Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 30. Okt. 2014 - 19 B 1055/14
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt
1
Gründe:
2Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Senat prüft nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe. Diese rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufzugeben, die Antragstellerin im Schuljahr 2014/2015 vorläufig in die Klasse 7 zu versetzen.
3Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zunächst festgestellt, dass die Antragstellerin die besonderen Versetzungsbestimmungen für das Gymnasium in § 27 Nr. 1 der Verordnung über die Ausbildung und die Abschlussprüfungen in der Sekundarstufe I (APO-S I) vom 2. November 2012 (GV. NRW. S. 488) nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift wird eine Schülerin auch dann in die Klassen 7 bis 9 versetzt, wenn die Leistungen in nicht mehr als einem der Fächer Deutsch, Mathematik, erste und zweite Fremdsprache mangelhaft sind und die mangelhafte Leistung durch eine mindestens befriedigende Leistung in einem anderen Fach dieser Fächergruppe ausgeglichen wird. Die Antragstellerin hat im Schuljahr 2013/2014 die Klasse 6 des städtischen Gymnasiums I.---weg -Schule in C. durchlaufen und dabei sowohl in ihrer ersten Fremdsprache Englisch als auch in ihrer zweiten Fremdsprache Französisch jeweils mangelhafte Leistungen erbracht. Nur eine dieser beiden mangelhaften Leistungen kann sie durch ihre befriedigende Leistung im Fach Mathematik ausgleichen. Ihre Versetzung scheitert ausschließlich an der verbleibenden mangelhaften Leistung, weil ihre Leistungen in allen übrigen Fächern mindestens ausreichend sind (§ 27 Nrn. 2 und 3 APO-S I).
4Mit ihrer Beschwerdebegründung greift die Antragstellerin ausschließlich ihre Benotung im Fach Englisch an. Hierzu verweist sie auf die bei ihr fachärztlich diagnostizierte Lese- und Rechtschreibstörung (LRS, ICD-10-WHO F.81.0, www.dimdi.de) und verfolgt ihre erstinstanzliche Rüge weiter, ihr Englischlehrer, Studienrat G. , habe die durch Erlass geregelten Vorgaben für Kinder mit LRS nicht erfüllt.
5Diese Rüge bleibt erfolglos. Sie ist am Maßstab der allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsätze des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums zu beurteilen, die der Senat in ständiger Rechtsprechung auch auf die schulische Einzelbenotung und die Versetzung anwendet und die auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Danach überschreitet der Fachlehrer seinen prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum, wenn er einen Verfahrensfehler begeht, anzuwendendes Recht verkennt, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt oder sonst willkürlich handelt.
6OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 19 B 971/14 ‑, juris, Rdn. 2.
7Hingegen ist es eine dem Prüfer oder Lehrer vorbehaltene, gerichtlich nicht überprüfbare prüfungsspezifische Wertung, welche Noten oder wie viele Punkte er vergibt (sofern die Prüfungsordnung hierfür keine mathematisch exakte Vorgabe macht), wie er den Schwierigkeitsgrad einer Aufgabenstellung einordnet, wie er verschiedene gestellte Aufgaben untereinander gewichtet, sowie, wie er Stärken und Schwächen in der Bearbeitung und die Bedeutung eines Mangels gewichtet.
8BVerwG, Beschluss vom 16. August 2011 – 6 B 18.11 ‑, juris, Rdn. 16; Beschluss vom 13. Mai 2004 ‑ 6 B 25.04 ‑, NVwZ 2004, 1375, juris, Rdn. 11 m. w. N.
9Nach diesen Maßstäben hat Studienrat G. weder mit der Vergabe der Note „mangelhaft“ im Fach Englisch allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt (1.) noch hat er Verfahrensfehler begangen (2.) oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen (3.).
101. Die Antragstellerin behauptet sinngemäß die Verletzung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe durch Studienrat G. , wenn sie rügt, offensichtlich habe er „die Problematik der LRS überhaupt nicht erkannt“, wie die Korrekturbemerkungen in ihren Klassenarbeiten unterstrichen, die sie in ihrer Beschwerdebegründung zitiert hat. Besondere, speziell auf die LRS bezogene Bewertungsmaßstäbe gelten für die Leistungsfeststellung und –beurteilung bei Schülern der Klassen 3 bis 6, die einer zusätzlichen Fördermaßnahme bedürfen (Nr. 4.1 des Runderlasses „Förderung von Schülerinnen und Schülern bei besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens (LRS)“ vom 19. Juli 1991 (GABl. NRW. I S. 174)). Hiernach werden die Rechtschreibleistungen nicht in die Beurteilung der schriftlichen Arbeiten und Übungen im Fach Deutsch oder in einem anderen Fach mit einbezogen (Satz 4). Außerdem dürfen die Leistungen im Lesen und Rechtschreiben bei Entscheidungen über die Versetzung oder die Vergabe von Abschlüssen nicht den Ausschlag geben (Nr. 4.3). Diese besonderen Bewertungsmaßstäbe entsprechen den zwischenzeitlich ausgesprochenen Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK), bei Schülern mit LRS auf eine Bewertung der Lese- und Rechtschreibleistung nicht nur im Fach Deutsch, sondern auch in anderen Fächern und Lernbereichen zu verzichten und bei der Versetzungsentscheidung vorrangig die Gesamtleistung des Schülers zu berücksichtigen.
11Grundsätze zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen, KMK-Beschluss vom 4. Dezember 2003 i. d. F. vom 15. November 2007, S. 3, 4.
