Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 21. Nov. 2014 - 2 LB 6/14
Gericht
Tenor
Soweit die Beklagte die Berufung zurückgenommen hat, wird das Berufungsverfahren insoweit eingestellt. Im Übrigen wird die Berufung des Beigeladenen wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer, Einzelrichter - vom 21. Juni 2013 in seinem Ausspruch zur Sache wie folgt neu gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass die Klägerin Nutzungsberechtigte der Grabstätte auf dem Friedhof..., Grabfeld ..., Reihe ..., Grab Nr. ..., bestehend aus vier Grabstellen, ist.
Der Beigeladene und die Beklagte tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte mit der Maßgabe, dass der Beigeladene und die Beklagte ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen haben. Insoweit ist das Urteil in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der am ... verstorbene ... hatte das Nutzungsrecht an der aus vier Grabstellen bestehenden Familiengrabstätte auf dem Friedhof ..., Grabfeld ..., Reihe ..., Grab ..., inne. Seine Beerdigung wurde ausgerichtet und in Auftrag gegeben von der Klägerin, seiner Witwe. Sie bezahlte auch zunächst die Kosten und wurde im entsprechenden Friedhofsgebührenbescheid vom 1. Dezember 2010 als Nutzungsberechtigte der Grabstätte ausgewiesen.
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Mit Urteil vom 8. Mai 2012 verurteilte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht den Beigeladenen, einen der gemeinsamen Söhne des Verstorbenen und der Klägerin, zur Übernahme der Beerdigungskosten und der Friedhofsgebühren (Az.: 3 U 66/11). Dies begründete es damit, dass der Beigeladene im Hofübergabevertrag vom 14. Juli 1987 im Rahmen des Altenteils die Verpflichtung zur Pflege und zum Unterhalt der Erbbegräbnisstätte auf dem Friedhof in ... übernommen habe. In dem genannten Hofübergabevertrag wurde der dem Verstorbenen gehörende Hof auf den Beigeladenen übertragen. In § 6 dieses Vertrages wurde das Altenteil geregelt. Dort heißt es u.a. unter Ziffer 3:
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Vom Übergabetag an ist die Erbbegräbnisstelle auf dem Friedhof in ... von dem Übernehmer zu pflegen und zu unterhalten.
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Für die Altenteiler ist ein ortsübliches Begräbnis auszustatten. Leistungen aus der Sterbekasse stehen dem Übernehmer zu.
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Im Juni 2012 meldete sich die Ehefrau des Beigeladenen bei der Beklagten und machte unter Verweis auf dem Hofübergabevertrag und das Urteil des Oberlandesgerichts geltend, dass ihr Ehemann Nutzungsberechtigter der Erbbegräbnisstätte sei. Die Beklagte teilte daraufhin der Klägerin am 6. Juni 2012 mit, dass der Beigeladene aufgrund des Hofübergabevertrages und des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts ab dem 8. Mai 2012 Nutzungsberechtigter der Grabstätte sei.
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Dagegen legte die Klägerin (im Juni 2012) Widerspruch ein. Sie sei Inhaberin des Nutzungsrechts, das ihr nicht entzogen werden könne. Die Frage, wer die Beerdigungskosten und Friedhofsgebühren zu zahlen habe, habe keine Auswirkungen auf die öffentlich-rechtliche Frage des Nutzungsrechts an der Grabstätte.
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Am 16. August 2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ein Widerspruch nicht statthaft sei, da ihr Schreiben vom 6. Juni 2012 kein Bescheid sei. Sie - die Beklagte - habe das Urteil des Oberlandesgerichts und den Hofübergabevertrag lediglich zur Kenntnis genommen. Die Regelungen in dem Vertrag seien so auszulegen, dass mit der Hofübertragung auch eine Übertragung des Nutzungsrechts an der Familiengrabstätte erfolgt sei.
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Die Klägerin hat am 7. November 2012 Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass die streitbefangene Grabstätte seit etwa 100 Jahren von der Familie genutzt werde. Nach dem Tod ihrer Schwiegereltern sei das Nutzungsrecht auf ihren verstorbenen Ehemann übergegangen. Hieran habe der Hofübergabevertrag nichts geändert. Die entsprechenden Regelungen im Vertrag hätten lediglich schuldrechtlichen Charakter und könnten das öffentlich-rechtliche Nutzungsrecht nicht beeinträchtigen. Sie sei auch im Friedhofsgebührenbescheid vom 1. Dezember 2012 als Nutzungsberechtigte genannt worden.
