Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 04. Mai 2015 - 19 A 2097/14
Gericht
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist am 2. Dezember 1991 in T. geboren. Die Beklagte stellte ihm am 16. Juli 2012 den Bundespersonalausweis Nr. , gültig bis zum 15. Juli 2018, sowie am 12. April 2013 den Reisepass Nr. , gültig bis zum 11. April 2019, aus.
3Unter dem 4. Dezember 2013 stellte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW (MIK NRW) ein Behördenzeugnis aus, wonach dienstlich bekannt geworden sei, dass der Kläger beabsichtige, gemeinsam mit weiteren Personen aus dem Umfeld der verbotenen Vereinigung "Millatu Ibrahim" auszureisen, um sich am bewaffneten "Jihad" in Syrien zu beteiligen. Beamte der Bundespolizei kontrollierten ihn am selben Tag am Flughafen Köln/Bonn bei der grenzpolizeilichen Ausreisekontrolle des Fluges TK nach Istanbul. Der Kläger befand sich in Begleitung des T1. G. und des T2. C. . Die drei hatten ihr Flugticket erst am Abflugtag gekauft und führten lediglich Handgepäck mit sich. Auf der Grundlage des Behördenzeugnisses führten die Beamten eine Ausreisebefragung bei allen drei Personen durch. Diese gaben an, zu privaten Zwecken nach Istanbul reisen zu wollen; Angaben zu dortiger Unterkunft und Rückflug konnten sie nicht machen. In der Geldbörse des Klägers fand sich ein Zettel, auf dem handschriftlich notiert ist: "Nummer von Deutschland aus: ... Nummer von Türkei aus: ... Der Bruder heißt F. A. . Die Nummer haben wir von B. T3. . Wir wollen zum B. Anrufen vom Reisebus-Bahnhof (…) in Antep oder Anrufen vom Flughafen in Antep". Die Bundespolizei untersagte dem Kläger und seinen beiden Begleitern die Ausreise und stellte den Reisepass des Klägers sicher.
4Das Polizeipräsidium (PP) X. erstellte unter dem 6. Dezember 2013 einen Vermerk zur Person des Klägers. Darin stellt der Verfasser, KOK L. , fest, der ältere Bruder T4. des Klägers habe zu den Gründungsmitgliedern der verbotenen Vereinigung "Millatu Ibrahim" in T. gehört; der Kläger sei als regelmäßiger Besucher des Vereins bekannt. T4. K. sei Mitte 2012 aus Deutschland ausgereist. Die Deutsche Botschaft in Ankara habe am 24. Juli 2013 mitgeteilt, er sei nach Angaben türkischer Behörden am 19. Juli 2013 auf dem Hoheitsgebiet der Türkei festgenommen worden, weil er weder einen Pass noch sonstige Ausweisdokumente, sondern lediglich eine deutsche Einbürgerungsurkunde mit sich geführt habe. Er, KOK L. , habe T4. K. aufgrund verschiedener Haftbefehle bei der Einreise am Frankfurter Flughafen festgenommen. Dabei habe T4. K. freimütig angegeben, er und andere hätten sich "ganz nah an der Kriegsfront befunden". Beide Brüder hätten sich bei den salafistischen Ausschreitungen in T. am 1. Mai 2012 am Veranstaltungsort befunden. Weiter beteilige sich der Kläger auch an den aktuellen Koraninformationsständen und Videoproduktionen der salafistischen Bewegung "Tauhid Deutschland". Hierzu enthält der Vermerk zwei Bilder, auf denen der Kläger mit mehreren anderen Personen abgebildet ist, darunter jeweils T1. G. und T2. C. . Schließlich sei der Kläger in den letzten Wochen mehrfach als Begleit- und Kontaktperson des Predigers Hasan Keskin in Erscheinung getreten, der unter anderem während der Ausschreitungen am 1. Mai 2012 als aufhetzender Wortführer agiert habe.
5In den Vermerken zu den Begleitern des Klägers, T1. G. und T2. C. , ist gleichfalls ausgeführt, sie gehörten zum jugendlichen salafistischen Personenspektrum aus T. .
6Mit Ordnungsverfügung vom 19. Dezember 2013 entzog die Beklagte dem Kläger ohne vorherige Anhörung den Reisepass (Nr. 1) und beschränkte den Geltungsbereich seines Personalausweises auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2). Zur Begründung gab sie den Inhalt des Behördenzeugnisses wieder und führte an, die Teilnahme eines deutschen Staatsangehörigen am bewaffneten "Jihad" sei geeignet, in erheblichem Maße die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Es lägen schwerwiegende Anhaltspunkte dafür vor, dass er beabsichtige, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, um sich im derzeitigen Krisengebiet Syrien am bewaffneten Kampf ("Jihad") zu beteiligen. In diesem Zusammenhang habe bereits die Abteilung Staatsschutz des PP X. ein Verfahren gegen ihn beantragt. Es werde keine Anhörung durchgeführt, da eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug notwendig erscheine. Die angeordneten Maßnahmen könnten nur Erfolg haben, wenn die Ausreise des Klägers sofort verhindert werde.
