Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 19. Juni 2018 - 5 K 313/17.NW
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der beklagten Landeszentrale für Medien und Kommunikation (im Folgenden LMK), mit dem diese als Landesmedienanstalt die Klägerin verpflichtet hat, Sendezeiten für unabhängige Dritte („Drittsendezeiten“) zugunsten der Beigeladenen einzuräumen.
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Die Klägerin, die der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE angehört, ist die Veranstalterin des privaten Fernsehvollprogramms Sat.1. Dieses wird auf Grundlage einer Zulassung der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz vom 26. August 2008 veranstaltet. Die Erlaubnis ist befristet bis zum 31. Mai 2020. Die Klägerin ist gemäß § 26 Abs. 5 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der seit 1. September 2008 geltenden Fassung – RStV – verpflichtet, in ihrem privaten Fernsehvollprogramm bestimmte Sendezeiten innerhalb des ausgestrahlten Programms unabhängigen Dritten (sog. Fensterprogrammveranstaltern) einzuräumen. Voraussetzung dafür ist, dass der Hauptprogrammveranstalter bei Einleitung des Verfahrens zur Einräumung von Drittsendezeiten im Durchschnitt der letzten zwölf Monate einen Zuschaueranteil von 10 v. H. oder – falls der Hauptprogrammveranstalter einer Sendergruppe angehört – diese Sendergruppe insgesamt einen Zuschaueranteil von 20 v. H. erreicht oder überschritten hat.
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Bestandteil des Vergabeverfahrens ist ferner die Feststellung über die Bemessung der auszuschreibenden Sendezeiten für unabhängige Dritte. Der Umfang beträgt nach den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags grundsätzlich 260 Minuten pro Woche. Er kann jedoch durch die Anrechnung von sog. Regionalfensterprogrammen um maximal 80 Minuten auf dann insgesamt 180 Minuten pro Woche reduziert werden.
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In den vorangegangenen Zulassungszeiträumen waren jeweils die Beigeladene zu 1) und eine weitere Anbieterin, die Firma „N“, von der Beklagten zugelassen worden, im Hauptprogramm der Klägerin Fensterprogramme zu veranstalten. Die Geltungsdauer der letzten Zulassung endete zum 31. Mai 2013.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 17. April 2012 ließ die Beklagte die Beigeladene zu 1) und die Firma „N“ als Fensterprogrammveranstalterinnen auch für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018 zu. Auf die Klage der Klägerin hob die Kammer mit Urteil vom 5. September 2012 – 5 K 417/12.NW – den Zulassungsbescheid vom 17. April 2012 auf und führte zur Begründung aus, die erfolgte Auswahlentscheidung sei in mehrfacher Hinsicht zu Lasten der Klägerin rechtsfehlerhaft. Außerdem hätten zusätzlich erforderliche rechtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung an die Firma „N“ nicht vorgelegen. Auf die Klagen weiterer abgelehnter Mitbewerberinnen (5 K 404/12.NW: M, 5 K 452/12.NW: O) verpflichtete die Kammer durch Urteile vom gleichen Tag (Verfahren 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW) die Beklagte des Weiteren, über die Zulassungsanträge dieser Bewerber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beigeladene zu 1) und die Firma „N“ legten gegen die Urteile in den Verfahren 5 K 417/12.NW, 5 K 404/12.NW und 5 K 452/12.NW zunächst Berufung ein, nahmen diese aber Anfang Juli 2013 wieder zurück. Das angerufene Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellte die Berufungsverfahren mit Beschlüssen vom 10. Juli 2015 ein (Verfahren 2 A 10260/13.NW, 2 A 11210/12.NW und 2 A 11211/12.NW). Damit war die von den Beteiligten so bezeichnete „1. Runde“ des Zulassungsverfahrens beendet.
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Nach Ergehen der Urteile der Kammer vom 5. September 2012 beschloss die Beklagte, das Auswahl- und Zulassungsverfahren der Drittsendezeiten zur Behebung der von der Kammer aufgezeigten Mängel ohne eine erneute Ausschreibung fortzusetzen („2. Runde“ des Zulassungsverfahrens). Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 23. Juli 2013 erteilte die Beklagte der Firma „N“ und der Beigeladenen zu 1) daraufhin Zulassungen zur Veranstaltung von Drittsendezeiten für je zwei Sendezeitschienen, lehnte die Anträge weiterer Mitbewerber ab und beschränkte die bestehende Zulassung der Klägerin entsprechend.
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Gegen diesen Zulassungsbescheid erhob die Klägerin im August 2013 Klage und suchte zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Diesem Antrag gab die Kammer durch Beschluss vom 5. März 2014 – 5 L 753/13.NW – hinsichtlich der Firma „N“ mit der Maßgabe statt, dass dieser eine Übergangszeit bis zum 30. Juni 2014 eingeräumt werde, in der sie auf der Basis der seinerzeit noch bestehenden Finanzierungsvereinbarung mit der Klägerin ihre Fensterprogramme „...“ und „...“ produzieren und ausstrahlen dürfe. Auf den weiteren Eilantrag einer Mitbewerberin in dem Vergabeverfahren zur Zulassung als Fensterprogrammveranstalterin, der Firma „O“, gab die Kammer durch Beschluss vom gleichen Tage – 5 L 694/13.NW – ebenfalls hinsichtlich der Firma „N“ mit der o.g. Maßgabe statt.
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Auf die gegen den Beschluss der Kammer vom 5. März 2014 – 5 L 753/13.NW – von der Klägerin, der Beklagten sowie der Firma „N“ eingelegten Beschwerden stellte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG – die aufschiebende Wirkung der jeweiligen Klagen auch hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) wieder her. In dem weiteren von der Klägerin und der Firma „O“ geführten Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss vom 5. März 2014 – 5 L 694/13.NW – entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluss vom 8. September 2014 – 2 B 10327/14.OVG – gleichfalls zugunsten der genannten Beschwerdeführer. Die ferner erhobenen Beschwerden der Beklagten und der Firma „N“ wurden zurückgewiesen.
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Die Firma „N“ erhob gegen die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2014 und vom 8. September 2014 Verfassungsbeschwerde und stellte ferner einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Mit Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 1 BvR 2580/14 – nahm das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung an und stellte gleichzeitig fest, dass sich damit zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt habe.
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Unmittelbar nach Erhalt der Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in den genannten Eilverfahren hatte die Klägerin noch im September 2014 die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm eingestellt. Stattdessen führte sie die Formate „...“, „...“ und „...“ als Auftragsproduktion fort.
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In ihrer Sitzung vom 8. Dezember 2014 erörterte die Versammlung der Beklagten auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlussempfehlung des Rechts- und Zulassungsausschusses vom 24. November 2014 vier verschiedene Möglichkeiten, den nicht rundfunkstaatsvertragskonformen Zustand so zeitnah wie möglich zu beenden. Nach intensiver Diskussion der Vor- und Nachteile der sich bietenden Handlungsoptionen, bei der insbesondere auch eine bei Abschluss des Vergabeverfahrens noch verbleibende Restlaufzeit von wenigstens drei Jahren als erforderlich angesehen wurde, beauftragte die Versammlung die Verwaltung, eine Neuausschreibung für den noch laufenden Zulassungszeitraum in die Wege zu leiten. Zugleich sollten die Hauptsacheverfahren vor der Kammer durchgeführt werden, sofern nicht die Zulassungsbescheide vom 23. Juli 2013 einvernehmlich mit der Firma „N“ und der Beigeladenen zu 1) zurückgenommen werden könnten.
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Auf Nachfrage der Beklagten empfahl die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK – mit Schreiben vom 14. Januar 2015 aus Gründen der Rechtssicherheit, das Vergabeverfahren insgesamt neu zu beginnen und vor einer neuen Ausschreibung eine aktuelle Feststellung hinsichtlich der Verpflichtung des Hauptprogrammveranstalters zur Aufnahme von Drittsendezeiten aufzunehmen.
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In der Sitzung vom 23. Februar 2015 bestätigte die Versammlung der Beklagten nochmals den Auftrag vom 8. Dezember 2014 zur Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung.
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Mit Urteilen vom 21. April 2015 in den Verfahren 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW hob die Kammer den Zulassungsbescheid der Beklagten vom 23. Juli 2013 mit der Begründung auf, zwar bleibe die Klägerin verpflichtet, Drittsendezeiten zur Verfügung zu stellen. Im Zulassungsverfahren bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides seien jedoch sowohl im Stadium bis zur Ausschreibung als auch in dem zwischen November 2012 und Mitte 2013 wiederholten Auswahlverfahren erhebliche Verfahrensfehler in Form von Verstößen gegen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags festzustellen, die Rechte der Klägerin verletzt hätten und deshalb zur Aufhebung des gesamten Zulassungsbescheids führten. Dies betreffe auch die Zulassung für die Beigeladene zu 1). Hiergegen legte weder die Beklagte noch die Firma „N" Rechtsmittel ein. Lediglich die in allen drei Verfahren – wie hier – Beigeladene zu 1) legte Berufung ein (Verfahren 2 A 10733/15.OVG, 2 A 10734/15.OVG und 2 A 10821/15.OVG).
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Die aufgrund der Aufträge der Versammlung der Beklagten unternommenen Versuche der Verwaltung der Beklagten, mit den Beteiligten einvernehmlich die nach dem Rundfunkstaatsvertrag für die Gewährleistung der Meinungsvielfalt vorgesehenen Sendezeiten für unabhängige Dritte im Programm der Klägerin für den laufenden Zulassungszeitraum zu vergeben, führten in der Folgezeit zu keinem Ergebnis. Darüber hinaus wies die Klägerin mit Schreiben vom 8. Mai 2015 darauf hin, dass ihre Mitwirkung im Verfahren unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Verfahrens stehe. Auch halte sie die offenbar vorgesehene erneute Ausschreibung ohne vorherige aktuelle Feststellung des Jahresdurchschnitts des Zuschauermarktanteils für rechtswidrig.
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Mit Schreiben vom 19. August 2015 teilte die Beklagte der KEK mit, dass nach den ihr vorliegenden Unterlagen die ProSiebenSat.1 Media SE mit den ihr zuzurechnenden Programmen im Zeitraum August 2014 bis Juli 2015 einen Zuschaueranteil von 20 v.H. überschreite. Sowohl im Hinblick auf den gegenwärtigen Verfahrensstand als auch im Hinblick auf ein mögliches neues Drittsendezeitenverfahren sei eine Feststellung der Zuschaueranteile erforderlich. Deshalb werde die KEK um entsprechende Feststellung gebeten. Die KEK antwortete hierauf am 8. September 2015, die Kommission sei sich nicht sicher, ob die Bitte der Beklagten vom 19. August 2015 als verfahrensrechtlicher Antrag auf Feststellung der Zuschaueranteile im Sinne des § 26 Abs. 5, § 27 RStV zu interpretieren sei. Um kurzfristige Stellungnahme werde gebeten.
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Die Beklagte informierte daraufhin die KEK mit Schreiben vom 22. September 2015 über den Stand des Verfahrens und bat losgelöst von den Handlungsalternativen um Feststellung des Zuschaueranteils der ProSiebenSat.1 Media SE.
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Nachdem sich im Hinblick auf eine Vergabe der Drittsendezeiten für den laufenden Zulassungszeitraum keine Einigung zwischen der Klägerin, der Beigeladenen zu 1) und der Firma „N“ erzielen ließ, verzichtete Letztere gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 unwiderruflich auf sämtliche Rechte aus ihrer früheren Zulassung als Fensterprogrammveranstalterin. Dies geschehe vor allem, um den Weg für eine zügige Neuausschreibung, Neuauswahl und Neulizenzierung freizumachen, damit im Programm der Klägerin wieder Drittsendezeiten aufgenommen werden könnten.
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Daraufhin wandte sich die Beklagte durch den stellvertretenden Direktor ihrer Verwaltung am 19. Oktober 2015 erneut an die KEK und beantragte unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 22. September 2015 die Feststellung der Zuschaueranteile des Fernsehvollprogramms der Klägerin sowie der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE. In diesem Schreiben wies die Klägerin u.a. darauf hin, dass eine außergerichtliche Einigung während des noch laufenden Berufungsverfahrens nicht gelungen sei und aktuell auch nicht mehr möglich erscheine. Vorbehaltlich der entsprechenden Entscheidung der Gremien der LMK sehe diese derzeit vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung sowohl des Zeitablaufs wie auch des Umstandes, dass ein Beteiligter in allen drei Verfahren Berufung eingelegt habe, den Weg der Neuausschreibung für fünf Jahre als naheliegend an. Dazu sei die Feststellung des Zuschaueranteils der ProSiebenSat.1 Media SE unabdingbar. Um die entsprechende, von der Beklagten am 19. August 2015 beantragte Feststellung im Rahmen der gesetzlich auferlegten Organfunktion werde gebeten.
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Am 26. Oktober 2015 bat die KEK die ProSiebenSat.1 Media SE, der Kommission zwecks Feststellung des Zuschaueranteils die vollständig gewichteten Marktanteilsdaten aus der AGF/GfK-Fernsehforschung für die der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE angehörenden Fernsehsender für den Zeitraum von Januar 2014 bis September 2015 zur Verfügung zu stellen. Dem kam die ProSiebenSAt.1 Media SE mit Mail vom 30. Oktober 2015 nach.
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Mit Schreiben vom 9. November 2015 gab die ProSiebenSat.1 Media SE gegenüber der KEK eine Stellungnahme hinsichtlich der Feststellung der Zuschaueranteile durch die KEK ab. Dabei berief sich die ProSiebenSat.1 Media SE darauf, die Tendenz der Entwicklung der Zuschaueranteile im Zeitraum November 2014 bis Oktober 2015 spreche gegen eine klare Prognose einer Gefahr für die Meinungsvielfalt und damit gegen die Feststellung des Vorliegens einer Drittsendezeitverpflichtung. Bei der Ermittlung der Zuschaueranteile dürften im Übrigen Sendezeiten für unabhängige Dritte und Regionalfensterprogramme nicht in die Berechnung einfließen, weil diese der Hauptprogrammveranstalterin und der ProSiebenSat.1 Media SE nicht zuzurechnen seien.
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In ihren Sitzungen vom 9. November 2015 stimmten der Rechts- und Zulassungsausschuss sowie die Versammlung der Beklagten der von der Verwaltung ins Auge gefassten neuen Ausschreibung zu. Dieses neue Vergabeverfahren solle allerdings nur dann durchgeführt werden, wenn die KEK das Erreichen der maßgeblichen Zuschaueranteile auch positiv festgestellt habe.