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Nachdem die Klage gegen die Schreiben vom 6. Juni 2012 und vom 16. August 2012 übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, hat die Klägerin beantragt,
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festzustellen, dass sie Nutzungsberechtigte der Grabstätte auf dem Friedhof..., Grabfeld ..., Reihe ..., Grabfeld Nr. ..., bestehend aus vier Grabstellen, ist.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat vorgetragen, der Beigeladene sei durch den Hofübergabevertrag auch Inhaber des Nutzungsrechts an der Erbbegräbnisstätte geworden. Es existiere zudem eine Karteikarte mit der Eintragung des Beigeladenen für das Grabbuch ..., die von dem damaligen Friedhofsmitarbeiter angefertigt worden sei. Dies sei offenbar nach dem Abschluss des Hofübergabevertrags geschehen. Außerdem habe der Beigeladene die Friedhofsunterhaltungsgebühren gezahlt. Das Nutzungsrecht habe nach der Friedhofssatzung von 1984 übertragen werden können. Es sei rechtlich möglich und auch nicht ungewöhnlich, dass im Zusammenhang mit der Hofübertragung auch das Nutzungsrecht an einer Grabstätte übergehe. Man gehe allgemein davon aus, dass derjenige, der die finanziellen Pflichten an einer Grabstätte übernehme, auch die Rechte bekomme. Sollte dies im Einzelfall anders gewollt sein, hätte dies ausdrücklich geregelt werden müssen.
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Diesen Ausführungen ist der Beigeladene beigetreten. Er hat ebenfalls beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Verwaltungsgericht - 6. Kammer, Einzelrichter - hat mit Urteil vom 21. Juni 2013 festgestellt, dass die Klägerin Nutzungsberechtigte der Grabstätte sei. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, das Nutzungsrecht an der Grabstätte sei nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin auf die Klägerin übergegangen. Dies folge aus der Friedhofssatzung vom 16. Oktober 2001. Aber auch bei Zugrundelegung der Satzung vom 8. Oktober 1984 ergebe sich nichts anderes.
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Das Nutzungsrecht an der Grabstätte sei auch nicht durch den Hofübergabevertrag schon zu Lebzeiten des ursprünglich Nutzungsberechtigten auf den Beigeladenen übertragen worden. Nach dem Wortlaut des Vertrages sei die Erbbegräbnisstätte von dem Übernehmer zu pflegen und zu unterhalten; von einer Übertragung von Rechten sei nicht die Rede. Auch aus dem Zusammenhang des Vertrages ergebe sich eine solche Übertragung des Nutzungsrechtes nicht. Durch den Hofübergabevertrag sei der Beigeladene erheblich begünstigt worden. Diese Begünstigung sei neben der Gewährung eines Altenteils mit vielerlei finanziellen Verpflichtungen einhergegangen. In § 6 Ziffer 3 des Hofübergabevertrages sei u.a. die Rede von freier Heizung, freier Stromlieferung, freier Wasserversorgung, freier Müllabfuhr sowie der Übernahme von Arzt- und Apothekenkosten. In diesem Zusammenhang sei auch die Pflege und Unterhaltung der Erbbegräbnisstelle geregelt worden. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Ehemann der Klägerin ein Interesse gehabt haben könnte, das Nutzungsrecht an der Grabstätte zusammen mit dem Hof auf den Beigeladenen zu übertragen, weil dann das Nutzungsrecht und die der Klägerin zustehende Totenfürsorge auseinandergefallen wären. Dass Üblichkeiten oder Traditionen die Übertragung des Nutzungsrechts an einer Familiengrabstätte an die Hofübergabe knüpften, sei schon nicht hinreichend dargelegt worden. Im Übrigen gingen die sprachliche Fassung des Hofübergabevertrages und die geschilderte Interessenlage einer etwaigen Tradition vor.
