht zweckmäßig.

6

Mit der Revision rügte der Beklagte eine Verletzung von Bundesrecht. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass der Widerruf der Erlaubnis bei Unzuverlässigkeit eine gebundene Entscheidung sei. Verwaltung und Gerichte könnten sich der Bindung an Recht und Gesetz nicht unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entziehen. Weil der Gesetzgeber den Widerruf als zwingende Rechtsfolge der Tatbestandserfüllung angeordnet habe, stehe kraft Gesetzes auch die Verhältnismäßigkeit dieser Rechtsfolge fest. Hätte das Berufungsgericht § 3 Abs. 2 LogopG für unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG gehalten, hätte es das Verfahren aussetzen und die Sache gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen müssen. Hierzu habe indes kein Anlass bestanden, weil der Widerruf der Berufserlaubnis bei Unzuverlässigkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sei. Es gehe nicht darum, den Kläger für immer von logopädischen Behandlungen fernzuhalten. Einer späteren Neuerteilung stehe nichts im Wege, sofern der Kläger dann die Erteilungsvoraussetzungen wieder erfülle. Die Berufserlaubnis eines Logopäden sei allerdings ebenso wie die ärztliche Approbation nicht teilbar, sondern könne nur insgesamt erteilt und widerrufen werden. Soweit andere Heilhilfsberufe auf die Behandlung bestimmter Patientengruppen beschränkt seien, handele es sich um eigenständige Berufe mit einer eigenen Berufsausbildung. Der Beruf oder die Ausbildung zum Jungen- und Männerlogopäden existiere aber nicht.

7

Der Kläger tritt der Revision entgegen. Das Berufungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine grundrechtskonforme Auslegung im Sinne der Möglichkeit eines Teilwiderrufs gebiete. Die Unteilbarkeit einer Approbation stehe dem nicht entgegen. Ärzte unterlägen der Berufsgerichtsbarkeit der Landesärztekammern. Ein unangemessenes Verhalten könne durch abgestufte Sanktionen beantwortet werden. Im Unterschied zum Widerruf der Erlaubnis des Klägers komme ein Entzug der Approbation nur als letztes Mittel innerhalb eines umfangreichen Kataloges von Sanktionen in Betracht. Die Logopäden-Erlaubnis entspreche der in der Bundesärzteordnung geregelten Berufserlaubnis, die für eine vorübergehende oder auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ausübung des Arztberufs erteilt werden könne. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit komme es im Übrigen nicht auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an; vielmehr müsse auch berücksichtigt werden, dass er seinen Beruf seit Mai 2003 beanstandungsfrei ausübe.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der mit den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, als die Behandlung männlicher Patienten in Rede steht. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts verstößt gegen § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 LogopG.

9

Die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde setzt nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 LogopG voraus, dass der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt. Fällt diese Voraussetzung nachträglich weg, ist die Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 2 LogopG zu widerrufen.

10

1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass Unzuverlässigkeit im Sinne der Ermächtigungsgrundlage vorliegt, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Logopäde werde in Zukunft die Vorschriften und Pflichten nicht beachten, die sein Beruf mit sich bringt. Dem Begriff der Unzuverlässigkeit wohnt ein prognostisches Element inne. Es geht um die Beantwortung der Frage, ob der Logopäde nach den gesamten Umständen des Falles willens oder in der Lage sein wird, künftig seine beruflichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen. Maßgeblich für die Prognose der Zuverlässigkeit ist die jeweilige Situation des Logopäden im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens sowie sein vor allem durch die Art, die Schwere und die Zahl der Verstöße gegen die Berufspflichten manifest gewordener Charakter. Ausschlaggebend für die Prognose der Zuverlässigkeit ist somit die Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Logopäden und seiner Lebensumstände auf der Grundlage der Sachlage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens. Insoweit gilt hier nichts anderes als im Berufsrecht der Ärzte und Angehörigen sonstiger Heil- und Heilhilfsberufe (s. dazu Beschluss vom 10. Dezember 1993 - BVerwG 3 B 38.93 - Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr. 5; Urteil vom 16. September 1997 - BVerwG 3 C 12.95 - BVerwGE 105, 214 <220> = Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 96 S. 36 m.w.N.; Beschluss vom 9. November 2006 - BVerwG 3 B 7.06 - juris Rn. 10).

11

Danach hat das Berufungsgericht für die Beurteilung der Zuverlässigkeit mit Recht unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger auch noch nach dem Widerruf der Berufserlaubnis als Logopäde tätig gewesen ist, ohne dass es zu weiteren Beanstandungen gekommen ist. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist durch das materielle Recht vorgegeben. Der Widerruf der Berufserlaubnis ist ein auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens bezogener rechtsgestaltender Verwaltungsakt (Beschluss vom 22. Juli 1982 - BVerwG 3 B 36.82 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 4 S. 3). Vor allem aber sieht das materielle Recht ein eigenständiges Wiedererteilungsverfahren vor, in dem alle nachträglichen Umstände Berücksichtigung finden (vgl. nur Beschluss vom 4. August 1993 - BVerwG 3 B 5.93 - Buchholz 418.20 Allg. Apothekenrecht Nr. 28 S. 28 f.). Ein solches Verfahren ist in dem Berufsrecht der Logopäden zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, ergibt sich aber ohne Weiteres aus dem Umstand, dass bei Wiedervorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf erneute Zuerkennung der Erlaubnis besteht. Der Abschluss des behördlichen Widerrufverfahrens bewirkt eine Zäsur, durch die eine Berücksichtigung danach eintretender Umstände einem späteren Wiedererteilungsverfahren zugewiesen wird. Diese Trennung gilt auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Die von dem Kläger demgegenüber angeführte Rechtsprechung betrifft die Rechtslage bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, die von der besonderen Wirkung einer solchen Behördenentscheidung und vor allem von hier nicht maßgeblichen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Aufenthaltsrecht geprägt ist (vgl. Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 = Buchholz 402.242 § 55 AufenthG Nr. 7).

12

2. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass die berufsrechtliche Zuverlässigkeit eines Logopäden nach dem Geschlecht der Patienten aufgeteilt werden und ein Widerruf der Berufserlaubnis deshalb nur teilweise rechtmäßig sein könne. Diese Annahme verstößt gegen das durch das Gesetz über den Beruf des Logopäden und die entsprechende Ausbildungsordnung vorgegebene Berufsbild.

13

a) Der Gesetzgeber ist im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG befugt, neue Berufsbilder zu fixieren und dabei den Umfang der beruflichen Tätigkeit in bestimmter Weise festzuschreiben (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 3 C 4.08 - Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr. 8 ; ferner BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 - BVerfGE 78, 179 <192>). Durch die Fixierung des Berufsbilds wird notwendigerweise auch der Rahmen bestimmt, auf den sich die berufsrechtlichen Zugangsvoraussetzungen beziehen. Insoweit gilt für die Zuverlässigkeit nichts anders als für andere Zugangsvoraussetzungen, etwa die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten oder die körperliche Eignung. Sie müssen in einem Maße vorhanden sein, das den Anforderungen des gesetzlichen Berufsbilds entspricht und sie ausfüllt. Das gilt für den Berufszugang durch Erteilung der Erlaubnis wie für deren Widerruf. Da eine Erteilung der Erlaubnis ausscheidet, wenn der Antragsteller keine Gewähr dafür bietet, seine Berufspflichten - und zwar alle - zuverlässig zu erfüllen, steht es spiegelbildlich einem Widerruf nicht entgegen, dass er einem Teil seiner Berufspflichten nach wie vor zuverlässig nachkommt. In diesem Sinne ist die berufsrechtliche Zuverlässigkeit unteilbar.

14

Eine andere Beurteilung wäre nur dann angebracht, wenn das vom Gesetzgeber umschriebene Berufsbild seinerseits nicht von einem im gemeinen Wohl liegenden Zweck getragen wäre, der geeignet ist, die grundrechtsbeschränkenden Rechtsfolgen zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber darf nicht ohne Weiteres Berufstätigkeiten zu einem einheitlichen Berufsbild zusammenfassen, wenn sachliche Gründe für eine Aufteilung in verschiedene Berufe sprechen, sei es, dass solche Gründe bereits ursprünglich bestanden haben, sei es, dass sich nach dem Inkrafttreten des Berufsgesetzes eigenständige Teilberufe herausgebildet haben, die eine aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Anpassungspflicht des Gesetzgebers begründen. Dafür ist bezogen auf die in Rede stehende Unterscheidung nach dem Geschlecht des Patienten bei der Behandlung von Sprachstörungen indes nichts ersichtlich. Auch der Kläger behauptet nicht, dass damit ein aus Sachgegebenheiten der Logopädie folgender Grund für eine Differenzierung bezeichnet ist, etwa weil bei männlichen Patienten andersartige Störungen oder Behandlungsmethoden in Betracht kämen als bei weiblichen. Deshalb greift auch der Hinweis auf die Teilbarkeit der Heilpraktikererlaubnis nicht. Die Zuerkennung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis ist nur möglich, soweit sich auf dem Gebiet der Heilkunde ein eigenständiges und abgrenzbares Berufsbild herausgebildet hat (s. dazu zuletzt Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 19.08 - NVwZ-RR 2010, 111 <113>). Entsprechendes gilt für den Umstand, dass andere Heilhilfsberufe eine Beschränkung auf bestimmte Patientengruppen vorsehen. Soweit etwa die Berufsbilder des Altenpflegers, des Kinderkrankenpflegers oder des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten die Behandlung auf Patienten bestimmter Altersgruppen beschränken, liegen dem jeweils aus der Art der Erkrankungen, den Bedürfnissen der Patienten oder den Therapieformen resultierende Besonderheiten zugrunde, die zu einem eigenständigen Berufsbild mit einer eigenen Berufsausbildung geführt haben.

15

b) Eine Beschränkbarkeit des Berufsbilds zur Überwindung persönlicher Eignungshindernisse lässt sich ebenso wenig aus einem Vergleich mit dem ärztlichen Berufsrecht herleiten, das neben der Approbation eine beschränkbare Berufserlaubnis vorsieht (§ 2 Abs. 1 und 2 BÄO). Das Berufsrecht der Logopäden kennt neben der uneingeschränkten Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung Logopäde (§ 1 Abs. 1 LogopG) keine mindere Form der Erlaubnis, die eine vorübergehende oder auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Berufsausübung betrifft. Im Übrigen ist auch die Beschränkbarkeit der ärztlichen Berufserlaubnis kein Mittel zur Überwindung von Zuverlässigkeitsmängeln; sie setzt nicht anders als die Approbation die Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs voraus (§ 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO). Über Auflagen oder sonstige Nebenbestimmungen könnte eine Berufserlaubnis als Logopäde gleichfalls nicht auf die Behandlung bestimmter Patientengruppen beschränkt werden, weil dadurch die mit der Hauptregelung zugesprochene unbeschränkte Erlaubnis teilweise wieder aufgehoben würde. Zu einer solchen Modifikation berechtigt § 36 Abs. 1 VwVfG nicht.

16

c) Angesichts der strikten Rechtsfolge des § 3 Abs. 2 LogopG muss dem mit dem Widerruf bewirkten Eingriff in die Berufsfreiheit bereits bei der Auslegung des Begriffs der Unzuverlässigkeit hinreichend Rechnung getragen werden, um das Übermaßverbot zu wahren (vgl. Urteil vom 26. September 2002 - BVerwG 3 C 37.01 - NJW 2003, 913 <914>). Der Widerruf ist im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG nur dann gerechtfertigt, wenn der mit der Maßnahme bezweckten Abwehr von Gefahren für das Gemeinwohl ein Gewicht zukommt, das in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere des damit verbundenen Grundrechtseingriffs steht. Das setzt voraus, dass der Betreffende wesentliche Berufspflichten missachtet hat und die anzustellende Prognose eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass er auch künftig seine Berufspflichten nicht beachten wird. Liegen diese Voraussetzungen für die Bejahung der Unzuverlässigkeit vor, so ergibt sich die Verhältnismäßigkeit des Widerrufs aus der vom Gesetzgeber selbst mit § 3 Abs. 2 LogopG getroffenen Wertung, dass in einem solchen Fall der Widerruf der unteilbaren Erlaubnis das erforderliche und angemessene Mittel ist, um die damit verbundenen Gefahren von der Bevölkerung abzuwenden. Andernfalls muss der Widerruf unterbleiben. Der Hinweis des Klägers, dass das Berufsrecht der Logopäden anders als das ärztliche Berufsrecht für Fehlverhalten unterhalb der Schwelle der Unzuverlässigkeit kein abgestuftes Sanktionssystem bereithalte, führt deshalb nicht weiter. Dieser Umstand begründet keine Unverhältnismäßigkeit der Widerrufsregelung, sondern führt lediglich dazu, dass auf derartiges Fehlverhalten eines Logopäden nicht mit den Mitteln des Berufsrechts reagiert werden kann. Bei diesem Verständnis kann § 3 Abs. 2 LogopG mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit nicht in Konflikt geraten.

17

3. Der Kläger ist unzuverlässig zur Ausübung des Berufs des Logopäden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, deren Richtigkeit er nicht in Abrede stellt, hat er im Mai 2003 ein fünfjähriges Mädchen, das ihm von den Eltern für eine Heilbehandlung anvertraut war, in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht. Die Achtung der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der persönlichen Ehre, zumal von Kindern, zählt zu den wesentlichen Berufspflichten eines Logopäden; die sorgfältige und gewissenhafte Heilbehandlung der Patienten bildet den Kern seiner beruflichen Verantwortung. Der Kläger hat in diesen Punkten gegenüber dem betroffenen Kind vollständig versagt. Hinzu treten die weiteren Umstände der Tat, die das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, namentlich das geringe Alter des Kindes, die Ausnutzung seiner Schutzlosigkeit und des Vertrauens der Eltern in eine ordnungsgemäße Heilbehandlung ihres Kindes.

18

Eine neuerliche Verletzung der Berufspflichten gegenüber Patienten ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen, sondern mit der im Sachverständigengutachten beschriebenen Wahrscheinlichkeit unter Berücksichtigung des dieser Art von Prognosen unvermeidbar anhaftenden gewissen Maßes an Unsicherheit anzunehmen. Die entsprechenden Feststellungen sind, soweit sie jedenfalls eine Wiederholungsgefahr in Bezug auf weibliche Patienten betreffen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und vom Kläger nicht mit Gegenrügen angegriffen worden. Sein in den Vorinstanzen erhobener Einwand, dass es sich um eine unerklärliche Einzeltat handele, die nicht auf einer krankhaften Veranlagung oder Störung beruhe, weshalb von ihm kein anderes Risiko ausgehe als von jedem anderen Menschen, geht an den Annahmen des Berufungsgerichts vorbei. Es hat ebenso wie der Sachverständige, auf dessen Gutachten es sich bezieht, nicht unberücksichtigt gelassen, dass bei dem Kläger weder eine homopädophile noch überhaupt eine sexuelle Deviation festgestellt worden ist, und sich deshalb auf allgemeine statistische Erfahrungen zur Rückfallwahrscheinlichkeit und auf die konkreten Lebensumstände des Klägers gestützt, wobei es zu dessen Gunsten noch unterstellt hat, dass die Tat vom Mai 2003 tatsächlich eine Ersttat war. Dass die vom Sachverständigen zugrunde gelegten Rückfallraten nur für Ersttäter mit einer festgestellten krankhaften Veranlagung Geltung beanspruchen, ist weder ersichtlich noch vom Kläger behauptet worden. Wollte man aus dem Umstand, dass bei dem Kläger in keiner Richtung krankhafte sexuelle Veranlagungen festgestellt worden sind, überhaupt eine Folgerung ziehen, dann allenfalls diejenige, dass in einem solchen Fall allein das Fehlen (auch) einer homopädophilen Veranlagung an sich kein Grund sein kann, in Bezug auf männliche Patienten auf ein geringeres Rückfallrisiko zu schließen als in Bezug auf weibliche. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, weil die Annahmen des Berufungsgerichts, der Kläger stelle jedenfalls für weibliche Patienten auch künftig eine Gefahr dar, nicht zu beanstanden sind.

19

Neben den Aspekt der Vermeidung konkreter Gefahren durch künftige Pflichtverletzungen des Klägers tritt, wenn auch nicht mit ausschlaggebendem Gewicht, so doch zusätzlich, der weitergreifende berufsrechtliche Aspekt des Schutzes des Vertrauens der Bevölkerung in die Integrität der Personen, denen die staatliche Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde verliehen ist. Eine fortdauernde Berufstätigkeit von Logopäden, die ihre Pflichten gegenüber ihren Patienten gröblich verletzt haben, ist geeignet, das für jede Heilbehandlung notwendige Vertrauen der Patienten in die Zuverlässigkeit der Berufsangehörigen über die Person des Klägers hinaus zu beeinträchtigen.

20

4. Unter diesen Umständen ist ein Widerruf der Berufserlaubnis kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Achtung der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der persönlichen Ehre der Patienten dient ebenso wie die Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Durchführung der Heilbehandlung dem Schutz besonders gewichtiger Individualrechtsgüter. Die mit dem Widerruf bezweckte Abwendung von Gefahren für diese Rechtsgüter steht nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu den allerdings einschneidenden Folgen, die der Widerruf für den Kläger zeitigt. Angesichts der Gefahren, die von ihm ausgehen, ist es nicht unzumutbar, ihn von dem Beruf des Logopäden fernzuhalten. Dass der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für einen Teil der Patienten keine oder nur eine geringere Gefahr bedeutet, kann daran nichts ändern. Solange er keine Gewähr dafür bietet, dass er wesentliche Pflichten, die der Beruf des Logopäden mit sich bringt, künftig zuverlässig erfüllt, ist der Schluss auf seine Unzuverlässigkeit gerechtfertigt. Davon muss ausgegangen werden, wenn zu besorgen ist, dass er nicht alle Patienten gleich welchen Geschlechts mit derselben Zuverlässigkeit behandelt, sondern für jeden weiblichen Patienten, der sich in seine Behandlung begibt, ein Risiko darstellt.