7Der Kläger hat am 9. Januar 2014 Klage erhoben und nach Einsicht in den Verwaltungsvorgang der Beklagten geltend gemacht, in der Begründung der angefochtenen Ordnungsverfügung fehle eine Darlegung hinreichend konkreter und belegbarer Anknüpfungstatsachen für die Gefahrenprognose der Beklagten. Das Behördenzeugnis des MIK NRW sei keine solche Tatsache. Die erforderlichen Anknüpfungstatsachen unterlägen auch den allgemeinen Beweisregeln, Beweiserleichterungen stünden der Behörde insoweit nicht zu. Die angegriffene Verfügung sei im Hinblick auf die Gefahr begründenden Tatsachen nicht hinreichend bestimmt. Er, der Kläger, weise die Behauptung, zum salafistischen Personenspektrum aus T. zu zählen, mit Entschiedenheit zurück. Von dort habe er sich bereits seit langer Zeit zurückgezogen. Er besuche andere Moscheen, pflege andere Kontakte, habe eine Freundin und arbeite ganz normal 8 Stunden täglich. Von seinem Bruder, der allerdings in der einschlägigen Szene in T. verankert sei, lasse er sich nicht beeinflussen. Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen am 1. Mai 2012 in T. habe er sich früh vom Veranstaltungsort entfernt und sei im später eingeleiteten Strafverfahren freigesprochen worden. Auf dem Zettel, den er bei sich gehabt habe, stünden Telefonnummern von in der Türkei humanitär tätigen zum Teil syrischen Organisationen, keinesfalls aber handele es sich um irgendwelche Kontaktleute oder Schleuser für einen Transitweg. Sein Bruder habe ihm den Zettel mitgegeben, damit er in Istanbul Kontakt zu humanitär tätigen Organisationen für die Hilfe nach Syrien aufnehme. Mit dem im - ohnehin offensichtlich auf Anlass gefertigten und daher unverwertbaren - Bericht vom 11. August 2014 erwähnten V. B1. habe er zwar in der L1. Straße in T. gewohnt. Zu dessen Ausreise sei ihm aber nichts bekannt gewesen. Überdies habe er Kontakt mit einer Mitarbeiterin eines Aussteigerprogramms aufgenommen und einen ersten Besprechungstermin vereinbart.
8Der Kläger hat beantragt,
9die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. Dezember 2013 aufzuheben.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie hat ergänzend auf den Vermerk des PP X. vom 6. Dezember 2013 Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass der Kläger danach regelmäßiger Besucher und Vorstandsmitglied des verbotenen Vereins "Millatu Ibrahim" gewesen sei, sich bei den Ausschreitungen am 1. Mai 2012 am Tatort befunden habe, im Zusammenhang mit den Koraninformationsständen aufgetreten sei und sich mehrfach in Begleitung von Hasan Keskin aufgehalten habe. Gegen die Annahme einer Ausreiseabsicht zu touristischen Zwecken spreche die bei ihm gefundene Telefonliste. Ferner hat die Beklagte einen ergänzenden Bericht des PP X. vom 11. August 2014 vorgelegt, wonach der Kläger zuletzt mit V. B1. in der L1. Straße in T. zusammengewohnt habe. B1. sei trotz eigener Ausreiseuntersagung im Juni 2014 zunächst über Wien vermutlich nach Syrien ausgereist. Mit S. C1. , E. K1. und C2. L2. seien drei der Terrorkrieger aus T. bereits in Syrien gestorben. Auch T5. L3. sei ehemaliger Weggefährte des Klägers und seines Bruders gewesen. Er gebe im Internet ganz offen an, für den Islamischen Staat zu kämpfen. Zweifelhaft sei die Glaubhaftigkeit der Angabe des Klägers, in einem Aussteigerprogramm zu sein. Auch in der Vergangenheit habe er stets geleugnet, Angehöriger der Szene zu sein, auch wenn hierfür offenkundige Befunde vorgelegen hätten.
13Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei zusammen mit seinem Bruder öfter auf Veranstaltungen einer wegen dort gehaltener Predigten jihadistischen Inhaltes inzwischen verbotenen Vereinigung gewesen. Auch wegen seiner Eigenschaft als deren Vorstandsmitglied dürfe angenommen werden, er stehe auch inhaltlich hinter den Zielen der von ihm repräsentierten Organisation. Als weitere Indizien für die Absicht des Klägers, zur Teilnahme am "Jihad" auszureisen, führte das Verwaltungsgericht seine Beteiligung an Informationsständen und Videoproduktionen der salafistischen Bewegung "Tauhid", sein Auftreten als Kontakt- und Begleitperson des Predigers Keskin, das Aufgreifen seines Bruders Mitte 2013 in der Türkei sowie den Besitz des Zettels mit Telefonnummern bei seiner unterbundenen Ausreise in die Türkei an.
14Gegen das am 19. September 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 20. Oktober 2014 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt. Zu ihrer Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Dass er beabsichtigt habe, zur Teilnahme am "militanten Jihad" nach Syrien auszureisen, sei durch nichts belegt. Er würde sich niemals einer Terrorgruppe wie der ISIS anschließen. Konkrete und belegbare Anknüpfungstatsachen der für die Gefahrenprognose darlegungs- und beweispflichtigen Behörde fehlten. Die Beklagte verweise in dem Bescheid lediglich generell auf Kenntnisse von Sicherheitsbehörden. Dies sei nicht geeignet, die angegriffenen Maßnahmen zu begründen. Die Mitteilung des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 19. Dezember 2013 sei unerheblich, weil es nach der Gesetzeslage auf Tatsachen ankomme, nicht auf die behördliche Einschätzung oder Bewertung von Tatsachen. Auch "die Bezugnahme auf die Einschätzung des Bundesministeriums vom 14.06.2012" sei nicht ausreichend. Zudem gebe es eine Vielzahl von Gruppierungen, die gegen das Assad-Regime kämpften. Diese würden zum Teil von den USA unterstützt. Auch erhalte die ISIS oder IS Unterstützung durch Staaten wie die Türkei oder Qatar, zumindest aber durch in diesen Ländern tätige private Geschäftsleute, die ihrerseits Kontakte zu den USA unterhielten. Daher sei nicht zu erkennen, inwieweit ausgerechnet durch ihn, den Kläger, erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet würden.
