Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 15. Aug. 2014 - 6 B 600/14
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die am 30. Januar 2013 ausgeschriebenen zehn Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 10 LBesO/Vergütungsgruppe EG 9 TV-L (Werkstattlehrer) mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge jeweils auf die Wertstufe bis 13.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat Erfolg.
3Die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe rechtfertigen es, seinem mit der Beschwerde weiter verfolgten erstinstanzlichen Antrag zu entsprechen und den angefochtenen Beschluss zu ändern.
4Der Antragsteller hat entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts die tatsächlichen Voraussetzungen eines seinen Antrag stützenden Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zugunsten der Beigeladenen ist rechtswidrig und verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers. Sie beruht auf einem rechtsfehlerhaften Qualifikationsvergleich, weil u.a. die Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 25. Juni 2013, auf welche die Entscheidung gestützt ist, zu beanstanden ist.
5Dienstliche Beurteilungen sind von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt überprüfbar. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen im Einklang stehen.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 -, NVwZ 2003, 1398.
7Einer Überprüfung nach diesen Maßgaben hält die Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 25. Juni 2013 und die ebenfalls aus Anlass der Bewerbung um die in Rede stehenden Beförderungsplanstellen erstellten Beurteilungen der Beigeladenen zu 1. bis 9. nicht stand, weil sie nicht im Einklang mit Nr. 4.2 Satz 1 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte sowie der Leiterinnen und Leiter an öffentlichen Schulen und Studienseminaren, RdErl. des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 2. Januar 2003, ABl. NRW. S. 7, BASS 21 - 02 Nr. 2 (im Folgenden: BRL) stehen. Danach muss der Zeitraum, auf den sich die Beurteilung bezieht, aus der Beurteilung erkennbar sein. Dafür genügt es, dass aus der Beurteilung der Zeitraum, auf den sich diese bezieht, im Wege der Auslegung zu ermitteln ist.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2012 - 6 B 480/12 -, juris, und Urteil vom 16. Mai 2012 - 1 A 499/09 -, mit weiteren Nachweisen.
9Dabei ist ausgehend vom Empfängerhorizont an objektive Anhaltspunkte anzuknüpfen. Nicht entscheidend ist demgegenüber ein gegebenenfalls abweichender, objektiv aber nicht zum Ausdruck gekommener innerer Wille des Beurteilers. Wenn es im Einzelfall an hinreichenden objektiven Anhaltspunkten dazu fehlt, wie der der Beurteilung zugrunde liegende Zeitraum eingegrenzt ist, kann die Auslegungsregel greifen, dass zur Vermeidung einer Beurteilungslücke "im Zweifel" beabsichtigt sein dürfte, unmittelbar an den Zeitraum der letzten Vorbeurteilung anzuknüpfen.
10Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2013 - 6 B 285/13 -, vom 8. Juni 2012 - 6 B 480/12 - und vom 7. Juni 2011 - 6 B 544/11 -, jeweils juris.
11Im Streitfall lässt sich den genannten Anlassbeurteilungen der Zeitraum, auf den sich die jeweilige Beurteilung bezieht, nicht hinreichend verlässlich entnehmen. Sie weisen im Gegensatz zur Anlassbeurteilung des Beigeladenen zu 10. vom 12. Juli 2013 ("Berichtszeitraum: 01.12.2010 bis heute") den jeweiligen Beurteilungszeitraum nicht ausdrücklich aus. In ihnen wird jeweils lediglich das Datum der letzten Beurteilung angegeben bzw. im Fall der Beigeladenen zu 4. nicht einmal das Datum, sondern nur der Hinweis auf ihre letztmalige Beurteilung im Schuldienst des Landes O. . Gegen die Schlussfolgerung, dass die aktuellen Anlassbeurteilungen an den jeweiligen Zeitraum der letzten Beurteilung anknüpfen sollen, spricht jedoch, dass die Bezirksregierung N. die für die Erstellung der Beurteilungen zuständigen Schulleiter mit Schreiben vom 30. April 2013 gebeten hat, bei der Beurteilung „einen Beurteilungszeitraum von den letzten drei Jahren zugrunde zu legen". Die gerade vor diesem Hintergrund gebotene Klarstellung in der jeweiligen Beurteilung, auf welchen Zeitraum sie sich bezieht, ist indes ausgeblieben.