21

Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird außerdem dadurch Rechnung getragen, dass das Gesetz die Möglichkeit eröffnet, einen Antrag auf Wiedererteilung der Erlaubnis zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1997 - BVerwG 3 C 12.95 - a.a.O. S. 222 bzw. S. 38; Beschluss vom 14. April 1998 - BVerwG 3 B 95.97 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 100; s. auch BVerfG, Beschluss vom 4. April 1984 - 1 BvR 1287/83 - BVerfGE 66, 337 <358>). Der Kläger muss nicht länger von der Berufsausübung ausgeschlossen bleiben, als es die den Widerruf tragenden Gründe erfordern. Wenn er die Zuverlässigkeit wiedererlangt hat, ist er unter den Voraussetzungen des § 2 LogopG auf seinen Antrag hin erneut zuzulassen.

22

5. Dem Widerruf der Berufserlaubnis steht schließlich nicht entgegen, dass das Amtsgericht gegen den Kläger wegen der Tat vom Mai 2003 ein beschränktes und befristetes Berufsverbot nach § 70 StGB verhängt hat. Der Beklagte ist nicht an die diesbezügliche Beurteilung durch das Amtsgericht gebunden; insbesondere findet § 35 Abs. 3 GewO keine Anwendung (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 und § 35 Abs. 8 GewO; s. dazu Urteil vom 14. Februar 1963 - BVerwG 1 C 98.62 - BVerwGE 15, 282 <285> = Buchholz 418.01 Zahnheilkunde Nr. 5 S. 13). Er darf allerdings in den Fällen, in denen das Strafgericht im Rahmen einer Maßregel zur Frage der weiteren Berufsausübung bereits Stellung genommen hat, nur tätig werden, soweit der Zweck im Strafverfahren noch nicht erreicht worden und im Sinne eines "Überhangs" tatübergreifender Aspekte noch zusätzlich eine berufsrechtliche Reaktion erforderlich ist (Urteil vom 14. Februar 1963 a.a.O. S. 286 ff. bzw. S. 14 ff.; Beschlüsse vom 25. Februar 1969 - BVerwG 1 B 26.68 - BVerwGE 31, 307 <312 f.> = Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 7 S. 19 und vom 9. November 2006 - BVerwG 3 B 7.06 - juris Rn. 9). Dafür kommt es maßgeblich darauf an, ob das Strafgericht im Rahmen der Prüfung des Berufsverbots den Sachverhalt unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten erschöpfend gewürdigt, alle bedeutsamen Aspekte bereits geprüft und damit die maßgeblichen berufsrechtlichen Erwägungen im Kern vorweggenommen hat (Urteil vom 14. Februar 1963 a.a.O. S. 287 bzw. S. 15).

23

Das ist hier nicht der Fall. Das Amtsgericht hat in dem Strafurteil zwar auch eine Gefahrenprognose angestellt, soweit es den Umfang des Berufsverbots auf weibliche Patienten unter 16 Jahren beschränkt hat. Es hat diese Prognose aber entsprechend dem Charakter des Berufsverbots nach § 70 StGB als tatbezogene Maßregel der Besserung und Sicherung allein darauf gestützt, dass nach den Umständen der konkreten Tat nur eine Gefährdung dieses Personenkreises zu besorgen sei. Die berufsrechtliche Entscheidung knüpft demgegenüber daran an, dass unter tatübergreifenden Aspekten die Zuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs (insgesamt) entfällt, wenn der Betreffende auch nur für einen Teil seiner Patienten eine Gefahr bedeutet. Die Gefahrenprognose der Widerrufsentscheidung wird zudem, anders als das vom Strafgericht im Januar 2004 ausgesprochene beschränkte Berufsverbot, nicht allein von dem Umstand getragen, dass der Kläger ein Kind sexuell missbraucht hat, sondern von einer umfassenden Würdigung seiner konkreten Lebensumstände und einer auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bezogenen Abwägung der für und gegen die Annahme einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Wiederholungstat sprechenden Aspekte, wie sie in dem Gutachten des Sachverständigen im Einzelnen angeführt sind, auf das sich das Berufungsgericht gestützt hat. Soweit es die zeitliche Befristung des Berufsverbots betrifft, hat das Strafgericht überhaupt keine Gefahrenprognose angestellt. Die Begrenzung der Maßregel auf einen Zeitraum von drei Jahren beruhte nicht auf der Erwartung, von dem Kläger werde danach keine Gefahr mehr ausgehen, sondern auf der Erwägung, ein dreijähriges Berufsverbot sei der Schwere der Tat angemessen. Damit war der Beklagte an einer umfassenden Beurteilung des Verhaltens des Klägers unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten nicht gehindert.

Gründe

1

Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt. Mit rechtskräftigem Strafurteil verurteilte ihn das Amtsgericht wegen sexueller Nötigung eines 15jährigen Mädchens in seinem Wohnhaus zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bei der Strafzumessung legte das Amtsgericht den Strafrahmen des § 177 Abs. 1 und 5 StGB zugrunde (minder schwerer Fall). Nachdem der Beklagte gegen den Kläger ein Verfahren auf Widerruf der Approbation eingeleitet hatte, beantragte der Kläger ohne Erfolg die Wiederaufnahme des Strafverfahrens. Der Beklagte widerrief die Approbation des Klägers unter anderem wegen Unwürdigkeit. Die dagegen geführte Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem nach § 130a VwGO ergangenen Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich die Beschwerde des Klägers.

2

Die Beschwerde hat Erfolg. Zwar liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts leidet jedoch an einem vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Der Senat macht deshalb von der durch § 133 Abs. 6 VwGO eröffneten Möglichkeit der Zurückverweisung der Sache Gebrauch.

3

1. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob angesichts des Wandels der Unwertvorstellungen in der Öffentlichkeit auch ein einmaliges, außerberufliches und in der Öffentlichkeit nicht bekannt gewordenes Fehlverhalten, das vom Strafgericht als minder schwerer Fall beurteilt worden sei, den Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit begründen könne, lässt sich angesichts der Fülle denkbarer Fallkonstellationen ohne weiteres bejahen. Ob solche Umstände hingegen in einem konkreten Fall einen Widerruf rechtfertigen, kann fallübergreifend nicht weiter geklärt werden. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass nur wiederholte oder bekannt gewordene berufliche Verfehlungen oder nur nicht minder schwere Straftaten einen Widerruf rechtfertigen, lässt sich jedenfalls nicht aufstellen. Unabhängig davon geht die vom Kläger aufgeworfene Frage am Fall vorbei. Einen Wandel der Unrechtsvorstellungen in der Öffentlichkeit hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Davon kann bei Straftaten, die sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung - zumal bei Kindern und Jugendlichen - richten, auch keine Rede sein.

4

Die Frage, ob das Merkmal der Unwürdigkeit mit generalpräventiven Erwägungen begründet werden könne und dadurch einer strafrechtlichen Sanktion gleichkomme, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Der Widerruf der Approbation stellt einen besonders schweren Eingriff in die Berufsfreiheit dar, der nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zulässig ist. Das gilt auch für den Widerruf wegen Unwürdigkeit. Strafzwecke, auch generalpräventive Zwecke im Sinne einer Abschreckung anderer Angehöriger des Berufsstandes vor ähnlichen Verfehlungen, wären damit nicht vereinbar (vgl. Beschluss vom 27. Oktober 2010 - BVerwG 3 B 61.10 - juris Rn. 3). Es geht bei einem Widerruf wegen Unwürdigkeit nicht um eine Sanktion, sondern vielmehr darum, das Ansehen der Ärzteschaft in den Augen der Öffentlichkeit zu schützen, dies freilich nicht als Selbstzweck, sondern um das für jede Heilbehandlung unabdingbare Vertrauen der Patienten in die Integrität der Personen aufrecht zu erhalten, denen mit der Approbation die staatliche Erlaubnis zur selbständigen Ausübung der Heilkunde bzw. Zahnheilkunde verliehen ist und in deren Behandlung sich die Patienten begeben. Dieses Vertrauen würde zerstört durch eine fortdauernde Berufstätigkeit von Ärzten, die ein Fehlverhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist (vgl. nur Beschlüsse vom 28. Januar 2003 - BVerwG 3 B 149.02 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 107 S. 15; vom 14. April 1998 - BVerwG 3 B 95.97 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 100 S. 50 f.). Freilich muss der Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit, der nach seiner Zielrichtung keine auf die Person des Betroffenen bezogene Gefahrenprognose erfordert, in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit stehen (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 23. November 2009 - 1 BvR 2709/09 - juris Rn. 8; vom 28. August 2007 - 1 BvR 1098/07 - juris Rn. 22 f.; vom 18. Mai 2005 - 1 BvR 1028/05 - juris Rn. 1). Anlass für den Widerruf wegen Unwürdigkeit können deshalb nur gravierende Verfehlungen sein, die geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos, nachhaltig zu erschüttern. Das Berufungsgericht ist von diesen hohen Voraussetzungen für einen Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit ausgegangen. Die daran ausgerichtete Einordnung der Straftat des Klägers betrifft hingegen nur den Einzelfall und dessen spezifische Umstände. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung werden dadurch nicht mehr aufgeworfen.

5

Der Kläger sieht ferner einen grundsätzlichen Klärungsbedarf in dem Umstand, dass auch bei einem auf Unwürdigkeit gestützten Widerruf eine Wiedererteilung der Approbation möglich ist. Darin erblickt er einen Widerspruch zu dem vom Berufungsgericht angenommenen Verständnis der Unwürdigkeit und folgert daraus, dass schon dieses Verständnis unzutreffend sein müsse. Der Einwand trifft nicht zu. Es entspricht vielmehr rechtsstaatlichen Grundsätzen und dem Gewicht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, den einmal herbeigeführten Verlust der Befugnis zur Berufsausübung nicht zu perpetuieren. Das gilt für den Widerrufsgrund der Unzuverlässigkeit ebenso wie für den Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit.

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2. Die geltend gemachte Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) besteht nicht. Dem angeführten Urteil vom 27. Oktober 1966 (- BVerwG 1 C 99.64 - NJW 1967, 314) lag - abgesehen von sonstigen Gründen gegen eine Divergenz - ersichtlich kein ähnlicher Sachverhalt zugrunde, sondern homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen.

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3. Das Berufungsverfahren leidet indes an einem Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil das Berufungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a VwGO entschieden hat, obwohl nach den Umständen des Falles aller Anlass bestanden hätte, den Kläger zum Zwecke einer weiteren Sachaufklärung persönlich anzuhören.

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Gemäß § 130a VwGO kann das Oberverwaltungsgericht über die Berufung durch Beschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Ob das Gericht den ihm nach § 130a VwGO eröffneten Weg der Entscheidung im Beschlussverfahren beschreitet, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen, das grundsätzlich nur auf sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen überprüfbar ist (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 <213>). Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass die Durchführung der mündlichen Verhandlung im System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes den gesetzlichen Regelfall und das Kernstück auch des Berufungsverfahrens bildet. Die Ermessensentscheidung über ein Abweichen von diesem Regelfall muss deshalb daran ausgerichtet sein, ob die für das gerichtliche Verfahren zentrale Funktion der mündlichen Verhandlung nach den Umständen des Falles ausnahmsweise verzichtbar ist, etwa weil der Sache für die Beteiligten keine besondere Bedeutung zukommt, der Fall einfach gelagert ist und tatsächliche Fragen geklärt sind.

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Daran gemessen erweist sich die Durchführung des vereinfachten Berufungsverfahrens hier als fehlerhaft. Das Berufungsgericht musste zum einen die Bedeutung der Sache für den Kläger in Rechnung stellen. Er wehrt sich gegen den Widerruf seiner Approbation als Zahnarzt; für ihn stehen seine berufliche Existenz und die damit verbundene Einkommenssicherung für ihn und seine Familie auf dem Spiel. Vor allem aber durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur weiteren Sachaufklärung nichts mehr beitragen könne. Zwar hat es im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass die Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils der berufsrechtlichen Beurteilung der Unwürdigkeit zugrunde gelegt werden können, solange keine gewichtigen Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit sprechen. Dabei hat das Berufungsgericht den Einwänden des Klägers gegen die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin allerdings maßgeblich sein Verhalten im Strafverfahren entgegengehalten und eine Bestätigung der Täterschaft darin gesehen, dass er das erstinstanzliche Strafurteil hingenommen hat. In diesem Zusammenhang hat es die schriftsätzlich vorgetragenen Erklärungen des Klägers bzw. seiner Ehefrau zu den Motiven für dieses Verhalten als nicht nachvollziehbar, gar als unverständlich angesehen und es für ausgeschlossen gehalten, dass der Kläger auf die berufsrechtlichen Folgen von seinem damaligen Rechtsanwalt nicht hingewiesen worden sei. Diese tatrichterliche Würdigung verletzt den Überzeugungsgrundsatz. Das Berufungsgericht darf nicht - letztlich allein entscheidungstragend - Vortrag, der für sich genommen nicht von vornherein unschlüssig erscheint, als "unverständlich" werten, ohne dem betroffenen Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit einzuräumen, sich in einer mündlichen Verhandlung zu erklären und gegebenenfalls verständlich zu machen. Ebenso wenig darf es Tatsachenbehauptungen als "ausgeschlossen" werten, ohne naheliegende Möglichkeiten (hier etwa eine Befragung des damaligen Rechtsanwalts des Klägers) zur weiteren Aufklärung zu nutzen. Unter diesen Umständen hätte für das Berufungsgericht aller Anlass bestanden, den wiederholten Bitten des Klägers um eine persönliche Anhörung in einer mündlichen Verhandlung Rechnung zu tragen.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.1.2010 - 1 K 659/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 30.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Der gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 a Abs. 4 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.1.2010 - 1 K 659/08 - hat in der Sache keinen Erfolg.

Mit diesem Urteil wurde die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 19.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.6.2008, durch den der Beklagte die Approbation des Klägers als Arzt widerrufen hat, abgewiesen. Das auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Vorbringen des Klägers in der Begründung seines Berufungszulassungsantrages vom 17.5.2010, das den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Verfahren begrenzt, gibt keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Ausgehend von der Antragsbegründung ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht sei bei der Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf der ärztlichen Approbation des Klägers gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bundesärzteordnung (BÄO) zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger sich des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses gemäß § 174 c Abs. 1 StGB schuldig gemacht habe.

Zwar treffe es zu, dass der Kläger aufgrund eines angeblichen Vorfalls vom 7.6.2004 durch Urteil des Amtsgerichts N. vom 31.5.2006 (AZ 3 Ls 605 Js 16779/04) wegen einer solchen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt worden sei, verurteilt worden sei. Gegen das erstinstanzliche Urteil habe der Kläger Berufung einlegen lassen. In der Berufungshauptverhandlung vom 31.10.2007 habe der damalige Verteidiger des Klägers die Berufung auf das Strafmaß beschränkt. Das Landgericht B. habe daraufhin den Strafausspruch auf ein Jahr und zwei Monate reduziert.

Jedoch bestünden - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Hierfür sei lediglich erforderlich, dass sich nach dem Studium der Strafakte erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der tatrichterlichen Feststellungen ergäben, um die „faktische Tatbestandswirkung“ des Strafurteils aufzuheben.

Wie bereits im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid des Beklagten vom 19.2.2008, durch den dieser die Approbation des Klägers widerrufen hatte, habe der Kläger auch in der Begründung der dagegen gerichteten Klage vor dem Verwaltungsgericht (1 K 659/08) die Begehung der Tat bestritten und nochmals im Einzelnen dargelegt, dass und inwieweit das strafgerichtliche Verfahren von einer Reihe nicht nachvollziehbarer Verfahrensfehler und das Urteil von offenkundigen Beweiswürdigungsfehlern geprägt gewesen seien, die sein Recht auf ein faires Verfahren beeinträchtigt hätten.

Diese bestünden

1. in der Unterlassung der Hinzuziehung eines Dolmetschers für die deutsche Sprache,

2. in der Befangenheit des erstinstanzlichen Richters des Amtsgerichts N.,

3. dem Verschwinden des Hauptbeweismittels (asservierte Handschuhe),

4. in der Nichteinholung eines fachärztlich-neurologischen Gutachtens zur Frage der Indikation einer Untersuchung, die das Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge beinhalte,

5. in der Zugrundelegung eines – hierzu generell ungeeigneten weil -gerichtsmedizinischen Gutachtens zu dieser Frage,

6. in der Übernahme der Feststellung einer angeblich stattgehabten „gynäkologischen“ Untersuchung aus dem Gutachten Dr. R. in die Urteilsgründe,

7. in der generell unzureichenden Verteidigung in beiden Instanzen.

Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht hieraus nicht den Schluss gezogen, dass gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils bestünden.

Dem kann nicht gefolgt werden. Auch unter Berücksichtigung des ergänzenden und vertiefenden Vortrags hierzu im Rahmen der Begründung des vorliegenden Zulassungsantrages ergeben sich keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen in Verfahren zum Widerruf der ärztlichen Approbation die in einem rechtskräftigen Strafbefehl, erst recht aber die in einem Strafurteil, das auf der Grundlage einer Hauptverhandlung ergangen ist, enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage der gerichtlichen Beurteilung der Widerrufsvoraussetzungen gemacht werden, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der dort getroffen Feststellungen ergeben

ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. 9. 2002 - BVerwG 3 C 37/01 -, Beschluss vom 06.03.2003 - 3 B 10/03 – sowie Beschluss vom 18.08.2011 - 3 B 6/11 -, juris.

Die Annahme gewichtiger Anhaltspunkte in diesem Sinne setzt die Darlegung nachprüfbarer Umstände, die die Unrichtigkeit der im Strafbefehl oder – wie hier - in dem Strafurteil getroffenen Feststellungen belegen könnten, voraus

BVerwG, Urteil vom 26. 9. 2002 - BVerwG 3 C 37/01 - sowie Beschluss vom 18.08.2011 - 3 B 6/11 -, juris.