15Der Kläger beantragt sinngemäß,
16das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Sie verweist auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts sowie des Senats im Beschluss vom 16. April 2014 - 19 B 59/14 - und übermittelt die telefonische Auskunft der für das Aussteigerprogramm zuständigen Sachbearbeiterin beim MIK NRW, dass sich der Kläger auf mehrfache telefonische und zuletzt schriftliche Kontaktversuche nicht gemeldet habe.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und der Verfahren 24 L 37/14 und 24 L 1849/14 - VG Düsseldorf -, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Akten zum Verfahren 80 Js 1120/13 (StA Düsseldorf) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
21Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet. Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. Dezember 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die in deren Nr. 1 verfügte Passentziehung findet ihre Rechtsgrundlage in § 8 PassG. Danach kann ein Pass dem Inhaber entzogen werden, wenn Tatsachen bekanntwerden, die nach § 7 Abs. 1 PassG die Passversagung rechtfertigen würden. § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG setzt tatbestandlich voraus, dass bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passinhaber die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Die in Nr. 2 der angefochtenen Ordnungsverfügung angeordnete Ausweisbeschränkung hat die Beklagte zu Recht auf § 6 Abs. 7 PAuswG gestützt, der diese Maßnahme ebenfalls an das Vorliegen eines Passversagungsgrundes nach § 7 Abs. 1 PassG knüpft.
22Am Maßstab dieser beiden Ermächtigungsgrundlagen ist die angefochtene Ordnungsverfügung materiell rechtmäßig (A.). Auch Verfahrensfehler rechtfertigen nicht ihre Aufhebung (B.).
23A. In materiell-rechtlicher Hinsicht hat die Beklagte die beiden genannten Maßnahmen ausschließlich auf die 3. Variante des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützt (Gefährdung sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland). Diesen Passversagungsgrund hat sie sinngemäß in Bezug genommen, indem sie zur Begründung ausgeführt hat, die Teilnahme eines deutschen Staatsangehörigen am bewaffneten "Jihad" sei geeignet, in erheblichem Maße die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.
24Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Variante 3 sind erfüllt. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich. Denn sowohl bei der Entziehung des Reisepasses als auch bei der räumlichen Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Dauerverwaltungsakte sind solche Verfügungen, die einen fortwährenden Regelungsgehalt haben, und deren Rechtsgrundlage verlangt, dass ihre tatbestandlichen Voraussetzungen während des gesamten Wirkungszeitraums der Regelung vorliegen.
25Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 113 Rn. 116 mit weiteren Nachweisen.
26Dies ist hier der Fall. Sowohl die Passentziehung als auch die räumliche Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises erschöpfen sich nicht in einer einmaligen Anordnung, sondern entfalten dauerhafte Wirkung für den Betroffenen.
27Vgl. VG Berlin, Urteil vom 6. März 2012 - 23 K 59/10 -, juris Rdn. 15.
28Im Streitfall sind Tatsachen bekannt geworden, die die Annahme begründen, dass der Kläger sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. In der Ausreise eines Deutschen zum Zweck der Unterstützung des militanten "Jihad" liegt eine Gefährdung sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland im Sinne der 3. Variante des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG (I.). Im Streitfall begründen Tatsachen die Annahme, dass der Kläger in solcher Absicht nach Syrien ausreisen wollte und noch will (II.).
29I. Die Ausreise eines Deutschen zum Zweck der Unterstützung des militanten "Jihad" begründet eine Gefährdung sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland im Sinne der 3. Variante des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Der Begriff "sonstige erhebliche Belange" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Vorliegen der Senat in vollem Umfang nachzuprüfen hat. Er erfasst Tatbestände, die in ihrer Erheblichkeit den beiden anderen Tatbestandsvarianten (innere und äußere Sicherheit) nahekommen. Sie müssen so gewichtig sein, dass die Passbehörde sie aus zwingenden staatspolitischen Gründen der freiheitlichen Entwicklung in der Bundesrepublik voranstellen muss. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang der drei Tatbestandsvarianten des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Der Passinhaber gefährdet sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland insbesondere, wenn bestimmte Tatsachen die Prognose rechtfertigen, er werde sich im Ausland an Gewalttätigkeiten beteiligen, die geeignet sind, die auswärtigen Beziehungen oder unter besonderen Umständen auch das internationale Ansehen der Bundesrepublik zu schädigen.
30BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - 6 C 39.06 -, BVerwGE 129, 142 = juris Rdn. 28; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 7. Dezember 2004 - 1 S 2218/03 -, VBlBW 2005, 231 = juris Rdn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 16. April 2014 - 19 B 59/14 -, NVwZ-RR 2014, 593 = juris Rdn. 3.
31Die Beteiligung am militanten "Jihad" ist geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik zu schädigen. Terroranschläge des militanten "Jihad", an denen deutsche Staatsangehörige mitwirken, tangieren massiv die Sicherheitsinteressen der davon betroffenen Länder sowie der internationalen Staatengemeinschaft und sind geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik nachhaltig zu beeinträchtigen.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. April 2014 - 19 B 59/14 -, NVwZ-RR 2014, 593 = juris Rdn. 3; VG Arnsberg, Urteil vom 23. Januar 2015 - 12 K 2036/13 -, juris Rdn. 32; VG Münster, Beschluss vom 27. Juni 2014 - 1 L 328/14 -, juris Rdn. 9; VG Hamburg, Beschluss vom 23. November 2012 - 2 E 2951/12 -, juris Rdn. 14; VG Berlin, Urteil vom 6. März 2012 - 23 K 59.10 -, juris Rdn. 18; VG Braunschweig, Beschluss vom 27. Oktober 2011 - 5 B 164/11 -, juris Rdn. 21; VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 30. November 2009 - 5 L 3142/09.F -, juris; VG Aachen, Urteil vom 26. August 2009 - 8 K 637/09 -, juris Rdn. 45; abweichend Daum, Anforderungen an Ausreisebeschränkungen von Islamisten, DÖV 2014, 526 (531).
