Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 30. Dez. 2014 - 5 D 83/12
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin wendet sich gegen eine vereinsrechtliche Verbotsverfügung.
3Nach den Erkenntnissen des Beklagten ist die Vereinigung 1983 gegründet worden. Ihr gehörten nach den Ermittlungen des Beklagten im Jahre 2012 62 Mitglieder an. Die Führungsposition wurde durch die Herren C. , E. , E1. , E2. , H. und T. wahrgenommen.
4Durch Verfügung vom 10. August 2012, adressiert an die Vereinigung „Nationaler Widerstand Dortmund“, zu Händen der auf Bl. 1 bis 8 der umstrittenen Verfügung namentlich benannten 62 Personen, stellte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (MIK NRW) fest, dass sich die Vereinigung „Nationaler Widerstand Dortmund“ gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet und nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider läuft (Nr. 1). Zugleich verbot das MIK NRW die Vereinigung und löste sie auf (Nr. 2). Darüber hinaus verbot es, Kennzeichen der Vereinigung „Nationaler Widerstand Dortmund“ für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften, Ton- und Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden können oder zur Verbreitung bestimmt sind, zu verwenden (Nr. 3). Ferner untersagte es der Vereinigung jede Tätigkeit und verbot, Ersatzorganisationen zu bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen (Nr. 4). Das Vereinsvermögen wurde beschlagnahmt und zugunsten des Beklagten eingezogen. Dies galt auch für Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch Überlassen der Sachen an die Vereinigung „Nationaler Widerstand Dortmund“ deren verfassungsfeindliche Zwecke und Tätigkeiten vorsätzlich gefördert habe oder die Sachen zur Förderung dieser Zwecke und Tätigkeiten bestimmt seien (Nr. 5). Unter Nr. 6 der Verfügung bestimmte das MIK NRW, dass die vorerwähnten Regelungen auch für die „Kameradschaft Dortmund“, „NW / Nationaler Widerstand Dortmund“ und „AN / Autonome Nationalisten Dortmund“ gälten, unter deren Namen die Klägerin ebenfalls auftrete. Schließlich wurde die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Hiervon ausgenommen wurden lediglich die angeordneten Vermögenseinziehungen (Nr. 7).
5Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus: Die Klägerin sei ein Verein im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und § 2 Abs. 1 des Vereinsgesetzes (VereinsG). Sie richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Insbesondere bekenne sie sich zum Nationalsozialismus und verherrliche ihn. Sie trete mit kämpferisch-aggressiver Grundhaltung auf und weise im Programm, Vorstellungswelt und Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus auf, die sich gegen elementare Verfassungsgrundsätze richte. Des Weiteren liefen Zweck und Tätigkeiten der Vereinigung den Strafgesetzen zuwider. Dies lasse sich anhand von acht näher ausgeführten Fällen belegen. Das Vereinsverbot sei verhältnismäßig.
6Die Klägerin hat am 19. September 2012 Klage erhoben. Ausweislich der Klageschrift wird sie vertreten durch ihre Leitung, bestehend aus den im Rubrum namentlich aufgeführten sechs Herren. Als Anlage zur Klageschrift ist eine von ihnen am 12. bzw. 13. September 2012 unterschriebene Vollmacht beigefügt, ausweislich derer die Prozessbevollmächtigte in Sachen Verbot „Nationaler Widerstand Dortmund“ ermächtigt wird, „mich gerichtlich zu vertreten, mich außergerichtlich zu vertreten ...“.
7Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, lediglich folgende Personen seien ihre Mitglieder: B. , C1. , C. , E. , E1. , E3. , E2. , H1. , H. , H2. , I. , I1. , L. , O. , P. , T1. , T2. , T3. , T. , X. , U. X1. , K. X2. und X3. . Die übrigen in der Verbotsverfügung genannten Personen seien nur Gäste bei Veranstaltungen oder sonstigen Tätigkeiten gewesen. Zu Unrecht rechne der Beklagte ihr nicht von ihr stammende Äußerungen zu. Ihr Zweck laufe den Strafgesetzen nicht zuwider. Ihr Zweck oder ihre Tätigkeit richteten sich auch nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Schließlich verstoße das Vereinsverbot gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung gegenüber linksgerichteten Gruppen. Zudem liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit aus Art. 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vor.