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In der von der Beklagten vorgelegten Kopie der Karteikarte sei zwar der Beigeladene genannt, es gebe aber keinen Hinweis darauf, dass er als Nutzungsberechtigter aufgeführt worden sei. Er könnte auf dieser Karteikarte auch bloß als der nach dem Hofübergabevertrag Zahlungspflichtige für die Friedhofsgebühren stehen. Selbst aber wenn der Beigeladene als Nutzungsberechtigter eingetragen worden sei, sage dies über die tatsächliche materielle Nutzungsberechtigung nichts aus. Eine etwaige Indizwirkung der Karteikarte werde zudem durch den Friedhofsgebührenbescheid vom 1. Dezember 2010 beeinträchtigt, in dem die Klägerin als Nutzungsberechtigte aufgeführt werde. Außerdem habe der in der mündlichen Verhandlung anwesende Friedhofsverwalter gesagt, dass auch er bis zur Vorlage des Hofübergabevertrages durch die Ehefrau des Beigeladenen davon ausgegangen sei, dass die Klägerin das Nutzungsrecht an der Grabstätte innehabe.
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Hiergegen hat der Beigeladene die auf seinen Antrag vom Senat zugelassene Berufung eingelegt.
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Er ist weiterhin der Ansicht, dass er durch den Hofübergabevertrag Nutzungsberechtigter der Grabstätte geworden sei. In dem Vertrag habe er insoweit keine finanziellen, sondern tatsächliche Leistungen übernommen, die jeweils das Nutzungsrecht voraussetzten; maßgeblich sei insofern die Auslegung durch das Oberlandesgericht. Die Erbbegräbnisstätte sei seit Generationen untrennbar mit dem Hof verbunden; dies entspreche auch der allgemeinen Übung. Der Verstorbene habe nach Abschluss des Hofübergabevertrages die Umschreibung auf ihn - den Beigeladenen - veranlasst. Aus den Unterlagen der Beklagten (Karteikarte und Computerumschreibung auf den Beigeladenen) ergebe sich, dass er der Nutzungsberechtigte sei, so dass ihm das Nutzungsrecht hätte entzogen werden müssen, bevor es der Klägerin übertragen werde.
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Der Beigeladene beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts - 6. Kammer, Einzelrichter - vom 21. Juni 2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Ergänzend führt sie aus, üblicherweise werde nicht mit der Hofübergabe das an eine Familiengrabstätte gebundene Nutzungsrecht mit übertragen. Dies sei im Zweifel erst gewollt, wenn der letzte Hofübergeber gestorben sei. Die Karteikarte hätte jedermann beschreiben können, sie enthalte weder einen Urheber noch ein Ausstellungsdatum. Der vor Ort tätige Friedhofsverwalter, Herr..., habe vor dem Besuch der Ehefrau des Beigeladenen im Juni 2012 nichts von einem angeblichen Wechsel des Nutzungsberechtigten gewusst. Im Übrigen sei der Vortrag, dass der Verstorbene selbst eine Umschreibung auf den Beigeladenen bewirkt haben solle, neu, stehe im Widerspruch zum bisherigen Vorbringen und werde bestritten.
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Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre bisherigen Ausführungen. Der Verstorbene habe nach Abschluss des Hofübergabevertrages die Umschreibung des Nutzungsrechts auf den Beigeladenen bewirkt, was in der Karteikarte dokumentiert worden sei. Es sei unüblich, auf der Karteikarte den Zahlpflichtigen einzutragen. Hierfür spreche auch, dass eine bloße schuldrechtliche Zahlungsverpflichtung (aus dem Hofübergabevertrag) nicht zu ihren Gunsten gewirkt hätte. Letztlich sei der Hofübergabevertrag irrelevant, weil tatsächlich eine Umschreibung des Nutzungsrechts auf den Beigeladenen erfolgt sei. Der Gebührenbescheid vom 1. Dezember 2010 sei lediglich aufgrund eines Versehens an die Klägerin adressiert worden. Das Nutzungsrecht sei schließlich auch nicht nach der Friedhofssatzung vom 16. Oktober 2001auf die Klägerin als Angehörige übergegangen. Abgesehen davon, dass der Verstorbene nicht Inhaber des Nutzungsrechts gewesen sei, fehle es an einem Übertragungsakt, da das Nutzungsrecht nicht einfach automatisch bei einem Angehörigen anfallen könne. Die ausgewählte Person müsse ihre Zustimmung zur Übertragung erteilen, da mit dem Recht auch Pflichten verbunden seien, die ihr nicht aufgrund einer Satzungsbestimmung ungewollt zuwachsen könnten.
