Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Nov. 2015 - 1 B 694/15
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird für das Verfahren zweiter Instanz auf 20.884,19 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Antragsteller nicht die Feststellung verlangen kann, dass seiner Klage gegen die bereits erfolgte Ernennung seiner Konkurrentin aufschiebende Wirkung zukommt.
3Für das Verhältnis zwischen dem Grundsatz der Ämterstabilität und den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen beamtenrechtliche Ernennungen von Konkurrenten gilt Folgendes: Aus Art. 33 Abs. 2 GG folgt ein Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in eine Bewerberauswahl um ein öffentliches Amt, d. h. auf eine ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über eine solche Bewerbung (Bewerbungsverfahrensanspruch). Wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität geht dieser Anspruch durch die Ernennung eines Konkurrenten grundsätzlich unter. Das setzt allerdings voraus, dass ein bei der Auswahlentscheidung erfolglos gebliebener Beamter zuvor Gelegenheit hatte, effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erlangen, dessen Rechtsschutzintensität der eines durch das Eilverfahren ersetzten Hauptsacheverfahrens zu entsprechen hat. Um ihm diese Gelegenheit tatsächlich zu eröffnen, muss der Dienstherr vor der Ernennung eines Konkurrenten Mitteilungs- und Wartepflichten erfüllen: Er hat zunächst den unterlegenen Bewerbern die Auswahlentscheidung einschließlich der diese tragenden Erwägungen mitzuteilen. Danach sind Wartefristen für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, für die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht oder für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts einzuhalten. Schließlich darf der Dienstherr die Ernennung nicht während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens oder entgegen einer gerichtlichen Entscheidung vornehmen.
4Die Fallgruppen der Rechtsschutzvereitelung zusammenfassend Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2015, Anhang 3 Rn. 11.
5Hatte ein unterlegener Bewerber die diesen Anforderungen genügende Gelegenheit, die Rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen Nachprüfung der Auswahlentscheidung vor der Ernennung eines Konkurrenten auszuschöpfen, so sind seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllt. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt keinen Anspruch darauf, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. Eine Anfechtung der Ernennung ist in diesen Fällen verfassungsrechtlich nicht geboten.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 – 2 C 16.09 –, BVerwGE 138, 102 = NJW 2011, 695 =juris, Rn. 31 ff.; BVerfG, Beschlüsse vom 9. Juli 2007 – 2 BvR 206/07 –, NVwZ 2007, 1178 = juris, Rn. 15 bis 18, und vom 20. November 2013 – 1 BvR63/12 –, NJW 2014, 843 = juris, Rn. 19 f. (zum Grundsatz der Ämterstabilität nach der Vergabe einer Notarstelle)
7Hat also der nicht ausgewählte Beamte keinen Eilrechtsschutz beantragt oder erlangt, obwohl der Dienstherr seinen Mitteilungs- und Wartepflichten vor der Ernennung eines Beamten in ausreichender Weise nachgekommen ist, so darf dessen erfolgreicher Konkurrent ernannt werden, ist diese Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität rechtsbeständig und gibt es keinen Anspruch auf nachträglichen Rechtsschutz dagegen. Letzteres gilt nicht nur für eine Anfechtungsklage gegen die Ernennung, sondern konsequenterweise auch für Eilbegehren, die – wie hier – auf die Feststellung der aufschiebenden Wirkung einer solchen Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 1 VwGO abzielen. Das liegt nicht zuletzt deshalb auf der Hand, weil es der beamtenrechtliche Grundsatz der Ämterstabilität grundsätzlich auch gebietet, den beamtenrechtlichen Status eines Beamten nicht (unter Umständen sogar für mehrere Jahre während eines gerichtlichen Verfahrens) in der Schwebe zu halten.
8Der Ausschluss nachgängigen (Eil-) Rechtsschutzes in den genannten Fällen ist mit der Garantie eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG schon deshalb vereinbar, weil dem nicht ausgewählten Beamten vor der Ernennung des Konkurrenten die Möglichkeit zu effektivem Rechtsschutz im Sinne dieser Regelung eröffnet gewesen ist und er von dieser Möglichkeit entweder schon keinen Gebrauch gemacht hat oder aber eine von ihm veranlasste gerichtliche Überprüfung ergeben hat, dass sein Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt ist.
9Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Antragsteller keinen Anspruch auf nachträgliche Anfechtung der Ernennung der Konkurrentin und kann folglich auch nicht die begehrte Feststellung der aufschiebenden Wirkung einer solchen Klage erlangen. Denn nach dem im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des Senats erkennbaren und berücksichtigungsfähigen Sach- und Streitstand spricht alles dafür, dass die Voraussetzungen für eine Durchbrechung des Grundsatzes der Ämterstabilität hier nicht erfüllt sind. Die Antragsgegnerin ist den oben beschriebenen Mitteilungs- und Wartepflichten nachgekommen, so dass der Antragsteller die zumutbare Gelegenheit hatte, rechtzeitig um Rechtsschutz nachzusuchen (dazu 1.). Die Antragsgegnerin hat die Konkurrentin auch nicht entgegen einer gerichtlichen Entscheidung ernannt (dazu 2.).
101. Die Antragsgegnerin hat die ihr obliegenden Mitteilungs- und Wartepflichten erfüllt. Insbesondere hat der Antragsteller die wesentlichen Auswahlerwägungen erfahren: Die Antragsgegnerin hielt die Konkurrentin aufgrund der herangezogenen Anlassbeurteilungen für besser geeignet. Zur näheren Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen, die sich der Senat zu eigen macht (Seite 3, letzter Absatz, und Seite 4 oben des Beschlussabdrucks).
11Ist die Mitteilungspflicht gegenüber dem unterlegenen Bewerber erfüllt, hat dieser also von der Auswahlentscheidung und von den tragenden Auswahlerwägungen erfahren, ist es ihm grundsätzlich zuzumuten, auf der Grundlage dieser Kenntnis zu entscheiden, ob er gerichtlichen Eilrechtsschutz nach § 123 VwGO in Anspruch nehmen will. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ihn die vom Dienstherrn für die Auswahlentscheidung genannten tragenden Gründe überzeugen und ob diese ggf. noch weiter erläutert werden können.
12Eine Unzumutbarkeit folgt hier insbesondere nicht aus dem Kostenrisiko, das mit einem Gerichtsverfahren stets verbunden ist. Dieses ist nicht höher als in anderen Fällen, wie sich aus folgender Überlegung ergibt: Nennt der Dienstherr auch auf Nachfrage nur wenige Gründe für die Auswahlentscheidung und beantragt der unterlegene Bewerber daraufhin den Erlass einer einstweiligen Anordnung, kann dieser das gerichtliche Verfahren für erledigt erklären, wenn ihn die währenddessen nachgereichten weiteren Gründe überzeugen. Regelmäßig trägt dann der Dienstherr die Kosten des Verfahrens, weil der unterlegene Bewerber keine andere Möglichkeit hatte, die näheren Auswahlerwägungen zu erfahren. Somit ist das Kostenrisiko für den unterlegenen Bewerber sogar niedriger als in dem Fall, in dem der Dienstherr umfassend informiert. Überzeugen den unterlegenen Bewerber die nachträglich genannten Gründe nicht, kann er auf einer gerichtlichen Entscheidung bestehen. In diesem Fall ist sein Kostenrisiko ebenso hoch wie bei jedem anderen Gerichtsverfahren, bei dem auch nicht gesichert ist, dass das Gericht der Argumentation des Rechtsschutzsuchenden folgt.
13Zum Kostenrisiko eines Konkurrentenstreitverfahrens „ins Blaue hinein“ siehe auch Senatsurteil vom 1. Juni 2015 – 1 A 11/14 –, juris, Rn. 43 ff. (nicht rechtskräftig).