8Die Klägerin beantragt,
9die Verbotsverfügung des Beklagten vom 10. August 2012 aufzuheben.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Unter Verteidigung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verbotsverfügung macht er geltend, die Klage sei unzulässig. Eine Klageerhebung mit der Formulierung „vertreten durch ihre Leitung“ werde den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin nicht gerecht. Von der mitgliedschaftlichen Zusammensetzung gemäß Klägervortrag ausgehend sei eine gemeinschaftliche Vertretung jedenfalls durch die von der Klägerseite bestätigten Mitglieder notwendig. Im Übrigen müsse sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Frage der Vertretungsbefugnis aus nach außen leicht erkennbaren Umständen beantworten lassen.
13Die Klägerin ist dieser Betrachtung mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2012 entgegengetreten. Sie besitze keine Satzung, ungeregelt sei insbesondere, wie der Vorstand bestellt werde. Demgemäß komme es auf ihr Selbstverständnis und die tatsächlichen Verhältnisse an, wobei allerdings grundsätzlich an auch nach außen leicht erkennbare Umstände anzuknüpfen sei. Die in der Klageschrift genannten sechs Personen hätten jahrelang die Leitung innegehabt. Dies sei auch für den Beklagten erkennbar gewesen, der bei ihren Namen in der Verbotsverfügung „Teilnahme und Leitung“ eingetragen habe. Im Übrigen seien die in der Verbotsverfügung genannten 62 natürlichen Personen lediglich zum Teil Mitglied gewesen.
14In Vertiefung seines bisherigen Vorbringens hat der Beklagte unter dem 30. Januar 2013 erwidert, die innere Ordnung der Klägerseite habe durch die Sicherheitsbehörden langwierig ermittelt werden müssen. Hierbei habe nicht an nach außen hin leicht erkennbare Umstände angeknüpft werden können. Allein durch eine interne Hierarchie werde eine Vertretungsbefugnis nicht verliehen. Es sei unzureichend, eine solche Hierarchie lediglich intern zu üben. Sie habe nach außen hin transparent gemacht werden müssen. Auch hinsichtlich der meisten der 39 natürlichen Personen, für die die Mitgliedschaft bestritten sei, lägen Erkenntnisse von Polizei und Verfassungsschutz vor, wonach sie sämtlich als Mitglieder der Klägerin einzustufen seien.
15Durch Verfügung vom 3. Juni 2014 hat der Senat Zweifel an der Zulässigkeit der Klageerhebung geäußert. Daraufhin hat die Klägerin unter dem 8. Juli 2014 mitgeteilt, sie habe eine Satzung besessen. Die Suche gestalte sich wegen zahlreicher Hausdurchsuchungen und des damit verbundenen Verlustes von Unterlagen langwieriger. Trotz intensiven Nachforschens und Suchens habe die Satzung weder bei den Leitungsmitgliedern noch bei den anderen Mitgliedern der Klägerin gefunden werden können.
16In Beantwortung der Aufklärungsverfügung vom 19. August 2014, wo sich die Satzung nach Einschätzung der Mitglieder der Klägerin zuletzt befunden habe oder aller Wahrscheinlichkeit nach befunden haben könnte, hat die Klägerin vorgetragen, die Satzung sei auf einem der Computer gespeichert gewesen, die sich ursprünglich in der S. Straße 135 in E4. befunden hätten. Diese seien in den Jahren 2009 bis 2012 bei einer der zahlreichen Hausdurchsuchungen beschlagnahmt worden. Die Satzung sei in der Zeit entstanden, als die Klägerin in diesen Räumlichkeiten ihren Sitz gehabt habe.