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Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Nachdem die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen hat, war das Berufungsverfahren insoweit gemäß § 126 Abs. 1 und 3, § 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
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Die Berufung des Beigeladenen ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Klägerin Nutzungsberechtigte der Grabstätte auf dem Friedhof..., Grabfeld ..., Reihe ..., Grabfeld Nr. ..., bestehend aus vier Grabstellen, ist.
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Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellungsklage im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO zulässig ist und insbesondere ein von der Beklagten (und dem Beigeladenen) bestrittenes konkretes Rechtsverhältnis beschreibt. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss „in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein (stRspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 38.09 -, juris Rn. 32 = BVerwGE 136, 75 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beantwortung der Frage, wer Inhaber des Grabnutzungsrechts ist, bestimmt sich nach den insoweit maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Friedhofssatzungen der Beklagten.
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Der Feststellungsklage steht nicht der Grundsatz der Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) entgegen. Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit die Klägerin ihre Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dem Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO liegt der Gedanke der Prozessökonomie zu Grunde. Der der Klägerin zustehende Rechtsschutz soll auf dasjenige Verfahren, das ihrem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 - 6 C 8.13 -, juris Rn. 13). Insbesondere kann die Klägerin nicht auf eine Klage auf „Umschreibung" des Nutzungsrechts auf sie oder auf Eintragung in das Register der Grabnutzungsberechtigten verwiesen werden.
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Anders als die Friedhofssatzung vom 8. Oktober 1984 sieht die derzeit geltende Friedhofssatzung vom 27. September 2001 in § 13 Abs. 2 Satz 1 vor, dass beim (Neu-) Erwerb einer Grabstätte eine Urkunde über die Verleihung des Grabnutzungsrechts ausgestellt wird. Für bereits bestehende Grabstätten sieht die Satzung solche Urkunden nicht vor. Für die Übertragung oder den Übergang bestehender Grabnutzungsrechte bestimmt die Friedhofssatzung in § 16:
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(4) Die oder der neue Berechtigte hat innerhalb von sechs Monaten nach der Übertragung bzw. dem Rechtsübergang die Umschreibung auf ihren bzw. seinen Namen zu beantragen. Die Umschreibung kann versagt werden, wenn die Übertragung bzw. der Rechtsübergang nicht hinreichend urkundlich nachgewiesen ist.
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(5) Die Übertragung bzw. der Rechtsübergang des Nutzungsrechts wird wirksam mit der Umschreibung durch die Friedhofsverwaltung.
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Während die Vorschriften des § 16 Abs. 4 der Friedhofssatzung reine Formvorschriften sind, knüpft § 16 Abs. 5 der Satzung zwar die „Wirksamkeit" des Rechtsübergangs an die Umschreibung durch die Friedhofsverwaltung. Die Vorschrift läuft aber für die Übertragung älterer Grabnutzungsrechte leer. In § 16 Abs. 5 der Satzung kann entweder die Umschreibung auf der Urkunde oder die Umschreibung im Register der Nutzungsberechtigten gemeint sein. Ist die Umschreibung auf der Urkunde gemeint, so gibt es für vor der Neufassung der Satzung bestehende Nutzungsrechte derartige Urkunden nicht. Ist die Umschreibung im Register gemeint, so ist festzustellen, dass die Beklagte das in § 20 ihrer Friedhofssatzung vorgesehene Register nicht mehr führt bzw. aktualisiert. Das bereits in § 16 der Friedhofssatzung vom 8. Oktober 1984 vorgesehene Register der Nutzungsberechtigten weist noch den Vater des Verstorbenen als Inhaber des Nutzungsrechts an der Familiengrabstätte aus. Zudem setzt die Umschreibung den tatsächlichen Übergang des Nutzungsrechts voraus, anderenfalls entfaltet sie keine Rechtswirkungen. Ebenso verhielte es sich mit dem Register, würde die Beklagte ein solches weiterhin führen. Auch dem Register des § 20 der Satzung käme keine konstitutive, sondern allenfalls eine Indiz- und historische Dokumentationswirkung zu. Denn andernfalls würde dies bedeuten, dass nach dem Ableben eines vormaligen Nutzungsberechtigten eine Grabstätte mangels Umschreibung „herrenlos" wird, es also für die Beklagte keinen Gebührenschuldner oder auch sonst keinen Verantwortlichen gibt. Das kann mit der Satzungsvorschrift des § 16 Abs. 5 nicht gewollt worden sein.