12Der Senat kann offen lassen, ob die genannten besonderen, von den §§ 48 und 50 SchulG NRW abweichenden Bewertungsmaßstäbe des LRS-Erlasses für Nordrhein-Westfalen Allgemeingültigkeit beanspruchen können, insbesondere, ob der aus Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG abzuleitende Grundsatz der Chancengleichheit eine Regelung zumindest in einer Rechtsverordnung gebietet (vgl. etwa § 16 Abs. 8 BerlGsVO).
13Zum Parlamentsvorbehalt für Maßnahmen des Notenschutzes BayVGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 7 B 14.22 ‑, juris, Rdn. 18.
14Denn im vorliegenden Fall hat Studienrat G. Nr. 4.1 des LRS-Erlasses nach Aktenlage beachtet, indem er die Rechtschreibleistungen der Antragstellerin bei der Beurteilung ihrer schriftlichen Englischarbeiten unberücksichtigt gelassen hat. Das hat er in seinen Stellungnahmen vom 14. März 2014, vom 13. Juli 2014 und vom 29. September 2014 mitgeteilt und dahin erläutert, er habe die Rechtschreibleistungen der Antragstellerin gleichwohl unter dem Zielaspekt der künftigen Verbesserung dokumentiert und gekennzeichnet.
15Die Antragstellerin stützt ihre Behauptung, Studienrat G. habe die LRS-Problematik verkannt, vergeblich auf dessen Korrekturanmerkungen, die sich auch auf Rechtschreibfehler beziehen. Diese Anmerkungen sind keine Indizien dafür, dass Studienrat G. ihre Rechtschreibleistungen in die Bewertung ihrer schriftlichen Arbeiten einbezogen hat. Dieser hat dazu ‑ wie erwähnt ‑ ausgeführt, er habe ihre Rechtschreibleistungen bei der Beurteilung der schriftlichen Arbeiten unberücksichtigt gelassen, sie aber dokumentiert und gekennzeichnet, um der Antragstellerin und ihren Eltern ihr Leistungsbild transparent zu machen, zum Weiterlernen anzuregen und zukünftigen Lernerfolg zu ermöglichen. Die Bewertung ihrer Leistungen mit „mangelhaft“ hat er mit Defiziten der Antragstellerin in einer Reihe anderer Bereiche (etwa Anwendung grammatikalischer Phänomene und Grundstrukturen, Wortschatz, Sprachverständnis) begründet. Mit diesen Begründungen hält Studienrat G. den ihm zustehenden prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum ein. Insbesondere sieht auch Nr. 4.1 Sätze 1 und 3 des LRS-Erlasses vor, dass der Lehrer im Einzelfall die Klassenarbeit mit einer Bemerkung versehen kann, die den Lernstand aufzeigt und zur Weiterarbeit ermutigt, und dass die Erziehungsberechtigten über den Leistungsstand ihres Kindes zu informieren sind.
162. Weiter macht die Antragstellerin sinngemäß Verfahrensfehler von Studienrat G. geltend, wenn sie behauptet, er habe im Fach Englisch den notwendigen Nachteilsausgleich tatsächlich nicht durchgeführt, insbesondere habe er entgegen seiner Behauptung keine Aufgabenstellungen vorgelesen oder vorlesen lassen, sondern vielmehr Mitschülerinnen, welche der Antragstellerin vorlesen wollten, aufgefordert, ruhig zu sein. Auch diese Rüge bleibt erfolglos. Unter Maßnahmen des Nachteilsausgleichs versteht man in diesem Zusammenhang Erleichterungen im Prüfungsverfahren, welche die LRS-bedingte Beeinträchtigung nach Möglichkeit ausgleichen und dem Schüler mit LRS ermöglichen oder erleichtern sollen, seine Leistungsnachweise unter chancengleichen Bedingungen zu erbringen wie andere Schüler.
17BayVGH, a. a. O., Rdn. 17; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Februar 2014 – 3 M 358/13 ‑, NVwZ-RR 2014, 560, juris, Rdn. 7; KMK, Beschluss vom 4. Dezember 2003, a. a. O., S. 3; Esterhaus, „Fater oder Vater?“, VR 2014, 184 (187).
18Als Maßnahmen des Nachteilsausgleichs kann der Schulleiter Vorbereitungszeiten und Prüfungszeiten angemessen verlängern und sonstige Ausnahmen vom Prüfungsverfahren zulassen, soweit eine besonders schwere Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens es bei einem Schüler erfordert (§ 6 Abs. 9 Sätze 1 und 2 APO-S‑I). Auch der Lehrer kann bei einer schriftlichen Arbeit oder Übung zur Bewertung der Rechtschreibleistung in den Fremdsprachen im Einzelfall eine andere Aufgabe stellen, mehr Zeit einräumen oder Vokabelkenntnisse durch mündliche Leistungsnachweise erbringen lassen (Nr. 4.1 Sätze 1 und 2 des LRS-Erlasses).
19Nach Aktenlage hat Studienrat G. diese Vorgaben erfüllt. Er hat in seinen Stellungnahmen vom 14. März 2014, vom 13. Juli 2014 und vom 29. September 2014 unter anderem ausgeführt, die Maßnahmen der individuellen Förderung und des Nachteilsausgleichs im Fall der Antragstellerin hätten das Vorlesen der Aufgabenstellungen im Plenum sowohl im Unterricht als auch bei Klassenarbeiten, das Angebot individueller Hilfe in Bezug auf Fragen zur Aufgabenstellung und das Angebot einer zusätzlichen Leistung (Vortrag über die Stadt Bristol) umfasst. Der Senat hält diese detaillierte schriftliche Schilderung von Studienrat G. nach Aktenlage für glaubhaft, während die Antragstellerin ihre Gegenbehauptung, er habe Mitschülerinnen das Vorlesen von Aufgabentexten untersagt, nicht glaubhaft gemacht hat. Insbesondere hat sie die nahe liegende Möglichkeit ungenutzt gelassen, die beteiligten Mitschülerinnen oder Mitschüler namentlich zu benennen und entsprechende Versicherungen an Eides statt von ihnen vorzulegen (§ 294 Abs. 1 ZPO).