12Allein mit dem genannten Schreiben vom 30. April 2013 ist dem Erfordernis der Nr. 4.2 Satz 1 BRL nicht genügt. Der etwaige Wille des jeweiligen Beurteilers, der Beurteilung den in dem Schreiben genannten Zeitraum zugrunde zu legen, kommt in den aktuellen Anlassbeurteilungen nicht zum Ausdruck. Der Annahme des Verwaltungsgerichts, es fehlten durchgreifende Hinweise darauf, dass die Beurteiler von einem abweichenden Beurteilungszeitraum ausgegangen seien, steht entgegen, dass der Beurteiler des Beigeladenen zu 10. dessen Anlassbeurteilung vom 12. Juli 2013 ausdrücklich nicht auf den vorhergehenden Dreijahreszeitraum bezogen hat, sondern nur auf den Zeitraum ab dem 1. Dezember 2010.
13Ob die aktuelle Anlassbeurteilung des Antragstellers und/oder die aktuellen Anlassbeurteilungen der Beigeladenen zu 1. bis 10. noch an weiteren Mängeln leiden, ist vor diesem Hintergrund nicht mehr entscheidungserheblich. Angemerkt sei, dass es den rechtlichen Anforderungen wohl noch entspräche, wenn die Beurteilungen zwecks Vermeidung von Beurteilungslücken den mit dem Datum der jeweiligen Vorbeurteilung beginnenden Zeitraum erfassten, obwohl dadurch, weil das Beurteilungssystem nach der Bewährungsfeststellung keine Regel- oder Zwischenbeurteilungen vorsieht, teilweise extrem ausgedehnte Beurteilungszeiträume entstünden.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2014 - 6 B 1336/13 -, juris.
15Der Antragsteller hat schließlich auch Umstände glaubhaft gemacht, die einen Anordnungsgrund begründen. Würden die in Rede stehenden Stellen mit den Beigeladenen besetzt, wäre dies nicht ohne Weiteres wieder rückgängig zu machen.
16Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.
17Die Streitwertfestsetzung/-änderung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 52 Abs. 1, Abs. 5 - in der bis zum 15. Juli 2014 geltenden Fassung (vgl. § 71 Abs. 1 GKG) - Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Der sich in Anwendung von § 52 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG in der bis zum 15. Juli 2014 geltenden Fassung ergebende Betrag ist im Hinblick auf den im Eilrechtsschutz lediglich angestrebten Sicherungszweck um die Hälfte zu reduzieren. Dieser Wert ist, obwohl die Besetzung von zehn Stellen verhindert werden sollte, nur einfach anzusetzen, weil im Hinblick auf die Stellenbesetzung ein im Wesentlichen einheitliches Verfahren durchgeführt worden ist und die Vergabe der Stellen durch eine einheitliche Auswahlentscheidung erfolgen sollte.
18Vgl. OVG NRW, Senatsbeschluss vom 19. März 2012 - 6 E 162/12 -, NVwZ-RR 2012, 663.
19Ausgangspunkt der vorzunehmenden (fiktiven) Berechnung der Bezüge ist das vom Antragsteller angestrebte Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sowie die von ihm erreichte Erfahrungsstufe 11. Der sich danach ergebende Betrag (Grundgehalt i.H.v. 3.385,07 Euro x 6 zuzüglich Sonderzahlung) ist zu halbieren und der Streitwert dementsprechend auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festzusetzen.
20Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.
3Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner durch einstweilige Anordnung untersagt, die beiden ausgeschriebenen Stellen eines Lehrers für die Sekundarstufe I (Besoldungsgruppe A 13 g.D. BBesO) mit einem anderen Bewerber zu besetzen, bis über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Die Antragstellerin habe sowohl einen Anordnungsgrund als auch den nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie sei durch die zu Gunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung, die auf einer fehlerhaften Beurteilungspraxis des Antragsgegners beruhe, in ihrem von Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Anspruch auf beurteilungs- und ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihre Bewerbung verletzt. Alle 16 Bewerber seien in ihrer der Bewerbung zu Grunde liegenden Anlassbeurteilung mit der Bestnote „die Leistungen übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße“ beurteilt worden, so dass die Beurteilungen keine taugliche Grundlage für eine hinreichende Differenzierung zwischen den Bewerbern böten. Den durch die Häufung der Spitzennote entstandenen Anschein einer fehlerhaften Beurteilungspraxis habe die Bezirksregierung nicht auszuräumen vermocht. Ungeachtet dessen sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft, weil sie auf Anlassbeurteilungen beruhe, die den maßgeblichen Beurteilungszeitraum nicht erkennen ließen.
4Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen greift nicht durch.