14Dass die Antragsgegnerin nicht verpflichtet war, den Antragsteller über die Möglichkeit eines grundsätzlich nicht fristgebundenen Antrags nach § 123 VwGO zu belehren, hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt (Seite 4 Mitte des Beschlussabdrucks). Die der Konkurrentenmitteilung vom 8. Mai 2014 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung verlangt nicht den Hinweis auf die Möglichkeit eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens. Im Übrigen war dem Antragsteller – einem Volljuristen – vor der Ernennung seiner Konkurrentin bekannt, dass er einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann, um deren Ernennung zu verhindern. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass er im November 2013 eine entsprechende einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht Köln (15 L 1822/13) im vorhergehenden Auswahlverfahren um dieselbe Stelle und betreffend dieselbe Konkurrentin beantragt hatte. Die Kenntnis des Antragstellers ergibt sich weiter aus seiner E‑Mail vom 13. Mai 2014, in der er u. a. die Antragsgegnerin ohne Erfolg um eine Bestätigung gebeten hatte, von einer Beförderung während des Widerspruchsverfahrens abzusehen, um ein erneutes einstweiliges Rechtsschutzverfahren zu vermeiden. Unabhängig davon wusste jedenfalls der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der „statthafte Rechtsbehelf, um die Ernennung des Konkurrenten zu verhindern, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung“ nach § 123 VwGO ist (vgl. den Beschwerdebegründungsschriftsatz vom 7. Juli 2015, Seite 5). Da der Antragsteller seinen Prozessbevollmächtigten fast zwei Monate vor der Ernennung der Konkurrentin am 7. August 2014 beauftragt hatte (vgl. die im Verfahren 15 K 3186/14 beim Verwaltungsgericht Köln vorgelegte Prozessvollmacht vom 11. Juni 2014), bestand ausreichend Zeit, rechtzeitig eine einstweilige Anordnung zu beantragen.
15Vor dem dargestellten Hintergrund kommt auch eine ggf. der Sache nach mit beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage nicht in Betracht.
162. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 7. März 2014 – 15 L 1822/13 – stand der Ernennung der Konkurrentin des Antragstellers nicht entgegen. Dieser Beschluss betraf das erste Auswahlverfahren für die in Rede stehende Stelle. Das Verwaltungsgericht bemängelte an dieser ersten Auswahlentscheidung im Kern zwei Punkte: Erstens habe die Antragsgegnerin den Antragsteller zu Unrecht aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschieden. Zweitens stellten die herangezogenen Regelbeurteilungen 2012 keine taugliche Auswahlgrundlage dar. Nach Ergehen dieses Beschlusses hob die Antragsgegnerin die entsprechende Dienstpostenübertragung an die ausgewählte Konkurrentin auf und entschied erneut über die Bewerbung des Antragstellers. Für die neue Auswahlentscheidung ließ sie Anlassbeurteilungen für alle Bewerber erstellen. Aufgrund der besseren Gesamtnote der Anlassbeurteilung wählte sie die Konkurrentin (erneut) aus. Unabhängig von der Frage, ob die zweite Auswahlentscheidung rechtmäßig ist, widerspricht diese Vorgehensweise jedenfalls nicht dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 7. März 2014. Denn der Antragsteller ist weder aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschieden worden, noch hat die Antragsgegnerin auf die vom Verwaltungsgericht beanstandeten Regelbeurteilungen 2012 zurückgegriffen.
17Aus vorstehenden Gründen ist die Ernennung der Konkurrentin aller Voraussicht nach rechtsbeständig. Auf das umfangreiche weitere Vorbringen des Antragstellers zur Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung kommt es nicht an.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
19Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren erfolgt gemäß den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG nach einem Viertel der fiktiv an den Antragsteller für die in Rede stehende Stelle (hier: A 16 der Stufe 8) im Kalenderjahr 2015 zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen und ohne Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsbezügen abhängen. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Besoldung ab dem 1. März 2015 erhöht hat. Daraus ergibt sich der im Tenor festgesetzte Streitwert ([2 x 6.836,07 Euro + 10 x 6.986,46 Euro] : 4).
20Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO und – hinsichtlich der Streitwertfestsetzung – gemäß den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.