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Die KEK beschloss in ihren Sitzungen vom 10. und 27. November 2015, dass sich unter Zugrundelegung der von der AGF/GfK-Fernsehforschung ermittelten und veröffentlichten Daten über die Zuschaueranteile für die, von der KEK als maßgeblich angesehene, Referenzperiode in der Zeit von Oktober 2014 bis September 2015 für den Hauptprogrammveranstalter („Sat.1“) ein durchschnittlicher Zuschaueranteil in Höhe von 8,08 v.H. und für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE in Höhe von 20,04 v.H. ergebe. Unter Anrechnung der im Hauptprogramm von Sat.1 ausgestrahlten Regionalfensterprogramme betrage der Umfang der danach auszuschreibenden Drittsendezeiten 180 Minuten pro Woche, davon mindestens 75 Minuten in der Sendezeit von 19:00 Uhr bis 23:30 Uhr.
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Mit Schreiben vom 26. November 2015 rückte die Klägerin von ihren zuvor geäußerten Vorstellungen zu den in der Ausschreibung aufzunehmenden Sendezeitschienen (Mittwoch in der Zeit von 22:15 bis 00:15 und von 00:15 bis 01:15 Uhr) ab. Sie verlangte nunmehr eine Platzierung auf Dienstag, 23:10 Uhr bis 01:15 Uhr sowie Samstag von 19:00 bis 19:55 Uhr (jeweils Programmtage).
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In ihrer Sitzung vom 11. Januar 2016 kam die Versammlung der Beklagten den neuen Sendezeitwünschen der Klägerin nach und beschloss die Ausschreibung von Sendezeit für unabhängige Dritte nunmehr so, wie sie anschließend im Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz und auf der Homepage der Beklagten am 25. Januar 2016 veröffentlicht wurde. Die Bewerbungsfrist lief bis zum 10. März 2016. Der Text der Ausschreibung lautet auszugsweise:
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„Die LMK beabsichtigt, jeweils eine Zulassung für folgende drei Sendezeitschienen im bundesweit verbreiteten Programm Sat.1 (Hauptprogramm) zur Verbreitung von Programmen unabhängiger Dritter nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen zu erteilen:
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1. Sendezeitschiene: Dienstag, 23:10 Uhr bis 00:15 Uhr (65 Minuten)
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2. Sendezeitschiene: Dienstag, 00:15 Uhr bis 01:15 Uhr (60 Minuten)
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3. Sendezeitschiene: Samstag, 19:00 Uhr bis 19:55 Uhr (55 Minuten).
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1) Ausschreibung, Auswahlverfahren und Zulassungsentscheidung erfolgen hinsichtlich des Zeitraums bis zum 31. Mai 2018 unter Vorbehalt: Hinsichtlich der letzten durch die LMK mit Laufzeit bis zum 31. Mai 2018 erteilten Zulassungen von Anbietern von Sendezeit für unabhängige Dritte im Programm Sat.1 von Juli 2013 sind Rechtsstreitigkeiten anhängig. Sollten die betreffenden Zulassungen vor der gegenständlichen Auswahlentscheidung rechtskräftig bestätigt werden, sind diese Ausschreibung und ein anschließendes Auswahlverfahren gegenstandslos. Die gegenständlichen Zulassungsentscheidungen werden für die Zeit bis zum 31. Mai 2018 unter den Vorbehalt des zeitweiligen Widerrufs (ganz oder teilweise) für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung der früher erteilten Erlaubnisse gestellt. Im Falle des Widerrufs wäre die ggf. aufgenommene Sendetätigkeit bis zum 31. Mai 2018 einzustellen. Eine Entschädigung für Vermögensnachteile wird nicht gewährt.
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2) [...]
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3) Die Zulassung gilt voraussichtlich ab dem 1. Juli 2016 für die Dauer von fünf Jahren, solange nicht die Zulassung des Hauptprogrammveranstalters endet, nicht verlängert oder nicht neu erteilt wird.
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4) – 8) [...]
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9) Die Anträge müssen folgende Angaben enthalten:
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a) – i) [...]
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j): Die Erklärung des Antragstellers, dass er den Antrag in Kenntnis des unter Ziff.1 erklärten und erläuterten Vorbehalts stellt.“
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Das aus mehreren Teilabschnitten bestehende Auswahlverfahren führte die Beklagte einvernehmlich mit der Klägerin durch, die ihre Mitwirkung jedoch in jedem Verfahrensabschnitt ausdrücklich unter Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Verfahrens stellte. Von insgesamt 63 Bewerbern wählte die Beklagte die drei Beigeladenen als Fensterprogrammveranstalter aus.
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Unmittelbar nach Ende der Bewerbungsfrist übersandte die Beklagte der Klägerin eine listenmäßige Aufstellung der eingegangenen Anträge. Am 20. April 2016 teilte die Beklagte der Klägerin ferner mit, dass von den eingegangenen 63 Anträgen 41 als zulassungsfähig angesehen würden. Am 27. April 2016 fand ein Erörterungsgespräch zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung in Bezug auf die Auswahl der Bewerber für die drei Sendezeitschienen statt. Dabei schlug die Klägerin die Beigeladene zu 1) für die 1. Schiene Dienstag 23:10 Uhr, die Beigeladene zu 2) für die 2. Schiene Dienstag 00:15 Uhr und die Beigeladene zu 3) für die 3. Schiene Samstag 19:00 Uhr vor.
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Die Auswahlentscheidung wurde durch die Versammlung der Beklagten am 26. September 2016 beschlossen; zugleich wurde wegen der Eilbedürftigkeit des Vergabeverfahrens der Hauptausschuss der Beklagten ermächtigt, die Feststellung der Herstellung des Benehmens mit der KEK im Umlaufverfahren treffen zu dürfen.
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Die KEK entschied mit Beschluss aufgrund der Sitzungen vom 11. und 17. Oktober 2016, gegen die von der Beklagten vorgeschlagene Auswahl der Fensterprogrammveranstalter bestünden keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt.
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Die Feststellung des damit hergestellten Benehmens erfolgte durch Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten im Umlaufverfahren.
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In der Sitzung vom 5. Dezember 2016 bestätigte die Versammlung der Beklagten die Entscheidung des Hauptausschusses über die Benehmensherstellung zur Auswahl der Bewerber und stellte sodann fest, dass damit die benannten Bewerber ausgewählt seien. Außerdem beschloss die Versammlung vorbehaltlich des Benehmens mit der KEK, dass den Beigeladenen Zulassungen erteilt würden, für die nähere Maßgaben (u. a. der Vorbehalt entsprechend der Ankündigung in der Ausschreibung für die Zeit bis 31. Mai 2018) festgelegt wurden. Anschließend schlossen die Klägerin und die Beigeladenen Finanzierungsvereinbarungen ab.
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Nach weiterem Schriftwechsel sowie einem entsprechenden Beschluss des Hauptausschusses der Beklagten im Umlaufverfahren im Dezember 2016 beschloss die KEK in ihrer Sitzung am 10. Januar 2017 je für die einzelnen Sendezeitschienen, dass gegen die vorgesehenen Zulassungsentscheidungen keine Bedenken aus Gründen der Sicherung der Meinungsvielfalt bestünden.
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Die Feststellung des hergestellten Benehmens durch die KEK durch den Hauptausschuss der Beklagten und der Auftrag an die Verwaltung, die Zulassungsanträge zu bescheiden, erfolgte wiederum im Umlaufverfahren im Januar 2017.
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Unmittelbar nach Ergehen des Beschlusses der KEK nahm die Beigeladene zu 1) ihre Berufungen in den noch laufenden Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Verfahren 2 A 10733/15.OVG, 2 A 10734/15.OVG und 2 A 10821/15.OVG) gegen die Urteile der Kammer vom 21. April 2015 in den Verfahren 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW, mit denen der Zulassungsbescheid der Beklagten vom 23. Juli 2013 aufgehoben worden war, zurück. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellte daraufhin die Berufungsverfahren mit Beschlüssen vom 3. Februar 2017 ein.
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Anschließend erließ die Beklagte am 13. Februar 2017 gegenüber der Klägerin, den Beigeladenen sowie den sonstigen Mitbewerbern neue für sofort vollziehbar erklärte Bescheide. Darin erteilte die Beklagte Zulassungen zur Veranstaltung und Verbreitung von überregionalen Fernsehfensterprogrammen ab dem 1. März 2017 für die Dauer von fünf Jahren an die Beigeladenen. Diesen wurde ein zeitlicher Vorlauf zugestanden, indem sie verpflichtet wurden, den Sendebetrieb bis spätestens 1. Juni 2017 aufzunehmen (Ziffer I.). Ferner änderte die Beklagte die der Klägerin erteilte Zulassung zur Veranstaltung und Verbreitung eines überregionalen Fernsehvollprogramms vom 26. August 2008 mit Wirkung zum 01. März 2017 für die Dauer von fünf Jahren ab (Ziffer II.) und lehnte ferner die Anträge von Mitbewerbern ab (Ziffer III.).
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Die Versammlung der Antragsgegnerin bestätigte die Entscheidungen des Hauptausschusses, die der Bescheiderteilung vorausgegangen waren, nachträglich in ihrer Sitzung am 13. März 2017.
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Die Klägerin hat am 14. März 2017 Klage gegen den ihr zugestellten Bescheid vom 13. Februar 2017 erhoben. Von den unterlegenen Mitbewerbern der Beigeladenen haben zwei Firmen Klage gegen die Gebührenfestsetzung in den ihnen zugestellten Bescheiden vom 13. Februar 2017 erhoben (s. dazu die Verfahren 5 K 298/17.NW und 5 K 339/17.NW).
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Die Klägerin hat zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 13. Februar 2017 gestellt. Diesem hat die Kammer mit Beschluss vom 14. Juli 2017 – 5 L 312/17.NW – überwiegend stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Zwar sei der Antrag der Klägerin im Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ablehnungen anderer Bewerber (Ziffer III.) unzulässig. Im Übrigen erweise sich der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung aber als offensichtlich rechtswidrig. Die Beigeladenen hätten nicht als Fensterprogrammveranstalterinnen zugelassen werden dürfen und die Zulassung der Klägerin hätte nicht entsprechend beschränkt werden dürfen, weil das Verfahren nicht im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags durchgeführt worden sei. Das Zulassungsverfahren hätte nicht eingeleitet und eine Ausschreibung nicht vorgenommen werden dürfen, solange das Zulassungsverfahren für den Lizenzzeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018, das in der Berufungsinstanz beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz anhängig gewesen sei, noch nicht rechtsbeständig beendet worden sei. Der in den Zulassungsbescheiden enthaltene Widerrufsvorbehalt sei nicht geeignet gewesen, spätere Zulassungskollisionen zu vermeiden. Die dort formulierten Vorbehalte hätten nicht „funktionieren“ können, weil die gewählte Konstruktion nicht habe sicherstellen können, dass die Zulassungszeiträume sich nicht überschneiden. Außerdem seien die Schwierigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt worden, die aus dem unterschiedlichen Zuschnitt der wöchentlichen Sendezeitschienen resultierten. Unabhängig davon habe die Bestimmung der Zuschaueranteile für das neue Zulassungsverfahren nicht auf der richtigen Referenzperiode beruht, so dass die Klägerin voraussichtlich nicht zur Bereitstellung von Drittsendezeiten verpflichtet gewesen sei.
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Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene zu 1) Beschwerde eingelegt, denen das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG – stattgegeben hat. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt: Im Rahmen dieses Eilverfahrens könne nicht festgestellt werden, dass der angefochtene Bescheid offensichtlich rechtswidrig sei. Die in dem Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 unter den Ziffern I. und II. erfolgten Zulassungen der Beigeladenen als Fensterprogrammveranstalter und die dementsprechende Beschränkung der Zulassung der Klägerin vom 26. August 2008 litten an keinen offensichtlichen formellen Fehlern. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 halte auch in der Sache mit dem in einem summarischen Verfahren allein zugrunde zu legenden Sachverhalt einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte habe mit ihrer Feststellung, die Klägerin sei zur Einräumung von Drittsendezeiten in ihrem Hauptprogramm verpflichtet, ebenso wie bei der sich daran anschließenden Auswahlentscheidung für die Vergabe der Drittsendezeitlizenzen zu Gunsten der Beigeladenen den in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG –, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – niedergelegten Grundsatz der Rundfunkfreiheit jedenfalls nicht offensichtlich zu Lasten der Klägerin verletzt; weitere grundgesetzlich geschützte Interessen der Klägerin seien ebenso offensichtlich nicht betroffen.
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Entgegen der Meinung der Klägerin sei das Vergabeverfahren am 19. Oktober 2015 mit der schriftlichen Aufforderung der Verwaltung der Beklagten an die KEK, die nach § 27 Abs. 1 RStV maßgeblichen Zuschaueranteile festzustellen, rechtswirksam eingeleitet worden. Des Weiteren sei der mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelte Marktanteil der Sendergruppe der Klägerin (ProSiebenSat.1 Media SE) nach den Erkenntnismitteln des summarischen Eilverfahrens zutreffend mit einem Zuschaueranteil von 20,04 v.H. aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt worden. Dies gelte insbesondere für die von der KEK zugrunde gelegte Berechnungsmethode, die mit den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags offensichtlich in Einklang stehe.
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Unabhängig hiervon komme es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Berechnungsmethode für die Feststellung des Erreichens beziehungsweise Überschreitens des Schwellenwerts für die Bestimmung der Zuschaueranteile nicht weiter an. Denn auch bei Zugrundelegung der auf den Referenzzeitraum gewichteten Werte entsprechend der Berechnungsweise der Klägerin ergebe sich ein relevanter Zuschaueranteil von 20,003345049391 v.H. für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE.
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Die Regionalfensterprogramme seien entgegen der Ansicht der Klägerin nicht aus dem gemäß § 27 Abs. 1 RStV von der KEK zu ermittelnden Zuschaueranteil herauszurechnen. Ungeachtet dessen wirke die Einbeziehung der Regionalfensterprogramme sich im Ergebnis sogar zugunsten der Klägerin aus.
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An diesem Ergebnis ändere der Einwand der Klägerin, für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE seien in den letzten Jahren bei 50 von 52 Referenzperioden stark abnehmende Zuschaueranteile festzustellen, nichts. Die Auffassung der Klägerin, bei jedem auch nur geringfügigen Sinken von Zuschaueranteilen unterhalb der Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV läge bereits ein stark abnehmender Zuschaueranteil im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Senats vor, sei nicht zutreffend. Ein derartiger, zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beachtlicher Zuschauerrückgang könne nur dann zugrunde gelegt werden, wenn die Anteile so weit sänken, dass sie – erstens – stetig und eindeutig eine Tendenz unterhalb der Schwellenwerte aufzeigten und – zweitens – in jeder der nach der Verfahrenseinleitung ermittelten Durchschnittswerte erheblich unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV lägen. Nur geringfügig unter dem Zwanzig-Prozent-Wert liegende Anteile im Umfang von nur einem Prozentpunkt oder gar geringer reichten hierfür nicht aus.