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Die Eintragung in ein vom Friedhofsverwalter geführtes Computer-Register ist rechtlich ohne Bedeutung, da die Satzung der Beklagten ein elektronisches Register nicht vorsieht. Das Führen von irgendwelchen Karteikarten, in denen die Nutzungsberechtigten eingetragen werden, sieht die Satzung nicht vor. Lose, nicht körperlich miteinander verbundene Karteikarten, die zudem den Aussteller nicht erkennen lassen und deren Inhalt weder in der Satzung festgelegt worden ist oder sich selbständig erschließt, stellen schon kein Register dar.
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Die Feststellungsklage ist begründet.
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Das Grabnutzungsrecht stand ursprünglich dem Verstorbenen zu. Er hat es nicht bereits zu seinen Lebzeiten auf den Beigeladenen übertragen. Abzustellen ist insoweit auf die Satzung aus dem Jahre 1984. Diese ermöglichte in § 14c Abs. 1 Satz 1 die Übertragung zu Lebzeiten.
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Eine solche Übertragung ist mit dem Hofübergabevertrag vom Juli 1987 nicht erfolgt. Dieser regelt in § 6 Ziffer 2 lediglich schuldrechtliche Verpflichtungen des Beigeladenen gegenüber dem Verstorbenen in Bezug auf die Grabstätte. Insofern ist den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 7 letzter Absatz bis S. 9 zweiter Absatz), auf die gemäß § 130b Satz 2 VwGO Bezug genommen wird, ergänzend nur folgendes hinzuzufügen: Die in § 6 Ziffer 3 des Hofübergabevertrages getroffene Regelung spricht gerade gegen den Übergang des Grabnutzungsrechts auf den Beigeladenen. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn es eine Tradition gegeben hätte, nach der das Grabnutzungsrecht als Bestandteil des Hofes angesehen wird. Das Urteil des Oberlandesgerichts verhält sich nicht zur Übertragung des Grabnutzungsrechts, sondern nur zu den aus dem Vertrag folgenden schuldrechtlichen Verpflichtungen. Es kann zudem keine Rechtswirkungen gegenüber der Beklagten zeitigen, da diese nicht an dem seinerzeitigen Rechtsstreit beteiligt war.
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Weitere Anhaltspunkte für eine Übertragung schon zu Lebzeiten des Verstorbenen gibt es nicht. Der neue Vortrag des Beigeladenen und der Beklagten, dass der Verstorbene nach Abschluss des Hofübergabevertrages die Umschreibung des Nutzungsrechts auf den Beigeladenen bewirkt habe, entbehrt jeder tragfähigen Grundlage und steht im Widerspruch zum bisherigen Vorbringen. Unabhängig davon konnte auf diese Weise nach den Satzungsvorschriften zur Umschreibung keine Übertragung des Nutzungsrechts bewirkt werden. Ob der Umschreibung auf einen neuen Nutzungsberechtigten nach § 14c Abs. 4 und § 16 der Satzung vom 8. Oktober 1984 konstitutive Wirkung oder lediglich Indizwirkung zukommt, kann dabei offen bleiben.
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Nach § 14c Abs. 4 der Satzung vom 8. Oktober 1984 hat der neue Berechtigte innerhalb von 6 Monaten nach dem Rechtsübergang die Umschreibung auf seinen Namen unter Vorlage urkundlicher Nachweise zu beantragen (Satz 1). Die Umschreibung kann versagt werden, wenn der Rechtsübergang nicht hinreichend nachgewiesen ist (Satz 3). Dass eine solche Umschreibung vom Beigeladenen (als vorgeblich neuem Berechtigten i.S.d. § 14c Abs. 4 Satz 1) - unter Vorlage von Urkunden (etwa des Hofübergabevertrages) beantragt worden wäre, ist nicht einmal im Ansatz behauptet worden. Zudem hätte - worauf die Beklagte in anderem Zusammenhang zutreffend hinweist - eine Mitteilung einer Übertragung durch den Verstorbenen (als seinerzeitigem Nutzungsberechtigten) nicht ohne den Beigeladenen erfolgen können, da die ausgewählte Person ihre Zustimmung zur Übertragung erteilen muss, weil mit dem Nutzungsrecht auch Pflichten verbunden sind, die nicht ungewollt zuwachsen können. Der Beigeladene hat aber erst nach dem Urteil des Oberlandesgerichts (durch seine Ehefrau) geltend gemacht, der Nutzungsberechtigte zu sein.
