Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 14. Okt. 2015 - 12 B 968/15
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Landes, das seine Kosten selbst trägt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, nicht in Frage.
3Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass es an der für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des mit dem Eilantrag verfolgten Anspruchs fehlt.
4Nach § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
51. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
62. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
7Vorliegend ist zwar entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer seelischen Störung anzunehmen. Dies gilt jedenfalls im Hinblick auf die attestierte „Emotionale Störung des Kindesalters“, wobei der Senat davon ausgeht, dass es sich bei der Angabe „ICD-10 F98.8“ um ein Schreibversehen der Kinder- und Jugendlichenpsychiaterin C. -T. handelt, da nach der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) „Emotionale Störungen des Kindesalters“ unter der Kodierung F93 kategorisiert sind.
8Zur Bedeutung der ICD-10-Kategorisierung vgl. auch: OVG NRW, Beschluss vom 2. März 2010
9- 12 B 105/10 -, juris.
10Ob auch die Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität eine Abweichung der seelischen Gesundheit i.S.d. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII darstellt,
11für die einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (ICD-10 F90.0) ohne Hinzutreten weiterer (sekundärer) seelischer Störungen verneinend etwa: OVG NRW, Beschluss vom 19. September 2011 - 12 B 1040/11 -, juris; Beschluss vom 2. März 2010 - 12 B 105/10 -, juris, jew. m.w.N.,
12kann offen bleiben. Zwar hat die Antragstellerin mit der Beschwerde hinreichend glaubhaft gemacht, dass sowohl die Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität als auch die emotionale Störung des Kindesalters selbständige, nicht im Zusammenhang mit der bei ihr diagnostizierten Kleinhirnhypoplasie stehende Erkrankungen sind, die Antragstellerin hat aber das Vorliegen einer auf diesen seelischen Störungen beruhenden (drohenden) Teilhabebeeinträchtigung nicht hinreichend dargelegt.
13Die Einschätzung, ob eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegt, fällt in die Kompetenz sozialpädagogischer Fachlichkeit und somit in den Aufgabenbereich des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Juli 2011
15- 12 A 1168/11 -, juris, und vom 15. Oktober 2014
16- 12 B 870/14 -, juris, jew. m.w.N.
17Hierbei ist das Vorliegen einer Teilnahmebeeinträchtigung als unbestimmter Rechtsbegriff - anders als die Auswahl der konkret notwendigen und geeigneten Hilfemaßnahmen - gerichtlich voll überprüfbar; auf Seiten des Jugendamtes besteht kein Beurteilungsspielraum.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2014
19- 12 A 659/14 -, juris; Beschluss vom 15. Oktober 2014 - 12 B 870/14 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 18. Februar 2013 - 12 CE 12.2104 -, juris, m.w.N.
20Die Teilhabe des Betroffenen am Leben in der Gesellschaft ist im Sinne des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB VIII beeinträchtigt oder eine solche Beeinträch-tigung ist zu erwarten, wenn die seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit des Betroffenen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung erwarten lässt.
21Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. August 2005 - 5 C 18.04 -, juris, vom 28. September 2000 - 5 C 29.99 -, juris, und vom 26. November 1998 - 5 C 38.97 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. März 2007 - 7 E 10212/07 -, juris; HessVGH, Urteil vom 20. August 2009 - 10 A 1799/08 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 2011 - 12 A 1168/11 -, juris; Urteil vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, juris, jew. m.w.N.
22Erforderlich ist daher, dass eine nachhaltige Einschränkung der sozialen Funktionstüchtigkeit des Betreffenden vorliegt oder eine solche droht. Dies ist beispiels-weise bei einer auf Versagensängsten beruhenden Schulphobie, bei einer totalen Schul- und Lernverweigerung, bei einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt oder bei einer Vereinzelung in der Schule anzunehmen, nicht aber bereits bei bloßen Schulproblemen und Schulängsten, wie sie auch andere Kinder teilen.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1998 - 5 C 38.97 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2014 - 12 A 659/14 -, juris, m.w.N.
24Geht es - wie im Fall der Antragstellerin - um die Würdigung der aus dem Schulbesuch erwachsenden Belastungssituation eines Kindes oder Jugendlichen, sind Stellungnahmen der beteiligten Lehrkräfte regelmäßig ein gewichtiges Entscheidungskriterium, weil sie einen pädagogisch reflektierten Einblick „aus erster Hand“ vermitteln.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2015
26- 12 B 598/15 -.
27Dies zugrunde gelegt besteht gegenwärtig keine überwiegende, geschweige denn hochgradige Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Beschulung auf der I. -Schule in N. hat.