33Dies unterstreicht der Umstand, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit der am 24. September 2014 verabschiedeten Resolution 2178 (2014) die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Personen, die im Ausland terroristische Taten begehen wollen, an der Einreise, dem Transit und der Ausreise zu hindern und entsprechende Taten unter Strafe zu stellen. Dabei werden sämtliche Vorbereitungs‑, Unterstützungs- und Finanzierungshandlungen erfasst.
34Vgl. Payandeh, Globale Anti-Terrorgesetzgebung: Die deutsche Rechtsordnung im Sog des UN-Sicherheitsrats?, ZRP 2014, 241 (242).
35Zudem gibt eine Vielzahl der militanten Kämpfer seine Herkunft und seine Staats-angehörigkeit in Videobotschaften in den sozialen Netzwerken öffentlich bekannt und kokettiert nicht selten sogar damit, Bürger eines westlichen Staates zu sein, den dieser Staat eingebürgert hat.
36II. Es sind Tatsachen bekannt geworden, die die Annahme begründen, dass der Kläger zum Zwecke der Unterstützung des "Jihad" nach Syrien ausreisen wollte und noch will.
37Der Passversagungstatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG setzt voraus, dass konkrete Tatsachen vorliegen, die die Begründetheit der behördlichen Gefahreneinschätzung nachvollziehbar rechtfertigen. Hinsichtlich dieser Gefahreneinschätzung erfordert § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG keine eindeutigen Beweise; es reicht aus, wenn der begründete Verdacht einer Gefährdung der Belange der Bundesrepublik Deutschland besteht. Eine bloße Möglichkeit, eine reine Vermutung oder ein durch konkrete Tatsachen nicht belegbarer Verdacht genügen hingegen nicht, um eine konkrete Gefährdungslage im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG zu begründen. Diese Herabstufung des anzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabs in Bezug auf die vorausgesetzte Gefährdung ergibt sich aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG, der lediglich verlangt, dass Tatsachen "die Annahme" einer Gefährdung im Sinne der Nr. 1 begründen, ohne dass die Gefährdung selbst vorliegen muss.
38Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT- Drs. 14/2726 vom 18. Februar 2000, S. 6; OVG NRW, Beschluss vom 16. April 2014 - 19 B 59/14 -, NVwZ-RR 2014, 593 = juris Rdn. 5 ff.; VG Berlin, Urteil vom 6. März 2012 - 23 K 59.10 -, juris Rdn. 18; VG Braunschweig, Beschluss vom 27. Oktober 2011 - 5 B 164/11 -, juris Rdn. 22; VG Aachen, Urteil vom 26. August 2009 - 8 K 637/09 -, juris Rdn. 46; entsprechend zur Passentziehung wegen Steuerflucht nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG OVG Bremen, Beschluss vom 25. Januar 2013
39- 1 B 297/12 -, NordÖR 2013, 217 = juris Rdn. 5.
40Insofern führt der Passversagungstatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG zu einer ähnlichen Vorverlagerung des Gefährdungsschutzes wie auch der Ausschlusstatbestand des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG im Rahmen der Einbürgerung.
41Dazu allgemein BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2003 - 6 VR 10.02 -, juris Rdn. 13; zu § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG etwa BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 5 B 55.10 -, juris Rdn. 3.
42Die Herabstufung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG erstreckt sich auf die von dieser Vorschrift vorausgesetzte Gefährdung, nicht aber auch auf die einzelnen "bestimmten Tatsachen" im Sinne dieses Eingriffstatbestandes. Diese Anknüpfungstatsachen für die Gefahrenprognose müssen nach Zeit, Ort und Inhalt so konkret gefasst sein, dass sie einer Überprüfung im gerichtlichen Verfahren zugänglich sind; für sie verbleibt es bei dem Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugungsgewissheit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
43OVG NRW, Beschluss vom 16. April 2014 - 19 B 59/14 -, NVwZ-RR 2014, 593 = juris Rdn. 11.
44Bei einer Passentziehung wegen befürchteter Ausreise zur Teilnahme am bewaffneten "Jihad" kommen ebenso wie bei der Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises als Anknüpfungstatsachen vor allem konkrete Äußerungen des Passinhabers und seine Einbindung in einen Personenkreis von gewaltbereiten Islamisten sowie deren bisherige Aktivitäten und politische Ziele in Betracht (z. B. Teilnahme an regelmäßigen Zusammenkünften oder an einem Ausbildungscamp für Terroristen; Auffinden von Notizzetteln mit Rufnummern oder Anschriften).
45OVG NRW, Beschluss vom 16. April 2014 - 19 B 59/14 -, NVwZ-RR 2014, 593 = juris Rdn. 12; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. März 2011 - 5 S 22.10, 5 M 34.10 -, juris, Rdn. 4, 6; VG Münster, Beschluss vom 27. Juni 2014 - 1 L 328/14 -, juris Rdn. 7; VG Hamburg, Beschluss vom 23. November 2012 - 2 E 2951/12 -, juris Rdn. 18 ff.; VG Berlin, Urteile vom 6. März 2012 - 23 K 59.10 -, juris Rdn. 18, und - 23 K 58.10 -, juris, Rdn. 20; VG Braunschweig, Beschluss vom 27. Oktober 2011 - 5 B 164/11 -, juris Rdn. 20; OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2013 - 18 B 866/13 -, juris Rdn. 11 (Ausreiseverbot nach § 46 Abs. 2 AufenthG); Daum, a. a. O., S. 529.