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In materiell-rechtlicher Hinsicht hätten die KEK und die Beklagte zutreffend den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt. Das Verfahren sei mit Schreiben des stellvertretenden Direktors der Verwaltung der Antragsgegnerin am 19. Oktober 2015 eingeleitet worden. Die Verfahrenseinleitung und die damit von der KEK zugrunde gelegte Referenzperiode hielten einer rechtlichen Überprüfung stand.
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Vor allem habe die Beklagte nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens vor dem Senat betreffend die „2. Runde“ der Drittsendezeitvergabe (2 A 10734/15.OVG) zuwarten müssen. Seit die Klägerin im September 2014 die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm eingestellt habe, bestehe ein verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidriger Zustand, der bis heute andauere. Zur Behebung dieses, mit dem gesetzgeberischen Zweck der Drittsendezeiten, auch im privaten Rundfunk Meinungsvielfalt zu gewährleisten, nicht zu vereinbarenden Zustandes sei die Beklagte aufgrund der atypischen Ausgangslage verpflichtet gewesen, das Verfahren zur Vergabe der Zulassungen für die überregionalen Fensterprogramme im Hauptprogramm von Sat.1 so schnell wie möglich neu einzuleiten. Eine vollständige Neuausschreibung für einen neu beginnenden Lizenzzeitraum von vollen fünf Jahren sei daher naheliegend gewesen.
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Auch im Übrigen seien die Ausschreibung, die Auswahl und die Vergabe der Sendezeiten für unabhängige Dritte unter den materiell-rechtlichen Gesichtspunkten der Rundfunkfreiheit nicht zu beanstanden. Dies gelte namentlich für die Frage der höchstzulässigen Dauer des Auswahlverfahrens. Die Beklagte habe das Auswahlverfahren unter den immerhin 63 Bewerbern mit der gebotenen und in Anbetracht der besonderen Umstände möglichen Beschleunigung durchgeführt.
- 58
Die Beklagte habe auch weitere grundrechtlich geschützte Interessen der Klägerin offensichtlich nicht verletzt. Dies gelte namentlich in Bezug auf die Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG).
- 59
Nach Zustellung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Oktober 2017 hat die Klägerin die Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm wieder aufgenommen.
- 60
Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin im Einzelnen aus:
- 61
Entgegen der Auffassung der Kammer in ihrem Beschluss vom 14. Juli 2017 – 5 L 312/17.NW – sei sie, die Klägerin, befugt, auch gegen die Ziffer III. in dem Bescheid vom 13. Februar 2017 vorzugehen. Das Gericht gehe insoweit offenbar von der Teilbarkeit des streitgegenständlichen Bescheids aus. Nehme man hingegen, wie sie, die Klägerin, wegen der unmittelbar miteinander zusammenhängenden Bestandteile des Drittsendezeitenbescheids Unteilbarkeit an, sei die Gesamtanfechtung auch dann zulässig und begründet, die Klägerin mithin auch klagebefugt, wenn sie nur teilweise in ihrer Rechtssphäre betroffen und der Bescheid nur teilweise rechtswidrig sei. Bei Unteilbarkeit des Bescheids könne dem Rechtsschutzanspruch der Klägerin nämlich nur auf diese Weise Rechnung getragen werden.
- 62
Die Klage sei auch insgesamt begründet. Dies ergebe sich daraus, dass sie nicht verpflichtet sei, Drittsendezeiten einzuräumen.
- 63
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass nur die von der KEK/Beklagten zugrunde gelegte arithmetische Methode zur Berechnung des Jahreszuschaueranteils (nicht des Monatsanteils) mit dem Wortlaut von § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV vereinbar sei. Vielmehr sie allein die von ihr, der Klägerin, zugrunde gelegte gewichtete Berechnungsmethode methodisch sachgerecht und entspreche gerade dem aktuellen Stand der quantitativen Medienforschung, was gerade auch nach der Systematik des Rundfunkstaatsvertrags zu beachten sei. Danach lägen die Zuschaueranteile im maßgeblichen Zeitraum aber unter 20 v.H..
- 64
Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz sei ferner für die Feststellung des Vorliegens der Drittsendezeitverpflichtung auf den Jahreszuschaueranteil abzustellen, der unmittelbar dem Bescheiderlass vorausgegangen sei, hier also die Referenzperiode Februar 2016 bis Januar 2017. Die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, wonach nach dem eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlaut der hierfür allein heranziehbaren Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens am 19. Oktober 2014 maßgeblich sei, seien rechtsfehlerhaft. Der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV könne nicht einseitig zu Lasten des Hauptprogrammveranstalters ausgelegt werden. Die Formulierung „Einleitung“ sei offen genug, auch das noch laufende Verfahren in die Betrachtung mit einzubeziehen und mit dem Begriff „Einleitung des Verfahrens“ die gesamte Verfahrensdauer unter Einschluss des Verfahrensabschlusses zu verstehen. Da der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV nicht eindeutig sei, seien andere Auslegungsmethoden heranzuziehen.
- 65
Die Fixierung auf den frühesten in einem Vergabeverfahren möglichen Zeitpunkt stünde nicht mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 bzw. Art. 2 Abs. 1 GG jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG in Einklang. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit sei vielmehr eine verfassungskonforme Auslegung von § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 26 Abs. 5, 31 RStV dahingehend geboten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung von Drittsendezeiten auch zu dem Zeitpunkt vorliegen müssten, zu dem die Beklagte ihre abschließende und außenwirksame (Bescheid-)Entscheidung treffe.
- 66
Stelle man richtigerweise hier für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids auf den durchschnittlichen Jahreszuschaueranteil ab, der unmittelbar dem Bescheiderlass am 13. Februar 2017 vorausgegangen sei, so habe dieser Anteil für die Jahresreferenzperiode Februar 2016 bis Januar 2017 deutlich unter den Grenzwerten des § 26 Abs. 5 RStV gelegen, ab denen erst eine Drittsendezeitenverpflichtung bestehe, und zwar völlig unabhängig der strittigen Berechnungsmethode.
- 67
Zwar stelle das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz nicht in Abrede, dass die Berücksichtigung nachträglicher Veränderungen (Absinken) der Zuschaueranteile zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geboten sein und die sog. Drittsendezeitenverpflichtung des Hauptprogrammveranstalters insoweit entfallen lassen könne. Das Oberverwaltungsgericht stelle jedoch so restriktive Beschränkungen auf, dass diese im Ergebnis zu einer weitgehenden Immunisierung des Verfahrens gegenüber Veränderungen führten und eine einseitige Risikoverteilung zu Lasten des Hauptprogrammveranstalters im Verfahren etabliere. Dies sei rechtsfehlerhaft.
- 68
Wende man die restriktiven Bedingungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz konsequent und folgerichtig an – nämlich dass die Drittsendezeitenverpflichtung noch nicht entfalle, wenn innerhalb eines Jahres die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV jeweils nur knapp unterschritten würden –, dann sei reflexartig erst recht der Zeitraum nach diesem Jahr zu betrachten. Denn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelte nicht nur für ein Jahr, sondern müsse jedenfalls auf die gesamte Dauer des Verfahrens Anwendung finden. Dies aber bedeute konsequenterweise, dass die einschränkenden Bedingungen nach Ablauf des Jahres dann nicht mehr gelten könnten, so dass jede nachfolgende auch nur geringe Unterschreitung eines Schwellenwertes relevant für die nachträgliche Berücksichtigung und das Entfallen der Verpflichtung wäre.
- 69
Doch selbst wenn man mit dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz davon ausginge, dass als Anknüpfungszeitpunkt für die Bestimmung der Zuschaueranteile hier allein auf die Anfrage der Beklagten an die KEK, die maßgeblichen Zuschaueranteile für eine Neuausschreibung von fünf Jahren festzustellen, ansehen würde, sei eine solche rechtswirksame Verfahrenseinleitung entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht schon mit dem Schreiben des stellvertretenden Direktors der Beklagten vom 19. Oktober 2015, sondern erst durch den Beschluss der Versammlung der Beklagten vom 9. November 2015 erfolgt. Stelle man auf diesen Zeitpunkt ab, so habe der Zuschaueranteil auch in der unmittelbar vorausgehenden Jahresreferenzperiode November 2014 bis Oktober 2015 nach zutreffender gewichteter Berechnungsmethode unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV, nämlich bei 8,049694320754 v.H. für das Programm „Sat.1“ und 19,993868480273 v.H. (mit Regionalfenster) bzw. 19,960447284763 v.H. (ohne Regionalfenster) für die sog. Sendergruppe gelegen.
- 70
Die Beklagte habe ihr Ermessen deshalb überschritten, weil sie – anstatt das Verfahren betreffend die sog. 2. Runde (1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018) fortzusetzen und rechtswidrige Verfahrensstufen zu wiederholen – ein neues Vergabeverfahren für eine neue fünfjährige Zulassungsperiode (beginnend ab 1. März 2017) eingeleitet habe, obwohl das Berufungsverfahren betreffend die sog. 2. Runde zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig abgeschlossen gewesen sei. Soweit das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im vorausgegangenen Eilverfahren der gegenteiligen Auffassung gewesen sei, dass die Beklagte mit der Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens für eine neue fünfjährige Zulassungsperiode nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens betreffend die sog. 2. Runde hätte zuwarten müssen, vermöge dies nicht zu überzeugen.
- 71
Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstelle, dass eine besondere atypische Situation bestanden habe, die zu einem schnellen und rechtsicheren Handeln der Beklagten gezwungen hätte, überzeuge auch die weitere Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz nicht, dass dieser Zustand im Oktober 2015 nur durch die Einleitung eines vollständig neuen Vergabeverfahrens für einen neuen fünfjährigen Lizenzzeitraum (beginnend ab 1. März 2017) hätte beseitigt werden können. Vielmehr würdige das Oberverwaltungsgericht hier nicht hinreichend, dass es die Rechtslage erlaubt hätte - trotz der noch schwebenden Gerichtsverfahren - Verfahrensstufen „innerhalb desselben Zulassungsverfahrens" zu wiederholen.
- 72
Die Klägerin beantragt,
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den Zulassungsbescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 aufzuheben.
- 74
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise
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die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung:
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„Die festgestellten Zuschaueranteile der Klägerin, die in den Monaten Juni 2016, Juli 2016, August 2016, Dezember 2016 und Januar 2017 geringfügig unter 19 % lagen, werden bei Berücksichtigung der zeitgleichen Online-Rezeption von Fernsehinhalten über dem Zuschaueranteil von 19 % liegen. Berücksichtigt man die zeitversetzte Online-Rezeption von Fernsehinhalten, erhöht sich für den Zeitraum der Zuschaueranteil der Klägerin noch stärker.“
- 79
Sie führt aus, soweit sich die Klägerin gegen die Ziffer III- in dem Bescheid vom 13. Februar 2017 wende, fehle es der Klägerin an der Klagebefugnis, da die Auswahl der zugelassenen Drittsendezeitanbieter im Einvernehmen mit der Klägerin erfolgt sei.
- 80
Der angefochtene Bescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtmäßig. Der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, das Herantreten der Beklagten an die KEK zur Feststellung der Zuschaueranteile am 19. Oktober 2015 als verfahrenseinleitende Maßnahme i.S.v. § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV anzusehen und den Referenzzeitraum entsprechend auf Oktober 2014 bis September 2015 festzulegen, sei zuzustimmen. Die Rechtsansicht der Klägerin, dass die Bekanntgabe des Bescheids der Beklagten den maßgeblichen Zeitpunkt für § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV darstelle, sei fernliegend. Konsequenz dessen müsste sein, dass die Klägerin alle Abläufe bis zum Erlass des Bescheids als Vorverfahren ansehe. Dies sei abwegig.
- 81
Entgegen der Ansicht der Klägerin bedürfe § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV keiner verfassungskonformen Auslegung. Eine konsequente Anwendung des Argumentationsansatzes der Klägerin, dass nur das Bestehen einer die Vielfalt gefährdenden Situation die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeit verfassungsrechtlich erlaube, würde dazu führen, dass automatisch ab Absinken der Zuschaueranteile unter den Schwellenwert von § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV die Verpflichtung unrechtmäßig werde. Die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten für fünf Jahre bestehe nicht, solange die Schwelle überschritten werde, sondern ab Überschreiten der Schwelle zu einem bestimmten Zeitpunkt. Auf eine andere Weise ließe sich kein praktikables Verfahren für Drittsendezeit und somit keine effektive Vielfaltsicherung durchführen.
- 82
Die Einleitung des Verfahrens am 19. Oktober 2015 sei nicht ermessensfehlerhaft gewesen. Insbesondere ergebe sich aus dem Umstand, dass die Beklagte ein neues Vergabeverfahren eingeleitet und auf eine Fortsetzung des Verfahrens betreffend die sog. 2. Runde verzichtet habe, kein Ermessensfehler. Es habe eine atypische Situation vorgelegen, da in allen gerichtlichen Entscheidungen die Verpflichtung der Klägerin zur Einräumung von Drittsendezeit gerade nicht in Abrede gestellt, sondern auf Fehler in den Verfahren der Ausschreibung der Drittsendezeit und der Auswahl der Bewerber abgestellt worden sei. Die Beklagte habe dieser besonderen Situation im weiteren Verlauf der Geschehnisse durch die Neuausschreibung Rechnung getragen. Auch die von der Beklagten gewählte Form der Ausschreibung unter Vorbehalt begegne keinen Bedenken.
- 83
Die Beklagte habe bei der Berechnung des durchschnittlichen Jahreszuschaueranteils die richtige arithmetische Berechnungsmethode gewählt und daher einen zutreffenden Wert von durchschnittlich 20,04 v.H. Zuschaueranteil der Klägerin im Referenzzeitraum vom Oktober 2014 bis September 2015 ermittelt. Für die gegenteilige Auffassung gebe es keine gesetzliche Grundlage.
- 84
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin ausgestrahlten Regionalfensterprogramme in die Berechnung der Zuschaueranteile miteinzubeziehen seien.
- 85
Soweit die Klägerin moniere, das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz habe die Veränderungen der Zuschaueranteilswerte und das Absinken unter den Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz1 RStV nach der Feststellung der Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten unzureichend berücksichtigt, sei dem nicht zu folgen. Die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen ein zeitliches und ein inhaltliches Moment aufweisenden Kriterien seien nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Die Sachverhalte, bei denen die bereits bestehende gesetzliche Verpflichtung wieder entfalle, müssten auf die Fälle beschränkt sein, in denen die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Gefährdungsprognose aus § 26 Abs. 5 RStV nachhaltig und dauerhaft erschüttert sei.