17Unter dem 16. Oktober 2014 hat der Beklagte unter Hinweis auf drei Hausdurchsuchungen in der von der Klägerseite genannten Zeit ausgeführt, die bei der Durchsuchung am 24. November 2010 beschlagnahmten fünf Computer hätten ohne Sicherung der Daten und anschließender Auswertung wieder herausgegeben werden müssen. Bei der Durchsuchung am 28. März 2012 seien keine Computer beschlagnahmt worden. Bei der am 23. August 2012 durchgeführten Durchsuchung sei ein PC sichergestellt worden. Er enthalte zwei Datenträger. Auf dem einen seien Musikdateien, auf dem zweiten verschlüsselte Daten vorhanden. Eine Entschlüsselung sei nicht möglich. Vor dem Hintergrund des wechselnden Klägervortrags sei davon auszugehen, dass es eine Satzung nicht gegeben habe.
18Durch Verfügung vom 10. November 2014 hat der Senat darauf aufmerksam gemacht, es gebe keinen greifbaren Anhaltspunkt für die erstmals im Schreiben vom 8. Juli 2014 aufgestellte Behauptung der Klägerin, die Vereinigung habe eine Satzung besessen.
19Daraufhin hat die Klägerin vorgetragen, die Einschätzung des Senats stehe im Widerspruch zum Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.7.2010– 6 B 20.10 –. Eine langjährig angewandte Regelung könne unter Umständen als konkludent beschlossener Satzungsbestandteil aufzufassen sein. Insbesondere sei in der Rechtsprechung nicht die Rede davon, dass der Vorstand sich aus nach außen leicht erkennbaren Umständen ergeben müsse. Gemäß ihrem Selbstverständnis habe die Klägerin basisdemokratische und auf spontane Aktionen ausgerichtete Tätigkeiten entfaltet. Auf Regularien habe sie keinen Wert gelegt. In Versammlungen habe sie ihren Gesamtwillen gebildet und regelmäßig ihre Leitung, zuletzt die in der Klageschrift genannten sechs Mitglieder, als Leitung bestimmt.
20In der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Leitungsmitglieder C. und E1. angehört. Herr C. hat angegeben, für die von ihm als Mitglied überblickte Zeit ab Ende 2007 sei – neben Vorstandssitzungen im Abstand von zwei bis drei Monaten und wöchentlichen Kameradschaftsabenden ‑ einmal jährlich eine Hauptversammlung durchgeführt worden. Hieran hätten fast alle Mitglieder teilgenommen. Mitgliederausweise seien nicht ausgestellt worden. Jemand sei Mitglied gewesen, wenn er in die Vereinigung hineingewachsen sei. Hierbei sei es entscheidend auf das Zugehörigkeitsgefühl angekommen. Das Hineinwachsen sei durch Beitragszahlung, Teilnahme an Aktionen und das Einhalten von Absprachen geschehen. Allerdings habe es auch nichtzahlende Mitglieder gegeben. Der Mitgliederkern habe aus den in der Klageschrift benannten dreiundzwanzig Personen bestanden. Herr E1. hat bezüglich der regelmäßigen Kameradschaftsabende ausgeführt, die Teilnehmer hätten zu Vorgetragenem diskutiert und basisdemokratisch abgestimmt, wenn eine Entscheidung zu treffen gewesen sei. Wegen der Angaben der Herren C. und E1. wird ergänzend auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (13 Ordner) verwiesen.
22Entscheidungsgründe:
23Die Klage ist unzulässig.
24Sie ist nicht im Namen aller nach dem Vorbringen der Klägerseite zum Zeitpunkt der Klageerhebung (jedenfalls) vorhandenen Mitglieder des klagenden nicht rechtsfähigen Vereins erhoben worden. Für eine Vereinigung handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände (§ 62 Abs. 3 VwGO). Dies sind bei der in Rede stehenden nicht rechtsfähigen Vereinigung sämtliche Mitglieder gemeinschaftlich (§ 54 Satz 1 i. V. m. § 709 Abs. 1 BGB; dazu unter 2.), da im Streitfall nicht durch Satzung Stimmenmehrheit vereinbart oder eine Übertragung der Geschäftsführung erfolgt ist (1.). Die vereins- und prozessrechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Klageerhebung des Vereins sind nicht erfüllt. Etwaige Besonderheiten des Streitfalls rechtfertigen kein abweichendes Ergebnis (3.)