20Abgesehen davon könnte ein Verfahrensfehler, selbst wenn er vorläge, allenfalls einen Anspruch der Antragstellerin auf Wiederholung ihrer schulischen Prüfungsleistungen in einem rechtmäßigen Verfahren begründen, also auf Wiederholung der Klasse 6 unter Gewährung des angeblich vorenthaltenen LRS-Nachteilsausgleichs, nicht aber einen Anspruch auf Besserbewertung und Versetzung in die Klasse 7.
21Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 11. Januar 2008 – 19 E 726/07 ‑, NWVBl 2008, 310, juris, Rdn. 7.
223. Studienrat G. hat sich schließlich auch nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt versteht der Senat die Rüge der Antragstellerin, er habe sich mit der grundsätzlichen Problematik der LRS nicht auseinandergesetzt und gehe verfehlt davon aus, dass sie heilbar sei. Mit diesem Vorwurf unterstellt die Antragstellerin Studienrat G. zu Unrecht eine medizinische Erkenntnis, die er nicht für sich in Anspruch nimmt und auf die es auch nicht ankommt, nämlich ob LRS im medizinischen Sinn vollständig heilbar ist. Dies ist hier unerheblich, weil in der Fachwelt jedenfalls weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass eine LRS bei frühzeitiger Diagnose und ganzheitlicher Therapie jedenfalls so weit linderbar ist, dass ein davon betroffenes Kind große Lernfortschritte erzielen kann.
23http://www.bvl-legasthenie.de/legasthenie/therapieansaetze.html.
24Auf dieser Basis hat Studienrat G. etwa die Kennzeichnung von Rechtschreibmängeln damit gerechtfertigt, dass „nur so die besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben vermieden und überwunden werden können“ (Stellungnahme vom 29. September 2014, S. 2). Diese Erwägung ist indessen nicht sachfremd, sondern durch gute Gründe gerechtfertigt. Auch der LRS-Erlass verpflichtet die Schule zu einer gezielten Förderung von Kindern mit besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens, „damit sich lang andauernde und erhebliche Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens nicht entwickeln“ (Nr. 1.3 Satz 3). Die allgemeinen und die zusätzlichen Fördermaßnahmen bezeichnet Nr. 2 Satz 1 des Erlasses als erforderlich, „um besondere Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben zu vermeiden und zu überwinden“. Die angegriffene Formulierung von Studienrat G. entspricht nahezu wortgleich dieser Erlassbestimmung. Im Übrigen hat auch die Fachärztin Dr. H. in ihrem Attest vom 15. Mai 2014 betreffend die LRS der Antragstellerin festgestellt: „Es liegen zum größten Teil Regelfehler vor, die durch verstärktes Üben behoben werden könnten.“
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
26Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
27Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 30. Okt. 2014 - 19 B 1055/14
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt
1
Gründe:
2Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Senat prüft nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe. Diese rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO aufzugeben, den Sohn E3. der Antragsteller nach § 12 Abs. 3 Satz 1 APO-S I im Schuljahr 2014/2015 die Klasse 6 der Realschule wiederholen zu lassen und dadurch seinen Übergang in die Klasse 7 der Haupt-, Gesamt- oder Sekundarschule nach Satz 3, Abs. 4 dieser Vorschrift zu verhindern.
3Im Ergebnis ohne Erfolg bleibt insbesondere die Rüge der Antragsteller, das Verwaltungsgericht habe überspannte Anforderungen an den Anordnungsanspruch gestellt, insbesondere einen Ausnahmefall zu Unrecht verneint, in dem die Prognoseentscheidung der Versetzungskonferenz nach § 12 Abs. 3 Satz 1 APO-S I trotz ihres Bewertungsspielraums nach der Senatsrechtsprechung gerichtlich zu korrigieren sei. Diese Rüge nimmt der Senat zum Anlass, seine Rechtsprechung wie folgt klarzustellen: Bei dieser Prognoseentscheidung überschreitet die Versetzungskonferenz ihren prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum, wenn sie einen Verfahrensfehler begeht, anzuwendendes Recht verkennt, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt oder sonst willkürlich handelt. Insofern gelten die allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsätze des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums auch für die Prognoseentscheidung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 APO-S I.
4Zu diesen Grundsätzen BVerwG, Beschluss vom 16. August 2011 - 6 B 18.11 ‑, juris, Rdn. 16 (Erste juristische Staatsprüfung); OVG NRW, Beschluss
5vom 3. Juli 2014 - 19 B 1243/13 ‑, juris, Rdn. 22 (Lehramtsprüfung).
6Diese Grundsätze wendet der Senat in ständiger Rechtsprechung auch auf schulprüfungsrechtliche Leistungsbewertungen und Prognoseentscheidungen an. Dazu gehören zunächst die Einzelbenotung und die Versetzung, auch die Versetzung aufgrund positiver Gesamtprognose nach § 22 Abs. 3 Satz 1 APO-S I (bis 31. Juli 2013 § 21 Abs. 3 Satz 1 APO-S I 2005) oder nach § 10 Abs. 3 APO-BK. Erst recht gehören dazu diejenigen Entscheidungen, welche die Schulformeignung des Schülers betreffen, also etwa die hier streitige Entscheidung der Versetzungskonferenz über eine Wiederholung der Klasse 6 zur Verhinderung eines Schulformwechsels nach § 12 Abs. 3 Satz 1 APO-S I sowie die Schulformempfehlung der Grundschule nach § 11 Abs. 5 Satz 1 SchulG NRW, § 8 Abs. 3 AO-GS im Halbjahreszeugnis der Klasse 4.