- 86
Den Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz entsprächen die von der Klägerin vorgetragenen Schwankungen nicht, sodass hier keine unverhältnismäßige Verpflichtung der Klägerin zur Einräumung von Drittsendezeit bestanden habe.
- 87
In Bezug auf die ermittelten Zuschaueranteile dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass viele Fernsehzuschauer inzwischen mediale Inhalte über das Internet nutzten. Dies bestätige eine neue ARD/ZDF-Onlinestudie vom Oktober 2017. Addiere man den Anteil der zeitgleichen und zeitversetzten Online-Rezeption von Fernsehinhalten zu dem von der KEK hier ermittelten Zuschaueranteil, liege dieser im Falle der Sendergruppe der Klägerin auch in den Monaten, in denen der Zuschaueranteil von 19 v.H. unterschritten worden sei, jedenfalls über 19 v.H.
- 88
Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag.
- 89
Sie führt zur Sache aus, die vom Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung im Eilverfahren angestellten Erwägungen seien auch für das Hauptsacheverfahren valide. Keiner der von der Klägerin vorgebrachten Gründe bezüglich der angeblichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Zulassungsbescheides beträfen sie, die Beigeladene zu 1), oder seien gar von ihr zu vertreten. Vielmehr sei sie in allen „Runden" stets im Einvernehmen zwischen Klägerin und Beklagter ausgewählt worden. Das Interesse an der von der Beklagten gewählten pragmatischen Lösung zur Stärkung der Meinungsvielfalt im Programm der Klägerin überwiege insgesamt.
- 90
Die Beigeladenen zu 2) und 3) stellen ebenfalls keine Anträge und haben sich zur Sache nicht geäußert.
- 91
Die Klägerin hat zu dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag noch ausgeführt, dabei handele es sich um einen unzulässigen und untauglichen Ausforschungsantrag, der im Übrigen auf Basis der von der Beklagten herangezogenen Anhaltspunkte vielmehr für das Gegenteil dessen streite, was bewiesen werden solle.
- 92
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die beigezogenen Gerichtsakten 5 L 312/17.NW, 5 L 753/13.NW, 5 L 694/13.NW, 5 K 695/13.NW, 5 K 749/13.NW und 5 K 752/13.NW verwiesen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2018.
Entscheidungsgründe
- 93
Die Klage bleibt erfolglos. Soweit sich die Klägerin gegen die Ziffern I und II. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 wendet, mit denen die Beklagte die Beigeladenen als Veranstalter eines privaten Fernsehprogramms zum Programm der Klägerin in Form eines so genannten Fensterprogramms ("Drittsendezeiten") zugelassen und zugleich die Zulassung der Klägerin beschränkt hat, ist die Klage zulässig (I.), in der Sache aber unbegründet (II.). In Bezug auf die in Ziffer III. des genannten Bescheids verfügte Ablehnung der darin aufgeführten Bewerber ist die Klage bereits unzulässig (III.).
- 94
I. Die Klage gegen die Ziffern I. und II. des Bescheids vom 13. Februar 2017 ist zulässig.
- 95
Als materiell-rechtliche Rechtsposition der Klägerin kommt vorliegend die aufgrund der Zulassung gemäß § 20 Abs. 1 RStV verliehene Befugnis in Betracht, das private Fernsehprogramm Sat.1 zu veranstalten und inhaltlich zu gestalten. Dieses Recht wird durch die Vergabe der Sendezeiten an die Beigeladenen gemäß § 26 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 31 RStV teilweise eingeschränkt. Hiervon ausgehend kann die Klägerin, der die Zulassung für die Veranstaltung des privaten Fernsehprogramms mit Zulassung der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz vom 26. August 2008 erteilt worden war, geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein.
- 96
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die genannten Ziffern sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
- 97
1. Zunächst sind die Ziffern I. und II. des streitgegenständlichen Bescheids in formeller Hinsicht rechtmäßig. Dazu hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, in den Randnummern 60 – 71 ausführlich Stellung bezogen. Die erkennende Kammer macht sich dessen Ausführungen zu eigen, zumal die Klägerin im Klageverfahren nichts vorgetragen hat, was eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen könnte.
- 98
2. Nach Auffassung der Kammer ist die Ziffer I. des Bescheids vom 13. Februar 2017 materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
- 99
2.1. Rechtsgrundlage für die der Klägerin in der Zulassungsentscheidung der Beklagten vom 13. Februar 2017 aufgegebenen Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte sind die Vorschriften des § 26 Abs. 5 und § 31 Abs. 6 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 (GVBl. 1991 S. 369) in der zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides anwendbaren Fassung des 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 9. September 2015 (GVBl. 2015 S. 410).
- 100
Nach § 26 Abs. 5 Satz 1 RStV hat ein Veranstalter mit einem Vollprogramm oder einem Spartenprogramm mit Schwerpunkt Information, der im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 10 v.H. erreicht, binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 einzuräumen. Erreicht ein Unternehmen mit ihm zurechenbaren Programmen im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 20 v.H., ohne dass eines der Vollprogramme oder Spartenprogramme mit Schwerpunkt Information einen Zuschaueranteil von 10 v.H. erreicht, trifft die Verpflichtung nach Satz 1 gemäß § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV den Veranstalter des dem Unternehmen zurechenbaren Programms mit dem höchsten Zuschaueranteil. Gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV ist auf der Grundlage einer Vereinbarung zu angemessenen Bedingungen nach Absatz 5 dem Fensterprogrammveranstalter durch die zuständige Landesmedienanstalt die Zulassung zur Veranstaltung des Fensterprogramms zu erteilen.
- 101
2.2. Die in § 26 Abs. 5 RStV geregelte Verpflichtung der Veranstalter von Fernsehvollprogrammen, bei einem Erreichen von näher bestimmten Zuschaueranteilen binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 RStV einzuräumen, ist Bestandteil und Ausfluss der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV. Die Rundfunkfreiheit ist eine dienende Freiheit. Sie dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, und zwar in einem umfassenden, nicht auf bloße Berichterstattung oder die Vermittlung politischer Meinungen beschränkten Sinn (BVerfG, Urteil vom 5. Februar 1991 – 1 BvF 1/85 –, NJW 1991, 899). Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit folgt nicht nur ein Abwehrrecht des Rundfunkveranstalters, sondern zugleich die Pflicht des Gesetzgebers zu deren gesetzlicher Ausgestaltung. Die §§ 26 Abs.5, 31 RStV treffen mit der Verpflichtung des Hauptprogrammveranstalters, bei Erreichen eines bestimmten Marktanteils Sendezeit für unabhängige Dritte einzuräumen, einfachrechtliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Meinungsvielfalt. Die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV eröffnen insoweit ein dreifaches Spannungsfeld, als die Rundfunkfreiheit sowohl in ihrer objektiv-rechtlichen Ausprägung zugunsten aufsichtsrechtlicher Maßnahmen als auch subjektiv-rechtlich (zugunsten des Hauptprogramm- und des überregionalen Fensterprogrammveranstalters) streitet bzw. streiten kann. Diese einander widerstreitenden verfassungsrechtlichen Positionen sind nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz schon auf der Ebene des einfachen Rechts einander so zuzuordnen und dergestalt zum Ausgleich zu bringen, dass sie jeweils möglichst weitgehend wirksam werden. Der Klägerin steht daher das Recht auf freie und ungeschmälerte Ausübung der wirtschaftlichen Betätigung als Veranstalterin eines privaten Fernsehvollprogramms nur insoweit zu, wie die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages das Grundrecht der Rundfunkfreiheit gestalten. Neben den privaten Rundfunkveranstaltern können sich nämlich auch die ausgewählten Fensterprogrammveranstalter in dem ihnen durch eine Vergabeentscheidung eingeräumten Umfang ebenfalls auf die Rundfunkfreiheit berufen (s. ausführlich zu dem Ganzen OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 79 – 86).
- 102
Voraussetzung für eine verfassungsrechtlich in zulässiger Weise erfolgende Einschränkung des Rechts der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin im Sinne der Gewährleistung einer „objektiven Rundfunkfreiheit“ ist, dass die für die rundfunkrechtlichen Zulassungen zuständige Aufsichtsbehörde – hier die Beklagte – die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben im Anwendungsfall in jedem einzelnen Fall vollständig beachtet. Dies war hier nach Ansicht der Kammer der Fall.
- 103
Über die Zulassung zu Fensterprogrammen im privaten Fernsehen wird in einem aufwändigen mehrstufigen Verfahren entschieden. Um feststellen zu können, ob ein Hauptprogrammveranstalter überhaupt zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte verpflichtet ist, ermittelt die zuständige Landesmedienanstalt zunächst durch die KEK den Zuschaueranteil der jeweiligen Programme unter Einbeziehung aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks (§ 27 Abs. 1 Satz 1 RStV). Im Falle der Verpflichtung zur Einräumung von Sendezeit für unabhängige Dritte schreibt die zuständige Landesmedienanstalt nach Erörterung mit dem Hauptprogrammveranstalter das Fensterprogramm zur Erteilung einer Zulassung aus (§ 31 Abs. 4 Satz 1 RStV). Nach Ende der Ausschreibungsfrist prüft die zuständige Landesmedienanstalt gemäß § 31 Abs. 4 Satz 2 RStV die eingegangenen Zulassungsanträge auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages sowie den sonstigen landesrechtlichen Bestimmungen. Sie erörtert die Anträge sodann mit dem Hauptprogrammveranstalter mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen (§ 31 Abs. 4 Satz 3 RStV). Auswahl- und Zulassungsentscheidung haben jeweils im Benehmen mit der KEK zu erfolgen (§ 31 Abs. 4 Satz 3 RStV). Das Zulassungsverfahren endet dann mit der Bekanntgabe der Zulassungsentscheidung an den Ausgewählten (§ 31 Abs. 6 Satz 1 RStV).
- 104
2.3. Die Voraussetzungen der §§ 26 Abs. 5, § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV sind nach Ansicht der Kammer gegeben. Das Vergabeverfahren wurde von der Beklagten im Oktober 2015 wirksam eingeleitet (2.3.1.). Die Beklagte hat den Einleitungszeitpunkt nicht ermessensfehlerhaft festgelegt (2.3.2.). Der mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelte Marktanteil der Sendergruppe der Klägerin (ProSiebenSat.1) wurde zutreffend mit einem Zuschaueranteil von über 20 v.H. aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt (2.3.3.). Die KEK und die Beklagte haben ferner korrekt den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt (2.3.4.). Auch erforderte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht die Einstellung des Drittsendezeitenverfahrens im Hinblick auf das nachträgliche Absinken der Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin (2.3.5.). Durch die Einräumung von Drittsendezeiten wird die Klägerin schließlich nicht in ihren grundrechtlich geschützten Interessen aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) verletzt (2.3.6.)
- 105
2.3.1. Die Beklagte leitete das Verfahren auf Einräumung von Drittsendezeiten am 19. Oktober 2015 rechtswirksam ein.
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2.3.1.1. Für die Feststellung, ob die in § 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 RStV genannten Schwellenwerte von einem einzelnen Programm oder von den einem Unternehmen insgesamt zurechenbaren Programmen erreicht werden, sind gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 RStV der Zuschaueranteil der jeweiligen Programme unter Einbeziehung aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks zu ermitteln. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV ist für Entscheidungen der bei Einleitung des Verfahrens im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erreichte Zuschaueranteil der einzubeziehenden Programme maßgeblich. Diese Regelung findet auf die Vergabe von Drittsendezeiten gemäß § 31 RStV Anwendung, und zwar auch dann, wenn es nicht um deren erstmalige, sondern – wie hier – um deren wiederholte Ausschreibung geht (s. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. September 2014 – 2 B 10327/14 –, juris Rn. 30 - 33).
- 107
2.3.1.2. Die Kammer teilt die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 88 – 102, wonach die wirksame Einleitung des Vergabeverfahrens am 19. Oktober 2015 mit der schriftlichen Aufforderung der Verwaltung der Beklagten an die KEK, die nach § 27 Abs. 1 RStV maßgeblichen Zuschaueranteile festzustellen, erfolgt ist. Weder ist auf einen Zeitpunkt davor noch auf einen Zeitpunkt danach abzustellen.
- 108
Zwar informierte die Beklagte die KEK bereits mit Schreiben vom 19. August 2015 darüber, dass nach den ihr vorliegenden Unterlagen die ProSiebenSat.1 Media SE mit den ihr zuzurechnenden Programmen im Zeitraum August 2014 bis Juli 2015 einen Zuschaueranteil von 20 v.H. überschritten habe. Sowohl im Hinblick auf den gegenwärtigen Verfahrensstand als auch im Hinblick auf ein mögliches neues Drittsendezeitenverfahren sei eine Feststellung der Zuschaueranteile erforderlich. Deshalb werde die KEK um entsprechende Feststellung gebeten. Dieses Schreiben fasste die KEK jedoch noch nicht als Antrag auf die Einleitung eines neuen Drittsendezeitenverfahrens auf und bat die Beklagte um Klarstellung, die zunächst ausblieb. Erst mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 erbat die Beklagte bei der KEK eindeutig und ausschließlich die Feststellung der Zuschaueranteile im Zusammenhang mit einer Neuausschreibung von Drittsendezeiten für fünf Jahre. Dies stellte gegenüber der KEK die Verfahrenseinleitung im Sinne der §§ 26 Abs. 5, 27 RStV dar.
- 109
2.3.1.3. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht auf einen späteren Zeitpunkt abzustellen.
- 110
Der Zwölfmonatszeitraum berechnet sich für jedes Verfahren einzeln jeweils bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das konkrete Verfahren eingeleitet wurde (Trute in: Binder/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Auflage 2018, § 27 RStV Rn. 18). Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 88 seine Auffassung, wonach für die Bestimmung des Zeitpunktes der Einleitung des Verfahrens auf die Anfrage der Beklagten bei der KEK auf Ermittlung der Zuschaueranteile am 19. Oktober 2015 als verfahrenseinleitendes Element abzustellen sei, damit begründet, nur dieser Zeitpunkt sei nach dem eindeutigen und keiner anderen Auslegung zugänglichen Wortlaut der hierfür allein heranziehbaren Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV maßgeblich. Weder komme es auf die spätere Beschlussfassung der Versammlung, noch auf den Zeitpunkt der Ausschreibung im Staatsanzeiger noch auf die Bekanntgabe der Drittsendezeitzulassungen an die Beteiligten noch auf sonstige spätere Zeitpunkte an. Denn bei den nachfolgenden Zeitpunkten handele es sich um (weitere) Handlungen innerhalb des – dann aber bereits eingeleiteten – Vergabeverfahrens. Insbesondere ein Abstellen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 13. Februar 2017 sei weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck der zu berücksichtigenden rundfunkrechtlichen Regelungen vereinbar.