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Dass die Karteikarte kein „Verzeichnis" im Sinne des § 16 der Satzung vom 8. Oktober 1984 darstellt, ist bereits im Hinblick auf § 20 der derzeit geltenden Friedhofssatzung ausgeführt worden; insoweit gilt für die Vorgängervorschrift nichts anderes. Auch ansonsten kommt der Karteikarte keine Rechtswirkung zu. Sie enthält weder eine Angabe zum Urheber der Eintragung noch ein Datum noch ergibt sich aus ihr ein Hinweis, dass hiermit die Nutzungsberechtigung dokumentiert werden soll. Insoweit wird zur weiteren Begründung gemäß § 130b Satz 2 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 9 dritter Absatz bis S. 10 zweiter Absatz) Bezug genommen.
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Aus dem Umstand schließlich, dass der Beigeladene seit 1996 (zunächst) die Friedhofsgebührenbescheide erhalten hatte, lässt sich ebenfalls keine Übertragung des Nutzungsrechts schließen. Der Beigeladene war gegenüber dem Verstorbenen aus dem Hofübergabevertrag schuldrechtlich zur Übernahme der Friedhofsgebühren verpflichtet. Dies mag der Verstorbene der Friedhofsverwaltung mitgeteilt haben, so dass diese ihre Gebührenbescheide sogleich an den Beigeladenen adressiert hatte, dies mag auch der Grund für die Eintragung auf der Karteikarte sein. Letztlich entscheidend ist aber, dass der Umstand, dass jemand Adressat eines Gebührenbescheides ist, nicht zur Übertragung eines Grabnutzungsrechts führt.
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Sollte der Beigeladene bereits zu Lebzeiten in das vom Friedhofsverwalter geführte Computerregister eingetragen worden sein, so gilt wie für § 20 der derzeitigen Friedhofssatzung auch im Hinblick auf § 16 der Satzung vom 8. Oktober 1984, dass dort ein elektronisches Register nicht vorgesehen ist.
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Da nach alledem das Nutzungsrecht bis zum Ableben des Verstorbenen bei diesem geblieben war, ging es nach dessen Tod gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 4 Satz 2 Buchst a der insoweit nunmehr maßgeblichen Friedhofssatzung vom 27. September 2001 auf die Klägerin mit deren Zustimmung über. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 der Satzung geht im Falle des Versterbens des Nutzungsberechtigten das Nutzungsrecht auf eine Angehörige oder einen Angehörigen nach § 14 Absatz 4 mit deren oder dessen Zustimmung über. Der Vorrang einer Person vor einer anderen bestimmt sich nach der in § 14 Absatz 4 genannten Reihenfolge (§ 16 Abs. 2 Satz 2). Bei dem Verweis in § 16 Absatz 2 auf § 14 der Satzung vom 27. September 2001 handelt es sich um ein offenkundiges Versehen, gemeint ist § 13. § 14 der Satzung regelt die Nutzungszeit der Wahlgrabstätten, § 13 Absatz 4 enthält eine Regelung zu den Angehörigen und führt an erster Stelle in Satz 2 unter Buchstabe a den Ehegatten des Nutzungsberechtigten auf, in den Folgebuchstaben die Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister und deren Ehegatten. Die nach § 16 Abs. 2 Satz 1 der Satzung erforderliche Zustimmung der Klägerin zum Übergang des Nutzungsrechts mag in ihrer Übernahme der Bestattung liegen sowie in der Hinnahme des Gebührenbescheides, ist aber spätestens in ihrem Vorgehen gegen die Mitteilung der Beklagten 16. August 2012 zu sehen.
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Die einheitliche Kostenentscheidung ergibt sich, soweit die Berufung zurückgenommen wurde, aus § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen aus § 154 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
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Annotations
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.