Gewichtige Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen im Strafurteil oder Strafbefehl bestehen, wenn Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 StPO vorliegen, namentlich im Falle der Beibringung neuer Tatsachen oder Beweismittel, die eine für den Betroffenen günstigere strafrechtliche Entscheidung zu begründen geeignet sind. Es bedarf jedenfalls der Darlegung substantiierter, nachprüfbarer Umstände, die eine Unrichtigkeit der im Strafurteil oder Strafbefehl getroffenen Feststellungen belegen könnten. Ein pauschales Bestreiten des zur Last gelegten Sachverhalts oder der bloße Hinweis, mit dem Akzeptieren des Schuldspruchs sei kein Geständnis verbunden, genügen nicht, um das Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte zu bejahen und eine Verwertbarkeit der im Strafurteil oder Strafbefehl getroffenen Feststellungen auszuschließen

BVerwG, Urteil vom 26. 9. 2002 - BVerwG 3 C 37/01 - sowie Beschluss vom 18.08.2011 - 3 B 6/11 -, juris.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils zu Recht verneint.

Die Feststellungen des Amtsgerichts N. in seinem Urteil vom 31.5.2006 gehen dahin, dass der Kläger am 7.6.2004 die Aufnahmeuntersuchung der Zeugin A. in der Neurologischen Klinik in N./B. (A.) durchgeführt hat. Die damals 78 Jahre alte Zeugin hatte am 31.5.2004 einen (leichten) Schlaganfall erlitten, der zunächst in der Universitätsklinik M. behandelt worden war. Sie wurde von dort am 3.6.2004 nach Hause entlassen. Am 7.6.2004 wurde sie zur Durchführung einer Anschlussrehabilitationsmaßnahme in der A.-Klinik aufgenommen. Während der Aufnahmeuntersuchung hat der Kläger die Zeugin nach den Feststellungen des Amtsgerichts N. veranlasst, ihren Unterkörper zu entkleiden und sie anschließend am Geschlechtsteil betastet. Außerdem hat er nach den Feststellungen des Amtsgerichts N. einen Finger in die Vagina der Zeugin eingeführt, diesen hin- und herbewegt und die Zeugin befragt, ob dies gute Gefühle bei ihr auslöse. Ausweislich des Urteils des Amtsgerichts N. hat das Gericht diese Feststellungen getroffen aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin A. und der weiteren in der Hauptverhandlung (vom 18.5. und 31.5.2006) durchgeführten Beweisaufnahme, wobei die strafrechtliche Entscheidung entscheidend darauf gestützt ist, dass „der Angeklagte durch die glaubhaften Angaben der Zeugin A. widerlegt und überführt“ werde. Die weitere Beweisaufnahme umfasste die Aussage des Klägers zur Sache, die Aussage des Chefarztes der A.-Klinik, Dr. von R., die Aussage des Sohnes der Zeugin A., sowie die Anhörung der Sachverständigen Dr. R., Oberarzt am Institut für Rechtsmedizin der Universität G., der zusammen mit dem Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Universität G., Prof. Dr. W., ein rechtsmedizinisches Gutachten vom 9.8.2005 zur Indikation der in Rede stehenden Untersuchungen erstellt hatte, und des Dipl.-Ing. für Biotechnologie H., der zusammen mit Prof. Dr. W. das Spurengutachten vom 25.5.2005 betreffend die asservierten Handschuhe erstellt hatte.

Im Einzelnen ist bezüglich des Nichtvorliegens gewichtiger Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils von Folgendem auszugehen:

1. Soweit der Kläger die Unterlassung der Hinzuziehung eines Dolmetschers für die deutsche Sprache in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. rügt, ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwieweit dies eine Unrichtigkeit der im Strafurteil oder Strafbefehl getroffenen Feststellungen belegen könnte.

Zu den unter Berufung auf seine Herkunft als Russlanddeutscher geltend gemachten Sprachproblemen hat der Kläger in der Begründung des vorliegenden Zulassungsantrags vortragen lassen, die Hinzuziehung eines Dolmetschers habe sich „noch am Wenigsten für die Vernehmung des Klägers aufgedrängt“. Diese habe sich nämlich im Wesentlichen auf den Untersuchungsablauf, also letztlich medizinische Fragen bezogen. Der Kläger sei durchaus in der Lage, medizinische Sachverhalte zu schildern. Zudem sei der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, wie die Untersuchung abgelaufen sei, vorbereitet gewesen. Er sei schon zuvor mehrfach gezwungen gewesen, sich noch einmal den Ablauf vor Augen zu halten. Von daher sei es nicht schwer gewesen, den Sachverhalt ein weiteres Mal darzustellen. Auch gebe das Protokoll sinngemäß zutreffend die Aussage des Klägers mit den Worten des Strafrichters wieder. Problematisch sei mit Blick auf die Sprachkenntnisse des Klägers das Erfassen von Fragen und insbesondere die Fähigkeit, einer Gerichtsverhandlung zu folgen und dabei die rechtlichen Auswirkungen prozessualer Erklärungen zu erfassen.

Dementsprechend wird mit dem vorliegenden Zulassungsantrag auch nicht geltend gemacht, der Kläger hätte bei Hinzuziehung eines Dolmetschers in der Sache anders ausgesagt. Vielmehr wird geltend gemacht, dass – anders als gewöhnlich - aus dem prozessualen Verhalten des Klägers keine Rückschlüsse auf das Vorliegen eines Schuldeingeständnisses gezogen werden könnten. Dies gelte insbesondere in Bezug auf das „zu seinem letzten Wort in Widerspruch stehende Plädoyer seines Verteidigers“, der eine Bewährungsstrafe gefordert hat, während der Kläger erklärt hat, „dass meine Untersuchung nicht falsch war“ und „Freispruch“ beantragt hat, sowie in Bezug auf die vor dem Landgericht G. erklärte Beschränkung der Berufung in zweiter Instanz.

Gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils ergeben sich hieraus jedoch nicht. Denn weder ist das Vorliegen eines unmittelbaren oder mittelbaren Schuld- oder Tatsachengeständnisses Voraussetzung für die Annahme der Richtigkeit der aufgrund einer Beweisaufnahme in einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung festgestellten Tatsachen, noch bestehen allein wegen des Nichtvorliegens eines solchen Geständnisses gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils

BVerwG, Beschluss vom 18.08.2011 - 3 B 6/11 -, juris.

Dies gilt auch im vorliegenden Falle, in dem die Verurteilung des Klägers weder auf dessen Einlassung noch auf ein tatsächliches oder vermeintliches Geständnis, etwa in Gestalt der Beantragung einer Bewährungsstrafe durch den Verteidiger, sondern auf das Gesamtergebnis der vor dem Amtsgericht N. durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere die Vernehmung der Zeugin A. in der Hauptverhandlung, gestützt wurde.

Zudem war eine Verständigung des Klägers mit seinem damaligen Verteidiger auch über prozessual relevante Erklärungen durchaus möglich, wie der Umstand zeigt, dass ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. vom 18.5.2006 nach der Aufforderung des Richters, ein Geständnis abzulegen und der nachfolgenden Unterbrechung der Verhandlung im Protokoll vermerkt ist: „Der Verteidiger erklärt sodann für seinen Mandanten, dass die Vorwürfe, der Angeklagte habe die Zeugin R. ausgiebig über das Sexualleben befragt und die Finger in die Scheide eingeführt, nicht zutreffen“.

2. Soweit der Kläger die Befangenheit des erstinstanzlichen Richters des Amtsgerichts N. geltend macht und hieraus gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils herleiten will, hat er schon für deren Vorliegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dargelegt.

Die Befangenheit des erstinstanzlichen Strafrichters versucht der Kläger im Wesentlichen zunächst daraus herzuleiten, dass dieser den Sohn der geschädigten Zeugin A., einen Rechtsanwalt, der die Strafanzeige erstattet hatte und in der Hauptverhandlung selbst als Zeuge vernommen wurde, geduzt habe, sowie daraus, dass der erstinstanzliche Strafrichter den Kläger bereits nach dessen Vernehmung, einer kurzen Frage an den Sachverständigen Dr. R. und vor Eintritt in die weitere Beweisaufnahme aufgefordert habe, die Vorwürfe einzuräumen und ein Geständnis abzulegen. Beides trägt die Annahme der Befangenheit nicht und legt sie auch nicht nahe. Auch wenn man darüber streiten mag, ob es für guten Stil spricht, wenn sich einander bekannte Juristen im Rahmen einer Hauptverhandlung duzen, so kann dies, z.B. aufgrund gemeinsamer Ausbildungszeiten oder langjähriger beruflicher Kontakte, doch zuweilen vorkommen. Jedoch begründet dies allein, wie auch der Kläger selbst ausdrücklich einräumt, nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Besorgnis der Befangenheit wird auch nicht durch die Aufforderung an den Kläger begründet, die Vorwürfe einzuräumen und ein Geständnis abzulegen. Vielmehr stellt dies typischerweise den ebenfalls nachvollziehbaren und nicht unüblichen Versuch dar, allen Beteiligten, vor allem aber den Opferzeugen die Durchführung der weiteren Beweisaufnahme zu ersparen. Zudem gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zur Ablegung eines Geständnisses gedrängt worden wäre. Vielmehr wurde ausweislich des Protokolls nach der genannten Aufforderung die Verhandlung unterbrochen und damit dem Kläger Gelegenheit gegeben, in Ruhe über eine solche Aufforderung nachzudenken.

Weitere Anhaltspunkte für eine Befangenheit des erstinstanzlichen Strafrichters liegen nicht vor. Dies gilt auch, soweit der Kläger im Rahmen des Zulassungsantrages die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Zurückweisung eines in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. gestellten Beweisantrages deshalb kritisiert, weil das Verwaltungsgericht in dieser Zurückweisung ausdrücklich keinen Anknüpfungspunkt für eine Besorgnis der Befangenheit gesehen hat. Der Beweisantrag war gestellt worden mit dem Ziel der Einholung eines psychiatrisch-neurologischen Gutachtens zu der Frage, ob die Schilderung der Untersuchung durch die Zeugin A. auf einer Wahrnehmungsstörung aufgrund deren Vorerkrankung beruhe und nicht auf einem tatsächlichen Erlebnis, sowie zur Glaubwürdigkeit der Zeugin.

Von der - zu verneinenden – Frage, ob die Zurückweisung des Beweisantrages einen Anknüpfungspunkt für eine Besorgnis der Befangenheit des Strafrichters beinhaltet, ist die Frage zu trennen, ob das Amtsgericht N. den Beweisantrag zu Recht zurückgewiesen hat oder ob sich aus der Zurückweisung gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils ergeben könnten. Hierzu hat der Kläger kritisiert, das Verwaltungsgericht habe ebenso wie seinerzeit das Amtsgericht N. seine eigene Sachkunde an die Stelle derjenigen eines Sachverständigen gesetzt.

Ergänzend wird daher darauf hingewiesen, dass - auch unabhängig von der seitens des Klägers insoweit allein aufgeworfenen Frage der Befangenheit - aus der Zurückweisung dieses Beweisantrages keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils abzuleiten sind.

Denn die Zurückweisung des Beweisantrages kann nicht als sachwidrig angesehen werden. Es bestehen bereits erhebliche Bedenken gegen die Geeignetheit der damals beantragten und vom Gericht abgelehnten Beweiserhebung. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hätte sie allenfalls zu dem Ergebnis führen können, dass die Möglichkeit des Vorliegens einer Wahrnehmungsstörung gegeben war. Insoweit hat der Kläger zum einen geltend gemacht, Wahrnehmungsstörungen könnten sich unmittelbar nach Schlaganfällen einstellen und im Idealfall ebenso wie andere Symptome des Schlaganfalls wieder verschwinden. Zum anderen hat er geltend gemacht, der Entlassungsbericht der Universitätsklinik G. der – unstreitig - keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Wahrnehmungsstörungen enthält, gebe dazu keine zuverlässige Auskunft, da sich Wahrnehmungsstörungen auf einzelne Ereignisse beschränken könnten.

Vor diesem Hintergrund kann es nicht als verfehlt angesehen werden, dass der Strafrichter des Amtsgerichts N. den Beweisantrag mit der Begründung zurückgewiesen hat, die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin obliege dem Gericht und die vorgetragenen Umstände seien nicht ausreichend, um die Beurteilung der Kompetenz des Gerichts in Frage zu stellen. Denn die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen zielt stets auf die Frage, ob die Schilderung eines Zeugen ein tatsächliches Erlebnis wiedergibt oder ob die Möglichkeit einer fehlerhaften Darstellung besteht, die ihrerseits auf einer bewusst (vorsätzlich) falschen Schilderung beruhen kann oder auf einer unbewusst falschen Schilderung, beispielsweise hervorgerufen durch eine fehlerhafte oder gestörte Wahrnehmung. Insofern ist davon auszugehen, dass das Amtsgericht N. sich bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin R. in der Lage sehen durfte und gesehen hat, die Möglichkeit einer unbewusst fehlerhaften Darstellung aufgrund einer Wahrnehmungsstörung in seine Beurteilung einzubeziehen, ohne dass es zuvor der Feststellung einer solchen Möglichkeit durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte.

3. Auch soweit der Kläger aus dem Verschwinden des „Hauptbeweismittels“ (asservierte Handschuhe) gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils herleiten will, hat sein Vortrag keinen Erfolg.

Zu Recht weist er nämlich selbst darauf hin, dass es sich bei den asservierten Handschuhen, mit denen die fragliche Untersuchung stattgefunden haben soll, um ein „offenkundig nicht zur Verurteilung herangezogenes Beweismittel“ gehandelt hat, d.h. auch nicht um ein den Kläger belastendes Beweismittel. Die strafrechtliche Entscheidung ist vielmehr entscheidend darauf gestützt, dass „der Angeklagte durch die glaubhaften Angaben der Zeugin R. widerlegt und überführt“ werde. Zudem hat der Kläger selbst das Tragen von Handschuhen bei der Untersuchung vorgetragen und sogar einen Beweisantrag zum Bestehen einer Anweisung und Übung des Tragens von Handschuhen bei neurologischen Aufnahmeuntersuchungen in der A. gestellt, der mit der Begründung der Wahrunterstellung durch das Gericht zurückgewiesen worden war.

Auch die nunmehr im Zulassungsverfahren vom Kläger vorgelegten privatgutachterlichen Aussagen von Prof. Dr. P. S. (Institut für Rechtsmedizin der Universität A.) in dessen Gutachten vom 31.5.2010 und dessen Vorab-Stellungnahme vom 12.5.2010 zu den im Strafverfahren erstellten Gutachten über an den asservierten Handschuhen anhaftende Spuren führen nicht zur Bejahung gewichtiger Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Die Auswertung der im Strafverfahren durch Prof. Dr. W. (Institut für Rechtsmedizin der Universität G.) zusammen mit Dipl.-Ing. H. erstellten Gutachten vom 25.5.2005 (Spurengutachten) und vom 25.8.2006 (Gutachterliche Stellungnahme zu der Frage der Anhaftung von Vaginalepithelien an den vom Kläger getragenen Gummihandschuhen) durch Prof. Dr. P. S. führte zunächst zu dessen Einschätzung, dass die molekularbiologischen Untersuchungen im Institut für Rechtsmedizin der Universität G. in methodisch üblicher und allgemein anerkannter Weise durchgeführt wurden.

Erklärungsbedürftig erschien dem Privatgutachter Prof. Dr. P. S. hinsichtlich des Gutachtens vom 25.5.2005 lediglich, weshalb DNA-Spuren der Zeugin nicht lediglich an der Außen- sondern auch an der Innenseite der Handschuhe festzustellen waren. Dabei hat er als denkbare Ursachen z.B eine Spurenübertragung beim Ausziehen der Handschuhe oder Sekundärkontaminationen bei der Lagerung bzw. Bergung der Handschuhe aus dem Papierkorb für denkbar gehalten. Anhaltspunkte für den Kläger entlastende Tatsachen ergeben sich hieraus indes nicht und damit auch keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, welches auf den Spurenbefund an den Handschuhen nicht einmal tragend gestützt ist.

Bedenkenswert erschien dem Privatgutachter Prof. Dr. P. S. hinsichtlich des Gutachtens vom 25.8.2006 darüber hinaus, ob bei der – von ihm methodisch nicht in Zweifel gezogenen - diagnostischen Einordnung der Spuren an der Oberfläche der Handschuhe als Schleimhautabrieb, die auf den – aus seiner Sicht in der Sache belegten - „extrem hohen Wert an DNA-haltigem Zellmaterial“ gestützt war, nicht „ausnahmsweise“ der Messwert des DNA-Gehalts hätte mitgeteilt werden sollen, da „im konkreten Gutachten dem Wert an DNA-haltigem Material“ so entscheidende Bedeutung beigemessen worden sei.

Auch hieraus ergeben sich indes keine Anhaltspunkte für den Kläger entlastende Tatsachen und damit auch keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Zudem sind die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts N. vom 31.5.2006 getroffen worden, bevor das Gutachten vom 25.8.2006 erstellt worden war, weshalb hieraus sich womöglich für den Kläger ergebende belastende Umstände für die dortigen Feststellungen bereits nicht maßgeblich gewesen sein und zu unrichtigen Feststellungen im Urteil vom 31.5.2006 geführt haben können. Gleiches gilt aufgrund der erfolgten Beschränkung auf das Strafmaß für das Berufungsurteil des Landgerichts G..

4. und 5. Soweit der Kläger gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils daraus herleiten will, dass kein fachärztlich-neurologisches Gutachten zur Frage der Indikation der vom Kläger eingeräumten und als indiziert behaupteten Untersuchung eingeholt wurde, die das Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge beinhaltete, und stattdessen ein – aus seiner Sicht hierzu generell ungeeignetes weil - gerichtsmedizinisches Gutachten zu dieser Frage zugrunde gelegt wurde, hat sein Vortrag ebenfalls keinen Erfolg.