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Die Klägerin wendet hiergegen ein, die diesbezüglichen Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz seien rechtsfehlerhaft. Der Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV könne nicht einseitig zu Lasten des Hauptprogrammveranstalters ausgelegt werden. Da die Formulierung „Einleitung“ offen genug sei, auch das noch laufende Verfahren in die Betrachtung mit einzubeziehen und mit dem Begriff „Einleitung des Verfahrens“ die gesamte Verfahrensdauer unter Einschluss des Verfahrensabschlusses zu verstehen sei, seien andere Auslegungsmethoden heranzuziehen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit sei eine verfassungskonforme Auslegung von § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 26 Abs. 5, 31 RStV dahingehend geboten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einräumung von Drittsendezeiten auch noch zu dem Zeitpunkt vorliegen müssten, zu dem die Beklagte ihre abschließende und außenwirksame (Bescheid-)Entscheidung treffe.
- 112
Diese Ansicht teilt die Kammer nicht. Zwar werden zu der Frage, welcher Zeitpunkt zur Bestimmung der verfahrenseinleitenden Maßnahme im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV maßgeblich ist, in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten. Ebenso wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz stellen Trute (in: Binder/Vesting, a.a.O., § 27 RStV Rn. 18) und Dörr/Petri in: Hartstein/Ring/Kreile/Stettner/Cole/Wagner, Rundfunkstaatsvertrag Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Stand April 2017, § 27 RStV Rn. 11) auf die Anfrage der zuständigen Landesmedienanstalt bei der KEK auf Ermittlung der Zuschaueranteile als verfahrenseinleitendes Element ab. Dagegen nimmt das Verwaltungsgericht Hannover (s. Beschluss vom 29. September 2008 – 7 B 3575/08 –, ZUM-RD 2008, 633) an, das Verfahren beginne mit der Erörterung der Ausschreibung zwischen Hauptprogrammveranstalter und Zulassungsbehörde. Ferner vertritt Müller-Terpitz (s. BeckOK Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, Stand Mai 2018, § 27 RStV Rn. 16) die Meinung, die Formulierung „Einleitung des Verfahrens“ sei – was mit dem Wortlaut noch zu vereinbaren sein dürfte – in verfassungskonformer Weise weit zu interpretieren und deshalb auch auf den Zeitraum bis zum Erlass der das Verfahren abschließenden Entscheidung zu beziehen.
- 113
Die angerufene Kammer folgt der zuerst dargestellten Rechtsauffassung. Nach dem klaren Wortlaut des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV sind für die Einleitung des Vergabeverfahrens die Zuschaueranteile „bei Einleitung“ und nicht bei Abschluss des Verfahrens, d.h. bei Erlass des Verwaltungsakts, maßgebend. Für die Frage, wann ein Vergabeverfahren eingeleitet wird, ist aber schon im Interesse der Rechtsklarheit auf den Zeitpunkt des von der Landesmedienanstalt erstmals „nach außen“ dokumentierten Willens, die konzentrationsrechtliche Maßnahme der Drittsendezeiten mit der Beauftragung zur Feststellung der Zuschaueranteile einzuleiten, abzustellen (so zutreffend OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 90).
- 114
Soweit die Klägerin darüber hinaus beanstandet, das Schreiben vom 19. Oktober 2015 an die KEK stelle auch deshalb keine wirksame Einleitung des Drittsendezeitenverfahrens dar, weil die Beklagte in dem genannten Schreiben eine Neuausschreibung nur als „naheliegend“ bezeichnet und unter den entsprechenden Vorbehalt der Entscheidung der Gremien gestellt habe, kann sie damit nicht gehört werden. Die Beklagte wies in dem Schreiben vom 19. Oktober 2015 die KEK unmissverständlich darauf hin, dass die Feststellung des Zuschaueranteils der ProSiebenSat.1 Media SE unabdingbar sei und bat um entsprechende Feststellung im Rahmen der gesetzlich auferlegten Organfunktion der KEK. Durch die gewählte Formulierung, dass die Neuausschreibung „naheliegend“ sei, brachte die Beklagte nur zum Ausdruck, dass sie intern nicht abschließend geklärt habe, ob eine Fortführung des damals noch anhängigen Verfahrens oder eine Neuausschreibung erfolgen solle. Diese Vorgehensweise war ersichtlich der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden atypischen Situation geschuldet, ohne dass sich hieraus eine Veränderung hinsichtlich der verfahrenseinleitenden Handlung ergab.
- 115
Im Übrigen änderte sich für die den Zuschaueranteil ermittelnde KEK an ihrem Feststellungsauftrag und damit zugleich an der nach „außen“ rechtswirksamen Verfahrenseinleitung durch einen Vorbehalt der Landesmedienanstalt, die insofern immer auch weitere Voraussetzungen bei der Vergabe von Drittsendezeiten zu beachten hat, nichts. Der Gefahr einer nur punktuellen Bestimmung der maßgeblichen Zuschaueranteile wird im Interesse der Hauptprogrammveranstalter durch den Jahreszeitraum, innerhalb dessen die durchschnittlichen Schwellenwerte erreicht werden müssen, entgegengewirkt (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – B 11451/17.OVG –, juris Rn. 92).
- 116
2.3.2. Auch hat die Beklagte den Einleitungszeitpunkt nicht ermessensfehlerhaft festgelegt (s. dazu ausführlich OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 93 - 102). Im Einleitungszeitpunkt im Oktober 2015 bestand aufgrund der vorangegangenen Eilbeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2014 und 8. September 2014 sowie des anschließenden Verhaltens der Klägerin, die überregionalen Fensterprogramme in ihrem Fernsehvollprogramm sofort einzustellen, eine atypische Situation bei der Feststellung der Verpflichtung der Ausschreibung und Zulassung von Sendezeiten für unabhängige Dritte. Es war verfassungsrechtlich geboten, den ab September 2014 eingetretenen rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand so schnell und rechtssicher wie möglich zu beenden. Diesen Anforderungen entsprechend übte die Beklagte nach Ergehen der Eilbeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2014 und 8. September 2014 das ihr zustehende Ermessen zur zeitnahen Behebung des seit der Einstellung der überregionalen Fensterprogramme durch die Klägerin verfassungsrechtlich nicht zulässigen Zustands rundfunkstaatsvertragskonform aus.
- 117
2.3.3. Die Beklagte hat den mit Beschluss der KEK in den Sitzungen vom 10. und 27. November 2015 ermittelten Marktanteil der Sendergruppe der Klägerin zutreffend mit einem Zuschaueranteil von über 20 v.H. aller deutschsprachigen Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des bundesweit empfangbaren privaten Rundfunks festgestellt.
- 118
2.3.3.1. Die von der KEK zugrunde gelegte Berechnungsmethode ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden. Maßgeblich ist nach § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV der im Durchschnitt der letzten zwölf Monate erreichte Zuschaueranteil der für die Hauptprogrammveranstalterin einzubeziehenden Programme. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat den „Durchschnitt“ in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 104 ebenso wie die KEK in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2017 aus dem Quotienten der Summe der monatlichen Zuschaueranteile und der Anzahl der einzubeziehenden (zwölf) Monate gebildet und damit die arithmetische Berechnungsmethode angewandt.
- 119
Die Klägerin wendet dagegen ein, dem Wortlaut von § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV sei nicht zu entnehmen, welche Art der Durchschnittsberechnung gemeint sei. Daher sei auf andere Auslegungsmethoden zurückzugreifen. Dies führe dazu, dass allein die gewichtete Berechnungsmethode methodisch sachgerecht sei und gerade dem aktuellen Stand der quantitativen Medienforschung entspreche, was auch nach der Systematik des Rundfunkstaatsvertrags zu beachten sei. Danach lägen die Zuschaueranteile im maßgeblichen Zeitraum aber unter 20 v.H.
- 120
Dem folgt die Kammer nicht. Zwar enthält der Rundfunkstaatsvertrag keine Bestimmung des Rechtsbegriffs „Durchschnitt“. Die Klägerin weist auch zutreffend darauf hin, dass der Durchschnitt zunächst nur der „aus mehreren vergleichbaren Größen errechnete Mittelwert in Bezug auf Quantität oder Qualität“ ist (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Durchschnitt) und es neben dem „einfachen oder arithmetischen“ Durchschnitt auch den „gewichteten“ Durchschnitt“ gibt.
- 121
Ein Rechtsbegriff kann sowohl eine juristisch-technische Bedeutung als auch eine hiervon verschiedene Bedeutung nach allgemeinem Sprachgebrauch aufweisen. Die Auslegung eines bestimmten Rechtsbegriffs hat, ausgehend von der Wortbedeutung (sprachlich-grammatikalische Auslegung) unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs, in dem sie steht (systematische Auslegung), den objektiven Sinngehalt des Gesetzes zu erforschen (Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Auflage 2015, Einleitung vor § 1 Rn. 40 ff.), wobei der mit der Regelung verfolgte innere Zweck, die ratio legis, zu ermitteln ist (teleologische Auslegung). Dies kann dazu führen, dass ein bestimmter Rechtsbegriff, der in mehreren Gesetzen verwendet wird, vom Gesetzgeber nicht einheitlich verwandt wird.
- 122
Hiernach versteht die Kammer wie die KEK und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz den Begriff „Durchschnitt“ im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV als Quotient der Summe der monatlichen gewichteten Marktanteilsdaten für das Programm Sat.1 sowie der ProSiebenSat.1 Media SE zurechenbaren Programme und der Anzahl der einzubeziehenden zwölf Monate im Zeitraum Oktober 2014 bis September 2015. Da es im Rundfunkstaatsvertrag für den Begriff „Durchschnitt“ keine Legaldefinition gibt und ihm auch keine technisch-juristische Bedeutung zukommt, stellt die Kammer im Rahmen der grammatikalischen Auslegung auf den allgemeinen Sprachgebrauch ab. Danach wird der Durchschnitt als „einfacher“ Durchschnitt, also als Mittelwert aus mehreren vergleichbaren Größen und nicht als „gewichteter“ Durchschnitt“ verstanden. Auch zeigt ein Vergleich mit anderen Vorschriften, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck bringt, wenn ein vom allgemeinen Sprachverständnis abweichender Durchschnittsbegriff maßgebend sein soll. So spricht z.B. § 93 Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG – vom „wahrscheinlichkeitsgewichteten Durchschnitt künftiger Zahlungsströme“ und § 10 der Dreizehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – 13. BImSchV – vom „gewichteten Durchschnittswert“. Die Kammer wendet daher zur Bestimmung des Durchschnitts im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV die arithmetische Berechnungsmethode an mit der Folge, dass sich ein relevanter Zuschaueranteil von 20,04167297812 v.H. für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE im maßgebenden Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 ergibt. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz weist in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG – im Übrigen zu Recht darauf hin, dass die Klägerin gerade keinen Durchschnitt bildet, sondern die Ergebnisse für alle Monate des Referenzzeitraums aus der Rechnung „Marktanteil (AGF) des Programms“ mal „Sehdauer des Programms im Monat“ geteilt durch die Summe aller monatlichen Sehdauern des Programms im Referenzzeitraum addiert. Eine derartige Berechnungsmethode, die entgegen den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages unterschiedliche Sehgewohnheiten der Zuschauer von Fernsehprogrammen einbezieht, lässt sich aber weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik des Rundfunkstaatsvertrages in Einklang bringen.
- 123
2.3.3.2. Soweit die Klägerin ferner die Auffassung vertritt, bei der Berechnung der Zuschaueranteile der Sendergruppe seien entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 108 - 114 die im Hauptprogramm aufgenommenen Regionalfensterprogramme im Referenzzeitraum herauszurechnen mit der Folge, dass dann „nur“ noch von einem relevanten Zuschaueranteil von 19,969453565424 v.H. auszugehen sei, braucht die Kammer diese Rechtsfrage hier nicht zu entscheiden. Denn nach der vorliegend zugrunde gelegten arithmetischen Berechnungsmethode ergibt sich für den Relevanzzeitraum ohne sämtliche Regionalfensterprogramme ein Zuschaueranteil von 20,007360713561 v.H.. Der Zuschaueranteil überschreitet den Schwellenwert von 20 v.H. im Übrigen auch dann, wenn man mit der Klägerin (s. Seite 27 des Schriftsatzes vom 6. Oktober 2017 in dem Verfahren 2 B 11451/17.OVG) die Anteile in Bezug auf das Angebot des Senders „wetter.com“ außen vor lässt. Denn die messbaren Zuschaueranteilsdaten bewegen sich unterhalb des Promille-Bereichs und führen selbst bei einem Abzug nicht zu einem Wert von unter 20 v.H..
- 124
2.3.4. Die KEK und die Beklagte haben ferner zutreffend den Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat hierzu in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG – in den Rn. 120 - 133 Folgendes ausgeführt:
- 125
„...Vor allem musste die Antragsgegnerin (hier: die Beklagte) – entgegen der Auffassung der Antragstellerin (hier: die Klägerin) – nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens vor dem Senat betreffend die „2. Runde“ der Drittsendezeitvergabe (2 A 10734/15.OVG) zuwarten. Dies hätte nämlich zu einer nicht hinnehmbaren Perpetuierung des verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich nicht zulässigen Zustandes geführt, der eingetreten war, nachdem die Antragstellerin unmittelbar nach Zustellung der am 23. Juli und 8. September 2014 ergangenen Eilentscheidungen des Senats die weitere Ausstrahlung der überregionalen Fensterprogramme einstellte. Da der Senat in den vorgenannten Beschlüssen aber die Verpflichtung der Antragstellerin zur Ausstrahlung von Sendezeiten für unabhängige Dritte klar und eindeutig festgestellt hatte, besteht seit Mitte September 2014 ein verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidriger Zustand, der bis heute andauert. Zur Behebung dieses, mit dem gesetzgeberischen Zweck der Drittsendezeiten, auch im privaten Rundfunk Meinungsvielfalt zu gewährleisten, nicht zu vereinbarenden Zustandes war die Antragsgegnerin nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, das Verfahren zur Vergabe der Zulassungen für die überregionalen Fensterprogramme im Hauptprogramm von SAT.1 so schnell wie möglich neu einzuleiten.
- 126
Die Berechtigung der Antragsgegnerin, das Verfahren zur Vergabe der Drittsendezeitlizenzen schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des – zum Zeitpunkt der Einleitung des neuen Zulassungsverfahrens im Oktober 2015 noch weit mehr als ein Jahr laufenden – Berufungsverfahrens einzuleiten, folgt darüber hinaus nicht nur allein aus den Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV und §§ 25, 26 und 31 RStV, sondern vor allem aus dem Vorliegen der atypischen Ausgangslage, den die Antragsgegnerin durch die Einstellung der Ausstrahlung von Sendezeiten für unabhängige Dritte trotz der vom Senat festgestellten Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten berücksichtigen durfte.