5Die am Prinzip der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) zu orientierende Auswahlentscheidung hat in erster Linie auf der Grundlage von aussagekräftigen, d.h. aktuellen, hinreichend differenzierten und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen zu erfolgen.
6BVerfG, Beschlüsse vom 4. Oktober 2012 – 2 BvR 1120/12 –, DRiZ 2013, 106, und vom 11. Mai 2011 – 2 BvR 764/11 –, IÖG 2011, 218 ff.
7Nur wenn und soweit Beurteilungen maßgebliche und hinreichend zuverlässige Aussagen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber treffen, können sie eine tragfähige Grundlage für eine dem Leistungsprinzip genügende Entscheidung sein. Daraus folgt, dass eine Beurteilungspraxis, die ohne sachlichen Grund nicht hinreichend zwischen den zu Beurteilenden differenziert, den von Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Anspruch des im Beförderungsverfahren unterlegenen Bewerbers auf beurteilungs- und ermessensfehlerfreie Entscheidung verletzt.
8Vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 – 2 BvR 311/03 –, DVBl. 2003, 1524; OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2013 – 6 B 1149/12 –, nrwe.de.
9Unter Beachtung dieser Vorgaben hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Beurteilung einer großen Anzahl von Bewerbern um eine Beförderungsstelle – hier 16 – ausnahmslos mit der Spitzennote auf eine mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbare Beförderungspraxis hindeutet. Dass eine Beurteilung mehrerer Beförderungsbewerber mit derselben Note im Einzelfall mit dem Leistungsgrundsatz im Einklang stehen kann, ist nicht von der Hand zu weisen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Gleichheit der Beurteilungsergebnisse auf der Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe beruht, die dem verfassungsrechtlichen Gebot der Bestenauslese gerecht werden.
10Vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003, a.a.O.
11Wird durch die gehäufte bzw. sogar ausnahmslose Vergabe der Spitzennote an die Bewerber um die fraglichen Beförderungsstellen der Anschein einer nicht mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbaren Beförderungspraxis erweckt, ist es Sache des Dienstherrn, darzutun und glaubhaft zu machen, dass die gleichförmigen Beurteilungen gleichwohl das Ergebnis einer rechtmäßigen, differenzierte Maßstäbe anwendenden Beurteilungspraxis sind. Dies verkennt der Antragsgegner, wenn er meint, er sei „nicht in der Darlegungslast, eine angebliche fehlerhafte Beurteilungspraxis auszuräumen“. Denn die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs im Eilrechtsschutzverfahren werden in einem solchen Verfahren überspannt, wenn dem Beförderungsbewerber abverlangt wird, über die gehäufte Vergabe der Spitzennote hinaus weitere Gesichtspunkte aufzuzeigen, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit der dem Auswahlverfahren zu Grunde liegenden Beurteilungspraxis ergibt. Es ist nicht ersichtlich, wie ein Beförderungsbewerber dem entsprechen könnte. Von den Einzelheiten des Zustandekommens der Beurteilungen, deren Gleichförmigkeit auf die Anwendung nicht hinreichend differenzierter Beurteilungsmaßstäbe hindeutet, hat er typischerweise weder Kenntnis, noch kann er sich diese Kenntnis verschaffen. Die notwendigen Informationen kann nur der Dienstherr bereitstellen.
12So ausdrücklich BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003, a.a.O.
13Diesen Maßgaben wird der Vortrag des Antragsgegners nicht gerecht. Es ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nach wie vor nicht hinreichend erkennbar, dass die gehäufte Vergabe der Spitzennote auf einer rechtmäßigen Beurteilungspraxis beruht.
14Der Antragsgegner trägt zwar nachvollziehbar vor, dass bei der Beförderung von Lehrkräften der Sekundarstufe I von A 12 zu A 13 offenbar besondere Rahmenbedingungen gegeben sind: Es handele sich für die entsprechenden Lehrkräfte um die einzige mögliche Beförderung in ihrer Laufbahn. Wegen der langen Dienstzeit erscheine daher auch eine Beurteilung aller Bewerber mit der Bestnote noch hinreichend plausibel. Da im Übrigen bekannt sei, dass eine Beförderungschance nur mit der Bestnote bestehe, würden sich von vornherein nur Kandidaten mit Aussicht auf das Spitzenprädikat bewerben.