Zwar kommt, wie der vom Kläger beauftragte Privatgutachter Prof. Dr. P. S. ausgeführt hat, „zumindest in Betracht“, dass diese medizinische Fragestellung „im Grenzbereich zwischen Rechtsmedizin und Neurologie oder gar überwiegend im Fachgebiet der Neurologie angesiedelt ist“, so dass von ihm „eine gutachterliche Stellungnahme eines entsprechend ausgewiesenen und aus eigener täglicher klinischer Erfahrung mit den entsprechenden Untersuchungsmethoden vertrauten Neurologen empfohlen“ wurde.

Jedoch lagen vorliegend im Strafverfahren, was dem Privatgutachter Prof. Dr. P. S. aufgrund der ihm selektiv überlassenen Unterlagen nicht bekannt war, dem zumindest vergleichbare Stellungnahmen vor, und zwar in Gestalt des bei den Strafakten befindlichen Schreibens des Neurologen und Chefarztes der A. Kliniken B., Dr. M. von R., vom 9.6.2004 an den Sohn der Zeugin R. und in Gestalt der Aussage von Dr. von R. in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. am 18.5.2006.

In dem Schreiben vom 9.6.2004 ist ausgeführt, nach genauer Befragung des Klägers habe dieser gegenüber Dr. von R. zum Gang der Untersuchung erklärt, in der erweiterten Befragung zur Vorgeschichte seien von der Zeugin R. Beschwerden geäußert worden über Gefühlsstörungen in beiden Beinen, gelegentliche Bauchschmerzen und Schmerzen in den Hüften und entlang der Beine, ischiasähnlich. Daraufhin habe der Kläger einerseits schmerzhafte Muskelverspannungspunkte und schmerzhafte Sehnenansätze gesucht, „andererseits die Untersuchung dahingehend intensiviert, Störungen im Bereich der Cauda equina auszuschließen, das heißt, eine Beeinträchtigung der Nervenfasern im Rückenmarkskanal, die typischerweise zu Gefühlsstörungen im Gesäß und an den Beinen führt.“ So etwas könne z.B. nach großen Bandscheibenvorfällen oder bei Tumoren vorkommen. Die damit verbundenen Gefühlsstörungen würden auch als Reithosen-Syndrom bezeichnet, d.h. „eine Gefühlsstörung etwa in dem Bereich, in dem die Reithose mit Leder bestückt“ sei.

In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. am 18.5.2006 erklärte Dr. von R., nur wenn der Verdacht bestehe, dass eine Schädigung der Nervenwurzeln oder Schädigungen im Bereich des Rückenmarks vorlägen, erfolge eine solche „Reithosenuntersuchung“. Darunter verstehe man eine Untersuchung im Gesäßbereich und im Bereich der Innenseite der Oberschenkel.

Hieraus ergibt sich, dass für die Beurteilung der Frage, ob die medizinische Indikation für eine Untersuchung gegeben war, die das Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge beinhaltet, die entscheidende (Vor-)Frage zunächst dahin ging, vom Vorliegen welcher Vorbefunde und Beschwerdeäußerungen seitens der Zeugin auszugehen war. Ein fachärztlich-neurologisches Gutachten zur Frage der Indikation einer solchen Untersuchung war demgegenüber nicht von entscheidender Bedeutung. Denn aus dem rechtsmedizinischen Gutachten der Universität G. vom 9.8.2005 in Verbindung mit den Äußerungen des Neurologen und Chefarztes der A.- Kliniken Bad Salzhausen, Dr. M. von R., ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass einerseits, für den Fall, dass die Zeugin die vom Kläger als von ihr angegeben zitierten Beschwerden (Gefühlsstörungen in beiden Beinen, gelegentliche Bauchschmerzen und Schmerzen im Bereich der LWS, in den Hüften und entlang der Beine sowie Blasenentleerungsstörungen) geäußert hätte, eine Untersuchung, die das Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge beinhaltet, auch indiziert gewesen wäre. Andererseits ergibt sich aber auch, dass für den Fall, dass die Zeugin diese vom Kläger als von ihr angegeben zitierten Beschwerden nicht geäußert hätte, und nur die aus den Krankenunterlagen ersichtlichen und dort dokumentierten Beschwerden zugrunde zu legen gewesen wären, eine solche Untersuchung nicht indiziert gewesen wäre.

Hieraus folgt, dass es für die Frage, ob die vom Kläger eingeräumte Untersuchung (Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge) medizinisch indiziert war, letztlich darauf ankam, ob die Aussage der Zeugin oder die des Klägers über die bei der Aufnahmeuntersuchung geäußerten Beschwerden zutrifft, d.h. entscheidend war auch insoweit die Glaubwürdigkeit der Zeugin, während die Frage, bei welchen Beschwerden welche Untersuchung indiziert ist, als geklärt anzusehen war.

Aus der Nichteinholung eines fachärztlich-neurologischen Gutachtens zur medizinischen Indikation des vom Kläger eingeräumten Untersuchungsablaufs ergeben sich daher keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Ergänzend wird zudem darauf hingewiesen, dass eine medizinische Indikation für die vom Kläger nicht eingeräumten, ihm aber strafrechtlich vorgeworfenen Handlungen (Betasten am Geschlechtsteil, Einführen eines Fingers in die Vagina der Zeugin sowie Hin- und Herbewegen desselben und Befragung der Zeugin, ob dies gute Gefühle bei ihr auslöse) unstreitig nicht vorlag, auch ohne dass es dafür eines medizinischen Gutachtens bedürfte.

6. Soweit der Kläger sich gegen die angebliche „Übernahme der Feststellung einer angeblich stattgehabten „gynäkologischen“ Untersuchung „aus dem Gutachten Dr. R. in die Urteilsgründe“ wendet, geht dieser Einwand schon deshalb fehl, weil die Urteilsgründe derartiges nicht beinhalten. Sie beinhalten lediglich den Satz: „Der Angeklagte wäre auch nicht befugt gewesen, die Patientin gynäkologisch zu behandeln“, der im Zusammenhang mit der Darlegung steht, dass das dem Kläger vorgeworfene Verhalten „Einführen eines Fingers in die Vagina der Zeugin und ...anschließende Manipulation“ nicht durch das Behandlungsverhältnis gedeckt war.

7. Letztlich begründet auch die vom Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemachte „generell unzureichende Verteidigung in beiden Instanzen“ des Strafverfahrens keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Nach den vorstehend dargelegten Erwägungen sind derartige gravierende und zugleich kausale Mängel in der Verteidigung, weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich. Wie bereits oben sei an dieser Stelle nochmals ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Verständigung zwischen dem Kläger und seinem Verteidiger offenbar doch auch zu prozessualen Erklärungen möglich war, wie sich daraus ergibt, dass nach der Aufforderung des Amtsgerichts N. in der Hauptverhandlung vom 18.5.2006, ein Geständnis abzulegen, und der nachfolgenden Unterbrechung im Protokoll vermerkt ist: „Der Verteidiger erklärt sodann für seinen Mandanten, dass die Vorwürfe, der Angeklagte habe die Zeugin R. ausgiebig über das Sexualleben befragt und die Finger in die Scheide eingeführt, nicht zutreffen“.

Gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils liegen danach entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. Dass ungeachtet dessen Gründe für die Wiederaufnahme des Strafverfahrens nach § 359 StPO vorliegen könnten, wird vom Kläger selbst nicht geltend gemacht und ist auch in der Sache zu verneinen.

Weitere Gründe dafür, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gerechtfertigt sein könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Liegt der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund demnach nicht vor, ist der Antrag auf Zulassung der Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 3 GKG und erfolgt in Anlehnung an Nr. 16.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Die Approbation ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 nicht vorgelegen hat oder bei einer vor Wirksamwerden des Beitritts erteilten Approbation das an einer Ausbildungsstätte in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet oder das in einem Fall des § 14 Abs. 1 Satz 2 oder in einem Fall des § 14a Abs. 4 Satz 1 erworbene Medizinstudium nicht abgeschlossen war oder die Ausbildung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 oder 6 oder § 3 Absatz 2 oder 3 oder die nach § 14b nachzuweisende Ausbildung nicht abgeschlossen war. Sie kann zurückgenommen werden, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 nicht vorgelegen hat. Eine nach § 3 Abs. 2 oder 3 erteilte Approbation kann zurückgenommen werden, wenn die festgestellte Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes tatsächlich nicht gegeben war oder der alternativ festgestellte gleichwertige Kenntnisstand tatsächlich nicht nachgewiesen worden ist. Eine nach § 3 Absatz 2 oder 3 oder nach § 14b Absatz 2 erteilte Approbation kann zurückgenommen werden, wenn die nachzuweisende Ausbildung tatsächlich doch wesentliche Unterschiede gegenüber der in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelten Ausbildung aufgewiesen hat oder die zur Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Eignungsprüfung tatsächlich nicht nachgewiesen worden sind.

(2) Die Approbation ist zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 weggefallen ist. Sie kann widerrufen werden, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 weggefallen ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Approbation ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 nicht vorgelegen hat oder bei einer vor Wirksamwerden des Beitritts erteilten Approbation das an einer Ausbildungsstätte in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet oder das in einem Fall des § 14 Abs. 1 Satz 2 oder in einem Fall des § 14a Abs. 4 Satz 1 erworbene Medizinstudium nicht abgeschlossen war oder die Ausbildung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 oder 6 oder § 3 Absatz 2 oder 3 oder die nach § 14b nachzuweisende Ausbildung nicht abgeschlossen war. Sie kann zurückgenommen werden, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 nicht vorgelegen hat. Eine nach § 3 Abs. 2 oder 3 erteilte Approbation kann zurückgenommen werden, wenn die festgestellte Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes tatsächlich nicht gegeben war oder der alternativ festgestellte gleichwertige Kenntnisstand tatsächlich nicht nachgewiesen worden ist. Eine nach § 3 Absatz 2 oder 3 oder nach § 14b Absatz 2 erteilte Approbation kann zurückgenommen werden, wenn die nachzuweisende Ausbildung tatsächlich doch wesentliche Unterschiede gegenüber der in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelten Ausbildung aufgewiesen hat oder die zur Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Eignungsprüfung tatsächlich nicht nachgewiesen worden sind.

(2) Die Approbation ist zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 weggefallen ist. Sie kann widerrufen werden, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 weggefallen ist.

(1) Die Approbation als Arzt ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller

1.
(weggefallen)
2.
sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt,
3.
nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist,
4.
nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens 5 500 Stunden und einer Dauer von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden hat,
5.
über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
Eine in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum abgeschlossene ärztliche Ausbildung gilt als Ausbildung im Sinne der Nummer 4, wenn sie durch Vorlage eines Europäischen Berufsausweises, eines nach dem 20. Dezember 1976 ausgestellten, in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführten ärztlichen Ausbildungsnachweises eines der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführten, nach dem 31. Dezember 1992 ausgestellten ärztlichen Ausbildungsnachweises eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nachgewiesen wird. Bei ärztlichen Ausbildungsnachweisen von nach dem 20. Dezember 1976 der Europäischen Union beigetretenen Mitgliedstaaten wird auf eine Ausbildung abgestellt, die nach dem entsprechenden Datum begonnen wurde; hierfür gilt das Datum des Beitritts oder, bei abweichender Vereinbarung, das hiernach maßgebende Datum, bei ärztlichen Ausbildungsnachweisen eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, mit dem eine besondere Vereinbarung zum Zeitpunkt der Geltung der Verpflichtungen aus den Richtlinien 75/362/EWG und 75/363/EWG des Rates vom 16. Juni 1975 (ABl. EG Nr. L 167 S. 1 und S. 14) getroffen worden ist, das hiernach maßgebende Datum. Sätze 2 und 3 gelten entsprechend für Ausbildungsnachweise von Vertragsstaaten, denen Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, ab dem hierfür maßgebenden Zeitpunkt. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Anlage zu diesem Gesetz späteren Änderungen von Anhang V Nummer 5.1.1 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22, 2007 Nr. L 271 S. 18) anzupassen. Gleichwertig den in Satz 2 genannten ärztlichen Ausbildungsnachweisen sind nach dem in Satz 2, 3 oder 4 genannten Zeitpunkt von einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Vertragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, ausgestellte ärztliche Ausbildungsnachweise, die den in der Anlage zu Satz 2 für den betreffenden Staat aufgeführten Bezeichnungen nicht entsprechen, aber mit einer Bescheinigung der zuständigen Behörde oder Stelle des Staates darüber vorgelegt werden, daß sie eine Ausbildung abschließen, die den Mindestanforderungen des Artikels 24 der Richtlinie 2005/36/EG entspricht, und daß sie den für diesen Staat in der Anlage zu Satz 2 aufgeführten Nachweisen gleichstehen. Eine Approbation wird nicht erteilt, wenn eine ärztliche Prüfung oder ein Abschnitt der ärztlichen Prüfung nach der Rechtsverordnung gemäß § 4 Abs. 1 endgültig nicht bestanden wurde. Satz 7 findet keine Anwendung, wenn der Antragsteller einen nach der Richtlinie 2005/36/EG anzuerkennenden Ausbildungsnachweis besitzt.

(1a) Die zuständigen Behörden des Landes, in dem der ärztliche Beruf ausgeübt wird oder zuletzt ausgeübt worden ist, unterrichten die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats über das Vorliegen strafrechtlicher Sanktionen, über die Rücknahme, den Widerruf und die Anordnung des Ruhens der Approbation oder Erlaubnis, über die Untersagung der Ausübung der Tätigkeit und über Tatsachen, die eine dieser Sanktionen oder Maßnahmen rechtfertigen würden; dabei sind die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten einzuhalten. Erhalten die zuständigen Behörden Auskünfte der zuständigen Behörden von Aufnahmemitgliedstaaten, die sich auf die Ausübung des ärztlichen Berufs auswirken könnten, so prüfen sie die Richtigkeit der Sachverhalte, befinden über Art und Umfang der durchzuführenden Prüfungen und unterrichten den Aufnahmemitgliedstaat über die Konsequenzen, die sie aus den übermittelten Auskünften ziehen. Die Länder benennen die Behörden und Stellen, die für die Ausstellung oder Entgegennahme der in der Richtlinie 2005/36/EG genannten Ausbildungsnachweise und sonstigen Unterlagen oder Informationen zuständig sind, sowie die Behörden und Stellen, die die Anträge annehmen und die Entscheidungen treffen können, die im Zusammenhang mit dieser Richtlinie stehen. Sie sorgen dafür, dass das Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich unterrichtet wird. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Informationen unverzüglich den anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission. Die Länder können zur Wahrnehmung der Aufgaben nach den Sätzen 1 bis 3 gemeinsame Stellen bestimmen. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt nach entsprechender Mitteilung der Länder statistische Aufstellungen über die getroffenen Entscheidungen, die die Europäische Kommission für den nach Artikel 60 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG erforderlichen Bericht benötigt.

(2) Ist die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 nicht erfüllt, so ist Antragstellern, die ihre ärztliche Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz abgeschlossen haben und nicht unter Absatz 1 oder § 14b fallen, die Approbation zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Der Ausbildungsstand ist als gleichwertig anzusehen, wenn die Ausbildung des Antragstellers keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der Ausbildung aufweist, die in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelt ist. Wesentliche Unterschiede nach Satz 2 liegen vor, wenn

1.
die Ausbildung der Antragsteller sich hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von der deutschen Ausbildung unterscheiden, oder
2.
der Beruf des Arztes eine oder mehrere reglementierte Tätigkeiten umfasst, die in dem Staat, der den Ausbildungsnachweis ausgestellt hat, nicht Bestandteil des Berufs des Arztes sind, und sich die deutsche Ausbildung auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von dem Ausbildungsnachweis der Antragsteller abgedeckt werden.
Fächer unterscheiden sich wesentlich, bei denen Kenntnis und Fähigkeiten eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs sind und bei denen die Ausbildung der Antragsteller gegenüber der deutschen Ausbildung wesentliche Abweichungen hinsichtlich des Inhalts aufweist. Wesentliche Unterschiede können ganz oder teilweise durch Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeglichen werden, die die Antragsteller im Rahmen ihrer ärztlichen Berufspraxis in Voll- oder Teilzeit oder durch lebenslanges Lernen erworben haben, sofern die durch lebenslanges Lernen erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von einer dafür in dem jeweiligen Staat zuständigen Stelle formell als gültig anerkannt wurden; dabei ist nicht entscheidend, in welchem Staat diese Kenntnisse und Fähigkeiten erworben worden sind. Liegen wesentliche Unterschiede nach den Sätzen 3 bis 5 vor, müssen die Antragsteller nachweisen, dass sie über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Ausübung des Berufs des Arztes erforderlich sind. Dieser Nachweis ist durch eine Eignungsprüfung zu erbringen, die sich auf die festgestellten wesentlichen Unterschiede bezieht. Über die Feststellung der wesentlichen Unterschiede, die zur Auferlegung einer Eignungsprüfung führt, ist den Antragstellern spätestens vier Monate, nachdem der zuständigen Behörde alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, ein rechtsmittelfähiger Bescheid zu erteilen. Im Fall des § 81a des Aufenthaltsgesetzes soll der Bescheid innerhalb von zwei Monaten erteilt werden. Die Sätze 2 bis 9 gelten auch für Antragsteller, die über einen Ausbildungsnachweis als Arzt verfügen, der in einem anderen als den in Satz 1 genannten Staaten (Drittstaat) ausgestellt ist und den ein anderer der in Satz 1 genannten Staaten anerkannt hat.

(3) Ist die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 nicht erfüllt, so ist Antragstellern, die über einen Ausbildungsnachweis als Arzt verfügen, der in einem anderen als den in Absatz 2 Satz 1 genannten Staaten (Drittstaat) ausgestellt ist, die Approbation zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Für die Prüfung der Gleichwertigkeit gilt Absatz 2 Satz 2 bis 6 sowie 8 und 9 entsprechend. Der Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten wird durch das Ablegen einer Prüfung erbracht, die sich auf den Inhalt der staatlichen Abschlussprüfung bezieht. Die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sind nach Satz 3 auch nachzuweisen, wenn die Prüfung des Antrags nur mit unangemessenem zeitlichen oder sachlichen Aufwand möglich ist, weil die erforderlichen Unterlagen und Nachweise aus Gründen, die nicht in der Person der Antragsteller liegen, von diesen nicht vorgelegt werden können.