- 127
In dieser besonderen Verfahrenssituation standen der Antragsgegnerin in tatsächlicher Hinsicht nur drei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Sie hätte – erstens – den verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand so belassen können wie er war. Diese Möglichkeit wäre zwar mit den seit dem Jahr 2013 erkennbaren Interessen der Antragstellerin, von der Verpflichtung zur Ausstrahlung von Fensterprogrammen unmittelbar und vollständig freigestellt zu werden, kompatibel gewesen. Mit den gesetzlichen Vorgaben ist diese Option allerdings nicht zu vereinbaren.
- 128
Die Antragsgegnerin hätte – zweitens – die Drittsendezeitlizenzen für den verbleibenden Zeitraum bis zum 31. März 2018 neu ausschreiben und sodann die Fensterprogrammzulassungen für den sich dann nur noch ergebenden Restzeitraum vergeben können. Diese Option wäre aber gleichfalls nicht zielführend gewesen. Denn dies hätte in Anbetracht der bereits im Oktober 2015 absehbaren Dauer des Rechtsmittelverfahrens der Beigeladenen zu 1) – auf das die Antragsgegnerin keinerlei Einfluss hatte – zu demselben Ergebnis geführt: Wegen des als sicher anzusehenden Rechtsmittels gegen eine (wie auch immer ausgefallene) Entscheidung des Senats hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Gerichtsverfahren in allen Instanzen nicht vor dem 31. März 2018 abgeschlossen werden können. Auch diese Möglichkeit wäre daher zwar mit den Interessen der Antragstellerin, nicht aber mit den Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV und §§ 25, 26 und 31 RStV vereinbar gewesen.
- 129
Um den nach der Einstellung der Ausstrahlung überregionaler Fensterprogramme im September 2014 eingetretenen verfassungs- und rundfunkstaatsvertragswidrigen Zustand zeitnah und rechtssicher zu beenden, war demzufolge eine vollständige Neuausschreibung für einen neu beginnenden Lizenzzeitraum von vollen fünf Jahren naheliegend.
- 130
Dieser Option stand nicht entgegen, dass – wie die Antragstellerin und ihr folgend das Verwaltungsgericht meinen – bei einem Erfolg des Rechtsmittels der Beigeladenen zu 1) in Bezug auf ihre zu dem Zeitpunkt noch existente (wenn auch durch die Antragstellerin angefochtene) Zulassung für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2018 zwei sich überschneidende Rundfunkzulassungen, und dies auch noch in Bezug auf verschieden gestaltete Sendezeitschienen, entstanden wären. Eine derartige Rechtsfolge konnte nämlich schon deshalb nicht eintreten, weil die Ausschreibung und Vergabe der überregionalen Fensterprogramme von Beginn an unter der auflösenden Bedingung eines Erfolges des Rechtsmittels der Beigeladenen zu 1) in dem Berufungsverfahren stand und sich sämtliche Bewerber mit der von der Antragsgegnerin hierfür in die Ausschreibung aufgenommenen Widerrufsoption einverstanden erklärt hatten.
- 131
Die von der Antragsgegnerin in die Ausschreibung aufgenommene Widerrufsoption konnte entgegen der Auffassung der Antragstellerin und des Verwaltungsgerichts auch „funktionieren“. Denn ausweislich des Ausschreibungstextes war in jedem Fall gewährleistet, dass selbst bei einem Neuzuschnitt der Sendezeitschienen (der im Übrigen ausschließlich den während des Ausschreibungsverfahrens von der Antragstellerin geforderten geänderten Vorgaben geschuldet ist) eine Überschneidung der verschiedenen Zeitanteile erst gar nicht eintreten konnte. Dies folgt aus dem in der Ausschreibung aufgenommenen und von allen Bewerbern akzeptierten Vorbehalt, nach dem die Zulassungsentscheidungen wegen des zum Zeitpunkt der Ausschreibung beim Senat noch anhängigen Berufungsverfahrens für die Zeit bis zum 31. Mai 2018 „ganz oder teilweise“ unter den Vorbehalt des zeitweiligen Widerrufs für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung der früher erteilten Erlaubnisse gestellt wurden. Im Falle des Widerrufs wäre dann die ggf. aufgenommene Sendetätigkeit bis zum 31. Mai 2018 auch einzustellen gewesen. Mit dieser rechtlichen Konstruktion war gewährleistet, dass eine sich überschneidende Vergabe der Drittsendezeiten erst gar nicht eintreten konnte.
- 132
Wäre der Vorbehaltsfall eingetreten und hätte die Beigeladene zu 1) nach einem Erfolg ihrer Berufung ihre ursprüngliche Zulassung bis zum 31. Mai 2018 nutzen können, so wäre nach den nachvollziehbaren Angaben der Antragsgegnerin das Fensterprogramm über die auf diese Bewerberin entfallene ursprüngliche dritte und vierte Sendezeitschiene mit einem wöchentlichen Anteil vom 75 Minuten ausgestrahlt worden. Dann wäre zum einen der Widerrufsvorbehalt gegenüber dieser Bewerberin ausgeübt worden und die neue Zulassung für den Zeitraum bis zum 31. Mai 2018 widerrufen worden.
- 133
In unmittelbarer Konsequenz hätte die Antragsgegnerin vom Widerrufsvorbehalt Gebrauch machen und den zeitlichen Anteil der Beigeladenen zu 2) oder 3) um zehn Minuten wöchentlich kürzen können. Auch hiermit hatten sich diese Bewerberinnen ausdrücklich einverstanden erklärt. Ein Rechtsnachteil zu Lasten der Antragstellerin wurde durch die von der Antragsgegnerin gewählte Vorbehaltskonstruktion mithin unter allen denkbaren Gesichtspunkten verhindert.
- 134
Dies gilt auch im Hinblick auf den Vergabezeitraum. Die im Vorbehaltsfall wieder aufgelebte Zulassungsdauer zugunsten der Beigeladenen zu 1) wäre in dem hier zu betrachtenden Zulassungszeitraum vom 1. März 2017 bis 28. Februar 2022 durch den Vorbehaltsverzicht in die Zulassung bis zum 31. Mai 2018 sowie durch Kürzungen der erteilten Neuzulassungen vollständig integriert worden. Mit derartigen Kürzungen der Vergabezeiträume hatten sich wiederum alle Beigeladenen ausdrücklich einverstanden erklärt (vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 1. September 2017, S. 6).“
- 135
Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen.
- 136
2.3.5. Der nach Einleitung des Verfahrens erfolgte Rückgang der Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin erforderte schließlich nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Einstellung des Verfahrens.
- 137
2.3.5.1. Wie oben ausgeführt, betrug der Zuschaueranteil im Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 nach der hier angewendeten arithmetischen Berechnungsweise 20,04167297812 v.H. für die Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE und lag damit über dem maßgeblichen Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV. Jedoch veränderte sich der Zuschaueranteil in den nachfolgenden Referenzzeiträumen bis zum Zeitpunkt des Ergehens des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 wie folgt:
- 138
-
20,031085976606 v.H.
-
November 2014 bis Oktober 2015
- 139
-
20,022620018808 v.H.
-
Dezember 2014 bis November 2015
- 140
-
20,032803733915 v.H.
-
Januar 2015 bis Dezember 2015
- 141
-
20,015479471064 v.H.
-
Februar 2015 bis Januar 2016
- 142
-
20,004098801854 v.H.
-
März 2015 bis Februar 2016
- 143
-
19,968402755132 v.H.
-
April 2015 bis März 2016
- 144
-
19,913758214199 v.H.
-
Mai 2015 bis April 2016
- 145
-
19,903432358392 v.H.
-
Juni 2015 bis Mai 2016
- 146
-
19,650787680209 v.H.
-
Juli 2015 bis Juni 2016
- 147
-
19,482626537024 v.H.
-
August 2015 bis Juli 2016
- 148
-
19,248428659493 v.H.
-
September 2015 bis August 2016
- 149
-
19,194187005772 v.H.
-
Oktober 2015 bis September 2016
- 150
-
19,135846449362 v.H.
-
November 2015 bis Oktober 2016
- 151
-
19,037254093958 v.H.
-
Dezember 2015 bis November 2016
- 152
-
18,977279227433 v.H.
-
Januar 2016 bis Dezember 2016
- 153
-
18,920525809131 v.H.
-
Februar 2016 bis Januar 2017
- 154
Nach Bekanntgabe des Zulassungsbescheids entwickelten sich die Zuschaueranteile in den folgenden Referenzperioden folgendermaßen:
- 155
-
18,800656063662 v.H.
-
März 2016 bis Februar 2017
- 156
-
18,663003318843 v.H.
-
April 2016 bis März 2017
- 157
-
18,541745183280 v.H.
-
Mai 2016 bis April 2017
- 158
-
18,392771124871 v.H.
-
Juni 2016 bis Mai 2017
- 159
-
18,433156959175 v.H.
-
Juli 2016 bis Juni 2017
- 160
-
18,321738756530 v.H.
-
August 2016 bis Juli 2017
- 161
-
18,262833891436 v.H.
-
September 2016 bis August 2017
- 162
-
18,111200616270 v.H.
-
Oktober 2016 bis September 2017
- 163
-
18,029129684808 v.H.
-
November 2016 bis Oktober 2017
- 164
-
17,960695152545 v.H.
-
Dezember 2016 bis November 2017
- 165
-
17,859564323979 v.H.
-
Januar 2017 bis Dezember 2017
- 166
-
17,761120559379 v.H.
-
Februar 2017 bis Januar 2018
- 167
-
17,634940355094 v.H.
-
März 2017 bis Februar 2018
- 168
-
17,632409020393 v.H.
-
April 2017 bis März 2018
- 169
-
17,658106381604 v.H.
-
Mai 2017 bis April 2018
- 170
-
17,726196298593 v.H.
-
Juni 2017 bis Mai 2018
- 171
Die gewichteten monatlichen Zuschaueranteile der Sendergruppe betrugen nach Einleitung des Verfahrens bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten wie folgt:
- 172
-
20,285628262718 v.H.
-
Oktober 2015
- 173
-
20,228218638419 v.H.
-
November 2015
- 174
-
19,469759702940 v.H.
-
Dezember 2015
- 175
-
18,338064317642 v.H.
-
Januar 2016
- 176
-
19,245565835180 v.H.
-
Februar 2016
- 177
-
19,660549819146 v.H.
-
März 2016
- 178
-
19,480364150173 v.H.
-
April 2016
- 179
-
19,879021289218 v.H.
-
Mai 2016
- 180
-
17,451423962554 v.H.
-
Juni 2016
- 181
-
18,612468040061 v.H.
-
Juli 2016
- 182
-
18,164625168102 v.H.
-
August 2016
- 183
-
19,514554883116 v.H.
-
September 2016
- 184
-
19,585541585791 v.H.
-
Oktober 2016
- 185
-
19,045110373570 v.H.
-
November 2016
- 186
-
18,750061304644 v.H.
-
Dezember 2016
- 187
-
17,657023298016 v.H.
-
Januar 2017
- 189
In der Folgezeit bis zur mündlichen Verhandlung lagen die monatlichen Zuschaueranteile stets unter 19 v.H., zuletzt im Mai 2018 bei 18,90811592175 v.H..
- 190
2.3.5.2. Die Rechtsfrage, ob, nachdem das Drittsendezeitenverfahren wirksam eingeleitet wurde, das anschließende Absinken der Zuschaueranteile unter den Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV im noch laufenden Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen ist, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden. In der Literatur wird, soweit ersichtlich, übereinstimmend die Ansicht vertreten, dass neue Tendenzen in den Zuschauerzahlen nach Ablauf des Referenzzeitraums unter bestimmten Umständen zu beachten sind, wenn zwischen Verfahrenseinleitung und der Letztentscheidung ein längerer Zeitraum liegt (vgl. Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Auflage 2015, § 27 RStV Rn. 10; Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 27 RStV Rn. 16; Flechsig/Müller in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 RStV Rn. 18 und 25a; Trute in: Binder/Vesting, a.a.O., § 27 RStV Rn. 19; Dörr/Petri in: Hartstein/Ring/Kreile/Stettner/Cole/Wagner, a.a.O., § 27 RStV Rn. 12). Zur Begründung wird ausgeführt, dies entspreche nicht nur der Ratio medienkonzentrationsrechtlicher Verfahren, für die Zukunft die Entstehung vorherrschender Meinungsmacht zu verhindern bzw. existente Meinungsmacht zu brechen. Zugleich werde hierdurch dem Gebot einer verfassungskonformen Handhabung des Gesetzes Rechnung getragen, da im Hinblick auf die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Programmautonomie einem Fernsehveranstalter keine vielfaltsbezogenen Maßnahmen nach § 26 Abs. 5 und § 31 RStV auferlegt werden dürften, wenn dessen Zuschaueranteil im laufenden Verfahren über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten hinweg so weit zurückgegangen sei, dass eine Entstehung bzw. Verfestigung vorherrschender Meinungsmacht nicht mehr zu besorgen sei. Nach Müller-Terpitz (in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 27 RStV Rn. 16) sind Veränderungen des Zuschaueranteils zu berücksichtigen, wenn der Zuschaueranteil „in rechtserheblicher Weise“ abgenommen hat. Dörr/Petri (in: Hartstein/Ring/Kreile/Stettner/Cole/Wagner, a.a.O., § 27 RStV Rn. 12) vertreten die Ansicht, ein nachträgliches Unterschreiten der Schwellenwerte könne allenfalls dann relevant werden, wenn es sich derart gravierend darstelle, dass die ursprüngliche Gefährdungslage – die Befürchtung des Entstehens vorherrschender Meinungsmacht – ersichtlich nicht mehr bestehe und ein alsbaldiges Wiedererstarken und abermaliges Erreichen der die vielfaltsichernden Maßnahmen auslösenden Schwellenwerte weitgehend ausgeschlossen werden könne.
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Die angerufene Kammer führte zu der aufgezeigten Problematik in ihrem Beschluss vom 8. März 2014 im Verfahren 5 L 753/13.NW, an dem sowohl die Klägerin als auch die Beklagte beteiligt waren, aus, mit der Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV habe der Gesetzgeber materiell-rechtlich eine spezielle Regelung getroffen, die den allgemeinen Grundsätzen über die maßgebliche Sach- und Rechtslage bei behördlichen oder gerichtlichen Entscheidungen vorgehe. Dies habe zur Folge, dass der Zuschaueranteil im Zeitpunkt der eigentlichen Zulassungsentscheidung ebenso unerheblich sei wie der Zuschaueranteil zum Zeitpunkt einer späteren Gerichtsentscheidung.