251. Für eine von den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen abweichende Geschäftsführungsbefugnis ist im Streitfall kein greifbarer Anhaltspunkt aus dem Vorbringen der Klägerseite zu entnehmen. Dieses ist durch Abweichungen und verfügungsangepassten Vortrag gekennzeichnet. Hatte die Klägerseite mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 noch geltend gemacht, eine Satzung gebe es nicht, ist nach entsprechender Hinweisverfügung des Gerichts vorgetragen worden, es habe eine Satzung bestanden. Diese habe sich als elektronische Datei auf der Festplatte eines der beschlagnahmten Computer befunden. Zuletzt hat die Klägerseite behauptet, eine satzungsähnliche Regelung ergebe sich aus der über einen längeren Zeitraum hinweg derartig praktizierten „basisdemokratischen“ Verfahrensweise. Aus diesem Vortragsverhalten lässt sich keine – wie auch immer ausgestaltete – Vertretungsbefugnis einzelner Mitglieder der verbotenen Vereinigung, namentlich der Herren C. , E. , E1. , E2. , H. und T. , ableiten. Nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
26Zwischenurteil vom 21.1.2004 – 6 A 1.04 -, DVBl. 2004, 713 = juris, Rdnr. 20,
27muss die Vertretungsbefugnis an nach außen leicht erkennbare Umstände anknüpfen. Sie darf nicht von möglicherweise schwierigen Prüfungen der inneren Ordnung einer Organisation abhängig gemacht werden.
28Dies zugrundegelegt ist nichts Greifbares für eine Übertragung der Geschäftsführung ersichtlich. Es ist schon nicht davon auszugehen, dass eine rein tatsächlich praktizierte interne Hierarchie der klägerischen Vereinigung einigen wenigen (Leitungs-)Mitgliedern Vertretungsbefugnis einräumen kann. Im Übrigen hat eine derartige Kenntnis nach dem Vorbringen des Beklagten, dem die Klägerin nicht substantiiert entgegen getreten ist, gründliche Ermittlungen der Sicherheitsbehörden vorausgesetzt. Leicht erkennbare Umstände, aus denen sich die Vertretungsbefugnis einzelner Mitglieder ergeben könnte, sind jedenfalls deshalb nicht gegeben, weil die Klägerseite im Verlauf des Klageverfahrens in tatsächlicher Hinsicht zum Bestehen einer satzungsgemäßen Vertretungsregelung widersprüchliche Angaben gemacht hat. Wenn sie selbst schon zu einem schlüssigen Vorbringen außer Stande ist, erschließt sich nicht, wie Außenstehenden im Rechtsverkehr eine verlässliche Beurteilung – zudem noch leicht – möglich sein soll. Hinzu kommt, dass auch insoweit nach den maßgeblichen vereinsrechtlichen Bestimmungen (§§ 54, 710 BGB) ein hinreichend deutlicher Übertragungsakt seitens sämtlicher Vereinsmitglieder erforderlich ist, für den hier nichts erkennbar ist. Eine wie auch immer gebildete interne Praxis genügt hierfür selbst dann nicht, wenn sie jahrelang beibehalten wird.