(3a) Wird die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 auf eine Ausbildung gestützt, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist, sollen die Voraussetzungen der Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation nach den Absätzen 2 oder 3 vor den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, 3 und 5 geprüft werden. Auf Antrag ist dem Antragsteller ein gesonderter Bescheid über die Feststellung der Gleichwertigkeit seiner Berufsqualifikation zu erteilen.

(4) Soll die Erteilung der Approbation wegen Fehlens einer der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 abgelehnt werden, so ist der Antragsteller oder sein gesetzlicher Vertreter vorher zu hören.

(5) Ist gegen den Antragsteller wegen des Verdachts einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann, ein Strafverfahren eingeleitet, so kann die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Approbation bis zur Beendigung des Verfahrens ausgesetzt werden.

(6) Wenn ein Antragsteller die Approbation auf Grund einer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeschlossenen Ausbildung für die Ausübung des ärztlichen Berufs beantragt, sind folgende Unterlagen und Bescheinigungen vorzulegen:

1.
ein Identitätsnachweis,
1a.
eine tabellarische Aufstellung der absolvierten Ausbildungsgänge und der ausgeübten Erwerbstätigkeiten,
2.
eine amtlich beglaubigte Kopie der Befähigungsnachweise oder des Ausbildungsnachweises, der zur Aufnahme des entsprechenden Berufs berechtigt sowie gegebenenfalls eine Bescheinigung über die von der betreffenden Person erworbene Berufserfahrung,
2a.
im Fall von Absatz 3 eine Bescheinigung über die Berechtigung zur Berufsausübung im Herkunftsstaat und Unterlagen, die geeignet sind darzulegen, im Inland den ärztlichen Beruf ausüben zu wollen,
3.
die Unterlagen, die von den zuständigen Behörden des Herkunftsstaats ausgestellt wurden und belegen, dass die Erfordernisse nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt werden oder, wenn im Herkunftsstaat die vorgenannten Unterlagen nicht ausgestellt werden, eine eidesstattliche Erklärung oder – in den Staaten, in denen es keine eidesstattliche Erklärung gibt – eine feierliche Erklärung, die die betreffende Person vor einer zuständigen Justiz- oder Verwaltungsbehörde oder gegebenenfalls vor einem Notar oder einer entsprechend bevollmächtigten Berufsorganisation des Herkunftsstaats, der eine diese eidesstattliche oder feierliche Erklärung bestätigende Bescheinigung ausstellt, abgegeben hat,
4.
der Nachweis nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3, wobei ein entsprechender Nachweis, der im Herkunftsmitgliedstaat gefordert wird, anerkannt wird oder, wenn im Herkunftsmitgliedstaat kein derartiger Nachweis verlangt wird, eine von einer zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats ausgestellte Bescheinigung,
5.
eine Bescheinigung der zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats, aus der hervorgeht, dass die Nachweise über die geforderten Ausbildungsvoraussetzungen den in der Richtlinie verlangten Nachweisen entsprechen,
6.
in Fällen des Absatzes 2 oder 3 zusätzliche Nachweise, um feststellen zu können, ob die Ausbildung wesentliche Unterschiede gegenüber der Ausbildung aufweist, die in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 geregelt ist,
7.
für den Fall, dass sich Ausbildungsnachweise nach Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 2005/36/EG, die von der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, ausgestellt wurden, auf eine Ausbildung beziehen, die ganz oder teilweise in einer rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen der oben genannten Staaten niedergelassenen Einrichtung absolviert wurde, Unterlagen darüber,
a)
ob der Ausbildungsgang in der betreffenden Einrichtung von der Ausbildungseinrichtung des Ausstellungsmitgliedstaats offiziell bescheinigt worden ist,
b)
ob der ausgestellte Ausbildungsnachweis dem entspricht, der verliehen worden wäre, wenn der Ausbildungsgang vollständig im Ausstellungsmitgliedstaat absolviert worden wäre, und
c)
ob mit dem Ausbildungsnachweis im Hoheitsgebiet des Ausstellungsmitgliedstaats dieselben beruflichen Rechte verliehen werden.
Die Nachweise nach Satz 1 Nr. 3 und 4 dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein. Haben die zuständigen Behörden berechtigte Zweifel an der Authentizität der in dem jeweiligen Herkunftsmitgliedstaat ausgestellten Bescheinigungen und Ausbildungsnachweise, können sie von den zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats eine Bestätigung der Authentizität dieser Bescheinigungen und Nachweise sowie eine Bestätigung darüber verlangen, dass der Antragsteller die Mindestanforderungen der Ausbildung erfüllt, die in Artikel 24 der Richtlinie 2005/36/EG verlangt werden.
Haben die zuständigen Behörden berechtigte Zweifel an der Berechtigung des Antragstellers zur Ausübung des ärztlichen Berufs, können sie von den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates eine Bestätigung verlangen, aus der sich ergibt, dass dem Antragsteller die Ausübung des ärztlichen Berufs nicht aufgrund eines schwerwiegenden standeswidrigen Verhaltens oder einer Verurteilung wegen strafbarer Handlungen dauerhaft oder vorübergehend untersagt worden ist.

(7) Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz findet mit Ausnahme des § 17 keine Anwendung.

(8) Die Bundesregierung überprüft die Regelungen zu den Anerkennungsverfahren nach diesem Gesetz und berichtet nach Ablauf von drei Jahren dem Deutschen Bundestag.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Tatbestand

1

Der 1954 geborene Kläger erhielt im Oktober 1986 die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Er betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau eine logopädische Praxis. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen ihn wegen des Verdachts, im Mai 2003 ein damals fünfjähriges Mädchen in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht zu haben, ein Ermittlungsverfahren ein. Nach Erhebung der Anklage stellte die Staatsanwaltschaft ein weiteres gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren nach § 154 StGB ein. Es betraf den Verdacht, im Jahr 2001 eine damals 28jährige, am Down-Syndrom leidende Patientin in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht zu haben. Mit Urteil vom 7. Januar 2004 verurteilte das Amtsgericht den Kläger wegen des Vorfalls vom Mai 2003 nach § 176 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, und verbot ihm für die Dauer von drei Jahren, Kinder und Jugendliche weiblichen Geschlechts unter 16 Jahren als Logopäde zu behandeln.

2

Der Beklagte widerrief, gestützt auf § 3 Abs. 2 des Gesetzes über den Beruf des Logopäden (LogopG), mit Bescheid vom 3. Juni 2004 die Erlaubnis des Klägers zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Der Kläger habe sich durch den sexuellen Missbrauch einer minderjährigen Patientin eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem die Unzuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs folge. Er habe das ihm entgegengebrachte Vertrauen in verwerflicher Weise missbraucht und die ihm als Logopäden obliegenden Pflichten schwerwiegend verletzt. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.

3

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerruf der Berufserlaubnis erhobene Klage mit Urteil vom 16. Mai 2006 abgewiesen.

4

Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit Urteil vom 20. Mai 2009 teilweise geändert und den Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde aufgehoben, soweit er die Behandlung männlicher Patienten erfasst. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nicht mehr die Gewähr dafür biete, seine Berufspflichten künftig zuverlässig zu erfüllen. Dabei könne offenbleiben, ob auch der Vorfall aus dem Jahr 2001 in die Beurteilung einzubeziehen sei. Schon durch die Tat vom Mai 2003 habe der Kläger sich eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem sich seine Unzuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs ergebe. Der Ausschluss unzuverlässiger Personen von der Berufsausübung diene der Abwehr von Gefahren. Wegen der besonderen Tätigkeit in Einzelsitzungen und weil der Patientenkreis eines Logopäden hauptsächlich aus Kindern und Jugendlichen bestehe, müsse erwartet werden, dass der Kläger sich im sexuellen Bereich jederzeit in der Gewalt habe. Sei dies nicht der Fall und komme es zu sexuellen Entgleisungen, begründe dies die Unzuverlässigkeit. Dass es sich bei dem Geschehen nach den Angaben des Klägers um einen einmaligen und unerklärbaren Vorfall gehandelt habe, ändere daran nichts. Auch ein einmaliges Fehlverhalten könne nach den Umständen die Prognose rechtfertigen, der Betreffende werde seine beruflichen Pflichten in Zukunft nicht zuverlässig erfüllen.

5

Der uneingeschränkte Widerruf der Berufserlaubnis sei aber mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar; er verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Niemand dürfe nach einer begangenen Straftat lebenslang von der gewählten Berufstätigkeit ausgeschlossen werden. Im Fall des Klägers sei ein Schutz der Patienten bereits dadurch zu erreichen, dass ihm als weniger belastende Maßnahme nur die Behandlung weiblicher Patienten untersagt werde. Nach dem im Berufungsverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten könne bei der auf den Kläger als Ersttäter bezogenen Prognose hinsichtlich der Rückfallgefahr differenziert werden. In Bezug auf Frauen und Mädchen bestehe ein Rückfallrisiko; hingegen habe der Sachverständige eine erhöhte Wahrscheinlichkeit homopädophiler oder homosexueller Handlungen verneint. Demnach reiche eine Beschränkung des Widerrufs auf die Behandlung weiblicher Patienten aus. Dem stehe nicht entgegen, dass die ärztliche Approbation nicht teilbar sei und auch nicht mit Nebenbestimmungen versehen werden könne. Entscheidend sei allein die Erforderlichkeit des Widerrufs zum ausreichenden Rechtsgüterschutz. Zudem gebe es im Berufsrecht der Logopäden anders als nach der Bundesärzteordnung kein Nebeneinander von Approbation und Berufserlaubnis, so dass eine differenzierende Betrachtung der Geltungsbereiche bei der Berechtigung für die Heilkundeausübung nicht möglich sei. Ähnlich den auf bestimmte Patientengruppen beschränkten Berufen, etwa Altenpfleger, Kinderkrankenpfleger oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, müsse eine Beschränkung der Logopäden-Erlaubnis unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit möglich sein. Da bei der Erteilung der Erlaubnis eine Beschränkung der Tätigkeit auf bestimmte Patientengruppen durch Auflage nach § 36 VwVfG zulässig erscheine, könne und müsse gegebenenfalls auch der Widerruf der Berufserlaubnis entsprechend beschränkt werden. Eine noch weitere Differenzierung nach Alter oder Art der Erkrankung der Patientinnen sei allerdings nicht angezeigt, weil auch der Sachverständige sich hierzu nicht in der Lage gesehen habe; eine zu starke Zersplitterung der Erlaubnis sei außerdem nicht zweckmäßig.

6

Mit der Revision rügte der Beklagte eine Verletzung von Bundesrecht. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass der Widerruf der Erlaubnis bei Unzuverlässigkeit eine gebundene Entscheidung sei. Verwaltung und Gerichte könnten sich der Bindung an Recht und Gesetz nicht unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entziehen. Weil der Gesetzgeber den Widerruf als zwingende Rechtsfolge der Tatbestandserfüllung angeordnet habe, stehe kraft Gesetzes auch die Verhältnismäßigkeit dieser Rechtsfolge fest. Hätte das Berufungsgericht § 3 Abs. 2 LogopG für unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG gehalten, hätte es das Verfahren aussetzen und die Sache gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen müssen. Hierzu habe indes kein Anlass bestanden, weil der Widerruf der Berufserlaubnis bei Unzuverlässigkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sei. Es gehe nicht darum, den Kläger für immer von logopädischen Behandlungen fernzuhalten. Einer späteren Neuerteilung stehe nichts im Wege, sofern der Kläger dann die Erteilungsvoraussetzungen wieder erfülle. Die Berufserlaubnis eines Logopäden sei allerdings ebenso wie die ärztliche Approbation nicht teilbar, sondern könne nur insgesamt erteilt und widerrufen werden. Soweit andere Heilhilfsberufe auf die Behandlung bestimmter Patientengruppen beschränkt seien, handele es sich um eigenständige Berufe mit einer eigenen Berufsausbildung. Der Beruf oder die Ausbildung zum Jungen- und Männerlogopäden existiere aber nicht.

7

Der Kläger tritt der Revision entgegen. Das Berufungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine grundrechtskonforme Auslegung im Sinne der Möglichkeit eines Teilwiderrufs gebiete. Die Unteilbarkeit einer Approbation stehe dem nicht entgegen. Ärzte unterlägen der Berufsgerichtsbarkeit der Landesärztekammern. Ein unangemessenes Verhalten könne durch abgestufte Sanktionen beantwortet werden. Im Unterschied zum Widerruf der Erlaubnis des Klägers komme ein Entzug der Approbation nur als letztes Mittel innerhalb eines umfangreichen Kataloges von Sanktionen in Betracht. Die Logopäden-Erlaubnis entspreche der in der Bundesärzteordnung geregelten Berufserlaubnis, die für eine vorübergehende oder auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ausübung des Arztberufs erteilt werden könne. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit komme es im Übrigen nicht auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an; vielmehr müsse auch berücksichtigt werden, dass er seinen Beruf seit Mai 2003 beanstandungsfrei ausübe.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der mit den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, als die Behandlung männlicher Patienten in Rede steht. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts verstößt gegen § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 LogopG.

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Die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde setzt nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 LogopG voraus, dass der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt. Fällt diese Voraussetzung nachträglich weg, ist die Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 2 LogopG zu widerrufen.

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1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass Unzuverlässigkeit im Sinne der Ermächtigungsgrundlage vorliegt, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Logopäde werde in Zukunft die Vorschriften und Pflichten nicht beachten, die sein Beruf mit sich bringt. Dem Begriff der Unzuverlässigkeit wohnt ein prognostisches Element inne. Es geht um die Beantwortung der Frage, ob der Logopäde nach den gesamten Umständen des Falles willens oder in der Lage sein wird, künftig seine beruflichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen. Maßgeblich für die Prognose der Zuverlässigkeit ist die jeweilige Situation des Logopäden im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens sowie sein vor allem durch die Art, die Schwere und die Zahl der Verstöße gegen die Berufspflichten manifest gewordener Charakter. Ausschlaggebend für die Prognose der Zuverlässigkeit ist somit die Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Logopäden und seiner Lebensumstände auf der Grundlage der Sachlage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens. Insoweit gilt hier nichts anderes als im Berufsrecht der Ärzte und Angehörigen sonstiger Heil- und Heilhilfsberufe (s. dazu Beschluss vom 10. Dezember 1993 - BVerwG 3 B 38.93 - Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr. 5; Urteil vom 16. September 1997 - BVerwG 3 C 12.95 - BVerwGE 105, 214 <220> = Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 96 S. 36 m.w.N.; Beschluss vom 9. November 2006 - BVerwG 3 B 7.06 - juris Rn. 10).

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Danach hat das Berufungsgericht für die Beurteilung der Zuverlässigkeit mit Recht unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger auch noch nach dem Widerruf der Berufserlaubnis als Logopäde tätig gewesen ist, ohne dass es zu weiteren Beanstandungen gekommen ist. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist durch das materielle Recht vorgegeben. Der Widerruf der Berufserlaubnis ist ein auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens bezogener rechtsgestaltender Verwaltungsakt (Beschluss vom 22. Juli 1982 - BVerwG 3 B 36.82 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 4 S. 3). Vor allem aber sieht das materielle Recht ein eigenständiges Wiedererteilungsverfahren vor, in dem alle nachträglichen Umstände Berücksichtigung finden (vgl. nur Beschluss vom 4. August 1993 - BVerwG 3 B 5.93 - Buchholz 418.20 Allg. Apothekenrecht Nr. 28 S. 28 f.). Ein solches Verfahren ist in dem Berufsrecht der Logopäden zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, ergibt sich aber ohne Weiteres aus dem Umstand, dass bei Wiedervorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf erneute Zuerkennung der Erlaubnis besteht. Der Abschluss des behördlichen Widerrufverfahrens bewirkt eine Zäsur, durch die eine Berücksichtigung danach eintretender Umstände einem späteren Wiedererteilungsverfahren zugewiesen wird. Diese Trennung gilt auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Die von dem Kläger demgegenüber angeführte Rechtsprechung betrifft die Rechtslage bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, die von der besonderen Wirkung einer solchen Behördenentscheidung und vor allem von hier nicht maßgeblichen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Aufenthaltsrecht geprägt ist (vgl. Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 = Buchholz 402.242 § 55 AufenthG Nr. 7).

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2. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass die berufsrechtliche Zuverlässigkeit eines Logopäden nach dem Geschlecht der Patienten aufgeteilt werden und ein Widerruf der Berufserlaubnis deshalb nur teilweise rechtmäßig sein könne. Diese Annahme verstößt gegen das durch das Gesetz über den Beruf des Logopäden und die entsprechende Ausbildungsordnung vorgegebene Berufsbild.

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a) Der Gesetzgeber ist im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG befugt, neue Berufsbilder zu fixieren und dabei den Umfang der beruflichen Tätigkeit in bestimmter Weise festzuschreiben (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 3 C 4.08 - Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr. 8 ; ferner BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 - BVerfGE 78, 179 <192>). Durch die Fixierung des Berufsbilds wird notwendigerweise auch der Rahmen bestimmt, auf den sich die berufsrechtlichen Zugangsvoraussetzungen beziehen. Insoweit gilt für die Zuverlässigkeit nichts anders als für andere Zugangsvoraussetzungen, etwa die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten oder die körperliche Eignung. Sie müssen in einem Maße vorhanden sein, das den Anforderungen des gesetzlichen Berufsbilds entspricht und sie ausfüllt. Das gilt für den Berufszugang durch Erteilung der Erlaubnis wie für deren Widerruf. Da eine Erteilung der Erlaubnis ausscheidet, wenn der Antragsteller keine Gewähr dafür bietet, seine Berufspflichten - und zwar alle - zuverlässig zu erfüllen, steht es spiegelbildlich einem Widerruf nicht entgegen, dass er einem Teil seiner Berufspflichten nach wie vor zuverlässig nachkommt. In diesem Sinne ist die berufsrechtliche Zuverlässigkeit unteilbar.