7OVG NRW, Beschlüsse vom 21. August 2012
8‑ 19 B 899/12 ‑, juris, Rdn. 6 (Wiederholung der Klasse 6 zur Verhinderung eines Schulformwechsels), vom 29. Dezember 2008 ‑ 19 B 1581/08 ‑, juris, Rdn. 23 m. w. N. (Versetzung aufgrund der Gesamtentwicklung), und vom 24. August 2007
9‑ 19 B 689/07 ‑, OVGE 51, 39, juris, Rdn. 16 (Schulformempfehlung).
10Keinen anderen Prüfungsmaßstab hat der Senat mit der früher teilweise verwendeten Formulierung zugrunde gelegt, die Verwaltungsgerichte dürften bei diesen Prognoseentscheidungen in den Beurteilungsspielraum der Versetzungskonferenz „nur ausnahmsweise und nur in Evidenzfällen“ eingreifen.
11OVG NRW, Beschlüsse vom 21. August 2012, a. a. O., Rdn. 6, vom 29. Dezember 2008, a. a. O., Rdn. 24, vom 23. Dezember 2003 - 19 B 2561/03 ‑, juris, Rdn. 13, vom 4. November 2002 - 19 B 2036/02 ‑, juris, Rdn. 14 und 21, und vom 22. April 2002 - 19 B 575/02 ‑, juris, Rdn. 37.
12Hierbei handelte es sich um eine verkürzte und missverständliche Formulierung, mit welcher der Senat der Sache nach auf die Grundsätze des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums Bezug genommen hat. Diese Grundsätze hat er in den zitierten Beschlüssen teils ausdrücklich (Beschluss vom 24. August 2007, Rdn. 16, 19), jedenfalls aber der Sache nach durchgehend angewandt. So hat er etwa im Beschluss vom 22. April 2002 geprüft, ob als Verfahrensfehler ein Begründungsmangel vorliegt (Rdn. 12) und die Zuständigkeit fehlt (Rdn. 30) sowie, ob sich die Mitglieder der Versetzungskonferenz von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen (Rdn. 31 ff.). Letztere Frage war auch Gegenstand des Beschlusses vom 29. Dezember 2008 (Rdn. 8 ff.).
13Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller ergibt auch bei Anlegung dieses präzisierten Prüfungsmaßstabs keinen Anordnungsanspruch.
14Zunächst hat die Versetzungskonferenz nicht anzuwendendes Recht verkannt. Die Versetzungskonferenz trifft ihre Feststellung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 APO-S I, ob der Schüler nach einer Wiederholung der Klasse 6 der besuchten Schulform die Versetzung erreichen kann, „auf Grund der Gesamtentwicklung“ (vgl. auch § 22 Abs. 2 Satz 2 APO-S I: „Gesamtentwicklung während des ganzen Schuljahres“). Diese rechtlich vorgegebene Beurteilungsgrundlage hat die Versetzungskonferenz entgegen der Beschwerderüge der Antragsteller nicht dadurch „unzulässig verengt“, dass sie sich „nahezu ausschließlich an den … im letzten Schulhalbjahr erreichten Noten … orientiert“ hat. Diese pauschale Behauptung ist unzutreffend. Nach Aktenlage hat die Versetzungskonferenz vielmehr das Leistungsbild E4. aus beiden Schuljahren der Erprobungsstufe in ihre negative Feststellungsentscheidung vom 24. Juni 2014 einbezogen. Das ergibt sich zum einen aus dem Protokoll vom selben Tag, in dem der zugrunde gelegte Bewertungszeitraum für einzelne Fächer ausdrücklich festgehalten ist („D: trotz verbindlicher Fördermaßnahmen über einen Zeitraum von 2 Jahren: nur sehr schwach ausreichend“, F: … Klassenarbeitsnoten im Schuljahr 2013/14: …“). Zum anderen folgt dies aus dem Protokoll der – in der Zusammensetzung mit der Versetzungskonferenz identischen (§ 50 Abs. 2 SchulG NRW, § 10 Abs. 4 APO-S I) – Erprobungsstufenkonferenz vom 13. Mai 2014 über die Empfehlung des Schulformwechsels gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 APO-S I, wonach diese ihre Prognose nicht nur auf die Noten in den Defizitfächern und Einzelaspekte, sondern insbesondere auf grundlegende Defizite im Bereich der Kognition und des Lern- und Arbeitsverhaltens gestützt hat.
15Unzutreffend ist ferner die Behauptung der Antragsteller, es fehle vorliegend an einer prognostischen Beurteilung, wie sich eine Wiederholung der Klasse 6 auf E2. Lernmotivation und Anstrengung auswirken werde. Diese Prognose hat die Versetzungskonferenz vielmehr nach Aktenlage mit negativem Ergebnis getroffen. Entgegen der pauschalen Behauptung der Antragsteller ist dies auch den Konferenzprotokollen ausdrücklich zu entnehmen. Im Konferenzprotokoll vom 13. Mai 2014 heißt es nämlich zusammenfassend: „Auch in der Wiederholung wird es E1. aufgrund dieser umfassenden Leistungsdefizite nicht schaffen, die Versetzung in die Klasse 7 der Schulform Realschule zu erreichen.“
16Mit ihrem erneuten Hinweis in der Beschwerdebegründung auf die Notensteigerung E. im Fach Deutsch von einem „mangelhaft“ auf ein schwaches „ausreichend“ zeigen die Antragsteller keinen Bewertungsfehler auf. Es überschreitet nicht den prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum der Versetzungskonferenz, wenn sie diese geringe Notensteigerung auf der Grundlage verbindlicher Fördermaßnahmen über zwei Jahre hinweg als zu wenig stabil ansieht, um auch fächerübergreifend ein hinreichendes Steigerungspotential anzunehmen. Entsprechendes gilt für ihre Entscheidung, auch das Ergebnis des Hamburg-Wechsler-Intelligenztests vom 15. August 2013 gebiete keine positive Eignungsfeststellung.
