Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 12. Aug. 2015 - 6 E 614/15
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen
1
Gründe:
2Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit welchem der Einzelrichter die Erinnerung gegen die Festsetzung des Betrags der vom Gegner zu erstattenden Kosten durch den Urkundsbeamten des Gerichts des ersten Rechtszugs zurückgewiesen hat (§§ 164, 165, 151 VwGO). Über diese Beschwerde entscheidet der Senat durch Beschluss nach § 150 VwGO mangels spezialgesetzlicher Zuständigkeit des Einzelrichters in der Besetzung von drei Richtern (§§ 9 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz VwGO, 109 Abs. 1 Sätze 1 und 2 JustG NRW).
3Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Oktober 2014– 1 E 197/14 –, juris, Rn. 1f., und vom 25. Januar 2011 – 1 E 32/11 –, juris, Rn. 1 ff.; Sächsisches OVG, Beschluss vom 19. August 2014 – 5 E 57/14 –, Rn. 5 und 6.
4Die Beschwerde, die der Senat mangels anderweitiger Anhaltspunkte als im Namen des Antragstellers erhoben ansieht, dürfte bereits unzulässig sein (1). Sie ist jedenfalls unbegründet (2).
5(1) Einer Beschwerde gegen einen zu niedrigen Ansatz der seinem Prozessbevollmächtigten zustehenden Gebühren im Kostenfestsetzungsbeschluss mangelt es bereits an einer eigenen Beschwer des Antragstellers. Sie ergibt sich weder aus der Kostengrundentscheidung vom 15. Dezember 2014 noch aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. Mai 2015. Ausweislich des Beschlusses über die Einstellung des Verfahrens nach Hauptsacheerledigung vom 15. Dezember 2014 hat der Antragsteller keine Kosten zu tragen. Auch aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. Mai 2015 lassen sich keine den Antragsteller beschwerenden Umstände entnehmen. Dieser bringt lediglich den Betrag zum Ausgleich, den der Kostenschuldner – hier der Antragsgegner – an andere Beteiligte zu zahlen hat; dabei sind die Gebühren des Prozessbevollmächtigen des Antragstellers ein Rechnungsposten. Durch die Kostenfestsetzung wird nicht rechtsverbindlich festgelegt, in welcher Höhe der Prozessbevollmächtigte einen Gebührenanspruch gegenüber seinem obsiegenden Auftraggeber, hier dem Antragsteller, hat.
6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011– 1 E 32/11 –, a. a. O., Rn. 19, 12 f. mit weiteren Nachweisen.
7(2) Die Frage der Zulässigkeit kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, weil die Beschwerde unbegründet ist. Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 5. Mai 2015 der Sache nach zu Recht zurückgewiesen.
8Es hat die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten in den Verfahren 1 L 611/14, 1 L 612/14, 1 L 613/14 und 1 L 614/14, die jeweils mit dem Verfahren 1 L 608/14 verbunden worden waren, verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antragsteller mit dem Anhängigmachen von fünf separaten Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem auf einer einheitlichen Auswahlentscheidung beruhenden Konkurrentenstreit gegen seine Pflicht verstoßen habe, die Kosten im Rahmen des Verständigen nach Möglichkeit gering zu halten. Rechtliche Gesichtspunkte, unter denen das Betreiben von fünf Eilverfahren unbedingt erforderlich gewesen wäre, seien nicht ersichtlich, zumal der Antragsteller fünf identische Antragsschriftsätze mit lediglich ausgetauschten Namen der Beigeladenen eingereicht habe.
9Die hiergegen mit Blick auf § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhobenen Einwendungen greifen im Ergebnis nicht durch.
10§ 162 Abs. 1 VwGO definiert die erstattungsfähigen Kosten und macht ihre Erstattungsfähigkeit im Grundsatz davon abhängig, dass sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung notwendig sind. Für Gebühren und Auslagen, welche durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden sind, gilt etwas anderes. Diese sind nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO stets erstattungsfähig. Eine Ausnahme von der Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten wird (nur) für den Fall angenommen, dass die anwaltliche Vertretung offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen. Gleiches gilt, wenn sie gegen den Grundsatz verstößt, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, was allerdings offensichtlich sein, d. h. sich aus Sicht eines verständigen Beteiligten geradezu aufdrängen muss.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Mai 2005– 6 E 372/05 –, juris, Rn. 3 ff., und vom 6. Januar 2014 – 12 E 854/13 –, juris, Rn. 2 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen; BayVGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 – 6 C 14.903 –, juris, Rn. 4.