29Diese Bewertung gilt auch unter Berücksichtigung der Angaben der Herren C. und E1. in der mündlichen Verhandlung. Ihrem Vorbringen ist nichts dafür zu entnehmen, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt eine Mitgliederversammlung gegeben hat, auf der – zudem anders als durch bloßes Schweigen – die in der Klageschrift aufgeführten Leitungsmitglieder durch sämtliche (seinerzeitigen) Mitglieder der Klägerin ermächtigt worden sind, die Geschäfte für die Vereinigung zu führen. Hinzu kommt, dass gemäß den Angaben von Herrn C. (auch nach außen hin) nicht ansatzweise zu erkennen gewesen ist, wer – ggf. über die zugestandenen 23 Personen hinaus ‑ überhaupt Mitglied der Klägerin ist. Mitgliederausweise sind nicht ausgestellt worden. Es war keine Rede davon, dass Anwesenheitslisten geführt worden sind. Im Übrigen hat Herr C. betont, die Mitgliedschaft habe stark vom subjektiven Zugehörigkeitsgefühl des Einzelnen abgehangen. Bei dieser Sachlage ist nichts für eine Geschäftsführungsbefugnis ersichtlich, die von der gesetzlichen Regelung (Gesamtvertretung durch alle Mitglieder) abweicht.
302. Dem danach zu erfüllenden Erfordernis der Klageerhebung durch den allein anfechtungsbefugten verbotenen Verein, bestehend aus den Mitgliedern im Verbotszeitpunkt, ist im Streitfall nicht genügt. Dabei kann auf sich beruhen, ob sämtliche in der Verbotsverfügung genannten 62 Personen Mitglieder der Klägerin gewesen sind. Jedenfalls haben die in der Klageschrift aufgeführten, über die Herren C. , E. , E1. , E2. , H. und T. hinausgehenden Personen als Mitglieder nicht an der Klageerhebung mitgewirkt. Dabei handelt es sich um die (durch die Herren C. und E1. in der mündlichen Verhandlung bestätigten) Mitglieder B. , C1. , E3. , H1. , H2. , I. , I1. , L. , O. , P. , T1. , T2. , T3. , X. , U. X1. , K. X2. und X3. .
313. Etwaige Besonderheiten des Streitfalls rechtfertigen kein abweichendes Ergebnis. Dies gilt sowohl mit Blick darauf, dass die vorerwähnten sechs Leitungsmitglieder in der angefochtenen Verbotsverfügung aufgeführt sind (a), als auch im Hinblick auf die Unterzeichnung einer Vollmacht durch sie (b). Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung ändert das Ergebnis ebenfalls nicht (c).
32a) Der Beklagte hat die angefochtene Verbotsverfügung ausschließlich und ausdrücklich an die Vereinigung „Nationaler Widerstand Dortmund“ gerichtet und diese Entscheidung den in der Verbotsverfügung aufgeführten Personen „z. Hd.“, also zu Händen, und mithin offenkundig allen zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung amtlich bekannten Vereinsmitgliedern als Vertreter der nicht selbst rechts- und handlungsfähigen Vereinigung zukommen lassen.
33b) Die mit der Klageschrift zur Gerichtsakte gereichte Prozessvollmacht rechtfertigt ebenfalls kein abweichendes Ergebnis. Dies gilt umso mehr, als sie nicht von sämtlichen Vereinsmitgliedern ausgestellt worden ist. Dessen ungeachtet spricht sie ausdrücklich davon, in Sachen Verbot „Nationaler Widerstand Dortmund“ „mich gerichtlich zu vertreten“. Nach dem für Erklärungen dieser Art als empfangsbedürftige Erklärungen maßgeblichen Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB) ist der erforderliche Wille, für einen anderen als die bezeichnete natürliche Person, nämlich: die Vereinigung als solche, zu handeln, entgegen den allgemeinen Erfordernissen (vgl. § 164 Abs. 2 BGB) nicht hinreichend deutlich erkennbar hervorgetreten.