28Zunächst kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin aufgrund der bei ihr diagnostizierten Aufmerksamkeitsstörung bis zum Schulwechsel an ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft im von § 35a SGB VIII geforderten Maße beeinträchtigt war. Dem Schulbericht der S. -I1. -Schule vom 7. Januar 2015 lässt sich insoweit entnehmen, dass die Antragstellerin ihr Konzentrationsvermögen habe steigern können, wobei sie immer wieder daran habe erinnert werden müssen, sich nicht vom Geschehen innerhalb der Klasse ablenken zu lassen; es sei vorgekommen, dass sie vor sich hin geträumt habe. Im Bericht des Vereins zur G. in S1. e.V. vom 25. August 2015 heißt es zum Verhalten der Antragstellerin bei der Hausaufgabenerledigung im Rahmen der Offenen Ganztagsbetreuung, dass die Antragstellerin bei der Erledigung der Hausaufgaben eine auffällige Konzentrationsschwäche gezeigt habe. Alles, was sie in irgendeiner Weise habe ablenken können, sei ihr willkommen gewesen. Die Hausaufgaben habe sie in der dafür vorgesehenen Zeit nie vollständig erledigen können. Diesen Berichten kann aber nicht entnommen werden, dass diese Konzentrationsprobleme bei der Antragstellerin ein Ausmaß erreicht hatten, das an die oben beispielhaft genannten Beeinträchtigungen heranreichte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin die Teilnahme am Unterricht oder die Erledigung ihrer Hausaufgaben verweigert hat; vielmehr führt der Schulbericht vom 7. Januar 2015 aus, dass die Antragstellerin den gesamten Unterricht mit teilnehmendem Interesse verfolgt habe. Dies wird auch durch die Darstellung in der Stellungnahme der Kinder- und Jugendpsychotherapeutin C. -T. vom 21. August 2015, dass die Antragstellerin bei der Hausaufgabenbewältigung Wutanfälle bekomme, um sich schlage und Angst vor Misserfolgen habe, nicht in Frage gestellt, da auch nach diesem Verhalten nicht von einer Schul- oder Leistungsverweigerung oder gleichzustellenden Schwierigkeiten auszugehen ist. Auch die von der Antragstellerin erzielten Noten von „gut“ bis „ausreichend“ sprechen gegen gravierende schulische Probleme im oben dargestellten Sinne. Dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Probleme im Umgang mit anderen Schülerinnen und Schülern auf die Aufmerksamkeitsstörung zurückzuführen sein könnten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
29Eine auf der Aufmerksamkeitsstörung der Antragstellerin beruhende Teilhabebeeinträchtigung ist im Rahmen der allein möglichen Prognose auf der Grundlage der bisherigen Verhältnisse jedoch auch für die Zukunft, insbesondere für einen Besuch einer weiterführenden Regelschule, nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit,
30vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1998
31- 5 C 38.97 -, juris,
32zu erwarten. Dass sich die Konzentrationsschwierigkeiten der Antragstellerin in einer Regelschule mit einer größeren Klassenstärke in einem Maße verstärken würden, dass die oben dargestellte Schwelle erreicht würde, kann nicht mit der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Soweit die im Beschwerdeverfahren vorgelegte Stellungnahme der Kinder- und Jugendpsychotherapeutin C. -T. vom 21. August 2015 angibt, dass bei einer Klassenstärke von über 28 Kindern der massiven Aufmerksamkeitsstörung der Antragstellerin nicht Rechnung getragen werden könne, Störungen im Lern- und Leistungsbereich, Versagensängste, Schul- und Lernverweigerung „sicher zu erwarten“ seien, mutet dies - unabhängig davon, dass die Feststellung der Beeinträchtigung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGBVIII grundsätzlich nicht Gegenstand der Stellungnahme nach § 35a Abs. 1a SGB VIII ist -,
33vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. August 2010
34- 12 A 1237/09 -, juris,
35vor dem Hintergrund, dass die Konzentrationsprobleme der Antragstellerin sich nach den vorliegenden Unterlagen in der größeren Gruppe der Offenen Ganztagsbetreuung und der wohl eher ablenkungsträchtigen Situation der Hausaufgabenerledigung nicht als wesentlich stärker als in der kleinen Lerngruppe der Förderschule dargestellt haben, zum jetzigen Zeitpunkt weitgehend spekulativ an. Das gleiche gilt für die Annahme der Antragstellerin, bei einer Klassenstärke, wie sie in einer Regelschule üblich sei, würde sie in ihrer Konzentrationsfähigkeit erheblich gestört, wodurch zwangsläufig ihre Leistungen drastisch abfallen und letztlich eine Leistungsverweigerung entstehen würde. Soweit in den vorgelegten ärztlichen und psychologischen Stellungnahmen davon ausgegangen wird, dass die Antragstellerin unbedingt eine kleine Lerngruppe benötige und aufgrund der hohen Klassenstärke keine staatliche Schule besuchen könne, wird diese Annahme bereits dadurch erheblich in Zweifel gezogen, dass die Klassenlehrerin der Antragstellerin - als die Person, die die Antragstellerin unmittelbar im schulischen Umfeld erlebt hat - nach deren eigenen Angaben den Besuch einer Gesamtschule empfohlen hat.