46Dabei ist es nicht erforderlich, dass das Reiseziel, die Art und Weise der Beteiligung am "Jihad" und die Rückkehrabsicht des Verfügungsadressaten jeweils konkret bezeichnet werden können. Angesichts des erheblichen Gewichts der Gefährdung kann insoweit auf allgemeine Erkenntnisse zur Unterstützung des bewaffneten "Jihad" zurückgegriffen werden. Hierzu ist dem Verfassungsschutzbericht 2013 unter anderem zu entnehmen, die Grenzen zwischen politischen und "jihadistischen" Salafisten seien fließend. Bis Anfang 2014 hätten Erkenntnisse zu mehr als 270 deutschen Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland vorgelegen, die in Richtung Syrien ausgereist seien, um sich an den Kampfhandlungen zu beteiligen oder den Widerstand gegen das Assad-Regime in sonstiger Weise zu unterstützen - ein Trend, dessen Ende nicht abzusehen sei. Wenngleich aus den meisten Bundesländern Personen nach Syrien ausgereist seien, sei eine Schwerpunktbildung insbesondere dort zu erkennen, wo - wie in T. - über Jahre eine aktive islamistische Szene existiere. In vielen Fällen bleibe das tatsächliche Ziel der Ausreisen unklar.
47Dies zugrunde gelegt begründen im Fall des Klägers bestimmte Tatsachen im Sinne der 3. Variante des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG die Annahme, dass er sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, nämlich deren auswärtige Beziehungen. Die Beklagte hat ihre behördliche Gefahreneinschätzung, der Kläger wolle zum Zweck der Beteiligung am bewaffneten Jihad im Bürgerkrieg in Syrien ausreisen, auf konkrete Tatsachen gestützt, die die Begründetheit dieser Prognose nachvollziehbar rechtfertigen. Als Anknüpfungstatsachen für diese Prognose hat sie unter anderem angeführt,
48 der Kläger sei bis zu dessen Verbot im Juni 2012 regelmäßiger Besucher des Moscheevereins "Millatu Ibrahim e. V." in T. gewesen (1.),
49 habe sich bei den salafistischen Ausschreitungen in T. am 1. Mai 2012 am Veranstaltungsort befunden (2.),
50 habe sich an den sog. Koraninformationsständen und an Freizeitaktivitäten der salafistischen Szene Solingens beteiligt (3.), und
51 sei in den letzten Wochen vor seinem Ausreiseversuch mehrfach als Begleit- und Kontaktperson des islamistischen Predigers Hassan Keskin in Erscheinung getreten (4.).
52Diese Indiztatsachen lassen jedenfalls in ihrer Gesamtheit den von den Sicherheitsbehörden und der Beklagten gezogenen Prognoseschluss zu, der Kläger habe zum Zweck der Teilnahme am bewaffneten "Jihad" ausreisen wollen und plane dies auch weiterhin.
53Zunächst liegen Tatsachen vor, die die Annahme der Ausreiseabsicht des Klägers Richtung Syrien begründen. Es steht fest, dass der Kläger am 4. Dezember 2013 am Flughafen Köln-Bonn durch die Grenzpolizei daran gehindert worden ist, nach Istanbul auszureisen. Er war dabei in Begleitung zweier Personen - T1. G. und T2. C. -, für die ebenfalls Anhaltspunkte für ihre Einbindung in das Umfeld der verbotenen Vereinigung "Millatu Ibrahim" bestehen. Der Annahme, die Reise habe touristischen Zwecken gedient, standen deren Umstände entgegen: Der Kläger und seine Begleiter hatten das Flugticket erst am gleichen Tag erworben; sie führten jeweils lediglich Handgepäck mit sich; Angaben dazu, wo sich aufhalten und wie sie zurückreisen wollten, machten sie nicht. Die Notizen auf dem Zettel, den der Kläger bei sich trug, lassen darauf schließen, dass die Reise in die nahe der türkisch-syrischen Grenze gelegenen Stadt Gaziantep (kurz Antep) weitergehen sollte; denn auf dem Zettel ist neben Namen des oder der Ansprechpartner und einer Telefonnummer notiert: "Anrufen vom Reisebus-Bahnhof (…) in Antep oder Anrufen vom Flughafen in Antep" . Angemerkt sei wegen der Beanstandungen des Klägers, die Notiz nicht zur Kenntnis bekommen zu haben, dass sich die Kopie jenes Zettels bei den Verwaltungsvorgängen befindet, in die der Prozessbevollmächtigte des Klägers Einsicht genommen hat.
54Das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe in Istanbul Verwandte besuchen wollen, den Zettel mit den Telefonnummern habe er von seinem Bruder bekommen, um ihn seinen Begleitern zu geben, und/oder er habe über die Telefonnummern in Kontakt zu in der Türkei tätigen Organisationen für humanitäre Hilfe in Syrien treten wollen, auch seine Begleiter habe er auf Wunsch seines Bruders mitgenommen und ebenfalls auf deren Wunsch erst nur ein Hinflugticket gekauft, ist insgesamt ungereimt und nicht glaubhaft. Weder ist nachvollziehbar, warum der Kläger nur mit Handgepäck zu Verwandten gereist sein will, noch, warum es nötig gewesen sein sollte, dass er seine Begleiter mitnimmt, noch, warum er - wirtschaftlich unvernünftigerweise - deren Wunsch entsprochen und nur ein Hinflugticket gekauft haben sollte, noch, warum er diese Verwandten zuvor niemals erwähnt und insbesondere bei der Ausreisekontrolle nicht genannt hat. Sein Vorbringen zu dem Zettel mit den Telefonnummern ist schon nicht einheitlich.