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Im gegen den Beschluss der Kammer vom 8. März 2014 – 5 L 753/13.NW –, juris, von der Klägerin angestrengten Beschwerdeverfahren stellte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 B 10323/14.OVG –, juris, Rn. 41 klar, dass die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten nicht bestehe, solange ein durchschnittlicher Zuschaueranteil von zehn bzw. 20 v.H. erreicht werde, sondern sie bestehe ungeachtet dessen für eine Dauer von fünf Jahren bereits dann, wenn diese Anteile zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht worden seien. Die Vergabe von Drittsendezeiten erfordere umfangreiche Vorkehrungen nicht nur der Landesmedienanstalt und des Hauptprogrammveranstalters, sondern insbesondere auch der (ausgewählten) Bewerber für die Drittsendezeiten, die im Falle ihrer Auswahl zur Durchführung der Sendezeiten verpflichtet seien. Ab einem bestimmten Zeitpunkt müsse damit die Pflicht zur Einräumung von Drittsendezeiten feststehen, und zwar unabhängig von künftigen Schwankungen der Zuschaueranteile. Hierfür spreche auch, dass § 26 Abs. 5 RStV zwar die Verpflichtung zur Einräumung von Drittsendezeiten an das Überschreiten bestimmter Mindestzuschaueranteile knüpfe, sodann aber die Zulassung des Fensterprogrammveranstalters gemäß § 31 Abs. 6 Satz 4 RStV auf die Dauer von fünf Jahren zu erteilen sei. Diese bestehe damit unabhängig von der künftigen Entwicklung der Zuschaueranteile. Auch die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV erzwängen keine Berücksichtigung veränderter Zuschaueranteile bis zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung. Diese Rechtsauffassung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 8. September 2014 – 2 B 10327/14.OVG –, juris, bekräftigt.
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Den dargestellten Standpunkt hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 118 nunmehr dahingehend modifiziert, dass ein zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beachtlicher Zuschauerrückgang dann zugrunde gelegt werden könne, wenn die Anteile so weit sänken, dass sie – erstens – stetig und eindeutig eine Tendenz unterhalb der Schwellenwerte aufzeigten und – zweitens – in jeder der nach der Verfahrenseinleitung ermittelten Durchschnittswerte erheblich unter den Schwellenwerten des § 26 Abs. 5 RStV lägen. Nur geringfügig unter dem Zwanzig-Prozent-Wert liegende Anteile im Umfang von nur einem Prozentpunkt oder gar geringer reichten hierfür nicht aus.
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Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erkennt damit neuerdings ein nachträgliches Absinken der Zuschaueranteile unter den Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV unter strengen Voraussetzungen als berücksichtigungsfähig an. Trute versteht die neue Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts in seiner im Auftrag der Klägerin erstellten gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Februar 2018 so, dass das Absinken der Zuschaueranteile nur dann beachtlich sein solle, wenn es nach der Verfahrenseinleitung für ein Jahr lang in jedem der Durchschnittswerte unter 19 v.H. liege. Das Gericht verlange damit 144 Monatswerte, die zusammengenommen jeweils in 12 aufeinanderfolgenden Jahresabschnitten unter 19 v.H. lägen. Dieser Fall könne – unterstellt in dem Jahreszeitraum zuvor sei eine Überschreitung von 20,04 v.H., wie in diesem Fall diskutiert – der Sache nach praktisch nicht eintreten. Lege man Jahresdurchschnittswerte zugrunde, dann müsste bei unterstellten 20,04 v.H. Zuschaueranteil der Wert im Monat nach dem Ermittlungszeitraum unter 8 v.H. liegen, um zu einem Jahresdurchschnittswert unterhalb von 19 v.H. zu kommen – eine gleichmäßige Verteilung auf die Vormonate unterstellt. Das ließe sich wohl nur mit der sofortigen Einstellung von mehreren Programmen erreichen. Damit werde deutlich, dass das Bekenntnis des Oberverwaltungsgerichts zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ohne Folgen bleiben müsse.
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2.3.5.2. Es kann offenbleiben, ob die Aussagen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz so zu verstehen sind, wie Trute sie in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Februar 2018 aufgefasst hat. Die erkennende Kammer greift jedenfalls unter Aufgabe ihrer im Beschluss vom 8. März 2014 – 5 L 753/13.NW – vertretenen Rechtsauffassung den von der Literatur und dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ins Spiel gebrachten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf und hält nachträgliche Veränderungen in den Zuschauerzahlen nach Maßgabe der folgenden Erwägungen für beachtenswert.
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a) Ausgangspunkt sind die Bestimmungen der §§ 26, 27 und 31 RStV. Diese setzen auf eine positive Vielfaltssicherung durch binnenplurale Elemente in Gestalt von Sendezeit für unabhängige Dritte. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in größtmöglicher Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung, dass in Bezug auf Vielfaltsbeeinträchtigungen eine präventive Konzentrationskontrolle notwendig ist, weil eine nachträgliche Korrektur von Fehlentwicklungen gerade gegenüber konzentrierter Meinungsmacht in ihren Erfolgsaussichten stark gemindert wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 1996 – 1 BvR 748/93 –, NJW 1997, 1147 m.w.N.). Das Verfahrensziel der Vielfaltsicherung legitimiert daher das Drittsendezeitenverfahren nach den §§ 26 Abs. 5, 27 Abs. 1 und 31 RStV.
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Die Vergabe von Drittsendezeiten verlangt umfangreiche Vorkehrungen der Landesmedienanstalt, des Hauptprogrammveranstalters und der ausgewählten Bewerber für die Drittsendezeiten, die im Falle ihrer Auswahl zur Durchführung der Sendezeiten verpflichtet sind. Damit die Fensterprogramme auch tatsächlich produziert und gesendet werden können, müssen die unabhängigen Drittsendezeitveranstalter genügend Planungssicherheit haben. Diese ist aber nur gewährleistet, wenn geringe Schwankungen im Zuschaueranteil unterhalb der Schwellenwerte nicht sofort zur Reaktion zwingen. Mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde zudem gerade der (relativ lange) Zulassungszeitraum von fünf Jahren ausdrücklich im Interesse der Planungssicherheit des unabhängigen Fensterprogrammveranstalters eingefügt (vgl. Flechsig/Müller, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 RStV Rn. 25; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19. März 2010 – 10 ME 439/08 –, ZUM-RD 2010, 513). Mit der Einräumung von Drittsendezeiten wird der Hauptprogrammveranstalter, bezogen auf die Gesamtsendezeit, auch nur geringfügig in seiner Rundfunkveranstaltungsfreiheit einschränkt.
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Die genannten Gründe rechtfertigen es, grundsätzlich an den Zuschaueranteilen festzuhalten, die zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV zumindest erreicht wurden. Die Berücksichtigung neuer Tendenzen in den Zuschauerzahlen, die das nachträgliche Unterschreiten der Schwellenwerte zur Folge haben, muss daher auf gravierende Ausnahmekonstellationen begrenzt werden.
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b) Ein solcher Ausnahmefall würde etwa das Ausscheiden eines quotenstarken Senders aus einer Sendergruppe darstellen. Wäre z.B. nach Einleitung des Verfahrens wegen Erreichens des Zwanzig-Prozent-Werts, aber noch vor der Entscheidung der Beklagten über die Zulassung von Fensterprogrammveranstaltern das Programm von ProSieben aus der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE, der die Klägerin angehört, ausgeschieden – in dem hier zugrunde gelegten Referenzzeitraum von November 2014 bis Oktober 2015 hatte ProSieben einen gewichteten Zuschaueranteil von 5,132614520081 v.H. –, so wäre der monatliche Zuschaueranteil der übrig gebliebenen Sendergruppe innerhalb eines Monats auf ca. 15 v.H. gesunken. In diesem Fall wäre es im Hinblick auf die Grundrechte des Hauptprogrammveranstalters nicht mehr gerechtfertigt, das zu Recht eingeleitete Verfahren zu einem Abschluss zu bringen. Vielmehr müsste das Verfahren wegen eines gravierenden Rückgangs der Zuschaueranteile der Sendergruppe eingestellt werden.
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Dass diese nachträgliche Änderung nicht außer Acht gelassen werden kann, zeigt auch die folgende Überlegung: Hätte sich in dem angegebenen Beispiel ProSieben der Mediengruppe RTL Deutschland angeschlossen und diese wäre – fiktiv – wegen Unterschreitens des Schwellenwerts des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV in der Vergangenheit mit einem Wert von 19,5 v.H. noch nicht zur Einräumung von Drittsendezeiten verpflichtet gewesen, würde sich dies mit der Einbeziehung von ProSieben in die Mediengruppe RTL Deutschland – der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV würde nunmehr überschritten – sofort ändern und die Beklagte würde gegenüber der Mediengruppe RTL Deutschland ein Drittsendezeiten-Verfahren einleiten, weil nunmehr die Gefahr von Vielfaltsbeeinträchtigungen von der Mediengruppe RTL Deutschland ausgehen würde.
- 201
c) Ebenso wie bei dem angegebenen Beispiel des „Sendergruppenwechsels“ müssen auch rechtserhebliche Rückgänge in den Zuschauerzahlen einer Sendergruppe nach Einleitung des Verfahrens durch die Landesmedienanstalt Beachtung finden.
- 202
Ob ein rechtserheblicher Rückgang der Zuschaueranteile im Laufe eines Drittsendezeitenverfahrens gegeben ist, hängt nach Auffassung der Kammer von mehreren Faktoren ab. Zunächst muss geklärt werden, welcher Zeitraum nach der Einleitung des Verfahrens in Bezug auf die Entwicklung der Zuschaueranteile in die Würdigung miteinzubeziehen ist (aa). Ferner ist die Frage zu beantworten, auf welchen Durchschnittswert die Zuschaueranteile gesunken sein müssen, damit von einem rechtserheblichen Rückgang gesprochen werden kann (bb). Schließlich ist zu beantworten, ob es auf die gewichteten Monatswerte oder auf die Jahreswerte in den jeweiligen Referenzperioden in dem maßgeblichen Zeitraum oder auf beide Werte ankommt (cc).
- 203
aa. Nach Ansicht der Kammer sind hier die Zuschaueranteile in dem gesamten Zeitraum zwischen Einleitung des Verfahrens und der Zulassungsentscheidung der Beklagten im Februar 2017 zu würdigen; dagegen bleibt der nachfolgende Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer außen vor.
- 204
Das Verwaltungsverfahren, das mit dem Antrag der Beklagten bei der KEK vom 19. Oktober 2015 seinen Anfang nahm, mit der Ausschreibung am 25. Januar 2016 fortgeführt wurde und mit dem Zulassungsbescheid vom 13. Februar 2017 seinen Abschluss fand, hat deutlich länger gedauert als dies nach der Intention des Gesetzgebers der Fall sein soll. § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV sieht vor, dass Sendezeit für unabhängige Dritte nach Maßgabe von § 31 RStV binnen sechs Monaten nach Feststellung und Mitteilung durch die zuständige Landesmedienanstalt einzuräumen ist. Ein Zeitraum von sechs Monaten ist bei Drittsendezeitenverfahren jedoch in der Regel nicht einzuhalten (s. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris Rn. 119). Dies zeigt auch das vorliegende Verfahren, in dem der Beklagten nicht vorgeworfen werden kann, dass sie das Auswahlverfahren unter den 63 Bewerbern hätte schneller abschließen müssen. Aus den Verwaltungsakten ergeben sich aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin während des komplexen Zulassungsverfahrens nach § 31 RStV versucht hätte, dieses durch ein wenig konsensuales Verhalten mit den danach erforderlichen dialogischen Auseinandersetzungen und sonstigen Abstimmungen, etwa bei den nach erfolgter Auswahl mit den Bewerbern abzuschließenden Finanzierungsvereinbarungen, im Hinblick auf sinkende Zuschaueranteile in die Länge zu ziehen und sich damit eine für sie günstigere Rechtsposition zu verschaffen (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 119). Dementsprechend sind nach Auffassung der Kammer hier die Zuschaueranteile bis zur Zulassungsentscheidung der Beklagten im Februar 2017 auszuwerten.
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Demgegenüber können die nachfolgenden Zuschauerzahlen bis zur mündlichen Verhandlung – in diesem Zeitraum schwankten die monatlichen Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin zwischen 16,292966438138 v.H. im Februar 2018 und 18,90811592175 v.H. im Mai 2018 und die Jahreswerte zwischen 17,632409020393 v.H. im Referenzzeitraum April 2017 bis März 2018 und 18,800656063662 v.H. in der Referenzperiode März 2016 bis Februar 2017 – keine Berücksichtigung finden. Zwar weist die Zulassung von Fensterprogrammveranstaltern, die für die Dauer von fünf Jahren erfolgt, Ähnlichkeiten mit einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auf. Bei einem Dauerverwaltungsakt tritt seine Wirkung nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern während eines bestimmten Zeitraums ein. Er erschöpft sich folglich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage wie der Momentverwaltungsakt, sondern begründet oder verändert ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand von ihm abhängiges Rechtsverhältnis (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 23. Februar 2018 – 11 LC 177/17 –, juris; Barczak, JuS 2018, 238, 243 m.w.N.). Daher müssen die Voraussetzungen für ihren Erlass während des gesamten Wirkungszeitraums vorliegen (Wolff in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage 2014, § 113, Rn. 116 m.w.N.). Bei Dauerverwaltungsakten ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit deshalb grundsätzlich der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 23. Februar 2018 – 11 LC 177/17 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Mai 2015 – 19 A 2097/14 –, juris, Rn. 23 ff.).
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Ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der vorliegenden Konstellation wäre nach Ansicht der Kammer jedoch mit dem Sinn und Zweck des Drittsendezeitenverfahrens nicht zu vereinbaren. Wie oben ausgeführt, stellt § 27 Abs. 1 Satz 2 RStV abweichend von den ansonsten geltenden Fallgruppen der Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der zu ermittelnden Zuschaueranteile auf den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens ab. Ist zu diesem Zeitpunkt der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV überschritten, so ist das Drittsendezeitenverfahren zwingend einzuleiten. Ab der Ausschreibung sind an dem Verfahren Zulassungsbewerber beteiligt, die von diesem Zeitpunkt an Ressourcen aufwenden müssen. Auch die Landesmedienanstalt, die das Verfahren einzuleiten hat, wenn die Schwellenwerte des § 26 Abs. 5 RStV erreicht sind, hat in dem mehrstufigen Auswahlverfahren Personal- und Sachkosten. Ist der Zulassungsbewerber gemäß § 31 Abs. 4 RStV ausgewählt worden, schließt er nach § 31 Abs. 5 Satz 1 RStV mit dem Hauptprogrammveranstalter eine Vereinbarung über die Ausstrahlung des Fensterprogramms im Rahmen des Hauptprogramms. Danach überprüft die Landesmedienanstalt die Vereinbarung und erteilt gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 RStV dem Fensterprogrammveranstalter die Zulassung für die Dauer von fünf Jahren. Spätestens mit der für sofort vollziehbar erklärten Zulassung muss dem Fensterprogrammveranstalter eine schützenswerte Rechtsposition zugestanden werden. Die Frist von fünf Jahren ist vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden, um dem Fensterveranstalter neben der Sicherung der Programmautonomie auch wirtschaftliche Planungssicherheit zu geben. Dies rechtfertigt das Außerachtlassen der Zuschaueranteile nach Erlass des Zulassungsbescheids.