15Allein mit dieser allgemeinen Beschreibung der tatsächlichen Ausgangssituation ist der Anschein einer fehlerhaften Beurteilungspraxis noch nicht ausgeräumt. Der Umstand, dass es aufgrund der langen Verweildauer im Eingangsamt zahlreiche erfahrene und damit leistungsstarke Lehrkräfte geben wird, vermag nicht hinreichend zu erklären, dass sämtliche Bewerber im vorliegenden Auswahlverfahren ausnahmslos die Spitzennote erhalten haben. Aber auch das – nicht näher erläuterte – Argument, es würden sich von vornherein nur Kandidaten „mit berechtigter Aussicht auf das Spitzenprädikat“ bewerben, überzeugt nur eingeschränkt. Denn die Einschätzung, ob ein Bewerber das Spitzenprädikat erhalten wird, kann dann, wenn – wie hier – das Beurteilungsverfahren im Zeitpunkt der Bewerbung noch gar nicht stattgefunden hat und die vorherigen Beurteilungen deutlich länger als zehn Jahre (zwischen etwa 13 und 17 Jahren) zurückliegen, kaum auf einer hinreichend fundierten Grundlage beruhen. So standen z.B. die Unterrichtsbesuche, auf die sich die hier für die Antragstellerin und die Beigeladenen angefertigten Anlassbeurteilungen wesentlich stützen (Beurteilungspunkt „Leistung als Lehrer“) im Bewerbungszeitpunkt noch aus. Soweit die Aussicht auf ein Spitzenprädikat allein auf der Selbsteinschätzung der Bewerber beruht haben soll, überzeugt dies ebenfalls nicht, weil diese – wie dem Senat aus zahlreichen Beurteilungsverfahren bekannt ist – nicht selten von der schließlich abgegebenen Bewertung des Beurteilers abweicht.
16Eine konkrete, die ausnahmslose Vergabe der Spitzennote an die Bewerber nachvollziehbar erklärende Beschreibung der Beurteilungspraxis lässt – wie in dem angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt – auch die auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts übersandte Stellungnahme des Antragsgegners vom 11. Oktober 2013 nicht erkennen und ist auch dem Beschwerdevortrag nicht zu entnehmen. Es wird mit Blick auf die gebotene einheitliche Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe bzw. die nach Ziffer 4.8 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte sowie der Leiterinnen und Leiter an öffentlichen Schulen und Studienseminaren (RdErl. d. Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 2. Januar 2003, ABl. NRW S.7 – BRL –) sicherzustellende gleichmäßige Verfahrensweise bei der Anwendung der Notenstufen lediglich angemerkt, dass das Beurteilungswesen in regelmäßigen Schulleiterdienstbesprechungen mit den schulfachlichen Dezernenten thematisiert werde, wobei die Anforderungen, an die die Vergabe der Bestnote gebunden sei, deutlich skizziert würden. Diesem nicht näher konkretisierten Hinweis lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die fraglichen – gleichförmigen – Beurteilungen tatsächlich in Anwendung hinreichend differenzierter Beurteilungsmaßstäbe zustande gekommen, gleichwohl aber zum gleichen Beurteilungsergebnis gelangt sind.
17Soweit der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren weiter darauf verweist, dass sich die Anforderungen an die Vergabe der Spitzennote aus der Beurteilungsrichtlinie ergäben, verkennt er, dass allein mit der darin (Ziffer 4.6) enthaltenen allgemeinen Formulierung („die Leistungen übertreffen die Anforderungen in besonderem Maße“) eine gleichmäßige und differenzierte Praxis bei der Notenvergabe nicht gewährleistet werden kann. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass die Anforderungen und Maßstäbe für die Notenvergabe in der Verwaltungspraxis tatsächlich weiteren konkretisierenden Erläuterungen zugänglich sind.
18Der Hinweis des Antragsgegners auf den dem jeweiligen Beurteiler bei der Erstellung der Beurteilung zustehenden Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum führt ebenfalls nicht weiter. Es sind keine rechtlichen Gesichtspunkte benannt oder sonst erkennbar, die einem konkretisierenden Hinwirken des Dienstherrn auf eine einheitliche Anwendung differenzierter, sachgerechter Beurteilungsmaßstäbe entgegenstehen könnten. Vielmehr verlangen auch die Beurteilungsrichtlinien nicht zuletzt mit Blick auf den oftmals erforderlichen Quervergleich zwischen Beurteilungen verschiedener Beurteiler über die allgemeinen Notendefinitionen hinausgehende Maßnahmen des Dienstvorgesetzten (vgl. Ziffern 1.2 und 4.8 BRL). In solchen abstrakten, nicht auf den einzelnen Bewerber bezogenen Vorgaben ist kein Eingriff in den Beurteilungsspielraum zu sehen. Unabhängig davon dürfte es aber auch, um eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügende Auswahlgrundlage zu gewährleisten, unbedenklich sein, wenn die Schulaufsichtsbehörde – soweit erforderlich – auch im Einzelfall auf die einheitliche Anwendung differenzierter, sachgerechter Beurteilungsmaßstäbe hinwirkt (vgl. dazu etwa Ziffer 1. der Hinweise zur Durchführung des Beurteilungsverfahrens für das erste Beförderungsamt an Realschulen bzw. der Hinweise zur Durchführung des Beurteilungsverfahrens für das erste Beförderungsamt an Gymnasien im Schuljahr 2008/09 der Bezirksregierung Münster).