55Eine Reihe von Tatsachen belegt darüber hinaus die Einbindung des Klägers in einen Personenkreis von mit dem "Jihad" sympathisierenden Islamisten jedenfalls bis ins Jahr 2013 hinein. Diese Einbindung lässt darauf schließen, dass Zweck der Ausreise die Unterstützung des "Jihad" in Syrien war und weiterhin wäre.
561. Ein gewichtiges Indiz hierfür bildet der Umstand, dass der Kläger bis zu dessen Verbot im Juni 2012 regelmäßiger Besucher des Vereins "Millatu Ibrahim e. V." ("Religion Abrahams") in T. war, der im Jahre 2012 durch das Bundesministerium des Innern wegen Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung verboten worden ist (vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2012, S. 236). Dies steht zur Überzeugung des Senats fest, zumal der Kläger die Tatsache nicht dezidiert bestritten hat. Er stellt lediglich pauschal eine "Verbindung zum salafistischen Personenspektrum" in T. in Abrede ("wird mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen"), räumt diese aber für die Vergangenheit sogar indirekt ein, wenn er geltend macht, er habe sich "bereits seit langer Zeit von dort zurückgezogen". Diese vagen Formulierungen entkräften die vorgenannte Indiztatsache nicht, weil sie Zeitpunkt, Beweggründe, nähere Umstände und vor allem die Art des angeblichen "Zurückziehens" offen lassen. Die Behauptung des Klägers, er besuche "andere Moscheen" und pflege "andere Kontakte", ist ohne Substanz geblieben; der Kläger hat weder andere Moscheen noch Kontakte benannt.
572. Bei den salafistischen Ausschreitungen am 1. Mai 2012 in T. , bei denen Islamisten gegen das Zeigen der Mohammed-Karikaturen durch die Bürgerbewegung "Pro NRW" protestierten und in darauf folgenden Krawallen Polizisten verletzten, befand der Kläger sich am Veranstaltungsort. Auch diesen Umstand hat er mit dem Vorbringen eingeräumt, am 1. Mai 2012 habe er sich frühzeitig vom Ort der Ausschreitungen entfernt.
583. Der Kläger ist überdies wie sein Bruder im Zusammenhang mit der mittlerweile ebenfalls verbotenen Vereinigung "Tauhid Deutschland" sowie als Teilnehmer an Freizeitaktivitäten der salafistischen Szene in Erscheinung getreten. Im Bericht des Polizeipräsidiums X. vom 6. Dezember 2013 finden sich ein Foto und ein Screenshot, die den Kläger in einem Kreis von ersichtlich Gleichgesinnten an einem Koraninformationsstand der salafistischen Vereinigung "Tauhid" und als Beteiligten an deren Videoproduktion zeigen. Unter der Bezeichnung "Tauhid Germany" (zeitweise auch "Tauhid Deutschland") firmierte eine Gruppe, die sich zur Verbreitung salafistischer Propaganda im Internet zusammengeschlossen hatte (Verfassungsschutzbericht NRW 2013, S. 272). Sie verfügte neben einer eigenen Webseite über Online-Auftritte bei Facebook und YouTube, wo sich neben Predigten in deutscher Sprache Beiträge von arabischsprachigen Gelehrten fanden, die der salafistischen Szene als Vorbild dienten. Viele der bei "Tauhid Germany" eingestellten Videos und Postings ließen starke Bezüge zum Jihadismus erkennen, indem sie etwa den gewaltsamen "Jihad" verherrlichten und zum Hass gegen "Ungläubige" aufriefen. Das Bundesinnenministerium hat die Vereinigung "Tauhid Germany" am 26. März 2015 verboten mit der Begründung, die Vereinigung rufe über das Internet und mit Informationsständen Muslime "zum Kampf gegen die verfassungsmäßige Ordnung" auf und glorifiziere den gewaltsamen "Jihad" von Gruppen wie dem Islamischen Staat (IS) in Syrien und im Irak.
59Die bei den Verwaltungsvorgängen befindliche Abbildung aus dem Screenshot (wohl vom November 2013), die auch den Kläger zeigt, ist überschrieben mit "B. Ibrahim und ein paar Brüder nach den Dreharbeiten zu den Video zur Unterstützung von Ansarul Asser". Mit "Ansarul Asser" ist offensichtlich die entsprechende Webseite der deutschen Islamisten-Szene zur Unterstützung inhaftierter Islamisten gemeint (ansarul-aseer.com; vgl. Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht 2013, S. 272 f.), mit "Abu Ibrahim" Hasdan (Hassan) Keskin, ein wegen der Schärfe seiner Predigten kritisierter, strafgerichtlich verurteilter und vom Verfassungsschutz beobachteter islamistischer Prediger.
60Hierzu hat der Kläger sich dahin eingelassen, auf dem Foto sowie dem Screenshot unterscheide er sich nach Kleidung und Habitus von den übrigen Abgebildeten. Die Beeinflussungen seines Bruders sowie anderer Bekannter aus der salafistischen Szene wehre er ab. Der Umstand, dass der Kläger auf dem Foto und auf dem Screenshot jeweils der einzige von fünf Abgebildeten ist, der keinen Bart trägt - hierauf will der Kläger möglicherweise hinaus -, schmälert jedoch den im Übrigen zu gewinnenden Eindruck nicht durchgreifend, dass es sich um Gleichgesinnte handelt; neben der Bildüberschrift spricht hierfür etwa, dass der Kläger die gleiche Geste wie jeweils ein Teil der Abgebildeten zeigt, nämlich den erhobenen Zeigefinger. Seine Behauptung, er unterscheide sich auf den Abbildungen auch nach seiner Kleidung von den übrigen Abgebildeten, hat der Kläger weder näher erläutert noch ist sie sonst nachvollziehbar.