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Eine andere Beurteilung wäre nur dann angebracht, wenn das vom Gesetzgeber umschriebene Berufsbild seinerseits nicht von einem im gemeinen Wohl liegenden Zweck getragen wäre, der geeignet ist, die grundrechtsbeschränkenden Rechtsfolgen zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber darf nicht ohne Weiteres Berufstätigkeiten zu einem einheitlichen Berufsbild zusammenfassen, wenn sachliche Gründe für eine Aufteilung in verschiedene Berufe sprechen, sei es, dass solche Gründe bereits ursprünglich bestanden haben, sei es, dass sich nach dem Inkrafttreten des Berufsgesetzes eigenständige Teilberufe herausgebildet haben, die eine aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Anpassungspflicht des Gesetzgebers begründen. Dafür ist bezogen auf die in Rede stehende Unterscheidung nach dem Geschlecht des Patienten bei der Behandlung von Sprachstörungen indes nichts ersichtlich. Auch der Kläger behauptet nicht, dass damit ein aus Sachgegebenheiten der Logopädie folgender Grund für eine Differenzierung bezeichnet ist, etwa weil bei männlichen Patienten andersartige Störungen oder Behandlungsmethoden in Betracht kämen als bei weiblichen. Deshalb greift auch der Hinweis auf die Teilbarkeit der Heilpraktikererlaubnis nicht. Die Zuerkennung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis ist nur möglich, soweit sich auf dem Gebiet der Heilkunde ein eigenständiges und abgrenzbares Berufsbild herausgebildet hat (s. dazu zuletzt Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 19.08 - NVwZ-RR 2010, 111 <113>). Entsprechendes gilt für den Umstand, dass andere Heilhilfsberufe eine Beschränkung auf bestimmte Patientengruppen vorsehen. Soweit etwa die Berufsbilder des Altenpflegers, des Kinderkrankenpflegers oder des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten die Behandlung auf Patienten bestimmter Altersgruppen beschränken, liegen dem jeweils aus der Art der Erkrankungen, den Bedürfnissen der Patienten oder den Therapieformen resultierende Besonderheiten zugrunde, die zu einem eigenständigen Berufsbild mit einer eigenen Berufsausbildung geführt haben.

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b) Eine Beschränkbarkeit des Berufsbilds zur Überwindung persönlicher Eignungshindernisse lässt sich ebenso wenig aus einem Vergleich mit dem ärztlichen Berufsrecht herleiten, das neben der Approbation eine beschränkbare Berufserlaubnis vorsieht (§ 2 Abs. 1 und 2 BÄO). Das Berufsrecht der Logopäden kennt neben der uneingeschränkten Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung Logopäde (§ 1 Abs. 1 LogopG) keine mindere Form der Erlaubnis, die eine vorübergehende oder auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Berufsausübung betrifft. Im Übrigen ist auch die Beschränkbarkeit der ärztlichen Berufserlaubnis kein Mittel zur Überwindung von Zuverlässigkeitsmängeln; sie setzt nicht anders als die Approbation die Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs voraus (§ 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO). Über Auflagen oder sonstige Nebenbestimmungen könnte eine Berufserlaubnis als Logopäde gleichfalls nicht auf die Behandlung bestimmter Patientengruppen beschränkt werden, weil dadurch die mit der Hauptregelung zugesprochene unbeschränkte Erlaubnis teilweise wieder aufgehoben würde. Zu einer solchen Modifikation berechtigt § 36 Abs. 1 VwVfG nicht.

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c) Angesichts der strikten Rechtsfolge des § 3 Abs. 2 LogopG muss dem mit dem Widerruf bewirkten Eingriff in die Berufsfreiheit bereits bei der Auslegung des Begriffs der Unzuverlässigkeit hinreichend Rechnung getragen werden, um das Übermaßverbot zu wahren (vgl. Urteil vom 26. September 2002 - BVerwG 3 C 37.01 - NJW 2003, 913 <914>). Der Widerruf ist im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG nur dann gerechtfertigt, wenn der mit der Maßnahme bezweckten Abwehr von Gefahren für das Gemeinwohl ein Gewicht zukommt, das in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere des damit verbundenen Grundrechtseingriffs steht. Das setzt voraus, dass der Betreffende wesentliche Berufspflichten missachtet hat und die anzustellende Prognose eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass er auch künftig seine Berufspflichten nicht beachten wird. Liegen diese Voraussetzungen für die Bejahung der Unzuverlässigkeit vor, so ergibt sich die Verhältnismäßigkeit des Widerrufs aus der vom Gesetzgeber selbst mit § 3 Abs. 2 LogopG getroffenen Wertung, dass in einem solchen Fall der Widerruf der unteilbaren Erlaubnis das erforderliche und angemessene Mittel ist, um die damit verbundenen Gefahren von der Bevölkerung abzuwenden. Andernfalls muss der Widerruf unterbleiben. Der Hinweis des Klägers, dass das Berufsrecht der Logopäden anders als das ärztliche Berufsrecht für Fehlverhalten unterhalb der Schwelle der Unzuverlässigkeit kein abgestuftes Sanktionssystem bereithalte, führt deshalb nicht weiter. Dieser Umstand begründet keine Unverhältnismäßigkeit der Widerrufsregelung, sondern führt lediglich dazu, dass auf derartiges Fehlverhalten eines Logopäden nicht mit den Mitteln des Berufsrechts reagiert werden kann. Bei diesem Verständnis kann § 3 Abs. 2 LogopG mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit nicht in Konflikt geraten.

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3. Der Kläger ist unzuverlässig zur Ausübung des Berufs des Logopäden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, deren Richtigkeit er nicht in Abrede stellt, hat er im Mai 2003 ein fünfjähriges Mädchen, das ihm von den Eltern für eine Heilbehandlung anvertraut war, in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht. Die Achtung der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der persönlichen Ehre, zumal von Kindern, zählt zu den wesentlichen Berufspflichten eines Logopäden; die sorgfältige und gewissenhafte Heilbehandlung der Patienten bildet den Kern seiner beruflichen Verantwortung. Der Kläger hat in diesen Punkten gegenüber dem betroffenen Kind vollständig versagt. Hinzu treten die weiteren Umstände der Tat, die das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, namentlich das geringe Alter des Kindes, die Ausnutzung seiner Schutzlosigkeit und des Vertrauens der Eltern in eine ordnungsgemäße Heilbehandlung ihres Kindes.

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Eine neuerliche Verletzung der Berufspflichten gegenüber Patienten ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen, sondern mit der im Sachverständigengutachten beschriebenen Wahrscheinlichkeit unter Berücksichtigung des dieser Art von Prognosen unvermeidbar anhaftenden gewissen Maßes an Unsicherheit anzunehmen. Die entsprechenden Feststellungen sind, soweit sie jedenfalls eine Wiederholungsgefahr in Bezug auf weibliche Patienten betreffen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und vom Kläger nicht mit Gegenrügen angegriffen worden. Sein in den Vorinstanzen erhobener Einwand, dass es sich um eine unerklärliche Einzeltat handele, die nicht auf einer krankhaften Veranlagung oder Störung beruhe, weshalb von ihm kein anderes Risiko ausgehe als von jedem anderen Menschen, geht an den Annahmen des Berufungsgerichts vorbei. Es hat ebenso wie der Sachverständige, auf dessen Gutachten es sich bezieht, nicht unberücksichtigt gelassen, dass bei dem Kläger weder eine homopädophile noch überhaupt eine sexuelle Deviation festgestellt worden ist, und sich deshalb auf allgemeine statistische Erfahrungen zur Rückfallwahrscheinlichkeit und auf die konkreten Lebensumstände des Klägers gestützt, wobei es zu dessen Gunsten noch unterstellt hat, dass die Tat vom Mai 2003 tatsächlich eine Ersttat war. Dass die vom Sachverständigen zugrunde gelegten Rückfallraten nur für Ersttäter mit einer festgestellten krankhaften Veranlagung Geltung beanspruchen, ist weder ersichtlich noch vom Kläger behauptet worden. Wollte man aus dem Umstand, dass bei dem Kläger in keiner Richtung krankhafte sexuelle Veranlagungen festgestellt worden sind, überhaupt eine Folgerung ziehen, dann allenfalls diejenige, dass in einem solchen Fall allein das Fehlen (auch) einer homopädophilen Veranlagung an sich kein Grund sein kann, in Bezug auf männliche Patienten auf ein geringeres Rückfallrisiko zu schließen als in Bezug auf weibliche. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, weil die Annahmen des Berufungsgerichts, der Kläger stelle jedenfalls für weibliche Patienten auch künftig eine Gefahr dar, nicht zu beanstanden sind.

19

Neben den Aspekt der Vermeidung konkreter Gefahren durch künftige Pflichtverletzungen des Klägers tritt, wenn auch nicht mit ausschlaggebendem Gewicht, so doch zusätzlich, der weitergreifende berufsrechtliche Aspekt des Schutzes des Vertrauens der Bevölkerung in die Integrität der Personen, denen die staatliche Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde verliehen ist. Eine fortdauernde Berufstätigkeit von Logopäden, die ihre Pflichten gegenüber ihren Patienten gröblich verletzt haben, ist geeignet, das für jede Heilbehandlung notwendige Vertrauen der Patienten in die Zuverlässigkeit der Berufsangehörigen über die Person des Klägers hinaus zu beeinträchtigen.

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4. Unter diesen Umständen ist ein Widerruf der Berufserlaubnis kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Achtung der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der persönlichen Ehre der Patienten dient ebenso wie die Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Durchführung der Heilbehandlung dem Schutz besonders gewichtiger Individualrechtsgüter. Die mit dem Widerruf bezweckte Abwendung von Gefahren für diese Rechtsgüter steht nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu den allerdings einschneidenden Folgen, die der Widerruf für den Kläger zeitigt. Angesichts der Gefahren, die von ihm ausgehen, ist es nicht unzumutbar, ihn von dem Beruf des Logopäden fernzuhalten. Dass der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für einen Teil der Patienten keine oder nur eine geringere Gefahr bedeutet, kann daran nichts ändern. Solange er keine Gewähr dafür bietet, dass er wesentliche Pflichten, die der Beruf des Logopäden mit sich bringt, künftig zuverlässig erfüllt, ist der Schluss auf seine Unzuverlässigkeit gerechtfertigt. Davon muss ausgegangen werden, wenn zu besorgen ist, dass er nicht alle Patienten gleich welchen Geschlechts mit derselben Zuverlässigkeit behandelt, sondern für jeden weiblichen Patienten, der sich in seine Behandlung begibt, ein Risiko darstellt.

21

Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird außerdem dadurch Rechnung getragen, dass das Gesetz die Möglichkeit eröffnet, einen Antrag auf Wiedererteilung der Erlaubnis zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1997 - BVerwG 3 C 12.95 - a.a.O. S. 222 bzw. S. 38; Beschluss vom 14. April 1998 - BVerwG 3 B 95.97 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 100; s. auch BVerfG, Beschluss vom 4. April 1984 - 1 BvR 1287/83 - BVerfGE 66, 337 <358>). Der Kläger muss nicht länger von der Berufsausübung ausgeschlossen bleiben, als es die den Widerruf tragenden Gründe erfordern. Wenn er die Zuverlässigkeit wiedererlangt hat, ist er unter den Voraussetzungen des § 2 LogopG auf seinen Antrag hin erneut zuzulassen.

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5. Dem Widerruf der Berufserlaubnis steht schließlich nicht entgegen, dass das Amtsgericht gegen den Kläger wegen der Tat vom Mai 2003 ein beschränktes und befristetes Berufsverbot nach § 70 StGB verhängt hat. Der Beklagte ist nicht an die diesbezügliche Beurteilung durch das Amtsgericht gebunden; insbesondere findet § 35 Abs. 3 GewO keine Anwendung (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 und § 35 Abs. 8 GewO; s. dazu Urteil vom 14. Februar 1963 - BVerwG 1 C 98.62 - BVerwGE 15, 282 <285> = Buchholz 418.01 Zahnheilkunde Nr. 5 S. 13). Er darf allerdings in den Fällen, in denen das Strafgericht im Rahmen einer Maßregel zur Frage der weiteren Berufsausübung bereits Stellung genommen hat, nur tätig werden, soweit der Zweck im Strafverfahren noch nicht erreicht worden und im Sinne eines "Überhangs" tatübergreifender Aspekte noch zusätzlich eine berufsrechtliche Reaktion erforderlich ist (Urteil vom 14. Februar 1963 a.a.O. S. 286 ff. bzw. S. 14 ff.; Beschlüsse vom 25. Februar 1969 - BVerwG 1 B 26.68 - BVerwGE 31, 307 <312 f.> = Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 7 S. 19 und vom 9. November 2006 - BVerwG 3 B 7.06 - juris Rn. 9). Dafür kommt es maßgeblich darauf an, ob das Strafgericht im Rahmen der Prüfung des Berufsverbots den Sachverhalt unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten erschöpfend gewürdigt, alle bedeutsamen Aspekte bereits geprüft und damit die maßgeblichen berufsrechtlichen Erwägungen im Kern vorweggenommen hat (Urteil vom 14. Februar 1963 a.a.O. S. 287 bzw. S. 15).

23

Das ist hier nicht der Fall. Das Amtsgericht hat in dem Strafurteil zwar auch eine Gefahrenprognose angestellt, soweit es den Umfang des Berufsverbots auf weibliche Patienten unter 16 Jahren beschränkt hat. Es hat diese Prognose aber entsprechend dem Charakter des Berufsverbots nach § 70 StGB als tatbezogene Maßregel der Besserung und Sicherung allein darauf gestützt, dass nach den Umständen der konkreten Tat nur eine Gefährdung dieses Personenkreises zu besorgen sei. Die berufsrechtliche Entscheidung knüpft demgegenüber daran an, dass unter tatübergreifenden Aspekten die Zuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs (insgesamt) entfällt, wenn der Betreffende auch nur für einen Teil seiner Patienten eine Gefahr bedeutet. Die Gefahrenprognose der Widerrufsentscheidung wird zudem, anders als das vom Strafgericht im Januar 2004 ausgesprochene beschränkte Berufsverbot, nicht allein von dem Umstand getragen, dass der Kläger ein Kind sexuell missbraucht hat, sondern von einer umfassenden Würdigung seiner konkreten Lebensumstände und einer auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bezogenen Abwägung der für und gegen die Annahme einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Wiederholungstat sprechenden Aspekte, wie sie in dem Gutachten des Sachverständigen im Einzelnen angeführt sind, auf das sich das Berufungsgericht gestützt hat. Soweit es die zeitliche Befristung des Berufsverbots betrifft, hat das Strafgericht überhaupt keine Gefahrenprognose angestellt. Die Begrenzung der Maßregel auf einen Zeitraum von drei Jahren beruhte nicht auf der Erwartung, von dem Kläger werde danach keine Gefahr mehr ausgehen, sondern auf der Erwägung, ein dreijähriges Berufsverbot sei der Schwere der Tat angemessen. Damit war der Beklagte an einer umfassenden Beurteilung des Verhaltens des Klägers unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten nicht gehindert.

Gründe

1

Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt. Mit rechtskräftigem Strafurteil verurteilte ihn das Amtsgericht wegen sexueller Nötigung eines 15jährigen Mädchens in seinem Wohnhaus zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bei der Strafzumessung legte das Amtsgericht den Strafrahmen des § 177 Abs. 1 und 5 StGB zugrunde (minder schwerer Fall). Nachdem der Beklagte gegen den Kläger ein Verfahren auf Widerruf der Approbation eingeleitet hatte, beantragte der Kläger ohne Erfolg die Wiederaufnahme des Strafverfahrens. Der Beklagte widerrief die Approbation des Klägers unter anderem wegen Unwürdigkeit. Die dagegen geführte Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem nach § 130a VwGO ergangenen Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich die Beschwerde des Klägers.

2

Die Beschwerde hat Erfolg. Zwar liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts leidet jedoch an einem vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Der Senat macht deshalb von der durch § 133 Abs. 6 VwGO eröffneten Möglichkeit der Zurückverweisung der Sache Gebrauch.

3

1. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob angesichts des Wandels der Unwertvorstellungen in der Öffentlichkeit auch ein einmaliges, außerberufliches und in der Öffentlichkeit nicht bekannt gewordenes Fehlverhalten, das vom Strafgericht als minder schwerer Fall beurteilt worden sei, den Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit begründen könne, lässt sich angesichts der Fülle denkbarer Fallkonstellationen ohne weiteres bejahen. Ob solche Umstände hingegen in einem konkreten Fall einen Widerruf rechtfertigen, kann fallübergreifend nicht weiter geklärt werden. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass nur wiederholte oder bekannt gewordene berufliche Verfehlungen oder nur nicht minder schwere Straftaten einen Widerruf rechtfertigen, lässt sich jedenfalls nicht aufstellen. Unabhängig davon geht die vom Kläger aufgeworfene Frage am Fall vorbei. Einen Wandel der Unrechtsvorstellungen in der Öffentlichkeit hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Davon kann bei Straftaten, die sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung - zumal bei Kindern und Jugendlichen - richten, auch keine Rede sein.