17Schließlich hat die Versetzungskonferenz anzuwendendes Recht auch nicht deshalb verkannt, weil, so die Antragsteller, § 12 Abs. 3 Satz 1 APO-S I im Regelfall eine positive Feststellung gebiete. Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend. Der Vorschrift liegt kein solches Regel-Ausnahme-Verhältnis zugrunde. Ihr Wortlaut bietet dafür keinen Anhaltspunkt, insbesondere auch nicht die positive Formulierung „feststellt, dass … erreicht werden kann.“ Es entspricht einem allgemeinen schulrechtlichen Formulierungsprinzip, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber den Inhalt einer zu treffenden Behördenentscheidung grundsätzlich positiv ausdrückt, ohne dass er allein mit dieser Formulierungsvariante eine Vorgabe für das Entscheidungsergebnis macht (z. B. § 35 Abs. 2 SchulG NRW: Die Entscheidung des Schulleiters über eine vorzeitige Einschulung steht ohne ein Regel-Ausnahme-Verhältnis im freien Ermessen des Schulleiters, obwohl die Vorschrift positiv formuliert ist, „können … aufgenommen werden“). Auch das systematische Argument der Antragsteller greift nicht durch, das für die Versetzung in § 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW ausdrücklich normierte Regel-Ausnahme-Verhältnis gebiete auch für die Prognoseentscheidung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 APO-S I regelmäßig eine positive Feststellung. Der am Ende der Erprobungsstufe nicht versetzte Schüler erfüllt eben nicht die Voraussetzungen für den Regelfall, er ist vielmehr gemessen an § 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW der Ausnahmefall. Nach Sinn und Zweck schreibt § 12 Abs. 3 Satz 1 APO-S I zudem eine Prognose im Einzelfall des betroffenen Schülers vor, die auf dessen individuelle Gesamtentwicklung abzustellen ist und sich einer Voraussage nach dem Maßstab von Regel und Ausnahme entzieht.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
19Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
20Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Gründe
- 1
Die Beschwerdegründe, auf deren Überprüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller, mit dem sie im Wege einstweiligen Rechtsschutzes einen weitergehenden Nachteilsausgleich und Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung für ihren Sohn F., der die 12. Klasse des Antragsgegners besucht, begehren, zu Recht abgelehnt.
- 2
Dahingestellt bleiben kann, ob der sinngemäß, § 88 VwGO, gestellte Antrag, den Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 09. Dezember 2013 zu verpflichten, dem Sohn der Antragsteller Nachteilsausgleich in Form von Zeitzugaben oder reduziertem Aufgabenumfang beim Schreiben in allen Fächern und Entlastung von Schreibarbeit zu gewähren und bei der Bewertung seiner Leistungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung abzuweichen durch die Ermöglichung von Ausgleichschancen nach Minderleistung, verstärkte mündliche Bewertung und das Absehen von „Punktabzug bei schriftlichen Leistungserhebungen wegen Fehlerhäufung in der Rechtschreibung – so genannter Notenschutz – in den Fächern, bei denen es auf Genauigkeit von Tabellen, Grafiken, Zeichnungen oder ähnlichem ankommt“, schon unzulässig ist. Denn das Recht auf Nachteilsausgleich als Recht auf besondere schulische Förderung steht nicht den Erziehungsberechtigten, sondern den Schülern selbst zu, so dass diese selbst, im Falle der Minderjährigkeit vertreten durch ihre Eltern, den Anspruch gerichtlich geltend machen müssten. Jedenfalls ist der Antrag unbegründet, denn ein Anspruch auf über die bereits gewährte Schreibzeitverlängerung hinausgehenden Nachteilsausgleich steht dem Sohn der Antragsteller nicht zu.
- 3
Anspruchsgrundlage ist der aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. 12 Abs. 1 GG abzuleitende Anspruch auf Chancengleichheit, der im Prüfungs- wie im Schulrecht zu beachten ist. § 33 Abs. 1 Satz 2 des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt i. d. F. der Bekanntmachung vom 22. Februar 2013 (GVBl. LSA S. 68, - SchulG LSA -) bestimmt in Ausformung dieses Anspruchs, dass unterschiedlichen Bildungschancen und Begabungen durch besondere Förderung der betreffenden Schülerinnen und Schüler entsprochen werden soll. Die Pflicht, die Entwicklung der einzelnen wie aller Schülerinnen und Schüler zu fördern, bestimmt auch Inhalt und Ausmaß der Verordnungsermächtigung, mittels derer die oberste Schulbehörde den Bildungsweg zu regeln ermächtigt wird, § 35 Abs. 2 SchulG LSA. Auf dieser Grundlage hat das Kultusministerium die Verordnung über die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsbedarf vom 08. August 2013 (GVBl. LSA S. 414 - SoPädFV ST 2013 -) erlassen. § 7 Sätze 1 bis 3 SoPädFV ST 2013 bestimmen, dass für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, Behinderungen oder festgestellten Beeinträchtigungen, die zielgleich unterrichtet werden, die Rahmenbedingungen für Leistungsfeststellungen im Unterricht oder bei Leistungsnachweisen so zu gestalten sind, dass sie ihre Leistungsmöglichkeiten nachweisen können. Die Formen des anzuwendenden Nachteilsausgleichs sind individuell nach dem jeweiligen Einzelfall zu bestimmen. Sie berücksichtigen die Anforderungen und Bestimmungen des besuchten Bildungsganges sowie der entsprechenden Abschlussverordnung.