614. Der Kläger hat schließlich nicht in Abrede gestellt, dass er als Begleit- und Kontaktperson des vorerwähnten Predigers Hassan Keskin in Erscheinung getreten ist.
62Der Kläger hat das Gewicht dieser seine Einbindung in die salafistische Szene Solingens belegenden Anhaltspunkte nicht entkräftet. Es ist nicht anzunehmen, dass er sich tatsächlich vollständig aus diesen Zusammenhängen gelöst hat. Hierfür genügt es nicht, dass er sich mit einer Mitarbeiterin eines Aussteiger-programms in Verbindung gesetzt hat. Denn nach der Auskunft der für das Aussteigerprogramm zuständigen Sachbearbeiterin beim MIK NRW vom 30. Oktober 2014 hat der Kläger sich auf mehrfache telefonische und zuletzt schriftliche Kontaktversuche nicht mehr gemeldet; man werde ihm mitteilen, dass man nicht mehr mit seinem Interesse an dem Programm rechne. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass er seine Teilnahme an dem Programm abgebrochen hat.
63Auch der Umstand, dass der Kläger, wie er behauptet, in einem festen Arbeitsverhältnis steht, reicht nicht aus. Abgesehen davon, dass er es insoweit an jeder näheren Angabe hat fehlen lassen, ist anzunehmen, dass er seine bis Ende 2013 innegehabte Arbeitsstelle aufgegeben hat, als er im Dezember 2013 nach Syrien auszureisen versucht hat. Denn in den Auszügen zum Girokonto Nr. … bei der T6. T. sind für die Zeit bis November 2013 Lohnzahlungen des Unternehmens H. H1. T. belegt, für die Zeit ab Januar 2014 jedoch solche der L4. Q. T7. Das lässt darauf schließen, dass den Kläger allein das Innehaben einer Arbeitsstelle von der Ausreise nicht abhält.
64Endlich rechtfertigt es keine abweichende Beurteilung, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung weniger den Eindruck eines fanatischen Islamisten, sondern eher den eines leicht beeinflussbaren Mitläufers hinterlassen oder zumindest zu hinterlassen versucht hat. Denn auch dann verbleibt der Befund, dass er sich dem Einfluss insbesondere seines fest in der salafistischen Szene verankerten älteren Bruders nur unzureichend entziehen kann und von diesem namentlich zur Unterstützung des "Jihad" - einschließlich der Ausreise zu diesem Zweck - zu verleiten ist.
65Angesichts dessen kann auf sich beruhen, ob die von der Beklagten herangezogenen Anknüpfungstatsachen auch im Sinne der 1. Variante des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG die Annahme begründen, der Kläger gefährde die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland,
66vgl. hierzu VG Münster, Beschluss vom 27. Juni 2014 - 1 L 328/14 -, juris, Rdn. 11; VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 30. November 2009 - 5 L 3142/09.F -, juris.
67oder die Passversagungsgründe in § 7 Abs. 1 Nr. 6 PassG (unbefugtes Verpflichten zum Wehrdienst außerhalb der Bundeswehr) oder in § 7 Abs. 1 Nr. 10 PassG erfüllen (Vornahme einer in § 89a StGB beschriebenen Handlung).
68Vgl. Daum, a.a.O., S. 531 ff.
69II. Ermessensfehler liegen nicht vor. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 PassG, wonach von einer Passversagung abzusehen ist, wenn sie unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn es genügt, den Geltungsbereich oder die Gültigkeitsdauer des Passes zu beschränken, sind nicht erfüllt. Die Maßnahme ist geeignet, erforderlich und auch angemessen, die nach dem oben Ausgeführten weiterhin gegebene Gefahr einer Teilnahme des Klägers am bewaffneten "Jihad" im Ausland zumindest zu verringern. Mildere Mittel mit gleicher Eignung zur Zielerreichung sind nicht ersichtlich. Insbesondere scheidet angesichts der Unbestimmtheit der konkreten Unterstützungshandlungen und der Vielzahl der Reisemöglichkeiten eine Beschränkung des Geltungsbereichs des Passes auf bestimmte Länder aus. Da derzeit keine hinreichenden Erkenntnisse dafür vorliegen, dass die Ausreiseabsicht des Klägers zeitlich begrenzt wäre, führt auch die mangelnde Befristung nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Die Behörde hat überdies den Fall unter Kontrolle zu halten, da den Verwaltungsakten Dauerwirkung zukommt. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 PassG wird auf Antrag ein neuer Pass ausgestellt, soweit die Voraussetzungen für die Beschränkung fortfallen.
70Der Senat verkennt nicht, dass die Entziehung des Passes für den Kläger einen erheblichen Eingriff in seine grundgesetzlich geschützte Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG darstellt. Dieser Eingriff ist jedoch angesichts der Schwere des hier zu schützenden Rechtsguts gerechtfertigt. Dem Schutz der damit betroffenen Rechtsgüter - insbesondere dem Schutz von Leib und Leben unbeteiligter Dritter vor terroristischen Anschlägen als international anerkanntes Schutzgut - kommt angesichts der ihnen nach Lage der Dinge drohenden Beeinträchtigungen überragendes Gewicht zu. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die verfügte Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises des Klägers.
71B. Die angefochtene Ordnungsverfügung ist auch nicht wegen formeller Mängel aufzuheben. Von einer Anhörung des Klägers durfte die Beklagte absehen (I.). Ein ihrer Ordnungsverfügung etwa anhaftender Begründungsmangel ist unbeachtlich (II.).