4

Die Frage, ob das Merkmal der Unwürdigkeit mit generalpräventiven Erwägungen begründet werden könne und dadurch einer strafrechtlichen Sanktion gleichkomme, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Der Widerruf der Approbation stellt einen besonders schweren Eingriff in die Berufsfreiheit dar, der nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zulässig ist. Das gilt auch für den Widerruf wegen Unwürdigkeit. Strafzwecke, auch generalpräventive Zwecke im Sinne einer Abschreckung anderer Angehöriger des Berufsstandes vor ähnlichen Verfehlungen, wären damit nicht vereinbar (vgl. Beschluss vom 27. Oktober 2010 - BVerwG 3 B 61.10 - juris Rn. 3). Es geht bei einem Widerruf wegen Unwürdigkeit nicht um eine Sanktion, sondern vielmehr darum, das Ansehen der Ärzteschaft in den Augen der Öffentlichkeit zu schützen, dies freilich nicht als Selbstzweck, sondern um das für jede Heilbehandlung unabdingbare Vertrauen der Patienten in die Integrität der Personen aufrecht zu erhalten, denen mit der Approbation die staatliche Erlaubnis zur selbständigen Ausübung der Heilkunde bzw. Zahnheilkunde verliehen ist und in deren Behandlung sich die Patienten begeben. Dieses Vertrauen würde zerstört durch eine fortdauernde Berufstätigkeit von Ärzten, die ein Fehlverhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist (vgl. nur Beschlüsse vom 28. Januar 2003 - BVerwG 3 B 149.02 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 107 S. 15; vom 14. April 1998 - BVerwG 3 B 95.97 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 100 S. 50 f.). Freilich muss der Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit, der nach seiner Zielrichtung keine auf die Person des Betroffenen bezogene Gefahrenprognose erfordert, in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit stehen (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 23. November 2009 - 1 BvR 2709/09 - juris Rn. 8; vom 28. August 2007 - 1 BvR 1098/07 - juris Rn. 22 f.; vom 18. Mai 2005 - 1 BvR 1028/05 - juris Rn. 1). Anlass für den Widerruf wegen Unwürdigkeit können deshalb nur gravierende Verfehlungen sein, die geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos, nachhaltig zu erschüttern. Das Berufungsgericht ist von diesen hohen Voraussetzungen für einen Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit ausgegangen. Die daran ausgerichtete Einordnung der Straftat des Klägers betrifft hingegen nur den Einzelfall und dessen spezifische Umstände. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung werden dadurch nicht mehr aufgeworfen.

5

Der Kläger sieht ferner einen grundsätzlichen Klärungsbedarf in dem Umstand, dass auch bei einem auf Unwürdigkeit gestützten Widerruf eine Wiedererteilung der Approbation möglich ist. Darin erblickt er einen Widerspruch zu dem vom Berufungsgericht angenommenen Verständnis der Unwürdigkeit und folgert daraus, dass schon dieses Verständnis unzutreffend sein müsse. Der Einwand trifft nicht zu. Es entspricht vielmehr rechtsstaatlichen Grundsätzen und dem Gewicht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, den einmal herbeigeführten Verlust der Befugnis zur Berufsausübung nicht zu perpetuieren. Das gilt für den Widerrufsgrund der Unzuverlässigkeit ebenso wie für den Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit.

6

2. Die geltend gemachte Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) besteht nicht. Dem angeführten Urteil vom 27. Oktober 1966 (- BVerwG 1 C 99.64 - NJW 1967, 314) lag - abgesehen von sonstigen Gründen gegen eine Divergenz - ersichtlich kein ähnlicher Sachverhalt zugrunde, sondern homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen.

7

3. Das Berufungsverfahren leidet indes an einem Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil das Berufungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a VwGO entschieden hat, obwohl nach den Umständen des Falles aller Anlass bestanden hätte, den Kläger zum Zwecke einer weiteren Sachaufklärung persönlich anzuhören.

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Gemäß § 130a VwGO kann das Oberverwaltungsgericht über die Berufung durch Beschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Ob das Gericht den ihm nach § 130a VwGO eröffneten Weg der Entscheidung im Beschlussverfahren beschreitet, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen, das grundsätzlich nur auf sachfremde Erwägungen und grobe Fehleinschätzungen überprüfbar ist (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 <213>). Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass die Durchführung der mündlichen Verhandlung im System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes den gesetzlichen Regelfall und das Kernstück auch des Berufungsverfahrens bildet. Die Ermessensentscheidung über ein Abweichen von diesem Regelfall muss deshalb daran ausgerichtet sein, ob die für das gerichtliche Verfahren zentrale Funktion der mündlichen Verhandlung nach den Umständen des Falles ausnahmsweise verzichtbar ist, etwa weil der Sache für die Beteiligten keine besondere Bedeutung zukommt, der Fall einfach gelagert ist und tatsächliche Fragen geklärt sind.

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Daran gemessen erweist sich die Durchführung des vereinfachten Berufungsverfahrens hier als fehlerhaft. Das Berufungsgericht musste zum einen die Bedeutung der Sache für den Kläger in Rechnung stellen. Er wehrt sich gegen den Widerruf seiner Approbation als Zahnarzt; für ihn stehen seine berufliche Existenz und die damit verbundene Einkommenssicherung für ihn und seine Familie auf dem Spiel. Vor allem aber durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur weiteren Sachaufklärung nichts mehr beitragen könne. Zwar hat es im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass die Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils der berufsrechtlichen Beurteilung der Unwürdigkeit zugrunde gelegt werden können, solange keine gewichtigen Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit sprechen. Dabei hat das Berufungsgericht den Einwänden des Klägers gegen die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin allerdings maßgeblich sein Verhalten im Strafverfahren entgegengehalten und eine Bestätigung der Täterschaft darin gesehen, dass er das erstinstanzliche Strafurteil hingenommen hat. In diesem Zusammenhang hat es die schriftsätzlich vorgetragenen Erklärungen des Klägers bzw. seiner Ehefrau zu den Motiven für dieses Verhalten als nicht nachvollziehbar, gar als unverständlich angesehen und es für ausgeschlossen gehalten, dass der Kläger auf die berufsrechtlichen Folgen von seinem damaligen Rechtsanwalt nicht hingewiesen worden sei. Diese tatrichterliche Würdigung verletzt den Überzeugungsgrundsatz. Das Berufungsgericht darf nicht - letztlich allein entscheidungstragend - Vortrag, der für sich genommen nicht von vornherein unschlüssig erscheint, als "unverständlich" werten, ohne dem betroffenen Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit einzuräumen, sich in einer mündlichen Verhandlung zu erklären und gegebenenfalls verständlich zu machen. Ebenso wenig darf es Tatsachenbehauptungen als "ausgeschlossen" werten, ohne naheliegende Möglichkeiten (hier etwa eine Befragung des damaligen Rechtsanwalts des Klägers) zur weiteren Aufklärung zu nutzen. Unter diesen Umständen hätte für das Berufungsgericht aller Anlass bestanden, den wiederholten Bitten des Klägers um eine persönliche Anhörung in einer mündlichen Verhandlung Rechnung zu tragen.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.1.2010 - 1 K 659/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 30.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Der gemäß §§ 124 Abs. 1, 124 a Abs. 4 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.1.2010 - 1 K 659/08 - hat in der Sache keinen Erfolg.

Mit diesem Urteil wurde die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 19.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.6.2008, durch den der Beklagte die Approbation des Klägers als Arzt widerrufen hat, abgewiesen. Das auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Vorbringen des Klägers in der Begründung seines Berufungszulassungsantrages vom 17.5.2010, das den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Verfahren begrenzt, gibt keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Ausgehend von der Antragsbegründung ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht sei bei der Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf der ärztlichen Approbation des Klägers gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Bundesärzteordnung (BÄO) zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger sich des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses gemäß § 174 c Abs. 1 StGB schuldig gemacht habe.

Zwar treffe es zu, dass der Kläger aufgrund eines angeblichen Vorfalls vom 7.6.2004 durch Urteil des Amtsgerichts N. vom 31.5.2006 (AZ 3 Ls 605 Js 16779/04) wegen einer solchen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt worden sei, verurteilt worden sei. Gegen das erstinstanzliche Urteil habe der Kläger Berufung einlegen lassen. In der Berufungshauptverhandlung vom 31.10.2007 habe der damalige Verteidiger des Klägers die Berufung auf das Strafmaß beschränkt. Das Landgericht B. habe daraufhin den Strafausspruch auf ein Jahr und zwei Monate reduziert.

Jedoch bestünden - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Hierfür sei lediglich erforderlich, dass sich nach dem Studium der Strafakte erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der tatrichterlichen Feststellungen ergäben, um die „faktische Tatbestandswirkung“ des Strafurteils aufzuheben.

Wie bereits im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid des Beklagten vom 19.2.2008, durch den dieser die Approbation des Klägers widerrufen hatte, habe der Kläger auch in der Begründung der dagegen gerichteten Klage vor dem Verwaltungsgericht (1 K 659/08) die Begehung der Tat bestritten und nochmals im Einzelnen dargelegt, dass und inwieweit das strafgerichtliche Verfahren von einer Reihe nicht nachvollziehbarer Verfahrensfehler und das Urteil von offenkundigen Beweiswürdigungsfehlern geprägt gewesen seien, die sein Recht auf ein faires Verfahren beeinträchtigt hätten.

Diese bestünden

1. in der Unterlassung der Hinzuziehung eines Dolmetschers für die deutsche Sprache,

2. in der Befangenheit des erstinstanzlichen Richters des Amtsgerichts N.,

3. dem Verschwinden des Hauptbeweismittels (asservierte Handschuhe),

4. in der Nichteinholung eines fachärztlich-neurologischen Gutachtens zur Frage der Indikation einer Untersuchung, die das Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge beinhalte,

5. in der Zugrundelegung eines – hierzu generell ungeeigneten weil -gerichtsmedizinischen Gutachtens zu dieser Frage,

6. in der Übernahme der Feststellung einer angeblich stattgehabten „gynäkologischen“ Untersuchung aus dem Gutachten Dr. R. in die Urteilsgründe,

7. in der generell unzureichenden Verteidigung in beiden Instanzen.

Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht hieraus nicht den Schluss gezogen, dass gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils bestünden.

Dem kann nicht gefolgt werden. Auch unter Berücksichtigung des ergänzenden und vertiefenden Vortrags hierzu im Rahmen der Begründung des vorliegenden Zulassungsantrages ergeben sich keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen in Verfahren zum Widerruf der ärztlichen Approbation die in einem rechtskräftigen Strafbefehl, erst recht aber die in einem Strafurteil, das auf der Grundlage einer Hauptverhandlung ergangen ist, enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage der gerichtlichen Beurteilung der Widerrufsvoraussetzungen gemacht werden, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der dort getroffen Feststellungen ergeben

ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. 9. 2002 - BVerwG 3 C 37/01 -, Beschluss vom 06.03.2003 - 3 B 10/03 – sowie Beschluss vom 18.08.2011 - 3 B 6/11 -, juris.

Die Annahme gewichtiger Anhaltspunkte in diesem Sinne setzt die Darlegung nachprüfbarer Umstände, die die Unrichtigkeit der im Strafbefehl oder – wie hier - in dem Strafurteil getroffenen Feststellungen belegen könnten, voraus

BVerwG, Urteil vom 26. 9. 2002 - BVerwG 3 C 37/01 - sowie Beschluss vom 18.08.2011 - 3 B 6/11 -, juris.

Gewichtige Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen im Strafurteil oder Strafbefehl bestehen, wenn Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 StPO vorliegen, namentlich im Falle der Beibringung neuer Tatsachen oder Beweismittel, die eine für den Betroffenen günstigere strafrechtliche Entscheidung zu begründen geeignet sind. Es bedarf jedenfalls der Darlegung substantiierter, nachprüfbarer Umstände, die eine Unrichtigkeit der im Strafurteil oder Strafbefehl getroffenen Feststellungen belegen könnten. Ein pauschales Bestreiten des zur Last gelegten Sachverhalts oder der bloße Hinweis, mit dem Akzeptieren des Schuldspruchs sei kein Geständnis verbunden, genügen nicht, um das Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte zu bejahen und eine Verwertbarkeit der im Strafurteil oder Strafbefehl getroffenen Feststellungen auszuschließen

BVerwG, Urteil vom 26. 9. 2002 - BVerwG 3 C 37/01 - sowie Beschluss vom 18.08.2011 - 3 B 6/11 -, juris.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils zu Recht verneint.

Die Feststellungen des Amtsgerichts N. in seinem Urteil vom 31.5.2006 gehen dahin, dass der Kläger am 7.6.2004 die Aufnahmeuntersuchung der Zeugin A. in der Neurologischen Klinik in N./B. (A.) durchgeführt hat. Die damals 78 Jahre alte Zeugin hatte am 31.5.2004 einen (leichten) Schlaganfall erlitten, der zunächst in der Universitätsklinik M. behandelt worden war. Sie wurde von dort am 3.6.2004 nach Hause entlassen. Am 7.6.2004 wurde sie zur Durchführung einer Anschlussrehabilitationsmaßnahme in der A.-Klinik aufgenommen. Während der Aufnahmeuntersuchung hat der Kläger die Zeugin nach den Feststellungen des Amtsgerichts N. veranlasst, ihren Unterkörper zu entkleiden und sie anschließend am Geschlechtsteil betastet. Außerdem hat er nach den Feststellungen des Amtsgerichts N. einen Finger in die Vagina der Zeugin eingeführt, diesen hin- und herbewegt und die Zeugin befragt, ob dies gute Gefühle bei ihr auslöse. Ausweislich des Urteils des Amtsgerichts N. hat das Gericht diese Feststellungen getroffen aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin A. und der weiteren in der Hauptverhandlung (vom 18.5. und 31.5.2006) durchgeführten Beweisaufnahme, wobei die strafrechtliche Entscheidung entscheidend darauf gestützt ist, dass „der Angeklagte durch die glaubhaften Angaben der Zeugin A. widerlegt und überführt“ werde. Die weitere Beweisaufnahme umfasste die Aussage des Klägers zur Sache, die Aussage des Chefarztes der A.-Klinik, Dr. von R., die Aussage des Sohnes der Zeugin A., sowie die Anhörung der Sachverständigen Dr. R., Oberarzt am Institut für Rechtsmedizin der Universität G., der zusammen mit dem Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Universität G., Prof. Dr. W., ein rechtsmedizinisches Gutachten vom 9.8.2005 zur Indikation der in Rede stehenden Untersuchungen erstellt hatte, und des Dipl.-Ing. für Biotechnologie H., der zusammen mit Prof. Dr. W. das Spurengutachten vom 25.5.2005 betreffend die asservierten Handschuhe erstellt hatte.

Im Einzelnen ist bezüglich des Nichtvorliegens gewichtiger Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils von Folgendem auszugehen:

1. Soweit der Kläger die Unterlassung der Hinzuziehung eines Dolmetschers für die deutsche Sprache in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. rügt, ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwieweit dies eine Unrichtigkeit der im Strafurteil oder Strafbefehl getroffenen Feststellungen belegen könnte.

Zu den unter Berufung auf seine Herkunft als Russlanddeutscher geltend gemachten Sprachproblemen hat der Kläger in der Begründung des vorliegenden Zulassungsantrags vortragen lassen, die Hinzuziehung eines Dolmetschers habe sich „noch am Wenigsten für die Vernehmung des Klägers aufgedrängt“. Diese habe sich nämlich im Wesentlichen auf den Untersuchungsablauf, also letztlich medizinische Fragen bezogen. Der Kläger sei durchaus in der Lage, medizinische Sachverhalte zu schildern. Zudem sei der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, wie die Untersuchung abgelaufen sei, vorbereitet gewesen. Er sei schon zuvor mehrfach gezwungen gewesen, sich noch einmal den Ablauf vor Augen zu halten. Von daher sei es nicht schwer gewesen, den Sachverhalt ein weiteres Mal darzustellen. Auch gebe das Protokoll sinngemäß zutreffend die Aussage des Klägers mit den Worten des Strafrichters wieder. Problematisch sei mit Blick auf die Sprachkenntnisse des Klägers das Erfassen von Fragen und insbesondere die Fähigkeit, einer Gerichtsverhandlung zu folgen und dabei die rechtlichen Auswirkungen prozessualer Erklärungen zu erfassen.

Dementsprechend wird mit dem vorliegenden Zulassungsantrag auch nicht geltend gemacht, der Kläger hätte bei Hinzuziehung eines Dolmetschers in der Sache anders ausgesagt. Vielmehr wird geltend gemacht, dass – anders als gewöhnlich - aus dem prozessualen Verhalten des Klägers keine Rückschlüsse auf das Vorliegen eines Schuldeingeständnisses gezogen werden könnten. Dies gelte insbesondere in Bezug auf das „zu seinem letzten Wort in Widerspruch stehende Plädoyer seines Verteidigers“, der eine Bewährungsstrafe gefordert hat, während der Kläger erklärt hat, „dass meine Untersuchung nicht falsch war“ und „Freispruch“ beantragt hat, sowie in Bezug auf die vor dem Landgericht G. erklärte Beschränkung der Berufung in zweiter Instanz.

Gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils ergeben sich hieraus jedoch nicht. Denn weder ist das Vorliegen eines unmittelbaren oder mittelbaren Schuld- oder Tatsachengeständnisses Voraussetzung für die Annahme der Richtigkeit der aufgrund einer Beweisaufnahme in einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung festgestellten Tatsachen, noch bestehen allein wegen des Nichtvorliegens eines solchen Geständnisses gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils

BVerwG, Beschluss vom 18.08.2011 - 3 B 6/11 -, juris.

Dies gilt auch im vorliegenden Falle, in dem die Verurteilung des Klägers weder auf dessen Einlassung noch auf ein tatsächliches oder vermeintliches Geständnis, etwa in Gestalt der Beantragung einer Bewährungsstrafe durch den Verteidiger, sondern auf das Gesamtergebnis der vor dem Amtsgericht N. durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere die Vernehmung der Zeugin A. in der Hauptverhandlung, gestützt wurde.

Zudem war eine Verständigung des Klägers mit seinem damaligen Verteidiger auch über prozessual relevante Erklärungen durchaus möglich, wie der Umstand zeigt, dass ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. vom 18.5.2006 nach der Aufforderung des Richters, ein Geständnis abzulegen und der nachfolgenden Unterbrechung der Verhandlung im Protokoll vermerkt ist: „Der Verteidiger erklärt sodann für seinen Mandanten, dass die Vorwürfe, der Angeklagte habe die Zeugin R. ausgiebig über das Sexualleben befragt und die Finger in die Scheide eingeführt, nicht zutreffen“.

2. Soweit der Kläger die Befangenheit des erstinstanzlichen Richters des Amtsgerichts N. geltend macht und hieraus gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils herleiten will, hat er schon für deren Vorliegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dargelegt.