36Ebenso kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin aufgrund der diagnostizierten Emotionalen Störung des Kindesalters an einer Teilhabebeeinträchtigung leidet bzw. von einer solchen bedroht ist. Den vorgelegten Unterlagen lässt sich schon nichts Konkretes zu dieser seelischen Beeinträchtigung der Antragstellerin, ihren Symptomen und Auswirkungen entnehmen. Soweit die Gutachten so zu verstehen sein sollten, dass die beschriebenen Kontakt- und Kommunikationsschwierigkeiten der Antragstellerin Ausdruck der Emotionalen Störung des Kindesalters - und nicht lediglich fehlender Erfahrung und Übung im Umgang mit Gleichaltrigen - sein sollten, ist aber ebenfalls keine (drohende) Teilhabebeeinträchtigung festzustellen. Im Schulbericht vom 7. Januar 2015 ist ausgeführt, dass die Antragstellerin ein überwiegend gut gelauntes und fröhliches Mädchen sei, das sich ihren Lehrerinnen und Mitschülern gegenüber meist freundlich verhalte. Von einer anfangs eher zurückhaltend abwartenden Haltung habe die Antragstellerin Fortschritte darin machen können, von sich aus Kontakte aufzunehmen und teilweise auch einzufordern. Zu einigen MitschülerInnen habe sie einen guten Kontakt aufgebaut, so dass sie sich manchmal auch außerhalb der Schule mit ihnen treffe. Häufig erzähle sie auch von Freundinnen, die sie aus anderen sozialen Zusammenhängen kenne. Soweit die Antragstellerin hierzu vorträgt, dass der Kontakt in der Schule sich auf ein Mädchen mit Asperger-Syndrom und einen stark verhaltensauffälligen Jungen konzentriert habe, können diesem Vorbringen - insbesondere unter Berücksichtigung des Vortrags, dass in der Klasse der Antragstellerin neben einem Mädchen (offenbar dem genannten) nur Jungen mit Verhaltensauffälligkeiten gewesen seien - keine Rückschlüsse auf Probleme bei der Sozialintegration der Antragstellerin entnommen werden. Die von der Antragstellerin geschilderten Schwierigkeiten, an Freizeitaktivitäten mit Gleichaltrigen teilzunehmen, stellen sich nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin als aus ihrer körperlichen Behinderung resultierend dar. Sie hat aber nach eigenen Angaben durchaus - wenn auch wenige - private Kontakte zu gleichaltrigen Kindern.
37Es kann aus den vorliegenden Unterlagen auch nicht mit der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Antragstellerin insoweit bei dem Wechsel auf eine Regelschule mit größeren Klassen eine Teilhabebeeinträchtigung droht. Soweit in der Stellungnahme der Kinder- und Jugendpsychotherapeutin C. -T. vom 21. August 2015 angenommen wird, dass der Aufbau von sozialen Kontakten innerhalb einer größeren Gruppe für die Antragstellerin nicht möglich sei, wird dies durch die Stellungnahme des Vereins zur Förderung der Über-Mittag-Betreuung in S1. e.V. vom 25. August 2015 in Frage gestellt, nach der die Antragstellerin in der Situation der Offenen Ganztagsbetreuung jedenfalls Kontakt zu einem anderen Mädchen aufgebaut hat. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang vorträgt, dass es an der Sprachförderschule kein soziales Umfeld mit positiven Vorbildern gegeben habe, könnte sich insoweit die Situation durch den Besuch einer Regelschule unter Umständen sogar entspannen.
38Gegen eine drohende Teilhabebeeinträchtigung spricht im Übrigen auch der Umstand, dass das Schulamt für die Stadt E. eine sonderpädagogische Förderung der Antragstellerin generell nicht mehr für notwendig erachtet hat, wie aus dem Bescheid vom 31. März 2015 hervorgeht, demgemäß die Antragstellerin „ab 01.08.15 eine allgemeine Schule besuchen“ kann. Dem liegt zugrunde, dass die S. -I. -Schule, nachdem der Förderbedarf im Schwerpunkt „Sprache“ bei der Antragstelle-rin entfallen war, einen Wechsel des Förderschwerpunkts nicht für notwendig erachtet hat; anderenfalls wäre die Schulaufsichtsbehörde darüber zu unterrichten gewesen (vgl. § 18 Abs. 3 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke - Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung - AO-SF). Insofern lag nach der fachlichen Einschätzung der Förderschule kein anderweitig in Betracht kommender sonderpädagogischer Förderbedarf bei der Antragstellerin vor, wobei nach dem diagnostizierten Behinderungsbild der Antragstellerin namentlich auch an den Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung zu denken ist (§ 4 Abs. 4 AO-SF). Wenn bei der Antragstellerin aber auch in diesem Bereich keine gravierenden Einschränkungen vorliegen, die durch sonderpädagogische Förderung auszugleichen bzw. abzumildern sind, deutet das eher darauf hin, dass eine adäquate Teilhabe auch im Falle eines Regelschulbesuchs gewährleistet ist.
39Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
40Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
moreResultsText
Annotations
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
Gesetz ist jede Rechtsnorm.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.