12Im Rahmen dieser Prüfung geht der Senat davon aus, dass es grundsätzlich der freien Entscheidung des Prozessbevollmächtigten obliegt, auf welche Weise er die zweckentsprechende Rechtsverfolgung bzw. –verteidigung für seinen Mandanten vornimmt. Für diese Entscheidung bedarf es im Regelfall auch keinerlei Rechtfertigung. Hat sich aber eine bestimmte Art und Weise der Rechtsverfolgung bzw. –verteidigung als allgemein üblich und zweckgemäß etabliert, bedarf es zu einer Abweichung, die mit erheblichen Mehrkosten für die Beteiligten verbunden ist, zumindest auf Vorhalt einer nachvollziehbaren Erklärung. Denn die Verfahrensbeteiligten, und so auch ihre Prozessbevollmächtigten, sind im Prozessrechtsverhältnis gehalten, aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit die Kosten eines Verfahrens im Rahmen des Vernünftigen und Zumutbaren zu halten.
13Eine derartige Abweichung ist vorliegend gegeben. Aus einer Vielzahl von Verfahren ist dem Senat die Übung geläufig, Konkurrentenstreitverfahren, die auf einer einheitlichen Auswahlentscheidung und einem im Wesentlichen einheitlichen Auswahlverfahren beruhen, in einem Verfahren zu betreiben, auch wenn mehrere Stellen und Konkurrenten betroffen sind. Dementsprechend wird der Streitwert in diesem Verfahren nur einfach angesetzt, selbst wenn die Besetzung mehrerer Stellen verhindert werden soll.
14Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Oktober 2013 – 6 B 1037/13 –, juris, Rn. 9, und vom 20. Dezember 2012 – 6 E 947/12 –, nrwe.de, mit weiteren Nachweisen.
15Die Abweichung ist vorliegend auch auf Vorhalt hin nicht erklärt worden. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, geschweige denn nachvollziehbar begründet, dass in diesem Konkurrentenstreitverfahren, dem eine einheitliche Auswahlentscheidung und ein im Wesentlichen einheitliches Auswahlverfahren zugrundeliegen, die Erhebung von fünf separaten Eilverfahren rechtlich geboten, zumindest aber zweckentsprechend war.
16Bereits aus der Antragstellung mit Schriftsatz vom 18. September 2014 und der Antragsbegründung vom 21. Oktober 2014 lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, warum der Antragsteller fünf separate Eilverfahren betrieben hat. Sowohl die Antragsschrift als auch die Antragsbegründung sind in allen fünf Verfahren – bis auf die Namen der Beigeladenen – wortgleich. Auch soweit der Antragsteller Anlass für eine gesonderte Begründung in Bezug auf einen bestimmten Beigeladenen gesehen hat, ist die entsprechende Argumentation in allen fünf Verfahren erfolgt.
17Auf den entsprechenden Vorhalt in dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. Mai 2015 hat der Antragsteller ebenfalls keine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben, warum es angebracht war, fünf einzelne Verfahren zu führen. Der Verweis auf seine Entscheidungshoheit hinsichtlich der Antragserhebung und des damit einhergehenden, freiwillig eingegangenen Prozessrisikos vermag die – hier nicht in Zweifel gezogene – Zulässigkeit von fünf Anträgen zu stützen. Er sagt jedoch zu ihrem Nutzen unter dem Aspekt der Kostenrücksichtnahme nichts aus. Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass sein Prozessbevollmächtigter in allen fünf Verfahren Akteneinsicht genommen und dann jeweils im Einzelfall über die Fortführung des Verfahrens entschieden habe, wäre gleiche Gedankenarbeit auch in einem Verfahren mit fünf Beigeladenen zu erbringen gewesen, so dass das Argument ebenfalls nicht trägt. Der weitere Verweis auf die in jedem einzelnen Verfahren zu überprüfende Konkurrenzsituation zwischen dem Antragsteller und dem jeweiligen Beigeladenen stellt sich in einem Verfahren der vorliegenden Art mit fünf Beigeladenen grundsätzlich nicht anders dar als in zu fünf Verfahren mit jeweils einem Beigeladenen. Letztlich gibt das Beschwerdevorbringen auch nichts Durchgreifendes dafür her, dass aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes im Vergleich von Leistung und Befähigung des Antragstellers mit der Leistung und Befähigung des jeweiligen Beigeladenen die Einleitung von fünf Verfahren tunlich war. Abgesehen davon, dass der Antragsteller in jedem Verfahren über die für seine Rechtsverfolgung notwendigen Informationen hinsichtlich der Beigeladenen verfügt und sich mit diesen auseinandergesetzt hat, macht er mit dem Schutz der persönlichen Daten der Beigeladenen untereinander nicht eine eigene Rechtsbeeinträchtigung geltend. Im Übrigen geht es mit jedem Konkurrentenstreit notwendig einher, dass die erforderlichen Informationen über die jeweiligen Bewerber im Konkurrentenfeld bekannt werden.
18Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
19Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil lediglich die Festgebühr nach Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (Kostenverzeichnis) anfällt.
20Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest.
Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.
Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.
Über die Beschwerde entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.