Die Befangenheit des erstinstanzlichen Strafrichters versucht der Kläger im Wesentlichen zunächst daraus herzuleiten, dass dieser den Sohn der geschädigten Zeugin A., einen Rechtsanwalt, der die Strafanzeige erstattet hatte und in der Hauptverhandlung selbst als Zeuge vernommen wurde, geduzt habe, sowie daraus, dass der erstinstanzliche Strafrichter den Kläger bereits nach dessen Vernehmung, einer kurzen Frage an den Sachverständigen Dr. R. und vor Eintritt in die weitere Beweisaufnahme aufgefordert habe, die Vorwürfe einzuräumen und ein Geständnis abzulegen. Beides trägt die Annahme der Befangenheit nicht und legt sie auch nicht nahe. Auch wenn man darüber streiten mag, ob es für guten Stil spricht, wenn sich einander bekannte Juristen im Rahmen einer Hauptverhandlung duzen, so kann dies, z.B. aufgrund gemeinsamer Ausbildungszeiten oder langjähriger beruflicher Kontakte, doch zuweilen vorkommen. Jedoch begründet dies allein, wie auch der Kläger selbst ausdrücklich einräumt, nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Besorgnis der Befangenheit wird auch nicht durch die Aufforderung an den Kläger begründet, die Vorwürfe einzuräumen und ein Geständnis abzulegen. Vielmehr stellt dies typischerweise den ebenfalls nachvollziehbaren und nicht unüblichen Versuch dar, allen Beteiligten, vor allem aber den Opferzeugen die Durchführung der weiteren Beweisaufnahme zu ersparen. Zudem gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zur Ablegung eines Geständnisses gedrängt worden wäre. Vielmehr wurde ausweislich des Protokolls nach der genannten Aufforderung die Verhandlung unterbrochen und damit dem Kläger Gelegenheit gegeben, in Ruhe über eine solche Aufforderung nachzudenken.

Weitere Anhaltspunkte für eine Befangenheit des erstinstanzlichen Strafrichters liegen nicht vor. Dies gilt auch, soweit der Kläger im Rahmen des Zulassungsantrages die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Zurückweisung eines in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. gestellten Beweisantrages deshalb kritisiert, weil das Verwaltungsgericht in dieser Zurückweisung ausdrücklich keinen Anknüpfungspunkt für eine Besorgnis der Befangenheit gesehen hat. Der Beweisantrag war gestellt worden mit dem Ziel der Einholung eines psychiatrisch-neurologischen Gutachtens zu der Frage, ob die Schilderung der Untersuchung durch die Zeugin A. auf einer Wahrnehmungsstörung aufgrund deren Vorerkrankung beruhe und nicht auf einem tatsächlichen Erlebnis, sowie zur Glaubwürdigkeit der Zeugin.

Von der - zu verneinenden – Frage, ob die Zurückweisung des Beweisantrages einen Anknüpfungspunkt für eine Besorgnis der Befangenheit des Strafrichters beinhaltet, ist die Frage zu trennen, ob das Amtsgericht N. den Beweisantrag zu Recht zurückgewiesen hat oder ob sich aus der Zurückweisung gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils ergeben könnten. Hierzu hat der Kläger kritisiert, das Verwaltungsgericht habe ebenso wie seinerzeit das Amtsgericht N. seine eigene Sachkunde an die Stelle derjenigen eines Sachverständigen gesetzt.

Ergänzend wird daher darauf hingewiesen, dass - auch unabhängig von der seitens des Klägers insoweit allein aufgeworfenen Frage der Befangenheit - aus der Zurückweisung dieses Beweisantrages keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils abzuleiten sind.

Denn die Zurückweisung des Beweisantrages kann nicht als sachwidrig angesehen werden. Es bestehen bereits erhebliche Bedenken gegen die Geeignetheit der damals beantragten und vom Gericht abgelehnten Beweiserhebung. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hätte sie allenfalls zu dem Ergebnis führen können, dass die Möglichkeit des Vorliegens einer Wahrnehmungsstörung gegeben war. Insoweit hat der Kläger zum einen geltend gemacht, Wahrnehmungsstörungen könnten sich unmittelbar nach Schlaganfällen einstellen und im Idealfall ebenso wie andere Symptome des Schlaganfalls wieder verschwinden. Zum anderen hat er geltend gemacht, der Entlassungsbericht der Universitätsklinik G. der – unstreitig - keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Wahrnehmungsstörungen enthält, gebe dazu keine zuverlässige Auskunft, da sich Wahrnehmungsstörungen auf einzelne Ereignisse beschränken könnten.

Vor diesem Hintergrund kann es nicht als verfehlt angesehen werden, dass der Strafrichter des Amtsgerichts N. den Beweisantrag mit der Begründung zurückgewiesen hat, die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin obliege dem Gericht und die vorgetragenen Umstände seien nicht ausreichend, um die Beurteilung der Kompetenz des Gerichts in Frage zu stellen. Denn die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen zielt stets auf die Frage, ob die Schilderung eines Zeugen ein tatsächliches Erlebnis wiedergibt oder ob die Möglichkeit einer fehlerhaften Darstellung besteht, die ihrerseits auf einer bewusst (vorsätzlich) falschen Schilderung beruhen kann oder auf einer unbewusst falschen Schilderung, beispielsweise hervorgerufen durch eine fehlerhafte oder gestörte Wahrnehmung. Insofern ist davon auszugehen, dass das Amtsgericht N. sich bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin R. in der Lage sehen durfte und gesehen hat, die Möglichkeit einer unbewusst fehlerhaften Darstellung aufgrund einer Wahrnehmungsstörung in seine Beurteilung einzubeziehen, ohne dass es zuvor der Feststellung einer solchen Möglichkeit durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte.

3. Auch soweit der Kläger aus dem Verschwinden des „Hauptbeweismittels“ (asservierte Handschuhe) gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils herleiten will, hat sein Vortrag keinen Erfolg.

Zu Recht weist er nämlich selbst darauf hin, dass es sich bei den asservierten Handschuhen, mit denen die fragliche Untersuchung stattgefunden haben soll, um ein „offenkundig nicht zur Verurteilung herangezogenes Beweismittel“ gehandelt hat, d.h. auch nicht um ein den Kläger belastendes Beweismittel. Die strafrechtliche Entscheidung ist vielmehr entscheidend darauf gestützt, dass „der Angeklagte durch die glaubhaften Angaben der Zeugin R. widerlegt und überführt“ werde. Zudem hat der Kläger selbst das Tragen von Handschuhen bei der Untersuchung vorgetragen und sogar einen Beweisantrag zum Bestehen einer Anweisung und Übung des Tragens von Handschuhen bei neurologischen Aufnahmeuntersuchungen in der A. gestellt, der mit der Begründung der Wahrunterstellung durch das Gericht zurückgewiesen worden war.

Auch die nunmehr im Zulassungsverfahren vom Kläger vorgelegten privatgutachterlichen Aussagen von Prof. Dr. P. S. (Institut für Rechtsmedizin der Universität A.) in dessen Gutachten vom 31.5.2010 und dessen Vorab-Stellungnahme vom 12.5.2010 zu den im Strafverfahren erstellten Gutachten über an den asservierten Handschuhen anhaftende Spuren führen nicht zur Bejahung gewichtiger Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Die Auswertung der im Strafverfahren durch Prof. Dr. W. (Institut für Rechtsmedizin der Universität G.) zusammen mit Dipl.-Ing. H. erstellten Gutachten vom 25.5.2005 (Spurengutachten) und vom 25.8.2006 (Gutachterliche Stellungnahme zu der Frage der Anhaftung von Vaginalepithelien an den vom Kläger getragenen Gummihandschuhen) durch Prof. Dr. P. S. führte zunächst zu dessen Einschätzung, dass die molekularbiologischen Untersuchungen im Institut für Rechtsmedizin der Universität G. in methodisch üblicher und allgemein anerkannter Weise durchgeführt wurden.

Erklärungsbedürftig erschien dem Privatgutachter Prof. Dr. P. S. hinsichtlich des Gutachtens vom 25.5.2005 lediglich, weshalb DNA-Spuren der Zeugin nicht lediglich an der Außen- sondern auch an der Innenseite der Handschuhe festzustellen waren. Dabei hat er als denkbare Ursachen z.B eine Spurenübertragung beim Ausziehen der Handschuhe oder Sekundärkontaminationen bei der Lagerung bzw. Bergung der Handschuhe aus dem Papierkorb für denkbar gehalten. Anhaltspunkte für den Kläger entlastende Tatsachen ergeben sich hieraus indes nicht und damit auch keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, welches auf den Spurenbefund an den Handschuhen nicht einmal tragend gestützt ist.

Bedenkenswert erschien dem Privatgutachter Prof. Dr. P. S. hinsichtlich des Gutachtens vom 25.8.2006 darüber hinaus, ob bei der – von ihm methodisch nicht in Zweifel gezogenen - diagnostischen Einordnung der Spuren an der Oberfläche der Handschuhe als Schleimhautabrieb, die auf den – aus seiner Sicht in der Sache belegten - „extrem hohen Wert an DNA-haltigem Zellmaterial“ gestützt war, nicht „ausnahmsweise“ der Messwert des DNA-Gehalts hätte mitgeteilt werden sollen, da „im konkreten Gutachten dem Wert an DNA-haltigem Material“ so entscheidende Bedeutung beigemessen worden sei.

Auch hieraus ergeben sich indes keine Anhaltspunkte für den Kläger entlastende Tatsachen und damit auch keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Zudem sind die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts N. vom 31.5.2006 getroffen worden, bevor das Gutachten vom 25.8.2006 erstellt worden war, weshalb hieraus sich womöglich für den Kläger ergebende belastende Umstände für die dortigen Feststellungen bereits nicht maßgeblich gewesen sein und zu unrichtigen Feststellungen im Urteil vom 31.5.2006 geführt haben können. Gleiches gilt aufgrund der erfolgten Beschränkung auf das Strafmaß für das Berufungsurteil des Landgerichts G..

4. und 5. Soweit der Kläger gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils daraus herleiten will, dass kein fachärztlich-neurologisches Gutachten zur Frage der Indikation der vom Kläger eingeräumten und als indiziert behaupteten Untersuchung eingeholt wurde, die das Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge beinhaltete, und stattdessen ein – aus seiner Sicht hierzu generell ungeeignetes weil - gerichtsmedizinisches Gutachten zu dieser Frage zugrunde gelegt wurde, hat sein Vortrag ebenfalls keinen Erfolg.

Zwar kommt, wie der vom Kläger beauftragte Privatgutachter Prof. Dr. P. S. ausgeführt hat, „zumindest in Betracht“, dass diese medizinische Fragestellung „im Grenzbereich zwischen Rechtsmedizin und Neurologie oder gar überwiegend im Fachgebiet der Neurologie angesiedelt ist“, so dass von ihm „eine gutachterliche Stellungnahme eines entsprechend ausgewiesenen und aus eigener täglicher klinischer Erfahrung mit den entsprechenden Untersuchungsmethoden vertrauten Neurologen empfohlen“ wurde.

Jedoch lagen vorliegend im Strafverfahren, was dem Privatgutachter Prof. Dr. P. S. aufgrund der ihm selektiv überlassenen Unterlagen nicht bekannt war, dem zumindest vergleichbare Stellungnahmen vor, und zwar in Gestalt des bei den Strafakten befindlichen Schreibens des Neurologen und Chefarztes der A. Kliniken B., Dr. M. von R., vom 9.6.2004 an den Sohn der Zeugin R. und in Gestalt der Aussage von Dr. von R. in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. am 18.5.2006.

In dem Schreiben vom 9.6.2004 ist ausgeführt, nach genauer Befragung des Klägers habe dieser gegenüber Dr. von R. zum Gang der Untersuchung erklärt, in der erweiterten Befragung zur Vorgeschichte seien von der Zeugin R. Beschwerden geäußert worden über Gefühlsstörungen in beiden Beinen, gelegentliche Bauchschmerzen und Schmerzen in den Hüften und entlang der Beine, ischiasähnlich. Daraufhin habe der Kläger einerseits schmerzhafte Muskelverspannungspunkte und schmerzhafte Sehnenansätze gesucht, „andererseits die Untersuchung dahingehend intensiviert, Störungen im Bereich der Cauda equina auszuschließen, das heißt, eine Beeinträchtigung der Nervenfasern im Rückenmarkskanal, die typischerweise zu Gefühlsstörungen im Gesäß und an den Beinen führt.“ So etwas könne z.B. nach großen Bandscheibenvorfällen oder bei Tumoren vorkommen. Die damit verbundenen Gefühlsstörungen würden auch als Reithosen-Syndrom bezeichnet, d.h. „eine Gefühlsstörung etwa in dem Bereich, in dem die Reithose mit Leder bestückt“ sei.

In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht N. am 18.5.2006 erklärte Dr. von R., nur wenn der Verdacht bestehe, dass eine Schädigung der Nervenwurzeln oder Schädigungen im Bereich des Rückenmarks vorlägen, erfolge eine solche „Reithosenuntersuchung“. Darunter verstehe man eine Untersuchung im Gesäßbereich und im Bereich der Innenseite der Oberschenkel.

Hieraus ergibt sich, dass für die Beurteilung der Frage, ob die medizinische Indikation für eine Untersuchung gegeben war, die das Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge beinhaltet, die entscheidende (Vor-)Frage zunächst dahin ging, vom Vorliegen welcher Vorbefunde und Beschwerdeäußerungen seitens der Zeugin auszugehen war. Ein fachärztlich-neurologisches Gutachten zur Frage der Indikation einer solchen Untersuchung war demgegenüber nicht von entscheidender Bedeutung. Denn aus dem rechtsmedizinischen Gutachten der Universität G. vom 9.8.2005 in Verbindung mit den Äußerungen des Neurologen und Chefarztes der A.- Kliniken Bad Salzhausen, Dr. M. von R., ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass einerseits, für den Fall, dass die Zeugin die vom Kläger als von ihr angegeben zitierten Beschwerden (Gefühlsstörungen in beiden Beinen, gelegentliche Bauchschmerzen und Schmerzen im Bereich der LWS, in den Hüften und entlang der Beine sowie Blasenentleerungsstörungen) geäußert hätte, eine Untersuchung, die das Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge beinhaltet, auch indiziert gewesen wäre. Andererseits ergibt sich aber auch, dass für den Fall, dass die Zeugin diese vom Kläger als von ihr angegeben zitierten Beschwerden nicht geäußert hätte, und nur die aus den Krankenunterlagen ersichtlichen und dort dokumentierten Beschwerden zugrunde zu legen gewesen wären, eine solche Untersuchung nicht indiziert gewesen wäre.

Hieraus folgt, dass es für die Frage, ob die vom Kläger eingeräumte Untersuchung (Abtasten der Innenseite der Oberschenkel und des Unterleibs bis in die Leistenbeuge) medizinisch indiziert war, letztlich darauf ankam, ob die Aussage der Zeugin oder die des Klägers über die bei der Aufnahmeuntersuchung geäußerten Beschwerden zutrifft, d.h. entscheidend war auch insoweit die Glaubwürdigkeit der Zeugin, während die Frage, bei welchen Beschwerden welche Untersuchung indiziert ist, als geklärt anzusehen war.

Aus der Nichteinholung eines fachärztlich-neurologischen Gutachtens zur medizinischen Indikation des vom Kläger eingeräumten Untersuchungsablaufs ergeben sich daher keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Ergänzend wird zudem darauf hingewiesen, dass eine medizinische Indikation für die vom Kläger nicht eingeräumten, ihm aber strafrechtlich vorgeworfenen Handlungen (Betasten am Geschlechtsteil, Einführen eines Fingers in die Vagina der Zeugin sowie Hin- und Herbewegen desselben und Befragung der Zeugin, ob dies gute Gefühle bei ihr auslöse) unstreitig nicht vorlag, auch ohne dass es dafür eines medizinischen Gutachtens bedürfte.

6. Soweit der Kläger sich gegen die angebliche „Übernahme der Feststellung einer angeblich stattgehabten „gynäkologischen“ Untersuchung „aus dem Gutachten Dr. R. in die Urteilsgründe“ wendet, geht dieser Einwand schon deshalb fehl, weil die Urteilsgründe derartiges nicht beinhalten. Sie beinhalten lediglich den Satz: „Der Angeklagte wäre auch nicht befugt gewesen, die Patientin gynäkologisch zu behandeln“, der im Zusammenhang mit der Darlegung steht, dass das dem Kläger vorgeworfene Verhalten „Einführen eines Fingers in die Vagina der Zeugin und ...anschließende Manipulation“ nicht durch das Behandlungsverhältnis gedeckt war.

7. Letztlich begründet auch die vom Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemachte „generell unzureichende Verteidigung in beiden Instanzen“ des Strafverfahrens keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Nach den vorstehend dargelegten Erwägungen sind derartige gravierende und zugleich kausale Mängel in der Verteidigung, weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich. Wie bereits oben sei an dieser Stelle nochmals ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Verständigung zwischen dem Kläger und seinem Verteidiger offenbar doch auch zu prozessualen Erklärungen möglich war, wie sich daraus ergibt, dass nach der Aufforderung des Amtsgerichts N. in der Hauptverhandlung vom 18.5.2006, ein Geständnis abzulegen, und der nachfolgenden Unterbrechung im Protokoll vermerkt ist: „Der Verteidiger erklärt sodann für seinen Mandanten, dass die Vorwürfe, der Angeklagte habe die Zeugin R. ausgiebig über das Sexualleben befragt und die Finger in die Scheide eingeführt, nicht zutreffen“.

Gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils liegen danach entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. Dass ungeachtet dessen Gründe für die Wiederaufnahme des Strafverfahrens nach § 359 StPO vorliegen könnten, wird vom Kläger selbst nicht geltend gemacht und ist auch in der Sache zu verneinen.

Weitere Gründe dafür, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gerechtfertigt sein könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Liegt der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund demnach nicht vor, ist der Antrag auf Zulassung der Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 3 GKG und erfolgt in Anlehnung an Nr. 16.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.