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Die Anforderungen und Bestimmungen des Bildungsgangs ergeben sich aus dem Runderlass des Kultusministeriums „Leistungsbewertung und Beurteilung an allgemeinbildenden Schulen und Schulen des Zweiten Bildungsweges der Sekundarstufen I und II“ (RdErl. des MK vom 26. Juni 2012 – 2-83200 -, SVBl. LSA S. 103 – im Folgenden: Leistungsbewertungserlass). Dieser gewährt in Ziffer 1.5 Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen, leistungsbeeinträchtigenden chronischen Erkrankungen oder sonderpädagogischem Förderbedarf ein Recht auf Anwendung von Nachteilsausgleich. Ziffer 7.1.2 bestimmt, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die zielgleich unterrichtet werden, Nachteilsausgleich unter Beachtung der Art, des Grades und des Umfanges ihres sonderpädagogischen Förderbedarfs erhalten. Ansonsten unterliegen diese Schülerinnen und Schüler den üblichen Anforderungen an die Leistungsbewertung nach dem Erlass. Bestimmungen zu dem vom Sohn der Antragsteller angestrebten Abschluss (Abitur) enthält die Verordnung über die gymnasiale Oberstufe vom 03. Dezember 2013 (GVBl. S. 5078 – Oberstufenverordnung -). Diese sieht lediglich für behinderte Schüler Sonderregelungen für die Abiturprüfung vor, für die auf Vorschlag des Vorsitzenden der Prüfungskommission Erleichterungen der äußeren Prüfungsbedingungen zugelassen werden können.
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Gemessen an diesem rechtlichen Rahmen steht dem Sohn der Antragsteller eine Schreibzeitverlängerung von mehr als 10 vom Hundert der regulären Schreibzeit nicht zu. Das Kind hat keinen sonderpädagogischen Förderbedarf, das entsprechende Feststellungsverfahren ist mit bestandskräftigem Bescheid vom 31. Mai 2013 abgeschlossen worden. Der Bescheid stellt fest, dass die vorliegenden pädagogischen Unterlagen die Vermutung auf sonderpädagogischen Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsbedarf durch sonderpädagogische Förderung im Unterricht nicht stützen. Die Leistungen des Kindes entsprächen den Anforderungen. Schwerwiegende Beeinträchtigungen während der Beschulung hätten nicht festgestellt werden können. Medizinische, psychologische oder therapeutische Gutachten seien nicht vorgelegt worden. Dem entsprechen auch die im Verwaltungsvorgang vorgelegten Zeugnisse, die weder ein auffälliges Missverhältnis zwischen den Leistungen in den sprachorientierten und den naturwissenschaftlichen Fächern erkennen lassen noch konstant schlechte Leistungen des Kindes in einem bestimmten Bereich. Vielmehr erbrachte der Sohn der Antragsteller offenbar über Jahre so ausreichende Leistungen, dass der Verdacht einer (Teil-) Leistungsstörung nicht aufkam.
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Soweit die schulpsychologische Referentin des Landesschulamtes, Frau B., demgegenüber in ihrer „Schulpsychologischen Stellungnahme zur Diagnostik einer Lernstörung“ vom 08. Juli 2013 das Vorliegen einer Rechtschreibschwäche bestätigt, wird aus dem vorgelegten Verwaltungsvorgang schon nicht erkennbar, nach welcher Untersuchung und anhand welcher Maßstäbe diese Diagnose gestellt wurde. Im Ergebnis wurde dem Sohn der Antragsteller keine klassifizierte Lernstörung (z. B. isolierte Rechtschreibstörung, Klassifikation nach ICD-10: F.81.1), sondern nur eine isolierte Rechtschreibschwäche bescheinigt. Zudem seien „auffällig sichtbar gewordene graphomotorische Schwierigkeiten beim Schreiben“ festzustellen. Entscheidend ist, dass es sich dabei weder um einen festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf noch um eine Behinderung oder leistungsbeeinträchtigende chronische Erkrankung handelt. Der Sohn der Antragsteller ist „beeinträchtigt“ im Sinne des § 7 SoPädFV ST 2013, wird zielgleich unterrichtet und hat daher – in der Qualifikationsphase, nicht in den Abiturprüfungen - Anspruch auf eine solche Gestaltung der Rahmenbedingungen für Leistungsfeststellungen im Unterricht oder bei Leistungsnachweisen, dass er seine Leistungsmöglichkeiten nachweisen kann.