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bb. In Bezug auf die weitere Frage, wann zahlenmäßig von einem deutlichen Rückgang der Zuschaueranteile gesprochen werden kann, orientiert sich die Kammer an dem vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 118, genannten Durchschnittwert von unter 19 v.H.. Soweit die Klägerin moniert, dass es für diesen Wert keine Rechtfertigung gebe, dringt sie damit nicht durch. Das qualitative Kriterium, mehr als 1 v.H. Abweichung vom Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV zu verlangen, damit das laufende Drittsendezeitenverfahren eingestellt wird, ist vor dem Hintergrund des Gesetzesziels, bereits im Vorfeld vorherrschender Meinungsmacht deren Entstehung durch vielfaltssichernde Maßnahmen zu verhindern und dort, wo vorherrschende Meinungsmacht eingetreten ist, diese durch adäquate vielfaltssichernde Maßnahmen zu brechen, angemessen.
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cc. Die Kammer hält es im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung schließlich für angezeigt, vorrangig die gewichteten Monatswerte und nicht die Jahreswerte der Referenzperioden heranzuziehen, die dem Referenzzeittraum, in dem der Schwellenwert des § 26 Abs. 5 Satz 2 RStV erreicht worden ist und zur Einleitung des Drittsendezeitenverfahrens geführt hat, nachgefolgt sind. Würde man allein die Referenzperioden in den Blick nehmen, so würde – worauf Trute in seiner Stellungnahme vom 26. Februar 2018 zutreffend hingewiesen hat – die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes praktisch ohne Folgen bleiben. Denn der Jahreszuschaueranteil, der zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens noch den Schwellenwert von 20 v.H. erreicht hatte, könnte in der nachfolgenden Referenzperiode nur dann auf einen Durchschnittswert von unter 19 v.H. sinken, wenn im Folgemonat der Wert auf unter 8 v.H. abnähme. Ein solcher Vorgang kann realistischer Weise nicht stattfinden, außer es gäbe Veränderungen in der Sendergruppe.
- 209
Nach Maßgabe dieser Vorgaben zeigt die Auswertung der auf den Seiten 39/40 des Urteilsumdrucks wiedergegebenen monatlichen Zuschaueranteile, dass diese in dem Zeitraum von Oktober 2015 bis Januar 2017 nicht kontinuierlich abgenommen haben, sondern größeren Schwankungen unterworfen waren. Während der Zuschaueranteil in den Monaten Oktober 2015 bis Dezember 2015 noch über dem Durchschnittswert von 19 v.H. lag (Oktober 2015: 20,285628262718 v.H., November 2015: 20,228218638419 v.H., Dezember 2015: 19,469759702940 v.H.), unterschritt er ihn im Januar 2016 erstmals mit einem Wert von 18,338064317642 v.H., um danach sofort wieder für die Dauer von vier Monaten über einen Wert von 19 v.H. zu steigen (Februar 2016: 19,245565835180 v.H., März 2016: 19,660549819146 v.H., April 2016: 19,480364150173 v.H. und Mai 2016: 19,879021289218 v.H.). Im Juni 2016 fiel der Zuschaueranteil der Sendergruppe der Klägerin – offenkundig wegen der inzwischen eröffneten Fußballeuropameisterschaft 2016 – dann auf einen Wert von 17,451423962554 v.H., gefolgt von 18,612468040061 v.H. im Juli 2016 und 18,164625168102 v.H. im August 2016. In den Folgemonaten September bis November 2016 stiegen die Zuschaueranteile dann wieder über den Durchschnittswert von 19 v.H. (September 2016: 19,514554883116 v.H., Oktober 2016: 19,585541585791 v.H. und November 2016: 19,045110373570 v.H.), um anschließend wieder unter den Wert von 19 v.H. zu sinken (Dezember 2016: 18,750061304644 v.H., Januar 2017: 17,657023298016 v.H.). Der niedrigste Wert wurde im Juni 2016 mit 17,451423962554 v.H. und der höchste Wert wurde im Oktober 2015 mit 20,285628262718 v.H. ermittelt. Insgesamt lagen die Zuschaueranteile in dem genannten Zeitraum in drei Monaten über dem Schwellenwert von 20 v.H., in acht Monaten über 19 v.H. und nur in fünf Monaten unter 19 v.H..
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Diesem Zahlenwerk kann kein kontinuierlicher und deutlicher Rückgang der Zuschaueranteile in dem Zeitraum zwischen wirksamer Einleitung des Verfahrens im Oktober 2015 und Ergehen der Entscheidung durch die Beklagte im Februar 2017 entnommen werden. Der Wert von 19 v.H. wurde in der eindeutigen Mehrzahl der gewürdigten Monate, nämlich in 11 von 16 Monaten, überschritten und zwar nicht nur geringfügig. Die Kammer sieht es daher nicht als unverhältnismäßig an, der grundrechtlich verbürgten Garantie der Vielfalt den Vorrang gegenüber der ebenso grundrechtlich verbürgten Rundfunkfreiheit der Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin einzuräumen.
- 211
Auch ein ergänzender Blick auf die Jahreswerte führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Stellt man zusätzlich auf die Durchschnittswerte in den auf die Einleitung des Verfahrens folgenden Referenzzeiträumen bis zum Ergehen der Entscheidung im Februar 2017 ab, so schwankten die Zuschauerzahlen zwischen 18,920525809131 v.H. im Zeitraum Februar 2016 bis Januar 2017 und 20,032803733915 v.H. im Zeitraum Januar 2015 bis Dezember 2015. Die Zuschaueranteile lagen in dem gesamten Zeitraum insgesamt in fünf Monaten über 20 v.H., in neun Monaten über 19 v.H. und nur in zwei Monaten unter 19 v.H..
- 212
2.3.6. Hat die Beklagte damit sämtliche einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 LV beachtet, so sind auch weitere grundrechtlich geschützte Interessen der Klägerin nicht verletzt worden. Dies gilt namentlich in Bezug auf die von der Klägerin angeführten Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (jeweils i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG).
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Die Beschränkungen der Berufsausübung der Klägerin sind in einem durch den Rundfunkstaatsvertrag und den Landesmediengesetzen regulierten Markt zulässig (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 2 B 11451/17.OVG –, juris, Rn. 137). Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags oder des Landesmediengesetzes bestehen nicht (vgl. zur vergleichbaren Situation bei den Regionalfensterprogrammen: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 2 A 10449/16.OVG –, juris, Rn. 91 ff.). Die Pflicht zur Finanzierung von überregionalen Fensterprogrammen sind als bloße Schmälerungen von Gewinnerwartungen, die als solche nicht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen, gerechtfertigt (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 2 A 10449/16.OVG –, juris). Eine Verletzung der von der Klägerin als verletzt gerügte allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ist ebenfalls nicht erkennbar.
- 214
Ist damit im Ergebnis die Klägerin zur Einräumung von Fensterprogrammen für Dritte verpflichtet, brauchte die Kammer nicht mehr auf den hilfsweise von der Beklagten gestellten Beweisantrag einzugehen, ob die von der KEK ermittelten Zuschaueranteile um den Anteil der zeitgleichen und zeitversetzten Online-Rezeption von Fernsehinhalten der Klägerin erweitert werden müssten.
- 215
3. Rechtgrundlage für den teilweisen Widerruf der Zulassung der Klägerin vom 26. August 2008 ist § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG (vgl. Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 Rn. 52). Danach kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist.
- 216
Die Voraussetzungen für den teilweisen Widerruf der Zulassung der Klägerin vom 26. August 2008 sind gegeben, denn die Zulassung der Beigeladenen in der Ziffer I. des Bescheids vom 13. Februar 2017 ist rechtmäßig.
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III. Die gegen Ziffer III. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 gerichtete Anfechtungsklage ist bereits unzulässig.
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Zwar handelt es sich bei der Ablehnungsentscheidung in Ziffer III. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 gegenüber den unterlegenen Konkurrenten ebenso wie bei der in dem genannten Bescheid getroffenen Zulassungsentscheidung der erfolgreichen Bewerber, den Beigeladenen, und der Zulassung von Fensterprogrammen im Hauptprogramm der Klägerin um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –, der zu einem einheitlichen Verwaltungsakt gebündelt wurde (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. November 2003 – 2 B 11374/03.OVG –: die Auswahlentscheidung ist notwendiger Bestandteil des mehrstufigen Verwaltungsakts der rundfunkrechtlichen Zulassung). Auch wenn das Verfahren zur Zulassung von Drittsendezeitveranstaltern, das in § 31 Abs. 4 bis 6 RStV im Einzelnen geregelt ist, aus mehreren Verfahrensschritten besteht, die das weitere Verfahren auch beeinflussen bzw. ihm eine bestimmte Richtung geben können, steht am Ende die Zulassungsentscheidung als abschließende Sachentscheidung, die – als einziger Verfahrensschritt – Verwaltungsaktscharakter hat (vgl. VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 21. Februar 2011 – 5 L 1093/11.NW -; vgl. auch Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht, a.a.O., § 31 RStV Rn. 66). Gegen die Ablehnungsentscheidung in Ziffer III. des Zulassungsbescheids vom 13. Februar 2017 wäre daher die Verpflichtungsklage eines unterlegenen Konkurrenten auf Zulassung oder Neubescheidung statthaft.
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Hier wendet sich aber die Klägerin als Hauptprogrammveranstalterin gegen die Ablehnung der unterlegenen Mitbewerber mit dem Argument, es handele sich bei dem Zulassungsbescheid vom 13. Februar 2017 um einen nicht teilbaren Verwaltungsakt, weswegen dieser insgesamt aufgehoben werden müsse. Die Frage, ob ein Verwaltungsakt teilbar ist, beurteilt sich nach materiellem Recht und ist somit eine Frage der Begründetheit (vgl. Wolff in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 164; Riese in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2017, § 113 Rn. 15). Nur dann, wenn eine Teilaufhebung offenkundig nicht in Betracht zu ziehen ist, ist die Teilanfechtungsklage bereits unzulässig (Wolff in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 164; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Oktober 2013 – L 7 KA 40/12 –, juris).
- 220
Vorliegend braucht die Kammer sich mit der aufgeworfenen Problematik nicht näher auseinanderzusetzen. Selbst wenn man die Anfechtungsklage für statthaft und zusätzlich die Klägerin auch noch für klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – halten würde – sie hat aufgrund der Zulassung des Fensterprogramms in ihrem Hauptprogramm einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Durchführung des Verfahrens aus § 31 Abs. 4 und 5 RStV (vgl. Müller-Terpitz in: BeckOK Informations- und Medienrecht a.a.O., § 31 RStV Rn. 69) –, fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Abgesehen davon, dass sämtliche unterlegene Mitbewerber die an sie gerichteten Ablehnungsbescheide vom 13. Februar 2017 inhaltlich haben bestandskräftig werden lassen, ist die Auswahl der Bewerber, die die Zulassung erhalten haben, also hier die Beigeladenen, einvernehmlich zustande gekommen, wenn auch seitens der Klägerin vorbehaltlich der Rechtmäßigkeit des Verfahrens insgesamt. Gemäß § 31 Abs. 4 Satz 3 RStV erörtert die zuständige Landesmedienanstalt mit dem Hauptprogrammveranstalter die Anträge mit dem Ziel, eine einvernehmliche Auswahl zu treffen. Das Verfahren nach § 31 RStV setzt folglich primär auf eine konsensuale Auswahlentscheidung zwischen Medienaufsicht und Veranstalter (vgl. VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 5. September 2012 – 5 K 417/12.NW –, ZUM-RD 2013, 167). Die einvernehmliche Auswahl ist mehr als eine bloße Anhörung im Sinne des § 28 Abs. 1 VwVfG des betroffenen Hauptprogrammveranstalters (VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 5. September 2012 – 5 K 417/12.NW –, ZUM-RD 2013, 167, 168). Vielmehr dient sie dem Ziel, die grundrechtlich gebotenen Vielfaltsinteressen der Zulassungsbehörde mit der ebenfalls grundrechtlich geschützten Programmautonomie des Hauptprogrammveranstalters in Einklang zu bringen (VG Hannover, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 7 B 3949/08 –, ZUM-RD 2009, 235).
- 221
Vorliegend fand am 27. April 2016 ein Erörterungsgespräch zwischen der Klägerin und der Beklagten mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung in Bezug auf die Auswahl der Bewerber für die drei Sendezeitschienen statt. Dabei schlug die Klägerin die Beigeladene zu 1) für die 1. Schiene Dienstag 23:10 Uhr bis 00:15 Uhr, die Beigeladene zu 2) für die 2. Schiene Dienstag 00:15 Uhr bis 01:15 Uhr und die Beigeladene zu 3) für die 3. Schiene Samstag 19:00 Uhr bis 19:55 Uhr vor. Die Beklagte war mit diesen Vorschlägen einverstanden.
- 222
Entsprach aber die konsensuale Auswahlentscheidung den Interessen der Klägerin, so ist nicht zu erkennen, dass sie einen oder mehrere der abgelehnten Bewerber als Drittsendezeitveranstalter bevorzugt hätte und deshalb ein eigenes Interesse an der Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen haben könnte.
- 223
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
- 224
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO.
- 225
Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage, zu welchem Zeitpunkt die maßgeblichen Zuschaueranteile zu bestimmen sind, grundsätzliche Bedeutung hat.
- 226
Da es sich hierbei auch um eine Rechtsfrage handelt, die Bundesrecht (s. § 48 RStV) und damit nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO revisibles Recht betrifft, wären an sich auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz (Sprungrevision) gegeben (§ 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2018 zu Protokoll aber ausdrücklich erklärt hat, einer Sprungrevision nicht zuzustimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1993 – 5 C 45/91 –, NVwZ 1994, 490), hat die Kammer davon Abstand genommen, die Sprungrevision zuzulassen.
Beschluss
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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung
- 1.
von Bundesrecht oder - 2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.