19Letztlich unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 10. Oktober 2013 den Gegenstand der vom Antragsgegner erbetenen Erklärung hinreichend erkennen ließ. Denn der Antragsgegner hat – wie bereits dargestellt – auch im Beschwerdeverfahren nichts Konkretes zu den Anforderungen und Maßstäben bei der Vergabe von (Spitzen-)Noten vorgetragen, so dass nach wie vor nicht erkennbar ist, ob die fraglichen Beurteilungen auf einer mit Art. 33 Abs. 2 GG zu vereinbarenden, differenzierende Maßstäbe anwendenden Beurteilungspraxis beruhen.
20Ist danach der Anschein einer fehlerhaften Beurteilungspraxis auch im Beschwerdeverfahren nicht ausgeräumt, kann offen bleiben, ob die Auswahlentscheidung zudem rechtlichen Bedenken unterliegt, weil sich bei einer (weiteren) Ausschöpfung der Beurteilungen möglicherweise in sachgerechter Weise ein Qualifikationsvorsprung eines Bewerbers hätte herleiten lassen.
21Es bedarf ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung, ob die der Auswahlentscheidung des Antragsgegners zu Grunde liegenden Anlassbeurteilungen aus sonstigen Gründen fehlerhaft sind. Es spricht allerdings einiges dafür, dass sich der Beurteilungszeitraum im Wege der Auslegung hinreichend sicher ermitteln lässt (Beginn unmittelbar anknüpfend an den vorangegangenen Beurteilungszeitraum). Ferner dürften die dadurch teilweise entstehenden, extrem ausgedehnten Beurteilungszeiträume im Hinblick auf das Beurteilungssystem, das nach der Bewährungsfeststellung keine weiteren Regel- oder Zwischenbeurteilungen vorsieht, zwecks Vermeidung von Beurteilungslücken den rechtlichen Anforderungen wohl noch entsprechen. Die der vorliegenden Auswahlentscheidung zu Grunde liegenden Beurteilungen treffen aber unabhängig davon auf Bedenken. Es ist nämlich nicht erkennbar, dass die jeweiligen Beurteiler tatsächlich den gesamten Beurteilungszeitraum in den Blick genommen haben. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Schwergewicht bei der Bewertung regelmäßig auf dem in jüngere Zeit deutlich gewordenen Leistungsbild beruhen muss und weiter zurückliegende Zeiträume vornehmlich mit Blick auf die Leistungsentwicklung im Beurteilungszeitraum relevant werden dürften. Das ändert jedoch nichts daran, dass sich eine solche Berücksichtigung des gesamten Beurteilungszeitraums hier allenfalls in der Beurteilung des Beigeladenen zu 1. ansatzweise erkennen lässt. Ob und in welcher Weise sich die jeweiligen Beurteiler, die wegen der langen Beurteilungszeiträume (bis zu 17 Jahre) aus eigener Anschauung überwiegend keine tatsächlichen Kenntnisse über das Leistungsbild in früheren Zeiträumen gehabt haben dürften, sich eine hinreichende Erkenntnisgrundlage für den gesamten Beurteilungszeitraum verschafft haben, lässt sich den Beurteilungen nicht entnehmen. Insbesondere die Beurteilungen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2. stützen sich ganz überwiegend auf die jeweils nur wenige Monate zurückliegenden Unterrichtsbesuche.
22Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
23Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, werden die Kosten nach bisherigem Recht erhoben. Dies gilt nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.
(2) In Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten und nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, werden die Kosten nach dem bisherigen Recht erhoben, wenn die über die Kosten ergehende Entscheidung vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung rechtskräftig geworden ist.
(3) In Insolvenzverfahren, Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung und Verfahren der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gilt das bisherige Recht für Kosten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung fällig geworden sind.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.