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Eine solche Gestaltung der Rahmenbedingungen kommt nur im Wege des Nachteilsausgleichs in Betracht. Der Nachteilsausgleich betrifft die Art und Weise der Prüfungsleistung sowie die äußeren Prüfungsbedingungen (Prof. Dr. Jörg Ennuschat, „Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler mit Legasthenie oder Dyskalkulie“; Rechtsgutachten erstattet im März 2008 für den Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V., veröffentlicht unter http://bvl-legasthenie.de, S. 18). Häufige Maßnahmen des Nachteilsausgleichs sind etwa veränderte Formen des Leistungsnachweises (z. B. Sprechen auf Band, Einzelsituation), Nutzung methodisch-didaktischer Hilfen (z. B. veränderte Gliederung, Lesepfeil, größere Schrift, veränderte Arbeitsblätter), Einräumen von mehr Bearbeitungszeit, Bereitstellen von technischen und didaktischen Hilfsmitteln (z. B. audio-visuelle Hilfen und Computer) und differenzierte Aufgabenstellungen – in Ausnahmefällen auch in Klassenarbeiten (Ziffer 7.2.2 SoPädFV ST 2013). Die zu wählende Maßnahme orientiert sich am individuell festgestellten Nachteil und beschränkt sich darauf, nur den Nachteil auszugleichen, ohne im Ergebnis einen Vorteil für den betroffenen Schüler hervorzurufen.
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Die Beschränkung auf Maßnahmen des Nachteilsausgleichs ergibt sich daraus, dass Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung, wie es unter anderem der von den Antragstellern zentral verfolgte „Notenschutz“ wäre, nach den Vorgaben von Ziffer 7.1.1 SoPädFV ST 2013 nur für Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die zieldifferent unterrichtet werden und für solche der Sekundarstufe I mit diagnostizierten Lernstörungen vorgesehen sind. Sie müssen dann aber ihre Grundlage in den individuellen Förderplänen der Schülerinnen und Schüler haben und dokumentiert sein (Ziffer 7.2.1 Satz 5) und werden auf dem Zeugnis unter „Bemerkungen“ ausgewiesen (Ziffer 7.2.5 Satz 3). Der Sohn der Antragsteller erfüllt diese Anforderungen nicht. Wird aber schon Schülerinnen und Schülern mit ausgewiesenem sonderpädagogischem Förderbedarf, wenn sie zielgleich unterrichtet werden, nur ein Nachteilsausgleich gewährt und von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung nicht abgewichen, kann für den Sohn der Antragsteller, der offenbar weniger in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, nichts anderes gelten. Dies gilt auch, wenn den von der schulpsychologischen Referentin nicht näher beschriebenen „graphomotorischen Schwierigkeiten beim Schreiben“ ein eigener, den Sohn der Antragsteller einschränkender Wert beizumessen ist. Denn gerade solchen Schwierigkeiten, die sich lediglich im Niederlegen der bereits erbrachten gedanklichen Leistung zeigen, lässt sich nicht durch veränderte Beurteilungsmaßstäbe begegnen, sondern nur durch Modifikationen bei der Leistungserbringung.
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Hierbei ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein weitergehender Anspruch als die dem Sohn der Antragsteller bereits bewilligte Verlängerung der Schreibzeit bei allen schriftlichen Klausuren von 10 vom Hundert der regulären Schreibzeit diesem nicht zusteht. Das Landesschulamt hat – im Wege der Fachaufsicht - das dem Antragsgegner zustehende Auswahlermessen zwischen den verschiedenen Möglichkeiten des Nachteilsausgleichs in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Es hat dabei sowohl die Rechtschreibschwäche als auch die graphomotorische Beeinträchtigung in den Blick genommen und diese von einer Lese-Rechtschreib-Schwäche abgegrenzt, die als diagnostizierte Lernstörung gilt. Es hat die Argumentation der Schule in die Erwägung einbezogen, die ausweislich des Protokolls der Lehrerkonferenz überhaupt keinen Bedarf für einen Nachteilsausgleich gesehen hat, auch weil der Sohn der Antragsteller offenbar öfter bereits die regulär zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit für Leistungsnachweise nicht vollständig ausgenutzt hat und daher zunächst durch Ausnutzung der allen zur Verfügung stehenden Zeit seiner Beeinträchtigung im graphomotorischen Bereich wie in der Rechtschreibung hätte begegnen können.
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Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist eine Schreibzeitverlängerung von 10 vom Hundert nachvollziehbar, der Antragsgegner hat im Verfahren über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes seine diesbezüglichen Erwägungen auch noch in zulässiger Weise ergänzt, § 114 Satz 2 VwGO. Es spricht auch nicht gegen die Eignung der Schreibzeitverlängerung zum Nachteilsausgleich, dass der Sohn der Antragsteller schon bislang die zur Verfügung stehende Zeit nicht vollständig ausgenutzt hat. Denn es obliegt letztlich ihm, die gewährten Maßnahmen des Nachteilsausgleichs anzunehmen und etwa besondere Sorgfalt auf die Rechtschreibung zu verwenden oder sich beim Schreiben mehr Zeit zu lassen. Allein der Umstand, dass der Schüler eine gewährte Ausgleichsmaßnahme nicht annimmt oder eine andere bevorzugen würde, führt nicht dazu, dass dem seitens des Antragsgegners auch nachzukommen ist. Bedenken bestehen auch nicht hinsichtlich des gewährten Umfangs der Schreibzeitverlängerung. Der Antragsgegner führt hierzu in nachvollziehbarer Weise aus, dass die von den Antragstellern zum Vergleich herangezogene Schülerin, der eine umfangreichere Schreibzeitverlängerung gewährt wurde, stärker beeinträchtigt war als der Sohn der Antragsteller und daher mehr Zeit benötigte, um den aus ihren Beeinträchtigungen (Lese-Rechtschreib-Schwäche) resultierenden Einschränkungen zu begegnen.