34c) Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung ändert das Ergebnis ebenfalls nicht. Sie kann aus dem von ihr angeführten Beschluss des OVG Schleswig-Holstein vom 14.2.2011 – 4 MR 1/10 -, juris Rdnr. 32, nichts für sie Günstiges herleiten. Im dortigen Streitfall war weder geltend gemacht noch ersichtlich, dass neben den namentlich genannten Mitgliedern im Verbotszeitpunkt weitere Mitglieder vorhanden gewesen sind. Dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.7.2010 ‑ 6 B 20.10 ‑, juris Rdnr. 14, ist lediglich zu entnehmen, dass zur Anfechtung eines Vereinsverbots regelmäßig nur die verbotene Vereinigung befugt ist, nicht aber ein einzelnes Mitglied. Dass die Vereinigung nach § 62 Abs. 3 VwGO durch ihren Vorstand vertreten wird, setzt voraus, dass die zu Grunde liegenden materiellen Rechtsvorschriften dieses Ergebnis tragen. Dies ist im Streitfall, wie dargelegt, mit Blick auf § 54 Satz 1 i. V. m. § 709 Abs. 1 BGB nicht der Fall.
35Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass den vorerwähnten sechs Leitungsmitgliedern der Klägerin – wollte man die Klage als durch sie und für sie erhoben ansehen – die Klagebefugnis fehlt. Sie können nicht geltend machen, durch die Verbotsverfügung in ihren Rechten verletzt zu sein, § 42 Abs. 2 VwGO. Nach der vom Senat geteilten gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zur Anfechtung des Verbots einer Vereinigung regelmäßig – so auch hier – allein die verbotene Vereinigung selbst befugt, nicht hingegen ein Mitglied. Die Verbotsverfügung betrifft nicht die individuelle Rechtsstellung natürlicher Personen, sondern die Rechtsstellung der verbotenen Vereinigung als einer Personengesamtheit. Sofern das Vereinsverbot Rechte verletzt, können dies allein Rechte der verbotenen organisierten Personengesamtheit sein.
36Nur ausnahmsweise und zusätzlich zum Anfechtungsrecht der Vereinigung können auch einzelne Personen, zu deren Händen eine Verbotsverfügung ergangen ist, gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zur Anfechtung dieser Verfügung befugt sein. Dazu müssen sie geltend machen, die Existenz eines Vereins sei von vornherein ausgeschlossen und die Verfügung betreffe sie daher in ihrer persönlichen Rechtsstellung.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.5.2014 – 6 A 3.13 ‑, NVwZ 2014, 1573, 1574, Beschluss vom 19.7.2010 – 6 B 20.10 –, NVwZ 2011, 372 = juris, Rdnr. 14, Gerichtsbescheid vom 3.4.2003 – 6 A 5.02 –, Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 39 = juris, Rdnr. 12, Beschluss vom 2.3.2001 – 6 VR 1.01 u.a. –, Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 34 = juris, Rdnr. 5 f., Urteil vom 13.8.1984 – 1 A 26.83 –, DÖV 1984, 940 = juris, Rdnr. 6 f.; OVG NRW, Beschluss vom 10.9.2012 – 5 B 664/12 –.
38Nach Maßgabe dieser Grundsätze wäre eine Klagebefugnis für die Herren C. , E. , E1. , E2. , H. und T. ausgeschlossen. Der Beklagte hat die umstrittene Verbotsverfügung, wie ausgeführt, ausschließlich und ausdrücklich an die verbotene Vereinigung, u. a. zu deren Händen, gerichtet. Demgemäß erfolgte die Zustellung an diese Herren lediglich als Vertreter der nicht selbst rechts- und handlungsfähigen Vereinigung. Diese machen auch nicht geltend, die Existenz des Vereins sei von vornherein ausgeschlossen, und die Verfügung betreffe sie mithin in ihrer eigenen Rechtsstellung.
39Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
40Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
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(1) Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.
(2) Vereine im Sinne dieses Gesetzes sind nicht
(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind
- 1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen, - 2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.
(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.
(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.
(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.
(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner.
Ist in dem Gesellschaftsvertrag die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Ist die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern übertragen, so findet die Vorschrift des § 709 entsprechende Anwendung.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.
(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind
- 1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen, - 2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.
(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.
(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.
(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.
(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.