72I. Von der nach § 28 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW erforderlichen Anhörung vor Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes durfte die Beklagte nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW absehen, weil nach den Umständen des Einzelfalls eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erschien. Es genügt hierfür, dass die Behörde unter diesen Gesichtspunkten eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte. Im Streitfall bestand die Gefahr, dass der Kläger eine Anhörung zur Passentziehung oder zur Ausreiseuntersagung zum Anlass genommen hätte, das Bundesgebiet vor Erlass der Verfügung zu verlassen. Die unten noch näher erläuterte Gefährdung wäre damit eingetreten, die Verfügung ins Leere gegangen. Daran führt nicht vorbei, dass der Reisepass bereits seit dem 4. Dezember 2013 sichergestellt war; denn gleichwohl bestand die Gefahr, dass der Kläger eine Anhörung zur Passentziehung oder zur Ausreiseuntersagung zum Anlass der sofortigen Ausreise auf dem Landweg genommen hätte.
73II. Soweit ein Mangel der nach § 39 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW erforderlichen Begründung vorliegt, ist dieser unbeachtlich.
74Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Dies verlangt nicht die Darlegung aller Einzelheiten, die für eine vollständige Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts notwendig wären; anzugeben sind jedoch die tragenden Gründe, von denen die erlassende Behörde bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist, in tatsächlicher Hinsicht also der von der Behörde ermittelte als gegeben angenommene Sachverhalt.
75Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 39 Rdn. 45; Tiedemann in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2010, § 39 Rdn. 32 f.
76Ob die Beklagte diesen Anforderungen gerecht geworden ist, unterliegt Zweifeln, weil sie im streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Dezember 2013 für die Darlegung der Tatsachen, die die Annahme einer Gefährdung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PassG rechtfertigen, lediglich darauf verwiesen hat, dass dem Kläger am 4. Dezember 2013 am Flughafen Köln-Bonn die Ausreise nach Istanbul untersagt und gegen ihn von der Staatsschutzabteilung des Polizeipräsidiums X. ein Verfahren eingeleitet worden ist, sowie auf das Behördenzeugnis des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 2013. Das Behördenzeugnis beschränkt sich jedoch auf den Satz "Hier wurde dienstlich bekannt, dass Herr T8. K. beabsichtigt, gemeinsam mit weiteren Personen aus dem Umfeld der verbotenen Vereinigung 'Millatu Ibrahim' auszureisen, um sich am bewaffneten Jihad in Syrien zu beteiligen" und enthält mithin keine konkreten Anknüpfungstatsachen. Die zahlreichen Einzelheiten, die insbesondere dem seinerzeit bereits vorliegenden und in den Verwaltungsvorgängen befindlichen "Vermerk zur Person T8. K. " des Polizeipräsidiums X. vom 6. Dezember 2013 zu entnehmen sind, sind in dem Bescheid weder wiedergegeben noch auch nur in Bezug genommen.
77Wegen eines Begründungsdefizits könnte jedoch die Aufhebung des Verwaltungsakts gemäß § 46 VwVfG NRW nicht verlangt werden. Denn eine etwaige Verletzung des Begründungserfordernisses hätte die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst. Im Streitfall erscheint es ausgeschlossen, dass bei Beachtung der Verfahrensvorschrift die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Denn die Beklagte hat lediglich versäumt, die seinerzeit bereits bekannten, in den Verwaltungsvorgängen dokumentierten und der Verfügung zugrunde liegenden Umstände im Einzelnen aufzuführen.
78Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
79Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
80Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Personalausweise werden für eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren ausgestellt.
(2) Vor Ablauf der Gültigkeit eines Personalausweises kann ein neuer Personalausweis beantragt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der Neuausstellung dargelegt wird.
(3) Bei Personen, die noch nicht 24 Jahre alt sind, beträgt die Gültigkeitsdauer des Personalausweises sechs Jahre.
(4) Die Gültigkeitsdauer eines vorläufigen Personalausweises ist unter Berücksichtigung des Nutzungszwecks festzulegen; sie darf einen Zeitraum von drei Monaten nicht überschreiten.
(4a) Die Gültigkeitsdauer des Ersatz-Personalausweises ist auf den Zeitraum zu beschränken, der für das Erreichen des Zweckes nach § 6a erforderlich ist; sie darf einen Zeitraum von drei Jahren nicht überschreiten.
(5) Eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer ist nicht zulässig.
(6) Die Gültigkeitsdauer eines Ausweises darf in den Fällen des § 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes den Zeitpunkt der Vollendung des 23. Lebensjahres des Inhabers so lange nicht überschreiten, bis die zuständige Behörde den Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit festgestellt hat.
(7) Unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 des Passgesetzes kann die zuständige Behörde im Einzelfall anordnen, dass der Ausweis nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt.
(8) Anordnungen nach Absatz 7 dürfen im polizeilichen Grenzfahndungsbestand gespeichert werden.
Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn
- 1.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat, oder - 2.
nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Die Ausländerbehörde kann gegenüber einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer Maßnahmen zur Förderung der Ausreise treffen, insbesondere kann sie den Ausländer verpflichten, den Wohnsitz an einem von ihr bestimmten Ort zu nehmen.
(2) Einem Ausländer kann die Ausreise in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 1 und 2 des Passgesetzes untersagt werden. Im Übrigen kann einem Ausländer die Ausreise aus dem Bundesgebiet nur untersagt werden, wenn er in einen anderen Staat einreisen will, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Dokumente und Erlaubnisse zu sein. Das Ausreiseverbot ist aufzuheben, sobald der Grund seines Erlasses entfällt.
(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.
(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er
- 1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen, - 2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder - 3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.
(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.
(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.
(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.
(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
(2) Einer Begründung bedarf es nicht,
- 1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift; - 2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist; - 3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist; - 4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt; - 5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.