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Dabei musste der Antragsgegner Abwägungen hinsichtlich der vom Antragsteller begehrten Änderungen der Leistungsbewertung nach obigen Ausführungen nicht treffen und sich insbesondere nicht im Einzelnen mit den von der schulpsychologischen Referentin vorgeschlagenen Maßnahmen auseinandersetzen. Zum einen obliegt die Auswahl zu treffender Fördermaßnahmen grundsätzlich der Schule, die dabei nicht nur ärztliche oder psychologische Befunde, sondern auch die schulalltägliche Beobachtung der Kinder einzubeziehen hat. Zum anderen sind die Vorschläge in der Stellungnahme offenkundig für den in der Qualifikationsphase des Abiturjahrgangs befindlichen Sohn der Antragsteller nicht mehr anwendbar. Die Vorschläge entstammen Ziffer 7.2.3 des Leistungsbewertungserlasses und beschreiben die in der Sekundarstufe I noch zulässigen Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung. Solche sind aber für Schüler der Sekundarstufe II selbst dann nicht mehr zulässig, wenn diese einen festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf haben, vgl. Ziffer 7.1.2 Leistungsbewertungserlass. Dann kann nichts anderes für den Sohn der Antragsteller gelten. Daraus, dass der von den Antragstellern zum Vergleich hinsichtlich gewährter Vergünstigungen herangezogenen Schülerin an der Abendschule der Schule des Zweiten Bildungsweges Halle auch in der Qualifikationsphase vor dem Abitur noch weitere Privilegierungen eingeräumt wurden (keine Berücksichtigung der Rechtschreibung, verstärkte mündliche Bewertung anstelle von schriftlichen Bewertungen), vermag der Sohn der Antragsteller für sich nichts abzuleiten, da es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt.
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Die Antragsteller können auch nicht erfolgreich einwenden, ohne Notenschutz oder andere weitergehende Maßnahmen zum Ausgleich der Beeinträchtigung ihres Sohnes sei seine Chancengleichheit verletzt, da er wegen der Rechtschreibschwäche und der graphomotorischen Beeinträchtigung nicht die gleiche Prüfungsleistung erbringen könne wie seine Mitschüler. Deren Chancengleichheit würde durch noch umfassendere Erleichterungen für ihn bei der Erstellung der Arbeiten und eine geänderte Beurteilung seiner Arbeiten im Gegensatz dazu nicht verletzt, denn sie seien nicht von einem „Handicap“ betroffen.
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Der im Prüfungsrecht maßgebliche Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3Abs. 1 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG) gilt auch bei der Bewertung schulischer Leistungen. Danach muss gewährleistet sein, dass Schülerinnen und Schüler ihre schulischen Prüfungsleistungen möglichst unter gleichen äußeren (Prüfungs-) Bedingungen erbringen können und die gleichen Maßstäbe für die Bewertung einer Leistung gelten. Dies wird durch die formale Gleichbehandlung aller Prüflinge und Schüler gesichert. Im Einzelfall kann es aus Gründen der Chancengleichheit darüber hinaus erforderlich sein, zum Ausgleich von in der Person des Schülers oder der Schülerin liegenden Einschränkungen oder sonstigen Nachteilen spezielle (Prüfungs-) Vergünstigungen zu gewähren, die diesen die gleichen Chancen einräumen, den (Prüfungs-) Anforderungen zu genügen. Eine rechtserhebliche Chancenungleichheit kann insbesondere dann festgestellt werden, wenn lediglich die mechanische Darstellungsfähigkeit beeinträchtigt ist, auch wenn sie auf einem dauernden Defekt beruht. Damit ist ein Nachteilsausgleich dann geboten, wenn die Behinderungen außerhalb der durch die Prüfung zu ermittelnden Fähigkeiten liegen und das Prüfungsergebnis negativ beeinflussen können, wie beispielsweise die manuelle Fertigkeit des Schreibens. Eine Überkompensation der Nachteile dient jedoch nicht der Wiederherstellung der Chancengleichheit, sondern würde den Anspruch der Mitschülerinnen und -schüler auf Chancengleichheit verletzen (VG Braunschweig, Urt. v. 16. April 2013 - 6 A 2054/12 -, juris).
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Nach der überwiegenden Rechtsprechung (Hess. VGH, Beschl. v. 08. Dezember 2011 – 7 A 2621/10 -; OVG BB, Beschl. v. 16. Juni 2009 - OVG 3 M 16.09 -; OVG Nieders., Beschl. v. 10. Juli 2008 – 2 ME 309/08 -; VG München, Urt. v. 26. Februar 2013 – M 3 K 11.2962 -; VG Braunschweig, Urt. v. 16. April 2013 – 6 A 204/12 - alle: juris) ist ein – über den Nachteilsausgleich hinausgehender – Notenschutz jedenfalls nicht mehr mit der durch den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit allein gebotenen Schaffung von gleichen Ausgangsbedingungen für den rechtschreibschwachen Schüler und seine nicht behinderten Mitschüler vereinbar. Er ist vielmehr auf die Bevorzugung des eingeschränkten Schülers gerichtet, indem diesem gegenüber auf bestimmte Leistungsanforderungen verzichtet werden soll, die den Mitschülern – unabhängig von ihrer intellektuellen Begabung – abverlangt werden. Ausreichende Kenntnisse im (Lesen und) Schreiben gehören zu den Kernkompetenzen, die in der Abiturprüfung nachzuweisen sind. Eine Kompensation der durch die Rechtschreibschwäche oder die graphomotorische Beeinträchtigung bedingten Benachteiligung des Sohns der Antragsteller durch die Absenkung von geltenden Prüfungsanforderungen lässt sich dem geltenden Recht und insbesondere auch dem Grundsatz der Chancengleichheit nicht entnehmen. Der Ausschluss des Notenschutzes für die gymnasiale Oberstufe einschließlich der Abiturprüfung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Chancengleichheit (VG Schleswig, Urt. v. 10. Juni 2009 – 9 A 208/08 -, juris).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.